König Davids Frauen - Eckhard Lange - E-Book

König Davids Frauen E-Book

Eckhard Lange

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Beschreibung

Königlicher Offizier, Musiktherapeut, Bandenchef, endlich König - und immer auch Liebhaber: einen erstaunlichen Lebenslauf weist dieser David auf, auch wenn man von der frommen Verklärung als Stammvater einer gottgewollten Dynastie bis hin zum endzeitlichen Erlöser einmal absieht. Sein Harem war gut besetzt, aber nur von vier Frauen kennen wir mehr als bloß den Namen. Und die sollen hier zu Wort kommen mit ihrem Insiderwissen, ihrem eigenen Schicksal im Dunstkreis Davids.

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Eckhard Lange

König Davids Frauen

Vier Erzählungen

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

1. MICHAL

2. ABIGAIL

3. BATHSEBA

4. ABISAG VON SUNEM

Impressum neobooks

1. MICHAL

Ich habe ihn begehrt, ja, genauso wie mein Bruder Jonathan ihm Zuneigung schenkte und Liebe. Aber ich war für ihn stets nur Mittel zum Zweck. Zu spät habe ich das erkannt, zu spät, um den Vater vor ihm zu schützen, soweit ein Weib das vermag. Denn auch Saul, der König, mein Vater, war mir lieb wie die eigene Seele.

Aus dem Frauenhaus sah ich ihn, gleich am ersten Tage, als er nach Gibea kam. Einen Esel hatte ihm sein Vater Isai für den Weg über die Berge Judas gegeben, im Gepäck hatte er Lammfleisch, Feigen und Wein als Geschenk für den König. Vor allem aber trug er die Harfe, mit Vorsicht in Tücher gehüllt, mit sich, und fortan zogen wunderhafte Klänge durch das Anwesen des Vaters, die nicht nur Saul rührten, sondern auch mich. Nie hatte ich in unserer nüchternen Wirtschaft - denn Saul ließ auch als König sein Land bestellen von den Knechten nach seinen Weisungen - nie hatte ich hier etwas Gleiches vernommen. Getragen und manchmal auch voller Wehmut begann meist sein Spiel, nahm den Vater dort, wo sein schwermütiger Geist oft weilte, und führte dann sanft ihn fort, heraus aus dem Dunklen seines Gemüts, hellere, raschere Passagen ließen Mandelblüten sprießen und Sonnenlicht glänzen mit ihren Tönen, weckten Sehnsucht nach Licht und nach Freude, jubelten endlich wie die Lerche am Himmel, ließen Kaskaden von Wasser über Felsen herabspringen und die Schnitter jauchzen beim Erntefest.

Ja, ein Zauberer war David mit seiner Harfe, ein Zauberer auch, wenn er schmeichelnd die Menschen für sich gewann: Sein Lächeln, seine offen entgegengestreckten Hände, sein Wortwitz schlugen viele in den Bann, und niemand merkte, daß alles gespielt war, geplant und berechnet, auf seine Wirkung erprobt und immer neu noch verfeinert - ein Gespinst, aus feinstem Garn gesponnen, das Netz eines Vogelfängers. Seine geheimen Ziele kannte niemand, seinen Ehrgeiz wußte er gut zu verbergen, auch seine Kälte, die vor Verrat und Mord nicht zurückschrecken würde, wann immer er sicher war, daß sie unentdeckt bleiben würden.

Ich gestehe, Bitterkeit läßt mich so sprechen und tiefe Enttäuschung, weil auch ich mich verraten fand am Ende seines Weges, als andere Frauen ihm dienlicher wurden. Damals aber entbrannte mein Herz, denn schön war er, männlich schön und doch zärtlich und sanft, und oft suchten seine Augen nach den meinen, wenn ich den Wein trug in die Halle des Königs, so daß ich errötend den Blick senkte.

Von meinem Bruder vernahm ich sein Lob; er hatte Freundschaft geschlossen mit dem Bethlehemiter, hatte Kleider und Waffen getauscht nach alter Sitte und das Blut vermischt nach dem Brauch der Männer. So war ein Bruder er mir geworden, ehe ich noch erahnen konnte, daß er auch mein Gemahl werden könnte. Denn der Vater hatte ihm Merab versprochen, meine ältere Schwester, und hoffte doch heimlich, er würde vorher fallen im Kampf, als er ihn zu fürchten begann, zu beneiden und endlich zu hassen. Als Saul jedoch meine Liebe zu ihm spürte und sah, daß David meiner begehrte, gab er Merab einem anderen zum Weibe, und ich wurde - was ich damals nicht wußte - ich wurde zum Lockvogel des Vaters, wie ich zum Tragtier wurde für David auf seinem Weg nach oben. So haben mich beide benutzt und betrogen und meine Liebe mißbraucht.

Ich denke wohl, daß der Vater David tatsächlich zu hassen begann, den strahlenden Helden, der so oft siegreich heimkehrte von den Scharmützeln, die sich vielfach ereigneten im Grenzland zu Philistäa und die David immer dort provozierte, wo er sich eines leichten Sieges sicher war, während er die ernsthafte Schlacht mit einem ernsthaften Gegner lieber vermied. Der Vater neidete ihm die Zuneigung aller, während sie so manches Mal flohen vor seinem düsteren Geist, seinen herben Befehlen, seiner Unfähigkeit während der Zeiten seiner Schwermut, in Stunden der Not rasch und siegesgewiß zu entscheiden, seiner Unfähigkeit auch, andere zu lieben, unter der er selbst am heftigsten litt.

Oft saß er für Stunden schweigend, die Augen geschlossen, als fürchtete er, diese Welt zu erblicken. Er sprach dann vom Sterben wie von einer Erlösung, und es schauderte uns, daß er sich hinabwünschte in das Reich der Schatten. Nichts konnte ihn retten, nichts gab ihm Mut, unsere Worte verhallten dann ungehört oder stürzten ihn in noch größere Schwermut. Er wehrte mich ab, wenn ich tröstend versuchte seine Hand zu fassen, zu streicheln, zu küssen - leer blickten seine Augen, oder er schlug plötzlich heftig nach mir, als würde es ihn freuen, wenn ich Schmerzen empfand. Dabei wollte er doch, wie ich bald erkannte, nur sich selber damit strafen, seiner eigenen Seele Schmerzen bereiten mit meinem Leid.

David allein hatte es in der Hand, ihn wenigstens für einige Zeit zu heilen. Daß er es tat, das danke ich ihm noch heute. Warum er es tat, blieb lange im Dunkeln, aber letztlich war es sein Ziel, das Königtum selbst zu erlangen. Er hatte in das Zentrum der Macht manövriert, daß er nicht geradewegs zum Ziel gelangte, war sein Schicksal. Dabei hat er den König um alles betrogen: Um den Ruhm der Schlacht, den Einfluß bei den Ältesten, die Zuneigung des Volkes - und um die Liebe seiner Kinder, die den Vater verrieten um seinetwillen.

Er hat Jonathan zum doppelten Spiel verleitet, als er zwischen Sohnesgehorsam und Freundestreue wählen mußte. Und er hat mich zur Lügnerin gemacht, die den Vater betrog, um den Gatten zu retten. Daran zu denken, schaudert mich noch heute. David hatte ein Haus erworben in Gibea, weil der König seine ständige Anwesenheit wünschte. Und nachdem er mich gekauft hatte für den Preis von zweihundert toten Philistern, die der Vater als Brautgabe gefordert hatte in der Hoffnung, er werde bei dem gefährlichen Abenteuer fallen oder doch dem Feind in die Hände fallen, zog ich zu ihm.

Damals kümmerte es mich nicht, was hinter dem offiziellen Leben geschah. Ich sah wohl, daß manche Älteste ein- und ausgingen in unserem Haus, Perez zumal, der Vertreter Ephraims, und die Männer aus Juda, dem starken, in vieler Hinsicht selbständigen Stamm im Süden des Landes, aus dem ja auch David entstammte. Nie war ich zugegen bei solchen Gesprächen, stets ließ mein Ehegemahl Brot und Wein vorher auftragen, schloß sorgfältig die Türen und verbannte uns Frauen in die hinteren Gemächer, wie es ja Sitte ist in unserem Volk. Erst viel später erkannte ich die Zusammenhänge, erfuhr, daß Samuel ihn längst im Verborgenen zum König gesalbt hatte und daß es die Vertrauten des Sehers waren, die in unserer Halle tafelten. Ich kannte auch die Fäden nicht, die David nach Juda spann, und wurde ihrer erst bewußt, als dieser Stamm ihn unverzüglich zum König wählte, noch ehe der Leib Sauls, meines Vaters, in die Erde gebettet war. Und auch dies erfuhr ich erst später, daß David selbst zu den Philistern schon damals heimlich Fühlung aufgenommen hatte und mit dem König von Gath verhandelte, selbst wenn er auch hier ein doppeltes Spiel wagte und Achis dabei betrog.

Das alles wußte ich nicht, sondern war ihm treu ergeben, denn ich liebte ihn sehr und war überzeugt, daß er auch mich begehrte. Vielleicht tat er es wirklich, denn er war ein heißblütiger Liebhaber, doch er wußte wohl die Lust von der List zu trennen. Jedenfalls habe ich David das Leben gerettet in meiner blinden Liebe. Das geschah so:

Als er vor dem König spielte, sein verdunkeltes Gemüt zu erhellen, schrie der böse Geist in ihm auf, und auch Davids Klänge konnten die Finsternis nicht mehr durchdringen, die dieser Geist um ihn gehüllt hatte. Zu tief war der Abgrund von Haß, der - wieder einmal - in Saul sich Bahn brach, und zu nah stand die Lanze, das Zeichen seines Königtums. Der Vater ergriff sie, um auf David zu zielen, doch der war es längst gewöhnt, den König aus den Augenwinkeln zu belauern. Mag sein, daß es dieses gegenseitige Mißtrauen war, das die Wirkung der Klänge trübte, beim Hörer ebenso wie bei dem, der die Harfe schlug. David jedenfalls, rasche Flucht schon gewöhnt, entkam aus der Königshalle und entfloh in unser Haus.