Tod auf Golgatha - Eckhard Lange - E-Book

Tod auf Golgatha E-Book

Eckhard Lange

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Beschreibung

Wie kam es zum Prozeß gegen den Rabbi Jesus aus Nazareth, und warum ließ ihn Pilatus kreuzigen? Alle vier Evangelien im Neuen Testament berichten darüber, aber keineswegs immer übereinstimmend. Und auch die kritische Bibelwissenschaft stellt vieles dort in Frage. Doch es gibt jemand, der es genau wissen wollte und sich aufmachte, möglichst viele Zeitzeugen zu befragen. 17 Interview hat er dabei geführt, mit Pilatus und Kaiphas, Petrus und Judas, aber auch mit manchen Randfiguren dieser Geschichte. Nun sind sie für alle zugänglich gemacht und lassen vieles in einem neuen, ungewohnten Licht erscheinen.

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Seitenzahl: 126

Veröffentlichungsjahr: 2023

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ECKHARD LANGE

TOD AUF GOLGATHA

17 Interviews mit Zeitzeugen

Wer diese Interviews geführt hat, tut nichts zur Sache. Es gibt niemand, der hier genannt werden muß. Nennen wir ihn (oder sie?) also einfach "N" - den/die Namenlose/n.

Herodes Antipas, Tetrarch von Galiläa

N.

Majestät - darf ich Sie so nennen?

Antipas

Ich habe nichts dagegen, meistens werde ich so angeredet. Allerdings, den Königstitel trage ich - noch - nicht. Den hat Rom immer noch nicht vergeben. Aber ich denke, das ist nicht die Angelegenheit, um derentwillen Sie um dieses Interview gebeten haben.

N.

Das ist richtig. Ich arbeite zurzeit an einer Studie über den Rabbi Jesus aus Nazareth, genauer: über die Hintergründe seines Todes in Jerusalem. Nach meinen Recherchen haben Sie ihn doch dort selber verhört.

Antipas

Sie sind gut informiert, mein Lieber. Ja, der Prokurator hat ihn mir damals überstellt. Und ich muß schon sagen, einen komischen Vogel hat er mir da geschickt, nur weil der Mann aus Galiläa stammt. Natürlich wußte ich von ihm, meine Geheimdienstleute hatten ihn seit langem im Visier, auch wenn er wohl doch ziemlich harmlos war. Aber sicher ist sicher, diese Terroristen sind stets auf der Suche nach einem, der ihnen als Aushängeschild dienen könnte für ihre Aktionen.

N.

Und, hätte er es werden können?

Antipas

Ach, wissen Sie, er war eben ein Galiläer. Im Grunde sind meine Untertanen dort ja biedere Leute, strebsam, fleißig, und vor allem auch fromm - auf ihre Weise. Aber eben auch stur, wenn es um Neuerungen geht. Was nicht schon in den Heiligen Schriften steht, das ist in ihren Augen Teufelszeug. Denken Sie nur an diesen Täufer, an Johannes, mit seinem ständigen Gerede von Umkehr, von Buße tun und vom großen Endgericht Gottes. Es war schon interessant, mit ihm zu diskutieren, aber er ließ sich absolut auf kein Argument ein. Und er machte die Leute rebellisch. Das war letztlich entscheidend, ihn aus dem Verkehr zu ziehen.

N.

Würden Sie denn Jesus mit Johannes vergleichen?

Antipas

Nach allem, was mir zugetragen worden ist, würde ich sagen: Manches klang bei ihm ähnlich, aber er war eben kein Eiferer, kein Revolutionär, wenn Sie so wollen. Da war nichts Politisches, kein Hetzen gegen unsere römischen Freunde, kein Aufruf zu Gewalt. Nein, es gab nichts, um gegen ihn vorzugehen. Auch wenn er, nun ja, eben ein frommer Galiläer war und blieb.

N.

Sie halten nicht viel von der Religion Ihrer jüdischen Untertanen?

Antipas

Das ist eine Fangfrage, mein Lieber! Aber ich will dennoch darauf eingehen, wenn Sie etwas Geduld aufbringen. Sehen Sie, ich bin seinerzeit als Jugendlicher in Rom erzogen worden. Ich habe die großartige Zivilisation des Imperiums kennengelernt, die griechische Kultur, auf der alles beruht. Das alles hat mich geprägt, denn darin allein besteht die Zukunft, auch für uns in den Provinzen. Die Thermen, die Theater, aber auch die Aquädukte, die ganze straffe, durchorganisierte Verwaltung - alles Dinge, die ich auch hier gerne verwirklichen möchte. Und das ist allein unter dem Schutz Roms möglich. Und unsere Religion? Ja, sie ist in vieler Hinsicht hinderlich, aber sie ist zugleich das Erbe unserer Väter, hat dieses Land geprägt. Vielleicht sehe ich viele dieser uralten Vorschriften kritischer als meine lieben Galiläer, aber sie haben doch einen moralischen Kern, den ich nicht nur respektiere, sondern auch erhalten möchte.

Auch unsere Synagogen leisten eine gewisse kulturelle Arbeit, und ich fördere das. Ich achte diesen Glauben an den einen Schöpfergott, weil ihm eine innere Logik zu eigen ist, auch wenn alle unsere Nachbarn eine Vielzahl von Göttern verehren. Ich reise nicht umsonst zu den großen, traditionsreichen Festen nach Jerusalem, bringe Opfergaben in den Tempel, und das nicht nur, um der Öffentlichkeit gegenüber den Anschein von Frömmigkeit zu wahren. Aber das kann mich nicht hindern, mein Land dem Fortschritt zu öffnen. Ich habe Sepphoris wieder aufgebaut als eine moderne, weltoffene Stadt, ich habe am Ufer des galiläischen Meeres mit Tiberias eine neue Hauptstadt errichtet mit all den Errungenschaften moderner Kultur. Und ich hoffe inständig, daß mir die Menschen in meinem Land darin nachfolgen, nicht alle und nicht sofort, aber doch irgendwann.

N.

Deshalb waren Sie auch zum Pesachfest in Jerusalem, als man Jesus den Prozeß machte. Lassen Sie uns darüber reden.

Antipas

Ja, man muß hin und wieder Zeichen setzen. Außerdem ist ein gelegentlich auch persönlicher Kontakt mit den Männern wichtig, die in Jerusalem an den Schalthebeln der Macht sitzen. Dem jüdischen Senat, der die Selbstverwaltung organisiert, und vor allem mit Pontius Pilatus, dem römischen Prokurator. Und, ja, dort bin ich auch diesem selbsternannten Rabbi Jesus begegnet, zum ersten und zugleich letzten Mal. Und ich muß sagen, er hat mich enttäuscht.

N.

Können Sie das näher erläutern?

Antipas

Schauen Sie: Der Mann hat für Aufsehen gesorgt über eine lange Zeit hinweg, er hat nicht nur hin und her im Land Reden gehalten und eine Schar von Anhängern um sich gesammelt, übrigens auch von Anhängerinnen, was ich erstaunlich und durchaus fortschrittlich fand. Meine Informanten haben auch von merkwürdigen Zeichen berichtet, überraschende Heilungen zu Beispiel, die das abergläubische Volk sofort als Wunder deutete. Es gab große Aufläufe an einige Orten, aber stets verlief sich die Menge wieder, und er selbst schien keinen Wert auf Massenveranstaltungen zu legen. Er redete viel vom Willen Gottes, aber er soll sich immer wieder einmal auch kritisch gegenüber manchen religiösen Traditionen geäußert haben. Zunächst war ich überrascht, als der Prokurator mir diesen Mann ins Haus schickte, aber es war doch eine gute Gelegenheit, ihn einmal selbst näher zu befragen.

N.

Und wie ist das Gespräch verlaufen?

Antipas

Das Gespräch? Es gab keines! Ja, Sie haben richtig gehört:

Dieser Kerl hielt es nicht für nötig, auch nur ein einziges Mal den Mund aufzumachen. Und das gegenüber seinem Landesherrn! Dabei hätte ich ihm das Leben retten können. Schließlich hatte der Prokurator ihn ganz offiziell meiner Jurisdiktion übergeben. Es lag also ganz in meinem Belieben, ihn zu verurteilen oder freizulassen. Ich hätte ihn unter Bewachung nach Tiberias bringen lassen, ihn ein wenig in Schutzhaft nehmen und irgendwann ohne viel Aufsehen wieder laufen lassen können. Alles mit Billigung Roms, und die Clique um Kajaphas und Co hätte das Nachsehen gehabt. Aber ich habe heute noch das Gefühl: Er wollte diesen Prozeß vor dem Senat, warum auch immer. Schließlich wußte er, welcher Gefahr er dort ausgesetzt war, denn seine ärgsten Feinde saßen im Tempel von Jerusalem.

N.

Er hat sich also, wie sagt man, in höchstem Maße unkooperativ verhalten?

Antipas

Sie sagen es! Dabei bin ich ihm ganz freundlich gegenübergetreten als sein Landesvater, aber schon bei den ersten Fragen nach seiner Herkunft, seinen Personalien hat er jede Auskunft verweigert. Dabei war doch allgemein bekannt, daß er in Nazareth aufgewachsen war, ehe er sich auf die Wanderschaft begab. Ich habe dann Näheres über seine persönliche Einstellung, etwa zu gewissen religiösen Fragen, oder auch zu Rom und die allgemeine politische Lage erfrage wollen. Wieder nichts als Schweigen. Ich gebe zu, es hat mich langsam zornig gemacht. Selbst das Angebot, wenn er schon nicht reden wolle, möge er doch irgendein Zeichen machen, ein kleines Wunder sozusagen, hat er bloß mit einem empörten Blick quittiert. Da habe ich zugelassen, daß meine Leibgarde sich - sagen wir - ein wenig lustig über ihn machte.

N.

Ist es richtig, daß Sie ihn zu Pilatus zurückgeschickt haben?

Antipas

Was sollte ich auch sonst tun? Es war ja klar, der Prokurator wollte ihn loswerden. Wahrscheinlich hatte seine Geheimpolizei ihm längst gemeldet, daß von diesem Rabbi keine Gefahr drohe, daß er keinerlei Kontakte zu den sogenannten Widerstandsgruppen hatte. Da hatte er ganz andere Leute in seinen Verliesen sitzen, denen allen das Kreuz sicher war. Nein, es war sicher keine Gefühlsduselei bei diesem harten Hund Pilatus, eher wollte er nicht unnötig neuen Haß in der Bevölkerung schüren. Und vielleicht war es einfach auch der Versuch, dem Hohepriester Kajaphas seine Grenzen zu zeigen. Ja, ich war damals nur eine Schachfigur in diesem Spiel des Prokurators, also spielte ich nicht mit und zog mich aus der Affäre.

N.

Sie habe den Nazarener an den Römer zurückgeschickt?

Antipas

In der Tat, und das mit einer gewissen Genugtuung. Jesus war ja in Begleitung einiger Herren aus dem Senat gekommen, die mir die Anklagen gegen den Rabbi vortrugen. Und siehe da: keine einzige betraf irgendein Vergehen, das auf galiläischem Territorium geschehen sein sollte. Also sei auch nur jene Obrigkeit zuständig, in deren Gebiet die vorgebrachten Straftaten verübt sein sollten. Ich erklärte mich einfach für nicht zuständig. Pilatus hat das übrigens imponiert. Auch wenn er nun doch ein Urteil fällen mußte.

N.

Entschuldigung, Majestät, aber könnte man das nicht auch

so interpretieren, daß Sie ein Landeskind einer möglicherweise ungerechten Bestrafung ausgeliefert haben?

Antipas

Wie sagt man? Ein Bauernopfer! Täglich werden Menschen

ungerecht behandelt. Nein, ich fühle mich nicht verantwortlich für seinen Tod. Aber ich hätte diesen Rabbi gut und gerne für meine Zwecke gebrauchen können. Sehen Sie: Er hatte einen gewissen Einfluß gerade bei den einfachen Menschen. Und er hatte ein gesundes Mißtrauen gegen so manche veralteten Gesetze in unserer Tradition. Ich hatte immer das Gefühl, er würde all dieses Kultische, dieses Hinderliche an den Geboten der Schriften geringschätzen. Alles, was meine Informanten berichteten, deutete auf ein eher ethisches Verständnis unserer Religion hin, und das hätte meinen Plänen sicherlich geholfen. Ja, ich gebe zu: Eine Weile hoffte ich, ich könnte diesen Rabbi für eine liberale Sicht der Dinge gewinnen, ihn als Mitstreiter gewinnen, um das Land zu modernisieren. Aber ich hatte mich getäuscht.

N.

Aber Ihnen war klar, daß Sie damit den Nazarener in den Tod geschickt haben?

Antipas

Na und? Für mich hatte der Mann keinen Nutzen, das habe ich erkannt. Warum also sollte ich ihm goldene Brücken bauen, über die er ja gar nicht gehen wollte? Es war Sache der obersten Religionsbehörden, über ihn zu entscheiden. Auch wenn es letztlich ein politischer Prozeß war. Ich habe damals die Sache übrigens offiziell nicht weiter verfolgt, weder die Sitzungen des Senats noch das Urteil des Pilatus - auch wenn ich natürlich durch meine Leute auf dem Laufenden gehalten wurde.

N.

Eine letzte Frage: Einmal abgesehen von allen taktischen Überlegungen: Was habe Sie seinerzeit ganz persönlich empfunden, als man ihn zu diesem höchst grausame Tod am Kreuz verurteilt hat?

Antipas

Sollte ich etwas empfunden haben? Das ist eine Frage, auf die ich niemandem eine Antwort schuldig bin.

N.

Majestät, ich bedanke mich für dieses Gespräch.

Barabbas

N.

Ich weiß es zu schätzen, daß Sie mir ein Interview zugesagt haben, auch wenn der Weg hierher über allerlei Geröll und durch das viele Gestrüpp mit verbundenen Augen recht anstrengend war.

Barabbas

Es ist einfach notwendig, daß wir alle unsere Operationsbasen streng geheim halten, auch wenn ich Ihnen durchaus Vertrauen schenke. Aber wir habe sehr strikte Regeln, die für alle gelten. Vor allem für Außenstehende.

N.

Dafür habe ich durchaus Verständnis, Barabbas. Ich kenne Sie nur unter diesem Namen, aber ich vermute, er ist ein Deckname. Ihren wahren Namen werden Sie mir wohl nicht verraten?

Barabbas

Solange ich noch Familie und gute Freunde in Judäa habe, wäre das ein gefundenes Fressen für unsere Feinde. Sippenhaft und Schlimmeres könnten die Folge sein. Also belassen wir es bei Barabbas.

N.

Einverstanden. Aber zu Ihrem - sagen wir: zu Ihrem Status hätte ich dennoch eine Frage gleich vorweg. In den Augen vor allem der tonangebenden Schicht ihrer Landsleute gelten Sie und Ihre Männer als Terroristen, für die römischen Behörden sind sie einfache Straßenräuber wegen der Überfälle auf für römische Standorte bestimmte Warentransporte. Insgeheim hört man aber vielerorts durchaus anerkennende Bezeichnungen wie Widerstandskämpfer oder auch Eiferer, Zeloten. Wie würden Sie sich selbst bezeichnen?

Barabbas

Wir sind Gotteskrieger. Wir wollen - und werden - unserem Volk, dem Volk unseres Gottes, die Freiheit zurückerobern, die ihm genommen wurde. Niemals kann ein Fremder Herr über dieses Land sein, denn es ist Gottes Gabe an Israel, und Gott allein ist König Israels. Gelobt sei sein Name in Ewigkeit.

N.

Gestatten Sie einen Einwurf: Nach dem Tod des König Herodes regierte doch sein Sohn Archelaos, immerhin ein beschnittener Jude. Dennoch habe die damaligen Vertreter Judäas, der Senat unter Führung des Hohepriesters, ausdrücklich von Rom verlangt, ihn abzusetzen und Judäa unter römische Herrschaft zu stellen.

Barabbas

Auch unter unseren Leuten gibt es Kollaborateure, bis hin in die Spitzen der Priesterschaft und des Ältestenrates. Diese absurde Behauptung, sie wollten nur Schlimmeres verhüten, wenn sie sich mit Rom arrangieren, können wir nicht akzeptieren. Freiheit ist unteilbar, und die Herrschaft Gottes nicht verhandelbar.

N.

Lassen wir das einfach einmal so stehen. Als Journalist steht es mir nicht zu, über Motivationen zu urteilen. Wohl aber bin ich daran interessiert, Hintergründe aufzudecken. Und da ist dann auch meine nächste Frage: Niemand wird als Gotteskrieger geboren, stets steht eine sehr persönliche Geschichte dahinter. Wären Sie bereit, mir Ihre Geschichte zu erzählen?

Barabbas

Wenn es Sie interessiert, gerne. Sie haben Recht: Ich war nicht von Kindesbeinen an ein erklärter Gegner der römischen Besatzung. Meine Familie besaß ein kleines Landgut irgendwo in Judäa. Eines jener Grundstücke, die nach unserer Tradition auf die Anfänge Israels zurückgehen, als Josua das Land nach dem Geheiß Gottes auf alle Sippen als ewiges Erbgut aufteilte. Wir hatten unser Auskommen, und wir zahlten alle geforderten Abgaben, an den Tempel und auch solche, die die Römer von uns forderten. Doch dann wurden die Steuereinnahmen verpachtet, und manche unserer Landsleute sahen darin die Chance, schnell und sicher zu Reichtum zu kommen. Und Rom schaute untätig zu.

So auch in unserem Dorf. Wir hatten zweimal hintereinander eine schlechte Ernte, es reichte nur zum Überleben, allein das nötige Saatgut für die nächste Aussaat wurde gut behütet, an einen Verkauf von Überschüssen wie sonst war nicht zu denken. Geld war also knapp, und als der Steuereintreiber vorsprach, bat mein Vater um Stundung. Doch er blieb bei seiner Forderung, und letztendlich pfändete er unseren Vorrat an Saatgut. Als er ihn abholen wollte, war für mich das Maß voll, ich schlug ihn voller Wut zu Boden. Ich weiß nicht, ob er überlebt hat, aber ich wußte: Wenn ich nicht sofort flüchte, droht mir der Tod. Und wohin sollte jemand gehen, der sich gegen Roms Handlanger aufgelehnt hatte? So kam ich in die Berge zu einer Gruppe, die dort gegen Rom und seine Helfershelfer operierte.

Langsam begriff ich, was mit unserem Volk geschah. Sie würden jetzt wohl sagen: Ich hätte mich radikalisiert. Vielleicht ist das sogar der richtige Ausdruck. Ich besann mich auf unsere Wurzeln, studierte die heiligen Schriften, entdeckte ganz neu, was unser Gott seinem Volk verheißen hat und was wir zu verlieren drohten. So stieg ich zum Anführer unserer Gruppe auf, plante Überfälle, wenn kleine römische Truppeneinheiten in der Nähe unterwegs waren, steckte die Felder jener Gutsbesitzer in Brand, die für die Römer produzierten und sich bereicherten auf Kosten anderer. Es war ein Leben im Verborgenen, das wir führten. Oft mußten wir unseren Standort wechseln, wenn Gefahr bestand, daß er verraten sein könnte. Wir litten Hunger und Durst, wenn die erhoffte Unterstützung aus der Bevölkerung ausblieb, aber wir hielten zusammen, geeint in der festen Überzeugung, Krieger unseres Gottes zu sein.

N.