KonsenT-Moderation - Christian Rüther - E-Book

KonsenT-Moderation E-Book

Christian Rüther

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Beschreibung

In dem Buch geht es um die Grundlagen und Praxis der KonsenT-Moderation. Mit dem KonsenT können Teams effizient zu Entscheidungen kommen, die für alle passen und dann auch gemeinsam getragen werden. Der KonsenT stammt aus dem Organisationsmodell der Soziokratie. Ich erläutere die notwendigen "theoretischen" Grundlagen und dann die konkrete Praxis mit vielen Tipps und Beispielen.

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Christian Rüther

KonsenT-Moderation

Gemeinsam effektiv auf Augenhöhe entscheiden.Ein Lehrbuch und Praxisleitfaden!

Leseproben gibt es auf

www.konsentmoderation.com

Gedruckte Buchversion

für 24,90 Euro

bei https://shop.tredition.com/

oder

dem Buchhändler Ihres Vertrauens

E-Book für 19,99 Euro

Zu diesem Buch

Die KonsenT-Moderation ermöglicht es Teams Entscheidungen auf Augenhöhe zu treffen, effektiv und klar strukturiert. Dieses Buch beschreibt die Praxis und die wesentlichen Theorie-Bausteine der KonsenT-Moderation. Darüber hinaus enthält es viele konkrete Praxisbeispiele, Interviews mit Praktikern, Checklisten und Kurz-Hilfen.

Das Buch eignet sich für Anfänger, sowie erfahrene Moderatorinnen.

Aus dem Inhalt

• Grundlagen: KonsenT, das gemeinsame Ziel, die dynamische Steuerung, vom Team zum Kreis

• Vorbereitung einer Kreis-Sitzung

• Ablauf einer Kreis-Sitzung,

o Ablauf einer KonsenT-Entscheidung

o Einwand-Integration

o Wahlen

o Dokumentation

• Umsetzung im eigenen Team

• Praktischer Anhang mit theoretischen Vertiefungen

Zum Autor

• Mag. Christian Rüther, MBA

• Unternehmensberater, Lebens- und Sozialberater, Kommunikationstrainer (Gewaltfreie Kommunikation/GFK)

• Soziokratie-Berater mit Blick über den Tellerrand (www.soziokratie.org)

• Exil-Piefke: Doatmunder [sic!] in Wien lebend und natürlich BVB-Fan

• „Professioneller Weltverbesserer“

Christian Rüther

KonsenT-Moderation.

Gemeinsam effektiv auf Augenhöhe entscheiden. Ein Lehrbuch und Praxisleitfaden!

Hamburg: Tredition, 2022

Leseproben und alle Fußnoten sind aufwww.konsentmoderation.comzu finden.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über dnb.dnb.de abrufbar.

Cover-Gestaltung vonStephanie Eberlwww.weckerwerk.de

UmschlaggrafikPixabay-Foto vonGerd Altmannhttps://pixabay.com/de/users/geralt-9301/

Druck und Distribution im Auftrag des Autors:tredition GmbH, Halenreie 40-44, 22359 Hamburg, Germany

ISBN Softcover: 978-3-347-69899-4ISBN E-Book: 978-3-347-69900-7

CC BY-ND 4.0: „Attribution no derivatives“

Namensnennung (Name+Website) notwendig, keine Bearbeitung erlaubt.

Das Werk kann frei geteilt und auch kommerziell genutzt werden.

Inhalt

Einleitung

Grundlagen

KonsenT

Exkurs: Was sind Grundsatz-Entscheidungen?

Exkurs: Weitere Entscheidungsformen

Das gemeinsame Ziel: Die (externe) Vision

Die dynamische Steuerung

Vom Team zum Kreis

Die KonsenT-Moderation

Vorbereitung einer Kreis-Sitzung

Ablauf einer Kreis-Sitzung

Exkurs: Hilfskreise

Ablauf einer KonsenT-Entscheidung

Drei Plus Eins

Die Sieben Moderationsphasen

Exkurs: Leichter Einwand

Einwand-Integration

Wahlen

Dokumentation

Umsetzung im eigenen Team

Exkurs Delegationsmatrix

Literatur/Ressourcen

ANHANG

Checklisten und Kurz-Hilfen

Spielregeln „KonsenT-Moderation“

Vorbereitung Agenda

Agenda- und Protokoll-Vorlage

Ablauf Wahl

Ablauf Langfassung

Ablauf Kurzfassung

Ablauf Einwand-Integration

Vorlage Logbuch

Selbstreflexionsbogen

Phasen-Kärtchen

Fragenbögen von Praktikern der KonsenT-Moderation

Anja Sagara Ritter

Annemarie Schallhart

Barbara Strauch

Christine Krämer

Florian Bauernfeind

Heinz Feldmann

Katharina Lechthaler

Markus Spitzer

Peter Richtsteig

Sonja Maier

Suzanne Käser

Ted Rau

Einige vertiefende Einblicke

Grundwerte der Soziokratie

Das Menschenbild: Aktenzeichen XY gelöst

Quäker Business Meeting als eine Wurzel der KonsenT-Moderation

KonsenS und KonsenT als Geschwister?

Blick über den Tellerrand: Holakratie + Soziokratie 3.0

Holakratie©

Fragebogen Dennis Wittrock (Holakratie)

Soziokratie 3.0 (S3)

Fragebogen Stella Willborn und Mariola Wittek Morao (S3) ..

Zur Meetingkultur: Übersicht, Daily, Tactical und überhaupt .

Schlusswort

The End

Einleitung

Ich liebe den KonsenT1!!

KonsenT heißt:2

• „Ich habe keinen schwer-wiegenden und argumentierten Einwand im Hinblick auf das gemeinsame Ziel!“

• „Es ist gut genug für jetzt!“ UND „Es ist sicher genug zum Ausprobieren“

Der KonsenT sichert ganz konkret bei jeder wesentlichen Entscheidung die Gleichwertigkeit und Augenhöhe! Jede Stimme wird gehört und keine Person kann ignoriert werden. Und das ganz effektiv, ohne ellenlange Sitzungen und ohne viel Herumdiskutieren.

Bei der KonsenT-Moderation gibt es einen klaren Ablauf und die Regel, dass in Runden hintereinander geredet wird. So kommt jeder zu Wort und das Team schnell zu Entscheidungen. Ein gut vorbereiteter Vorschlag kann so innerhalb von 15-20 Minuten entschieden werden.

Die KonsenT-Moderation ist eigentlich sehr einfach, wenn frau es mal verstanden und internalisiert hat.3 Und der KonsenT kann auch ohne soziokratischen4 Überbau drumherum eingeführt werden, wenn die jeweilige Führungskraft mutig genug ist oder die Moderatorin es einfach tut.

Praxisbeispiel: Guerilla-KonsenT5

Ein Kollege von mir ist Agiler Coach und nutzt z.B.. in Scum- oder Führungs-Teams den KonsenT, ohne es „KonsenT“ zu nennen und ohne theoretische Einführung.

Wenn sich abzeichnet, dass das Team ein Thema wenig konstruktiv diskutiert, sagt er einfach: „Mhm, lasst uns doch mal eine Runde dazu machen, wo jeder hintereinander drankommt. Was ist deine Meinung zu dem Thema, wie können wir das Problem lösen?“

Es folgt eine Meinungs-Runde.

Danach bietet er an: „Mhm, das war doch interessant. Lasst uns doch noch eine Runde machen, vielleicht kommen da ja neue Gedanken hinzu!“

So kommt es zur zweiten Meinungs-Runde.

Danach sagt er: „Mhm, ich glaube das und das könnte ein guter Vorschlag sein. Was meint ihr? Hat jemand von euch was schwerwiegendes dagegen?“

Meistens gibt es dann keine Einwände und damit ist eine Entscheidung im KonsenT getroffen.

So einfach kann der KonsenT sein!

Und Vieles, was leicht aussieht, hat einen langen Weg des Übens und Ausprobierens hinter sich. Wichtig ist das Vertrauen in die Methode, in die Kraft der Runden und in die Kreativität eines Kreises6, auch schwerwiegende Einwände gut zu integrieren.

Dann ist es relativ leicht, auch wenn es manchmal arg anstrengend sein kann.

Was sind die Vorteile vom KonsenT?

• Gemeinsame Entscheidungen sind meistens kreativer und „besser“ als Allein-Entscheidungen, weil es mehr Diversität gibt, viel mehr Sichtweisen gehört werden und mehr Köpfe & Herzen involviert sind.

• Gemeinsame Entscheidungen werden leichter umgesetzt, weil die Beteiligten schon bei der Entscheidungsfindung im Boot sind und nachher nicht überzeugt werden müssen. Daher lohnt sich auch der höhere Aufwand vorher, weil es nachher meistens schneller in der Umsetzung geht.

• Gemeinsame Entscheidungen entlasten Führungskräfte, weil die Verantwortung auf mehrere Schultern verteilt wird. Ein Team steht hinter der Entscheidung und das stärkt die Führungskraft bei der Umsetzung und Kommunikation.

• Der Austausch erfolgt hauptsächlich strukturiert in Runden, so dass alle gleichermaßen gehört werden und nicht jene Gruppenmitglieder dominieren können, die sich schnell, häufig und viel melden.

• Es wird eine pragmatische Lösung für die nächsten Schritte getroffen, die jederzeit später wieder angepasst werden kann. Es gibt keinen Perfektionsanspruch mehr und so kann leichter eine gemeinsame Entscheidung getroffen werden.

Natürlich gibt es auch Schattenseiten:

• Es steht und fällt mit dem Moderator. Es braucht eine kompetente Moderation, damit die Entscheidungen effizient und inklusiv erfolgen.

• Es braucht die Bereitschaft von der Führungskraft, die Verantwortung zu teilen und die Bereitschaft der Mitarbeitenden, diese Verantwortung auch anzunehmen und mitzuspielen.

• Es ist ein Lernprozess, der anfangs für Irritationen sorgt und auch Kapazitäten bindet.

• Es ist eine sehr sprach-lastige Methode, die Vorteile für Menschen bringt, die ihre Sichtweisen gut argumentieren können.

• Es braucht die regelmäßige Reflexion im Kreis. Manchmal schleichen sich dysfunktionale Muster ein, hinter denen ein großes Harmoniebedürfnis oder versteckte Machtinteressen stehen können.

In diesem Buch möchte ich jederfrau die Grundlagen für eine gelingende KonsenT-Moderation an die Hand geben und damit zum eigenen Üben ermutigen.

Allerdings ist das Wesentliche eine reflektierte Praxis: Autofahren lernt man auch nicht aus einem Buch, sondern mit einer Fahrlehrerin an seiner Seite.7

Für die konkrete Praxis gibt es mehrere Möglichkeiten:8

• Experimentieren im Familienkreis

• Experimentieren bei ehrenamtlicher Beschäftigung

• Das WG-Spiel mit Gleichgesinnten spielen9

• Das Gesellschaftsspiel „Keep the Balance“10 spielen

• Einen KonsenT-Moderations-Workshop mit einem erfahrenen Soziokratie-Berater veranstalten11 oder besuchen12

• Das Soziokratie-Zentrum Österreich/Schweiz/Süddeutschland bietet eine Gesprächs-Leiter-Zertifizierung an13

• Das Soziokratiezentrum Deutschland bietet ein Online-Training in Soziokratie sowie eine Zertifizierung zur KonsenT-Moderation an14

• Die Führungskraft überzeugen und eine KonsenT-Moderation als Experiment einkaufen

In diesem Buch werde ich zuerst ein paar Grundlagen erläutern und danach konkreter auf die KonsenT-Moderation eingehen.

Zu den Grundlagen gehören:

• Der KonsenT

• Die dynamische Steuerung

• Das gemeinsame Ziel

• Der Kreis und die Kreis-Domäne

Diese Elemente machen für mich so etwas wie die „Soziokratie light“ aus, die ich in einem anderen, unvollendeten Buchprojekt schon mal versucht habe, näher zu beschreiben.15

Im Hauptteil erläutere ich zuerst die Besonderheiten der KonsenT-Moderation, bevor es zur konkreten Arbeit in der Kreis-Sitzung geht. Dabei erkläre ich folgende Schritte genauer:

• Vorbereitung der Kreis-Sitzung

• Ablauf einer Kreis-Sitzung (Meeting von einem halben/ganzen Tag)

• Ablauf einer konkreten KonsenT-Entscheidung)

• Einwand-Integration

• Wahlen (als besondere Form der KonsenT-Entscheidung)

• Dokumentation der Entscheidungen

Das ist der theoretisch-praktische Teil :

„Wie kann ich eine Gruppe gut zum KonsenT führen?“

Das letzte Kapitel dreht sich um die Implementierung im eigenen Team. Vom einfachen „Ausprobieren“ hin zur nachhaltigen Transformation ist da vieles möglich:

„Was ist alles zu beachten, wenn eine Führungskraft ihre Grundsatzentscheidungen im KonsenT trifft und ihre „Macht“ teilen möchte? Das ist (leider) keine banale Geschichte und braucht prinzipiell auch eine gute Begleitung.

Der Anhang gibt eine Reihe von praktischen und vertiefenden Informationen:

• Checklisten und Kurzhilfen für die Moderation

• Fragebögen von Praktikern der KonsenT-Moderation

• Einige vertiefende Einblicke zu den Grundwerten, dem Menschenbild, der Herkunft aus dem Quäkertum und der Differenz zu KonsenS-Entscheidungsverfahren

• Blick über den Tellerrand der SKM, hin zu S3 und Holakratie16

Der Anhang ist jetzt kein zusammenhängender Text mehr, sondern mehr ein vertiefender Fundus. Die Checklisten sind konkrete Hilfen für die Praxis, die Fragebögen erlauben einen Blick durchs Schlüsselloch und die vertiefenden Einblicke festigen ein soziokratisches Fundament für das bessere Verständnis.17 Der Blick über den Tellerrand ist für erfahrende Moderatoren und könnte den Anfänger eher verwirren als behilflich sein.

Im gesamten Buch finden sich immer wieder „graue Kästchen“ mit konkreten Praxisbeispielen. Meistens beschreibe ich recht sachlich den Einzelfall, hier und da reflektiere ich noch meine Erfahrung. Darüber hinaus habe ich nach einige „Theorie-Teilen“ kurze Frage-Antwort-Sequenzen eingefügt, um das Ganze aufzulockern und Fragen aus der Praxis zu beantworten. Das sind Erfahrungen, die sonst nicht in Lehrbüchern zu finden sind.

Das Buch beschreibt meinen persönlichen Zugang zur KonsenT-Moderation auf Basis von knapp 15 Jahren Erfahrung mit diesem Ansatz. Ich habe den traditionellen Moderationsablauf der SKM etwas angepasst, sowie einen eigenen Prozess der Einwand-Integration entwickelt. Das sind jetzt keine großen Veränderungen, aber hilfreiche Adaptionen, so ich finde. Jede Moderatorin hat ihren eigenen Stil und die Fragebögen am Ende sollen etwas Einblick in die Vorgehensweisen anderer Moderatoren geben, so dass Sie selbst ihren persönlichen Stil finden. Dabei ist zu Beginn wichtig, erstmal anhand der vorgegebenen Prozesse zu üben und das Vorgehen zu internalisieren. Wenn Sie und Ihr Team erfahren genug mit der Methode sind, dann können Sie improvisieren. Zuerst Perfektion, dann Improvisation.18

Da ich schon zwei Bücher zur Soziokratie verfasst habe und die immer noch als gut befinde, werde ich immer wieder aus ihnen zitieren. Meine Form des Genderns ist der abwechselnde Gebrauch der weiblichen und mal der männlichen Form. Das darf verwirren und den Lesefluss etwas hemmen, damit die geneigte Leserin sich an diese Vielfalt gewöhnt. 19

Ich bin Anhänger der Links-Schreibung, also Rechts-Schreib-Anarchist. Wie beim Fahrradfahren so ist mein eigenwilliger Gebrauch der deutschen Rechtschreibung eines der Lebensfelder, in denen ich gerne ein Rowdy oder Rebell bin. Zudem habe ich während meines Germanistik-Studiums weder die alte noch die neue Rechtschreibung wirklich gut gelernt. Ich mag z.B. „Bindestriche“, ich mag Abkürzungen, Spiegelstriche, KonsenT und KonsenS und viele andere Kleinigkeiten. Natürlich habe ich mir ein Korrektorat geleistet, damit meine Tippfehler nicht so überhandnehmen, gleichzeitig erlaube ich es mir, eben auch anders zu schreiben.

Des Weiteren mag ich die Umgangssprache und lokale Dialekte.20 Die offizielle Standardsprache wirkt häufig so starr und steif, während ich eher den lockeren Plauderton mag, der vor allem wohl in den Fußnoten rüberkommt. Genau, ich mag Fußnoten und brauche sie auch, damit das Schreiben für mich unterhaltsam ist. Da bitte ich die vielen Ablenkungen und leicht selbstbezogenen Abschweifungen mit einem freundlichen Auge zu akzeptieren.21

Leider kann es sein, dass einige Seitenangaben um 1-2 Seiten daneben liegen. Ungeduld ist meine große Schwäche! Nach der letzten Korrekturschleife habe ich die Seitenzahlen bei den Fußnoten eingefügt, dann das Buch als Ganzes ausgedruckt und noch zu viele Fehler gefunden, so dass ich einiges einfügen musste, wie z.B. diesen Absatz. Danach habe ich alle Fußnoten wieder aktualisiert, aber am Ende des Schreibprozesses hat die Motivation und Konzentration schon etwas gelitten. Das bitte ich zu entschuldigen.

Weil die Fußnoten voller Hyperlinks sind und es mühselig ist, diese einzeln in den Browser einzutippen, habe ich auf eine Seite mit allen Fußnoten erstellt: https://www.soziokratie.org/konsent-moderation/fussnoten/.

Mein allerherzlichster Dank geht an meine Korrektorin Cornelia Höfler für alle adaptierten Links-Schreib-Korrekturen, an Steffi Eberl für die Gestaltung des Covers, Dennis Brunotte für die hilfreichen Gestaltungshinweise und folgenden hilfreichen Geistern für Rückmeldungen zu den Tochter-Ansätzen: Dennis Wittrock für den Holakratie-Anhang, Stella Wiborn und Bernhard Bockelbrink für den S3-Anhang. Einige Menschen haben sich einzelne Kapitel oder das gesamte Buch durchgelesen und mir inhaltliche Rückmeldungen gegeben: Antje Koch-Ströbel, Birgit Mallow, Elisabeth Petracs, Heinz Feldmann, Peter Zängl, Regina Hoffmann, Reiner Ritter, Susanne Mingers, Ulrike Reimann und Urs Kaegi.22 Ich habe alle Rückmeldungen berücksichtigt, aber nicht alle übernommen.

Ein besonderer Dank geht noch an alle Experten, die einen Fragebogen ausgefüllt haben und einen kleinen Blick durchs Schlüsselloch ermöglicht haben.23 Da war für mich auch immer wieder etwas Neues oder „Hatte-ich-schon-vergessen“ dabei. Und es erweitert meine singuläre Perspektive. Ich freu mich, dass es inzwischen so viele Experten auf dem Gebiet gibt, damit sich dieser Ansatz weiterverbreitet.

Die Endredaktion lag ganz allein bei mir und da werden sicherlich viele Fäla [sic!] passiert sein. Ich kann noch nicht abschätzen, wie gut die größeren und kleinen Grafiken lesbar sind, ob sie gemäß den Seitenzahlen korrekt nach außen schauen und ob ich nicht doch irgendwo einen Absatz vergessen habe oder ein Seitensprung zu viel gemacht habe. Auch bin ich ein Layout-Anfänger und habe jetzt alle Abbildungen, Tabellen und das Gesamt-Layout allein gestaltet, nach bestem Wissen und Gewissen.

Ich freue mich über jede Form von konstruktivem und wertschätzendem Feedback und werde das bei einer möglichen Neuauflage berücksichtigen. Bitte per Email an: [email protected].

Das Buch ist als Self-Publishing Buch im Tredition Verlag24 erschienen. Danke an Lino Zeddies für den Tipp. Das Besondere an diesem Verlag ist, dass ich die Verbreitungsrechte nicht exklusiv an den Verlag abtrete, sondern weiterhin über alternative Publikationsformen auf meiner Homepage verfüge.25

Der geneigten Leserin sind folgende, vertiefende Bücher sehr ans Herz gelegt, wenn sie noch anders und tiefer in die Materie einsteigen möchte:26

• Strauch, Barbara: Soziokratie, Vahlen, 2022.

• Koch-Gonzales, Robert/Rau, Ted J.: Many voices one song, Eigenverlag, 2018.27

• Buck, John/Villines, Sharon: We the people. Consenting to a deepter democracy, 2017.

• Rau, Ted J: Who decides who decides. The First Meetings of your new Group, Eigenverlag, 2021.

1 Ich schreibe das „T“ am Ende groß, um immer wieder auf den Unterschied zum KonsenS hinzuweisen – siehe dazu die Gegenüberstellung im Anhang auf S. 263.

2 Es ist gut, dass Begriffe bei der ersten Nennung definiert werden, daher hier die Kurzdefinition, mehr darüber in dem Kapitel zum KonsenT ab S. 22.

3 Sowohl die Moderatorin als auch das Team braucht diese Lernerfahrung, dass es funktioniert und die Struktur hilfreich ist. Wir sind das „Diskutieren“ so geübt, dass es fast als „normal“ erscheint. Für eine gelingende Praxis braucht es daher ein Umlernen und immer wieder üben, üben, üben.

4 Die KonsenT-Moderation kommt aus der Soziokratie, genauer der Soziokratischen Kreisorganisations-Methode (SKM). Mehr dazu im nächsten Kapitel zu den Grundlagen ab S. 18.

5 Das ist jetzt die Kurzfassung ohne Einwand-Integration, die etwas längere Fassung ist im Kapitel „Umsetzung im eigenen Team“ auf S. 148 zu finden.

6 Mit Kreis meine ich ein Team, das eine gemeinsame Ausrichtung hat und einen gemeinsamen Verantwortungsbereich, vgl. das Kapitel zum „Kreis“ ab S. 59.

7 Also am besten ist das Feedback einer erfahrenen Moderatorin, sonst kann auch eine liebevoll-kritische Selbstreflexion helfen. Eine Selbstreflexionsbogen findet sich bei den Checklisten auf S. 188.

8 Vgl. meine Übersicht zu soziokratischen Schulungsmöglichkeiten im deutschsprachigen Raum auf: https://www.soziokratie.org/wp-content/uploads/2021/08/schu-lungs-beratungsangebote-skm-s3-holakratie-dach.pdf

9 Das Spiel, einige Youtube-Videos und noch mehr dazu ist hier zu finden: https://www.soziokratie.org/wg-spiel/

10 Vgl. https://keepthebalance.games/

11 Ich bin auch käuflich! Wenn Sie 6-18 Leute zusammenkriegen, können Sie mich engagieren und mithilfe des WG-Spiels zwei Tage lang üben. Das können natürlich auch andere erfahrene Soziokratie-Experten (so mache ich auch Werbung für meine Kolleginnen).

12 Da gibt es leider wenig dezidierte Angebote derzeit. In den Modulen 1 und 2 des Soziokratiezentrums DACH gibt es einen Teil zur KonsenT-Moderation und auch in dem Soziokratie-Online-Training des Soz-Zentrums in Deutschland.

13 Vgl. https://soziokratiezentrum.org/unserangebot/ausbildungundzertifizierung/soziokratischer-gespraechsleiterin/

14 Vgl. https://soziokratiezentrum.de/soziokratieverstehen/ausbildungsweg/soziokratie%20onlinetraining/ und https://soziokratiezentrum.de/veranstaltungen/

15 Vgl. www.soziokratielight.org. Ich bin ein Fan vom Recyceln und habe ca. 50% von dem damaligen Buchprojektes als Ausgangspunkt für dieses Büchlein hier wiederverwertet.

16 Für wen das böhmische Dörfer sind, der kann die Verwirrung noch etwas genießen und wird im nächsten Kapitel entwirrt, so ich hoffe .

17 Und stärken das Mindset der Anwenderin!

Vgl. den Quadrant Innen und individuell beim vier Quadranten-Modell von Ken Wilber z.B. https://www.soziokratie.org/elemente/vier-quadranten/

18 Aber auch das ist wieder nur ein Weg. Man kann auch nur Teile der Abläufe übernehmen oder die Abläufe im Vorfeld anpassen und ausprobieren. Wichtig sind immer wieder Reflexionsschleifen und zumindest Impulse von erfahrenen Anwendern. Es ist tatsächlich nicht so leicht, das einfache Konzept der KonsenT-Moderation wirklich umzusetzen, weil die „alten“ Programmierungen doch sehr nachhaltig wirken. Und „Perfektion“ soll jetzt nicht den inneren „Perfektionisten“ und „Kritiker“ heraufbeschwören. Es war einfach ein halbwegs griffiges Homoioteleuton. H-was? Da musste ich auch erst im Internet nachschauen, also Alliteration für den Hintern, also den Ablaut. Wieder was gelernt .

19 ADas ist jetzt einfach meine persönliche Form des Genderns, eine Freiheit, die ich in einem selbst-publizierten Buch auch voll ausleben kann .

vgl. dagegen: https://gfds.de/standpunkt-der-gfds-zu-einer-geschlechtergerechten-sprache/

20 Ich lebe seit 25 Jahren in Österreich und es kann sein, dass ich einige Austriazismen benutzen werde, ohne es zu wissen. „Jänner“ klingt einfach wesentlich schöner als „Januar“, zumindest in meinen Ohren.

21 Das ist wohl einfach auch ein Teil meines Stils. Die Fußnoten stehen natürlich am Fuße jeder Textzeile, weil sie sonst nicht gelesen werden. Wer blättert schon für jede Ziffer nach hinten?

22 Diese Namensliste erinnert mich etwas an die genealogischen Aufzählungen im Ersten Testament, die ich natürlich normalerweise überlese. Das ist die Leserperspektive. Als Autor bin ich allen Personen zutiefst dankbar für ihre Rückmeldungen. Sie haben mir neue Impulse gegeben und waren soziale Begleiter während eines sonst recht einsamen Schreibprozesses.

23 Ganz besonders hier Barbara Strauch und Ted Rau, denen ich meine ersten beiden Fragebögen geschickt hatte und von denen ich innerhalb von zwei Tagen einen ausgefüllten Bogen zurückbekam. Das hat mich dann ermutigt, diese Idee weiter zu verfolgen.

24 Vgl. https://tredition.com/

25 Aktuell werde ich „nur“ das Inhaltsverzeichnis, die Fragebögen von Soziokratie-Experten sowie den Blick über den Tellerand hin zur Holakratie und Soziokratie 3.0. gratis auf meiner Homepage anbieten. Prinzipiell gibt es zwei Teile in mir. Ein Wikipedia-Anhänger, der Wissen ganz frei zur Verfügung stellen möchte und einen selbstbewussten Autor, der gerne auch finanzielle Wertschätzung für den gesamten Aufwand und meine Investitionen hätte.

„Zwei Seelen wohnen, ach, in meiner Brust.“ (Altmeister Goethe im Faust)

26 Diese Bücher sind SKM Bücher mit unterschiedlich umfangreichen Anteilen zur KonsenT-Moderation. Der Begriff „SKM“ wird auf den nächsten Seiten etwas näher erläutert.

27 Eine deutschsprachige Version ist in der Mache und wird vielleicht noch 2022, sicher aber 2023 erscheinen. Ich mag das Buch sehr!

Sie haben ein etwas anderes Phasenmodell, was aber auch stimmig und anwendbar ist.

Grundlagen

Der KonsenT kommt ursprünglich aus der Soziokratie, genauer der Soziokratischen Kreisorganisations-Methode (SKM). Gerhard Endenburg hat die SKM Ende der 1960er Jahren entwickelt und in seinem eigenen Unternehmen Endenburg Elektrotechniek implementiert.28 In den 70er Jahren hat Endenburg das Soziokratische Zentrum in den Niederlanden gegründet, das diesen Ansatz seitdem verbreitet.29

Die SKM ist Inspirationsquelle und quasi „Mutter“ späterer Ansätze wie der Holakratie©30 und Soziokratie 3.0 (S3). Gleichzeitig hat auch die SKM eine Geschichte und einen Ursprung. Gerhard Endenburg ist auf die Schule „Werkplaats Kindergemeeenschap“ von Kees Boeke gegangen, einem Reformpädagogen und Quäker. In dieser Schule wurden die Kinder als gleichwertig behandelt und konnten viele Entscheidungen im KonsenS mitbestimmen. Kees Boeke hat ein Büchlein geschrieben mit dem Titel „Soziokratie. Demokratie, wie sie sein könnte“ und damit den philosophischen Grund für alle späteren Ansätze gelegt.31

Das Wort „Soziokratie“ ist für mich der umfassende Begriff für alle drei Ansätze, der die Werte und die generelle Grundphilosophie umfasst, und in dem die einzelnen Methoden enthalten ist.

Die S3-Begründer haben das in einer schönen Grafik dargestellt: 32

Abb.01: Soziokratie, SKM, Holakratie und S3 als Übersicht

Für mich persönlich gehören folgende Grundwerte zu allen soziokratischen Ansätzen:33

• Gleichwertigkeit/Augenhöhe

• Transparenz/Klarheit

• Verantwortung

• Vernunft/Pragmatismus

• Flexibilität/Agilität/Entwicklung

• Effizienz, Effektivität.

Darüber hinaus verbindet alle Ansätze ein positives Menschenbild sowie der Glaube an die Kraft des Kreises oder den Mehrwert kollektiver Entscheidungen.34

Jede Ausprägung hat wiederum ihre eigenen Methoden und Techniken, wobei die Holakratie anfangs sehr viel von der SKM übernommen hat und sich im Laufe der Zeit immer eigenständiger wurde (v.a. über die operative Arbeit in Rollen). S3 sieht sich auch in der Tradition der SKM, hat aber auch Anleihen aus der Holakratie übernommen. Beide Ansätze wirken auf ihre „Mutter“ zurück und erweitern die Möglichkeiten innerhalb der SKM.35

Alle verbindet ein gemeinsamer Kern und das ist letztendlich der KonsenT und die Kreis-Treffen, die wiederum unterschiedlich gestaltet sein können.

Eine wesentliche Intention dieses Büchleins ist es, den KonsenT von seinem Gesamtgerüst zu befreien und jenseits des Organisationsmodells der SKM einzusetzen. Es geht hier nicht um eine umfassende SKM-Implementierung, sondern den ganz konkreten Einsatz der KonsenT-Moderation im eigenen Team. Zielgruppe sind damit alle Menschen, die in ihrem Team ein neues Entscheidungsverfahren einführen möchten. Entscheider für diese Umsetzung sind allerdings jeweils die Führungskräfte, weil sie ihre Über-Macht dann an den Kreis abgeben würden.36

Von meiner Prägung her bin ich SKMler und dieser Ansatz bildet für mich die Grundlage der KonsenT-Moderation. Die Holakratie und S3 haben einige Adaptionen vorgenommen, auf die ich im Text immer mal wieder verweise, aber vor allem im Anhang umfassender erläutere. 37

Ich bin in der KonsenT-Moderation der SKM aufgewachsen und sozialisiert worden. Das ist die Grundlage dieses Buches und dahinter kann ich vollständig stehen.38

 

KonsenT

Es gibt eine recht einfache Definition vom KonsenT39

• „Ich habe keinen schwer-wiegenden und argumentierten Einwand im Hinblick auf das gemeinsame Ziel!“

• „Es ist gut genug für jetzt!“ UND „Es ist sicher genug zum Ausprobieren“

„Schwerwiegend“ kann heißen:

• Mit dieser Entscheidung entfernen wir uns von unserem gemeinsamen Ziel.

• Diese Entscheidung schadet unserem Team.

• Wir können diese Entscheidung später nicht mehr rückgängig machen oder nachsteuern.

• Diese Entscheidung würde zu Konsequenzen führen, die wir vermeiden möchten.

• Es gibt keine wesentlichen Verbesserungen (für die sich der Integrationsaufwand lohnt).

• Ich kann/will diese Entscheidung nicht ausführen.40

„Argumentiert“ heißt, dass hinter meinem Einwand „Argumente“ stecken, die ich auch verbalisieren kann. Die Einwand-Geberin sieht etwas, was die anderen bisher nicht berücksichtigt haben und kann das auch ausdrücken.

Das gemeinsame Ziel ist das Verbindende des Kreises, welches uns zusammenbringt und zusammenhält. Es braucht etwas Größeres jenseits der Individuen, einen Daseinszweck der Gemeinschaft, etwas, was dieses Team in die Welt bringen möchten. Der Einwand ist also keine rein persönliche Befindlichkeit, sondern immer auf ein Ziel hin ausgerichtet.41

Um innerlich zu differenzieren, was schwer-wiegend ist oder nicht, habe ich eine kleine Übersicht gestaltet, die den inneren Entscheidungsspielraum abbildet.

Abb.02: Innerer Entscheidungsspielraum

Die Ausgangssituation ist folgende: Es liegt ein Vorschlag vor. Jetzt ist die Frage, wie ich innerlich darauf reagiere, wo ich als Teammitglied in diesem Spektrum stehe.

In der Mitte, beim Optimum, ist meine Lieblings-Lösung, die für mich und meine Position am besten passt. Sie liegt im Wohlfühlbereich. Der Wohlfühlbereich ist die KonsenS-Zone: „Ich stimme zu, das ist eine für mich gute Entscheidung und ich fühle mich wohl damit. Dahinter kann ich gut stehen.“

Der Toleranzbereich ist die KonsenT-Zone, die Okay-Zone: „Okay. Im Hinblick auf das gemeinsame Ziel kann ich mitgehen. Die Entscheidung gefällt mir nicht sonderlich, aber sie scheint für alle die beste bekannte Lösung zu sein. Naja, okay, es bringt uns einen Schritt weiter! Es ist gut genug für jetzt, für unser Team, die aktuellen Daten und es ist sicher genug, damit voranzuschreiten.“

In der K.O.-Zone42 leuchten bei mir hingegen die Warnsignale auf: „NEIN! So geht das nicht, da haben wir etwas Wichtiges übersehen, was wir noch bedenken müssen. Diese Entscheidung schadet uns mehr als sie nützt! Sie bringt uns weg von unserem gemeinsamen Ziel. Ich habe einen SCHWERWIEGENDEN Einwand!“

Je enger der jeweilige Bereich, desto kleiner ist der kleinste gemeinsame Nenner. Um das zu verdeutlichen, gibt es zwei weitere Darstellungen.43

In der ersten Darstellung werden die drei Entscheidungsspielräume jeweils als Ellipse dargestellt. Es ist der gleiche Inhalt, nur eine andere grafische Verdeutlichung.

Abb. 03: Drei Bereiche als Elipsen

In der nun folgenden Grafik werden die Entscheidungsspielräume von zwei weiteren Personen in der gleichen Form hinzugeführt, aber jeweils um ein paar Grad verschoben, weil die Personen auch je eine andere Sichtweise haben.

Die Überlappung der Personen im jeweiligen Bereich wird umrahmt (rechte Grafik). Dabei ist deutlich, dass mit zunehmender Anzahl der Personen, der gemeinsam geteilte Bereich tendenziell kleiner wird. Und es wird auch deutlich, dass der geteilte Wohlfühlbereich wesentlich kleiner ist als der geteilte Toleranzbereich.

Das ist jetzt keine besonders aufsehenerregende Erkenntnis, aber eine schöne Darstellung des Selbstverständlichen.

Abb.04: Drei Personen und ihre Überlappungen

Praxisbeispiel Erweiterung des Toleranzbereiches:

Bei Dark-Horse-Innovation44treffen sich alle stimmberechtigen Gründer einmal wöchentlich zum Jour fixe und entscheiden gemeinsam im KonsenT. Die Gruppe umfasst ca. 20 Menschen und nicht jeder ist an jedem Montag dabei. Die abwesenden Gründer geben den KonsenT zu all dem, was von den anwesenden Personen entschieden wird. Dabei haben sie den Ablauf der Entscheidungsfindung etwas angepasst und auch die Definition eines schwerwiegenden Einwandes etwas modifiziert. Für sie wird „schwerwiegend“ mit einer Notbremse im Zug gleichgesetzt, d.h. es müsste schon ein Notfall vorliegen, dass ein „schwerwiegender“ Einwand kommt. Solange es keinen „Notfall“ gibt, wird KonsenT gegeben. Sie haben damit den Toleranzbereich noch einmal erweitert.

Neben der Notbremse gefällt mir auch das Bild der Sicherung, die rausfliegt und einen schwerwiegenden Einwand gegen den aufrechten Stromkreis gibt.

Ergänzungen aus der Perspektive von Soziokratie 3.0 (S3)45

S3 fokussiert sich bei der Definition von KonsenT auf die beiden Aussagen: „Gut genug für jetzt“ und „Sicher genug zum Ausprobieren“.

Dabei gibt es einen impliziten Vertrag in KonsenT-Verfahren:

1) Solange ich keinen schwerwiegenden Einwand habe, führe ich die gemeinsam getroffene Entscheidung nach besten Möglichkeiten aus.

2) Wenn ich einen schwerwiegenden Einwand habe, dann drücke ich ihn auch aus und halte ihn nicht zurück.

Hier wird besonders deutlich, wie wichtig ein Ausdrücken von schwerwiegenden Einwänden ist. Schwerwiegende Einwände zeigen Informationen über unbeabsichtigte Konsequenzen oder wertvolle Wege zur Verbesserung.46

S3 spricht in ihrer Sprache von Einwänden und Bedenken. Übertragen auf die SKM wären es schwerwiegende Einwände und leichte Einwände.47

Im Folgenden habe ich einige Fragen aus der Praxis zusammengefasst und beantwortet:

Was ist das gemeinsame Ziel?48

In der SKM ist das gemeinsame Ziel die externe Vision der Organisation, in der Holakratie ist es der Daseinszweck/Purpose und in S3 der Organisations-Treiber.49

Zuerst braucht die Gesamt-Organisation so eine gemeinsame Ausrichtung, die dann idealerweise auf das jeweilige Team runtergebrochen wird. So bewegen sich alle im Einklang in eine Richtung.

Wer entscheidet was „schwer-wiegend“ ist?

Was „schwer-wiegend“ ist, entscheidet einzig und allein jedes Kreismitglied für sich. Niemand kann dabei das Kreismitglied überstimmen. Wenn eine Person sagt, sie hat einen schwerwiegenden Einwand, dann startet der Integrationsprozess. Dabei kann die Person den schwerwiegenden Einwand jederzeit zurückziehen, wenn er sich zu einem leichten Einwand verwandelt hat. Manchmal reicht es schon, den Einwand auszudrücken, manchmal war die Grundlage ein Missverständnis und häufig wird der Vorschlag so adaptiert, dass die hinter dem Einwand liegenden Argumente integriert werden konnten. Zum schwerwiegenden Einwand gehören immer Argumente. Die Soziokratie ist die Herrschaft der Argumente, nicht die der Stimmen oder Personen.

Es kann passieren, dass in der KonsenT-Runde bei einer Person erstmal ein negatives Bauchgefühl da ist und sie einen schwerwiegenden Einwand äußert. Dann helfen der Moderator und die Gruppe, das Argument hinter dem Gefühl herauszuschälen.

In der Holakratie und bei S3 gibt es Prüfverfahren für den Einwand. So soll verhindert werden, dass Einwände willkürlich oder destruktiv gegeben werden. In der Holakratie gibt es fünf Fragen zur Validierung der Einwände50, in S3 wird der Kreis gefragt, ob das Argument hinter dem Einwand für die Gruppe stichhaltig ist.51

Aus meiner Sicht braucht es diese Verfahren nicht, aber der Kreis könnte bei Bedarf gemeinsam im KonsenT jede Form von Adaption hinzufügen.52

„Was passiert, wenn eine Person keine Argumente bringen kann?“Dann kann die Moderation und die Mitglieder des Kreises bei der Verbalisierung helfen. Der Einwand wird zwar durch eine Person mitgeteilt, ist aber Eigentum des Kreises und beschreibt eine Leitplanke, die nicht überschritten werden sollte. Einige Menschen tun sich leicht mit Formulierungen, andere brauchen Unterstützung. Bisher ist es mir in der Praxis noch nie passiert, dass nicht irgendetwas „Argumentähnliches“ herauskam, mit dem wir dann weiterarbeiten konnten. Ggf. frage ich gleich nach einem Lösungsvorschlag für die Integration und dann geht meistens diese Adaption durch.

„Gut genug für jetzt UND sicher genug, um es auszuprobieren.“53Diese beiden Merksätze verkürzen etwas die offizielle Definition.

Es geht NIE um perfekte Lösungen für die Ewigkeit. Diese Vorstellung ist leider bei Entscheidungen bei vielen Menschen noch sehr präsent. Sondern ist sie „gut genug“, um jetzt damit weiterzumachen und ist es „sicher genug“, so dass nicht negative Konsequenzen folgen, die wir nicht korrigieren könnten?

Im Geiste der dynamischen Steuerung und des ständigen Wandels der Welt braucht es in der Soziokratie eine Entscheidung, die für die nächste Zeit praktikabel ist. Deshalb bekommt jede Entscheidung ein Evaluierungsdatum, an dem sie spätestens nochmal kurz angeschaut wird: Passt die Entscheidung noch oder müssen wir wesentlich nachsteuern?54

Müssen wir immer im KonsenT entscheiden?

„Der KonsenT regiert die Beschlussfassung“ heißt es etwas formell in den SKM Leitlinien. Das bedeutet, dass die Default-Einstellung der KonsenT ist und im KonsenT jedes andere Entscheidungsverfahren beschlossen werden kann.

Ein Kreis kann im KonsenT beschließen, bestimmte Funktionen an einzelne Personen zu delegieren oder Einzelentscheidungen auch mehrheitsdemokratisch oder per Losglück (Münzwurf) zu treffen. Dazu braucht es jeweils den KonsenT von allen Beteiligten.

Wenn es mehrere Alternativen für ein Problem gibt und sich keine gemeinsame Lösung herauskristallisiert, kann der Kreis z.B. im KonsenT entscheiden, dass systemisch konsensiert wird.55 Der Kreis und der KonsenT sind die höchste Instanz, während in klassischen Organisationen meistens eine Person an der Spitze Letztentscheider ist (Geschäftsführer oder Mehrheitseigentümer).

„Was passiert, wenn der Kreis nur schwer zu KonsenT-Entscheidungen kommt, sie immer sehr aufwändig sind?“

Es kann daran liegen, dass nicht alle Kreismitglieder das gleiche Ziel vor Augen haben. Das müsste dann zum Thema gemacht und gefragt werden, inwieweit alle noch hinter dem Ziel stehen.

Es kann auch sein, dass einige Menschen nicht in den Kreis passen und da müsste ggf. ein Ausschlussverfahren eingeleitet werden. Wichtig wäre es, genau dieses Thema in eine Kreis-Sitzung einzubringen: „Warum tun wir uns so schwer, gemeinsame KonsenT-Entscheidungen zu finden?“ Die Auseinandersetzung um den KonsenT, kann so auch ein diagnostisches Werkzeug für Teamdynamiken und des Teamselbstverständnisses sein.56

Was ist, wenn der Kreis zu gar keinem KonsenT kommt?

Dieser Fall tritt sehr, sehr, sehr selten in der Praxis auf, weil meistens in der Vorschlagerarbeitung schon die wesentlichen Aspekte berücksichtigt werden und weil es viele Hilfen bei der Einwand-Integration gibt, um schwerwiegende Einwände zu berücksichtigen. Sollte es dennoch nicht gelingen, braucht es einen Notfallplan bzw. eine ultima ratio.57

Sollte so ein Verfahren noch nicht vorliegen, dann arbeitet der Kreis mit der bisherigen Lösung weiter oder es gibt keine Lösung, d.h. jeder macht, was er für richtig hält. Als Moderator kann ich auf diese Konsequenzen hinweisen und meistens sind die Menschen dann doch lieber bereit, eine Lösung zusammen zu finden, als mit dem „Alten“ weiterzumachen oder gar keine Lösung zu haben.

„Kann ich wirklich jederzeit meinen KonsenT zurückziehen?

Ja, weil das ein wesentliches Element der dynamischen Steuerung ist.58 Wenn die innere oder äußere Umwelt des Kreises neue Zahlen, Daten, Fakten (ZDF) bringt und sich die Voraussetzungen der damaligen Entscheidung wesentlich verschoben haben, kann und sollte jede ihren KonsenT wieder zurückziehen und einen schwerwiegenden Einwand ausdrücken. Das kann jeder zu jederzeit tun.

Je nach Dringlichkeit wird dann entweder unmittelbar eine Kreis-Sitzung einberufen oder dann das Thema bei dem nächsten regulären Treffen behandelt.

Aber gibt es da nicht ein Chaos von ständigen Um-Entscheidungenoder Hängepartien?

Ein Grundsatz hilft hier schon mal weiter: „Solange es noch keine neue Entscheidung gibt, gilt die bestehende Entscheidung!“.

Also selbst wenn es einen schwerwiegenden Einwand gibt, bleibt das System handlungsfähig, weil bestehende Vereinbarungen gelten. Es gibt damit ein konservatives Element in der Soziokratie, es gilt Vertragstreue und Kontinuität.

In folgenden Situationen kann es zu häufig wechselnden Entscheidungen kommen:

• in Krisensituationen (z.B. Corona, Wirtschaftskrise)

• bei stark fluktuierenden Teams oder

• am Anfang des Lernweges, wo die Teilnehmerinnen noch unsicher sind, ob jetzt etwas ein schwerwiegender Einwand ist oder nicht.

Praxisbeispiel: Hängepartien

In einem Leitungskreis passiert es immer wieder, dass einige Entscheidungen sich über Monate hinstrecken. Meiner Ansicht nach liegt es daran, dass es dort drei Bereiche gibt, die sehr unterschiedliche und teilweise auch widersprüchliche konkrete Ziele haben, es aus meiner Sicht drei unterschiedliche Organisationen sind, die unter einem Dach zusammengekommen sind. Hinzu kommt noch, dass es einigen Teilnehmern nicht leichtfällt, bei schwerwiegenden Einwänden die Argumente dahinter zu verbalisieren und alternative Lösungsvorschläge anzubieten. Also hier fehlen das gemeinsame Ziel und es braucht noch weitere Kompetenzen bei den Teilnehmenden für ein gutes Mitwirken.

Und was ist mit dem leichten Einwand?59

In meiner SKM-Ausbildung gab es früher nur den schwerwiegenden Einwand und KonsenT, dazwischen gab es keine Unterscheidung. In S3 wird zwischen Einwänden und Bedenken unterschieden, was sich dann wieder in die SKM als leichte und schwerwiegende Einwände übertragen hat.60

Beim leichten Einwand stellt sich die Frage: „Wie gehe ich mit leichten Einwänden um?“

In S3 wird die Person gefragt, ob sie etwas zu dem leichten Einwand sagen möchte oder nicht. Es kann aber auch eine allgemeine Regel geben wie z.B., dass leichte Einwände als Protokollnotizen vermerkt werden. Ein Kollege von mir versucht die leichten Einwände noch zu einer besseren Lösung zu integrieren, wenn es zeitlich vertretbar ist und es „leicht“ geht .

Manchmal werden aus leichten Einwänden beim Verbalisieren dann schwerwiegende Einwände, die wie gewohnt integriert werden. Da kann der leichte Einwand eine Hilfe sein für Menschen, die sich sonst nicht trauen, ihre Bedenken auszudrücken.

Ich persönlich fremdel noch mit dem leichten Einwand, weil es etwas die Stimmung am Ende senkt. Einerseits haben wir eine Entscheidung, aber es gibt noch etwas anzumerken und wenn am Ende noch negative Rückmeldungen gegeben werden, klingt der KonsenT nicht mehr nach einer gemeinsam getroffenen Entscheidung, hinter der alle stehen, sondern hat mehrere Makel.

Dauert so eine KonsenT-Entscheidung nicht unverhältnismäßig länger?61

Für die Antwort auf die Frage ist es wichtig, zwei Zeitebenen zu unterscheiden:

1) Zeit der Entscheidungs-Findung: Wie lange braucht eine Einzelperson oder ein Team, um eine Entscheidung zu treffen?

2) Zeit der Entscheidungs-Ausführung: Wie lange braucht ein Team, bis eine Entscheidung umgesetzt oder ausgeführt wurde?

Entscheidungsfreudige Führungskräfte treffen schnelle und gute Einzel-Entscheidungen, müssen diese aber an ihre Mitarbeiter „verkaufen“, sie ins Boot holen. Viele Einzel-Entscheidungen brauchen länger, weil es notwendige Konsultationen gibt oder die Führungskraft sich nicht entscheiden kann.

Kollektive Entscheidungs-Findung braucht tendenziell mehr Zeit. Je mehr Personen involviert sind und je konsensualer die Entscheidung sein soll, desto länger dauert die Entscheidungs-Findung. Dafür ist die Zeit der Entscheidungs-Ausführung meistens geringer. Die Mitarbeiter sind schon im Boot, sie haben sich für einen gemeinsamen Kurs entschieden und können sofort in die gleiche Richtung rudern.

Einzelentscheidungen

Zeit der Entscheidungs-Findung

Zeit der Entscheidungs- Ausführung

Gesamtzeit

KonsenT-Entscheidungen

Zeit der Entscheidungs-Findung

Zeit der Entscheidungs-Ausführung

Gesamtzeit

Abb.05: Zeitersparnis bei kollektiven Entscheidungen62

Neben dieser effektiven Zeitersparnis gibt es noch weitere Vorteile kollektiver Entscheidungen:63

• Geteilte Verantwortung – die Last ist auf mehrere Schultern verteilt

• Integration verschiedener Perspektiven/Sichtweisen

• Kreative Lösungen, Win-Win-Lösungen dritter Ordnung

• Hohe Identifikation mit der Lösung und dem Unternehmen

• Zufriedene Mitarbeiter, weil ihre Sichtweisen gehört und berücksichtigt wurden.

Praxisbeispiel: Zeitersparnis bei der Entscheidungs-Findung:64

„Was sich überall etabliert hat, wenn wir Entscheidungen auf mehrere Schultern verteilen, ist der KonsenT. […] Und das Spannendste daran ist, dass es zwei Effekte hat, das haben wir wirklich gemessen. Erstens: Die Geschwindigkeit erhöht sich unglaublich bei Entscheidungen. Das ist glaube ich bekannt, das haben wir wirklich gemessen. Das war fantastisch. Und zweitens, ich weiß nicht, ob das auch so bekannt ist. Ich kann die Verantwortung nicht abgeben. Bei einer autoritären Entscheidung frage ich mal den Chef, wenn der `Ja` sagt, ist es auch dann SEINE Verantwortung. In einem KonsenT bekomme ich nicht so ein `Ja`. D.h. die Verantwortung bleibt mir und ich spüre bei vielen, dass sie viel verantwortungsvoller mit Entscheidungen umgehen.“

Michael Brenner, CFO von Weleda

Aber trauen sich wirklich alle Mitglieder authentisch ihre Meinung zusagen?

Mein alter Herr sagte immer: „Du kannst den Menschen nicht hinter den Kopf schauen!“ Und das stimmt leider auch. Als Moderator kannst du auch auf die Körpersprache achten und eine Kollegin bewertet eine unschlüssige oder ablehnende Körpersprache als „schwerwiegenden Einwand“. Aber sonst kann ich nur mit den sichtbaren, verbalen Äußerungen umgehen.

Aus der Diversitätsforschung stammt der Begriff der „Psychologischen Sicherheit“. „Psychologische Sicherheit beschreibt das Maß der Sicherheit, die Teammitglieder empfinden, unangenehme Wahrheiten auszusprechen, Fehler einzugestehen und untereinander Verletzlichkeit und Unsicherheiten zu zeigen. Sie beschreibt also eine von Vertrauen geprägte, positive Arbeitsatmosphäre, in der Teammitglieder sie selbst und offen sein dürfen, ohne negative Konsequenzen befürchten zu müssen.“65

Das ist eine kulturelle Qualität, ohne die es nicht wirklich einen echten KonsenT gibt. Trauen sich die Mitglieder nicht offen ihre Meinung zu sagen, kommt es zu Fassaden-KonsenTen.

Praxisbeispiel: Fassaden-KonsenT

In einem Projekt wollte ein Geschäftsführer mit seinem Leitungskreis die KonsenT-Moderation und SKM kennenlernen. Es gab vier Bereiche und wir hatten im Vorfeld vier Delegierte aus den Bereichen wählen lassen.66 An dem einen Workshoptag hatte ich kurz die Theorie der SKM vorgestellt, dann eine relativ einfache Entscheidung des Leitungskreise moderiert und dann wurde vorgeschlagen, dass wir die SKM in einer Pilotphase implementieren. Dazu gab es nach einigem hin und her, KonsenT des ganzen Kreises.

Im Nachgang wurde deutlich, dass zwei Bereichsleiter nicht wirklich von Herzen KonsenT gegeben haben, sondern sich gedrängt fühlten mitzumachen. Sie meinten, sie hätten ja keine Chance gehabt, gegen den Geschäftsführer zu stimmen. Das war eine deutliche Hypothek für den gesamten Prozess und wurde leider nur am Rande offen thematisiert.

Im gleichen Leitungskreis bekam ich die Rückmeldungen von zwei Delegierten aus den Bereichen, dass sie sich nicht trauten gegen die Bereichsleitung zu stimmen. Das wäre doch unsolidarisch und könnte sich auch negativ auf ihr Verhältnis zu den Bereichsleitern auswirken. So war die Sorge.

In diesem Projekt gab es also immer wieder Fassaden-KonsenTe.

Hinter einem Fassaden-KonsenT kann einerseits ein bestimmtes Mindset oder eine Mentalität stecken, bei der die betreffende Person es sich noch gar nicht vorstellen kann, dass wirklich auf Augenhöhe entschieden werden könnte. Andererseits kann es auch Ausdruck fehlender psychologischer Sicherheit im Unternehmen sein, also Angst vor negativen Konsequenzen, wenn man seine Meinung offen ausdrückt. KonsenT ist also immer auch eine Haltungs- und Kulturfrage. Am besten wäre es, genau das zum Thema im Kreis zu machen!

Und sind KonsenT-Entscheidungen nicht einfach nur (faule) Kompromisse?

Der KonsenT hat nicht den Anspruch eine Wohlfühl-Lösung für alle zu finden, sondern eine pragmatische Lösung für das Hier und Jetzt. Insofern kann es je nach Toleranzbreite der Teilnehmerinnen zu Kompromissen kommen oder jede darf mal eine Kröte schlucken. Häufig sind fehlende Sitzungszeit ein Grund für eine erhöhte Toleranzbereitschaft, weil ein halbguter Kompromiss immer noch besser als gar keine Lösung ist. So ist das Leben.

Wenn aber genügend Zeit für Entscheidungen da ist, wenn die Kreismitglieder wirklich ein gemeinsames Ziel haben und sie sich trauen, ihre ehrliche Meinung auszudrücken dann kommen viele Lösungen im Wohlfühlbereich zustande oder man findet statt dem kleinsten gemeinsamen Nenner, das größte mögliche Miteinander.

Gibt es auch Enthaltungen von Mitarbeitern in der KonsenT-Moderation?

Nein, sie sind in dem Modell nicht vorgesehen. Letztendlich ist eine „Enthaltung“ automatisch „KonsenT“. Es kann sehr hilfreich sein, die jeweilige Person zu fragen, warum sie sich enthält und was das für sie bedeutet. Wenn diese Person nicht die Verantwortung für die Umsetzung oder Konsequenzen tragen möchte, dann würde ich das eher als schwerwiegenden Einwand deuten und fragen, was die Gründe dahinter sind. Kommen solche Enthaltungen häufiger vor, würde ich das zum Thema im Kreis machen.67

Und was passiert, wenn wichtige Leute bei der Kreis-Sitzung fehlen? Prinzipiell ist jeder Kreis beschlussfähig. Es gilt die Regel: „Abwesende geben automatisch KonsenT zu den Beschlüssen, die der Kreis trifft!“

Natürlich kann eine abwesende Person bei der nächsten Kreis-Sitzung einen schwerwiegenden Einwand einbringen, wenn es neue/wesentliche Argumente gibt, die bisher nicht berücksichtigt wurden.

Ggf. kann es bei einer Entscheidung wichtig sein, dass der Kreis sie vertagt, wenn es nicht dringend ist und die abwesende Person wichtige Sichtweisen mit einbringt. Es kann auch gemeinsam im Kreis im KonsenT ein Quorum festgelegt werden oder andere Varianten.

Und was ist bei Entlassungen? Gilt da auch das KonsenT-Prinzip? Ja, das KonsenT-Prinzip gilt, aber die betroffene Person hat in der KonsenT-Runde kein Stimmrecht. Sie ist während des gesamten Agenda-Punktes anwesend, steuert zur Infophase bei, kann ihre Meinung in den Runden kundtun, aber bei der Entscheidung hat sie kein Stimmrecht. Sonst bestünde die Gefahr, dass Entscheidungen blockiert würden.

Funktioniert die KonsenT-Moderation bei allen Gruppengrößen?

Ideal ist sie für Gruppen zwischen 4-7 Mitgliedern. Runden brauchen Zeit und je größer die Gruppe, desto hilfreicher ist z.B. ein strenges Time-Boxing und Arbeit in Hilfskreisen oder Kleingruppen.

Apropos Time-Boxing: Was ist das und wann verwendet du es? Time-Boxing heißt, dass jede Person die gleiche Redezeit bekommt, z.B. zwei Minuten pro Nase. Das sorgt nochmal für mehr Gleichwertigkeit und schränkt die Vielredner etwas ein und sorgt auch für konzentriertes Reden. Gleichzeitig wird es von einigen als Beschränkung aufgefasst und kann etwas Stress auslösen. Je größer die Gruppe ist, desto strenger würde ich beim Time-Boxing sein.68

Praxisbeispiele: Größere Gruppen (50/25 Personen)

Bei einer GFK69-Hauptversammlung waren wir ca. 50 Menschen und haben relativ gut und fix KonsenT-Entscheidungen hinbekommen. Das gelang aber nur deshalb so gut, weil alle das Modell verstanden haben, die Beschlussvorlagen extrem gut vorbereitet waren und die inhaltliche Arbeit vorher in Kleingruppen stattfand, viele Bedenken dort schon integriert wurden und sich die einzelnen Personen dann im Kreis mit ihren Meinungen zurückgehalten haben.

In einem Wohnprojekt mit formeller Basisdemokratie und vielen Alt-68ern habe ich mal eine Vereinssitzung mit ca. 25 Leuten auf Basis der KonsenT-Moderation geleitet. Da war ich extrem streng und habe gesagt: „Bitte nur Meinungsäußerungen, wenn etwas substanziell Neues gesagt wird!“ Für ein Thema haben wir einen Vorschlag erarbeitet, der deshalb keinen KonsenT bekommen hat, weil es zu schnell ging! Sie wollten darüber nochmal schlafen und es verdauen. Die Stimmung war nachher sehr gut, aber sie sind dann doch bei ihrer ursprünglichen Entscheidungsform geblieben. Bei einer 25köpfigen Projektgruppe hatten wir jeweils einen Tag Zeit, um strategische Entscheidungen für die Gesamt-Organisation zu treffen. Ausgangspunkt war eine extern erarbeitete Beschlussvorlage. Zu Beginn gab es eine zeitlich begrenzte Info-Phase, die erste Meinungsrunde erfolgte mit einem 15minütigen Timeboxing in Kleingruppen und dann hatte jede Person eine Minute Zeit in der Großgruppe. Die Beschlussvorlagen erschienen dem Kreis nicht immer hilfreich, so dass meistens in der Vorschlagsphase in zwei bis drei Hilfskreisen ein neuer Vorschlag erarbeitet wurde. Diese Entwürfe mussten noch harmonisiert werden, bevor es in die Entscheidungs-Phase ging. Meistens hat die Gruppe eine Entscheidung an einem Tag geschafft, in ca. 20% der Fälle brauchte es noch Extra-Schleifen.

Exkurs: Was sind Grundsatz-Entscheidungen?

In der SKM ist die Unterscheidung von Grundsatz- und Ausführung sehr wichtig, weil in der Praxis nur die Grundsatzentscheidungen im KonsenT getroffen werden.70 Das hat einfach pragmatische Gründe, weil KonsenT-Entscheidungen je nach Vorbereitung zwischen 15-45 Minuten dauern und daher recht zeitaufwändig sind. Normalerweise trifft sich ein Kreis monatlich für drei Stunden und da bleibt dann Zeit für 3-5 Entscheidungen.71

Bevor die Frage nach der Grundsatz-Entscheidung genauer beantwortet wird, kann es hilfreich sein, zwei Organisations-Ebenen zu unterscheiden: Die Kreis-Ebene mit den Grundsatz-Entscheidungen und die operative-Ebene mit den Ausführungs-Entscheidungen.72 Beide Ebenen haben unterschiedliche „Gesetze“ haben und daher ist diese Differenzierung für das weitere Verständnis hilfreich.

Auf der Kreis-Ebene trifft sich das Team auf Augenhöhe. Jeder ist gleichwertig in der Beschlussfassung, keiner kann oder darf ignoriert werden. Hier werden im KonsenT die Grundsatz-Entscheidungen getroffen und es gelten alle Regeln aus der KonsenT-Moderation. Zeitlich gesehen ist das Arbeiten auf dieser Kreis-Ebene eher eine Ausnahme. Man trifft sich ca. nur einmal im Monat für drei Stunden, der Rest ist operative Arbeit. Auf der Kreis-Ebene wird AN der Organisation gearbeitet und nicht IN der Organisation.

Auf der operativen Ebene findet die Alltagsarbeit statt. Jedes Team kann dabei ganz unterschiedlich organisiert sein: Von einer klassischen Hierarchie mit Führungskraft und einfachen Mitarbeitenden, bis zu einem sehr selbstorganisierten Team mit jeweils vielen „Rollenfürsten“, die innerhalb ihrer Rolle eigenständig Entscheidungen treffen können und nicht um Erlaubnis bei der Führungskraft fragen müssen.

Kreis-Ebene

Operative-Ebene

Es gelten die Prinzipien der KonsenT-Moderation73

Es gelten die Regeln, die auf der Kreisebene im KonsenT für die operative Ebene getroffen wurden.74

KonsenT, d.h. Gleichwertigkeit in der Beschlussfassung

Offen, kann auch hierarchisch sein, meistens gibt es pro Rolle ein Entscheidungspouvoir75

Grundsatz-Entscheidungen

Ausführungs-Entscheidungen

Ein Meeting für ca. 3h pro Monat

Unterschiedliche Meeting-Formate oder individuelle Absprachen

Abb.06: Unterscheidung Kreis-Ebene und operative Ebene

Was sind nun Grundsatz-Entscheidungen, was Ausführungs-Entscheidungen?76

Meistens sind Grundsatzentscheidungen normative oder strategische Entscheidungen und geben Kriterien oder einen Rahmen für die operative Ebene.

Eine Grundsatz-Entscheidung bildet die Basis oder den Rahmen für das Tagesgeschäft und die konkrete Umsetzung.

Im Folgenden habe ich eine Liste von Themen aufgestellt, die eher Grundsatz-Entscheidungen zuzurechnen sind:77

• Vision, Angebote, Jahresziele

• Strategische Entscheidungen, Pläne

• Fortschritt/Fortschreiten des Kreises (Controlling der strategischen Entscheidungen)

• Organisation der Prozesse, um die Ziele zu erreichen, Prozessmanagement

• Festlegen der Rahmenbedingungen für Unterabteilungen

• Budgetvorgaben für Projekte, Unterabteilungen.

Daneben gibt es im Kreis auch Entscheidungen, die die Selbstorganisation des Kreises betreffen:

• Funktion und Aufgabenbeschreibung der Kreismitglieder

• Wahl der Kreismitglieder zu bestimmten Funktionen

• Einstellung/Entlassung von Kreismitgliedern

• Weiterbildungsplan/-maßnahmen des Kreises

Folgende Fragen finde ich persönlich sehr hilfreich für die Unterscheidung:

• Ist das ein Einzelfall (Ausführung) oder eine generelle Regel für mehrere Einzelfälle (Grundsatz)?

• Ist es Arbeit IN der Organisation (Ausführung) oder Arbeit AN der Organisation z.B. Rahmen, Rollen, Richtlinien (Grundsatz)?

Es gibt nur wenige Einzelfall-Entscheidungen, die Grundsatz-Entscheidungen sind, z.B. hohe Investitionen, ein Umzug, konkrete Personalentscheidungen. Abgesehen davon sind Einzelfälle oder wiederkehrende Entscheidungen im Tagesgeschäft in der Regel Ausführungs-Entscheidungen.

Das ist jetzt eine schöne Auflistung, aber noch unvollständig. Wer entscheidet letztgültig, ob es eine Grundsatzentscheidung ist oder nicht? Die Standard-Antwort ist: Sobald ein Kreismitglied eine Entscheidung für eine Grundsatz-Entscheidung hält, ist es eine Grundsatzentscheidung. Damit muss es auf die Agenda gesetzt werden. Natürlich wird auch nachgefragt, was die Argumente für diese Einschätzung sind. An welcher Position der Agenda das Thema dann steht, ist wieder eine KonsenT-Entscheidung des Kreises im administrativen Teil.78 Abweichend von der Standard-Einstellung kann der Kreis im KonsenT festlegen, was additiv oder von bestimmten Kriterien her eine Grundsatzentscheidung ist. Allerdings wird es immer wieder zu Einzelfallfragen kommen und dafür hat sich die obige Regel gut bewährt.

Praxisbeispiel von KonsenT auf allen Ebenen: Morning Star79