Kopf frei! - Ute Lauterbach - E-Book

Kopf frei! E-Book

Ute Lauterbach

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  • Herausgeber: Kösel
  • Kategorie: Ratgeber
  • Sprache: Deutsch
  • Veröffentlichungsjahr: 2011
Beschreibung

Wer den Kopf frei hat, kann eingefahrene Muster verlassen. Mit dem in der Praxis erprobten Kommunikationsprogramm von Ute Lauterbach gelingt es Ihnen, anders zu sprechen und echten Kontakt herzustellen. 14 konkrete Tipps zeigen, wie Sie nicht nur reden, sondern auch was zu sagen haben!

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Seitenzahl: 149

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Inhaltsverzeichnis

Geleit- und BegleitwortSich freiredenGesprächszwangsverläufe beobachtenDie Navigationssysteme des MenschenSprache und Sprechen – der Masterkey?Entstehung und Zielsetzung des KommunikationsmodellsDie Trainingspunkte1 - TrainingspunktCopyright

Geleit- und Begleitwort

Um es direkt auf den Punkt zu bringen: Mit diesem Buch können Sie sich durch eine andere Art der Kommunikation zu einem freien Kopf navigieren. Es hilft, mit unseren unfreiwilligen Gedanken anders umzugehen. Beharrlichkeit bei diesem Unterfangen kann uns sogar in der Glückseligkeit absetzen. Das Vorgehen ist einfach und zugleich anspruchsvoll.

Vier Ziele erreicht das vorgestellte Kopf-frei-Kommunikationsmodell:

Es stellt echten Kontakt her.Es lässt Sie mehr in der Gegenwart leben.Es macht Sie und Ihr Gegenüber glücklicher.Es befreit Sie.

Hugo taucht immer wieder auf. Er übt mit Lotti das beschriebene Kommunikationsmodell ein. Ob Sie sich mit Hugo oder Lotti identifizieren, weiß ich nicht. Aber im Endeffekt ist sowieso alles Tutti Lotti.

Sich freireden

Der Mensch ist das, was er den ganzen Tag denkt.

Ralph Waldo Emerson

1. Auftritt Hugo

Seine vorvorletzte Geliebte, seine vorletzte, seine letzte ebenso, sie alle befanden, dass Hugo zwar nett sei, viele gute Eigenschaften habe – nur reden, das ginge überhaupt nicht mit ihm. Es hat ihn stutzig gemacht, dass seine drei Verflossenen ihn alle aus demselben Grund verlassen haben. Man könne nicht mit ihm reden! Dabei redet er gerne und viel. Ihm fällt immer etwas ein. Kein Thema, bei dem er nicht mitreden könnte. Komisch. Da stimmt doch irgendetwas nicht. Soll er in Therapie gehen? Meditieren? Was ist los mit seinem Sprechen? Oder gar mit seinem Denken?? Schlimmer kann es eigentlich nicht werden. Hugo will diese neue Art zu kommunizieren lernen. Unbedingt. Er hat eine Auszeit genommen und sitzt jetzt Lotti gegenüber. Sie ist seine Trainerin. Sie ist irgendwie komisch. Sie sei die erste Matriarchin der westlichen Zen-Dynastie. Dabei ist sie ganz locker und lustig. Hugo muss aufpassen, dass er sich nicht in sie verliebt. Gerade erläutert sie ihm, worum es in diesem Training geht:

»Es wird eine Weile dauern, bis du die Praxis beherrschst. Das Training umfasst 14 Schritte, wobei sich jeder Schritt aus folgenden Phasen zusammensetzt: In der ersten Phase geht es darum, Kommunikationsabläufe bei anderen zu beobachten. In der zweiten Phase beobachtest du dein eigenes Sprechen und Denken und übst parallel jeweils einen Schritt ein.« »Oh, das klingt anstrengend. Ich habe keine Lust zu üben und an mir zu arbeiten.«

Lotti reagiert mit einer ihrer irritierenden Bemerkungen: »Wenn du willst, kannst du dich anstrengen oder es einfach tun.«

Hugo denkt, dass das Theater in seinen Beziehungen wahrscheinlich anstrengender ist als jedes Programm mit Lotti. So bleibt er guter Dinge.

Ermunternd fügt Lotti hinzu: »Es geht übrigens um viel mehr als das Einüben anderer Sprechgewohnheiten.« »Aha! Worum geht’s denn im Kern?« »Es geht darum, durch ein anderes Sprechverhalten den Geist in selbstbestimmte Bahnen zu lenken, anstatt von Denkgewohnheiten und neuronalen Fixspuren fremdbestimmt zu werden. Das heißt, im Kern geht es darum, sich vollständig zu befreien.«

In Lottis Dynastie herrscht Ordnung. Hugo unterhält sich mit Lotti über seinen Stand und Werdegang immer nach der Präsentation und den ersten Erfahrungen mit den einzelnen Übungsschritten. In Lottis Einführung geht es darum, dass Gegenwart volles Leben ist. Sie führt aus:

»Wo dein Verstand ist, da ist deine Energie. Das bedeutet, wenn du im Gespräch egozentrisch um dich selbst kreist, kann kein wirklicher Austausch stattfinden. Wenn du in der Zukunft oder Vergangenheit hirnst, bist du mit deiner Energie nicht in der einzigen Zeit, die du unmittelbar zur Verfügung hast: nämlich der Gegenwart. Zwar ist es nützlich, Erfahrungen der Vergangenheit konstruktiv für Gegenwart und Zukunft auszuschlachten – allein ein unerquickliches Verweilen in der Vergangenheit ist abträglich. Du verpasst die Gegenwart auch, wenn du dich in Problemen drehst. Iss ein leckeres Stück Torte und denk dabei intensiv an die verletzende Bemerkung des Nachbarn ... Du wirst die Torte nicht genießen können, weil sich dein Geist von dem, was jetzt gerade ist – nämlich Torte – verabschiedet hat.«

Lotti hält inne. Hugo ahnt, was seine Geliebten vertrieben haben könnte. Aber er ist sich keiner Schuld bewusst. Denn seine Gedanken und damit seine Worte stellen sich immer ganz automatisch ein. Einerlei, ob es um den Urlaub in Schweden, Krampfadern oder Saugdruckpumpen geht.

Sprechen und Denken

Lotti bestätigt den Zusammenhang zwischen Sprechen und geistiger Aktivität. Sie fragt Hugo, ob er denn wirklich auf jeden Anreiz hin über Schweden, Krampfadern oder Saugdruckpumpen sprechen wolle. Hugo: »Ja, mein Urlaub in Schweden war total verregnet. Ich musste mir eine Regenjacke …« »Stopp!«, sagt Lotti. »Das ist keine Antwort auf meine Frage, sondern vermutlich Text, der deine Geliebten in die Flucht geschlagen hat.«

Huch! Hugo fühlt sich ertappt. Er hat sogar die Frage vergessen. Lotti wiederholt die Frage und erklärt Hugo, dass er gerade nur noch um sich und seine Schweden-Assoziationen kreist. Sie als Gesprächspartnerin sei außen vor. Schon wieder hat sie ihn ertappt. Eigentlich will Hugo gar nicht so automatisch sprechen. Aber die Gedanken kommen einfach. Lotti bestätigt: »Stimmt, unser Gehirn ist so strukturiert. Die Frage ist nur, ob wir das Gehirn benutzen oder das Gehirn uns.« Hugo möchte lieber Herr in seinem Kopf sein. Lotti: »Deshalb machst du dieses Training. Da Gesprochenes auffälliger ist als nur Gedachtes, werden wir es als Erstes einer kontakt- und gegenwartsfördernden Schulung unterwerfen. Die Kür ist, später auch das still Gedachte in den Freiwilligkeitsbereich, eben einen bewusst gewählten, zu ziehen. So lernst du, dich freizureden!« Das klingt verlockend: sich freireden! Zunächst geht es einfach darum, Gesprächszwangsverläufe zu beobachten.

Lotti stellt die Aufgabe: »Fang damit an, dass du dir vergegenwärtigst, wie sich Gespräche in der Regel fast von selbst und meist ohne Eigenbestimmung bilden. Es ist sehr aufschlussreich, ein oder zwei Wochen lang wahrzunehmen und zu fühlen, wie es um Kontakt, wirklichen Austausch, Gegenwart, Nähe und Lebendigkeit in ›normalen‹ Alltagsgesprächen bestellt ist.«

Damit ist Hugo für die nächste Woche beschäftigt.

Gesprächszwangsverläufe beobachten

Nicht nur Hugo, sondern auch wir beschäftigen uns mit seiner Aufgabe. Schauen wir von der Metaebene aus auf folgendes Gespräch:

Egon und Marion – Klappe, die erste

EGON:Mein Name ist »Künstler«.MARION(fragt, obwohl sie die Antwort nicht wirklich interessiert): Heißen Sie nur so oder sind Sie auch ein Künstler?EGON:Ich habe ein paar Kohlezeichnungen gemacht, nichts Erhebliches.MARION(driftet assoziierend in ihre Vergangenheit): Ich erinnere mich an die Zeit, als Oma noch mit Kohlen geheizt hat.EGON(antwortet noch mal auf die ursprüngliche Frage): Früher sollte ich ein Instrument lernen – Blockflöte. Es war schrecklich. Ich habe die Flöte dann heimlich weggeworfen und gesagt, sie sei mir verloren gegangen. Das war zum Glück das Ende der Tortur.MARION(etwas genervt und spitz, weil Egons Ausführung sie langweilt): Ich liebe Musik. Gerade Flötenklänge – Piccoloflöte, herrlich! Habe mir jetzt eine neue Anlage gekauft. Da hat man doch ’ne ganz andere Soundqualität.EGON(fühlt sich übergangen und macht Marions Begeisterung für Technik runter): Für Technik habe ich gar keinen Sinn. Die wird eh immer komplizierter und man muss zehn Stunden Gebrauchsanweisung lesen, bis man den modernsten Wecker bedienen kann.MARION(fühlt sich unwohl und kontert): Ich schlafe immer aus. Habe mir mein Leben so eingerichtet.EGON(ungehalten): Dass Sie immer ausschlafen, hat doch nichts mit meinem Einwand der Technik gegenüber zu tun.MARION(greift Egon direkt an): Jetzt werden Sie nicht patzig. Ich werde doch wohl noch sagen können, was ich will, und ausschlafen können. Sie sind wohl neidisch.EGON(fühlt sich missverstanden, will mit gutem Abgang das Gespräch beenden, weil er aber verletzt ist, baut er noch zu schlechter Letzt eine Spitze ein.): Ja, dann schlafen Sie weiter gut; ich habe jetzt noch einen Termin und muss mich verabschieden.MARION(ihrerseits verletzt): Die Terminhetzerei habe ich in meinem Leben schon lange abgeschafft.EGON(bissig): Wichtige Menschen haben halt noch Termine. Guten Tag!

Wir sehen, dass dieses Gespräch zunächst harmlos anfängt, aber schnell bar jeder echten Kommunikation ist. Das Ende vom Lied: Beide gehen mit Unbehagen aus dem Gespräch. Es hat kein befriedigender Austausch stattgefunden. Die beiden sind an unbewussten Automatismen gescheitert.

In diesem Beispiel haben sich die Gesprächspartner ungut ineinander verhakelt. Fantasieren wir eine erfolgreiche Variante des Gesprächs von Egon und Marion:

Egon und Marion – Klappe, die zweite

EGON:Mein Name ist »Künstler«.(Marion spürt zunächst einmal, was sie an Herrn Künstler wirklich interessiert, wodurch eine echte Austauschmöglichkeit vorbereitet ist.)MARION:Mir fällt auf, dass Sie ein sehr schönes und ungewöhnliches Hemd anhaben.EGON(erzählt nicht die Geschichte vom Hemd, sondern spürt, was Marions Worte in ihm auslösen): Es freut mich, dass es Ihnen gefällt.MARION(spürt weiteres Interesse an dem Hemd): Wo haben Sie es erstanden?EGON:Ich habe es mir in Indien schneidern lassen.MARION:Nach Ihren eigenen Vorgaben?EGON:Ja.MARION(ist wirklich beeindruckt, weil sie das Hemd außergewöhnlich findet): Sie haben wirklich einen guten Geschmack. Sind Sie Modedesigner?EGON(spürt durch den Kontakt mit sich und daher mit ihr, was ihre Worte bewirken): Sie machen mich ein wenig verlegen. Ich danke Ihnen für die Wertschätzung meines Geschmacks. Ich bin Innenarchitekt. Gestaltung und Design sind mein Steckenpferd. Und doch ist, was die Natur hervorbringt, mitunter das Schönste. So gefällt mir der Wohlklang Ihrer Stimme.MARION:Ich danke Ihnen und bin jetzt auch ein bisschen verlegen. Darf ich Sie um einen Gefallen bitten?EGON:Ja, natürlich.MARION:Ich würde mich gerne mit Ihnen an meiner Seite neu einkleiden.EGON(fühlt sich durch diesen Wunsch geschmeichelt, weiß aber, dass er ihm aus zeitlichen Gründen vorerst nicht entsprechen kann): Die Idee ist wunderbar. Ich fühle mich geradezu geehrt und danke Ihnen. In den nächsten Monaten bin ich jedoch kaum abkömmlich, rufe Sie aber gerne an, sowie ich Zeit habe.MARION:Ja, das wäre schön. Das verlängert die Vorfreude.EGON(ist gerührt, weil Marion seinen augenblicklichen Zeitmangel nicht persönlich nimmt. Deshalb beschließt er, ihr in den nächsten Tagen sein Hemd zu schicken.): Vorher werden Sie eine kleine Überraschung von mir erhalten ...

Und wenn sie nicht gestorben sind, dann lieben sie sich noch heute … Für den Erfolg der gelingenden Variante dieses Gesprächs ist weichenstellend, dass beide immer wieder spüren und ausdrücken, was sie gegenwärtig fühlen, wahrnehmen und was sie interessiert. Dadurch landen sie sowohl im Kontakt als auch in der Gegenwart. Der Knüller ist natürlich, dass ein derart bewusst gestaltetes Gespräch weder Zwangsverläufe enthält noch gegenseitige Verletzungen provoziert.

Frau Knödel und Frau Möllich

Betrachten wir ein harmloseres, weil unverhakeltes Beispiel eines ebenfalls misslingenden Gesprächs. Die Wertung »misslungen« ergibt sich aus der Definition, lebendiges Sprechen verwirkliche echten Kontakt und verbinde mit der Gegenwart. Es unterhalten sich zwei Nachbarinnen.

FRAU KNÖDEL:Was kochen Sie denn heute?FRAU MÖLLICH:Pfannkuchen - das mögen die Kinder immerFRAU KNÖDEL:Meine beiden sind grad mit der Oma auf Sylt.FRAU MÖLLICH:Ich bin kein Fan von Sylt. Das Mittelmeer ist mir lieber.FRAU KNÖDELIch war das letzte. Mal vor fünf oder sechs Jahren am Mittelmeer. Das war das Jahr, in dem mein Mann diese blöde Sommergrippe hatte.FRAU MÖLLICH:Also wir reisen immer mit der Reiseapotheke!FRAU KNÖDEL:Er hatte die Grippe daheim, nach dem Urlaub.FRAU MÖLLICH:Trotzdem geht nichts über eine Reiseapotheke.FRAU KNÖDEL:Haben Sie auch schon gehört, dass an der Ecke Römerwall und Lichweg eine neue Apotheke eröffnet wird? Dann haben wir zehn Apotheken in unserer Stadt. Ist doch wahnsinnig viel.FRAU MÖLLICH:Meine Mutter schwört auf Wadenwickel.FRAU KNÖDEL:Da sagen Sie was! Wollte ich meinem Mann auch machen. Wadenwickel. Es endete damit, dass das ganze Bett nass war.FRAU MÖLLICH:Kann man nur froh sein, wenn die Kinder keine Bettnässer sind. Muss ja furchtbar sein. Bei meiner Tante wohnte nebenan eine Frau, deren Kind bis zum achten Lebensjahr ins Bett gemacht hat. Die Tante wohnt in Heidelberg.FRAU KNÖDEL:Wo Sie’s sagen, jetzt ist übrigens Heidelbeerzeit ...

Das Gespräch geht endlos so weiter. Markant ist, dass die beiden immer wieder einen Aspekt aufgreifen, um ihn als Hölzchen für ihr Stöckchen zu benutzen. Der Gesprächseröffnungsfehler von Frau Knödel ist, dass sie gar nicht wirklich interessiert, was Frau Möllich zu kochen gedenkt. Sie fragt nur, um etwas zu sagen. Jedweder Kontakt wird bereits im Keim erstickt. Es zeigt sich:

Nur wenn wir Kontakt zu uns selbst haben, ist eine Landefläche für den anderen bei uns vorhanden. Kontakt zu uns können wir immer nur jetzt haben.

Udo und Ina – Klappe, die erste

Betrachten wir einen Verhakelungshit schlimmster Sorte. Udo und Ina, ein Liebespaar, sitzen in einem Straßencafé. Ina hatte vor zwei Stunden ein gutes und wichtiges Gespräch mit ihrer Professorin. Sie erinnert sich gerade an eine einfühlsame und witzige Bemerkung, die diese gemacht hatte. Ina lacht unvermittelt auf. Udo missdeutet ihr Lachen und bezieht es auf sich.

UDO:Auslachen kann ich mich auch selber, dazu brauch ich nicht mit dir im Café zu sitzen. Am liebsten würde ich jetzt weggehen.INA(fällt aus allen Wolken, weil ihr nichts ferner liegt, als den Geliebten auszulachen. Daher ihre Erklärung): Ich habe dich doch nicht ausgelacht, sondern mich nur an eine witzige Bemerkung meiner Professorin erinnert.UDO:Du nimmst mich einfach nicht wahr! Sitzt hier und denkst an deine Professorin.INA:Aber du nimmst mich wahr, wenn du noch nicht mal zwischen Auslachen und Erinnerungsauflachen unterscheiden kannst. Außerdem fühle ich mich supermäßig wahrgenommen, wenn du es überhaupt für möglich hältst, dass ich dich auslachen könnte. Es liegt gar nicht in meinem Charakter, andere auszulachen. Aber du drehst ja so um dein eigenes Leid, deine eigenen Fantasien, dass diese Eigenheiten meines Wesens nicht bis zu deiner Wahrnehmung vordringen können. Aber das kenne ich schon: Meine Mutter hat mich auch nie wahrgenommen, nie gewusst, wie ich bin.UDO:Ich hatte noch nicht mal eine Mutter! Vollwaise war ich mit vier Jahren!

Von der Metaebene aus betrachtet, sehen wir, was schiefgelaufen ist. Die Abfahrt in die Hölle beginnt mit Udos Glaube, seine Deutung, er würde ausgelacht, sei richtig. Deshalb wirft er Ina vor, sie habe ihn ausgelacht. Er krönt seinen ungerechten Vorwurf mit der Drohung, weggehen zu wollen. Damit zieht er eines der schlimmsten Register, die in einer Liebesbeziehung denkbar sind. Ina deckt den Hintergrund ihres Lachens auf. Ohne Erfolg, denn Udo rast bereits in seinem Schmerzzug durch die Lande und strickt aus Inas Erklärung einen neuen Vorwurf: Sie nehme ihn nicht wahr. Jetzt ist der Projektionsmechanismus in voller Blüte. Udo ist als Gefangener seines eigenen Schmerzes seinerseits nicht in der Lage, Ina wahrzunehmen. Inzwischen ist auch seine Geliebte verletzt und schlägt mit Ironie zurück. Sie macht ihn darauf aufmerksam, inwiefern sie sich nicht wahrgenommen fühlt. Sie wird an einen eigenen Schmerz erinnert und bringt ihn zum Ausdruck: Sie wurde von ihrer Mutter nicht wahrgenommen. Udos Schmerzexpress ist nicht zu stoppen, weshalb er wieder nicht in der Lage ist, sich auf Ina einzulassen und ihr Raum zu geben. So holt er zum Kontaktvernichtungsgipfel aus, indem er Inas Schmerz, nicht wahrgenommen worden zu sein, nicht nur nicht versteht, sondern für gering erklärt, indem er mit seiner noch härteren Situation als Vollwaise auftrumpft. Ein eskalierendes Schmerzduell ohne Begegnung, ohne Kontakt, ohne Gegenwart! Was hier tobt, ist lediglich eine Wiederauflage von Vergangenheitsmist.

Udo und Ina – Klappe, die zweite

Wie hätte das Gespräch Kontakt verheißend verlaufen können? Die beiden sitzen also im Straßencafé. Ina erinnert sich an die witzige Bemerkung und lacht auf. Udo deutet, sie lache ihn aus. Das ist die kritische Stelle. Wenn er nämlich seine Deutung für die Realität hält, läuft das Gespräch wie oben dargestellt. Udo reagiert im Grunde auf seine Deutung und nicht auf das, was wirklich ist. Ist er sich jedoch dessen bewusst, dass seine Wahrnehmung möglicherweise eine Fehldeutung ist, hat er einen Gesprächs-Gestaltungsspielraum. Und zwar so:

UDO:Huch, was veranlasst dich zu lachen?INA:Ich war eben bei meiner Professorin, wir sprachen über meine Arbeit und sie hat eine lustige Bemerkung gemacht, die mir soeben wieder in den Sinn kam. Außerdem war sie voll des Lobes, weshalb ich vielleicht auch ein bisschen übermütig bni gerade. Ich könnte dich vor lauter Glück in die Luft werfen - oder vernaschen.UDO(spürt, wie sich seine Not auflöst, kann Inas Freude teilen und ist dankbar, dass die Gegenwart nicht so schrecklich ist, wie ihn seine Vergangenheit fürchten ließ): Ach, toll, ich freue mich mit dir, und Vernaschen ist keine schlechte Idee. Ich fühle mich gerade so erleichtert und stolz.INA:Interessante Kombination! Wieso denn?UDO:Erleichtert, weil mein interner Vergangenheits-Auslachfilm nicht stimmt, und stolz, weil ich noch wacher und schneller war als mein Fehldeutungszwang.INA:Schatz, das könntest du mir noch genauer erklären, wenn du magst. Bis jetzt hab ich kapiert, dass du irgendwie über dich selbst gesiegt hast und wir somit beide Grund zum Feiern haben.UDO:Wenn ich gut nachspüre, ist mir das Feiern jetzt wichtiger als das Auseinanderpopeln meines Psychomülls.

So könnte eine unverstrickte und kontaktinnige Variante des Gesprächs aussehen. Halten wir als Fazit fest:

► Kontakt und Gegenwart sind verloren, wenn wir nicht bei dem innehalten, was jetzt gerade ist.► Sie sind verloren, wenn wir uns von oberflächlichen Assoziationen zu Verbal-Outputs reizen lassen.► Außerdem haben sie keine Chance, wenn wir uns verhakeln und Altlast durch unsere Seele tobt.► Kontakt, Gegenwart und Glück werden ebenfalls im Keim erstickt, wenn wir auf schmerzliche Deutungen verstrickt reagieren, anstatt sie auf ihre Richtigkeit zu überprüfen.

Oder positiv formuliert:

Je mehr wir uns selbst wahrnehmen, umso inniger und authentischer sind unsere Kontakte, umso mehr leben wir in der Gegenwart und umso glücklicher sind wir.

Dieses Fazit ist die Essenz meines Kopf-frei-Kommunikationsmodells. Der später folgende »Trainingskatalog« zeigt, wie wir diverse Klippen im Gespräch umschiffen und durch neue Fahrwasser zu labenden Kontakten und mehr Freude finden. Auf dass wahr werde: Anders reden – besser leben!

2. Auftritt Hugo

Hugo hat – ähnlich wie wir – viele Gespräche zusammen mit Lotti beobachtet. Er ist nachdenklich, um nicht zu sagen, niedergeschlagen. Er ist beinahe davon überzeugt, dass es sicherer ist, überhaupt nicht mehr zu sprechen. Er fragt sich, ob er es jemals schaffen wird, nicht mehr Opfer seiner Automatismen zu werden. Ist es überhaupt möglich, anders zu sein, als man ist? Lotti fragt: »Wie bist du denn?« »Anscheinend so, wie ich spreche.« »Sprichst du immer automatisch?« »Ich glaube nicht, aber bin nicht mehr so sicher«, ist seine Antwort. » Überleg mal: Wann fühlt sich dein Sprechen entspannt an?« Hugo denkt nach und sagt dann: »Jetzt zum Beispiel.« Lotti: »Was ist jetzt anders als sonst?« »Ich beziehe mich auf dich. Ich bin bei dem Gedanken, den wir besprechen, und nicht bei meinem Wissen und meinen Erinnerungen oder Assoziationen. Ich bin hier mit dir in der Gegenwart.« »Genau darum geht es beim Kopf-frei-Kommunikationstraining. Gibt es noch andere Gesprächssituationen, in denen du den Kopf eher frei hast und dich leicht fühlst und im Kontakt bist mit deinem Gegenüber?« »Ja«, sagt Hugo, » immer wenn ich mit jemandem lache und Spaß mache.« Lotti zieht folgendes Fazit: »Du bist also nicht immer Opfer deiner Muster, sondern der Ausstieg aus Gesprächszwangsverläufen ist möglich.« Hugos Erkenntnis ist inzwischen, dass er am sichersten in die Falle seiner Konditionierungen gerät, wenn er verstrickt ist. Dann nimmt er auch nicht mehr objektiv wahr. Ziel wäre also, sich selbst, seinen Mustern, seinen Gewohnheiten und emotionalen Süchten nicht mehr auf den Leim zu gehen.

Aber wieso verstrickt er sich so rasant schnell und deutet dann entsprechend falsch? Welche Teufel reiten ihn?

Es sind dieselben Teufel, die uns alle reiten. Die Formel gelingender Gespräche lautet:

Je freier der Kopf, desto erfüllender die Kommunikation.

Anders gesagt: Je besser wir drauf sind, desto wohltuender sind unsere Gespräche und Kontakte. Effizient und schön, dass uns das Streben nach einem freien Kopf obendrein mit gelingender Kommunikation belohnt! Daher der Name: Kopf-frei-Kommunikationsmodell. Betrachten wir das im nächsten Kapitel genauer.

Die Navigationssysteme des Menschen

Der Verstand setzt das Universum zusammen, das das Auge dann sieht.

Henryk Skolimowski

Lotti fragt: »Hugo, wie geht es dir? Wie bist du drauf?« »Ganz gut, ich bin gespannt auf deine neuen Erklärungen.« »Also gut, ich erzähle dir jetzt, wie du deine Befindlichkeit auf einer Skala einordnen kannst. Deine jeweilige Befindlichkeit bestimmt dein Lebensgefühl. Anhand der Bewusstseinsskala auf Seite 22 kannst du das ganze Spektrum deiner Befindlichkeit differenzieren.« Lotti fährt fort: »Du siehst, dass die Bewusstseinsskala von 0 bis 100 reicht. Sie zeigt, wie frei oder eben nicht frei dein Kopf ist. Bist du innerlich am Anschlag, dann hast du null Abstand zu dir und zum Leben. Und du hast null seelischen Spielraum. Diesen Punkt am linken Ende der Bewusstseinsskala nenne ich ›Nullinger‹.« »Aha«, unterbricht Hugo »das ist wohl der Augenblick, wenn in der Beziehung die Teller fliegen, Telefonate weggedrückt werden, wenn Jähzorn ausbricht.« »Stimmt, das passiert am Nullinger. Weiter auf der Skala! In seltenen, seligen Augenblicken ist dein Kopf ganz frei. Dann jubelt dein Herz. Du hast größtmöglichen Abstand zu allen Verstrickungen und deshalb volle Sicht – full sight. Und du erlebst totale innere Fülle. Daher der Punkt ›Fullinger‹ am rechten Ende der Skala. Kennst du den auch?«

»Ich kenne Momente der Verzückung, wenn ich Musik höre. Als wenn meine Seele ganz weit würde. Dann ist mir, als könnte ich die ganze Welt umarmen.« »Ja, das klingt nach einem Fullinger-Erlebnis«, fährt Lotti fort. »Genau in der Mitte beginnt oder endet die Gelassenheit. Die neutrale Mitte erlebst du als KippPunkt ganz markant, wenn dir deine Gelassenheit abhandenkommt, wenn du vom freien Agieren ins unfreiwillige Reagieren rutschst. Zum Beispiel, wenn deine Geliebte sagt: ›Ohne dich wäre die Welt ein besserer Ort.‹ Logischerweise sackt dann auch die Qualität deiner Kommunikation in den Keller.«

Das Spektrum der Befindlichkeit

Hugo lacht. »Der Punkt ist mir bekannt. Erlebe ihn fast täglich. Immer wenn mir was gegen den Strich geht.« »Exakt! Unsere Befindlichkeit kann sich sekündlich ändern. Ein Dimmer veranschaulicht auf der Bewusstseinsskala diese Stimmungsschwankungen. Er gleitet zwischen Nullinger und Fullinger. Seine Position gibt die Helligkeit deiner Befindlichkeit auf der Skala an. Am Nullinger ist es zappenduster, und du bist verzweifelt. Je besser es dir geht, umso heller wird es, und am Fullinger bist du glückselig. Und alles Sprechen ist ein Fest. Deine Befindlichkeit macht zwar dein Lebensgefühl aus, aber sie hat nicht das Glücksruder in der Hand. In der Regel ist die Befindlichkeit rasant schnell trüber oder lichter, dunkler oder heller – längst bevor du sie hast bewusst steuern können. Zum einen ist sie Seelenfeedback, zum anderen beeinflusst sie, wie du denkst, sprichst und wahrnimmst. Reitet dich ein Teufel, dann eben gern im Kreis herum. Im Teufelskreis. Ein Unglück kommt selten allein. Das Gegenteil gilt ebenso. Beflügelt dich ein Engel, dann jagt ein Glück das nächste.« »Ja, so fühlt es sich an. Aber wie kommt das?«

»Alte Schmerzen, traumatische Erfahrungen und emotionale ›Vor‹-Urteile lösen deine Befindlichkeiten rasant schnell aus. Sie wirken als chemische Katalysatoren im Langzeitgedächtnis und lassen in Neuronennetzen repräsentierte, alte Erfahrungen wieder aufleben. Wer sich als Kind immer wieder zurückgesetzt fühlte, legt die gleiche Verletzungsplatte in der Partnerschaft wieder auf. Wäre dieser Mechanismus absolut, könntest du dich nicht entwickeln, verändern und befreien.«

Hugo will wissen: »Ist er absolut? Hat er uns vollständig im Griff? Können wir neue Wege einschlagen?« Lotti erklärt: »Manchmal scheint es so, als seien wir vollständige Opfer unserer Neuronenfixspuren im Hirn. Als seien wir Hamster im ewig gleichen Psychorädchen. Und manchmal fühlen wir einen erfüllenden Wachstums- und Gestaltungsspielraum. Stell dir vor, dass auf dem Dimmer dein Glückspilot steht. Er navigiert dich im besten Fall Richtung Fullinger. « »Und wie können wir ihn unterstützen?« »Den meisten Rückenwind erhält er durch unsere geistige Präsenz, durch ein anderes Sprechen, durch das, was wir bald üben werden. Schau dir das ganze Spektrum auf der Skala auf Seite 25 an.«1

Lotti fährt fort: »Auf der Skala siehst du in der Mitte den Grundstein unserer Möglichkeiten: die Neuroplastizität der Hirnstruktur. Sie bedeutet, dass wir nicht auf Gedeih und Verderb einmal verschalteten Neuronennetzen ausgeliefert sind.« »Das beruhigt. Aber wie kommen wir da raus?«, fragt Hugo.

»Wie wir neue Verschaltungen erwirken können, das übst du später. Das Gehirn ist wie ein voreingenommener Filter, der Wahrgenommenes und Vorgestelltes verzerrt. Psychomüll sowie positive Prägungen ziehen uns von der Realität weg. Unser Ziel ist der Umzug vom Heimkino in die Realität. Dabei setzen wir auf Sprache und Denken. Inwiefern die Sprache neue Spuren legen kann, inwiefern sie zum entscheidenden Navigationssystem des Menschen werden kann, betrachten wir bald. Zuvor werfen wir noch einen Blick darauf, wie wir unser Sprechen an den verschiedenen Stellen der Bewusstseinsskala erleben.« (Seite 26)

»Oberhalb der Mitte auf der Bewusstseinsskala hast du den Kopf ziemlich frei und kannst mit Eros Hand in Hand deine Neuronennetze leichter im Sinne deiner Selbstbestimmung spielen lassen.« »Eros?!«, fragt Hugo. »Ja, so nennt Platon unseren evolutionären Antrieb. Das Fazit ist offensichtlich: Durch bewusstes, wahrhaftiges, präsentes Sprechen stellen sich andere Emotionen ein, verlieren neuronale Fixspuren langsam, aber sicher an Macht über dich, haben deine alten Schmerzen dich nicht mehr im Griff und du wirst endlich Gestalter deines Lebens.« »Das sind tolle Aussichten«, sagt Hugo.

Wir haben soeben den Schlüssel zur Befreiung von Altmist und zum Aufbruch Richtung Glück und Fullinger der Sprache in die Hand gelegt. Das ist kühn und wird gleich weiter begründet.

Das Gehirn : Gewohnheit und Veränderung auf der Bewusstseinsskala

Sprache und Selbstwahrnehmung auf der Bewusstseinsskala

Sprache und Sprechen – der Masterkey?

Der einzige Unterschied zwischen eingefahrenenGleisen und einem Grab ist die Tiefe.

C. Garfield

Wir sind uns einig, dass wir glücklich wären, wenn wir nur dächten und fühlten, was wir gerne denken und fühlen. An dem Rad wäre also zu drehen.

Tatsache ist aber, dass unsere neuronalen Verknüpfungen gut geschmiert sind. Unsere Gedanken und Emotionen, ob negativ, positiv, assoziativ, biografisch oder traumatisch, stellen sich schneller ein, als wir es willentlich verhindern können. Im Klartext: Wir können uns zwar wünschen x, y, z nicht zu denken – allein der Wunsch ist machtlos. Anders gesagt: Wir können uns tausendmal vornehmen, nicht mehr an die Gemeinheiten von einst zu denken, doch wir werden scheitern. Das Gehirn ist schneller als das Schneckentempo unserer Vorsätze. Deshalb ist der Weg zur Hölle und nicht der zum Himmel mit guten Vorsätzen gepflastert. Wir können das Anspringen des Gedankenkarussells nicht verhindern, denn es rast längst, bevor wir auch nur nach der Stopptaste Ausschau halten.

Deshalb geben wir nicht den Gedanken, sondern der Präsenz oder Bewusstheit und dann dem Sprechen den Meisterschlüssel zum Ausstieg aus unseren Neurokreiseln in die Hand. Unser zugegeben minimaler Spielraum liegt zwischen dem neuronalen Output (= den Emotionen und Gedanken, die wir haben) und unserer Reaktion auf diesen neuronal ausgespuckten Stoff. Wir müssen nicht eins zu eins aussprechen, was das Hirn serviert. Wenn wir es aber tun, dann bestätigen und verfestigen wir unsere neuronalen Verknüpfungen mit jedem einzelnen Aussprechen. Dann gilt: Wir reden uns fest und fester anstatt frei.

Nutzen wir jedoch den kleinen Spielraum zwischen hochpoppenden Gedanken und Emotionen einerseits und unserer Reaktion andererseits, dann wird unser Gehirn regelrecht zur Glücksschmiede. Und wie klappt das konkret? Es braucht ein bisschen Zeit. Aber es lohnt sich – immerhin geht es um unser Glück und unsere Lebensfreude. Abstrakt formuliert, geht es darum, die Dauerbrenner in unserer Birne, die den Kontakt und die Gegenwart verhindern, zu frustrieren. Im Gehirn muss ankommen: »Was ich hier ständig liefere, wird nicht (mehr) gebraucht.« Nach dem Motto: Nicht bestellt, nicht abgeholt und, wie der Rheinländer sagen würde, fott damit.

Wie frustrieren wir unser Gedankenkarussell? In folgenden Schritten:

Nehmen Sie Ihr Gedankenkarussell genau wahr! Wie fühlen Sie sich, wenn es rast? (Oder das anderer?)Entscheiden Sie sich, aus dem Gedankenkarussell auszusteigen und Ihre automatischen Gedanken und Emotionen zu lenken, bevor Sie sie aussprechen.Finden Sie Reaktionen und Worte, die Ihnen und damit Ihrem Gegenüber gerechter werden. Das sind solche, die Sie auf der Bewusstseinsskala hochfahren, anstatt Sie und andere runterzuziehen.Sowie es misslingt, frischen Sie Ihre Entscheidung sofort wieder auf, indem Sie zum Beispiel bei jedem automatischen, unreflektierten, reflexhaften Sprechen eine Murmel von der einen in die andere Hosentasche wandern lassen. Hin + her + her + hin + hin + her + her + hin + hin ...Nicht aufgeben! Bleiben Sie unverdrossen dran, bis Sie 21 Tage am Stück das neue Verhalten praktiziert haben. Immer besser zu scheitern, ist Erfolg! Spätestens nach ein paar Monaten haben Sie einen stolperfreien Geist und sind glücklich.2

Diese fünf Schritte sind der grundlegende Fahrplan, nach dem wir beharrlich die verschiedensten neuronalen Spuren verlassen können. Verkürzt:

Wahrnehmen, was uns runterzieht.Entscheiden, es zu ändern.Wahrnehmen, wenn es nicht klappt, wieder entscheiden und neu bei eins anfangen.Anderes Verhalten ausdenken und praktizieren.Dranbleiben.

Wieso 21 Tage? Weil Forscher festgestellt haben, dass es so lange dauert, bis neue Verhaltensweisen wirklich verankert sind.3

Jetzt wäre es gut, noch ganz genau zu wissen, welche Fallen und welche Leuchtsterne wir in unserem (r)evolutionären Sprechtraining besonders berücksichtigen sollten. Darauf gehe ich in den bald folgenden 14 Trainingspunkten ein.

Es geht um unser Glück. Ein guter Grund, sich in dieses Abenteuer zu stürzen.

Was uns das Kopf-frei-Kommunikationsmodell bringt? Ein neues Leben, eine neue Welt, mehr persönliche Zufriedenheit und mehr kollektiven Frieden. Denn je freier der Kopf, umso produktiver, konstruktiver und positiver ist der Kontakt untereinander. Durch eine neue, wahrhaftige und authentische Sprache und Sprechweise können wir uns selbst und einander auf gute Spuren bringen. Bitte stellen Sie sich die Auswirkung dieses anderen Sprechens in der Erziehung, im Gesundheitswesen, in der Politik, im Geschäftsleben und in Partnerschaften vor. Unendliche Kosten könnten eingespart werden. Revolution von unten, von innen: durch eine andere Sprache. Es würde wahr: anders reden – besser leben.

Entstehung und Zielsetzung des Kommunikationsmodells

Das Gerede hat nicht die Seinsart des bewusstenAusgebens von etwas als etwas.

Martin Heidegger

Auf einer einsamen Insel der Bahamas, Cat Island, begeisterten mich die Natur und Heideggers Schrift Was heißt Denken?. Darüber hinaus war ich beseelt vom Wunsch, jeden Augenblick ganz gegenwärtig zu erleben. Da kam mir der Text von Heidegger sehr entgegen: Er handelt vom wesenhaften Denken, das ganz und gar unmittelbar bei dem innehält, was jeweils gerade ist. Nur einen Nachteil hatte der Text trotz seiner Brillanz: Er war nicht praxisnah und nicht umsetzbar. Deshalb sann ich auf Möglichkeiten, genau diese Lücke zu füllen. So entstand mein Kommunikationsmodell. Es fußt auf Heideggers Gedankengang. Im »philosophischen Hinterstübchen« finden Sie Ausführungen zur philosophischen Fundierung. Gleich stürzen wir uns in die Praxis. Vorher noch einmal die Ziele, die wir mit »Kopf frei!« anpeilen:

Das Verlassen ungünstiger Neuronenfixspuren, indemwir unserem Gehirn durch die Sprache und entsprechende Vorstellungen neue, günstigere Bilder liefern.Den Kontakt zu uns selbst und dadurch zu anderen fördern.Wir wollen authentisch und kongruent sprechen. »Kongruent« bedeutet, dass der Inhalt des Gesprochenen zur Art und Weise des Sprechens passt. Also kein Widerspruch zwischen dem, WAS gesagt wird, und WIE es gesagt wird. (Beispiel: Mit Trauermiene und leicht motziger Stimme: »Mir geht es gut.«)Wir wollen in der Gegenwart ankommen.

Die Trainingspunkte

Kommunikation von Mensch zu Menschdurch jeden Sinn von Wahrheit im liebendenKampfe wagen.

Karl Jaspers

Die einzelnen Schritte zum freien Kopf durch einen anderen Umgang mit unseren Gedanken und einer neuen Weise zu kommunizieren, stelle ich folgendermaßen dar:

Der Trainingspunkt wird formuliert.Ein Beispiel veranschaulicht die Verbalproduktionen, die wir im Interesse von Gegenwart, Kontakt und Authentizität vermeiden können.Ein Kommentar erläutert das Beispiel.Ganz konkrete Trainingshinweise werden aufgeführt.Hugos Werdegang reflektiert und veranschaulicht alle Trainingspunkte.Daniela Schulz hat das hier vorgestellte Kommunikationsmodell in ihren Trainings weltweit erprobt. Und hat Fragen zu den einzelnen Punkten gesammelt und mir am Ende des jeweiligen Trainingspunktes gestellt. Es sind typische Fragen, die mir auch nach meinem Vortrag »Vom Laberschwall zum Lebenshall« immer wieder gestellt werden.

Ich danke dir, liebe Dani, für deinen großen Einsatz. Und da ich gerade beim Danken bin: Ich danke den vielen, vielen Seminarteilnehmerinnen und Seminarteilnehmern, mit denen ich dieses Modell eingeübt und in seiner Wirkung überprüft habe. Es ist das begeisterte Feedback dieser Menschen, das mich motiviert hat, Ihnen, liebe Leserinnen und Leser, es hier in Buchform vorzustellen. Mein Dank läuft Ihnen entgegen.

Ich weiß, diese neue Kommunikationsform stellt eine Herausforderung, vielleicht für manche eine ZuMutung dar. »Anders reden – besser leben«: Die Wahrheit dieses Mottos habe ich selbst nach teils »anstößigem«, teils begeistertem Üben erlebt. Inwendig nah sind mir daher die Fragen zu den einzelnen Punkten.

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Trainingspunkt

Bei-sich-Sein als Kontakt-und Gegenwartsgarantie

GEH DIR NICHT FREMD!

Im wesentlichen Sprechen nimmt jeder sich selbst wahr.

Michael Lukas Moeller

Steigen wir in unser Training mit dem Überdrüberhit ein: dem Bei-sich-Sein.

Kontakt gelingt, wenn wir in unverstrickter, präsenter Fühlungnahme mit uns selbst sind. Es wird besonders klar, was Bei-sich-Sein bedeutet, wenn wir es vom Gegenteil her – dem Außer-sich-Sein – begreifen. »Er war außer sich vor Wut.« Das bedeutet, er war nicht mehr bei Sinnen, er war nicht er selbst, er war Opfer einer Emotion, die ihn so sehr kontrollierte, dass er sich vergaß. Wir sind bei uns,

► wenn wir nicht von unfreiwilligen Emotionen beherrscht werden,► wenn wir uns nicht vergessen,► wenn wir bei Sinnen sind und uns im jeweiligen Augenblick gut wahrnehmen und spüren.

Jede Emotion, die uns im Griff hat, zieht uns weg von uns und rein in alte neuronale Verknüpfungen: Dazu gehört jede Sucht, wie die Anerkennungs- und Liebessucht, Kontaktsucht, Arbeitssucht, Perfektionismus, die Recht-mach-Sucht, Eifersucht, Herrschsucht, Darstellungssucht, Streitsucht, Harmoniesucht, aber auch Emotionen wie Beleidigtsein, Selbstmitleid, Bitterkeit, Groll ... die Liste ist endlos. Es ist das Kennzeichen von Emotionen, dass sie uns belagern und eng machen. Sie ziehen uns von uns ab und vereiteln damit die Möglichkeit, anderen gegenüber offen zu sein. Glück, Kontakt und Gegenwart sind verloren. Durch Emotionen sind wir verstrickt, verhakelt und wir torkeln unter 50 auf der Bewusstseinsskala.

Emotionen stellen wir Gefühle gegenüber, die für reale, unverstrickte Seelenregungen stehen. Diese reichen von Freude, Leichtigkeit und Liebe bis hin zu echter Trauer. Im ersten Trainingspunkt geht es darum, Emotionen von Gefühlen zu unterscheiden, die Emotionen umzuwandeln und den Gefühlen mehr Entfaltungsraum zu verschaffen. Konkret gelingt das, wenn wir mit folgenden Fragen immer wieder unsere Wahrnehmung für die eigene Befindlichkeit schärfen:

► Hat mich mein seelischer Zustand im Griff? Dann ist’s also eine Emotion.► Genieße ich meinen seelischen Zustand? Macht er mich offen, weich oder frei? Dann ist’s ein Gefühl.► Wo auf der Bewusstseinsskala kann ich meine gegenwärtige Befindlichkeit ansiedeln?

Emotionen werden dadurch verursacht, dass irgendein Persönlichkeitsanteil nicht zum Zuge kommt. Im Fall der Wut die lockere Durchsetzung, in der Eifersucht ein als selbstverständlich verspürter Selbstwert, bei der Harmoniesucht eine gesunde Portion Eigensinn. Wer alle Persönlichkeitsanteile oder Kernkompetenzen sowohl in ihren verstrickten als auch ihren fröhlichen Ausdrucksformen verstehen möchte, schaue unter »Ausbildungen« auf www.ute-lauterbach.de.

Blöderweise wird der, aus welchen miesen Gründen auch immer, abgeklemmte Persönlichkeitsanteil weiterhin abgewehrt. Wir bauen aus vermeintlichem Selbstschutz Widerstände genau gegen die inneren Anteile auf, die wir beleben müssten. Schade! Das bedeutet, unsere Emotionen werden durch innere Widerstände gegen das, was uns rettete – nämlich die Integration oder Belebung von nicht gelebten Kernkompetenzen –, provoziert.

Leiten wir den Ausstieg aus unfreiwilligen Emotionen mit einigen Fragen ein:

► Was müsste ich integrieren oder selbst tun, um die Emotion nicht mehr zu brauchen?► Welchen »Ersatzgewinn« verschafft mir die Emotion?► Wie könnte ich stattdessen dem wirklichen Gewinn den Weg ebnen?► Wie könnte ich von Emotion auf Gefühl umschalten? Wie könnte ich also bei mir sein?

Hilde

Die kontaktsüchtige Hilde verliebt sich in Willi, der ein wahrer Meister im Zeigen seiner Gunst ist. Er beschenkt Hilde mit Worten, Gesten und greifbaren Präsenten. Welch eine Wohltat für Hilde! Der Notstand ihrer Kinderseele – Kontaktmangel – saugt alles begierig auf und wirft sie in eine erstaunliche Passivität. Sie ist so mit Aufsaugen beschäftigt, dass sie gar nicht auf die Idee kommt, Willi ihre Freude und ihre Zuneigung in ähnlicher Weise zu zeigen. Das merkt Willi. Er schaltet einen Gang runter, womit Hildes Kopfkino mit dem Film »Kontaktversagung« wieder angeworfen ist. Jetzt spürt sie den alten Notstand wieder. Das ist die Emotion, die Hilde im Griff hat und die verhindert, dass sie bei sich ist. Dabei liebt sie Willi so sehr. Davon merkt Willi nicht viel, weil Hilde so mit sich beschäftigt ist. Ihr Notstand führt dazu, dass sie Willi das Leben schwer macht – eine verdrehte Kontaktangelform. Ihre vielen Sabotagen machen Willi ärgerlich. Er rutscht seinerseits in Emotionen und beschimpft Hilde. So wird ihre Kontaktsucht wenigstens auf diesem Wege gefüttert. Auch im Negativspektrum bleibt sie in der Rolle des »Saugens«.

Kommentar: Wir sind davon ausgegangen, dass Emotionen durch innere Widerstände nicht gelebten Persönlichkeitsanteilen gegenüber hervorgerufen werden. Das nicht Integrierte hinter Hildes Emotion ist ihre mangelnde Fähigkeit, Freude auszudrücken und ihrerseits in Kontakt zu gehen. Ihr Kontaktdefizit müsste von ihr selbst behoben werden. Konkret heißt das, sie müsste lernen, auf sich selbst und andere zuzugehen. Anderenfalls ist Willi hoffnungslos überfordert. Der typische Beziehungssalat!

Wenn es Hilde gelingt, ihre Freude zu spüren und zu zeigen, wird sie auf der Stelle ein gutes, sie weitendes Gefühl haben und bei sich sein. So schaltet sie von Emotion auf Gefühl um, hat Kontakt zu sich und ist in der Gegenwart.

Was der erste Trainingspunkt anstrebt, klingt vielleicht recht komplex und umfangreich. Das ist es auch. Trotzdem eher ein Grund, es anzupacken, als die Flinte ins Korn zu werfen. Zumal unser Ziel anspruchsvoll und lohnend ist: nämlich ein Leben in echtem Austausch und in seelischer Fülle, um nicht zu sagen, in Glückseligkeit. Übrigens: Die Meisterung des ersten Trainingspunktes ersetzt alle übrigen. Er ist eine Art Passepartout. Die anderen Punkte sind leichter umzusetzen. Letztlich ergänzen sich die einzelnen Schritte.

Die Trainingshinweise zum ersten Punkt zusammengefasst: Es geht darum, Kontakt zu sich selbst herzustellen, indem der jeweilige innere Prozess verlangsamt wird und wir genau (nach)spüren, was gerade innerlich bei uns anklingt. Dann heißt es, Kontakt zum Gegenüber herstellen. Logischerweise können wir dem anderen nur eine Landefläche bei uns einräumen, wenn wir selbst bei uns sind. Wir stellen Kontakt zum anderen her, indem wir wahrnehmen, was dieser gerade tut, spricht, wie er sich verhält, was er aussendet. Das, was uns von dem Wahrgenommenen berührt, genau das sprechen wir behutsam an und schauen den anderen dabei offen an.

Fazit: Bei-sich-Sein und Kontakt zum anderen sowie zur Gegenwart sind die Basis guter Kommunikation.

Hugo ist außer sich

HUGO:Ich kriege höchst selten die Wut. Ich bin also immer bei mir, oder?LOTTI:Bei dir bist du erst, wenn du mit deiner Aufmerksamkeit bei dir, bei deinem Gegenüber und bei dem Gespräch bist.HUGO:Wenn ich mitbekomme, wie es mir und dem anderen geht?LOTTI:Genau. Wenn du merkst, dass Nadines (eine seiner Verflossenen) Blick desinteressiert in die Ferne schweift.HUGO:Hm, das hat sie oft gemacht. Ich habe trotzdem weitergeredet.LOTTI:Das heißt, du warst nicht wirklich bei der Gesprächssituation, sondern einfach nur bei deinem Text.HUGO:Stimmt. Und das war natürlich blöd für Nadine. Langsam erfasse ich, warum sich meine Süßen aus dem Staub gemacht haben. Ich hätte mich an ihrer Stelle auch verlassen.LOTTI:Wer nicht bei sich ist, hat sich bereits verlassen.

??? FRAGEN UND ANTWORTEN

Können Sie noch mehr zum Unterschied von Gefühlen und Emotionen sagen?

Wenn ich genau hinspüre und ehrlich mit mir bin, dann merke ich, dass ich mich mit der Emotion nicht wirklich wohlfühle. Sie irritiert meinen inneren Frieden. Das Gefühl der Trauer beispielsweise ist meinem inneren Frieden zuträglich.

Aber das Gefühl der Trauer macht doch eng?

Nein, nicht wirklich, denn wenn ich trauere, dann bin ich nicht eng, sondern weich und weit. Die Trauer verbindet mich mit mir, wenn auch nicht auf angenehme Art. Ich bin mit mir konfrontiert: Innendrehung! Wenn ich wütend bin, bin ich im Grunde verletzt: Außendrehung! Diese beiden Richtungen – innen und außen – bilden das Unterscheidungskriterium zwischen Gefühl und Emotion. In der Innendrehung bin ich bei mir.

Was ist Integration?

Integration ist, wenn ich nicht gelebte Persönlichkeitsanteile zum Leben erwecke. Ob ich etwas integriert habe, kann ich an meinen Emotionen erkennen: Was ist das Ungelebte, das sich hinter meinen Emotionen verbirgt? Ich gucke, was mich an anderen stört oder was ich bewundere. Und das ahme ich in mir gemäßer Form nach. So wird es integriert.

Auch wenn ich mich beim Machen nicht wohlfühle?

Dann habe ich entweder nicht das Richtige getroffen, oder es gibt noch alte Verbote, die in mir aufmucken. Normalerweise erkenne ich die gelingende Integration daran, dass die Emotion nicht mehr kommt und ich mich am anderen nicht aufhalte. Stattdessen habe ich mehr Lebensfreude.

Bitte ein Beispiel!

Sabine nervt, dass Daniel es sich immer gemütlich macht, während sie nonstop schuftet. Dem Außenstehenden springt Sabines Projektion sofort ins Auge: Sie nervt an Daniel, was sie sich selbst verbietet. Integrationsfrage: Welche ihr gemäßen Ruheinseln könnte sie in ihr Leben einbauen?

Ist Integration als Prozess zu sehen?

Ja, und je nachhaltiger Sie etwas nach außen Projiziertes wieder integriert haben, umso selbstverständlicher verfügen Sie über die zurückgewonnene Eigenschaft.

Wie erspüre ich, ob ich bei mir bin?

An meiner inneren Ruhe, der Gelassenheit, der Unverstricktheit, dem freien Kopf. Und damit einhergehend bin ich in der Lage, ganz unparteiisch verschiedene Perspektiven einzunehmen. Ich klebe nicht mehr an meiner Perspektive. Sowie ich nicht mehr mit meinem Blickwinkel verschweißt bin, ruhe ich in mir. Der Blickwinkel ist eine egozentrische Oberflächenansicht und das Bei-sich-Sein ist ein ruhiges Herztiefengefühl.

Wie kann ich zu mir kommen?

Zu mir komme ich, indem ich meine Wachheit pflege. Und das wiederum mache ich zum Beispiel mit dem hier vorgestellten Kommunikationsmodell.

Wie kann ich über das Kommunikationsmodell hinaus üben, zu mir selbst zu kommen?

► Sich kaputtlachen.► Sich im Schönen verlieren.► Total genießen.► Bedingungslos lieben.► Bewusst tief durchatmen.► Sich selbst immer wieder fragen: Was würde mir jetzt gut tun?4

Es geht auch darum, sich selbst ernst zu nehmen. Das ist der Startpunkt von allem.

Wenn ich mich selbst ernst nehme und das mache, was mir guttut, wirft man mir oft Egoismus vor.

Egoismus entsteht, wenn ich mich selbst verleugne und dann aufgrund dieser Selbstverletzung in unbewusste Rachemanöver rutsche. Unterscheiden wir grundsätzlich zwischen Egoismus und Ichstärke!

Was ist der Unterschied?

Egoismus tobt in unbewussten Rachemanövern. Ein Mensch mit Ichstärke kann leichter von sich absehen als einer mit Ichschwäche, was wiederum beweist, dass Ichstärke nichts mit Egoismus zu tun hat, im Gegenteil.

Wie komme ich vom Egoismus in die Ichstärke?

Dadurch, dass ich dafür sorge, auf der Bewusstseinsskala von unterhalb der Mitte (= Egoismus) zu oberhalb der Mitte (= Ichstärke) zu gelangen.

Wenn ich allein und konsequent übe, dann kann ich doch mit meinen Freunden nicht mehr normal kommunizieren und werde zum Außenseiter. Hier geht es um eine Grundentscheidung. Wollen Sie Scheinfreunde oder Reinfreunde? Und wenn ich meine eigene Kommunikation auf einer oberflächlicheren Ebene halte, als meiner Lebensfreude zuträglich ist, bloß um »Freundschaften« zu bewahren, dann bringe ich ein Opfer, das aus meiner Erfahrung den Preis nicht rechtfertigt.

Womit kann ich rechnen, wenn ich meiner Lebensfreude folge?

Sie werden feststellen, dass Ihre Lust, im üblichen, eher automatischen Sinne zu kommunizieren, rapide nachlässt.

Warum ist das so?

Weil der Gewinn – nämlich mehr Freude, mehr Spontaneität, mehr Spaß, Leichtigkeit, Kongruenz und Lebensfreude – eine große Verlockung darstellt, auf die zu verzichten nicht attraktiv ist.

Das heißt, dass dieses Kommunikationsmodell mein Leben revolutionieren kann?

Ja.

Wie gehe ich mit den Übungen um, wenn mein Umfeld nicht mitzieht?

Wie kann ich trotzdem üben?

Sie können hundertprozentig üben, wenn Sie bei allem, was Sie sagen, die Trainingspunkte anwenden. Und das kann mitunter ansteckend wirken.

Und nicht befremdlich?

Nicht, wenn Sie authentisch sind. Wenn Sie richtig Spaß machen, richtig über Ihr Inneres sprechen, alle sozialen Gleitmittelworte weglassen ...

... dann zieht das die anderen automatisch mit?

Je authentischer Sie sind, umso größer ist die Wahrscheinlichkeit. Eine Garantie gibt es allerdings nicht. Trotzdem hat der Volksmund recht: »Wie man in den Wald hineinruft, so schallt es heraus.«

Copyright © 2011 Kösel-Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH Umschlag: Kaselow Design, München Umschlagmotiv: mauritius images/Helga Bühler

eISBN 978-3-641-06562-1

www.koesel.de

www.randomhouse.de

Leseprobe

1

Viele Ansatzpunkte, die dazu beitragen, dass wir uns auf der Bewusstseinsskala hochfahren, finden Sie in meinem Buch Werden Sie Ihr eigener Glückspilot.

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22 weitere Strategien zum Ausstieg aus dem Gedankenkarussell finden Sie in meinem Buch Raus aus dem Gedankenkarussell.

3

Siehe hierzu die Entdeckungen von Will Bowen.

4

Mehr dazu in meinem Buch Spielverderber des Glücks.