Kormoran - Hermann Kant - E-Book

Kormoran E-Book

Hermann Kant

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Beschreibung

Paul-Martin Kormoran, ehemals Kritiker, wird sechsundsechzig. Grund genug zurückzublicken, aber auch Anlaß für die Gäste, die zeittypischen Reizthemen der Nachwendezeit durchzuhecheln.

Nach seinem streitbaren wie umstrittenen Erinnerungsbuch „Abspann“ hat Hermann Kant mit diesem Buch den aktuellen Roman geschrieben, der von ihm erwartet wurde, amüsant, bissig, zeitkritisch und selbstironisch, einen Roman „von allerlei Leben und allerlei Sterben“. „Ein heiter verfaßter Nekrolog, der das Amüsement des Lesers erhalten wissen will. Bis zur letzten Zeile.“ Günther Rücker

Im Herbst 1989 faßte meine Mutter den Gang der Geschichte, die Lage der Literatur und das Treiben ihrer Söhne in den Satz: „Ihr hättet man lieber über Tiere schreiben sollen!“ - Ich versuchte es, kam aber über eine Romanfigur mit Vogelnamen nicht hinaus. Eines Vogels immerhin, der laut Brehm unfriedfertig und tückisch ist und zu Neckereien neigt. Und einen Roman immerhin, der von allerlei Leben und allerlei Sterben erzählt. - Als das Literarische Quartett meinen „Abspann“ verhandelte, hieß es über dessen Verfasser: „Ich habe Angst vor diesem Mann. Der ist heute noch gefährlich. Da muß man aufpassen!“ - Auch zum Beweis, daß ich in Wahrheit lieb und schreckhaft bin, schrieb ich den „Kormoran“-Roman. Hermann Kant

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Hermann Kant

Kormoran

Roman

Impressum

Hermann Kant, Kormoran

ISBN 978-3-8412-0275-8

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, Juli 2012

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Die Erstausgabe erschien 1994 bei Aufbau, einer Marke der Aufbau Verlag GmbH & Co. KG

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z.B. über das Internet.

Einbandgestaltung Ute Henkel

Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart

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Inhaltsübersicht

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Inhaltsübersicht

I

II

III

I

Falls Sie wissen möchten, liebe Leser, wer Ihnen dies erzählt: Ich mache das. Ich bin der Autor und Urheber, ein erfinderisches Wesen, das sich zu Zwecken von Unterhaltung und Belehrung etwas ausdenkt. Oder in Abwehr übergroßer Ängste wie übergroßer Freuden. Zugegeben, als Einrichtung kam ich ein bißchen aus der Mode. Aber es gibt mich. Nicht nur im Prinzip, sondern mit fester Anschrift.

Wenn Sie nicht ahnen, wie ich heiße, müssen Sie an ein Buch ohne Einband und ohne Schmutz- und Haupttitel geraten sein. Da steht nämlich überall mein Name. Besorgen Sie sich ein vollständiges Exemplar, falls Ihnen wichtig ist, von wem diese fabelhafte Geschichte geliefert wird.

Und zwar ohne Hinzuziehung irgendwelcher Gehilfen sowie unter Ausschluß von Mittelspersonen oder Konstruktionen, auf die sich Glaubhaftigkeit stützen soll. Ich sehe nicht, warum ich anderen in den Mund schieben muß, was sich aussprechbar in meinem Kopfe findet. So leiste ich leicht Verzicht auf den Freund, welcher stockend vom Freunde berichtet, pfeife auf den Archivar, der aus verschollen geglaubten Folianten liest, verkneife mir alle Umbögen über Psychiatrie, Polizeistation oder frisch geschaufeltes Grab und schaffe die Sache auf kürzestem Wege heran: direkt vom Autor an den Leser.

In einer Weise also, die ebenfalls ein wenig aus der Mode ist. Ohne Furcht vor der Frage: Woher weiß der Verfasser das? Ohne Angst, man könne ihn Doktor Allwissend heißen. Mit dem Mut zur Erklärung vielmehr: Ich weiß es, denn ich habe es mir ausgedacht. Ich bin die Quelle der Nachricht, wie sollte ich da nicht ihr Überbringer sein?

Es folgt nun, liebe Leser, ganz zwischen Ihnen und mir der Bericht von einem der sechsundsechzig Geburtstage des schriftkundigen Paul-Martin Kormoran, der schon deshalb eine Erfindung sein muß, weil es, soweit meine Erhebungen verläßlich sind, keinen lebenden Menschen dieses Namens gibt.

***

Paul-Martin Kormoran betrat die Terrasse des Hauses und sah wieder einmal, wie ähnlich ihm beide waren. Kein übler Entwurf, solide ausgeführt, auf natürliche Weise gealtert und auf gewaltsame auch. Die Junisonne gegen frühen Mittag ließ in unangenehmen Einzelheiten erkennen, wie weit das Verfallsdatum des Gebäudes überschritten war. Mit Rissen im Gestein, fehlenden Treppenplatten, abgeschlagenem Putz, hangendem Mauerwerk, verbeulten Abflußrohren, klemmenden Jalousien und splittrigen Holzsegmenten nahm es sich wie Bauwerk nach mittlerem Beben aus, Stärke vier auf der Richter-Skala, und sein Bewohner fand sich keineswegs herausgehoben aus diesen Mustern.

Es ging ihm kaum anders als seinem Haus; ein zerschlissener Mann und eine zerschlissene Herberge, die einmal Villa hieß. Aber schon nicht mehr Villa Kormoran. Wie lange wohnte er hier, vier Jahre? Dreieinhalb? Zu kurz, um für die fahle Halde verantwortlich zu sein. Vor vier Sommern eingezogen, vor dreien Mühe mit sich selbst gehabt, vor zweien das Herz geflickt und nicht das Dach, seit, spätestens, dem letzten von anderem umstellt, und jetzt gewiß, daß hier kein Bleiben war. Die Hütte und die Kormorans hatten nicht viel voneinander gewonnen.

Alter Mensch vor rissigem Haus auf brüchiger Terrasse, so dachte Paul-Martin Kormoran und fühlte sich doch nicht übermäßig schlecht dabei. Immer noch besser als gestorbener Mensch in eichener Kiste oder im Behälter aus gediegenem Ton. Ob man Altwerden eine, wenn auch rückläufige, Form des Werdens nennen konnte, schien zweifelhaft. Aber ohne jeden Zweifel galt es als Teil des Seins. Und Sein war besser als Gewesensein.

Seit Jahren ärgerte sich Kormoran, weil er die einschlägige Erkundigung eines Interviewers, Gaus hieß der Mann, falsch verstanden und falsch beantwortet hatte. Dieser Gaus, den überm Satzbau die Tonstärke verließ, wollte Gott weiß was und dazu noch wissen, wie dem Einvernommenen das Älterwerden schmecke, bekam jedoch Antwort, als habe seine Frage das Verhältnis zwischen Alt und Jung berührt. Die tatsächlich gelieferte Auskunft Kormorans war unerheblich, und um die ungelieferte tat es ihm immer noch leid. Lange hoffte er, bei weiterer Gelegenheit über sein Verhältnis zum Älterwerden vernommen zu werden, und er trug eine vorgefertigte Replik des Inhalts mit sich herum, dieses Wort sei nur ein elendiger Euphemismus, mit dem sich das harte Faktum des Altwerdens bemäntele. Älter werde man vom Augenblick seiner Geburt bis vielleicht zum Anfang des fünften Jahrzehnts. Von da an werde man alt, und wenn Älterwerden seine Annehmlichkeiten habe, sei Altwerden nur eine Gemeinheit. – So hätte er sagen wollen, aber statt an Gelegenheiten geriet er in einen Zustand, der die Interviewer bewog, von der Berührung des Themas abzusehen. Vom allgemeinen Rückgang des öffentlichen Interesses an der Person Paul-Martin Kormoran ganz zu schweigen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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