Okarina - Hermann Kant - E-Book

Okarina E-Book

Hermann Kant

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Beschreibung

Aus dem Aufenthalt kennt man diesen Niebuhr, der in polnischer Gefangenschaft erfuhr, was die Nazis und die Wehrmacht angerichtet hatten. Die "polnische Abteilung seines Lebens" behält ihr Gewicht auch für den Erzähler dieses Romans, zumal seinerzeit Merkwürdiges geschah: Stalin habe ihn in den Kreml holen lassen, zu seinem "Ideengefäß" ernannt und auf einer Okarina gespielt - Flötentöne, die ihn lange besetzt halten. Und seitdem ihm damals - eine ebenso mythische Angelegenheit - Norma-Marilyn begegnet sei, durchziehen Liebesgeschichten sein Leben. Zunächst wird er Lehrer an einer Parteischule, dann Setzer und Drucker, schließlich Redakteur einer Zeitschrift für Kommunikation, Okarina benannt. Mit Behagen verweilt der Erzähler bei angenehmen Momenten seines Lebens, erzählt von Liebe, vom Tischbeißen und vom Klassenkampf, wobei er sich - wie man das bei Kant kennt - keinen Wortwitz und keine Anspielung entgehen läßt. Doch bedenkt er auch den möglichen Irrtum. Deshalb ist auch von Sturheit und Dogmatismus die Rede, vom Wirken unterschiedlichster Geheimdienste und schließlich von einer zunehmenden "Vereisung". So ist ein gewichtiger Roman entstanden, der sich einer sehr beteiligten Auseinandersetzung mit der Geschichte der DDR verschrieben hat.

"Voller erfrischender polemischer Verve" F.A.Z.

"Ein Zeitdokument von hohem Wert" nannte die Süddeutsche Zeitung diesen jüngsten Roman Hermann Kants. Der Autor so bedeutender Werke wie "Die Aula" und "Der Aufenthalt" läßt - wie immer sprachlich virtuos - die zuweilen wilden und widrigen Jahre der DDR Revue passieren. Wo in dieser teils wehmütigen, stets aber kurzweiligen "Halbmär" Erlebtes und wo Erdachtes sich findet, kann man mit großem Vergnügen selbst zu enträtseln versuchen. "Ein starkes Buch voller Anspielungen, Gescheitheiten, Widersprüche, Schnurren und wirklich schöner Erzählstücke." Neues Deutschland

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Hermann Kant

OKARINA

Roman

Impressum

ISBN 978-3-8412-0276-5

Aufbau Digital,

veröffentlicht im Aufbau Verlag, Berlin, August 2012

© Aufbau Verlag GmbH & Co. KG, Berlin

Die Erstausgabe erschien 2002 bei Aufbau, einer Marke der Aufbau

Verlag GmbH & Co. KG

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlages zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie für das öffentliche Zugänglichmachen z. B. über das Internet.

Umschlaggestaltung Simone Leitenberger

unter Verwendung eines Fotos von Arno Fischer

Konvertierung Koch, Neff & Volckmar GmbH,

KN digital – die digitale Verlagsauslieferung, Stuttgart

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In jenem wölfischen Winter, der im Kalender schon mittleres Frühjahr hieß, fuhr ich von Berlin nach Mecklenburg-Strelitz, weil mich der kostenträchtige Gedanke plagte, ich könne vergessen haben, das Wasser in meiner Hütte abzustellen. Womöglich war ich längst zur Abweichung bereit, als ich die Fahrt antrat, denn gegen alle Gewohnheit blieb ich auf der Autobahn, obwohl ich sie aus ökonomischer Vernunft hätte verlassen sollen. Anstatt im preußischen Teil des budgetbedingten Ausritts die Bundesstraße 96 via Gransee zu nehmen, entschied ich mich für die ödere Route, welcher der Reisende bei Wittstock oder spätestens Röbel per energischer Rechtswendung entkommen muß, wenn es ihm ernst ist mit seinem Ziel.

Daraus wurde nichts an diesem Tag. Denn wie ich mit halbem Auge in die froststarren Wiesen sah, hörte ich mit halbem Ohr in die Nachrichten jenes Senders, der seit anders frostigen Zeiten einen heroischen Namen trug. Der Rundfunk im freien Berlin, zu dessen mündigen Bürgern ich nunmehr zählte, meldete aus dem freien Hamburg, zu dessen unmündigen Besuchern ich eines frühen Wintertages gezählt worden war, ein Eisfest finde statt, und abertausend Hanseaten tummelten sich auf der gefrorenen Alster.

Sogleich nahm sich die Neuigkeit meiner an. Ich sah und hörte, als sei ich dabei, hunderttausend Elbanrainer segelten Segelschlitten, ließen sich auf Handschlitten über glatte Flächen und schartige Schollen ziehen, liefen mehr oder minder geläufig Schlittschuh oder glitten, sicher war sicher, auf breitem Gleitschuh über breite Bahnen, schlidderten in Stiefeln und auch, falls besoffen genug, auf Socken, tanzten, glitschten, rutschten, schlenderten, flanierten, joggten, trampelten sich die Füße warm, füllten ihren Wanst mit heißer Wurst und heißem Grog beziehungsweise boten diese in eilig gemieteten Buden feil, ließen in der Bucht zwischen Rotherbaum und St. Georg die Luft erzittern vom niedersächsischen Warnruf Haggel de Glitsch! oder vom obersächsischen Bahne frei!, von Wehklagen gefallener Knaben und Wonnelauten gelockerter Mädchen, von Marktbericht und Kindermund und Brunftgeschrei, von der Mütter Suchmeldungen und der Väter Wir-Gefühl, von Maffay und Madonna, von Techno und Petersburger Schlittenfahrt, von Waldeslust! und, dies aus tiefster Brust, O, what a beautiful morning, o, what a beautiful day.

Natürlich machte der Sender nicht halb so viele Worte wie jetzt ich. Er sagte nur, das Eis sei verläßlich, und mindestens ein Dreißigstel Hamburgs habe sich zum Fest auf ihm eingefunden. Den Rest der Worte machte ich – im Kopf, hoffe ich, denn ich war allein im Auto, als mir die gefrorene Alster gemeldet wurde.

Versteht sich, daß ich bei Wittstock keinen Haken ostwärts schlug, sondern einen westwärts, kaum hatte ich beschlossen, den Frost von Mecklenburg gegen den von Hamburg einzutauschen. Eben noch bei Denkwürdigkeiten zwischen dem Storchendorf Linum und dem Rätselort Herzsprung, warf ich mich kopfinnen um jene Spanne voran, die ich, wollte ich der hunderttausenderste beim Eisfest sein, auf Rädern zurücklegen mußte. Und folgte insoweit Hörensagen, als ich damals wie heute nicht wußte oder weiß, welche der Bilder in meinem Kopf von mir aufbewahrt und welche von meiner Mutter überliefert worden waren.

Aber ja, rufe ich, sobald das Thema aufkommt, aber ja, die zugefrorene Alster, rufe ich und sehe die Welt, wie man sie sieht, wenn man zwei Jahre alt ist und in Decken gebündelt in einem Schlitten mehr liegt als sitzt und über glatten Boden durch kalte Luft und ein lichtdurchflecktes Dunkel gezogen wird, in dem sich vertraute Gerüche mit unvertrauten Düften und oft vernommene Geräusche mit unerhörten Lauten derart mengen, daß der eisige Abend mein Lebtag wiederkehrt als ein mit Scherben in Schiefer gekratztes Bild.

Selbstredend hat meine Mutter etliche Einzelheiten beigesteuert, als wir die Sache wer weiß wie oft beredeten. Sie hat das Jahr 1928 genannt, in dem sie beim Hamburg-Besuch mit mir aufs Alstereis geraten war, sie hat von Gaslaternen und Petroleumlampen gewußt, von Spiritus, Bouillonwurst und gebrannten Mandeln, sie hat sich des Polterns meines Schlittens und des Geschreis der Eisläufer entsonnen und einer Drehorgel, die wieder und wieder Waldeslust schrie. Mit der Frage, wieso ich mich so vieler wehender Röcke erinnere, bin ich ihr aus Rücksicht auf sie wie mich nicht gekommen. Fest steht, diese wie hundert andere Einzelheiten schütten sich vor mir aus, wenn ich aufgefordert werde, von etwas zu berichten, das früh war und mich immer noch regiert.

Gemeinhin reicht ein Zuruf nicht hin, schon gar nicht einer dieses Senders, mich aus der eingeschlagenen Bahn zu holen. Warum dann der? Wassergeld, Klempnergeld, verplempertes Geld hätten Gründe sein sollen, mich auf festem Kurs zu halten. Wieso pfiff ich auf Kosten, drehte nach West statt Ost und setzte meine Finanz aufs Spiel, um an einem Spiel beteiligt zu sein, das Hamburg wagt sich aufs Eis! heißen könnte. Oder Hamburg kann übers Wasser gehn!

Ich habe es noch und noch begrübelt und sage, auch wenn es mich belasten muß: Nicht um ein Spiel, um mein Leben ist es gegangen. Töricht, wie man sein kann, wo es Letztes gilt, habe ich gedacht: Da will, da muß ich hin, dort werden sie Platz für mich haben, von dort kam ich her, dort bin ich gewesen, dort sind so viele, daß es nicht ankommt auf einen, dort ist alsterweit Raum und also Raum für mich, dort, wenn sie die Festgäste zählen, zähle ich mit. Und zähle womöglich noch, wenn Fest und Eis vorüber sind. Zähle wieder, lebe wieder. Aufs Eis wollte ich, um mich vom Eis zu befreien, Eisgang erhoffte ich vom Eisgang, brechende Panzer, Schollenfahrt, freie Fahrt endlich wieder.

Erkennen werden sie mich, habe ich gemeint, aber nicht so, daß sie weichen, sondern Zeichen des Erkennens geben. Bist du nicht? Bist du nicht der aus dem Schlittenbündel? Warst du nicht mit deiner Mutter hier? Hast du nicht allen Ernstes Heimweh nach diesem Wasser gehabt? Und bist nun zu ihm heimgekehrt? Aufs Eis nach all dem Eis? Nach Bögen um die Welt eingebogen in heimische Schlittschuhbahn? Zurück beim Fest im Nest?

Ach, Nest und, ach, zurück; davon kann keine Rede sein. Mit siebzig/plus ist man für Höhlen und Gruben gut. Der dauerhafteste aller Permafröste wartet; ein Feuerchen noch, Asche zu Asche, vor dieser nicht sehr lieben Seele habt ihr, wartet nur, balde Ruh. Fragt sich dennoch, was mich Esel aufs Eis zog. Fragt sich, was ich mir versprach. Fragt sich, was ich mir verspreche, indem ich davon spreche. Ich ahne einen Grund und will von der Fahrt und dem, was ihr folgte, erzählen. Zum Ausgang wähle ich einen Punkt, an dem ich der Alster beträchtlich ferne war:

Herbst 1947. Ich bin das erste Mal im Kreml. Der Begleiter begleitet mich aus dem Zimmer, in dem mich Stalin zum Ideengefäß ernannte und mir auf der Okarina spielte. Ich kann nicht mehr sagen, wo es lag, und fragen konnte ich nicht gut. Der Begleiter gibt mir ein Päckchen und übergibt mich auf dem Kremlhof einem anderen Begleiter. Es ist Anfang Oktober; ich rieche nahen Schnee. Und im Wagen, der einem älteren Opel ähnelt, rieche ich Brot von dunklem Schrot und Korn, Räucherfisch, groben Käse und druckfrische Prawda. Bei unzureichendem Licht und ähnlichem Kyrillisch entziffere ich Kominform, Konferencja und Warszawa.

Nachts um eins 1947 machte die Gorkistraße, die längst wieder Twerskaja heißt, nicht viel her. Jedoch ließen die spärlichen Lampen am Wegessaum von Breite ahnen und die Länge der Fahrt von Länge. Im Laufe der Jahrzehnte, in denen die Magistrale zu Licht und Verkehr kam, bin ich so oft über sie ins Zentrum gefahren, daß sich der Eindruck anbot, Moskau sei ein gigantisches Straßendorf. Er traf ähnlich zu, wie die Ansicht zugetroffen hätte, Warschaus vergleichbar lange und breite Marszałkowska sei immer noch in dem Maße belebt, von dem das Vorkriegs-Lexikon berichtet. Weder auf dem Moskauer Hauptverkehrsweg noch auf dem von Warschau sah ich nennenswert viele Mitpassanten. Entsprechend wenige sahen mich.

So sollte es sein. Man hatte für den Transport vom Kreml ins Lager zurück Stunden gewählt, in denen alles unbelebt lag wie das Urstromtal Berlin-Warschau, als es noch keinen Namen hatte. Abgesehen von dem einen oder anderen Begleiter wie auch von der einen Begleiterin kam ich unerkannt von der Moskwa an die Weichsel zurück. Abgesehen von einer Unterbrechung kehrte ich geradenwegs in meine Baracke heim. Abgesehen von einem Aufenthalt, der eine Woche währte, wurde ich pfeilschnell von Ost nach West befördert.

Schnell wohl, aber nicht weit genug. Von mir aus hätte es vom Roten Platz über die Gorkistraße bis Marne, Süderdithmarschen, gehen können. Oder wenn schon nicht Marne, so doch Hamburg-Dammtor, wo in allernächster Nähe die Alster fließt, beziehungsweise sich zu Buten- und Binnenalster verbreitert. Aber meine Begleiter brachen die Reise in Warschau ab, und unterbrachen sie vorher für sieben Tage.

Brachten mich in ein Kinderheim und ließen mich an meiner Legende wirken. Ein neuer Posten holte mich in der Vorstadt aus dem Zug. In Praga, wo ich schon einmal aus einem Zug geholt worden war. Natürlich hatten wir dunkle Nacht, natürlich sah man mich nicht, natürlich sah ich nicht, wo ich mich befand, und wüßte den Ort so wenig wie Stalins Zimmer zu finden. Der Begleiter befahl mich in seinen Jeep und zeigte mir, daß rallye auch auf polnisch rallye bedeutet.

Seine Nachfolgerin war von anderer Art. Sehr offen. Trug die Pistole am Koppel und nicht wie die Herren unterm Jackett. Erklärte, ich sei auf Bildungsreise, das Wort sprach sie deutsch, nämlich zwecks Arbeit bei ihr. »Celem roboty«, sagte sie, und zunächst ergab sich ein Mißverständnis. Nicht mit robota, dem Wort für Arbeit; das hatte man mir in polnischen Jahren eingeprägt. Vielmehr mit der Präposition zwecks, die celem lautet. Aus Gründen, die ebenfalls in meinen polnischen Jahren lagen, hörte sich celem nach einem Behältnis an, das mir unter der einheimischen Bezeichnung cela und meiner heimischen Bezeichnung Zelle bekannt war.

Celem roboty, das wird heißen, ich soll in einer Zelle arbeiten. Es war ein Gedanke, bei dessen Ausformung mir die Pistole am Gürtel der Begleiterin half. Eine Tätigkeit in solchem Lokal durfte ich nicht unvertraut nennen, nur wunderte mich, daß wir in kein Gefängnis fuhren, sondern in ein ländliches Gebäude, das ein Kinderheim zu sein schien. »Celem pracy drukowniczej«, sagte meine neue Aufsicht. Auch wenn sie dabei nicht auf eine Halde aus arg verstreuten Lettern gedeutet hätte, wäre verständlich geworden, daß ich mich zwecks Druckerarbeit bei ihr befand. Nach umständlicher Fahrt und aus umständlichem Grund, der Stalin hieß. Zwecks Druckerarbeit oder Setzerarbeit oder beiden, also zwecks der zweifachen Tätigkeit, die in meinem Gewerbe ein Schweizerdegen verrichtet.

Der gut daran tut, diese ehrwürdige Berufsbezeichnung nicht an jedem Ort in den Mund zu nehmen. Weil sein kann, man schlägt ihm gewaltig an die Backen. Einfach aus Unsicherheit, die aus Unklarheit springt: Will dieser Jungmensch, der sich Schweizerdegen nennt, nun kein Deutscher mehr sein? Spielt sich der Kerl als Schwertträger auf? Sucht er uns weiszumachen, er habe nicht unterm Hitlerhelm, sondern mit Pluderhosen und Federbusch als Papstgardist gedient? – Ich werd dir bei Schweizerdegen! Noch einmal: Beruf? – Drucker. Drucker und Setzer. – Na also, und komme uns nicht ein zweites Mal mit deinem Schweizermesser!

Wie so manches, hatte ich zur fraglichen Zeit Grimms Deutsches Wörterbuch nicht zur Hand. Hätte ich es gehabt, hätte ich sagen können: In Grimms Wörterbuch ist das Wort in zweierlei Bedeutung aufgeführt, nämlich als »1) waffe der schweizerischen landsknechte für den nahkampf« und »2) in buchdruckereien einer, der sowol setzer wie drucker ist.« – Aber weil jetzt weder die Druckerei noch der berühmte Drucker Litfaß an der Reihe sind, sondern Stalin und Agnieszka, bleibe ich im Kinderheim und bei den werweißwie verstreuten Druckwesensteilen.

»Celem roboty jest«, sagte die Begleiterin und fügte das Wort »porządek«, welches Ordnung bedeutet, hinzu. Falls sie hoffte, mich zu erschrecken, war diese Hoffnung eitel. Es handelte sich nicht um den ersten Berg aus versprengten Einzelheiten, auf den ich traf, und auch an die Hoffnung, ich werde ihm eine Ordnung stiften, war ich einige Male geraten. Wohl zählt Chaos zu den unzählbaren Wörtern; doch behaupte ich, im Lande Polen begegnete ich Chaosen zuhauf. Leider wurde von so gut wie jedem vermutet, ich sei für seine Regulierung schon deshalb geeignet, weil mein schuldhaft persönlicher Bezug zu dem jeweiligen Wirrwarr außer Frage stehe.

Die Pistole am Gürtel meiner Begleiterin beeindruckte mich, aber noch beeindruckender war die Person in diesem Gürtel. Er war auf das letzte Loch geschnallt. Zwei Handbreit nach oben oder unten wäre er mit dem ersten nicht ausgekommen. Kein Gedanke, sage ich. Aber ein schöner Gedanke. Einer, gegen den die Pistole gemeint war.

»Jestem wasz komendant«, sagte die Frau, und ich verstand, sie sei mein Kommandant. Zwar war sie ersichtlich eine Kommandantin, aber sie hatte sich gegürtet und gewappnet, mich von dieser Idee auf keine weitere kommen zu lassen. Kein Zweifel, sie hielt mich für den Drucker, der ich war, und wußte nichts von mir als Stalins Ideengefäß. Man hatte ihr einen Kerl geschickt, das Gerümpel zur Ordnung zurückzurufen; mehr mußte sie nach Ansicht der Begleiter-Leiter nicht wissen.

So brauchte ich im Lager nur zu sagen, ich sei auf Kommando gewesen. »Ihr kennt das: Harte Arbeit, strenge Bewachung, bemessenes Essen und kaum ein deutsches Wort.« – »Kein Wort von Ihrer Reise«, sagte der Begleiter. Ich glaube nicht, daß er von deren anderen Teilen wußte. Er zeigte sich nicht neugierig und wollte nichts von meinem Umgang mit verstreuten Lettern wissen. Zum Gürtel der Kommandantin hatte er keine Fragen.

Ich hätte wenig Antwort gewußt. Immer noch nicht habe ich beschreiben gelernt, wie unmorsch es zugeht mit einer, die just vor Augenblicken eine Pistole am Koppel trug. Und einen militärischen Gurt um die zivile Taille. Und ein Hemd auf dem Leib. Nach wie vor scheue ich die Vermutung, die bewehrte Kindergärtnerin könne gedacht haben, was ich bei ihrem Anblick dachte. Ich dachte O Gott!, und hernach sagte ich es wohl einige Male. Sie schwieg, als wolle sie nichts an Sprache vergeuden. Auch kannte sie außer der deutschen Vokabel Bildungsreise keine weiteren. Aber auszudrücken wußte sie sich.

So sehr ich zu erwidern suchte, so sehr nahm es mich mit. Zu Zeiten schien ich gänzlich hohl, doch schon der Gedanke an die Gardistin füllte mich auf. Derart im Übermaß, daß ich bis zum Abend meine Not mit mir hatte. Zum Glück waren die abertausend Lettern, aus denen ich einige Schriften machen sollte, so ineinander verwirbelt, daß es mir ebensoviel Technikerkunst wie Puzzlergeduld abverlangte.

Ganz mich abzulenken, gelang nicht einmal meinem Auftrag. Ob ich nun Fraktur oder Antiqua sortierte, lief doch jede der Schriften auf denselben Text hinaus. Trotz der Okkupation meines Denkens konnte ich einige Drucksätze zusammenfügen. Die Aufsichtführende hieß Agnieszka und teilte meine Legendenzeit bekömmlich ein. Tagsüber, wenn ich beim Fahnden nach fehlenden Lettern meine unmäßigen Gedanken zu übertönen suchte, trug sie ihre Pistole durch das leere Haus, putzte Fenster, kochte Suppen, strich Türen an, richtete Stuben her, schrieb Berichte und schnallte nicht einmal bei Tische ab. Abends, und sie entschied, wann wir Abend hatten, schloß sie mich in die Kammer.

Von innen. Und ich erfuhr ein weiteres Mal, wie beschaffen sie buten un binnen war. Und teilte mich, anders als über Tag, ins Bestimmen mit ihr. Fühlte mich auf Bildungsreise. Hatte Aufenthalt im Urstromtal. Eine Woche lang die Uhren angehalten. Nach J. W. Stalin, welcher, er hatte es unter meinen Ohren gesagt, den Papst beneidet, jetzt Agnieszka, die tatkräftig leidet.

So wurde meine Überzeugung befestigt, daß ich es mit dem Beruf nicht schlecht getroffen hatte. Textura, New Roman und Sanserif waren nicht nur Schrift-, sondern Lebensarten. Der Abstand zwischen Kopf und Fuß einer Letter heißt Schrifthöhe, unterwies mich einst mein Lehrmeister Bruhns. Was aber sich alles eintragen läßt zwischen Fuß und Kopf, das lehrte mich Agnieszka, und manches war die Höhe. So daß sich sagen läßt, mit einigen Leuten, die mir in Stalins Auftrag ein Alibi verschafften, traf ich es gut. Die Agnieszka-Legende paßte mir sehr. Paßte, als wäre sie mir auf den Leib geschnitten. Oder auf einen, der tagsüber Koppel trug.

»Sie sind zu Zwecken der Ordnung in einem Haus bei Warszawa gewesen, und weiter ostwärts kamen Sie nicht«, sagte mein letzter Begleiter. »Falls Ihnen nach Plaudern ist: Es war schon einmal gut, sagen zu können, erheblich über die Weichsel hinaus seien Sie kaum gekommen. Warum sollten Sie nicht bei dieser einfachen Wahrheit bleiben?«

So habe ich, obwohl es gegen meine Natur ging, von derart bemerkenswerten Leuten zu schweigen, Agnieszka und Stalin sorglich weggesperrt. Ich sie; das war doch einmal etwas anderes. – Meist erwies sich als leicht, Kreml und Kinderheim auszulassen. Von dem Völkerkommandanten und seinem Okarinenspiel hielt ich den Mund, da es mir empfohlen worden war, und von Agnieszka teilte ich nichts mit, weil ich sie nicht teilen wollte. Weil der männliche Gemeinsinn kein Ende nimmt, wenn einer gesagt hat, er habe einmal eine gekannt, ließ ich dort keine sein, wo Agnieszka gewesen war, und tauschte das Mädchen mit Pistole gegen einen bärtigen Posten mit Schrotgewehr aus.

Nur geriet ich fast ins Plappern, als ein Kamerad sichere Nachricht hatte, die Russen hätten die Komintern neu gegründet. Da wollte ich Bescheid geben von der Prawda, der ich Hering und Brot entnommen hatte und dazu die Meldung von einer Konferencja bei Warszawa. Doch unterband ich mein Sagen, ehe es zu Fragen führte. Schon gar ließ ich das Stichwort Flintenweiberei wie ungehört verhallen.

Ich steckte ohnedies in Schwierigkeiten, weil ich in einem entscheidenden Augenblick den Mund nicht halten konnte. Verfluchte Besserwisserei; war ich denn nicht bekannt mit ihren Folgen? Schon möglich, Stalin meinte diesen Auftritt, als er mich zu den Leuten zählte, die sich, falls nötig, selbst Befehl erteilen. Zwar wußte ich nicht, woher er es wußte, aber er wußte es. Ich meinerseits ahnte nicht, warum ich mich an einem Warschauer Tag im September des Jahres 1947 ins Wortgetümmel geworfen hatte. Drei Wochen, bevor mich der Marschall holen ließ, und drei Wochen, seit ich im Ghettolager war. Wollte ich es mit dem Unsinn begründen, den meine Kumpane von sich gaben, lüde ich die Frage ein, warum ich nicht schon früher von Schemeln und Bänken gepredigt habe.

2

Ich spräche nicht wieder davon, wüßte ich, es hätte vorher verfangen. Und wende mich gegen den verschnittenen Vorwurf, ich habe doch Grips genug, meine Zunge im Zaum zu halten. Nie wurde mir ein IQ errechnet wie jetzt, wo man anklagend mit mir verfährt. Wie konnten Sie nur, Sie mit Ihren Gaben! Verstehe ich recht, hätte mich Dummheit vor der heutigen Lage bewahrt.

Die damalige war so: Ich hatte zu Hause in Ängsten gelebt und sah in Warschau die Gründe dafür. Keine Rede von Klugheit. Ich war dumm genug, hinzusehen auf den Rest von Stadt. Ich fragte, wer ihr die Augen ausgestochen habe, die Zunge ausgerissen, die Zähne in den Kiefer getreten, die Kehle eingedrückt, den Schlund mit Sand gefüllt, die Haut skalpiert, verbrannt, verätzt, den Bauch voll Jauche gegossen, das Herz vor die Hunde geworfen.

Sie hatten uns vom Lager bis zum Englischen Garten gefahren und beim Eisernen Tor am Ghettorand gesagt: »Den Rest geht zu Fuß.« Es klang wie den Rest eures Lebens. Wir schlurften durch Geröll, das zerlaufene Muster einer Siedlung trug. Auf den Hügeln aus gewesenen Häusern glaubte ich nicht, es werde ein nennenswerter Rest noch sein. Natürlich war das Terrain nicht endlos; es kam mir, weil schier unabsehbar, nur so vor. Wer wird schon ums Ausmaß vom Ghetto feilschen.

Wie ich das Bemessen unterlasse, bekomme ich es mit Überfülle zu tun. Nicht zufällig, sondern zwangsläufig. Um nicht von zwanghaft zu sprechen. Beispiel: Eben las ich die Memoiren des Pianisten Szpilman und war ein Buch lang mit ihm dort, wo ich anders als er gewesen bin. Es macht uns nicht zu Brüdern, daß wir am selben Ort gefangen saßen, er im Ghetto und ich in glimpflicherer Verwahrung, aber ich weiß, wovon er spricht.

Natürlich weiß ich nicht, wovon er spricht. Unsere Gemeinsamkeit besteht in einem Stadtplan. Er war Opfer, auch wenn er es nicht ganz geworden ist; ich war Täter, auch wenn ich es nicht ganz geworden bin. Ihm nahmen sie sein Zuhause, ich wollte nur nach Hause. Ihm schleppten sie die Eltern ins Gas; ich dachte an den Herd meiner Mutter. Er kam beinahe um; ich ein wenig zu mir. Unsere Gemeinsamkeit ist geringfügig, sage ich ohne alle Geringschätzung. Immerhin habe ich nach den Szpilmans gefragt.

Im Lager, das vorher Szpilmans Ghetto war, galt solche Erkundigung als unzulässig. Es machte sich schwer genug, vom Vorleben der Mitbewohner zu erfahren. Die eine Unergiebigkeit hing mit der anderen zusammen. Ergraute Soldaten, die mich duldeten, weil sie jung wie ich gewesen waren, ließen mich maßvoll neugierig sein. Ich durfte mich erkundigen, wer hier gewohnet habe. Ich durfte ob der dürren Halden verwundert sein.

Bald begriff ich, daß manche Fragen Erlaubnis brauchen. Daß schlau sein muß, wer schlau werden will. Man tat mich zu den Konfirmanden, sagte, wir befänden uns im jüdischen Wohnbezirk, der, wie ich sehe, aufgehört habe zu existieren. Dann besprachen sie die Speisenfolge bei der Konfirmation der Tochter ihrer Nichte. Mein strategisches Forschen war vertan, als ich meinte, es sei eine Art Glück, daß wir im ehemaligen KZ im ehemaligen Ghetto im ehemaligen Warschau eingesperrt säßen. – Doch ist das erzählt und abgegolten.

Anders die Berührung zwischen Szpilman und mir. Bei ihm kommen die aelazna, die Smocza und die Gęsia als seine Kinderstraßen vor. Bei mir kommen sie kurz nach Ende meiner Kindheit vor. Szpilman wurde in Muranów geboren, das meine Mit-Arier zum jüdischen Wohnbezirk erklärten, bevor sie es zerstörten. Ich avancierte in den Resten zum Angehörigen eines Räumkommandos, das einer Ordnung halber und eines künftigen Denkmals wegen anfangs mit Händen in den fauligen Müll greifen mußte.

Wenn sonst abgebrauchte Redensarten über den Kolonnen hingen, hielten hier alle den Mund. Nicht daß Skrupel oder Totengedenken uns schweigen ließen; das hatten wir für polnische Städte nicht gelernt. Sogar Flüstern schien riskant, wo selbst die Posten nicht den Schreihals gaben. Wie anderswo Graben-oder-Begraben-werden galt, ließ sich hier ein Sowohl-als-auch erahnen.

Wir beluden Loren, kippten sie an fernen Plätzen aus. Wo die Bahn begann, entstand eine Ebene; wo sie endete, türmten sich Hügel. Ich sah hin und dachte hin. Entgegen der Empfehlung überließ ich das Denken nicht den Pferden. Ich überließ es mir. Vielleicht, weil ich auf den Gleisen wie ein Pferd in Diensten stand. Was nicht heißt, ich hätte Trost gefunden, wenn ich das Trümmerteil, in das Bewegung kam, ins Verhältnis setzte zur Wüstenei, die weiter reglos lag. Und endlos. Wenn diese Sanduhr richtig ging, hatten wir Steine lebenslang.

Ich setzte meine Holzschuh in die Kiesel, war dem Gestein ein steter Tropfen, flog schneckengleich voran und hätte Rumpelstilzchen alle meine künftigen Kinder versprochen, wäre es mir beim Räumen von Warschaus brandigstem Bezirk zur Hand gegangen. Doch schien der Knecht nur gut, wenn es galt, Flachs zu Gold zu spinnen, und schien nicht gut, wo es Steinen galt, die keine mehr waren. Ich mußte selber sehen, wie ich den Fuß aus der Erde zog, mußte, wenn ausgemacht war, ich werde nie mehr backen und braten und des Königs oder sonstwes Tochter holen, selber sorgen, daß sich die Zeit in verträgliche Teile teilte.

Das erreicht, wer Ärger macht. Ich war nicht darauf aus, andere gegen mich einzunehmen, aber ich nahm sie, soweit sie gleich mir im verschroteten Teil von Warschau die Planierraupe ersetzten, gegen mich ein. Indem ich um Angaben ersuchte. Niemand gab Bescheid. Niemand war hier gewesen. Niemand hatte vom Gefängnis gehört, in dem ich Spießruten lief. Niemand kannte Łódź, als es Litzmannstadt hieß. Niemand ahnte, warum wir am Gleis vor Majdanek so geschlagen wurden. Niemand verstand den Aufsichtführenden, der im Ghettorest scherzte, mit der Lorenbahn sei, wenn wir sie bis zum Umschlagplatz verlängerten, der Direktanschluß nach Treblinka wieder hergestellt. – Von wegen Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen. Wir sind solchen Wirkungen an der Gęsia, das hieß Gänsestraße, folgenlos entkommen.

Wenn man weiß, daß wir eine Linie zogen, die sich mit der von Szpilman und anderen kreuzte, taten wir gut daran, unserem Tun nicht weiter nachzudenken. Ab welcher Größe meine Nachbarn über die Wüste hätten reden wollen, der wir eine Oase abgewannen, fand ich nicht heraus. Wenn ich sagte, man habe von zeitweilig fünfhunderttausend Bewohnern gesprochen, riet man mir, meine Quellen zu prüfen. Sowie mein geometrisches Denkvermögen. Da die Juden bei so unsinnigen Zahlen übereinander hätten hausen müssen. Gestapelt. Hochgestapelt. Ausgeschlossen. Und nun Schluß damit!

Das war am Lorengleis nicht leicht getan. Von Gęsia- und Milastraßen umgeben, kam ich, indem ich die Fähigkeit meiner Führer nicht ausschloß, jüdische Leute übereinander zu stapeln, auf glaubhafte Zahlen. Und glaubhaft wurde ebenso, man hatte mich nicht hergekarrt der Aussicht wegen, sondern sah mich im Zusammenhang mit ihr.

Wohl infolgedessen liegt bei mir statt einer Unfähigkeit zu trauern eine Unfähigkeit, nicht zu trauern, vor. Fraglos auch ein Defekt, fraglos nicht behebbar. Meine Freunde stört, selbst wenn sie sacht mit mir verfahren, meine Ichbezogenheit. Immer muß er, sprechen sie, alles auf sich beziehen. Im Übermaß fühlt er sich von den allgemeinsten Gemeinheiten gemeint.

Ich versuche, ihnen zu folgen und meine besonderen Beziehungen zu einem Teil der Geschichte gering zu achten. Leugnen kann ich sie nicht, aber ich will sie nicht immerfort erwähnen. Nur, was tun, wenn es geht wie neulich in London?

Nach einem Wochenende bei den Kindern in Cambridge geriet ich vorm Abflug an einen Kiosk, an dem sirenisch geschrieben stand, hier gebe es Bücher, die es im Handel noch nicht gebe. Da hätte es starker Gefährten bedurft, mich an den Mast zu binden. Ich fand ein Pocketbook mit dem elektrifizierenden Titel Konin. Obwohl dabei, die Ichbezogenheit zu bekämpfen, betone ich: Mit dem mich elektrifizierenden Titel Konin. Kaum anzunehmen, daß noch einer auf die Berlin-Maschine wartete, der seine erste Gefängnisnacht in Konin verbrachte, nachdem er in Kolo nebenan in Gewahrsam geraten war. Also erwarb ich das Werk von Theo Richmond und las zwischen Ankauf und Abflug und Heimkunft und vielen weiteren Abenden, wo ich vor einem halben Jahrhundert gewesen bin.

Ich komme nicht vor, doch steht in dem Buch vieles geschrieben, das mich betrifft. Bislang hatte ich vermutend erzählt, am 21. Januar 45 habe in Kolo ein Sowjet-Feldwebel meinen Augapfel mit seiner Pistolenmündung eingefaßt. Das Datum stimmt, und mit dem Feldwebel hatte ich Glück: Weil er zu einem Mechanisierten Korps gehörte, war er ein Mann der Ratio und kannte die Auge-um-Auge-Regel womöglich nicht. Wäre es nach der gegangen, hätte ich nicht davonkommen können: Denn in Kolo wurden siebenhundert Juden beim allerersten Gaswagen-Einsatz umgebracht. Beim Ersteinsatz einer mechanisierten Mordbrigade.

Von dort nach Konin kam ich hinkenden Fußes. Wie Kolo war es zum Deutschen Reich geschlagen worden. Als Teil vom Warthe-Gau. Großdeutsch war auch der Kolo-nahe Umgang mit Konins Juden. So daß möglich ist, es habe meine Lorenspur an der Gęsia und der Smocza ihre Fußspur gekreuzt. Auf die Gefahr, besonders ichbezogen zu klingen, verneine ich die Frage, ob ich seit dem Umschlagplatz auffallend hinkenden Kopfes blieb.

Das Konin-Buch ließ mich in alte Kladden tauchen, um zu sehen, was für diesen Bericht noch tauge. Die Einreden des letzten Jahrzehnts haben mich mißtrauisch gegen vieles gemacht, was ich sicher wußte. Geht es jedoch um die Frage, wie ich die Herrschaft bewerte, an deren Ende sich ein Stadtteil durchs Sieb seihen ließ, ohne eine einzige Läuferstange oder einen einzigen Gardinenring preiszugeben, steht bei mir gewandelte Gesinnung, wie der Fachausdruck lautet, nicht zu erwarten.

Warschau hatte keinen Grund, mich sympathisch zu finden; ich hatte, was das und Warschau betraf, auch keinen Grund. Dennoch verdanke ich meinen Ausfahrten hinter den Loren eine Haltung, die ich bestürzte Zuneigung nenne. Eine Zuneigung, die sich nicht genug über sich wundern kann.

Aus den Reisen durch die Stadt folgerte ich, man müsse sie zu den Städten zählen. Zur Vermutung drang ich vor, ihre Fremde sei mit Bekanntem versetzt. Mit Freundlichem kaum, aber mit nicht Fremdem. Das reichte, wo alles unbekannt schien und ich mit manchem unbekannt bleiben wollte, zum Gedankensprung. Nach mehreren Anläufen reichte es zu der Erwägung, ganz feindlich könne ein Ort nicht sein, in dem sich auf Teile von Marne treffen lasse. Ich bedachte den Eindruck nicht so sehr, wie ich ihn zu ergänzen suchte. Ich sammelte Ähnlichkeiten. Nicht um mir den Platz sympathisch zu machen, sondern um einen Teil meiner Ängste zu dämpfen. Ich suchte Vertrautes, wo ich Unterschiede sah.

Zur Straßenbahn, dem Zeichen von Großstadt, den nie gesehenen Trolleybus als Zeichen einer befremdlichen Stadt. Zum Vorstadthaus, wie ich es kannte, dessen auf Dauer unverputzten Zustand, den ich nur von tiefster Armut kannte. Vorherrschaft des Flachdachs. Abwesenheit von Ölfarben und verzinktem Gezäun. Anwesenheit von Stacheldraht auf den Fenstern der Krämerbüdchen. Zum gewohnten Fahrrad die Rikscha aus dem Bilderbuch. Eine Dominanz von dreirädrigen Mobilen. Stetes Mißverhältnis zwischen Tragkraft und Ladung. Keine Straßenbahn ohne eine Außenlast, die fast der Binnenlast entsprach. Kein Waggon ohne blinde Passagiere und ohne statutenblinden Kapitän.

Und keine Straße, auf der ich nicht allenfalls geduldet und keinesfalls wohlgelitten war. Also her mit jedem unfeindlichen Blick und jedem Schimpf, der unterblieb. Merken wollte ich mir den jungen Kerl, der lediglich Pech gehabt, Kumpel! zu denken schien und entgegen allem Zeitbrauch davon absah, meines bloßen Daseins wegen mit Drommetenschall unter Waffen zu treten. Oder mit krummen Stiefeln in meine Kniekehlen. Ich schrieb es alten Augen gut, wenn sie in mir einen verlaufenen Bengel sahen, und dem Leben trug ich jeden Tag ins Haben ein, der sich mit gewaltfreiem Verlauf begnügte. Im Maße, wie ich in der zerbrochenen Stadt bei heilen Knochen blieb, folgerte ich, es werde sich ihre Fremde einmal verstehen lassen.

Mein Fehler war, ich sprach zu früh davon. Anstatt ein Gefäß zu bleiben, trug ich Vermutungen vor und stürzte mich ins Wortgetümmel. Da setzte es mit Worten Prügel, und selbst solche ohne Worte wären verdient gewesen. Man hielt sich nur zurück, weil ich ein Reimer war, der jeden Jammer in gruselige Verse zwang. Fühllos steckte ich den einfachen deutschen Satz ins konditionale Streckbrett. Rein mit der Muttersprache in die Eiserne Jungfrau und mit Schwung die dorngespickte Türe zu. Was ich dem geschundenen Wesen abpreßte, nannte ich Gedicht. Reim dich oder ich freß dich als poetische Doktrin und Reime vom Fressen als literarische Disziplin. Das Publikum verlangte gegenständlichste Lyrik und wollte seine unfeine Existenz in feierlichem Gedöns erkennen. Es erwartete Zaubersprüche gegen Gebrechen und bestand auf wohlfeilem Ausweg aus unverschuldeter Lage. Wo es Perspektiven erbat, fertigte ich solche. Wahrlich, bei mir setzte es Lebenshilfe. Von Herzen unvertraut mit der Theorie des sozialistischen Realismus, war ich ihr eifriger Praktiker. Und durfte als Reimeschmied für einen Diplomingenieur der menschlichen Seele gelten.

Womöglich war es dies, was dem Führer aller Dichter so gefallen hat, daß er mich in den Kreml rufen ließ, um mir Weisung zu erteilen. Mir, eines greinenden Kriegsvolks verdienten Knittler. Dem Jungbarden, der seine jammernde Gemeinde sehr verdiente. Und sie fast verlor, wenn er ihr nicht nach dem Munde sang.

Zurück zu dem Teil von ihr, der sich an Warschaus Geröll als kollektiver Sisyphos versuchte. Und zurück zu dem Individuum, das ihr den Dolmetsch machte: Solange ich Klagen und Seufzer gefällig bündelte, gingen meine Staubgenossen duldsam mit mir um. Übten Nachsicht, wenn ich überm Reim in die Lagen anderer geriet. Schlugen nicht gleich, wo ich überm Sand in unseren Schuhen den Schutt ringsum nicht unterschlug. Man erklärte sich mich: Der dichtet. Und im Gefängnis war er auch.

Sehr wohl bin ich mit der Grünen Minna ins Ghetto-Lager gekommen. Man hat gesehen, wie ich aus dem eisernen Kasten sprang. So sprach ich mich in den Baracken herum. Dabei gab es zwischen dem Nutzfahrzeug und mir keine zwingende Beziehung; es war einfach vorhanden, als in der Rakowiecka ein Transportmittel benötigt wurde. Entsprechend habe ich in ihm eine Beziehung geknüpft, die keine Fortsetzung erfuhr.

Die Rakowiecka? Es ist eine Straße im Stadtteil Mokotów, meint jedoch vor allem das Zentralgefängnis, das dort liegt. Oder zeitweise lag. Ich bin darin unbestimmt, seit mir ein Kenner sagte, das eigentliche Zentralgefängnis sei das in der ulica Pawia gewesen. Die Rakowiecka habe zu ihrer erhöhten Stellung erst kommen können, als der Pawiak in Trümmer sank. Der penible Mann hörte sich wie einer an, mit dem nicht gut Herabstufen war. Wie einer, der im gehobenen Pawiak eingesessen hatte und nicht in der minderen Rakowiecka. Mir aber galt die Rakowiecka gehoben genug.

Um noch einmal auf Namen und Ränge zu kommen: Es hat sich mein Ansehen bei dem Mann, der im rückschauenden Gespräch auf Ordnung auch der Gefängnisdinge sah, wiederhergestellt, als er wußte, daß ich nicht nur für eine nennenswerte Spanne in der zeitweilig zentralen Rakowiecka, sondern danach in der herausgehobenen Gęsiówka weilte. Gęsiówka spricht sich ungefähr Genschuwka und bezeichnete das von Himmler gestiftete Arbeitslager, in das ich zweieinhalb Jahre nach dieses Reichsführers Hinschied im eisernen Wagen eingefahren bin.

Wie üblich, wurde ich ausgefragt, und wie geübt, hielt ich mich mit Personalien zurück. Name, Heimatort, Dienstgrad und letzte Einheit. Wer wollte, erfuhr, ich sei volljährig. Mündig, sagte ich und dachte: Aber darin nicht so geübt.

Im nachhinein sehe ich, daß mir allerorten die Wichtigkeit meines späteren Zweitberufs vor Augen trat. Oder Drittberufs, da Drucken und Setzen schon zwei Tätigkeiten sind. Wo jede Änderung eine Nachricht war, wurde auch meine Ankunft in der Gęsiówka in den Dienst von Information und Kommunikation gestellt. Sagen sollte ich, wie man in Grüne-Minna-Kreisen den Stand der Weltdinge taxiere und was man sich vom Kalten Krieg verspreche. Hinsichtlich unserer Heimkehr vor allem. Ob ich nach der Entlassung aus dem Gefängnis mit einer aus dem Lager rechne. Also nicht nur auf meine, sondern eine allgemeine setze. Wie ich es finde, daß der zweithöchste Pole, dieser Mikołajczyk, nach dem Westen und der Oberkommunist von Thüringen in die Westzone abgehauen seien. Und Reichskommentator Fritzsche zehn Jahre Arbeitslager bekommen habe, während Al Capone im Knast friedlich verstorben sei.

Nach der Art zu urteilen, in der man mich fragte, hatte ich eingeweiht an höherem Ort geweilt. Im Zentralgefängnis eben. In einer Zentrale also. Im Zentrum wenn nicht der Macht, so des Wissens und damit doch der Macht. Die Sache mit Thüringens Ministerpräsidenten war mir neu und nicht wichtig. Die Sache mit Al Capone war mir weder neu noch unwichtig. Vom Urteil gegen Fritzsche wußte ich nichts. Aber zur Flucht von Mikołajczyk hätte ich mich äußern können, und zum Kalten Krieg konnte ich Authentisches sagen.

Denn ich bin Ohrenzeuge seiner Geburtsstunde, die eine Radiostunde war, gewesen. Im Mechanikerkeller der 10. Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit der zeitweiligen Volksrepublik Polen hörte ich einem Manne zu, der Churchill hieß und in Fulton, Missouri, USA, von einem Eisernen Vorhang sprach. Den hätten die Russen, sagte er in Radio Free Europe, und ein Mikołajczyk-Pole übersetzte es mir, zwischen Stettin und Triest heruntergelassen. Der Dolmetsch hatte, solange Mikołajczyk in London die Exilregierung leitete, in der Anders-Armee gedient, war ähnlich seinem Chef so früh wie möglich nach Polen zurückgekehrt, aber unähnlich seinem Chef gleich ins Zentralgefängnis gekommen. Er habe es, so sagte man ihm täglich im Mechanikerkeller der 10. Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit, wegen Dummheit nicht anders verdient.

Hätte es in der Rakowiecka den 6. Brockhaus-Band gegeben, der vom 6. Buchstaben unseres Alphabets bis G wie Garzweiler reichte, dieweil es in der Zelle, die unter Aufsicht der 10. Abteilung des Ministeriums für öffentliche Sicherheit stand, nur den 10. Band gab, der laut goldfarbener Inschrift auf seinem Rücken von Kat bis KZ reichen sollte, jedoch mit Kyzyl-Irmak endete und zu KZ keinen einzigen Buchstaben enthielt wie auch zu Katyń nicht einen Sterbenslaut, wäre es mir wahrscheinlich auf eine erzdumme Weise recht gewesen, unter dem Eintrag Fulton zu lesen, dieses Missouristädtchen beherberge eine, so die befremdliche Kombination, Irren- und Taubstummenanstalt.

Als Churchill mit dem Eisernen Vorhang wie mit einem Säbel rasselte, brachte ich es zu keinem Haß auf den Mann. Obwohl er mich im westlichen Fulton am anderen Ende des Radios ins östliche Warschau abschrieb, zu dessen eisernen Traljen mir kein Vorhang aus gleichem Material nötig war. Vielleicht rührte es mich ichbezüglich an, daß er aus dem fernen Fulton so weltläufig vom anders fernen Stettin sprach, einem Ort, über den ich via Kolo und Konin nach Warschau reiste. Von Marne und grauen Augen fort in eine graue Uniform. Und aus Stiefeln, die zur Uniform gehörten, in hölzerne Pantinen. Und in denen in die Hauptstadt Polens. An einen Platz, der sich, bemißt man es von Marne her, beträchtlich weit im Osten befindet.

Es fällt mir auf, daß mir in der Zelle nicht einfiel, im Brockhaus-Band 10, den es als Einzelstück dorthin verschlagen hatte, nach Kolo oder Konin zu sehen. Zufrieden stellte ich die Anwesenheit der Schriftgröße Kolonel fest, und um den großen Kolonial-Abschnitt machte ich einen Bogen, weil meine Mitleser sich nie von ihm trennen konnten. Wie ich die Einträge Koło und Konin mied. Was gut war, denn über den dort, wie ich jetzt weiß, aufgeführten Zigarrenfabriken wäre es nur zu neuen Raucherdebatten gekommen. Und die Angabe, in Konin seien dreitausend Juden wohnhaft gewesen, hätte zu nichts als beißendem Schweigen hinsichtlich eines anderen Rauchs geführt.

Ich kann nicht sagen, wann ich zum ersten Mal begriff, daß Informationen soviel wie ihre Gegenstände wert sein können und manchmal weit mehr als die. So daß ihr Austausch von höchstem Belang ist. Es könnte gut gewesen sein, als ich nach stummem Abschied von einer reglosen Reisegefährtin aus der Grünen Minna zu den grauen Männern wechselte. Die hörten mir wie einem zu, der von geweihten Höhen zu ihnen herabgestiegen war. In einem zauberischen Augenblick wurde ich unter den lumpig Uniformierten zum leuchtend Informierten, wie ich nebenhin erwähnte, im Zentralgefängnis habe ich, assistiert von einem polnischen Flieger aus London, Winston Churchill den Eisernen Vorhang beschreiben hören. Und mich seit dieser Nachricht doppelt eingesperrt gefühlt.

Daß sich Al Capone, die Rakowiecka und ich zur kriminellen Dreiheit reimten, las ich im Auge so manches Kameraden. Wäre mir eingefallen, vom Einfluß zu erzählen, den Hans Fritzsche eine Weile auf mich ausübte, hätten mich die stillgelegten Mannen auf der Stelle zu ihrem Wortwart gekürt. Weshalb ich von dem Propagandisten fast ebenso wie von Mikołajczyk schwieg. Oder von Thüringens rotem Ministerpräsidenten, der ein weniger rotes Deutschland dessen grünem Herzen vorgezogen hatte.

Auf dem Lagerhof bin ich auch hinter die Notierung von Kommentaren gekommen. Zu den zehn Arbeitslagerjahren für den Goebbels-Sprecher Fritzsche fiel mir ein, der hochgestellte Herr habe es besser als jeder beliebige Fritz, da er, anders als wir, mit einer abzählbaren Strafe, also mit Aussicht auf deren Ende, versehen sei. Das machte mich zum gemachten Mann und war keine Kunst. Wo alles wie tot liegt, gilt Blinzeln als Lebenszeichen.

Gefängnis ist längst keine Besonderheit mehr. Und die Grüne Minna gehört überall zur Verwahranstalt, auch wenn sie woanders anders heißt. Dennoch fand ich den Vorgang herausgehoben. Weder vorher noch nachher bin ich im gepanzerten Schnellbus durch eine Stadt gereist, die nirgends ganz ganz war, aber hier ganz tot und dort nicht so ganz. Niemals zuvor oder seither hat mir der Himmel in ein und derselben Stunde vergleichbare Freuden bereitet. Auch weiß ich von keinem anderen Fall, bei dem ich mir zur eben erlangten Freiheit umgehend eine weitere nahm.

Nach einem Irrtum, der dreizehn Monate währte, hatten sie mich beim unerhörten Namen Niebuhr gerufen. Hatten mich vors Gefängnistor geschickt und in ein Fahrzeug gesetzt, das Grüne Minna hieß. Grüne Minna, ja und? Auf dem Jauchewagen wäre ich ihnen davongefahren. In einem Schubkarren wie ein besoffenes Schwein. Im Kinderwägelchen, die Füße rechts und links im Dreck. Mit der Mäusekalesche oder auf bekränzter Lafette, solange die Kränze nicht mich betrafen. Von mir aus im Schinderkarren, vorausgesetzt, er halte nicht am Blutgerüst.

Bedingungen, welch ein Luxus. Fast bedingungslos übergab ich anderen die Rakowiecka. Oftmals war die bedingungslose Kapitulation in dem Haus, das ich hoch im eisernen Wagen verließ, verworfen worden. Nun verwarf ich nichts, nun warf ich mich der Freiheit zu in einer armierten Kutsche. Stieg eben weit genug ein, um nicht die bewehrte Tür mit dem ungeschützten Rücken zu fangen. Kaum war ich an Bord, nahm die Fähre Kurs. Mit dem Diesel kam ein Lämpchen zu Leben. Leuchtete den Gang nicht aus, in dem ich stand, markierte seine Mitte. Ließ mich sehen, daß sich im Gang noch wer befand. Gleich fern vom hellen Zentrum, wie ich ihm fern war. Ein Wächter? Die fuhren nicht stehend, wo sie sitzend fahren konnten. Ich aber fuhr stehend, wo ich sitzend hätte fahren sollen. Sie hatten mir keinen Verschlag geöffnet. Auch nicht der Person, die sich bugwärts am anderen Ende des Ganges aufhielt. Das war kein Wächter. Die stehen nicht lautlos. Sie zeigen dir, daß sie es dir zeigen werden. Sie sagen dir, was alles du nicht darfst. Ein Beitrag zur Erziehung des Menschengeschlechts.

Wen schert, wer mitfährt, wenn die Goldene Minna fort von der Rakowiecka fährt. Der Rechtskurve nach, die einer Linkswendung folgt, über die Aleja Niepodległości. Über die Unabhängigkeitsallee. Ühüber den Rhein. Brühüder, laßt uns Freunde sein. Und wenn nicht über den Rhein, so doch fort von der Rakowiecka. Dennoch: Wer verharrt reglos am Bug, wie ich lautlos am Heck verharre? Wer mag da im Walbauch so mit mir reisen? Wer steht hinterm Lichte stumm, wo ich hier lustvoll in mich schreie?

Ich möchte nicht beweisen müssen, daß es das Wandervogellied gewesen ist, was ich mir zuschrie. Auch wenn es zum Sangesgut gehörte, das mich beherrschte. Erweislich gilt, es war im ganzen ein wenig viel für mich. Nicht daß es mir zu viel gewesen wäre. Nur her damit. Nur her mit jedem Meter und jedem Kilometer zwischen mich und die immergrüne Minna einerseits und ganz und gar andererseits jenes Gefängnis, welches das Zentralgefängnis meines Lebens bleiben soll. Ich weiß, wie wenig in dieser Hinsicht schon aller Tage Abend ist, doch hindert es mich nicht, den Tag zu loben, an dem man mich im Blechgehäuse aus dem Backsteinhaus in die hölzerne Baracke schaffte. Die im Verein mit ähnlichen Baracken weit und breit nicht nur das einzige Bauwerk abgab, sondern auch das einzige Holz. Ganz ähnlich der hohen Mauer um das Areal, die weit und breit das einzige zusammenhängende Mauerwerk war.

Wo man hinsieht, zeigt sich meine Neugier. Besonders neige ich zu der, wenn ich nichts sehe. Oder nur undeutlich. Unbedingt wollte ich wissen, wer im dunklen Transportkastengang die Funzel mit mir teilte. Und reglos am Fahrerhaus stand wie ich am Passagierluk. So regte ich mich. Bewegte mich, der grobianischen Wärter allzeit gewärtig, auf die hellere Wagenmitte zu. Unterm Lämpchen hindurch, bis ich vor mir ein zages Leuchten sah. Ferne Lichtung in vorherrschendem Dunkel. Spärliche Lux im matten Spiegel. Ein müder Reflex verflackernder Hefnerkerzen. Grauer Fleck in eingeschwärzt Grüner Minna. Von einem Gesicht die Teilansicht. Ein Mensch in einem winzigen Stücke. Zu dem sich der Rest umso besser denkt, je weniger weitere Welt vorhanden ist.

Befund: Die Grüne Minna, welche sich auf dem Weg von Mokotów nach Muranów befindet, befördert außer mir halbwegs männlicher Person eine Person, deren Weiblichkeit sich bei den gegebenen Lichtverhältnissen nur ahnen läßt. Und keinem Zweifel unterliegt. Von mir auf das Ganze geschlossen, ist der Mensch insoweit Cousin oder Cousine der Fledermaus, wie er gleich dieser über ein Ortungssystem verfügt. Er braucht kein Flutlicht, das korrespondierende Geschlecht zu erfassen. Nicht schwarz auf weiß, nicht weiß auf schwarz entstehen ihm Gegenbilder. Sein Infrarot, sein Wärmesensor melden lasergetreu, mit wem er es zu tun hat. Ping! singt das Warn-und-Erwärm-System aus, Weib voraus! Wie es, nehme ich an, dem Weibe entsprechend signalisiert: Ping! ein Kerl in nächster Nähe!

Nicht um die Leistung meiner Mitpassagierin zu schmälern, sei es gesagt: Ihr wurde die Identifizierung des Objekts leichter als mir. Sie war schon durchs Luk, als es hinter mir ins Schloß fiel. Ich hatte den Tag zum Hintergrund, sie die Rückwand des Fahrerhauses. Sie konnte mir entgegensehen, wo ich sie nur ahnte. Sie war mit ihrer Angst länger allein als ich mit meiner Fröhlichkeit.

Ein Glück, daß meine sensorische Gerätschaft in diesem Betracht dem technischen Höchststand der Zeit entsprach. So daß sie mir Reglosigkeit wie Atemlosigkeit der Weggenossin übersetzte: An der Rakowiecka zugestiegen. Keine Amtsperson, nur eine, die amtlich befördert wird. Von übler Adresse zu übler Adresse ein übler Kerl? Soll ich ihm die Henkersmahlzeit sein? Was tun, wenn er näherkommt? Was tun im Fall, er kommt näher? Um Hilfe rufen? Eine Grüne Minna ist gegen Schreie gebaut. Schlag ich mit der Pantine an die Wand? Wer diese Fuhre fährt, hört höchstens, ob der Wagen bricht. Und hört den Ring von meinem Herzen nicht. Was tun? Sie haben ihn hereingetan und wußten, wer er war. Wer ist er, und wie soll ich mich wehren?

Wenn ich all dies von der Starre der weiblichen Person abgelesen habe, dann hätte ich, um als Mann von Welt zu gelten, mich zurück bewegen müssen ins Dunkel am Luk. Nur war ich kein Mann von Welt, war ein junger Mann von dieser Welt. Noch dazu einer, der sich fragte, was die Welt koste, wo er gerade die köstliche Strecke zwischen der hauptstädtischen ulica Rakowiecka und der hauptstädtischen ulica Gęsia befuhr. Nicht eben in Freiheit in die Freiheit, aber vielleicht auf einem Überweg zu ihr.

Als habe der Lenker der Grünen Minna meine übermütigen Gedanken vernommen, signalisierte er mit Gangwerk und Getriebe, die schöne Zeit der lustigen Alleen sei vorüber. Durch seine Pneus hindurch ließ er mich den verengten Fahrbahnverlauf und einen anderen Belag verspüren. Spröde Federn meldeten versprödeten Straßenzustand ringsum. Wie sich der Weg schlängelte, schlingerte der Wagen. Ab und an geriet Gestein unter die Räder und wurde gen Himmel gesprengt. Kam nicht weit, weil ihm kurz nach dem Start der eiserne Boden vom eisernen Karren den Weg versperrte. Schlug mit kaum verbrauchtem Schub gegen die erzenen Dielen, welche mich fort von Warschaus Rakowiecka trugen und näher heran an ein Quartier, das Kennern die Gęsiówka hieß.

Weil ich mich nachträglich des Tatorts versichert und ihn stadtplangestützt beschildert habe und weil der Weg durch eine vorausgegangene Fahrt und einen vorausgegangenen Gang unverwischbar in mich eingetragen war, weiß ich, es ging durch Szpilman-Stadt. Wir kreuzten die Jerusalemallee und schwenkten über die ul. Twarda in die ul. aelazna und querten an deren Ende die ul. Pawia, bis wir zur ul. Gęsia kamen. Auf deutsch: Über die Harte Straße ging es in die Eiserne Straße und quer über die Pfauenstraße in die Gänsestraße hinein. Und in dieser trotz der unverfänglichen Namen in die unübersetzbare Gęsiówka.

Was erklären könnte, warum ich mich unerklärlich benahm. Ich habe mich seitlings neben die Person gestellt, deren junges Gesicht in dem vom Weg ermüdeten Deckenlicht gerade noch erkennbar war, und habe ohne alle Vermittlung, wenngleich so sacht ich konnte, meine Hand dort auf des Mädchens grobe Jacke gelegt, wo sie seinem Herzen am nächsten war. Nicht aus zielstrebiger Roheit und beileibe nicht aus Zartgefühl wie überhaupt aus keiner benennbaren Überlegung heraus, sondern wahrscheinlich nur, weil ich den kürzesten Weg zu diesem Wesen suchte. Weniger, um es aus seiner Starrheit zu wecken, und keineswegs nur seinetwegen. Vor allem meinetwegen. Ich denke, ich mußte einfach wohin mit mir.

Sie hatten mich in meine Rechte auf mich wieder eingesetzt. Hatten mir meinen Namen zurückgegeben und eine Zukunft womöglich. Fuhren mich durch eine Gegenwart, in der selbst die hartgesottene Grüne Minna angestrengt knirschte. Ich kannte das Wort von den Mühen der Gebirge und denen der Ebene noch nicht, aber den Gebirgszug aus Eingeebnetem kannte ich, über den sich der Wagen mühte. In schlingerndem Gang und lachhaftem Licht, was beides als Metapher taugte, war ich unverhofft auf Gesellschaft getroffen. Keine beliebige, sondern eine, der man die Hand auf die Brust legt, um ihr verständlich zu sein.

Wie sollte sich einer in unsere Lage versetzen? Niemand weiß, und auch ich weiß kaum, wer meine Gesellschaft war. Erkennbar eingesperrt wie ich, nur aus anderen Gründen. Soviel habe ich erfahren. Sie war auf Rückfahrt in die Gęsiówka wie ich auf Hinfahrt nach dort. Ein volksdeutsches Wesen, an dem sich Polen wegen seines vordem sehr deutschen Wesens schadlos hielt. Ein junges Ding, zu jung, um lange ein böses Ding gewesen zu sein. Ein Unding vom Polen und von mir, uns an dem armen Ding zu vergehen.

Nun, vergehen. Man wird doch wohl noch wem die Hand auf die Jacke legen dürfen. Erlaubt sollte sein, sich zu kümmern in schlingerndem Gang bei knappstem Licht zwischen Berg und Berg. Und die Hand, sieht man sie kaum vor Augen, hinzutun, wo man sie fühlt. Wo sie fühlt, was sie fühlt. Und nach regloser Weile meldet, daß die Starrheit sich auflöst, ein Schrecken vergeht und im Grunde nur noch ein linkischer Junge im Hausflur neben einem nicht sonderlich entfachten Mädchen steht.

Mag sein, doch durch alle Wetter werde ich wissen, ich für mein Teil bin in dem polternden Gefährt, das durch die ausgekratzteste Parzelle der Erde kroch, um mich aus einem Verlies in einen Verschlag zu liefern, an ein Zentralstück Leben geraten. Ich behaupte nicht, es hätte nicht gezählt, was um uns war, meine aber, jene Verbindung sei eine Rettung gewesen. Man wirft mit dem Wort Liebe zu häufig um sich, aber auch, wo sie wie im Berichtsfall höchst einseitig war, gehört das Wort hierher. Wahrlich, sage ich. Oder, wenn man so will, Hand aufs Herz.

3

Vor dem Verlangen meiner Barackenkumpanei, ich solle zu diesem Tathergang ausführlich werden, hätte mich keine Eidesformel bewahrt. So daß ich schwieg, wenn beim Ausmarsch in die Steine am Kommandantenbau ein schmales Wesen mit Besen und Kopftuch zu sehen war, von dem man in Reih und Glied einiges Wesen machte. Immer fand sich einer, der Trzy razy tak! murmelte, was Dreimal ja! bedeutete und der Posten wegen gemurmelt wurde. Nicht um nicht deren Schamgefühl zu verletzen, sondern weil die Anspielung politisch unwillkommen war. Mit der Referendumslosung vom dreifachen Ja hatte sich Polen eine neue Ordnung und neue Grenzen in West und Ost gegeben. Unsere Wächter und wir Bewachte waren uns insofern einig, als sie das Land hinterm Bug und wir das Land hinter der Oder lieber behalten hätten. Von da ab gab es Streit, der per Gewehrkolben beigelegt wurde. So daß sich empfahl, Dreimal ja! selbst dann nur zu murmeln, wenn es als dreifaches Hoch auf ein Wesen mit Kopftuch gemeint war.

Ich hütete mich, von des Mädchens herzlich anderem Tuch zu sprechen. Auch über Polens stellvertretenden Ministerpräsidenten schwieg ich mich aus. Nicht nur, weil man sich in unseren Reihen ungleich weniger für ihn als für sie interessierte, sondern vor allem, seit nicht auszuschließen war, daß Mikołajczyks Westflucht und Stalins Faible für mich ein und dieselbe Wurzel hatten.

Gelegentlich habe ich meine Tätigkeit bei der US-Militärmission im polnischen Warschau erwähnt. Keineswegs eine als formelles Mitglied oder informeller Mitarbeiter, sondern eine als ausgeliehene Hilfskraft allenfalls. Man vergesse nicht, daß ich seinerzeit nicht im entferntesten mit Kommmunikation oder deren Wissenschaften in Verbindung stand. Ich war ein festgesetzter Schweizerdegen, der sich zwecks Vermeidung von Mißverständnissen bei Polen, Russen und Amerikanern als ziviler Setzer und Drucker zu erkennen gab und auch als Gärtner Verwendung fand.

Nie fand ich heraus, wie die US-Militärmission an mich im Rakowiecka-Bewahrhaus geraten konnte. Es hatte insofern seine Richtigkeit, als dieses Institut selbstverständlich zu Nachrichtendienstlichem neigte. Wer, wenn nicht es, hätte mich finden sollen, als es galt, in Warschau jemanden aufzutreiben, der im Missionsquartier deutschstämmiges Setz- und Druckgerät fachkundig auspacken und aufstellen sollte.

Natürlich kann, wenn man weiß, daß ich sogar ein drittes Mal zu derartigem Einsatz kam, der Eindruck entstehen, sie hätten an der Weichsel nur einen einzigen Schweizerdegen zur Hand gehabt. Natürlich muß es irritieren, wenn sowohl Stalins Unternehmen, das meine Legendierung betrieb, als auch Trumans Aufklärer und über beide hinaus eine polnische Großbehörde sich meiner bedienten, obwohl ich nur ein weggesperrter Jungmensch war. Natürlich wunderte der Sachverhalt auch mich. Doch konnte ich von der ausländischen Fremde nicht verlangen, sie solle sich verständlich wie Marne in Süderdithmarschen betragen.

Mit anderen vereint mich, wie unwahrscheinlich mir die Sache vorkam. Doch unterscheidet mich von jedermann, daß ich von ihrer Wahrheit weiß. Ganz einfach, weil mir so geschehen ist. Ich habe keinen anderen Beweis, aber mich überzeugt er. Was ein Grübeln nicht ausschloß. So verwirrte mich, daß die Mission mich eines Tages ebenso ohne Erklärung in der Zelle sitzen ließ, wie ich ohne Begründung abgeholt worden war. Selbstredend ging ich nicht nur am ersten Wartetag die Ereignisse des letzten Arbeitstages durch, um mir auf ein Vergehen zu kommen.

Es mußte mit dem Plan zusammenhängen, der ein Scherz sein sollte. Im Scherz hatte ich zu Mr. Bonsall, meinem amerikanischen Chef, gesagt, ich wisse, wie sich nach Haus gelangen lasse. Aus dem Blauen hatte ich es nicht gesagt. Ein Gespräch war vorausgegangen, in dem ich Mr. Bonsall bat, mir von Fahrtroute und Fahrtdauer der Kolonne zu erzählen, die rückfahrbereit auf dem Missionsgelände stand. Sie fege vorm Morgen los, um am Abend in Berlin zu sein, sagte Mr. Bonsall. Meine Frage, ob nicht mit zeitraubenden Kontrollen durch Polen oder Russen zu rechnen sei, beschnaubte er nur. Da sagte ich, dann müsse ich ja lediglich in eine Gepäckkiste unterm Wagenflur klettern und warten, bis draußen berlinische Fuhrmannslaute ertönten.

Mr. Bonsall, der ein Mariner bei der Militärmission war, meinte, ich solle mich beim Landgang nicht von den Posten des Konvois erschießen lassen; das seien keine besonders hellen Jungs. Ich machte einen Scherz, der die generelle Helligkeit von Posten betraf; dann wandten wir uns unserer Arbeit zu. Meine war ich am nächsten Tag los.

Kein Wort hörte ich von Mr. Bonsall, und statt Studebaker bin ich Grüne Minna gefahren. Weil es zu nichts führen konnte, ließ ich das Grübeln allmächlich. Aber verrückt, wie man ist, konnte ich mich, so oft von Mikołajczyk die Rede ging, eines Gesichts nicht erwehren, das den vormaligen Ministerpräsidenten der polnischen Exilregierung in London und zeitweiligen stellvertretenden Ministerpräsidenten der legitimen Regierung in Warschau und nunmehrigen Republikflüchtling auf seinem Wege von Warschau nach London im Unterflurkasten eines Militärfahrzeugs zeigte, das Teil einer Militärkolonne war und pausenlos über Landstraßen jagte, bis vor dem Ohr der Exzellenz in der Kiste die Kutscherflüche der polnischen Heimat endgültig in Kutscherflüche der preußischen Fremde übergingen.

Verrückt schon, nur ziemlich wahr. Ganz ohne mein Zutun munkelte man eines Tages, dieser M. sei mit Zutun der Amis nach Westen gemacht. Ich sagte nichts und dachte mir nicht viel dabei. Bis Richmonds Buch, dem ich in Heathrow begegnet war, meine Wißbegier neu entfachte, so daß ich weitere Polen-Bücher las. Darunter Einer gegen den Holocaust, das die Geschichte des Diplomaten Karski erzählt, der allerverwegenste Erkundungsfahrten ins Warschauer Ghetto und in ein Vernichtungslager unternahm, ehe er quer durch das okkupierte Europa über Spanien nach England gelangte und seinem Chef Mikołajczyk berichtete, was den Juden von Konin und Kolo diesseits und jenseits des Umschlagplatzes widerfuhr.

Aus dem Unterflur des Textes und krächzend wie Minervas Eule flatterte folgende Fußnote vor mir auf: »Nachdem sein Leben bedroht war, floh Mikołajczyk 1947 in einem Lastwagen der amerikanischen Botschaft aus Polen.« – Natürlich wußte ich dadurch immer noch nicht, warum mich Mr. Bonsall nicht mehr in die Piękna, was Schöne Straße nicht nur hieß, sondern vergleichsweise war, zu meinen Geschäften als Schweizerdegen holte. Für eine Weile, die nie ganz endete, meinte ich allen Ernstes, ich hätte die Missionare, die Mr. Bonsall oder sonstwie hießen, mit meiner Unterflur-Phantasie auf eine mordsmäßige Idee gebracht. Und könne von Glück sagen, weil sie mich meinem Grübeln überließen. Anstatt einer Grube.

In aller Logik packte die Neugier zu; ich fragte Experten. Die hielten neueste Post bereit: Pan Mikołajczyk habe den Präsidenten Bierut derart gestört, daß er ihn mehr als gern außer Landes gesehen hätte. Weshalb er eine der Behörden, die aus höheren Wünschen verstohlene Taten machen, um Ideen gebeten habe. Ideenreich und tatenfroh ließ das einschlägige Institut dem Vizepremier aus vermeintlichem Freundesmund flüstern, Exzellenz seien arg bedroht, dafür warte im London der Exil-Premiers-Job weiterhin auf ihn. Am besten, so bedeuteten Bieruts verkleidete Boten dessen Vize-Ministerpräsidenten, er begebe sich auf Fahrt. Nach anfänglichen Unbequemlichkeiten werde es deutlich bequemer kommen.

So ging es laut Legende in einem Lastzug der amerikanischen Botschaft, dessen wahrer Lenker Bierut hieß, aus Warschau fort. Ob Unterflur, ob Oberdeck, Exzellenz Mikołajczyk sollen im Lkw an die Ostsee gereist und von Gdynia zu Schiff nach England gefahren sein. Nicht ohne simulierte Kontrollen. Tief verängstigt, doch ungefährdet segelte der Premier unterm Eisernen Vorhang hindurch aus seinem polnisch sekundären Dasein ins britisch Primäre zurück. Und war wohl besser dran als sein Flieger, der sich in der Rakowiecka bestimmt nicht täuschte, wenn er Bieruts Boten für seine grimmigen Feinde hielt.

Um dies vorerst zu beenden: Als ich später in antifaschistischer Mission dem polnischen Staatspräsidenten unfern der amerikanischen Botschaft im Belweder begegnete, brachte ich die Rede nicht auf die Affäre. Ich sagte nur und hielt mich an die Wahrheit, ich habe viel von ihm gehört. Wie ein beliebiger Parkbesitzer wollte er wissen, was ich in seinen Rabatten zu suchen habe. Ich sei, sagte ich, bei seinen Gärtnern gewesen. Als Abgesandter der Antifa, die im Arbeitslager wirke und auch dessen Filialen betreue. Der Präsident schien weder von Lager noch Gärtnern gehört zu haben, doch Filiale sagte ihm etwas, und Antifa mochte er leiden. Er wünschte guten Heimweg, ehe er sich in die Parkbüsche schlug.

4

Der präsidiale Segen für die lange Drift zurück in die Gänsestraße kam mir recht, auch wenn er gegen Nachtblindheit kaum wirksam war. Zwar hatte ich kommen sehen, daß ich nach meiner belehrenden Rede kaum noch etwas sehen werde, doch bedurfte es anderer Hindernisse, mich im Lager zu halten. Zum Gewinn stand nach dreieinhalb eskortierten Jahren der erste unbewachte Ausritt. Allein durch die Stadt, in der ich mich verloren glaubte. Unbeaufsichtigt von Muranów nach Ujazdów. Aus der Aschengrube, aus der Pritschenhöhle, aus ummauerter Pantinengemeinde hinaus in märchenschöne Vereinzelung.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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