Körperdysmorphe Störung - Andrea S. Hartmann - E-Book

Körperdysmorphe Störung E-Book

Andrea S. Hartmann

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Beschreibung

Menschen, die unter einer Körperdysmorphen Störung (KDS) leiden, beschäftigen sich bis zu mehreren Stunden täglich mit einem oder mehreren wahrgenommenen Makeln ihres Körpers, obwohl andere Personen ihre Befürchtungen nicht teilen. Sie führen zeitaufwendige, sich wiederholende Verhaltensweisen oder gedankliche Handlungen aus, z.B. überprüfen sie ständig ihr Aussehen in Spiegeln oder vergleichen das eigene Aussehen mit dem von anderen, was zu einer starken Beeinträchtigung der sozialen Beziehungen bis hin zur sozialen Isolation führen kann. Der Band liefert zunächst eine Beschreibung der Störung, referiert aktuelle Daten zur Epidemiologie und Komorbidität und gibt Hinweise zur Entstehung und Diagnostik der Störung. Im Anschluss wird praxisorientiert das kognitiv-verhaltenstherapeutische Vorgehen beschrieben. Zentrale Elemente des Behandlungsansatzes sind die gezielte Veränderung negativer aussehensbezogener Gedanken und Grundüberzeugungen sowie ungünstiger Aufmerksamkeitsprozesse, Verhaltensexperimente und die Exposition mit Reaktionsverhinderung. Dabei geht der Band auch auf Schwierigkeiten bei der Durchführung der Therapie sowie auf Suizidalität ein. Weitere optionale Behandlungsbestandteile sowie die pharmakologische Behandlung werden zusammenfassend dargestellt.

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Andrea S. Hartmann

Anja Grocholewski

Ulrike Buhlmann

Körperdysmorphe Störung

Fortschritte der Psychotherapie

Band 72

Körperdysmorphe Störung

Jun.-Prof. Dr. Andrea S. Hartmann, Dr. Anja Grocholewski, Prof. Dr. Ulrike Buhlmann

Herausgeber der Reihe:

Prof. Dr. Kurt Hahlweg, Prof. Dr. Martin Hautzinger, Prof. Dr. Jürgen Margraf, Prof. Dr. Winfried Rief

Begründer der Reihe:

Dietmar Schulte, Klaus Grawe, Kurt Hahlweg, Dieter Vaitl

Jun.-Prof. Dr. rer. nat. Andrea S. Hartmann. Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Seit 2013 Juniorprofessorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie an der Universität Osnabrück.

Dr. rer. nat. Anja Grocholewski. Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Seit 2013 geschäftsführende Leitung der Spezialambulanz für Körperdysmorphe Störungen der Hochschulambulanz für Forschung und Lehre der TU Braunschweig und seit 2017 Leitung der Ausbildungsambulanz des WSPP.

Prof. Dr. rer. nat. Ulrike Buhlmann. Psychologische Psychotherapeutin (Verhaltenstherapie). Seit 2013 Professorin für Klinische Psychologie und Psychotherapie sowie wissenschaftliche Leiterin der Hochschul- sowie Ausbildungsambulanz an der Westfälischen Wilhelms-Universität Münster, inkl. Leitung einer Spezialambulanz für Körperdysmorphe Störungen.

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Tel. +49 551 999 50 0

Fax +49 551 999 50 111

[email protected]

www.hogrefe.de

Satz: Beate Hautsch, Göttingen

Format: EPUB

1. Auflage 2019

© 2019 Hogrefe Verlag GmbH & Co. KG, Göttingen

(E-Book-ISBN [PDF] 978-3-8409-2669-3; E-Book-ISBN [EPUB] 978-3-8444-2669-4)

ISBN 978-3-8017-2669-0

http://doi.org/10.1026/02669-000

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Anmerkung:

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Inhaltsverzeichnis

1 Beschreibung der Körperdysmorphen Störung

1.1 Geschichte der Diagnose der KDS

1.2 Aktuelle diagnostische Kriterien

1.3 Epidemiologische Daten

1.4 Verlauf und Prognose

1.5 Differenzialdiagnostik

1.6 Komorbidität

2 Entstehungs- und aufrechterhaltende Faktoren und Störungsmodelle

3 Diagnostik und Indikation

3.1 Diagnostische Verfahren

3.1.1 Kategoriale Diagnostik

3.1.2 Dimensionale Diagnostik

3.2 Indikation

4 Behandlung

4.1 Schwierigkeiten zu Behandlungsbeginn

4.2 Allgemeine Aspekte der Behandlung

4.2.1 Ziele der Behandlung

4.2.2 Planung der Behandlungssitzungen

4.2.3 Therapeutisches Setting und therapeutische Beziehung

4.3 Behandlungsrational und Erarbeiten des Modells

4.4 Kognitive Arbeit

4.5 Exposition mit Reaktionsverhinderung

4.6 Aufmerksamkeits-/Wahrnehmungsretraining

4.7 Abschluss der Behandlung und Auffrischungssitzungen

4.8 Optionale zusätzliche Behandlungsschwerpunkte

4.8.1 Suizidalität

4.8.2 Hautmanipulationen und Haareausreißen

4.8.3 Wunsch nach kosmetischen, dermatologischen oder ästhetisch-chirurgischen Behandlungen

4.8.4 Muskeldysmorphie

4.8.5 Imagery Rescripting

4.9 Psychopharmaka

4.9.1 Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs)

4.9.2 Sonstige Psychopharmaka

4.10 Weitere Behandlungsansätze

5 Effektivität

6 Fallbeispiel

7 Weiterführende Literatur

8 Literatur

9 Anhang

Karten

Differenzialdiagnostischer Prozess der Körperdysmorphen Störung (KDS)

Notfallplan bei erfolgtem Suizidversuch und geäußerten Selbsttötungsabsichten (Suizidpläne oder -vorbereitungen)

|1|1 Beschreibung der Körperdysmorphen Störung1

Von der Körperdysmorphen Störung (KDS) betroffene Menschen leiden an übermäßigen Sorgen über einen oder mehrere wahrgenommene Makel ihres Körpers. Andere Personen hingegen nehmen diesen Makel in den meisten Fällen gar nicht wahr, oder er wirkt für sie nur sehr unscheinbar. Die Betroffenen finden allerdings sehr starke Worte für die Beschreibung des wahrgenommenen Makels, wie beispielsweise „hässlich“, „abscheulich“ oder „Monster“. Gewöhnlich machen sie sich über mehrere Körperteile Sorgen, und die im Fokus stehenden Körperregionen können über den Verlauf der Störung auch variieren. Durchschnittlich stehen über den Verlauf der Störung hinweg sechs bis sieben Körperregionen im Fokus. Meistens liegt der Fokus auf dem Gesicht oder Kopfbereich wie Unebenheiten der Haut, einer zu krummen Nase oder Asymmetrien der Augen (Phillips, McElroy, Keck, Pope & Hudson, 1993). Die gedankliche Beschäftigung mit dem Aussehen ist sehr zeitintensiv und wird als unkontrollierbar empfunden. Eine beträchtliche Anzahl von Betroffenen leidet an bis zu wahnhaften Überzeugungen bzgl. ihres Aussehens, das heißt, sie haben Schwierigkeiten zu erkennen, dass sie in Realität nicht entstellt oder makelhaft aussehen. Einige Betroffene leiden auch unter Beziehungsideen, das heißt, sie sind davon überzeugt, dass andere hinter ihrem Rücken aufgrund ihres Aussehens negativ über sie sprechen oder sie auslachen. Interessanterweise wurde wiederholt gezeigt, dass sich Betroffene mit wahnhafter und nicht wahnhafter Symptomatik in den meisten demografischen und klinischen Variablen (Krankheitsbeginn, Verlauf, Phänomenologie) nicht unterscheiden. Es gibt lediglich Hinweise darauf, dass wahnhafte Betroffene schwerere Symptome aufweisen. Im Verlauf der Störung kann sich das Ausmaß der Einsicht einer Person auch verändern, wobei die Ursachen, Auslöser und Häufigkeiten für diese Schwankungen bislang noch nicht bekannt sind.

Neben den aussehensbezogenen Sorgen sind zwanghafte, repetitive Verhaltensweisen typisch für die KDS. Diese Verhaltensweisen zielen darauf ab, den wahrgenommenen Makel zu untersuchen, zu verstecken oder zu verändern. Typisch ist hierbei für die KDS das Kontrollieren des Aussehens in Spiegeln oder anderen widerspiegelnden Oberflächen wie Schaufenstern oder Auto|2|rückspiegeln. Einige Betroffene überprüfen ihr Aussehen bis zu mehrere Stunden täglich vor dem Spiegel, bevor sie das Haus verlassen. Weitere typische Verhaltensweisen sind das Tarnen (z. B. durch das Tragen von Hüten, Sonnenbrillen oder langen Hosen), exzessives Haare kämmen, übermäßiges Auftragen von Make-Up, Zupfen der Haut oder Rückversichern bei anderen Menschen (z. B. „Ist meine Nase schief?“). Auch mentale Handlungen wie das Vergleichen des wahrgenommenen Makels mit den entsprechenden Körperregionen bei anderen Menschen kommen häufig vor. Viele Betroffene zeigen zudem auch Vermeidungsverhalten. Dieses kann Spiegel betreffen aber auch tägliche Aktivitäten wie z. B. Einkaufen oder Situationen, in denen der mutmaßliche Makel der Öffentlichkeit exponiert wird (wie z. B. an den Strand gehen oder Kleidung kaufen). Die Vermeidung kann so schwerwiegend werden, dass die Betroffenen ihr Zuhause aufgrund starker Angst vor negativer Bewertung durch andere gar nicht mehr verlassen (z. B. nicht mehr zur Arbeit oder zur Schule gehen).

Fallbeispiel: Frau M.

Die 37-jährige Frau M. kommt nach zwei „missglückten“ Schönheitsoperationen auf Bitten ihres Lebensgefährten in die Behandlung. Sie findet, dass ihre Nase zu lang und zu dick sei, ihre Haut unrein, und ihre Haare seien zu dünn und würden nur herunterhängen. Außerdem habe sie viel zu viel Busen, und ihr Bauch stehe vor „wie bei einer Schwangeren im 7. Monat“. Früher hätte sie gedacht, dass sie X-Beine habe, aber mittlerweile fände sie ihre Beine im Vergleich zum restlichen Körper „annehmbar“. Nun habe sie ihre Nase zweimal korrigieren lassen, und obwohl sowohl der ästhetisch-plastische Chirurg als auch ihr Partner mit dem Ergebnis sehr zufrieden seien, könne sie selbst kaum einen Unterschied zu vorher feststellen. Sie verstehe gar nicht, warum beide diesen Makel so herunterspielen, ein Blick in den Spiegel bestätige ihr doch jedes Mal wieder, dass sie mit ihren Sorgen nicht übertreibe. Außerdem sei sie sich auch sicher, dass andere Menschen sie bedauerten aufgrund ihres Aussehens und hinter ihrem Rücken über sie lachten.

Jeden Tag verbringe sie mehrere Stunden vor dem Spiegel. Da sie den Anblick ihres gesamten Körpers nicht ertrage, ziehe sie sich zunächst komplett an, so dass sie dann wenigstens „nur“ den Kopf sehen müsse. Zum Anziehen wähle sie stets weit fallende Kleidung aus, die keinerlei Körperkonturen erkennen ließe. Das eigentliche Spiegelritual beinhalte dann ein exzessives Ausreinigen der Haut, ein ausgeklügeltes Schminkritual zur optischen Verkleinerung der Nase, sowie mehrfaches waschen, föhnen, kämmen und mit Haarspray fixieren der Haare. Dabei könne es schon mal sein, dass sie fünf Stunden Zeit benötige. Wenn sie am Ende jedoch nicht einigermaßen zufrieden sei, fühle sie sich nicht in der Lage, das Haus zu verlassen. Aufgrund dessen habe sie ihre Arbeit verloren |3|und lebe von den Einkünften ihres Partners. Einerseits leide sie darunter, andererseits sei sie aber auch froh, dass sie nicht mehr zur Arbeit gehen müsse, denn nun müsse sie ja außer ihrem Partner kein Mensch mehr sehen. Das Haus verlasse sie nur noch, wenn es gar nicht anders gehe, z. B. für die Besuche beim ästhetisch-plastischen Chirurgen.

Die Symptome der KDS unterliegen zum Teil auch gewissen Kultur- und Geschlechterunterschieden. So betreffen die im Fokus stehenden Körperbereiche bei asiatischen Frauen (vs. Frauen europäischer Herkunft) eher das glatte Haar sowie die vermeintlich dunkle Haut und weniger die Figur. Bisher liegen jedoch noch keine Studien zu einer entsprechenden Untersuchung bei Männern vor. Generell zeigen sich Geschlechterunterschiede hinsichtlich der im Fokus stehenden Körperregionen. Während Männer sich eher Sorgen über ihre Genitalien, die Körperstatur und dünner werdendes Haar machen, sind Frauen eher besorgt über ihre Haut, Bauch, Gewicht, Brust, Po, Hüften, Beine, Zehen sowie Körper- und Gesichtsbehaarung. Generell scheinen sich Frauen insgesamt über mehr Körperbereiche Sorgen zu machen als Männer. Auch im Bereich der repetitiven Verhaltensweisen konnten Geschlechterunterschiede gezeigt werden. Während bis zu 25 % der betroffenen Männer (vs. 10 % der Frauen) exzessives Gewichtheben betreiben, zeigen Frauen vermehrt repetitive Verhaltensweisen wie Tarnen (97 %), Überprüfung durch Spiegel (93 %), Kleiderwechsel (53 %) oder Zupfen der Haut (53 %).