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Um Krebs nachhaltig zu heilen, müssen wir lernen, Krebs als eine Krankheit zu betrachten, für die wir nicht unerheblich auch durch unsere Lebensweise selbst verantwortlich sind. Im Schnitt lassen sich nur 5 % aller Krebserkrankungen nachweislich auf die DNA zurückführen. Etwa 30 % werden durch Ernährung, 30 % durch Rauchen, rund 10 % durch Alkohol, Stress und berufliche Faktoren bedingt. Und die restlichen knapp 25 %? Hier liefert uns besonders die Epigenetik neue Erkenntnisse, indem sie bereits heute aufzeigt, dass Krebserkrankungen auch aufgrund eines inneren Ungleichgewichts im Leben des Einzelnen entstehen können. Yves Seeholzer fordert als ehemals selbst Betroffener dazu auf, Selbstverantwortung zu übernehmen. Denn wer wirklich krebsfrei sein und bleiben will, muss sich – unabhängig von der jeweiligen Haupttherapie – mit seiner Ernährung, dem Thema Entgiftung und mit seiner inneren Gedanken- und Gefühlswelt auseinandersetzen. Der Autor nimmt seine Leser*innen dabei wie bei einem Workshop an die Hand und bringt ihnen ebenso wissenschaftlich fundiert wie praxisnah diese drei wichtigen Basiselemente nahe. Ein Buch, das Krebs ganzheitlich betrachtet und schulmedizinische und alternative Heilmethoden verbindet. Mit zahlreichen Rezepten, Anleitungen und Übungen.
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Seitenzahl: 686
Veröffentlichungsjahr: 2025
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SCORPIO
YVES SEEHOLZER
Ernährung | Entgiftung | Mindset
Das Standardwerk zu Prävention und Therapiebegleitung
SCORPIO
Autor und Verlag haben dieses Buch sorgfältig erstellt und geprüft. Für eventuelle Fehler kann dennoch keine Gewähr übernommen werden. Weder Autor noch Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus in diesem Buch vorgestellten Erfahrungen, Meinungen, Therapien, Medikamenten, Methoden und praktischen Hinweisen resultieren, eine Haftung übernehmen. Insgesamt bieten alle vorgestellten Inhalte und Anregungen keinen Ersatz für eine medizinische Beratung, Betreuung und Behandlung.
Aus Gründen der besseren Lesbarkeit wurde in diesem Buch überwiegend die männliche Form gewählt, dennoch beziehen sich alle Personenbezeichnungen gleichermaßen auf Angehörige des männlichen und weiblichen Geschlechts sowie auf Personen, die sich keinem Geschlecht zugehörig fühlen.
1. eBook-Ausgabe 2025
© 2025 Scorpio Verlag in der Europa Verlage GmbH, München Umschlaggestaltung: wilhelm typo grafisch, Zollikon
Layout, Satz und Illustrationen: Margarita Maiseyeva Lektorat: Desirée Schön Konvertierung: Bookwire
ePub-ISBN: 978-3-95803-633-8
Das eBook einschließlich aller seiner Teile ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlags unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen. Der Nutzer verpflichtet sich, die Urheberrechte anzuerkennen und einzuhalten.
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Europa Verlage GmbH
Monika Roleff
Johannisplatz 15
81667 München
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E-Mail: [email protected]
www.scorpio-verlag.de
Vorwort
Wem ist dieses Buch gewidmet?
Ein Buch als Workshop
EINFÜHRUNG
Wir beide und das Leben – eine kleine Reise in meine Vergangenheit
Die Entstehung von Krebs
Eine gesunde Zellfunktion und die Mutationstheorie – schulmedizinische Theorie
Die Mitochondrientheorie – nichtkonventionelle Theorie der Krebsentstehung
Die Theorie der Säuren und Basen
Die psychosomatische und spirituelle Sichtweise auf Krebs
Mögliche Auslöser für Krebs und andere degenerative Erkrankungen
Ich habe Krebs!?
Der erste Schritt vor einer Therapie
Therapieansätze bei Krebs
Schulmedizinische Behandlungsformen
Operation
Chemotherapie
Strahlentherapie
Immuntherapie
Zielgerichtete medikamentöse Therapie
Nichtkonventionelle Therapieansätze
Begleittherapien während einer klassisch schulmedizinischen Behandlung
Ein natürlicher Umgang mit Krebs
Der Deal mit meinem gefährlichen Freund
Zurück im Alltag – das Leben nach den konventionellen Therapien
Eine gesunde Alltagsroutine etablieren
DIE ERSTE SÄULE – ERNÄHRUNG
Der Einfluss unserer Ernährung auf Krebs
Krebshemmende Stoffe in der Nahrung
Pflanzliche Nahrungsmittel – die Chemotherapie von morgen?
Sekundäre Pflanzenstoffe
Vitamine
Mineralstoffe und Spurenelemente
Proteine und Aminosäuren
Kohlenhydrate
Fette
Omega 3-6-9
Wichtige Öle in der Anti-Krebs-Küche
Gemüse und Früchte
Ballaststoffe
Die Pflanzenfamilie der Kreuzblütler
Gemüse aus der Allium-Familie (Zwiebelgewächse)
Zitrusfrüchte
Beeren
Die Tomate
Getreide und Pseudogetreide
Hülsenfrüchte
Nüsse und Samen
Gewürze und Kräuter – die wahre Medizin
Honig
Das unverzichtbare Salz
Pilze
Wasser
Grüner Tee
Kaffee
Sauerkrautsaft
Der Säure-Basen-Haushalt
Antinährstoffe
Nahrungsergänzungsmittel
Fleisch, Fisch, Vegi, Vegan – individuelle Anti-Krebs-Ernährung
Gesundes Essen fängt mit dem Einkauf an
Die Dos and Don’ts der Anti-Krebs-Ernährung
Deine Basis-Küchenausstattung
Deine Basis-Zutatenliste für die Anti-Krebs-Küche
Dein Anti-Krebs-Ernährungsplan
Eine ideale Anti-Krebs-Mahlzeit
Eingeführte Anti-Krebs-Ernährungskonzepte
Die Ernährung nach dem Ayurveda
Die Öl-Eiweiß-Kost nach Dr. Johanna Budwig
Die Gerson-Therapie
Die Rohkost-Diät
Die Makrobiotik
Die Ernährung nach den Fünf Elementen
Die Peace Food Keto-Kur nach Ruediger Dahlke
DIE ZWEITE SÄULE – ENTGIFTUNG
Das Immunsystem
Der Darm
Hohe Kräuter- und Kaffeeeinläufe
Die Leber
Die Nieren
Die Lunge
Die Haut
So funktioniert ein Basenbad
Das Lymphsystem
Anleitung zur Trockenmassage
Das Blut
Parasiten – die unerwünschten Mitbewohner
Die ayurvedische Praxis des Ölziehens
Anleitung für eine Nasendusche
Pilzinfektionen
Ausleitung von Schwermetallen
Fasten
Generelle Auswirkungen des Fastens auf den Körper
Die Vorteile kontrollierten Fastens für Krebspatienten
Wirkungsvolle Fastenmethoden
Wasserfasten
Intervallfasten
Saftkuren
Weitere Fastenmethoden
Mein persönlicher Entgiftungsplan
Entgiftung light
Entgiftung intensiv
Entgiftung in einem Kurzentrum oder einer Fastenklinik
DIE DRITTE SÄULE – MINDSET: ALLES IST GEIST
Klassische Konditionierung und der Placeboeffekt
Die Wirkung von Placebos
Die Gene sind nicht schuld – Epigenetik
Epigenetik und Ernährung
Epigenetik und Bewegung
Epigenetik und Stress
Epigenetik und Beziehungen
Exkurs: Zellen reagieren auf ihr Umfeld
Alles ist Licht, Frequenz und Information – alles schwingt
Hirnforschung und Neurobiologie
Die Aktivierung deiner Selbstheilungskräfte
Veränderung des äußeren Umfeldes
Der Freundeskreis
Der Wohnort
Die Familie
Der Beruf
Veränderung deiner inneren Welt
Wer bin ich?
Das Spiel mit unseren Masken
Die Rolle des Verstandes
Der Kreislauf von Ursache und Wirkung
Unsere Sinne
Der »Affengeist«
Das Gesetz der Anziehung – Erfolgsgeheimnis für ein gesundes Leben
Hirnwellen und Stress
Das Hormonsystem
Der Hypothalamus
Die Hypophyse (Hirnanhangsdrüse)
Die Zirbeldrüse (Epiphyse, Glandula pinealis)
Die Schilddrüse (Glandula thyreoidea)
Die Thymusdrüse (Thymus)
Die Nebennieren (Glandulae adrenalis oder Glandulae suprarenalis)
Die Bauchspeicheldrüse (Pankreas)
Die Geschlechtsdrüsen (Eierstöcke und Hoden)
Die Hormone im Gleichgewicht halten
Das Nervensystem
Der Vagusnerv
Zwei einfache Atemübungen für einen entspannten Vagusnerv: Die 4-4-4-Dreiecksatmung
Die beruhigende Wechselatmung
Emotionen und Gefühle
Yoga – der Weg zur Nachhaltigkeit
Einige Missverständnisse über Yoga
Das Konzept des Yoga
Die yogische Antwort auf Krebs
Unser energetisches Gleichgewicht
Stress aus Sicht des Yoga
Tägliches Krebsmanagement mit der Hilfe von Yoga
Die Äste des klassischen Yoga
Raja-Yoga – der Königsweg
Jnana-Yoga – der Weg des Wissens
Bhakti-Yoga – der Weg der Hingabe
Hatha-Yoga – der Weg des Körpers
Karma-Yoga – der Weg der Tat oder des selbstlosen Dienstes
Surya Namaskar – der Sonnengruß
Der Atem – das Tor zum Geist
Pranayama – die Ausdehnung der Lebensenergie
Unser energetischer Körper
Annamaya Kosha – der physische Körper (Materie)
Pranamaya Kosha – der Energiekörper
Manomaya Kosha – der mentale Körper
Agyanamaya und Vigyanamaya Kosha – der Pseudoweisheits- und der Weisheitskörper
Anandamaya Kosha – der Glückskörper
Die Brücke von den Koshas zu den Hirnwellen
Unsere Energiezentren – die Chakras
Muladhara – das Wurzelchakra
Svadhisthana – das Sakralchakra
Manipura – das Solarplexuschakra
Anahata – das Herzchakra
Vishuddha – das Halschakra
Ajna/Agnya – das Meisterchakra oder dritte Auge
Sahasrara – das Scheitel- oder Kronenchakra
Bija-Mantra-Meditation
Mit Pranayama in die Tiefe
Wie sich der Atem auf den Körper auswirkt
Problematische Atemmuster im Alltag
Die korrekte Bauch-Zwerchfell-Atmung
Mit der Atmung ein Anti-Krebs-Milieu schaffen
Die yogische Atmung
Die Ujjayi-Atmung
Die 3- & 4-Stufen-Atmung
Kapalabhati – die Feueratmung
Anuloma Viloma – die Wechselatmung
Nadi Shodhana – Variation der Wechselatmung
Bhramari – die summende Biene
Der kosmische Atem
Die Buteyko-Methode – die CO2-Toleranz steigern
Meditation – Praxis und Techniken
Mantra-Meditation
Pranayama & Meditation schrittweise in den Alltag integrieren
Dein Weg, deine Praxis
So sieht meine Routine aus
Dein krebsfreies Leben
Reminder: Der Deal mit dir selbst
Mindmap – dein Bild von einer krebsfreien Zukunft
Was ich tun würde, wenn ich erneut eine Krebsdiagnose bekäme
Schlusswort
Danksagung
Liste der Download-Links
Buchempfehlungen
Quellenverzeichnis
»Einen Weg wählen heißt, andere Wege aufgeben.«
Paulo Coelho
Dieses Buch habe ich primär für Menschen geschrieben, die entweder Krebs hatten, gegenwärtig damit kämpfen oder präventive Maßnahmen zur Vorbeugung ergreifen möchten. Es ist jedoch auch für alle gedacht, die sich vor degenerativen Krankheiten oder anderen körperlichen Problemen schützen wollen und nach einem Weg zu einem nachhaltigeren Leben suchen. Ob gesund oder krank: Ich bin davon überzeugt, dass dieses Buch für jeden etwas zu bieten hat. Dennoch fokussiere ich mich im Kern auf Krebspatienten. Warum? Ich habe selbst viele Kämpfe gegen den Krebs ausgefochten, bis ich schließlich die Waffen niederlegen konnte und einen nachhaltigen Weg für mich fand. Ich will auch dir diese Möglichkeit bieten, dich endlich aus den Klauen der Angst und der Schmerzen zu befreien, um eine faire Chance auf langfristige Heilung zu erhalten.
Ich gratuliere dir. Es zeugt von großem Mut, dieses Buch zu lesen. Ja, es überhaupt in die Hand zu nehmen. Nicht jeder hat die Kraft, sich dem zu stellen, was wir hier gemeinsam behandeln werden. Damit dieses Buch den Weg in deine Hände finden durfte, ist höchstwahrscheinlich einiges in deinem Leben in die falsche Richtung gelaufen. Ich weiß nicht, ob dir das überhaupt bewusst ist. Aber Krebs kommt nicht einfach so. Du magst vielleicht glauben, dass eine Krebserkrankung Zufall ist und du, falls du Krebs hast, unglücklicherweise einer der rund zehn Millionen Menschen bist, die weltweit jährlich daran erkranken. An dieser Stelle muss ich dich zum ersten Mal enttäuschen: Ganz allein mit Glück und Unglück oder Zufall hat eine Krebserkrankung, ja, das Leben im Allgemeinen, wenig zu tun, sondern zu einem großen Teil mit Kausalität – mit dem Gesetz von Ursache und Wirkung.
Was bedeutet das für dich? Krebs und andere schwere Erkrankungen kommen nicht aus dem Nichts. Sie haben Ursachen, die sich benennen lassen. Einige davon kannst du nicht beeinflussen, wie z. B. Umweltgifte, denen du dich nicht entziehen kannst, oder eine genetische Disposition. Aber sehr viele andere Faktoren hast du selbst in der Hand, und es ist deine Entscheidung, wie du mit ihnen umgehst. Dazu zählen beispielsweise deine Ernährung und die Art und Weise, wie du denkst und handelst.
Womöglich denkst du jetzt: »Was hat dieser Typ da gerade gesagt? Ich soll überwiegend selbst verantwortlich dafür sein, ob ich krank werde? Der ist nicht einmal Arzt. Was weiß der schon!« Ich nehme es dir nicht übel, wenn dir genau das gerade durch den Kopf geht. Du darfst gern auch weiterhin andere über dich entscheiden lassen, wenn du glaubst, dass dir das hilft. Mir ist nur wichtig, dir mit diesem Buch die Möglichkeit zu geben, deine Perspektive zu ändern. Ich möchte dir eine Hand reichen, das ist meine Aufgabe. Ich bin nicht der nette Nachbar, der dich hin und wieder zum Grillen einlädt, um mit dir über Gott und die Welt zu quatschen. Ich bin hier, um dir zu helfen, die Steine, die auf deinem Weg liegen, wegzuräumen. Versteh mich nicht falsch. Es tut mir unglaublich leid, falls du an Krebs oder einer anderen Erkrankung leiden musst. Aber ich will dir auch klar sagen, dass du stärker für deine Krankheit und deine Gesundheit verantwortlich bist, als dir vielleicht bislang bewusst war.
Denkst du nicht auch, dass es an der Zeit ist, selbst die Verantwortung für dein Leben zu übernehmen? Bevor du jetzt weiterliest, möchte ich dir einige grundlegende Fragen stellen: Willst du krebsfrei sein? Willst du es wirklich? Willst du leben? Und bist du wirklich bereit, die nötigen Schritte dafür zu tun?
Ich weiß, ich fahre bereits zu Beginn groß auf und konfrontiere dich mit Dingen, die du vielleicht nicht hören willst. Zu erkennen, dass man selbst den Großteil der Verantwortung für seine Gesundheit trägt, ist hart und tut weh. Das sage ich aus eigener Erfahrung. Doch genau das muss geschehen, damit du langfristig ein gesundes, krebsfreies Leben genießen kannst.
Wieso trägst du eine Mitverantwortung an einer Krebserkrankung? In der Medizin weiß man inzwischen, dass keineswegs alleine unsere Gene dafür verantwortlich sind, dass wir Krebs bekommen. Die Wissenschaft hat vor nicht allzu langer Zeit bewiesen, dass sich unsere Gene in bestimmter Weise ein- oder ausschalten lassen, je nach unseren äußeren oder inneren Umständen. Das bedeutet: Wie du denkst, fühlst und handelst, hat einen maßgeblichen Einfluss darauf, welche Gene aktiviert oder deaktiviert werden. Mit anderen Worten: Deine Gedanken, deine Emotionen und deine Lebensentscheidungen haben starke Auswirkungen darauf, ob in deinem Körper Krebs entstehen kann oder nicht, ob du gesund bleibst oder krank wirst.
Einige Wissenschaftler behaupten sogar, dass negative Gedanken sowie Isolation und Einsamkeit gefährlicher für den Körper sein können als 15 Zigaretten pro Tag. Ob das stimmt oder nicht, ist schwer zu beweisen. Eines ist aber sicher: Die Art und Weise, wie wir denken und fühlen, hat weit größere Auswirkungen auf unsere Biochemie, als du dir womöglich vorstellen kannst. Denn aus jedem Gedanken und jedem Gefühl folgt eine Entscheidung, die in eine Tat umgesetzt wird – mit den entsprechenden Konsequenzen (mehr dazu später).
Aber auch wo du lebst und was du deinem Körper zufügst, hat einen maßgeblichen Einfluss auf die Genexpression. Und darüber entscheidest allein du – ob bewusst oder unbewusst, ist wieder ein ganz anderes Kapitel. Demzufolge kannst du deine Krebserkrankung nicht allein auf äußere Einflüsse schieben. Du entscheidest jeden Tag selbst, was du isst, und dementsprechend auch, welche Bausteine deinem Körper zur Verfügung stehen. Anhand des Inhalts deines Kühlschranks und deines Essverhaltens lässt sich ziemlich genau sagen, wer du bist und nach welchen Werten du lebst. Du bist, was du isst. Pestiziden die Schuld an schlechter Ernährung zu geben, gilt nicht. Du könntest dich jederzeit entscheiden, weniger belastetes Gemüse zu essen. Das Argument, Biolebensmittel seien zu teuer, zieht auch nicht. Ganz bestimmt hast du die Möglichkeit, an einem anderen, weniger wichtigen Punkt in deinem Leben zu sparen und dafür in gesunde Lebensmittel zu investieren. Zu sagen, mein Job hat mich krank gemacht, trifft es ebenfalls nicht, denn du hast ihn gewählt und bist länger geblieben, als du es vielleicht hättest tun sollen. Ebenso wenig tragen dein Partner/deine Partnerin oder deine Familie die Verantwortung dafür, wenn du krank wirst, denn du könntest dich von ihnen trennen und dich aus toxischen Beziehungen befreien.
Ich weiß, ich blase dir hier gerade ziemlich Wind ins Gesicht. Lass dich nicht von meiner absichtlich provokativen Art abschrecken. Ich will dir nur zeigen, dass du dein Leben und deine Gesundheit in der Hand hattest, hast und immer haben wirst. Das heißt auch, dass du – mit dem nötigen Wissen und den richtigen Tools – das Blatt jederzeit wenden kannst. Du kannst lernen, neu zu denken, anders zu handeln, es besser zu machen. Du kannst dich hier und heute entscheiden, neue Wege zu gehen, alte Muster und Programmierungen hinter dir zu lassen und endlich so zu leben, wie es dir wirklich guttun würde. Und genau dabei möchte ich dir helfen. Ich möchte, dass du weißt, wie unglaublich wichtig es mir ist, dir hier eine Hand zu reichen. Ich will dir aber auch nicht verschweigen, dass dieser Weg, krebsfrei leben zu wollen, sehr viel Willenskraft und Durchhaltevermögen benötigt und du ziemlich sicher Ups und Downs haben wirst, während du dieses Buch studierst. Aber hey! Wenn du bereits an diesem Punkt hier angekommen bist, wieso nicht noch ein wenig weitergehen? Seien wir einmal ehrlich: Was hast du denn zu verlieren? Wenn nicht heute anfangen, wann dann? Wenn dich der Krebs oder eine andere schwere Erkrankung bereits gezeichnet oder gar getötet hat? Möchtest du nicht stattdessen lieber noch viele Jahre lang den Funken des Lebens in deinen Zellen spüren?
Schließe doch einmal kurz deine Augen und atme ein paarmal tief ein und aus. Stell dir jetzt die Dinge vor, die du immer schon tun wolltest, aber bisher nicht getan hast. Vielleicht sehnt sich dein Herz nach einem Offroad-Abenteuer, bei dem du mit einem Toyota Land Cruiser über die wilden Pisten Europas düst. Oder du träumst davon, die tropischen Gefilde Mittelamerikas zu erkunden und einfach eine Weile lang die Seele baumeln zu lassen, ganz im Sinne des »Pura Vida«, wie es in Costa Rica heißt. Tauche ein in das, was du in diesem Leben noch unbedingt erleben willst, und verweile einen Augenblick darin. Egal, was es ist, das in deinem Herzen ein Strahlen von Sehnsucht und Freude hervorruft, halte unbedingt daran fest. Es lohnt sich, für diese Träume weiterzumachen, genau dafür arbeitest du dich durch dieses Buch. Du schaffst das. Ich werde dir dabei unter die Arme greifen.
Eine weitere – bittere – Wahrheit will ich dir gleich zu Beginn mit auf den Weg geben. Sie soll dich nicht verängstigen, sondern eher dazu ermutigen, endlich die Dinge selbst in die Hand zu nehmen. Gut ein Drittel der Krebspatienten erleiden innerhalb von fünf Jahren nach der Erstdiagnose und -behandlung einen Rückfall. Nicht immer, aber häufig kommt die Erkrankung dann aggressiver und unberechenbarer als beim ersten Mal zurück. Dies hängt natürlich stark von der jeweiligen Krebsart ab und muss nicht in allen Fällen so sein.
Nimm an dieser Stelle einfach zur Kenntnis, dass viele Krebspatienten, die sich »nur« mit Chemotherapie, Bestrahlung, Operation, Immun-, Hormon- oder Antikörpertherapie behandeln lassen, erneut krank werden. Was ich damit sagen will, ist, dass die Wahrscheinlichkeit, nach erfolgter Therapie ein weiteres Mal – und diesmal noch schwerer – an Krebs zu erkranken, hoch ist. Genau darum habe ich dieses Buch geschrieben, denn ich habe genau das selbst erlebt. Diese Erfahrung zwang mich, nach anderen Lösungen zu suchen und mich tief in das Thema Krebs einzuarbeiten. Und es hat sich gelohnt: Ich lebe noch – mittlerweile mehr als zehn Jahre nach der Erstdiagnose. Laut Statistik müsste ich mit den zwei verschiedenen Krebserkrankungen, die ich hatte, entweder tot oder zumindest um einiges schlechter dran sein. Und ja, vielleicht werde ich zu einem anderen Zeitpunkt wieder vom Krebs heimgesucht – aber nicht heute.
Wenn du jetzt weitermachen und dieses Buch durcharbeiten möchtest, sollte dir klar sein, dass du ab hier die Verantwortung für dich und deine Gesundheit selbst übernimmst. Weder deine Mitmenschen noch dein Umfeld sind schuld daran, wie es dir geht. Es liegt allein an dir, das Bestmögliche für dich zu tun.
TAGEBUCHAUFGABE
Ich lade dich ein, dir folgende Fragen zu stellen und die Antworten darauf z.B. in dein Tage- oder Notizbuch zu notieren:
• Will ich wirklich die Verantwortung über mein Leben zu 100 Prozent selbst übernehmen?• Will ich körperlich, mental und emotional ein gesunder Mensch werden?• Will ich das Thema Krebs ganzheitlich betrachten und mich wirklich heilen oder es zumindest versuchen?• Bin ich bereit, die Dinge loszulassen, die mir schaden?• Will ich ein Leben in Fülle und Freude leben?• Will ich überhaupt noch leben?Lies erst weiter, wenn du diese Fragen wirklich ehrlich für dich beantwortet hast. Nimm dir ein Blatt Papier, schreibe zu jeder dieser Fragen ein paar Sätze intuitiv auf und sieh, was dabei herauskommt. Krebs ist eine selbstzerstörerische Krankheit, die einen am Ende tötet. Angesichts dessen ist es Zeit, sich den wirklich wichtigen Fragen zu stellen.
Ich will dir aber auch sagen, dass es völlig in Ordnung ist, wenn du nicht mehr weiterleben willst. Es ist in Ordnung, aufzugeben und zu gehen. Du darfst gehen, wann immer du willst. Dies ist dein Leben, und du alleine darfst über dich bestimmen. Es ist absolut okay, dem Leben den Rücken zu kehren. Glaube mir, ich war selbst schon sehr nahe daran, mich endgültig zu verabschieden. Doch aus einem bestimmten Grund empfand ich es als großen Verlust, diese kostbare Zeit meines Lebens frühzeitig zu beenden. Denn wenn ich ganz ehrlich bin: So schlimm ist es eigentlich gar nicht. Und das Gute oder auch Schlechte daran – kommt ganz darauf an, wie man es sieht – ist, dass wir ohnehin gehen werden, früher oder später.
Dennoch ist es mir wichtig, dir auch das Folgende mit auf den Weg zu geben: »Du bist für die Welt wichtiger, als du denkst. Aber du bist auch weniger wichtig, als du zu sein glaubst.« Wir alle sind ersetzbar: du, ich, unsere Familien, Nachbarn und Freunde, der Verteidigungsminister von Frankreich, Greta Thunberg und auch Donald Trump. Der Erde ist es egal, ob du noch bleibst oder bereits wieder gehst. Die entscheidende Frage ist: Bist du bereit zu gehen? Oder möchtest du noch eine Runde drehen auf dem »Do whatever you want«-Planeten? Tatsache ist: Du darfst tun und lassen, was du möchtest. Du musst nur mit den Konsequenzen leben können. Und wenn du dich entscheidest, etwas zu tun, was sich nicht »gehört«, dann lass dich eben nicht erwischen. So einfach oder »schwierig« ist das Leben. Du allein musst mit den körperlichen, geistigen und emotionalen Folgen deiner Taten umgehen. Überlege dir also, was du willst.
Aber lass dir dabei etwas Zeit. Geh spazieren oder setze dich hin, beobachte und lausche der Natur und denke darüber nach, was du tun willst. Und wenn du dich entschieden hast, darfst du gerne weiterlesen. Falls dich die Art, wie ich zu dir spreche, abstößt oder nervt, dann ist das völlig in Ordnung. Geh am nächsten sonnigen Tag in einen Park, setze dich auf eine Bank und lass das Buch einfach liegen, wenn du wieder gehst. Die richtige Person wird es dort finden, davon bin ich überzeugt.
So viel ist klar: Dieses Buch wird dich fordern. Es wird dich triggern und womöglich an deine Grenzen bringen. Ich kann mir sogar gut vorstellen, dass du es an der einen oder anderen Stelle einfach weglegen möchtest und dir dein Ego zu erklären versucht, dass die Dinge in diesem Buch für dich einfach unmöglich zu befolgen sind. Vielleicht wirst du mit einigen meiner Aussagen nicht einverstanden sein – auch das ist okay. Es ist unwichtig, ob du mit mir einer Meinung bist. Worauf es ankommt, ist nur, dass du die Landkarte, die ich hier vor dir ausbreite, in die Hände nimmst und anfängst loszulaufen. Meine Aufgabe war nur das Skizzieren der Karte, der Rest liegt bei dir. Ich wünsche dir viel Glück. Und keine Angst: Ich werde dich nicht hängen lassen, solange du mich nicht in ein staubiges Regal abschiebst.
»Nur wer sein Ziel kennt, findet den Weg.«
Laotse
Ganz egal, ob du nun Krebs hast, hattest oder dich einfach das Thema interessiert, möchte ich dir ans Herz legen, dieses Buch nicht einfach nur durchzulesen, sondern spätestens jetzt ein paar Leuchtstifte, einen Kugelschreiber oder Bleistift, ein Notizheft oder Tagebuch und ganz viele »Post-it«-Zettel bereitzulegen. Das ganze Buch in zwei bis drei Tagen zu verschlingen, ohne die einzelnen Kapitel richtig zu verdauen, wäre so, als würdest du beim Weihnachtsessen mit deiner Familie so viel in dich hineinstopfen, dass du hinterher mit überfülltem Bauch nur noch stöhnend auf dem Sofa liegen könntest.
Mein Tipp: Lies höchstens ein bis zwei Kapitel auf einmal und arbeite sie in Ruhe durch. Alle Methoden und Systeme, die ich dir in diesem Buch vorstelle, sind entweder ernährungsmedizinisch, von der westlichen oder östlichen Naturheilkunde, der Erfahrungsmedizin oder wissenschaftlich in ihrer Wirkung bestätigt. Ich habe sie entweder selbst an mir getestet oder genauestens unter die Lupe genommen.
Das Buch ist in drei übergeordnete Teile gegliedert, die die drei Säulen für ein krebsfreies Leben darstellen und von einer Einleitung und einem Schlussteil umrahmt werden. Bei der ersten Säule geht es um die Ernährung – sie stellt die Basis einer krebsfreien Zukunft dar. Die zweite Säule widmet sich dem Umgang mit dem Körper – hier erfährst du, wie du deinen Körper reinigen und entgiften kannst. Unsere Organe, der Stoffwechsel und das Immunsystem spielen eine wichtige Rolle, wenn wir krebsfrei leben wollen. Die dritte Säule schließlich ist die »aufwendigste« und wahrscheinlich langfristig wertvollste: dein Mindset. Dein mentaler Zustand ist von größter Bedeutung, um nachhaltig den Weg der Genesung und des Gesundbleibens zu bestreiten. Ohne die Auseinandersetzung mit der eigenen Persönlichkeit können die beiden ersten Säulen nur bedingt wirken. Denn alles beginnt in deinem Geist, die Materie folgt nach. Sich das bewusst zu machen, ist der erste und wichtigste Schritt. Um dich immer wieder daran zu erinnern, kannst du dir, wenn du Lust hast, die Erkenntnis »Geist liegt der Materie zugrunde« auf einen großen Zettel schreiben und an einen Ort in deiner Wohnung hängen, an dem du häufiger vorbeikommst.
NOCH EIN WICHTIGER HINWEIS IN EIGENER SACHE:
Alle hier vorgestellten Methoden und Maßnahmen habe ich intensiv recherchiert und größtenteils selbst ausprobiert. Meine Empfehlungen beruhen ausschließlich auf meinen persönlichen Erfahrungen und sind nicht als allgemeingültige Ratschläge oder Empfehlungen zu verstehen. Wenn ich beispielsweise Angaben zu bestimmten Vorgehensweisen mache, beziehen sich diese nur auf meinen eigenen Gebrauch und sollen nicht als medizinische oder therapeutische Anleitung für andere interpretiert werden. Jeder Mensch ist einzigartig, und was für mich funktioniert, muss nicht zwangsläufig für andere gelten. Meine Ausführungen ersetzen in keinem Fall eine Beratung, Betreuung oder Behandlung durch einen Arzt oder Heilpraktiker.
(Ausschnitt aus meinem Buch Wir beide und das Leben)
Ich finde es wirklich cool und vor allem mutig von dir, dass du dir ausgerechnet dieses Buch von all den Tausenden Büchern auf dem Markt geschnappt hast. Es bedeutet, du wagst es, über das dir Bekannte hinaus zu blicken. Das braucht Mut. Bevor wir aber gemeinsam auf Entdeckungsreise gehen, will ich dich kurz in meine Vergangenheit schicken, damit du verstehst, warum mir dieses Thema und dieses Buch so am Herzen liegen.
Bis zu meinem 30. Geburtstag habe ich nie mit einem Menschen über mein wahres Ziel im Leben gesprochen: Ich wollte einfach nur 30 Jahre alt werden. Nicht mehr, nicht weniger. Simple as that! Verglichen mit der durchschnittlichen Lebenserwartung eines Europäers von 80 Jahren ein bescheidenes Ziel. Und doch schien es mir manchmal fast unerreichbar. Ich hatte zweimal Krebs und war mir nie sicher, wie das Endspiel ausgehen wird. Gewinne ich? Verliere ich? Oder bleibt es bei einem endlosen Auf und Ab?
Nun bin ich 33 Jahre alt und darf noch immer auf diesem wunderschönen Planeten weilen. Es hätte auch anders kommen können. Doch mein gefährlicher Freund und eiserner Lehrer wollte genauso wenig wie ich, dass es schon vorbei ist. So hat ER, der Krebs, mich hierhin geführt. Er wollte mir eine andere Art des Lebens zeigen. Doch wer ist ER überhaupt? Heute kann ich sagen: ER ist ich und ich bin ER. Wir gehören zusammen und bleiben zusammen. Nicht als Feinde, sondern als Freunde auf Augenhöhe. Bis es aber so weit war, fuhren wir gemeinsam so ziemlich auf jeder Achterbahn, die die Welt zu bieten hatte.
Er war der Anfang einer sehr langen, mühevollen, aber schlussendlich befreienden Reise. Ohne ihn, den Krebs, würde ich wahrscheinlich immer noch planlos sinnlosen Dingen hinterherrennen und mir selbst täglich tausend Lügen auftischen. Nicht dass ich jetzt viel weiser wäre. Auch ich erlebe immer wieder Phasen, in denen ich mich im Kreis drehe und neu orientieren muss. Erst kürzlich hatte ich eine schwere Depression und bin fast sieben Wochen kaum aus meiner kleinen Hütte herausgekommen. Doch eines habe ich von IHM gelernt: neue Wege zu gehen, altbekannte Gewässer zu verlassen, Brücken zu bauen, um sie wieder einzureißen und neu aufzubauen. Er hat mir gezeigt, dass man immer, ganz egal, wo man im Leben gerade steht, in welch tiefem Abgrund man steckt, von Neuem beginnen kann. Man könnte sagen, er war mein Stern am Himmel, der mich durch die Dunkelheit führte. Ein Guru, wenn man so will. Jemand, der Licht ins Dunkel brachte.
Bevor ich damals die Erstdiagnose bekam, hätte ich nie geglaubt, dass es mich wirklich treffen könnte. Wer denkt mit Anfang zwanzig schon an Krebs? Zu der Zeit war ich mit meinem Dasein unzufrieden, lebte nicht wirklich das, was ich mir unter einem erfüllten und schönen Leben vorstellte. Obwohl ich das Kochen liebte, war die Arbeit als Koch für mich mehr Leid als Freude: wenig Freizeit, unregelmäßige Arbeitszeiten und viel Stress. Zudem war ich geprägt von einer schwierigen Schulzeit, in der ich häufig gehänselt und auch einige Male von Mitschülern verprügelt worden war. Bereits während meiner Kochausbildung fühlte ich mich in einem System gefangen, das nicht zu mir passte. Dennoch hielt ich durch und versuchte, auf keinen Fall Schwäche zu zeigen.
Dabei fragte ich mich sehr oft, wie ich all dem entkommen könnte. Manchmal wünschte ich mir sogar, irgendein Leid zu erfahren, damit ich aus meinem Alltag ausbrechen und endlich ein für mich lebenswertes Leben führen konnte. Da war diese innere Stimme, mein wahres Ich, welches sich alleine gelassen und am falschen Ort fühlte, ungehört und unterdrückt. Tief in mir drin wollte ich nicht in ein bestimmtes System passen, nach den Konzepten anderer leben und vorgegebenen sozialen Strukturen folgen. Ich wollte nicht ins Schema X passen oder so wie alle sein. Ich wollte ich selbst sein. Schon damals sehnte ich mich nach Freiheit, Unabhängigkeit, suchte nach dem absoluten Abenteuer, ohne an das Morgen zu denken. Ich wollte Grenzen testen, Regeln brechen und wachsen. Ich wollte Leid erfahren, Schmerz spüren, um endlich den Freifahrtschein zu dem Leben, das ich mir erträumte, zu erhalten.
Und plötzlich war ER da. Schnippte mit seinen Scheren und stellte mich vor unschöne Tatsachen. Mit ihm kam auch die Angst – die Angst zu sterben, die mein Leben verändern sollte. Ein kleiner Knubbel unter meiner Achselhöhle veränderte von einem Tag auf den anderen alles. Ich bestellte mir gleich das volle Paket, ließ einfach alles mit mir machen: Operationen, Chemotherapien, Bestrahlungen und unzählige Krankenhausaufenthalte. Damals dachte ich noch, es würde sich alles schon wieder einpendeln, und so ließ ich andere über mich und meine Zukunft entscheiden. Anfangs erkannte ich nicht, dass ich mit der Erkrankung genau das Ticket erhalten hatte, das ich mir gewünscht hatte. Ich glaubte, andere könnten mich wieder gesund machen, ohne dass ich selbst dafür etwas tun müsste. So blieb ich einfach im alten Trott und versuchte, der Stimme in mir den Ton abzudrehen. Als alle Behandlungen vorbei waren, fand ich mich zurück in dem Leben, aus dem ich eigentlich entkommen wollte. »Sie sind gesund«, sagte man mir, als ich mit kahlem Kopf bei meinem voraussichtlich letzten Termin in der Klinik war.
Jetzt bin ich frei, dachte ich mir. Ich nahm mir eine Auszeit, ging auf Reisen und erkundete die Welt, schloss viele neue Freundschaften und schlug teils ganz schön über die Stränge. So konnte ich diese innere Stimme überspielen, die eigentlich gehört werden wollte. Vom einen Extrem sprang ich ins nächste, so als würde alles keine Rolle spielen. Den Krebs »besiegt« zu haben war für mein Ego wie zwei doppelte Espressi gleich nach dem Aufstehen. Wer kann schon von sich behaupten, er habe Krebs überlebt. Die meisten sterben früher oder später.
Doch ich wollte mehr, wollte etwas erreichen. Ich eröffnete ein Restaurant, und kaum war ich wieder ganz oben angekommen, sozusagen am Höhepunkt eines Achterbahn-Loops, blinzelte ER mir wieder zu. Bald lag ich erneut unter dem Messer und wusch mir kurz darauf die ausfallenden Haare die Dusche hinunter. Ich hatte plötzlich eine ganz andere Krebserkrankung, die nichts mit der ersten zu tun hatte.
Erst als ich fast am Ende meiner Kräfte und müde von den Therapien war, hörte ich wieder diese innere Stimme, die mir sanft, aber glasklar zuflüsterte: »Stopp! Wach auf!« In dem Augenblick hatte ich keine Kontrolle mehr über mich und meine Gedanken. Ich wusste einfach zutiefst intuitiv, dass das, was ich hier tat, nicht mehr richtig für mich war. Innerhalb von Sekunden traf ich die zu dem Zeitpunkt wohl weitreichendste und riskanteste Entscheidung meines Lebens: Ich brach mitten in der Chemotherapie ab und verließ das Krankenhaus gegen den Rat meiner Ärzte. Zuvor unterschrieb ich ihnen ein Blatt Papier, auf dem stand, dass ich ohne Fortsetzung der Therapie womöglich sterben könnte.
Von nun an war ich völlig auf mich allein gestellt, ohne zu wissen, wohin mein Weg mich führen würde. Ich begann mit dem Lesen von Büchern, sehr vielen Büchern. Von Ernährungswissenschaft bis hin zu Traditioneller Chinesischer Medizin, Qigong und Yoga – kein Titel war vor mir sicher, ich wurde praktisch zum lebenden Inventar meines Buchladens. Und ich wurde zu meinem eigenen Versuchskaninchen. Was hatte ich denn für eine Wahl? Erstmals in meinem Leben agierte ich proaktiv und selbstbestimmt.
Doch kaum war ich wieder ganz oben angekommen auf der wilden Achterbahnfahrt, kam auch schon der nächste Fall. Als ich dachte, endlich auf dem richtigen Weg zu sein, kam ER zu meiner Mutter – härter und brutaler, als ich ihn bis dahin kennengelernt hatte! Wieder hatte ich Angst: Angst, meine Mutter zu verlieren, aber auch Angst, selbst wieder von ihm angegriffen zu werden. Ich war total verunsichert und wusste nicht, was ich jetzt tun sollte. Vor Furcht rannte ich weg, flüchtete bis ans Ende der Welt, ließ mein Restaurant, all meine Freunde und meine Familie inklusive meiner krebskranken Mutter zurück. Ich hatte keine Kraft mehr.
In Neuseeland angekommen, war ich zutiefst erschüttert, traurig und fühlte mich einsam. Zugleich war ich wütend und gab der Welt die Schuld an meiner Misere. Es wurde immer düsterer und dunkler in mir. Ich hatte kaum noch Lust und Kraft zu bleiben, wollte gehen – wollte sterben.
Dann, eines Nachts, nachdem ich es nicht schaffte, das »Elend« selbst zu beenden, geschah es: der Wendepunkt. Mitten in der Nacht erwachte ich, am ganzen Körper gelähmt und bewegungsunfähig. Es schien wie ein Traum, war aber realer als alles andere bisher in meinem Leben. Ich sah eine schwarze formlose Gestalt mit leuchtenden Augen, die sich mir näherte. Obwohl ich mich nicht bewegen konnte, spürte ich keine Angst, sondern war fasziniert. Kurz dachte ich, dass dies nun das Ende sei. So als käme der Sensenmann höchstpersönlich, um dem Ganzen ein Ende zu bereiten. Die Gestalt kam langsam immer näher, bis sie ganz dicht vor meinem Gesicht war. Auf einmal berührte mich das Wesen an all meinen Hunderten von Lymphknoten, und ganz besonders an den Lymphknoten in meiner Leiste – denjenigen, die mir am meisten Sorgen machten. Das Wesen sagte zu mir: »Alles ist gut, mein Kind, du musst keine Angst mehr haben. Es ist Zeit, dass du etwas unternimmst und dich deiner Aufgabe stellst. Folge dir selbst dahin, wo dein Herz dich hinführt. Wenn du aber weiterhin vor dir selbst flüchtest, deine Krankheit als einen Fluch ansiehst und der Welt die Schuld daran gibst, wirst du sterben.« Und damit verschwand die Gestalt.
In dieser Nacht begann eine neue Realität für mich Gestalt anzunehmen. Ich wusste nun und spürte es bis tief in jede Zelle meines Körpers: Jetzt oder nie! Dies war wahrscheinlich meine letzte Chance, auf den Zug Richtung wahre Heilung aufzuspringen. Bald darauf verließ ich Neuseeland. Und fand mich plötzlich in Indien wieder, in dem einen Land, in das ich nie hatte reisen wollen. Aber ich hatte begonnen, meiner inneren Stimme zuzuhören, und traf Entscheidungen nicht mehr aufgrund rationaler Überlegungen, sondern basierend auf dem, was mein Herz, meine Intuition mir sagten.
Und Indien war zu dem Zeitpunkt die beste Entscheidung, die ich treffen konnte. In einem Ayurveda-Zentrum fand ich die ersten Wochen Ruhe, Stille und den inneren Frieden, nach dem ich mich so gesehnt hatte. Ich wollte von der Angst befreit sein, vielleicht selbst früh sterben zu müssen oder meine Mutter an den Krebs zu verlieren. Nun traute ich mich endlich, das Geschehene, mich selbst und das Leben überhaupt zu hinterfragen. So traute ich mich immer weiter heraus aus meiner Komfortzone und den mir bekannten Handlungsspielräumen. Und hier begann die Magie des Lebens. Ich landete aus höchst mysteriösen Gründen in einem kleinen Café in der Hafenstadt Kochi – für mich »am Rande der Welt«. Dort lernte ich einen wichtigen Weggefährten kennen, Paul, einen christlichen Inder, der mir die Türen zur Welt des Yoga eröffnete. Er brachte das lang erwartete Licht in meine Dunkelheit.
Von da an lernte ich im Schnelldurchgang. Auf einmal hatte ich Menschen an meiner Seite, die mir Antworten auf Fragen gaben, die ich noch gar nicht gestellt hatte, und mich tiefer in die Lehren des Yoga einweihten. Meine bisherige Alltagsroutine wurde komplett über Bord geworfen. Statt morgens auszuschlafen und nach dem Aufwachen als Erstes mein Smartphone zu checken, um mir die geballte Ladung Negativität der Welt und der News einzusaugen, saß ich noch vor Sonnenaufgang am Strand oder im Regenwald am Fluss und meditierte, übte Pranayama (Atemübungen) und Yoga. Durch die Praxis kam ich der lang ersehnten Ruhe immer näher. Ich erkannte, wie ich anhand meiner Gedanken und Emotionen meine Welt erschaffe. Mir wurde klar, dass die Energie dorthin fließen würde, wo meine Aufmerksamkeit war. Ich lernte, dass ich der Samen und die Ernte zugleich bin, dass ich alles selbst bestimmen, alles bei mir liegen würde. Dass es nichts – rein gar nichts – außerhalb von mir gibt. Nicht mal die Welt existiert außerhalb von meinem Bewusstsein.
Das war zu Beginn schon alles ziemlich schwer verdaulich. Doch endlich nahm ich mir Zeit für mich. Meinem Herzen folgend, fand ich mich schon bald in einem tropischen Regenwald Südindiens, wo ich monatelang mit Paul, hinduistischen Priestern, Medizinmännern und normalen Bauern lebte und mich tiefer und tiefer mit meiner eigenen Natur beschäftigte. Es spielte für mich keine Rolle, was in der übrigen Welt geschah, welche Neuigkeiten es zu erzählen gab oder welche Jahreszeit gerade herrschte. Das Einzige, was zählte, war meine Welt. Ich tauchte wahrlich ein in Yoga, Ayurveda, den indischen Lebensstil und lebte nach dem Rhythmus der Natur, ging zu Bett, wenn die Tiere schlafen gingen, und wachte am Morgen mit dem ersten Vogelgezwitscher des Dschungels auf. Es war wie in einem Film, fast zu schön, um wahr zu sein. Paul gab mir immer wieder Bücher zu lesen, über die wir dann sprechen konnten. Sie machten mir Mut und waren wie Treibstoff für meinen Weg. So baute ich immer mehr Vertrauen und Zuversicht zu mir selbst auf. Ich begann an wahre Heilung zu glauben. Heilung, die weit über den Körper hinausgeht. Ich war mir sicher, diesen Ort nie wieder zu verlassen. Morgens am Fluss zu meditieren und mich danach darin zu waschen. Den Rest des Tages zu lesen, zu schreiben und einfach die Natur zu beobachten. Nie wieder wollte ich in mein altes Leben zurück. Ich wollte bleiben, Ruhe bewahren und lernen, mich selbst erkennen, alles los- und hinter mir lassen, mich frei fühlen und für mich sein.
So einfach war es aber dann doch nicht. Die Lymphknoten an meiner Leiste meldeten sich irgendwann, schmerzten und wurden größer. Sie kribbelten, als wollten sie mir etwas mitteilen. Dann kam meine Mutter auf Besuch. Sie war gezeichnet von Operationen und Chemotherapie. Ich versuchte für sie Heilung zu finden. Ihre Prognose war alles andere als rosig. Doch nichts verlief so, wie ich es für uns geplant hatte. Die Orte und Menschen, die ich aufsuchte, von denen ich glaubte, dass sie ihr helfen konnten, waren entweder nicht zu finden oder man konnte dort nichts für sie tun. Ich besuchte mit ihr sogar große ayurvedische Krebszentren, aber nichts funktionierte. So wurde aus meiner geplanten Rettungsaktion »nur« eine schöne Reise, die ich und meine Mutter nie vergessen würden. Ich erinnere mich noch, wie sie sagte: »Yveli, dies war eine der schönsten Reisen meines Lebens.«
Die Angst vor dem Krebs brachte mich dann doch nochmals zurück in die Schweiz, obwohl ich eigentlich nie wieder dort hinwollte. Von dort aus fuhr ich mit meiner Mutter in ein ganzheitliches Krebszentrum in Deutschland, wo Krebs nicht als Krankheit, sondern auch als Chance betrachtet wird. Ich lernte dort und in den darauffolgenden Monaten vieles, was es sowohl für Patienten als auch Genesene über Krebs zu wissen gibt: Ernährung, Entgiftung, Reinigung, Neuro- und Verhaltensbiologie sowie epigenetische Grundsätze. Ich begann, mein bis dahin erlerntes östliches Wissen mit der westlichen Wissenschaft zu verbinden und zu kombinieren, probierte alles nur Erdenkliche an mir aus und kreierte so mit der Zeit mein eigenes Krebsheilungssystem. Auf meiner Suche nach Lösungen und Möglichkeiten, wie man am besten präventiv gegen Krebs vorgeht, traf ich viele interessante Menschen und lernte immer wieder etwas Neues. Ich übte mich täglich teilweise stundenlang in Meditation und begann meine eingefahrenen Verhaltensmuster und Programmierungen zu verändern bzw. zu ersetzen. Dies war ein erneuter Meilenstein auf meiner Entdeckungsreise. Ich nahm nun endlich alles in meine eigenen Hände, auch den körperlichen Aspekt. Für eine längere Zeit lebte ich präzise und sehr diszipliniert nach einem von mir zusammengestellten Programm, was bedeutete, mich frühmorgens zuerst einmal zwei bis drei Stunden meinem Körper und meinem Geist zu widmen.
Viele Außenstehende fanden meine Methode etwas extrem, und ich hörte oft Sätze wie »Ich könnte das nicht« oder »Ich habe am Morgen gar nicht so viel Zeit«. In meinen Ohren waren das Ausreden, und ich erkannte daran, dass viele kranke Menschen lieber in ihrer Komfortzone hängen bleiben und sich somit selbst austricksen, um nicht den Status quo verändern zu müssen. Mir war jedoch bewusst, dass im Altbekannten zu verharren nichts verändert und Heilung erst dann entstehen kann, wenn man die Umstände verändert, welche eine Krankheit hervorgebracht haben. Und so wurde mir auch immer klarer, dass es auf einem Heilungsweg oftmals kein Schnellprogramm gibt, wie es leider so oft versprochen und verkauft wird. Heilung braucht Zeit, und die sollte man sich nehmen. Leider leben wir in einer Gesellschaft, die einem keine Zeit lässt. Dennoch habe ich sie mir genommen. Deswegen bin ich wahrscheinlich auch noch hier.
Nach einer Weile der strengen Selbstkontrolle und Disziplin wurde es Zeit für mich, mein System auszuweiten und reisetauglich zu machen. Ich wollte nicht auf das Reisen verzichten, nur weil ich nicht noch einmal Krebs bekommen wollte. Als ich gemeinsam mit Iwan, einem engen Freund, mit dem ich schon gemeinsam gearbeitet hatte, die Reise nach Australien antrat, um dort unser erstes vegetarisches Kochbuch zu schreiben, musste ich also einen Weg finden, mein System zu adaptieren. Ich arbeitete es so um, dass ich mich unterwegs richtig ernähren, die Entgiftungsprogramme weiterführen sowie meinen Säure-Basen-Haushalt und durch Meditation und Yoga meinen physischen und energetischen Körper im Gleichgewicht halten konnte. Ich wollte mir beweisen, dass es möglich ist, sich selbst zu heilen und gesund zu erhalten, auch wenn man nicht zu Hause ist und kein geregeltes Leben führt, also »eigentlich keine Zeit dafür hat«. Schnell fand ich heraus, dass alles möglich ist, wenn man sich nur dafür entscheidet, die volle Verantwortung für sich und seine Gesundheit zu übernehmen.
Die Zeit verging, ich lernte unglaublich viel in der Schule des Lebens und blieb trotzdem begierig, immer noch mehr in die Tiefe zu gehen, mich selbst und das, was mich ausmacht, zu erforschen. Doch dann stellte ER mich vor meine bisherig größte Prüfung: Meiner Mutter ging es immer schlechter, und ganz egal, was ich auch versuchte, ich konnte ihr nicht helfen. Der Krebs hatte sie fest im Griff. Wir waren bis zu diesem Zeitpunkt mit IHM gemeinsam durch dick und dünn gegangen, hatten mit ihm gerungen. Jetzt wurde der Ruf nach Indien immer größer. Ich musste zurück. Zurück in meine andere Heimat. Ich wollte noch mehr erfahren und lernen, die totale Verbindung zwischen Ost und West schaffen. Aber das Wichtigste: Ich musste auch lernen loszulassen, was mir aber erst dort wirklich bewusst wurde. Ich musste meine Mutter ihren eigenen Weg in Richtung Sterben gehen lassen, durfte mein Schicksal nicht an das ihre binden.
Bis nach Assam im Nordosten Indiens musste ich reisen und Baba, den weisen Yogi, kennenlernen, der mir half, die noch verschlossenen Türen in meinem Herzen zu öffnen. Die Begegnung mit ihm ermöglichte es mir, meine Mutter innerlich loszulassen und aus tiefstem Herzen für sie und für mich zu beten, mit dem Universum, ja mit Gott zu sprechen. Es kehrte Ruhe in mir ein. In der Zeit dort auf dem Berg und am Fuß des Tempels in Kamakhya meditierte ich tagelang, bis ich verstand: Gott ist nichts außerhalb von mir, sondern ich selbst trage das Göttliche in mir. Ich komme aus der Schöpfung, bin zugleich selbst die Schöpfung und mache täglich die Erfahrung des Schöpfens. An diesem Wendepunkt verbanden sich nach und nach all die unzähligen Techniken und Praktiken, die ich bis dahin ausgeübt hatte, miteinander, und alles begann Sinn zu ergeben. Auch der Krebs.
Endlich konnte ich friedvoll nach Hause gehen. Ich war bereit für den letzten Akt des Spiels, den Showdown zwischen Leben und Tod – zumindest in diesem Stück. ER zeigte mir, wie es endet, zwar für jeden von uns auf eine andere Weise, dennoch zweifellos für jeden. Meine Mutter starb schließlich mit IHM und ging in eine andere Welt hinüber. Gemeinsam waren wir drei den Weg gegangen, dann nahm ER ihr Leben. Ich durfte meins noch ein bisschen behalten.
Es vergingen noch einige Reisen, u. a. nach Indien, bis ich endgültig Frieden mit IHM schließen konnte. Und auch heute noch gibt es Momente, in denen ich wieder etwas Angst habe. Vor allem wenn ich gerade jemanden, den ich kenne, an den Krebs verliere. Damals machte ich einen Vertrag mit IHM: Danach dürfen wir beide am Leben bleiben. Ich nehme meine Aufgabe, meiner inneren Stimme und meinem Herzen zu folgen, ernst, und ER bleibt so mikroskopisch klein, dass ich IHN nicht mehr spüren oder sehen kann. Wir beide – ein Leben – das ist der Deal. Freunde für immer.
Mein bester Lehrer hat mich aber nicht nur vieles über Leben und Tod gelehrt, sondern zeigte mir auch einen weiteren ganz wichtigen Aspekt: Es gibt kein Leben außerhalb von mir, welches mich kontrolliert oder bestimmt. Klar gibt es äußere Ereignisse, die mich dazu bewegen, mich diesen Gegebenheiten anzupassen. Aber schlussendlich liegt es allein an mir, wie ich über eine Situation oder einen Reiz denke, was ich fühle und wie ich darauf reagiere. Niemand außer mir entscheidet darüber, ob und, wenn ja, in welcher Form ich mich auf das Spiel der Sinne einlassen möchte. Jeder Gedanke, jedes Gefühl, jede Tat hat ihren Ursprung bei mir.
Die Welt da draußen kann mich nicht verletzen, außer ich lasse es zu. Die Welt im Außen ist lediglich das Spiegelbild meiner inneren Welt, meiner Wahrnehmungen und deren Interpretationen. Ich kann zwar Schmerz empfinden, aber ob ich unter ihm leide, ist meine Entscheidung. Zu leiden ist immer eine Entscheidung. Wenn du dir mal darüber im Klaren bist, dass du Regisseur, Hauptdarsteller, Zuschauer, das Stück selbst und zur gleichen Zeit auch die Leinwand bist, auf der der Film abläuft, wer oder was hat dann überhaupt noch Macht über dich? Am Ende liegt alles bei dir – Gesundheit und Krankheit, Liebe oder Hass, Freude oder Leid, Spaß oder Langeweile. Du hast die Wahl. Immer!
Nicht alle Leute sind einverstanden mit dieser Aussage, und einige versuchen mir zu erklären, dass man nicht immer eine Wahl hat im Leben. Ich widerspreche dem. Du hast immer die Wahl, wie du auf etwas reagierst und wie du mit den Gegebenheiten umgehst. Ob das einfach ist und ob in Bezug darauf die getroffenen Entscheidungen jeweils moralisch korrekt sind, ist ein anderes Thema. Aber eines ist klar: Du hast immer und in jedem Augenblick die Wahl! Verweile einmal einen Augenblick mit dieser Aussage.
Jetzt weißt du, was mich antreibt und warum es mir so wichtig ist, dir eine Hand zu reichen. Krebs zu haben ist nichts Angenehmes und mit viel Angst, Schmerz und Trauer verbunden. Aber es ist auch eine der größten Chancen, Dinge anzupacken, die längst anstehen. Das zu ändern, was schon längst hätte geändert werden müssen. Entscheidungen zu treffen, die überfällig sind. Krebs gibt uns die Chance, uns von einer Raupe in einen Schmetterling zu verwandeln. Das alte Konstrukt loszulassen, die Flügel auszubreiten und endlich loszufliegen.
Bevor du aber losfliegen kannst, um endlich neue Orte im Leben zu entdecken, ist es jetzt an der Zeit, den Kokon, in dem du noch feststeckst, genaustens zu inspizieren. Nur so kannst du erkennen, was dich in deine jetzige Lage gebracht hat. Wir werden uns nun zuerst gemeinsam anschauen, was Krebs überhaupt ist, welche Theorien es zu seiner Entstehung gibt und wie du dich am besten auf die drei Säulen Ernährung, Entgiftung und Mindset vorbereiten kannst.
Als ich vor mehr als zehn Jahren das erste Mal beim Onkologen war, wurde mir nicht sehr viel über Krebs erzählt, wie er wächst oder warum er überhaupt entsteht. Erst als ich mich nach vielen Therapien, Operationen und einem Rückfall entschied, nach einem langfristigeren und nachhaltigeren Weg im Umgang mit meiner Erkrankung zu suchen, begann ich zu verstehen, was Krebs eigentlich ist oder auch sein könnte. Ich musste sehr viele Bücher durcharbeiten, saß unzählige Stunden in Bibliotheken und studierte viele Theorien über Krebs und dessen Entstehung. Zusätzlich reiste ich umher, nahm an vielen Workshops und Vorlesungen teil und suchte mir meines Erachtens die besten Lehrer, bis ich zumindest ansatzweise verstand, womit ich es hier eigentlich zu tun hatte. Ich wäre sehr dankbar gewesen, wenn mir damals, als ich auf der onkologischen Station gelandet war, nur ein wenig mehr hierüber erklärt worden wäre.
Leider lässt es das westliche Medizinsystem nicht zu, dass ein Arzt sich einfach mal zwei Stunden Zeit für einen Patienten nehmen kann, um ihn wirklich aufzuklären. Deswegen mache ich das nun hier – damit du es einfacher hast. Ich werde nicht alle biochemischen Abläufe genauestens erklären und jede Theorie zur Krebsentstehung bis ins Detail mit dir durchgehen. Das würde weit über das Ziel dieses Buches hinausgehen, da es die eine Theorie bei Krebs nämlich nicht gibt. Aber indem wir die gängigsten kurz betrachten, können wir vielleicht die Zusammenhänge besser verstehen, und du wirst erkennen, warum die drei Säulen, durch die ich dich in diesem Buch führen werde, so wichtig sind. Dazu dürfen wir aber nicht nur eine Seite der Medaille Krebs betrachten. Um nachhaltig arbeiten zu können, müssen wir bereits bei den Entstehungstheorien über den Tellerrand hinausblicken.
Daher ist jetzt ein guter Zeitpunkt, um Klartext zu reden und wirklich ehrlich zu sein. Obwohl jährlich Milliarden von US-Dollar in die Forschung gepumpt werden, sind die Therapieresultate bei vielen Krebserkrankungen leider weiterhin nicht befriedigend. Die langfristige Überlebensrate liegt bei vielen Krebsformen nach klassischen Therapieverfahren immer noch hinter den Erwartungen zurück. Ich kenne leider nur wenige Menschen, die fünf Jahre nach konventioneller Behandlung, und noch weniger, die zehn Jahre danach noch »gesund« leben. Die Frage ist also: Warum sind die Resultate oftmals nur befriedigend? Könnte es sein, dass wir Krebs und seine Entstehung nicht wirklich verstanden haben? Oder liegt es daran, dass wir versuchen, diese Erkrankung isoliert zu behandeln? Im Laufe des Buches werden wir hierzu ein ganzheitlicheres Verständnis aufbauen. So können wir Krebs in einem holistischen Licht betrachten und lösungsorientiert arbeiten.
Ich habe auch das Gefühl, dass wir Krebs zu Unrecht verteufeln. Eine Krebserkrankung wird von den Betroffenen und ihren Angehörigen, von Ärzten und Therapeuten in der Regel als etwas Bösartiges betrachtet. Ich sehe das als eines der Hauptprobleme. Denn etwas, was böse ist, wollen wir auf keinen Fall und lehnen es ab. Krebszellen sind aber, wie gesunde Zellen, ein Teil von uns, und wenn wir ihnen mit Ablehnung gegenüberstehen, ist dies eine Form von Selbsthass. In erster Linie geht es bei einer Krebserkrankung um das Annehmen des momentanen Zustandes. Erst dann kann eine tiefgehende Ursachenforschung erfolgen und die entsprechende Therapie gut und vor allem auch nachhaltig wirken. Schließlich will uns unser Körper mit dem Krebs eine absolut eindeutige Botschaft vermitteln: »Hey du! Hier läuft etwas gewaltig schief!« Die Krebszellen sind nicht das Böse in unserem Körper, geschweige denn das eigentliche Problem.
Es sind die Umstände, die wir geschaffen haben, die zum Problem »Krebs« geführt haben. Wenn bei uns zu Hause im Garten »Unkraut« wächst, können wir doch auch nicht behaupten, dass das etwas Böses sei? Wir dürfen uns vielmehr fragen, warum es überhaupt gewachsen ist. Die Antwort ist ganz klar: Wir haben den Garten nicht gut gepflegt. Ganz einfach. Mit Krebs ist es nicht anders.
Damit wir Krebs annehmen können, ist es sinnvoll, sich zu Beginn einmal der Biologie einer Krebszelle zu widmen. Gelingt es uns zu begreifen, was eine Krebszelle ist, woher sie kommt und wie sie sich vermehrt, können wir auch verstehen, was wir unternehmen können, um den Prozess umzukehren. Rupfen wir in unserem Garten das Unkraut einfach aus, wird es immer wieder kommen. Ähnlich bei Krebs. Wir können das Problem nicht beheben, solange wir nur das Symptom behandeln und nicht die Ursache verändern. Klingt logisch, oder?
Eine Zelle ist ein Kosmos in sich, ein Meisterwerk der Natur. Die meisten Zellbiologen gehen davon aus, dass Krebs in erster Linie eine Zellerkrankung ist. Damit wir die Tumorentstehung besser verstehen können, möchte ich drei Hauptteile einer Zelle kurz belichten.
Der Zellkern liegt im Innersten und ist mit einem Lagerhaus für DNA zu vergleichen. Die DNA enthält das Erbgut der Zelle, die Gene, und hat die Aufgabe, der Zelle die entsprechende Information zu liefern, damit sie die für das Überleben nötigen Proteine bildet. Proteine sind von höchster Bedeutung für den menschlichen Stoffwechsel. Ohne sie ginge gar nichts. Sie sind u. a. für den Transport und die Umwandlung von Nährstoffen in unserem Körper zuständig. Man könnte auch sagen, die Proteine sind wie Botschafter. Sie weisen die Zelle darauf hin, wenn sie sich anpassen oder verändern müssen. Sie sind ebenfalls für die Umwandlung von Nährstoffen zuständig und somit für die Energieversorgung der Zelle. Enzyme, ebenfalls Eiweiße, sind beispielsweise dazu da, sicherzustellen, dass die Information, die von der DNA kommt, um Proteine zu produzieren, in der Zelle richtig gelesen und verarbeitet wird. Klappt das nicht und es entstehen Fehler, führt das u. a. dazu, dass sich aus einer vormals gesunden Zelle eine Krebszelle bilden kann.
Die Mitochondrien sind die Kraftwerke der Zelle, sie wandeln die Nahrungsmoleküle (Proteine, Lipide [Fettsäuren] und Zucker) in Zellenergie um. Nur so kann eine Zelle überleben. Der Sauerstoff, den wir einatmen, ist in diesem Bild sozusagen das Holz für das Kraftwerk – der Brennstoff, damit die Energie überhaupt umgewandelt werden kann. Und wie ein Feuer giftigen Rauch ausstößt, produzieren die Mitochondrien freie Radikale. Gelingt es unserem Körper nicht, diese zu neutralisieren, wie es ein Katalysator bei einem Fahrzeugmotor tun würde, können diese Giftstoffe unkontrollierte Mutationen (also eine Veränderung oder einen Fehler im genetischen Material einer Zelle) hervorrufen. Dies führt unweigerlich zur Fehlproduktion von Proteinen und schlimmstenfalls am Ende zu einer Krebserkrankung.
Die Zellmembran verleiht der Zelle ihre Struktur. Sie besteht aus Lipiden (Fett) und Proteinen. Du kannst dir die Zellmembran als eine Art Mauer mit verschiedenen Toren vorstellen. Mithilfe von sogenannten Rezeptoren, welche übrigens auch Proteine sind, sozusagen die Wächter der Tore, können verschiedene Stoffe in die Zelle hinein- oder aus ihr heraustransportiert werden. Die Rezeptoren dienen außerdem zur Erkundung des Umgebungsmilieus. Eine Zelle muss wissen, was rund um sie herum geschieht, damit sie ihre Aufgabe (z. B. die Funktion der Leber, wenn sie eine Leberzelle ist) erfüllen kann. Sind die Rezeptoren beschädigt oder erhalten falsche Informationen, kann das dazu führen, dass eine Zelle ihre Umgebung nicht mehr richtig erkennt und sich in der Folge falsch verhält. Dies kann unter bestimmten Umständen ebenfalls zu Krebs führen. Du siehst also, es gibt bereits auf kleinster Zellebene verschiedene Möglichkeiten, wie Krebszellen entstehen können.
Damit aus einzelnen Zellen Zellverbände entstehen können, müssen diese sich zusammenschließen. Nur so konnte sich überhaupt das artenreiche Leben auf diesem Planeten entwickeln. Auch wenn wir im Körper ganz unterschiedliche Zellverbände haben, wie z. B. die Nieren- oder Leberzellen, die jeweils eine komplett andere Aufgabe und Struktur haben, ist die grundlegende Beschaffenheit einer Zelle immer dieselbe. Jede Zelle enthält das gleiche Genmaterial. Der Unterschied liegt darin, dass nicht jede Zelle die gleichen Gene nutzt, wodurch es zur Zelldifferenzierung kommt. Jeder Mensch besitzt etwa 37 Billionen Zellen – die alle aufeinander abgestimmt sein und wissen müssen, welche Aufgaben sie zu erfüllen haben. Ansonsten würde das ganze System kollabieren, und wir könnten nicht überleben. Schon erstaunlich, was unser Körper so leistet, ohne dass wir uns all dieser Prozesse bewusst sind oder uns aktiv daran beteiligen müssen.
Damit diese Zellverbände funktionieren können, braucht es Regeln: Wie bei jeder Kooperation müssen sich die einzelnen Mitglieder an bestimmte Gesetze halten, da sonst das Gesamtsystem kollabiert. Leider tun das nicht immer alle Zellen zu hundert Prozent. Dieser »Ungehorsam« kann dann unter bestimmten Umständen dazu führen, dass eine Genmutation in Gang gesetzt wird und sich ein Tumor bildet. Tumorzellen isolieren sich von ihrem ursprünglichen Zellverband und sind nur noch an ihrem eigenen Fortbestand interessiert. Sie machen ihre eigenen Regeln und bauen ihren eigenen Verband auf – sie proben den Aufstand. Oft sind sie darin so geschickt, dass das Immunsystem sie zunächst nicht erkennt, bis es zu spät ist, das Wachstum der »aufständischen« (Krebs-)Zellen zu unterdrücken. Eine Krebszelle handelt zu Beginn also wie ein Spion oder ein getarntes Flugzeug – sie bewegt sich unterhalb des Radars.
Ist das einmal geschehen, können wir nur hoffen, dass unser Immunsystem eines Tages doch die Abtrünnigen erkennt und stark genug ist, sie zu bekämpfen und noch rechtzeitig zu zerstören. Bevor nämlich aus einer einzelnen Krebszelle ein Primärtumor entsteht, durchläuft das Ganze verschiedene Phasen, die sich meist über Jahre hinziehen.
Der Startschuss kann eine Beschädigung der DNA, beispielsweise durch Viren, Strahlung, krebserregende Substanzen oder eine fehlerhafte Zellteilung, sein. Das bedeutet, es bilden sich einzelne Krebszellen. Erst durch die Promotion (das Sichabsetzen vom ursprünglichen Zellverband) einer solchen Krebszelle kann es zu ihrer Progression (Vermehrung/Verbreitung) kommen. Dies kann in sehr vielen Fällen Jahre dauern, da unser Immunsystem natürlich nicht untätig zusieht. Nicht jede Genmutation muss am Ende zu einer Krebserkrankung führen.
Normalerweise ist unser Körper fähig, Krebszellen, die übrigens täglich im Körper entstehen, sowie andere schädliche Eindringlinge (Bakterien etc.) effektiv zu töten. Aber Krebszellen sind sehr intelligent und wissen sich hervorragend zu verstecken, sodass das Immunsystem manchmal nicht in der Lage ist, die Vermehrung zu stoppen. Eine »gesunde« Zelle besitzt die Fähigkeit, sich selbst zu zerstören, wenn sie nicht mehr die ihr zugeteilte Aufgabe erfüllen kann. Sie begeht kontrollierten Selbstmord (Apoptose). Dies ist ein zentraler und wichtiger Vorgang einer Zelle, damit der Fortbestand unseres Organismus gesichert werden kann. Eine Krebszelle hat sich diesem Schutzmechanismus entzogen und verweigert sozusagen die Selbsttötung. Stattdessen bildet sie eigene Blutgefäße, um sich die Zulieferung von lebenswichtigen Nährstoffen, wie Zucker oder Proteinen, zu sichern. Damit ist die Krebszelle »unsterblich« und kann sich mehr oder weniger ungehindert reproduzieren. Dies ist oft der Anfang vom Ende.
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erworbene Schäden am Erbgut, z. B. durch Strahlung
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Fehler während des Zellstoffwechsels
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ererbte genetische Defekte
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Umweltfaktoren, die eine Krebserkrankung begünstigen: Giftstoffe in Lebensmitteln, in der Luft; Erdstrahlungen, die zu Fehlern im Zellstoffwechsel führen können
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ungesunde Essgewohnheiten
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chronischer Schlafmangel
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Viren und Bakterien
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hormonelle Einflüsse.
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Operation
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Chemotherapie
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Bestrahlungstherapie
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Antikörpertherapie
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Immuntherapie
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Hormontherapie.
Weil weder die Schulmedizin noch die Naturheilkunde mit Sicherheit sagen kann, wo und warum in einem bestimmten Fall Krebs entsteht, möchte ich dir hier noch zwei weitere Theorien parallel zur schulmedizinischen Mutationstheorie näherbringen. Um mich nicht angreifbar zu machen, könnte ich das an dieser Stelle auch weglassen. Aber ganzheitlich und nachhaltig bedeutet eben, alle Möglichkeiten kritisch zu betrachten und sich auch die Dinge anzuschauen, die man vielleicht lieber nicht sehen möchte. Unser Körper ist so komplex, dass es nicht möglich ist, sämtliche Abläufe genauestens zu erklären oder zu verstehen. Zumindest noch nicht. Warum beispielsweise gibt es nur sehr selten Krebs am Herz? Wenn wir davon ausgehen, dass die Ursache von Krebs in der DNA liegt, müsste ja auch Krebs am oder im Herz entstehen können? Anhand der Mutationstheorie lässt sich das nicht erklären.
Ich habe sehr viel Zeit damit verbracht, nach einer Antwort darauf zu suchen, die mit der Mutationstheorie übereinstimmt. Erst als ich mich mit alternativen Krebstherapien auseinandersetzte, stieß ich durch die Bücher von Dr. Thomas Seyfried (Biologe), Lothar Hirneise (Forscher für nichtkonventionelle Krebstheorien) und Dr. Ruediger Dahlke (ganzheitlicher Arzt) auf eine andere Theorie: die Mitochondrientheorie. Für die Herangehensweise, die ich dir in diesem Buch weitergebe, macht sie sehr viel Sinn. Für dich, der ein krebsfreies Leben führen möchte, sind aber beide Theorien wichtig.
Noch einmal zur Klarstellung: Es geht mir nicht darum, eine Theorie über die andere zu stellen, genauso wenig will ich mich auf eine der hier erwähnten festlegen. Wir wissen schlicht und einfach nicht immer zu hundert Prozent, wie und warum Krebs wirklich entsteht. Eben darum sprechen wir ja von Theorien, auch wenn sie sich später in vielen Fällen zumindest als Halbwahrheiten entpuppen.
In der »alternativen« Szene wird gerne von der Mitochondrientheorie gesprochen. Im Gegensatz zur Mutationstheorie deuten einige Erkenntnisse darauf hin, dass Krebs nach der ursprünglichen Theorie von Otto Warburg (Nobelpreisträger Medizin 1931) eine mitochondriale Stoffwechselerkrankung ist. Die Mitochondrientheorie lässt sich nicht einfach mit der Mutationstheorie vergleichen, weshalb hier noch viel Uneinigkeit unter den Experten herrscht.
Dr. Thomas Seyfried, ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet der Krebsforschung, sieht Krebs in erster Linie als Energieproblem. Im Gegensatz zu der gängigen Annahme, dass genetische Mutationen der Haupttreiber von Krebs sind, geht er davon aus, dass Veränderungen im Energiestoffwechsel, insbesondere eine Verschiebung von aerob (mithilfe von Sauerstoff) zu anaerob (ohne Sauerstoff), die primäre Ursache von Krebs sind. In dieser Theorie wird davon ausgegangen, dass eine gestörte Energieproduktion in den Mitochondrien einen anaeroben Stoffwechsel bedingt, bei dem die Zellen hauptsächlich Energie aus Glykolyse gewinnen, selbst wenn Sauerstoff vorhanden ist. Dieser Prozess erzeugt eine große Menge an Milchsäure und säurebildenden Stoffen, was zu einem sauren Mikromilieu führt, das wiederum das Tumorwachstum begünstigt.
Laut der Mitochondrientheorie stellen Zellen ihren Stoffwechsel auf Gärung um, bevor sie zu einer Krebszelle werden. Eine gesunde Zelle produziert die Energie, die wir benötigen, um überleben zu können. Ihre Mitochondrien verwandeln in mehreren Stufen Glukose (Traubenzucker) in Wasser und Kohlendioxid. Sie gewinnt also aus Zucker Energie. Funktioniert dieser Prozess reibungslos, bleibt unsere Körpertemperatur konstant bei rund 37 Grad Celsius. Unsere Zellen funktionieren somit als Heizkörper und Klimaanlagen zugleich.