Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen - Adrian Kesting - E-Book

Kreditwürdigkeitsprüfung bei Verbraucherdarlehensverträgen E-Book

Adrian Kesting

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Beschreibung

Bei dem Werk handelt es sich um die Dissertation von Adrian Kesting, die von Herrn Prof. Dr. Rott (Institut für Wirtschaftsrecht an der Universität Kassel) betreut wurde. Die Dissertation wurde am 6. Juni 2018 mit dem Wissenschaftspreis des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel ausgezeichnet. Die Dissertation besteht aus zwei Teilen. Im ersten Teil werden die europarechtlichen Grundlagen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) untersucht. Der zweite Teil befasst sich mit der Umsetzung der einzelnen Richtlinienvorgaben zur Kreditwürdigkeitsprüfung im deutschen Recht, wobei zwischen der Zeit vor und nach Inkrafttreten der Regelungen in §§ 505a ff. BGB unterschieden wird. Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträge sind nicht Gegenstand des Werks.

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Seitenzahl: 665

Veröffentlichungsjahr: 2019

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Dissertation an der Universität Kassel,

Fachbereich Wirtschaftswissenschaften (FB07)

Verfasser: Adrian Kesting

Datum der Disputation: 10. April 2018

Für meine Eltern

Vorwort

Die vorliegende Arbeit wurde im Sommersemester 2017 im Fachbereich für Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel als Dissertation angenommen. Rechtsprechung und Literatur konnten bis Ende Mai 2018 berücksichtigt werden.

Die Dissertation wurde am 6. Juni 2018 mit dem Wissenschaftspreis des Fachbereichs Wirtschaftswissenschaften der Universität Kassel ausgezeichnet.

Mein besonderer Dank gilt meinem verehrten Doktorvater, Herrn Prof. Dr. Peter Rott, für die hervorragende Betreuung und seine stetige Unterstützung während der Promotionszeit. Frau Prof. Dr. Martina Deckert danke ich für die zügige Erstellung des Zweitgutachtens.

Herzlich bedanken möchte ich mich zudem bei Herrn Prof. Dr. Peter Derleder für seine wertvollen Anregungen und seine Unterstützung während der Promotionszeit. Hervorzuheben ist dabei insbesondere das von ihm geleitete Doktorandenseminar an der Universität Bremen, in dem ich wertvolle Erfahrungen sammeln durfte und das mit immer in sehr guter Erinnerung bleiben wird.

Ganz besonders danken möchte ich schließlich auch meinen Eltern, Frau Sylvia Kesting und Herrn Dr. Herbert Kesting, die mich während meiner juristischen Ausbildung in jeder Lebenslage unterstützt und mir Rückhalt gegeben haben.

Hamburg, im Juni 2018

Adrian Kesting

Inhaltsverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

Einführung und Gang der Untersuchung

Erster Teil: Europarechtliche Grundlagen

1. Abschnitt: Die Entwicklung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im europäischen Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

1. Kapitel: Vorgeschichte

2. Kapitel: Der erste Richtlinienvorschlag – KOM(2002) 443 endg.

A. Überblick über den wesentlichen Inhalt des ersten Richtlinienvorschlags

B. Art. 9 RV-KOM 2002: Verantwortungsvolle Kreditvergabe

3. Kapitel: Der zweite und dritte Richtlinienvorschlag

A. Überblick über die wesentlichen Inhalte des zweiten und dritten Richtlinienvorschlags

B. Regelung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im Rahmen der vorvertraglichen Informationen

4. Kapitel: Der Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

2. Abschnitt: Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in der Richtlinie 2008/48/EG

1. Kapitel: Überblick über den Regelungsinhalt der Richtlinie 2008/48/EG

2. Kapitel: Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG

3. Kapitel: Das Harmonisierungskonzept (Art. 22 Abs. 1 RL 2008/48/EG)

A. Der Grundsatz der Vollharmonisierung

B. Abgrenzung des (voll-)harmonisierten Regelungsbereichs – verbleibende Regelungsspielräume auf nationaler Ebene

I. Umgrenzung des harmonisierten Regelungsbereichs durch den Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG

II. Ausnahmen vom Grundsatz der Vollharmonisierung

III. Regelungs- und Auslegungsspielräume auf nationaler Ebene im Hinblick auf den harmonisierten Regelungsbereich

4. Kapitel: Vorgaben des Art. 8 RL 2008/48/EG zur Kreditwürdigkeitsprüfung

A. Regelungsinhalt von Art. 8 RL 2008/48/EG

B. Die Rechtsprechung des EuGH zu Art. 8 und Art. 23 RL 2008/48/EG

I. Das Urteil des EuGH vom 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan)

II. Das Urteil des EuGH vom 18.12.2014 – C-449/13 (Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.)

C. Begriff der Kreditwürdigkeit i.S.v. Art. 8 RL 2008/48/EG

D. Schutzzweck der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung

E. Zeitpunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung

I. Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung vor Kreditvertragsschluss

II. Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Erhöhung des Gesamtkreditbetrages

F. Die für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehende Informationsgrundlage

I. Das Ziel des Verfahrens der Kreditwürdigkeitsprüfung als Ausgangspunkt für die Bestimmung der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

II. Umfang der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

1. Objektiver Maßstab versus Ermessensspielraum des Kreditgebers

a) Rechtsauffassungen in der Literatur

b) Auffassung des EuGH im Urteil vom 18.12.2014 (Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.)

c) Stellungnahme

2. Auswirkungen von in Aussicht gestellten Kreditsicherheiten auf den Umfang der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

a) Auswirkungen von in Aussicht gestellten Sicherheitsleistungen des Verbrauchers

b) Auswirkungen von in Aussicht gestellten Sicherheitsleistungen Dritter

III. Informationsbeschaffungspflicht des Kreditgebers

IV. Vom Kreditgeber heranzuziehende Informationsquellen

G. Keine Vorgaben hinsichtlich des anzuwendenden Bewertungsverfahrens

H. Keine Vorgaben hinsichtlich etwaiger Handlungspflichten des Kreditgebers, die an das Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung anknüpfen

I. Grundlagen: Keine Vorgaben über das erforderliche Maß der Kreditwürdigkeit

II. Keine Vorgabe über ein Kreditvergabeverbot bei negativem Ausgang der Kreditwürdigkeitsprüfung

1. Keine Vorgabe eines Kreditvergabeverbots in Art. 8 RL 2008/48/EG

2. Zulässigkeit einer Regelung über ein Kreditvergabeverbot im Hinblick auf die vollharmonisierend umzusetzenden Richtlinienvorgaben

III. Keine Vorgabe über eine Hinweispflicht bei negativem Ausgang der Kreditwürdigkeitsprüfung

1. Keine Vorgabe über eine Hinweispflicht in Art. 8 RL 2008/48/EG

2. Keine Vorgabe über eine Hinweispflicht aus Art. 5 Abs. 6 RL 2008/48/EG

3. Zulässigkeit einer Regelung über eine Hinweispflicht im Hinblick auf die vollharmonisierend umzusetzenden Richtlinienvorgaben

5. Kapitel: Das Sanktionsgebot gemäß Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG

6. Kapitel: Unterrichtungspflicht gemäß Art. 9 Abs. 2 RL 2008/48/EG

7. Kapitel: Zwingender Charakter der Richtlinienvorgaben

Zweiter Teil: Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach Umsetzung der Richtlinienvorgaben der RL 2008/48/EG

1. Abschnitt: Die deutsche Rechtslage mit Inkrafttreten von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. am 11.06.2010

1. Unterabschnitt: Anwendungsbereich und Voraussetzungen von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

1. Kapitel: Anwendungsbereich von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

A. Persönlicher Anwendungsbereich

1. Persönlicher Anwendungsbereich von § 509 BGB a.F.

2. Der persönliche Anwendungsbereich von § 18 Abs. 2 KWG a.F.

B. Sachlicher Anwendungsbereich von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

2. Kapitel: Voraussetzungen von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

A. Regelungsinhalte von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. unter Berücksichtigung der vollharmonisierenden Richtlinienvorgaben aus Art. 8 RL 2008/48/EG

I. Grundlagen: Übertragung der zu Art. 8 RL 2008/48/EG ermittelten Auslegungsergebnisse auf § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

II. Bewältigung der Umsetzungsdefizite von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. im Hinblick auf die Voraussetzungen der Kreditwürdigkeitsprüfung

III. Bewältigung der Umsetzungsdefizite von § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. im Hinblick auf den Zeitpunkt der Kreditwürdigkeitsprüfung / zugleich: Voraussetzungen der Pflicht zur erneuten Kreditwürdigkeitsprüfung bei Erhöhung des Gesamtkreditbetrages

B. Der Ermessensspielraum des Kreditgebers

I. Grundlagen: Die Festlegung der Grenzen des Ermessensspielraums des Kreditgebers mit Rücksicht auf die Entscheidung des EuGH mit Urteil vom 18.12.2014 (CA Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.)

II. Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als vorvertragliche Verkehrspflicht

III. Der anzulegende Sorgfaltsmaßstab als Grenze des Ermessensspielraums des Kreditgebers

C. Der Umfang der für die Kreditwürdigkeitsprüfung heranzuziehenden Informationen

I. Einführung

II. Die Pflicht zur Heranziehung von Informationen über die wirtschaftlichen Verhältnisse sowie die persönlichen Merkmale des Verbrauchers

1. Die wirtschaftlichen Verhältnisse des Verbrauchers

a) Das monatlich frei verfügbare Einkommen des Verbrauchers

b) Zur Berücksichtigung des Vermögens sowie etwaig in Aussicht gestellter Sicherheitsleistungen

2. Die persönlichen Merkmale des Verbrauchers

III. Der angestrebte Inhalt des Kreditvertrages als maßgebendes Kriterium für die Bestimmung des im Einzelfall erforderlichen Umfangs der Kreditwürdigkeitsprüfung

IV. Die Umstände des Abschlusses des Kreditvertrages

V. Der Kreditverwendungszweck

VI. Reichweite der Pflicht zur Berücksichtigung zukünftig zu erwartender Umstände

D. Sorgfaltspflichten des Kreditgebers hinsichtlich der Vollständigkeit und der Qualität der Informationen, die der Kreditwürdigkeitsprüfung zugrunde gelegt werden

E. Anforderungen des Bewertungsverfahrens

I. Allgemeine Anforderungen für die Bewertung der eingeholten Informationen

II. Kreditwürdigkeitsprüfung anhand eines Kreditscoringverfahrens

1. Einführung: Funktionsweise des Kreditscoringverfahrens / Vor- und Nachteile des Kreditscoringverfahrens

2. Aufsichtsrechtlicher Zweck des Kreditscorings

3. Zur Zulässigkeit der Bewertung der Kreditwürdigkeit gemäß § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F. anhand eines Kreditscoringverfahrens

2. Unterabschnitt: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 509 BGB a.F. und § 18 Abs. 2 KWG a.F.

1. Kapitel: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 509 BGB a.F.

A. Überblick über die in Betracht kommenden Rechtsfolgen / Schutzzweck von § 509 BGB a.F.

B. Anspruch auf Schadensersatz gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 i.V.m. § 509 BGB a.F.

I. Der Verstoß gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als Pflichtverletzung i.S.v. § 280 Abs. 1 BGB

1. Anknüpfungspunkt der Pflichtverletzung: Kreditvergabe trotz unterlassener ordnungsgemäßer Kreditwürdigkeitsprüfung

2. Exkurs: Zur Hinweispflicht des Kreditgebers

II. Zum Vertretenmüssen des Verstoßes gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung

III. Zum Erfordernis eines kausalen Vermögensschadens des Verbrauchers

1. Grundlagen

2. Einzelne Fallvarianten

a) Monatlich frei verfügbares Einkommen reicht zur Rückzahlung der fälligen Kreditraten aus

b) Verbraucher hat Kreditvaluta in Wirtschaftsgüter investiert und sein monatlich frei verfügbares Einkommen reicht zur Rückzahlung der fälligen Kreditraten nicht aus

c) Monatlich frei verfügbares Einkommen reicht nicht aus, Verbraucher hat Kreditvaluta jedoch noch nicht investiert und kann sie für die Erfüllung der Kreditverbindlichkeiten aufwenden

IV. Kausalität der Pflichtverletzung für den Schaden

1. Die Kreditvergabe trotz unterlassener ordnungsgemäßer Kreditwürdigkeitsprüfung als adäquat-kausal schadensbegründendes Ereignis

2. Ausnahmen von der Zurechenbarkeit des Schadens

3. Verteilung der Darlegungs- und Beweislast in Bezug auf die Kausalität der Pflichtverletzung des Kreditgebers für den Schaden des Verbrauchers

V. Der Umfang des Schadensersatzanspruchs des Verbrauchers gemäß §§ 249 ff. BGB

1. Grundsatz: Naturalrestitution

2. Zum Anspruch auf Minderung der monatlich geschuldeten Kreditraten

3. Kein Anspruch des Verbrauchers auf zinsfreie Überlassung der Kreditvaluta bis zum Ende der Kreditlaufzeit

4. Anspruch des Verbrauchers auf Befreiung der ihn finanziell überfordernden Kreditverbindlichkeit

a) Anspruch des Verbrauchers auf Vertragsaufhebung

b) Anspruch des Kreditgebers auf Rückzahlung der Kreditvaluta; Möglichkeit des Verbrauchers zur ersatzweisen Übertragung erworbener Vermögensgegenstände

VI. Zur Berücksichtigung mitwirkenden Verschuldens des Verbrauchers nach § 254 BGB

1. Mitverschulden vor Kreditvertragsschluss (§ 254 Abs. 1 BGB)

a) Verbraucher schätzt seine finanzielle Leistungsfähigkeit falsch ein

b) Verbraucher erteilt dem Kreditgeber unrichtige oder unvollständige Angaben, die als Grundlage für die Kreditwürdigkeitsprüfung herangezogen werden

2. Mitverschulden nach Kreditvertragsschluss (§ 254 Abs. 2 BGB)

2. Kapitel: Rechtsfolgen eines Verstoßes gegen § 18 Abs. 2 KWG a.F

A. Aufsichtsrechtliche Rechtsfolgen

I. Die Anordnungsbefugnis der BaFin gemäß § 6 Abs. 3 KWG

II. (Un-)Vereinbarkeit der aufsichtsrechtlichen Sanktionierung von Verstößen gegen § 18 Abs. 2 KWG a.F. mit den Richtlinienvorgaben aus Art. 23 RL 2008/48/EG

B. Zivilrechtliche Rechtsfolgen

I. Schutzzweck von § 18 Abs. 2 KWG a.F.

II. Anspruch aus § 823 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 KWG a.F.

1. § 18 Abs. 2 KWG a.F. als Schutzgesetz i.S.v. § 823 Abs. 2 BGB

2. Keine Gewährleistung einer richtlinienkonformen Sanktionierung i.S.v. Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG wegen des Zurechnungsdefizits im Deliktsrecht

3. Zwischenergebnis

III. Anspruch aus §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 BGB i.V.m. § 18 Abs. 2 KWG a.F.

1. Die aufsichtsrechtliche Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach § 18 Abs. 2 KWG a.F. als vorvertragliche Schutzpflicht i.S.v. § 241 Abs. 2 BGB

a) Grundlagen: Parallele Heranziehung der zu den Wohlverhaltenspflichten (§§ 31 ff. WpHG a.F.) vertretenen Rechtsansichten

b) Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung als vereinbarte Vertragspflicht?

c) Keine Ausstrahlungswirkung des § 18 Abs. 2 KWG a.F. auf das zivilrechtliche Pflichtenprogramm

d) § 18 Abs. 2 KWG a.F. als öffentliche-rechtliche Vorschrift – keine Doppelnorm

e) § 18 Abs. 2 KWG a.F. als gesetzliche Konkretisierung der vorvertraglichen Schutzpflicht nach § 241 Abs. 2 BGB

f) Zwischenergebnis

2. Anwendbarkeit von § 509 BGB a.F. auf Institute i.S.v. § 1 Abs. 1b KWG

3. Ergebnis

2. Abschnitt: Die deutsche Rechtslage mit Inkrafttreten von §§ 505a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2, 505b Abs. 1, 505d BGB sowie § 18a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, Abs. 2 und Abs. 3 KWG am 21.03.2016

1. Kapitel: Einführung

2. Kapitel: Anwendungsbereich der §§ 505a ff. BGB und § 18a KWG

3. Kapitel: Voraussetzungen der §§ 505a und 505b Abs. 1, Abs. 5 BGB

A. Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung vor Abschluss von Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen

B. Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Erhöhung des Nettodarlehensbetrages

C. Fazit

4. Kapitel: Das Kreditvergabeverbot gemäß § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

5. Kapitel: Zivilrechtliche Rechtsfolgen

A. Überblick

B. Rechtsfolgen gemäß § 505d BGB

I. Ermäßigung des vertraglich vereinbarten Zinssatzes gemäß § 505d Abs. 1 Satz 1 BGB

1. Grundlagen: Vereinbarkeit von § 505d Abs. 1 Satz 1 BGB mit den Richtlinienanforderungen an eine wirksame und abschreckende Sanktion (Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG)

2. Voraussetzungen einer Ermäßigung des Zinssatzes gemäß § 505d Abs.1 Satz 1 BGB

3. Rechtsfolge des § 505d Abs. 1 Satz 1 BGB (Ermäßigung des Zinssatzes

ex lege

)

II. Kündigungsrecht des Darlehensnehmers gemäß § 505d Abs. 1 Satz 3 BGB

III. Erteilung einer Abschrift des Vertrages gemäß § 505d Abs. 1 Satz 4 BGB

IV. Ausschluss der Rechtsfolgen gemäß § 505d Abs. 1 Satz 5 BGB

1. Regelungszweck / Vereinbarkeit von § 505d Abs. 1 Satz 5 BGB mit den Anforderungen an eine wirksame Sanktion i.S.v. Art. 8 i.V.m. Art. 23 RL 2008/48/EG

2. Voraussetzungen des Rechtsfolgenausschlusses des § 505d Abs. 1 Satz 5 BGB bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen

a) Voraussetzungen der gedachten ordnungsgemäß durchgeführten Kreditwürdigkeitsprüfung i.S.v. § 505d Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

b) Begriff der „erheblichen Zweifel“ i.S.v. § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

c) Voraussetzungen für die Annahme „erheblicher Zweifel“ i.S.v. § 505d Abs. 1 Satz 5 i.V.m. § 505a Abs. 1 Satz 2 Alt. 1 BGB

d) Zwischenergebnis

V. Die Einwendung des § 505d Abs. 2 BGB

1. Dogmatische Einordnung von § 505d Abs. 2 BGB

2. Voraussetzungen von § 505d Abs. 2 BGB

a) Problemstellung

b) Darlehensnehmer kann Pflichten, die im Zusammenhang mit dem Allgemein-Verbraucherdarlehensvertrag stehen, nicht vertragsgemäß erfüllen

c) Darlehensnehmer verletzt seine vertraglichen Zahlungspflichten

d) Zurechenbarkeit der Pflichtverletzung des Darlehensnehmers an den Darlehensgeber

e) Sonderfall: Gesamtfälligstellung der Darlehensvaluta

3. Rechtsfolge des § 505d Abs. 2 BGB

VI. Rechtsfolgenausschluss gemäß § 505d Abs. 3 BGB

C. Sonstige zivilrechtliche Rechtsfolgen

I. Schadensersatzanspruch des Darlehensnehmers gemäß §§ 280 Abs. 1, 311 Abs. 2, 241 Abs. 2 i.V.m. §§ 505a Abs. 1 Satz 1, 505b Abs. 1 BGB

II. Ausschluss des Rechts des Darlehensgebers, den Darlehensvertrag vorzeitig zu beenden oder einseitig anzupassen (§ 499 Abs. 3 BGB)

1. Überblick

2. Voraussetzungen von § 499 Abs. 3 BGB

a) § 499 Abs. 3 Satz 1 BGB

b) § 499 Abs. 3 Satz 2 BGB

3. Rechtsfolge von § 499 Abs. 3 BGB

6. Kapitel: Aufsichtsrechtliche Rechtsfolgen

3. Abschnitt: Bewältigung der Informationsdefizite des Darlehensnehmers im Hinblick auf das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung; Erleichterungen im Rahmen der Prozessführung

1. Kapitel: Einführung

2. Kapitel: Dokumentationspflicht des Darlehensgebers

A. Zivilrechtliche Dokumentationspflicht des Darlehensgebers

B. Aufsichtsrechtliche Dokumentationspflicht der Kreditinstitute

3. Kapitel: Auskunftsanspruch und Einsichtsrecht des Darlehensnehmers

A. Problemstellung

B. Anspruch auf Einsicht in die Dokumentation des Darlehensgebers gemäß § 810 BGB

C. Auskunftsanspruch des Darlehensnehmers

I. Kein hinreichender vertraglicher Auskunftsanspruch gemäß Nr. 2 Abs. 2 bis 4 AGB-Banken

II. Rechenschaftspflicht des Darlehensgebers nach Maßgabe von § 666 BGB

1. Keine analoge Anwendung von § 666 Var. 3 BGB

2. Begründung einer Rechenschaftspflicht des Darlehensgebers nach Maßgabe von § 666 BGB auf Grundlage einer Gesamtanalogie

III. Auskunftsanspruch des Darlehensnehmers gemäß § 242 BGB

4. Kapitel: Erleichterungen im Rahmen der Darlegungs- und Beweislast

A. Verteilung der Darlegungslast mit Rücksicht auf die Grundsätze der sog. „sekundären Darlegungslast“

B. Erleichterungen im Rahmen der Beweisführung – keine Umkehr der objektiven Beweislast

I. Grundlagen: Die Verteilung der objektiven Beweislast und der Beweisführungslast

II. Verteilung der Beweislast in Bezug auf die anspruchsbegründenden Tatsachen eines Verstoßes gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung

1. Keine Umkehr der objektiven Beweislast wegen des typischerweise bestehenden Informationsdefizits des Darlehensnehmers und der Beweisnähe des Kreditinstituts

2. Beweiserleichterungen im Falle der Verletzung der Pflicht zur Dokumentation der Kreditwürdigkeitsprüfung durch den Darlehensgeber

a) Heranziehung der Grundsätze der Beweisvereitelung

b) Voraussetzungen einer Beweisvereitelung

c) Rechtsfolgen einer Beweisvereitelung in Gestalt einer Dokumentationspflichtverletzung

Zusammenfassung der wesentlichen Ergebnisse in Thesen

Schlussbetrachtung

Literaturverzeichnis

Abkürzungsverzeichnis

ABl.

Amtsblatt

ders.

derselbe

dies.

dieselbe

endg.

endgültig

iff

Institut für Finanzdienstleistungen e.V.

JbJZivRWiss

Jahrbuch junger Zivilrechtswissenschaftler

JBl

Juristische Blätter (Verlag Österreich)

ÖBA

Österreichisches Bankarchiv – Zeitschrift für das gesamte Bank- und Börsenwesen

RL 2008/48/EG

Richtlinie 2008/48/EG Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates

RL 2014/17/EU

Richtlinie 2014/17/ЕU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 4. Februar 2014 über Wohnimmobilienkreditverträge für Verbraucher und zur Änderung der Richtlinien 2008/48/EG und 2013/36/EU und der Verordnung (EU) Nr. 1093/2010

RV-KOM 2002

Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 31.12.2002 (2002/C 331 E/39), KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD) – von der Kommission vorgelegt am 11. September 2002

RV-KOM 2004

Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit, zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG und zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG vom 28.10.2004 (gemäß Artikel 250, Absatz 2 des EG–Vertrages von der Kommission vorgelegt), KOM(2004)747 endg., 2002/0222 (COD)

RV-KOM 2005

Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge und zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 07.10.2005 (gemäβ Artikel 250, Absatz 2 des EG-Vertrages von der Kommission vorgelegt), KOM(2005) 483 endg., 2002/0222 (COD)

ULD

Unabhängiges Landeszentrum für Datenschutz Schleswig-Holstein

Einführung und Gang der Untersuchung

I.

Verbraucher nehmen heutzutage massenhaft Kredite in Anspruch. Die Ursache dafür liegt nicht nur in der offensiven Werbung der Kreditinstitute für ihre Kreditprodukte und der Lockwirkung von Konsumgütern.1 Auch die Einfachheit und Schnelligkeit, mit denen Kredite zur Anschaffung von Konsumgütern erlangt werden können, tragen ihren Anteil dazu bei. Hinzu kommen die gesellschaftliche Akzeptanz und die weit verbreitete Selbstverständlichkeit, Gegenstände des gewöhnlichen Gebrauchs wie Haushaltsgegenstände, teure Smartphones und insbesondere Kfz auf Kredit zu finanzieren. Sparen bildet die Ausnahme. Sind Verbraucher jedoch nicht gewohnt zu sparen, so können sie auch nicht überblicken, inwieweit ihr frei verfügbares Einkommen dafür ausreichen wird, Kreditverbindlichkeiten zu erfüllen.2

Zirka 6,85 Millionen Verbraucher ab 18 Jahren waren laut dem Schuldneratlas der Creditreform AG im Jahr 2016 überschuldet, was in Bezug auf diese Bevölkerungsgruppe einem Gesamtanteil von 10,06% entspricht.3 Aus dem Überschuldungsreport 2017 des Instituts für Finanzdienstleistungen („iff“) geht hervor, dass im Jahr 2016 geschätzt bis zu 622.000 Personen auf ihre Restschuldbefreiung gewartet und gut 617.000 Personen eine soziale Schuldnerberatung in Anspruch genommen haben.4 Die durchschnittliche Schuldenhöhe (Median) der Ratsuchenden betrug im

Jahr 2016 14.690 Euro, wobei die Schuldenhöhe bei 18 % dieser Personen mehr als 40.000,00 Euro betrug.5

Hauptgläubiger waren Banken.6 Dabei waren, laut einer Statistik des Statistischen Bundesamts, Personen infolge von Zahlungsverpflichtungen aus einem Hypothekarkreditvertrag mit durchschnittlich 109.807 Euro zwar weit tiefer verschuldet, als Personen, deren Schulden aus einem Ratenkreditvertrag herrührten. 7 Allerdings war die Anzahl derjenigen Personen, die infolge von Zahlungsverpflichtungen aus einem Ratenkreditvertrag überschuldet waren um ein Vielfaches höher, als die Anzahl der Personen, deren Überschuldung ihren Ursprung in der Eingehung eines Hypothekarkreditvertrages fand. 8

Als Grund für die Überschuldung gaben die in den Schuldnerberatungsstellen beratenen Personen unter anderem Arbeitslosigkeit/reduzierte Arbeit (24,3 %); Einkommensarmut (11,1 %), gescheiterte Selbstständigkeit (8,6 %), Erkrankung (9,9 %); Trennung, Scheidung (9,9 %) sowie ihr Konsumverhalten (9,6 %) an.9 Damit zeigt sich, dass eine Überschuldung zwar vielfach durch unvorhersehbare Lebensumstände ausgelöst wird, denen weder von Seiten des Kreditgebers noch von Seiten der Verbraucher durch eine Kreditwürdigkeitsprüfung hinreichend entgegengewirkt werden kann. In vielen Fällen lässt sich eine Überschuldung jedoch darauf zurückführen, dass Verbraucher ihre finanzielle Leistungsfähigkeit vor Eingehung von Kreditverträgen überschätzen.10 Sie handeln insbesondere aufgrund der Werbung über Kreditprodukte und ihren persönlichen Finanzierungswünschen vielfach sehr irrational, wenn es um die Frage einer Kreditaufnahme geht. Eine sorgfältige Prüfung, inwieweit sie angesichts ihrer laufenden Einnahmen und Ausgaben finanziell dazu in der Lage sein werden, Kreditverpflichtungen zu erfüllen, wird nur in wenigen Fällen vorgenommen. Hierzu sind Verbraucher in der Regel auch nicht in gleicher Weise fähig, wie ein professionell agierender Kreditgeber, der sich die hierfür erforderlichen Informationen beim Verbraucher beschaffen kann.11 Gerade junge Menschen sind aufgrund ihrer geschäftlichen Unerfahrenheit besonders gefährdet. Dabei kann eine Überschuldung nicht nur für den einzelnen Verbraucher und sein familiäres Umfeld langfristige und gravierende Folgen haben. Auch die Sozialsysteme werden infolge der weit verbreiteten Überschuldung belastet.12 Zudem leidet die Gesamtwirtschaft, wenn Haushalte aufgrund von Überschuldung dauerhaft nicht mehr aktiv am Wirtschaftsleben teilnehmen können.13

Es gibt verschiedene Wege, der Überschuldung von Verbrauchern präventiv entgegenzuwirken. Dazu zählt insbesondere die frühzeitige Unterrichtung, wie sie beispielsweise in Hamburg im Rahmen des Projekts „SOS-Schüler ohne Schulden“ erfolgt.14 Sofern die drohende finanzielle Überforderung des Verbrauchers vor Abschluss eines Kreditvertrages für den jeweiligen Kreditgeber erkennbar ist, ist es zudem geboten, diesem eine Mitverantwortung im Rahmen der Kreditvergabe aufzuerlegen, indem er zu einer verantwortungsvollen Kreditvergabe verpflichtet wird.

Um der unionsweit zunehmenden Überschuldung von Verbrauchern entgegenzuwirken, hat der Unionsgesetzgeber im Rahmen der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie15 mit Art. 8 RL 2008/48/EG eine Richtlinienvorgabe eingeführt, nach der Kreditgeber dazu verpflichtet werden sollen, vor Eingehung eines Verbraucherkreditvertrages16 die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers auf Grundlage ausreichender Informationen zu prüfen.

In Deutschland wurde Art. 8 RL 2008/48/EG zunächst mit § 509 BGB a.F. sowie § 18 Abs. 2 KWG a. F. umgesetzt. Diese Vorschriften – die für Verbraucherkreditverträge, die vor dem 21.03.2016 abgeschlossen wurden, nach wie vor Anwendung finden17 – führten bislang ein Schattendasein. Nicht eine einzige Gerichtsentscheidung wurde in den einschlägigen Zeitschriften veröffentlicht, in der die Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung Gegenstand eines Rechtsstreits waren. Eine verbreitete Auffassung im Schrifttum bestand – trotz der zivilrechtlichen Normierung in § 509 BGB a.F. – lange Zeit darin, dass Kreditgeber die Kreditwürdigkeit von Verbrauchern nur in ihrem eigenen Interesse prüfen und nicht zum Schutz des einzelnen Verbrauchers zu prüfen haben.18 Erst nachdem der EuGH in zwei Entscheidungen aus dem Jahr 201419 den verbraucherschützenden Zweck von Art. 8 RL 2008/48/EG festgestellt hat, hat sich in der vorherrschenden Meinung im Schrifttum ein Wandel vollzogen. 20

In der Wohnimmobilienkreditrichtlinie hat der Unionsgesetzgeber mit den Art. 18 ff. RL 2014/17/EU eine eingehende Pflicht des Kreditgebers zur Prüfung der Kreditwürdigkeitsprüfung vor Abschluss von Immobiliar-Verbraucherkreditverträgen vorgegeben. In Umsetzung dieser Richtli-nienvorgaben sind am 21.03.2016 die Regelungen der §§ 505a ff. BGB sowie § 18a KWG in Kraft getreten, die nunmehr zwischen Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen – in Umsetzung der Vorgaben aus Art. 8 RL 2008/48/EG – und Immobiliar-Verbraucherdarlehensverträgen – in Umsetzung der Vorgaben aus Art. 18 ff. RL 2014/17/EU – differenzieren. Zudem sind in § 505d BGB erstmalig spezielle zivilrechtliche Rechtsfolgen für den Fall vorsehen, dass der Kreditgeber gegen seine Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung verstößt. Insoweit befasst sich diese Arbeit ausschließlich mit Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen.

II.

Der Anlass dieser Arbeit bestand in der zu Beginn dieser Arbeit geplanten Neufassung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in den Vorschriften der §§ 505a ff. BGB, zu denen im Referentenentwurf vom 18.12.201421 ausgeführt wurde, dass die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung – mit Rücksicht auf die Entscheidung des EuGH vom 27.03.2014 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan)22 – auch im Interesse des Verbrauchers bestehen soll.

Das Ziel dieser Arbeit liegt darin, die Anforderungen einer ordnungsgemäßen Kreditwürdigkeitsprüfung zum Schutz des einzelnen Verbrauchers bei Kreditverträgen, die in den Anwendungsbereich der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie fallen (Allgemein-Verbraucherkreditverträgen23) zu definieren und festzustellen, unter welchen Voraussetzungen Rechtsfolgen zugunsten des einzelnen Verbrauchers eingreifen, wenn der Kreditgeber gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung verstoßen hat. Dabei liegt das Hauptaugenmerk auf Teilzahungsdarlehen i.S.v. § 498 Abs. 1 Satz 1 BGB. Datenschutzrechtliche Fragen werden nicht behandelt.24

III.

Der erste Teil dieser Arbeit beschäftigt sich mit den europarechtlichen Grundlagen. Im ersten Abschnitt wird dazu die Entwicklung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im europäischen Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie dargestellt und im zweiten Abschnitt werden sodann die einzelnen Richtlinienvorgaben untersucht, die für die Umsetzung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ins nationale Recht sowie für die richtlinienkonforme Anwendung der nationalen Umsetzungsgesetze von Bedeutung sind. Den Schwerpunkt bilden das Prinzip der Vollharmonisierung (Art. 22 Abs. 1 RL 2008/48/EG), die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung gemäß Art. 8 RL 2008/48/EG sowie die Sanktionsregelung des Art. 23 RL 2008/48/EG.

Gegenstand des zweiten Teils ist die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach den deutschen Umsetzungsgesetzen zur zweiten Verbraucherkreditrichtlinie. Im ersten Abschnitt werden die Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung gemäß § 509 BGB a.F. sowie § 18 Abs. 2 KWG a.F. ausführlich untersucht. Einen wesentlichen Schwerpunkt bildet dabei die Untersuchung der Fragen, ob und unter welchen Voraussetzungen ein Schadensersatzanspruch des Verbrauchers besteht, wenn der Kreditgeber gegen die Bestimmungen von § 509 BGB a.F. und/oder § 18 Abs. 2 KWG a.F. verstoßen hat.

Anschließend beschäftigt sich der zweite Abschnitt mit der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung bei Allgemein-Verbraucherdarlehensverträgen gemäß § 505a Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Alt. 1, § 505b Abs. 1 sowie § 505d BGB. Hinsichtlich der Voraussetzungen der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung wird dabei auf die Ausführungen zu § 509 BGB a.F. Bezug genommen. Den Schwerpunkt des zweiten Abschnitts bilden demnach die in § 505d BGB und § 499 Abs. 3 BGB neu eingeführten Rechtsfolgen, die bei einem Verstoß des Darlehensgebers gegen die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in Betracht kommen. Anlehnend an die Terminologie der §§ 505a ff. BGB werden dabei die Begriffe Darlehensgeber und Darlehensnehmer statt Kreditgeber und Verbraucher verwendet. Dessen ungeachtet gelten die Ausführungen für entsprechende Zahlungsaufschübe und sonstige entgeltliche Finanzierungshilfen sinngemäß (§ 506 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB).

Das Verfahren der Kreditwürdigkeitsprüfung erfolgt in der Regel im Herrschaftsbereich des Kreditgebers in den Verbraucher keinen Einblick haben. Welche Informationen der Kreditgeber der jeweiligen Kreditwürdigkeitsprüfung zugrunde gelegt hat und wie diese zueinander ins Verhältnis gesetzt worden sind, bleibt dem einzelnen Verbraucher verschlossen. Infolge dieses Informationsdefizits können Verbraucher nicht beurteilen, ob der Kreditgeber seine Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ordnungsgemäß erfüllt hat. Im dritten Abschnitt soll daher der Frage nachgegangen werden, auf welche Weise sich dieses Informationsdefizit des Verbrauchers nach dem bestehenden Recht bewältigen lässt. Im Mittelpunkt der Untersuchung steht dabei die im vergangenen Jahr neu eingeführte Pflicht zur Protokollierung der Kreditwürdigkeitsprüfung (§ 505b Abs. 4 BGB und § 18a Abs. 5 KWG) einschließlich der beweisrechtlichen Rechtsfolgen die eingreifen, wenn der Kreditgeber gegen diese Pflicht verstoßen hat.

1 Vgl. Schmid, Die Instrumentalisierung des Privatrechts durch die Europäische Union: Privatrecht und Privatrechtskonzeptionen in der Entwicklung der Europäischen Integrationsverfassung, 2010, S. 607 f.; Schürnbrand in: Münch-Komm. BGB, 2017, Vor § 491 Rn. 1.

2Reifner, Alternatives Wirtschaftsrecht am Beispiel der Verbraucherüberschuldung: Realitätsverleugnung o. soziale Auslegung im Zivilrecht, 1979, S. 299.

3 iff-Überschuldungsreport 2017, S. III, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am 29.04.2018; vgl. Creditreform, Schuldneratlas 2016, abrufbar unter: http://www.creditreform.de/nc/aktuelles/news-list/details/news-detail/schuldneratlas-deutschland-überschuldung-von-verbrauchern-jahr-2016.html, zuletzt abgerufen am 28.04.2018.

4 iff-Überschuldungsreport 2017, S. III., abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 28.04.2018.

5 iff-Überschuldungsreport 2017, S. 22, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 28.04.2018.

6 iff-Überschuldungsreport 2017, S. 23, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

7 Vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2016, Fachserie 15 Reihe 5, Tabelle 5.3 (S. 14), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldung/Ueberschuldung2150500167004.pdf?__blob=publicationFile, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

8 Vgl. Statistisches Bundesamt, Statistik zur Überschuldung privater Personen 2016, Fachserie 15 Reihe 5, Tabelle 5.2 (S. 13), https://www.destatis.de/DE/Publikationen/Thematisch/EinkommenKonsumLebensbedingungen/Ueberschuldung/Ueberschuldung2150500167004.pdf?__blob=publicationFile,, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

9 iff-Überschuldungsreport 2017, S. 19, abrufbar unter: http://www.iff-ueberschuldungsreport.de/media.php?id=5285, zuletzt abgerufen am: 29.04.2018.

10Freitag in: Staudinger, BGB, 2015, § 488 Rn. 36b.

11 Siehe dazu eingehend: Servatius, ZfIR 2015, S. 178, 179; Freitag in: Staudinger, BGB, 2015, § 488 Rn. 36b.

12 Vgl. Servatius, ZfIR 2015, S. 178, 179 f.

13Drometer/Oesingmann, Die Verschuldung der privaten Haushalte in Europa und die Bedeutung eines wirksamen Insolvenzrechts, ifo Schnelldienst 17/2015, S. 60 f.

14https://www.diakonie-hamburg.de/de/rat-und-hilfe/schulden/SOS-SchuelerOhneSchulden, zuletzt abgerufen am 29.04.2018.

15 Richtlinie 2008/48/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 23. April 2008 über Verbraucherkreditverträge und zur Aufhebung der Richtlinie 87/102/EWG des Rates, ABl. EG 2008, L 133/66 (nachfolgend: RL 2008/48/EG).

16 Immobiliarkreditverträge sind vom Anwendungsbereich der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie ausgenommen (Art. 2 Abs. 2 lit. a RL 2008/48/EG).

17 Art. 229 § 38 Abs. 1 EGBGB.

18Weidenkaff in: Palandt BGB, 2016, § 509 Rn. 1; Kessal-Wulf in: Staudinger, BGB, 2012, § 509 Rn. 2.

19 EuGH, Urt. v. 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan), ECLI:EU:C:2014:190, NJW 2014, 1941 ff.; EuGH, Urt. v. 18.12.2014 – C-449/13 (CA Consumer Finance SA/Bakkaus u.a.), ECLI:EU:C:2014:2464, EuZW 2015, 189 ff.

20 Siehe: Schürnbrand, Bankrechtstag 2009, S. 173, 185; Nobbe in: Prütting/ Wegen/Weinrich, BGB, 2014, § 509 Rn. 5; Saenger in: Erman, BGB, 2014, § 509 Rn. 8; Krämer/Müller in: NOMOS, BGB, 2012, § 509 Rn. 5; Schäfer in: hkK-BGB, 2012, §§ 488-512 Rn. 90; Schwintowski in: jurisPK-BGB, 2015, § 509 Rn. 3.

21 Referentenentwurf des Bundesministeriums der Justiz und für Verbraucherschutz Entwurf eines Gesetzes zur Umsetzung der Wohnimmobilienkreditrichtlinie vom 18.12.2014.

22 EuGH, Urt. v. 27.03.2014 – C-565/12 (LCL Le Crédit Lyonnais SA/Fesih Kalhan), ECLI:EU:C:2014:190, NJW 2014, 1941 ff.

23 In Abgrenzung zu Immobiliar-Verbraucherkreditverträgen, die den Vorgaben der Richtlinie 2014/17/EU (Wohnimmobilienkreditrichtlinie) unterliegen.

24 Siehe dazu eingehend: Helfrich, Kreditscoring und Scorewertbildung der SCHUFA: Datenschutzrechtliche Zulässigkeit im Rahmen der praktischen Anwendungen, 2010.

Erster Teil:

Europarechtliche Grundlagen

1. Abschnitt: Die Entwicklung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im europäischen Rechtsetzungsverfahren zum Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

1. Kapitel: Vorgeschichte

Die erste Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG25 vom 22.12.1986 enthielt noch keine Vorgaben über eine Pflicht des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers.26 Spezielle Maßnahmen, um der Überschuldung von Verbrauchern präventiv entgegenzuwirken, waren bis zum Erlass der zweiten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 2008/48/EG) generell noch nicht Gegenstand einer unionsweiten Regelung.27 Am 11.05.1995 legte die Kommission einen Bericht über die Anwendung der ersten Verbraucherkreditrichtlinie (RL 87/102/EWG) vor, in dem sie auf die Gefahren der zu diesem Zeitpunkt weit verbreiteten Überschuldung von Verbrauchern einging.28 Dem Bericht war eine an die Mitgliedstaaten sowie an verschiedene Interessengruppen gerichtete Befragung vorausgegangen.29 Aus dieser Befragung ergab sich, dass bereits elf der 15 zu dieser Zeit bestehenden EU-Mitgliedstaaten Regelungen zum Zwecke der Überschuldungsbekämpfung erlassen hatten.30 Allerdings betrafen diese Regelungen überwiegend Umschuldungsmaßnahmen sowie Zahlungserleichterungen im Falle der Überschuldung. Eine verbraucherschützende Pflicht des Kreditgebers zur Bewertung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers war zu dieser Zeit noch in keinem Mitgliedstaat geregelt.31 Insbesondere von den Mitgliedstaaten Finnland, Österreich und Schweden, aber auch auf Verbraucherseite wurde das Interesse an einer gemeinschaftsrechtlichen Regelung zum Thema Verbraucherüberschuldung geäußert.32 Dementsprechend schlug die Kommission in ihrem Bericht unter anderem vor, sowohl die bereits bestehenden nationalen Regelungen als auch die Notwendigkeit einer gemeinschaftsweiten Regelung bezüglich der Überschuldungsproblematik näher zu untersuchen.33 Hierbei räumte sie dieser Problematik verbraucherpolitische Priorität ein.34

In den Folgejahren hielt sich die Kommission mit Initiativen auf diesem Gebiet jedoch sehr zurück. So erbrachte insbesondere das von der Kommission im Mai 1996 veröffentlichte Grünbuch zum Thema „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“ keine neuen zielführenden Erkenntnisse zum Bereich der Überschuldungsprävention. Der später oft zitierte Grundsatz einer „verantwortungsvollen Kreditvergabe“ sowie die Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung des Verbrauchers werden in diesem Grünbuch noch nicht erwähnt. Das Grünbuch betont dies betreffend lediglich die Bedeutung umfassender Informationen für den Verbraucher.35 Sowohl das EU-Parlament als auch der Wirtschafts- und Sozialausschuss forderten die Kommission daher eindringlich dazu auf, endlich Initiative zu zeigen und einen Richtlinienvorschlag für eine Überarbeitung der Richtlinie 87/102/EWG vorzulegen, der die Überschuldungsproblematik mit einschließen sollte.36 Dabei vertrat das EU-Parlament die Ansicht, dass das Problem der Überschuldung durch Aufklärung und Information der Verbraucher unterbunden werden sollte.37 Im Juni 1997 veröffentlichte die Kommission eine Mitteilung, in der sie sich dazu bekannte, der Überschuldungsproblematik im Rahmen der Überarbeitung der Richtlinie 87/102/EWG Rechnung tragen zu wollen.38 Wie es in dieser Mitteilung anklingt, sollte dies im Einklang mit der geäußerten Ansicht des EU-Parlaments vornehmlich durch Aufklärung und Information der Verbraucher geschehen.39

Im Nachgang zum Kommissionsbericht vom 11.05.1995 bezogen verschiedene Mitgliedstaaten und Interessengruppen Stellung zu den darin erörterten Themen. Hierüber verfasste die Kommission einen zusammenfassenden Bericht, den sie am 24.09.1997 veröffentlichte.40 Aus diesem Bericht geht hervor, dass insbesondere die dänische Verbrauchervereinigung anregte, unionsweit strengere Bestimmungen in Bezug auf die Verpflichtung des Kreditgebers zur Bewertung der finanziellen Situation des Verbrauchers zu schaffen.41 Überwiegend, insbesondere von Bankenseite aus, wurde der Vorstoß der Kommission zur Einführung unionsweiter Vorgaben im Bereich Überschuldung dagegen sehr kritisch beurteilt. 42Dabei wurde unter anderem der rechtliche Einwand vorgetragen, dass das Subsidiaritätsprinzip einer unionsweiten Regelung der Überschuldungsproblematik entgegenstehe.43

Auch in den nachfolgenden fünf Jahren konnte die Kommission keinen Fortschritt auf dem Gebiet der Verbraucherüberschuldung vorweisen. So gab sie zwar zwei Studien zum Thema Überschuldung in Auftrag, wobei sich die eine auf die bestehenden nationalen Regelungen in den Mitgliedstaaten und die andere auf statistische Aspekte erstrecken sollte. Beide Studien brachten jedoch keine nennenswerten Ergebnisse hervor. 44 Demgemäß ergibt sich aus der Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Überschuldung privater Haushalte“ vom 21.06.2002, dass die Kommission zu diesem Zeitpunkt zumindest nach außen hin noch keine Strategie entwickelt hatte, um der weit verbreiteten Überschuldung von Verbrauchern entgegenzuwirken.45

2. Kapitel: Der erste Richtlinienvorschlag – KOM(2002) 443 endg.

A. Überblick über den wesentlichen Inhalt des ersten Richtlinienvorschlags

Dennoch legte die Kommission bereits knapp drei Monate später, am 11.09.2002, einen ersten Vorschlag für eine neue Verbraucherkreditrichtlinie vor, die die bisherige Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG ersetzen sollte.46 Der Hauptgrund für den Entschluss über den Erlass einer gänzlich neuen Richtlinie bestand darin, dass die Richtlinie 87/102/EWG den Marktgegebenheiten nicht mehr entsprach und sich zudem die mitgliedstaatlichen Rechtsvorschriften zum Verbraucherkredit sehr unterschiedlich entwickelt hatten. Die Hauptursache für die gescheiterte Entwicklung eines einheitlichen Binnenmarktes für Verbraucherkredite war nach Ansicht der Kommission das der Richtlinie 87/102/EWG zugrundeliegende Prinzip der Mindestharmonisierung.47 Infolgedessen sah Art. 30 Abs. 1 RV-KOM 2002 nunmehr die Vollharmonisierung als Harmonisierungsgrad vor. Danach sollten die Mitgliedstaaten, bis auf bestimmte ausdrücklich geregelte Ausnahmen, in dem jeweils einschlägigen Regelungsbereich keine anderen Bestimmungen als die in der Richtlinie festgelegten einführen oder beibehalten dürfen.48 Der vorgeschlagene Grundsatz der Vollharmonisierung stieß in der juristischen Literatur auf erhebliche Kritik, da man befürchtete, dass das in einzelnen Mitgliedstaaten bestehende hohe Verbraucherschutzniveau beeinträchtigt werden könnte.49

Der Anwendungsbereich des ersten Richtlinienvorschlags war noch sehr weit gefasst. Sachlich sollten nicht nur Kreditverträge – mit Ausnahme von Immobiliarkreditverträgen (Art. 3 Abs. 2 lit. a) RV-KOM 2002) –, sondern auch Sicherungsverträge (Art. 3 Abs. 1 RV-KOM 2002) von der neuen Verbraucherkreditrichtlinie mit umfasst werden. 50 Der persönliche Anwendungsbereich sollte neben Kreditgebern und Verbrauchern auch Garanten i.S.v. Verbrauchern, die einen Sicherungsvertrag abschließen (Art. 2 lit. f. RV-KOM 2002), sowie Kreditvermittler erfassen. Für Kreditvermittler sollte nach dem Vorschlag eine Vielzahl von Bestimmungen Anwendung finden, insbesondere diejenigen über die vorvertraglichen Informationspflichten.51

Inhaltlich enthielt der erste Richtlinienvorschlag im Wesentlichen Regelungen über das Verbot von Kreditvergaben im Rahmen von Haustürgeschäften (Art. 5 RV-KOM 2002), über Informations- und Beratungspflichten (Art. 6 RV-KOM 2002), über die verantwortungsvolle Kreditvergabe (Art. 9 RV-KOM 2002), über das Widerrufsrecht des Verbrauchers (Art. 11 RV-KOM 2002), über die Berechnung des effektiven Jahreszinses (Art. 12 RV-KOM 2002) und des Kreditgeber-Gesamtzinses (Art. 13 RV-KOM 2002), über missbräuchliche Klauseln in Kreditverträgen (Art. 15 RV-KOM 2002), über die vorzeitige Rückzahlung der Kreditverbindlichkeiten (Art. 16 RV-KOM 2002) sowie über die gesamtschuldnerische Haftung von Kreditgebern und Lieferanten (Art. 19 RV-KOM 2002). 52

Der erste Richtlinienvorschlag wurde von der Kommission am 12.09.2002 an das EU-Parlament und den Rat übermittelt.53 Bereits im Rahmen der ersten Lesung im EU-Parlament am 20.04.2004 wurden für diesen Vorschlag 152 Abänderungsanträge angenommen54 und in den Standpunkt des EU-Parlaments55 vom selben Tag mit aufgenommen.

B. Art. 9 RV-KOM 2002: Verantwortungsvolle Kreditvergabe

Im Unterschied zur Richtlinie 87/102/EWG beinhaltete der erste Richtlinienvorschlag über die zweite Verbraucherkreditrichtlinie erstmalig eine Bestimmung über die Pflicht des Kreditgebers zur verantwortungsvollen Kreditvergabe, um der zu dieser Zeit zunehmenden Überschuldung von Verbrauchern entgegenzuwirken.56 Als Vorbild dienten laut der Erwägungen zu Art. 9 RV-KOM 2002 die zu dieser Zeit vereinzelt in den Mitgliedstaaten bestehenden nationalen Regelungen, insbesondere diejenigen der Niederlande und Belgien, die Kreditgebern bestimmte Verhaltens- und Sorgfaltspflichten auferlegten, um eine redliche Kreditvergabe zu gewährleisten.57

Unter dem Titel „Verantwortungsvolle Kreditvergabe“ sah Art. 9 RV-KOM 2002 folgende Richtlinienbestimmung vor:

„Schließt ein Kreditgeber einen Kredit- oder Sicherungsvertrag ab oder erhöht er den Gesamtkreditbetrag oder den garantierten Betrag, so wird angenommen, dass er zuvor unter Ausnutzung aller ihm zu Gebote stehenden Mittel zu der Überzeugung gelangt ist, dass der Verbraucher und gegebenenfalls der Garant vernünftigerweise in der Lage sein werden, ihren vertraglichen Verpflichtungen nachzukommen.“58

Den Erwägungen zu Art. 9 RV-KOM 2002 lässt sich entnehmen, dass Kreditgebern durch diese Vorschrift allgemeine Sorgfaltspflichten auferlegt werden sollten. Den einzelnen Kreditgeber sollte die Pflicht treffen, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers anhand dessen Angaben und gegebenenfalls der Angaben des Garanten sowie durch Einholung von Auskünften bei zentralen Kreditdatenbanken zu überprüfen und ihm vom Ergebnis dieser Prüfung ausgehend den richtigen Kredit anzubieten.59

Als Rechtsfolge eines Verstoßes gegen die Pflicht zur verantwortlichen Kreditvergabe sah Art. 31 RV-KOM 2002 wirksame, abschreckende und verhältnismäßige Sanktionen vor, die insbesondere im Verlust des Anspruchs auf Zinsen und Kosten und das Bestehenbleiben des Rechts des Verbrauchers auf Ratenzahlung des Gesamtkreditbetrags bestehen können sollten. Rein aufsichtsrechtliche Sanktionen wären aufgrund der hieraus folgenden Grundtendenz wohl nicht richtlinienkonform gewesen.60

Ein Kreditvergabeverbot sollte Art. 9 RV-KOM 2002 angesichts seines Wortlauts wohl nicht begründen. 61 Dafür spricht auch, dass es nach Auffassung der Kommission weiterhin im Ermessen der Kreditgeber stehen sollte, dem Kreditwunsch des Verbrauchers nachzukommen.62

Daneben sah Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 vor, dass der Kreditgeber oder gegebenenfalls der Kreditvermittler aus der Palette der Kreditverträge, die sie anbieten oder bei deren Abschluss sie gewöhnlich mitwirken, denjenigen Kredittyp und Gesamtkreditbetrag aussuchen, der sich in Anbetracht der finanziellen Situation des Verbrauchers, der Vorteile und Nachteile des vorgeschlagenen Produkts und des Zwecks, dem der Kredit dient, am besten eignet.63 Nach der Begründung des Vorschlags sollte Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 eine Beratungspflicht mit dem Inhalt begründen, dass der Kreditgeber den Verbraucher über den für ihn geeignetsten Kredit berät. Im Rahmen dieser Beratung sollte den Kreditgeber oder gegebenenfalls den Kreditvermittler unter anderem die Pflicht treffen, auf die Zahlungsmöglichkeiten des Verbrauchers, die damit verbundenen Risiken, das Vorhandensein oder Nichtvorhandensein eines festen Tilgungsplans, die Möglichkeiten des Kreditabrufs sowie den Zweck des beantragten Kredits einzugehen.64 In der endgültigen Fassung hätte Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 dazu geführt, dass der Kreditgeber im Rahmen der geschuldeten Beratung zumindest auch den für den Verbraucher am besten geeigneten Kredit aufzuzeigen gehabt hätte.65 Anhand welcher konkreten Kriterien sich dieser bestimmen lassen sollte, lässt sich Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 nicht eindeutig entnehmen. Insoweit war dieser Vorschlag viel zu unbestimmt und hätte in der endgültigen Fassung eine erhebliche Rechtsunsicherheit bewirkt.

Dem ersten Richtlinienvorschlag wurde in der Literatur vorgeworfen, dass er zu einer Bevormundung des Verbrauchers geführt hätte, weil der Kreditgeber nach Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 allein die Vorauswahl über den „am besten geeigneten Kredit“ zu treffen gehabt hätte, ohne dass dem Verbraucher ein Mitspracherecht zugekommen wäre.66 Zudem wurde gegen diese Bestimmung eingewandt, dass der Kreditgeber mit einem erheblichen Auswahlrisiko belastet worden wäre.67 Auch insgesamt stießen die von der Kommission vorgeschlagenen Regelungen über die Pflicht zur verantwortungsvollen Kreditvergabe (Art. 9 RV-KOM 2002) und die Beratungspflicht (Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002) in der juristischen Literatur auf erhebliche Kritik.68 Verbreitet wurde kritisiert, dass diese Vorgaben zu einem schwerwiegenden Eingriff in die Vertragsfreiheit führen würden, der in unverhältnismäßiger Weise gegen den verfassungsmäßig gewährleisteten Grundsatz der Privatautonomie verstoße.69

Überzeugen konnte diese Kritik nicht. Ungeachtet des Umstands, dass sich die Wirksamkeit von unionsrechtlichen Richtlinienbestimmungen nicht anhand des deutschen Verfassungsrechts bemisst, liegt in solchen Regelungen eine verhältnismäßige Beschränkung sowohl der Berufs(ausübungs)freiheit des Kreditgebers als auch der Privatautonomie des Verbrauchers. Denn dem Kreditgeber wird es lediglich untersagt bestimmte, allzu risikoreiche Kreditverträge einzugehen.70 Auch auf Seiten des Verbrauchers besteht kein anerkennenswertes Interesse an der Eingehung von Kreditverträgen, die die konkrete Gefahr der Überschuldung in sich tragen. Der Schutz des Verbrauchers vor Überschuldung überwiegt insoweit das beiderseitige Interesse am Abschluss von Kreditverträgen, die den Verbraucher voraussichtlich finanziell überfordern werden. 71 Ein professionell agierender Kreditgeber kann aufgrund seiner Erfahrung und Sachkenntnis weit besser als ein Verbraucher einschätzen, welche Rückzahlungsmodalitäten den finanziellen Verhältnissen des Verbrauchers entsprechen. Vom Ergebnis der Kreditwürdigkeitsprüfung ausgehend, hätte der Kreditgeber nach Maßgabe der vorgenannten Richtlinienbestimmungen lediglich den „geeignetsten“ Kreditvertrag aus der von ihm angebotenen Kreditpalette auszuwählen gehabt. Weder der Kreditgeber noch der Verbraucher hätten dann vor der Alternative gestanden, entweder den für den Verbraucher am besten geeignetsten Kreditvertrag einzugehen oder gänzlich vom Kreditvertragsschluss abzusehen. Beiden wäre es vielmehr auch möglich gewesen, sich einvernehmlich auf einen nicht so gut geeigneten Vertragsinhalt zu einigen.72 In diesem Fall hätte sich der Verbraucher jedoch in Kenntnis des für ihn geeignetsten Kreditvertrages bewusst für den für ihn ungünstigeren Vertragsinhalt entschieden. Allein die Unbestimmtheit von Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002 gab insoweit Anlass zu berechtigter Kritik.

3. Kapitel: Der zweite und dritte Richtlinienvorschlag

A. Überblick über die wesentlichen Inhalte des zweiten und dritten Richtlinienvorschlags

Am 28.10.2004 legte die Kommission einen zweiten Richtlinienvorschlag73 vor, der knapp ein Jahr später, am 07.10.2005, durch einen dritten Vorschlag74 ersetzt wurde. Nach dem dritten Richtlinienvorschlag sollte der Anwendungsbereich der Richtlinie im Vergleich zum ersten Richtlinienvorschlag deutlich enger ausfallen.75 Insbesondere sollten Sicherungsverträge, Garanten und Verträge über mehr als 50.000 Euro nicht mehr vom Anwendungsbereich der neuen Verbraucherkreditrichtlinie erfasst sein.76 Das ursprünglich vorgesehene Prinzip der Vollharmonisierung sollte aufgeweicht werden, indem es durch das Prinzip der gegenseitigen Anerkennung ergänzt wurde (Art. 21 Abs. 2 RV-KOM 2005).77 Die Folge wäre gewesen, dass ein Kreditgeber, der grenzüberschreitend tätig wird, nur die Regelungen seines Mitgliedstaates zu beachten gehabt hätte. Die Regelungen des Mitgliedstaates, in dem er Kredite anbietet, wären danach nicht anwendbar gewesen. Im Ergebnis hätte dies zu einer erheblichen Rechtsunsicherheit auf Seiten der Verbraucher geführt, was der ursprünglich mit der Richtlinie bezweckten grenzüberschreitenden Kreditvergabe mit Sicherheit abträglich gewesen wäre.78

B. Regelung der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung im Rahmen der vorvertraglichen Informationen

Weitreichende Änderungen erfuhren sowohl der zweite als auch der insoweit weitgehend gleichlautende dritte Richtlinienvorschlag in Bezug auf die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung. Die im ersten Richtlinienvorschlag enthaltene Vorschrift zur verantwortungsvollen Kreditvergabe (Art. 9 RV-KOM 2002) sowie die Beratungspflicht (Art. 6 Abs. 3 RV-KOM 2002) waren nicht mehr vorgesehen. Diese Vorschriften wurden in sehr abgeschwächter Form in den Artikel über vorvertragliche Informationspflichten eingefügt. In Art. 5 Abs. 1 RV-KOM 2005 heißt es unter der Überschrift „Vorvertragliche Informationen“ – nahezu gleichlautend wie im erstmalig geänderten Richtlinienvorschlag vom 28.10.200479 – wie folgt:

„Der Kreditgeber und gegebenenfalls der Kreditvermittler bekennen sich zum Grundsatz der verantwortlichen Kreditvergabe. Deshalb erfüllen der Kreditgeber und ggf. der Kreditvermittler ihre Verpflichtungen zur vorvertraglichen Unterrichtung und der Kreditgeber seine Verpflichtung zur Prüfung der Kreditwürdigkeit des Verbrauchers auf der Grundlage der von diesem erteilten genauen Informationen und gegebenenfalls anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank.“

Laut dieser Bestimmung sollten mithin sowohl die vorvertragliche Unterrichtung als auch die Kreditwürdigkeitsprüfung als Bestandteile einer verantwortlichen Kreditvergabe eingeführt werden. Im Rahmen der Kreditwürdigkeitsprüfung war die Abfrage der zentralen Datenbanken aufgrund der Formulierung „gegebenenfalls“ nicht mehr in jedem Fall zwingend vorgeschrieben. Demgemäß war auch die Formulierung des ersten Richtlinienvorschlags gestrichen worden, nach der der Kreditgeber sich unter Ausnutzung „aller ihm zu Gebote stehenden Mittel“ der Zahlungsfähigkeit des Verbrauchers und gegebenenfalls des Garanten vergewissern sollte.80 Zudem sollte die Kreditwürdigkeitsprüfung im Unterschied zur insoweit unbestimmten Regelung von Art. 9 RV-KOM 2002 nunmehr primär auf Grundlage der vom Verbraucher erteilten „genauen“81 Informationen erfolgen.

Dem Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 RV-KOM 2005 lässt sich nicht entnehmen, ob und gegebenenfalls welche Konsequenzen der Kreditgeber aus der Feststellung einer unzureichenden Kreditwürdigkeit des Verbrauchers zu ziehen gehabt hätte.82 Dass der Kreditgeber dazu verpflichtet sein sollte, den Verbraucher im Falle mangelnder Bonität auf diesen Umstand hinzuweisen, lässt sich dem Wortlaut nicht entnehmen. Lediglich die Überschrift von Art. 5 RV-KOM 2005 („Vorvertragliche Informationen“) spricht für eine dementsprechende Aufklärungspflicht. Den Erwägungsgründen lassen sich keine Anhaltspunkte entnehmen, die für ein bestimmtes Auslegungsergebnis sprechen.83 Diese weisen in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Verbraucher stets die Verantwortung für seine Entscheidung zur Kreditaufnahme tragen sollte, was lediglich gegen den Willen zur Einführung eines Kreditvergabeverbots spricht, da ein solches das Recht zur eigenverantwortlichen Entscheidung über die Kreditaufnahme beschränkt hätte.84 Abgesehen vom Regelungsstandort bei den vorvertraglichen Informationspflichten spricht die Systematik des Art. 5 RV-KOM 2005 gegen eine Hinweispflicht. So sah Art. 5 Abs. 4 RV-KOM 2005 im Gegensatz zu Art. 5 Abs. 1 RV-KOM 2005 – wenn auch in einem anderen Zusammenhang – eine Hinweispflicht ausdrücklich vor.85 Hätte den Kreditgeber eine Hinweispflicht treffen sollen, so hätte es daher nahegelegen, auch im Rahmen von Art. 5 Abs. 1 RV-KOM 2005 eine Hinweispflicht ausdrücklich zu bestimmen. Schließlich kommt hinzu, dass der Wirtschafts- und Sozialausschuss in seiner Stellungnahme zum ersten Richtlinienvorschlag die Regelung einer Informationspflicht im Zusammenhang mit der Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung ausdrücklich vorgeschlagen hatte.86 Dieser Vorschlag blieb jedoch – wie der Wortlaut von Art. 5 Abs. 1 RV-KOM 2005 zeigt – unberücksichtigt. Überzeugender erscheint daher die Annahme, dass die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung und die vorvertragliche Unterrichtungspflicht trotz ihrer gemeinsamen Überschrift unabhängig voneinander bestehen sollten.

Ergänzend zu Art. 5 Abs. 1 RV-KOM 2005 sah Art. 5 Abs. 5 RV-KOM 200587 eine Erläuterungspflicht vor. Danach sollte der Kreditgeber unter anderem dazu verpflichtet sein, dem Verbraucher die mit den angebotenen Produkten verbundenen Vor- und Nachteile zu erläutern, damit er in die Lage versetzt wird zu beurteilen, ob der Vertrag seinen Bedürfnissen und seiner finanziellen Situation gerecht wird.88 Ob damit eine rein produktbezogene Erläuterungspflicht gemeint sein sollte,89 geht aus den Erwägungsgründen nicht eindeutig hervor. Dagegen und für die Einbeziehung der finanziellen Situation des Verbrauchers in die Erläuterungspflicht spricht, dass die Erwägungsgründe in diesem Zusammenhang von einer Beratungspflicht sprechen, die den Verbraucher in die Lage versetzen soll, die Vor- und Nachteile eines Kredits (und nicht etwa nur bestimmter Kreditprodukte) abzuwägen. Dogmatisch überzeugen kann eine solche Auffassung jedoch generell nicht, da sie im Ergebnis die Grenze zwischen einer Erläuterung und einer Beratung auflöst. 90

4. Kapitel: Der Erlass der Richtlinie 2008/48/EG

Knapp zwei Jahre nach Einbringung des dritten Richtlinienvorschlags verabschiedete der Rat am 20.09.2007 einen gemeinsamen Standpunkt91, den die Kommission im Wesentlichen akzeptierte.92 Das vormals in Art. 5 Abs. 1 Satz 1 des RV-KOM 2004 sowie RV-KOM 2005 enthaltene Bekenntnis zur verantwortungsvollen Kreditvergabe war darin nicht mehr enthalten, um Rechtsunsicherheiten zu vermeiden. Zudem wurde die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in einen eigenen Artikel überführt.93 Der gemeinsame Standpunkt ging dann mit einigen geringfügigen Änderungen in der Richtlinie 2008/48/EG auf.

25 Richtlinie des Rates zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 22. Dezember 1986 (RL 87/102/EWG), ABl. EG 1987, Nr. L 42/48.

26 Vgl. auch die Richtlinie des Rates vom 22.02.1990 zur Änderung der Richtlinie 87/102/EWG, ABl. EG 1990, Nr. L 61/14 sowie die konsolidierte Fassung vom 21.04.1998, 1987L0102 – DE – 21.04.1998 – 002.001 – 1, abrufbar unter: http://eurlex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX: 01987L0102-19980421&from =EN, zuletzt abgerufen am 28.04.2018.

27 Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Grünbuch „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“ vom 24.02.1997, ABl. EG 1997, Nr. C 56/76, C 56/82.

28 Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995.

29 Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 2 Nr. 7 f.

30 Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 114 Nr. 371.

31 Vgl. Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 74 ff. sowie S. 113 ff.

32 Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 114 Nr. 374.

33 Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 117 Nr. 383.

34 Mitteilung der Kommission über verbraucherpolitische Prioritäten vom 31.10.1995, KOM(95) 519 endg., S. 6 sowie die Stellungnahme des Ausschusses der Regionen dazu vom 11.11.1996, ABl. EG 1996, Nr. C 337/49, C337/52, der in Bezug auf die Überschuldungsproblematik für eine bessere Aufklärung der Verbraucher durch die Verbraucherinstitutionen plädierte.

35 Grünbuch Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen vom 22.05.1996, KOM(96) 209 endg., S. 4, 9 f.

36 Entschließung zu der Mitteilung der Kommission über verbraucherpolitische Prioritäten 1996-1998 (KOM(95)0519 - C4-0501/95) vom 20.02.1997, ABl. EG 1997, Nr. C 85/133, C 85/135; Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zu dem Grünbuch „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“ vom 24.02.1997, ABl. EG 1997, Nr. C 56/76, C 56/82.

37 Vgl. Entschließung des Europäischen Parlaments zu dem Bericht der Kommission über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 11.03.1997, KOM(95)0117 – C4-0185/95, ABl. EG 1997, Nr. C 115/27, Nr. C 115/29.

38 Mitteilung der Kommission – Finanzdienstleistungen: Das Vertrauen der Verbraucher stärken – Maßnahmen im Anschluss an das Grünbuch der Kommission „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“ vom 26.06.1997, KOM(97) 309 endg., S. 9.

39 Mitteilung der Kommission – Finanzdienstleistungen: Das Vertrauen der Verbraucher stärken – Maßnahmen im Anschluss an das Grünbuch der Kommission „Finanzdienstleistungen: Wahrung der Verbraucherinteressen“ vom 26.06.1997, KOM(97) 309 endg., S. 9.

40 Zusammenfassender Bericht über die Reaktionen und Stellungnahmen vom 24.09.1997 (KOM(97) 465 endg.) über den Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995.

41 Zusammenfassender Bericht über die Reaktionen und Stellungnahmen vom 24.09.1997 (KOM(97) 465 endg.) über den Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 21 Rn. 89.

42 Vgl. Zusammenfassender Bericht über die Reaktionen und Stellungnahmen vom 24.09.1997 (KOM(97) 465 endg.) über den Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 20 f. Rn. 84 ff.

43 Vgl. zusammenfassender Bericht über die Reaktionen und Stellungnahmen vom 24.09.1997 (KOM(97) 465 endg.) über den Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102/EWG – KOM(95) 117 endg. vom 11.05.1995, S. 20 f. Rn. 84 ff.

44 Vgl. Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Überschuldung privater Haushalte“, ABl. EG 2002, Nr. C 149, S. 1, 3, wonach die Kommission die Studie betreffend der rechtlichen Aspekte ablehnte, indem sie den Vertrag mit dem dafür beauftragten Unternehmen kündigte und sich bei der anderen Studie die statistischen Aspekte aufgrund unterschiedlicher Betrachtungsweisen in den Mitgliedstaaten nicht vergleichen ließen.

45 Siehe Stellungnahme des Wirtschafts- und Sozialausschusses zum Thema „Überschuldung privater Haushalte“, ABl. EG 2002, Nr. C 149, S.1 ff., der sich unter anderem für die Schaffung eines harmonisierten gemeinschaftlichen Rechtsrahmens aussprach, um der Überschuldung präventiv entgegenzuwirken.

46 Vorschlag für eine Richtlinie des europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 11.09.2002, KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG Nr. C 331, S. 200; siehe zur Vorgeschichte: Gercken, Schadensersatz wegen vorvertraglicher Informationspflichtverletzung beim Verbraucherkredit, 2014, S. 75 ff.

47 Siehe dazu: Bericht über die Anwendung der Richtlinie 87/102 zur Angleichung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit vom 11.05.1995, KOM(95) 117 endg., S. 2 und 74 ff. sowie die Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament gemäß Artikel 251 Absatz 2 EG-Vertrag über den gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge vom 21.09.2007, KOM(2007) 546 endg. – 2002/0222 (COD), S. 2; Rott, WM 2008, 1104, 1105.

48 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, Nr. C 331, S. 200, 234.

49Reifner, VuR 2004, 11, 13.

50 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, Nr. C 331 S. 200, 226.

51Danco, WM 2003, 853.

52 Vgl. instruktiv Danco, WM 2003, 853 ff.

53 KOM(2004) 747 endg. – COD 2002/0222, S. 2.

54 KOM(2004) 747 endg. – COD 2002/0222, S. 2.

55 P5_TC1-COD(2002)0222, ABl. EG 2002, Nr. C 104, S. 233 ff.

56Kaiser, VuR 2002, 385, 387.

57 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, Nr. C 331, S. 200, 211.

58 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, Nr. C 331, S. 200, 211.

59 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, Nr. C 331, S. 200, 211.

60Heinrich, Bonitätsprüfung im Verbraucherkreditrecht, 2014, S. 12.

61 A.A.: Zahn, Überschuldungsprävention durch verantwortliche Kreditvergabe, 2011, S. 92; Servatius, ZfIR 2015, 178, 184.

62 Vgl. Memorandum der Kommission vom 14.11.2002, MEMO/02/252, S. 3 unter Nr. 3; So auch Rott, BKR 2003, 851, 853 und Hoffmann, Die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG), 2007, S. 203;

63 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, C331 E/227.

64 KOM(2002) 443 endg. – 2002/0222(COD), ABl. EG 2002, C331 E/210.

65Danco, WM 2003, 853, 857; Riesenhuber, ZBB 2003, 325, 328 f.; a.A.: Rott, BKR 2003, 851, 856 f.; ders., JbJZivRWiss 2003, 173, 191.

66Riesenhuber, ZBB 2003, 325, 329; Nobbe, ZBB 2008, 78, 80; Franck, ZBB 2003, 334 (342); Schürnbrand, MünchKomm., BGB, 2016, Vorbem. vor § 491 Rn. 24; a.A.: Rott, JbJZivRWiss 2003, 173, 191.

67Riesenhuber, ZBB 2003, 325, 329.

68Nobbe, ZBB 2008, 78, 80 ff.; siehe dazu eingehend Zahn, Überschuldungsprävention durch verantwortliche Kreditvergabe, 2011, S. 93 ff.

69Rohe, BKR 2003, 267, 271 f.; Riesenhuber, ZBB 2003, 325, 332 f.; Blaurock, FS Horn, 2006, S. 697, 709; zur Rechtmäßigkeit der Einführung einer verantwortungsvollen Kreditvergabe mit Blick auf das deutsche Verfassungsrecht siehe Zahn, Überschuldungsprävention durch verantwortliche Kreditvergabe, 2011, S. 94 ff.; a.A.: Knops, Bankrechtstag 2009, 195, 219 ff.

70Schäfer, hkK-BGB, 2013, §§ 488–512 Rn. 75.

71 Siehe dazu eingehend: Zahn, Überschuldungsprävention durch verantwortliche Kreditvergabe, 2011, S. 94 ff.

72 A.A.: Zahn, Überschuldungsprävention durch verantwortliche Kreditvergabe, 2011, S. 92.

73 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge und zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 28.10.2004, KOM(2004) 483 endg. – COD 2002/0222.

74 Geänderter Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge und zur Änderung der Richtlinie 93/13/EWG des Rates vom 07.10.2005, KOM(2005) 483 endg. – COD 2002/0222, http://eurlex.europa.eu/legalcontent/DE/TXT/PDF/?uri=CELEX:52005PC0483&from=DE.

75 Instruktiv Rott in: Dauses, Handbuch des EU-Wirtschaftsrechts, Band 2, 36. Erglfg., H.V. Rn. 431; Bülow in: Bülow/Artz, Verbraucherkreditrecht, 2014, Einf. Rn. 3 ff.; kritisch Reifner, VuR 2006, 121 ff.

76 KOM(2005) 483. endg. – 2002/0222(COD), S. 5 f.

77 KOM(2005) 483 endg. – 2002/0222(COD), S. 8 f., 53 (§ 21 Abs. 2); kritisch: Reifner, VuR 2006, 121.

78 Vgl. Wösthoff, Die Verbraucherkreditrichtlinie 2008/48/EG und deren Umsetzung ins deutsche Recht, 2011, S. 44 f.

79 Der diesbezügliche Wortlaut des zweiten Richtlinienvorschlags vom 28.10.2004, KOM(2004) 747 endg. – 2002/0222(COD) war weitgehend identisch. Dieser lautete: „Der Kreditgeber und ggf. der Kreditvermittler bekennen sich zum Grundsatz der verantwortlichen Kreditvergabe. Verantwortliche Kreditvergabe beinhaltet die Erfüllung der Verpflichtung zur vorvertraglicher Unterrichtung von Seiten des Kreditgebers und ggf. des Kreditvermittlers und der Verpflichtung des Kreditgebers, die Kreditwürdigkeit des Verbrauchers auf der Grundlage der von diesem erteilten Informationen und ggf. anhand von Auskünften aus der in Frage kommenden Datenbank zu beurteilen.“

80Foglar-Deinhardstein, Die Bonitätsprüfung beim Verbraucherkredit (§ 7 VKrG), 2013, § 1 Rn. 40 f.

81 Die Einführung der Formulierung „genauen Informationen“ erfolgte im Rahmen des dritten Richtlinienvorschlags (KOM(2005) 483 endg. – 2002/0222(COD). Der zweite Richtlinienvorschlag (KOM(2004) 747 endg. – 2002/0222(COD) sprach noch schlicht von den erteilten Informationen des Verbrauchers.

82Hoffmann, Die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG), 2007, S. 205 f.

83 KOM(2005) 483 endg. – 2002/0222(COD), S. 6 f.

84 KOM(2005) 483 endg. – 2002/0222(COD), S. 6 f.; vgl. Hoffmann, Die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG), 2007, S. 205 f.

85 Vgl. Hoffmann, Die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG), 2007, S. 208.

86 Wirtschafts- und Sozialausschuss, 401. Plenartagung vom 16. und 17. Juni 2003, Stellungnahme zu dem „Vorschlag für eine Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates zur Harmonisierung der Rechts- und Verwaltungsvorschriften der Mitgliedstaaten über den Verbraucherkredit“, ABl. EG 2003, Nr. C 234/1, C 234/3, Nr. 1.4. d).

87 KOM(2005) 483 endg. – 2002/0222(COD), S. 28 f.

88 KOM(2005) 483 endg. – 2002/0222(COD), S. 28 f.

89 So wohl Foglar-Deinhardstein, Die Bonitätsprüfung beim Verbraucherkredit (§ 7 VKrG), 2013, § 1 Rn. 44 f. (S. 18 f.) sowie Hoffmann, Die Reform der Verbraucherkreditrichtlinie (87/102/EWG), 2007, S. 210.

90 Vgl. S. 107 ff. und S. 181.

91 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 14/2007, vom Rat festgelegt am 20.09.2007, ABl. EG 2007, Nr. C 270, S. 1.

92 Vgl. Mitteilung der Kommission an das Europäische Parlament gemäß Artikel 251 Absatz 2 EG-Vertrag über den gemeinsamen Standpunkt des Rates im Hinblick auf den Erlass einer Richtlinie des Europäischen Parlaments und des Rates über Verbraucherkreditverträge vom 21.09.2007, KOM(2007) 546 endg. – 2002/0222 (COD).

93 Gemeinsamer Standpunkt (EG) Nr. 14/2007, vom Rat festgelegt am 20.09.2007, ABl. EG 2007, Nr. C 270, S. 1, 12; vgl. Foglar-Deinhardstein, Die Bonitätsprüfung beim Verbraucherkredit (§ 7 VKrG), 2013, § 1 Rn. 43 ff. (S. 19).

2. Abschnitt: Die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung in der Richtlinie 2008/48/EG

Die Richtlinie 2008/48/EG wurde am 23.04.2008 erlassen und am 22.05.2008 im Amtsblatt der Europäischen Union verkündet. Sie ist am 11.06.2008 in Kraft getreten und war bis zum 12.05.2010 in innerstaatliches Recht umzusetzen (Art. 27 Abs. 1 RL 2008/48/EG). 94 Die erste Verbraucherkreditrichtlinie 87/102/EWG wurde mit Wirkung zum selben Tag aufgehoben.

1. Kapitel: Überblick über den Regelungsinhalt der Richtlinie 2008/48/EG

Die Richtlinie 2008/48/EG enthält im Wesentlichen Vorgaben über die Werbung für Kreditverträge (Art. 4 RL 2008/48/EG), Informationspflichten des Kreditgebers (Art. 5 ff. und 18 RL 2008/48/EG), die Pflicht des Kreditgebers zur Kreditwürdigkeitsprüfung (Art. 8 RL 2008/48/EG), das Widerrufsrecht des Verbrauchers (Art. 14 RL 2008/48/EG), verbundene Verträge (Art. 15 RL 2008/48/EG), die vorzeitige Rückzahlung der Verbindlichkeiten aus dem Kreditvertrag (Art. 16 RL 2008/48/EG) und die Berechnung des effektiven Jahreszinses. Dabei gibt die Richtlinie gemäß Art. 22 Abs. 1 RL 2008/48/EG das Prinzip der Vollharmonisierung als Harmonisierungsgrad vor.95

2. Kapitel: Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG

Der persönliche Anwendungsbereich der Richtlinie 2008/48/EG erstreckt sich zunächst auf Verbraucher und Kreditgeber sowie darüber hinaus auch auf Kreditvermittler. Ein Verbraucher ist nach den Begriffsbestimmungen der Richtlinie eine natürliche Person, die bei den von dieser Richtlinie erfassten Geschäften zu einem Zweck handelt, der nicht ihrer beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit zugerechnet werden kann (Art. 3 lit. a RL 2008/48/EG).

Demgegenüber ist ein Kreditgeber eine natürliche oder juristische Person, die in Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit einen Kredit gewährt oder zu gewähren verspricht (Art. 3 lit. b RL 2008/48/EG).96 Diese Formulierung verdeutlicht, dass der persönliche Anwendungsbereich der Verbraucherkreditrichtlinie auf Kreditgeber beschränkt sein soll, die „in“ Ausübung ihrer gewerblichen oder beruflichen Tätigkeit Kredite vergeben. Es reicht somit nicht aus, dass die Kreditvergabe lediglich im Rahmen der beruflichen oder gewerblichen Tätigkeit erfolgt.97 Auf die Vorgaben für Kreditvermittler soll an dieser Stelle nicht weiter eingegangen werden, da die Pflicht zur Kreditwürdigkeitsprüfung nach dem insoweit eindeutigen Wortlaut des Art. 8 RL 2008/48/EG Kreditgeber und damit nicht auch Kreditvermittler treffen soll.

Sachlich gilt die Richtlinie gemäß Art. 2 Abs. 1 RL 2008/48/EG für Kreditverträge. Diese werden in Art. 3 lit. c RL 2008/48/EG als Verträge definiert, bei denen ein Kreditgeber einem Verbraucher einen Kredit in Form eines Darlehens, eines Zahlungsaufschubs oder einer sonstigen ähnlichen Finanzierungshilfe gewährt oder zu gewähren verspricht. Art. 2 Abs. 2 RL 2008/48/EG nennt eine Reihe von Ausnahmen für den Anwendungsbereich. Vom Anwendungsbereich nicht umfasst sind dabei insbesondere Immobiliarkreditverträge98 (Art. 2 Abs. 2 lit. a und lit. b RL 2008/48/EG). Auch Kreditverträge in Form von Überziehungsmöglichkeiten99, bei denen der Kreditbetrag binnen eines Monats zurückzuzahlen ist, sind vom Anwendungsbereich ausgenommen (Art. 2 Abs. 2 lit. e RL 2008/48/EG). Ferner gilt die Richtlinie nach Art. 2 Abs. 2 lit. c RL 2008/48/EG nicht für Kreditverträge, bei denen der Gesamtkreditbetrag weniger als 200 EUR oder mehr als 75.000 EUR beträgt. Diese Beschränkung erfährt wiederum durch Art. 46 RL 2014/17/EU eine Ausnahme. Danach wird Art. 2 RL 2008/48/EG um einen Abs. 2a ergänzt, nach dem die Richtlinie ungeachtet von Art. 2 Abs. 2 lit. c RL 2008/48/EG für unbesicherte Kreditverträge gilt, die zum Zwecke der Renovierung einer Wohnimmobilie abgeschlossen werden und bei denen der Gesamtkreditbetrag mehr als 75.000 EUR beträgt.

Daneben finden sich in Art. 2 Abs. 3 und 4 RL 2008/48/EG Beschränkungen innerhalb des Anwendungsbereichs, nach denen für bestimmte Kreditverträge nur einzelne Richtlinienvorgaben gelten sollen. So erklärt Art. 2 Abs. 3 RL 2008/48/EG für Kreditverträge in Form einer Überziehungsmöglichkeit, bei denen der Kredit nach Aufforderung oder binnen drei Monaten zurückzuzahlen ist, lediglich einzelne Vorschriften100