Krieg im Schrebergarten - Karin B. Holmqvist - E-Book

Krieg im Schrebergarten E-Book

Karin B. Holmqvist

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Beschreibung

Als Berta die Zusage für eine kleine Schrebergartenparzelle erhält, schlägt ihr Botanikerherz höher. Endlich ein Ort, an dem sie und ihr Mann Gunnar der Hektik des Stadtlebens entfliehen und ihrem Lieblingshobby, dem Gärtnern, nachgehen können. Doch mit der ländlichen Idylle ist es schnell vorbei. Denn ab dem Moment, als der fiese Parzellengenosse Holger Gunnar beim Blumenkaufen beobachtet und diesem eine Affäre mit einer anderen Frau unterstellt, herrscht Krieg im Schrebergarten ...

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Mehr über unsere Autoren und Bücher:

www.piper.de

Übersetzung aus dem Schwedischen von Annika

Krummacher

ISBN 978-3-492-97328-1

April 2016

© Kabusa Böcker, Göteborg 2012

Titel der schwedischen Originalausgabe:

»Surt sa räven om rabarberna«, Karin B. Holmqvist, 2012

© der deutschsprachigen Ausgabe: Piper Verlag GmbH, München/Berlin 2016

Covergestaltung: Eisele Grafik·Design, München

Covermotiv: Maskot/GettyImages (Haus/Gartengeräte);

Lena Katarina Johansson/GettyImages (Hütte)

Datenkonvertierung: Kösel Media GmbH, Krugzell

Sämtliche Inhalte dieses E-Books sind urheberrechtlich geschützt. Der Käufer erwirbt lediglich eine Lizenz für den persönlichen Gebrauch auf eigenen Endgeräten.

Urheberrechtsverstöße schaden den Autoren und ihren Werken. Die Weiterverbreitung, Vervielfältigung oder öffentliche Wiedergabe ist ausdrücklich untersagt und kann zivil- und/oder strafrechtliche Folgen haben.

Liebe Kleingärtner und liebe andere Leserinnen,

nun halten Sie also mein neues Buch in den Händen. Wie immer habe ich mich von Orten in meiner Umgebung inspirieren lassen. Österlen ist ein wunderbarer Schauplatz, egal in welcher Jahreszeit.

Als ich klein war, hatten meine Eltern in Simrishamn einen Schrebergarten mit Laube, wo wir in den Sommermonaten auch wohnten. Obwohl das nun schon viele Jahre zurückliegt, ist die Verbindung zu dieser Laubenkolonie nicht abgerissen, da auch meine Schwester und mein Schwager dort einen Kleingarten gepachtet haben. Immer wenn ich Ruhe zum Schreiben brauchte, habe ich mich dorthin zurückgezogen. Der Aufenthalt in einem Kleingartengelände ist Balsam für die Seele – nicht nur wegen der gepflegten Gärtchen, sondern auch wegen der vielen netten Menschen, denen man dort begegnet.

Mein neues Buch handelt von der Kleingartenanlage in Simrishamn. Vermutlich ähnelt sie anderen Laubenkolonien überall in unserem Land. Wie alle meine Bücher ist auch dieses rein fiktiv. Weder die Menschen noch die Ereignisse haben reale Vorbilder.

Da ich weiß, wie gepflegt die Gärten in der Laubenkolonie von Simrishamn sind und wie fleißig die Mitglieder des Kleingartenvereins dafür arbeiten, möchte ich ganz besonders unterstreichen, dass keine der Personen in diesem Roman auch nur das Geringste mit dem Kleingartenverein Simrishamn zu tun hat. Ganz allein meine Fantasie ist die Grundlage, und falls jemand glaubt, irgendwelche Personen oder Gegebenheiten aus der Realität wiederzuerkennen, dann ist das reiner Zufall.

Ich danke all denen, die ihre wunderbare Umgebung meinen verrückten Fantasien zur Verfügung gestellt haben, und hoffe, dass Sie und alle anderen Leserinnen und Leser sich bei der Lektüre gut unterhalten.

1. Kapitel

Hjördis Kron rasselte mit dem Schlüsselbund und öffnete die Tür zu den Sanitärräumen der Laubenkolonie.

»Spürst du den Geruch, Berta?«

Die Nasenflügel von Berta Andersson blähten sich wie bei einem wütenden Stier.

»Ich finde nicht, dass es hier stinkt«, sagte Berta und warf Hjördis einen fragenden Blick zu.

»Ich habe doch gar nicht behauptet, dass es stinkt«, korrigierte Hjördis. »Aber es riecht ziemlich stark nach Reinigungsmitteln. Hat Inga diese Woche Putzdienst?«

»Ich glaube schon. Aber es ist doch gut, wenn sie ordentlich putzt, oder?«

»Man sollte nicht vergessen, dass die Reinigungsmittel aus der Vereinskasse bezahlt werden.«

»Ach, lass Inga doch so viel putzen, wie sie will. Mich stört es nicht. Ich finde, es riecht sauber und frisch.«

Hjördis schwieg und warf ihrer Freundin einen verunsicherten Blick zu, als befürchtete sie, etwas Falsches gesagt zu haben.

Der Kleingartenverein verfügte über hundertfünfzig Parzellen. Die Aufgaben wurden unter den Mitgliedern nach einem sorgfältig ausgearbeiteten Plan verteilt. Das neu gebaute Gemeinschaftshaus enthielt die Sanitärräume mit zwei Toiletten und einer Dusche und außerdem einen kleinen Vereinsraum, in dem der Vorstand tagen konnte.

Berta und Gunnar Andersson hatten ihren Schrebergarten neben dem von Hjördis und Konrad Kron. Beide Parzellen verfügten über eine kleine Laube, und die Grundstücke befanden sich in der Nähe des Meers im Norden der Kleingartenanlage, wo die Bodenqualität besonders gut war – darin stimmten sie überein.

Berta zog die dünne, blaugeblümte Gardine zur Seite und sah hinaus auf die vorbildlich geharkten Kieswege, die sich um die kleinen Lauben schlängelten.

»Ich würde mich in Grund und Boden schämen, wenn ich so rumlaufen müsste wie Camilla.«

Hjördis stellte sich neben Berta und blickte ebenfalls aus dem Fenster.

»Also, echt sind die nicht, ihre Brüste, das sieht man«, sagte sie und rümpfte verächtlich die Nase. »Das sind eindeutig Silikonkürbisse.« Hjördis kratzte sich an der Nase.

»Glaubst du wirklich, dass das Silikon ist?« Berta reckte sich, um besser sehen zu können.

»Glauben? Das sieht man doch. Ihre Brüste bewegen sich ja nicht beim Gehen. Anders als ihr Hintern zum Beispiel, der wabbelt so richtig. Ja, Gott bewahre. Und dann noch im Bikini, bei den Temperaturen. Camilla will sich mal wieder produzieren. Dass ihr das nicht peinlich ist!«

Plötzlich öffnete sich die Tür, und Assar Pålsson betrat das Gemeinschaftshaus.

»Also wirklich, was du da eben gesagt hast«, meinte Berta kichernd. »Kürbisse!«

»Aha, die Damen unterhalten sich also über Kürbisse?«

Hjördis und Berta wechselten erschrockene Blicke.

»Je größer die Kürbisse, desto besser. Das sagt dein Mann auch immer, Berta.«

Auf einmal fühlte Berta sich genauso ertappt wie damals, als ihre Mutter sie dabei erwischt hatte, wie sie auf dem Plumpsklo saß und eine filterlose John Silver rauchte. Das Gefühl war kaum zu beschreiben. Dabei wurde ihr auf merkwürdige Weise die Luft aus den Lungen gepresst, bis ihr Kopf vollkommen leer war.

»Wir haben uns gerade darüber unterhalten, wie …« Berta wusste nicht weiter.

»Meine Güte, das ist doch kein Grund, so erschrocken auszusehen. Ulla und ich wollen auch Kürbisse säen. Jetzt ist die richtige Jahreszeit dafür, und ich wüsste nicht, dass die Aussaat von Kürbissen verboten wäre.«

Die beiden Frauen entspannten sich.

»Steht ihr an den Toiletten an, oder wollt ihr erst fertig diskutieren?«, fuhr Assar fort, und ohne auf eine Antwort zu warten, ging er weiter zu den Toiletten.

Letztes Mal hatten Berta und Gunnar den jährlichen Kürbiswettbewerb der Laubenkolonie haushoch gewonnen, und immer mehr Gärtner bauten die großen runden Früchte an.

»Pfui Deibel!«, rief Hjördis plötzlich. »Da schleicht eine schwarze Katze über den Kiesweg!«

»Du bist doch nicht etwa abergläubisch, Hjördis?«

»Ich glaube an alles. Sogar an die Wettervorhersage.«

»Einen schönen Tag noch«, sagte Assar freundlich, als er die Sanitärräume verlassen hatte und hinaus in die Frühsommersonne ging.

Die beiden Damen verschwanden hinter den Türen mit dem roten Herzchen. Hjördis war zuerst fertig und sah sich im Vereinsraum um, während sie auf Berta wartete. Es war gemütlich und heimelig. Hjördis betrachtete sich im Spiegel. Sie war klein und musste sich strecken, um etwas zu sehen. Im Mai und im Oktober ließ sie sich immer eine Dauerwelle legen, und weil sie für ihr Geld so viele Locken wie möglich haben wollte, war ihr blondes Haar im Moment ziemlich stark gewellt. Sie war ganz zufrieden mit dem, was sie im Spiegel sah. Die Sonne hatte ihren Teint leicht goldbraun werden lassen, ihr Gesicht war rund und ihre mandelförmigen Augen waren grünmeliert. Trotz ihrer siebzig Jahre trug sie jeden Tag Lippenstift auf, allerdings in einem diskreten hellen Ton, der eher an Lipgloss erinnerte.

Auch Berta warf im Vorübergehen einen Blick in den Spiegel. Ein Schmuckstück bin ich nicht gerade, dachte sie, aber es könnte schlimmer sein. Die Falten waren natürlich tiefer geworden und die Haare grauer, aber wenn man zweiundsiebzig war, musste man dankbar sein, wenn man ohne Rollator gehen konnte. Einige ihrer Freundinnen waren auf solche Transportmittel angewiesen, wie Gunnar sie zu nennen pflegte.

Gemeinsam gingen die Freundinnen nach draußen.

»Ich finde trotzdem, dass Inga ein bisschen an den Putzmitteln sparen könnte«, brummte Hjördis, während sie die Tür des Gemeinschaftshauses absperrte.

Als sie wieder bei ihren Parzellen angekommen waren, saßen ihre Männer am Gartentisch von Hjördis und Konrad und tranken Himbeersaft.

»Ist alles in Ordnung?«, fragte Konrad, ohne eine Antwort zu bekommen.

Hjördis hängte den Schlüssel an einen kleinen Haken auf der Innenseite der Tür.

»Willst du ein bisschen Saft, Berta?«, erkundigte sich Hjördis.

»Da sage ich nicht Nein«, meinte Berta und setzte sich auf einen Gartenstuhl.

»Bald ist die richtige Zeit, um Kürbisse zu säen«, sagte Gunnar. Die beiden Frauen wechselten vielsagende Blicke und kicherten.

»In diesem Jahr werde ich ordentlich düngen, damit sie größer werden als eure«, erklärte Konrad lachend und trank noch einen Schluck Saft.

»Die Hortensie blüht so üppig wie lange nicht«, stellte Hjördis zufrieden fest.

»Blumen sind wirklich etwas Schönes«, sagte Berta. Plötzlich wurde sie ernst und sah Gunnar an. »Mir ist etwas eingefallen«, fuhr sie fort. »Wenn ich gestorben bin, will ich auf meiner Beerdigung Blumen haben.«

»Sterben!«, sagte Hjördis erschrocken. »Wer redet denn hier vom Sterben? Davon mal abgesehen, kriegt man doch immer Blumen, wenn man tot ist.«

»Weißt du, manchmal steht in den Todesanzeigen: ›Statt Blumen bitten wir um eine Spende fürs Rote Kreuz‹ oder so. Ich will aber nicht, dass in meiner Anzeige so was steht. Ich will Blumen.« Berta errötete ein wenig und fügte schnell hinzu: »Fürs Rote Kreuz kann ich doch selber spenden, aber auf meiner Beerdigung soll es ganz viele Blumen geben. Sonst sieht es so armselig aus.«

»Du machst dir vielleicht Gedanken«, meinte Gunnar und lachte.

»Ich habe am Schwarzen Brett gesehen, dass am 28. Mai das diesjährige Frühlingsfest des Kleingartenvereins stattfindet«, erzählte Berta. »Der Festausschuss hat sich schon getroffen. Bald ist Mitgliederversammlung, da wird entschieden, was es zu essen gibt und wie viel es kosten wird.«

Hätte Inga ein bisschen am Putzmittel gespart, könnten wir dafür mehr ausgeben, dachte Hjördis.

In einer Sache waren sich Berta und Gunnar einig: Sie hatten wirklich Glück, dass sie den Schrebergarten neben dem von Hjördis und Konrad bekommen hatten. Sie alle hatten früher in Smedstorp gewohnt. Als die Kinder ausgezogen waren, hatten sie es zu mühsam gefunden, ihre großen Häuser instand zu halten. Ohne voneinander zu wissen, hatten sie sich Eigentumswohnungen in der Landstingsgatan in Simrishamn gekauft. Und zwar im selben Haus.

»Aha, du bist also heute in der Stadt«, hatte Konrad zu Gunnar gesagt, als sie sich eines Tages auf dem Parkplatz vor dem Haus begegnet waren. »Und du auch, sehe ich«, hatte Gunnar erstaunt geantwortet und von ihrem Umzug nach Simrishamn erzählt. Sie waren vorher nicht direkt befreundet gewesen, aber in dem kleinen Ort Smedstorp hatte man sich einfach gekannt.

Die neuen Wohnungen waren hübsch und hatten große Balkone, dennoch vermissten sie ihre Häuser und die Gärten. Eines Vormittags hatten sie bei einer Tasse Kaffee beschlossen, sich Kleingärten zuzulegen. Dass ihnen beinahe gleichzeitig eine Parzelle zugeteilt wurde, hatte sie gleichermaßen verblüfft und erfreut. Es war einer der Momente gewesen, in denen Gunnar normalerweise ein Sprichwort anbrachte. Er hatte hochkonzentriert die Augen verdreht, um sich etwas Passendes einfallen zu lassen. »Ungleich verteilt ist des Schicksals Ernte«, hatte er schließlich gesagt. Er konnte sich nämlich nicht immer an den ganz genauen Wortlaut erinnern.

Der Frühling war eine hektische Zeit im Kleingartengelände. Die beiden Männer schnitten die Sträucher zurück und düngten die Rasenflächen, während ihre Frauen Unkraut jäteten. Dabei waren sie alle sorgfältig und genau. Jeden Abend trugen die Frauen die Stuhlpolster in die Laube, und die Männer schlossen die Gartengeräte weg. Konrad brachte sie in einen kleinen Schuppen auf seiner Parzelle, während Gunnar seine Gerätschaften auf einer Plastikplane deponierte, die er jeden Abend in der Laube ausbreitete. Auch er plante, in der nächsten Zeit einen Schuppen zu bauen, aber bis dahin musste er sich eben so behelfen. Im Freien wollte er die Geräte auf keinen Fall liegen lassen, denn auf dem Gelände hatten schon Diebe und Randalierer ihr Unwesen getrieben. Es hatte sogar Fälle von Brandstiftung gegeben.

Immer wenn sie die Türen und die Vorhängeschlösser an den Gartenpforten zugesperrt hatten, standen die beiden Paare eine Weile an ihren Fahrrädern und unterhielten sich. Berta legte ihre Handtasche in den Fahrradkorb und schob dann die Pedalen in die optimale Startposition. Sie winkten anderen Kleingärtnern zu, während sie an deren Lauben vorbeiradelten, und fuhren dann leicht schwankend über den Parkplatz in Richtung Brücke, die zum Strandpavillon führte.

Es herrschte Ostwind, und die Wellen schlugen rauschend an den Strand. Die Möwen kreischten und flatterten mit ruckartigen Bewegungen durch die Luft. Die beiden Paare fuhren am Hafen vorbei und dann die Järnvägsgatan entlang. Es war abends noch kühl, und Berta war froh, dass sie ihre dicke Strickjacke angezogen hatte.

Vor allem aber freute sie sich über die intensive Freundschaft mit Hjördis und Konrad. Das Leben war auf einmal so reich geworden. Berta hatte durchaus auch andere Freundinnen, die sie teilweise schon seit Jahren kannte, doch Hjördis stand ihr am nächsten. Fast kam es ihr so vor, als könnte ihre Freundin Gedanken lesen, denn in diesem Moment drehte Hjördis sich um und winkte ihr zu.

2. Kapitel

Berta schlüpfte in den alten Volvo und bemühte sich, mit der Tür nicht das Nachbarauto zu berühren. Gunnar konnte es nicht leiden, wenn er in schmale Parklücken einparken musste. In Smedstorp hatte er beinah einen halben Hektar Fläche zum Parken gehabt. Und wenn sie bei Leif Handlare einkauften, konnte er sein Auto direkt vor dem nostalgischen Laden abstellen. Dort gab es keine markierten Parkplätze, sondern man stellte den Wagen irgendwohin, wo Platz war.

Bertas Miene war ernst, als Gunnar das Auto startete. Aber ich muss den Mund halten, dachte sie. Gunnar braucht seine Ruhe, wenn er ausparkt. Das Auto machte einen kleinen Hüpfer, und Gunnar kurbelte fluchend am Steuer, als lenkte er einen Sattelschlepper mit Zusatzanhänger.

»Was für ein Theater, nur um auszuparken«, brummte er.

»Das hast du gut gemacht, Gunnar«, sagte Berta aufmunternd.

»Was heißt gut? Eigentlich muss man nur rückwärtsfahren, aber das ist gar nicht einfach, wenn die Autos so dicht stehen.«

Schweigend verließen sie den Parkplatz und fuhren zum Bau- und Gartencenter in Tommarp, fünf Kilometer von Simrishamn entfernt. Gunnar brauchte Bauholz für den geplanten Geräteschuppen, und Berta wollte sich die vielen Blumen und Sommerpflanzen ansehen.

Gunnar freute sich, dass es vor dem Gartencenter keine markierten Parkplätze gab, und parkte seinen Wagen weitab von den anderen.

»Findest du nicht, dass es ein bisschen albern aussieht, so weit weg zu parken, wenn auf dem Parkplatz kaum andere Autos stehen?«

»Musst ausgerechnet du sagen, wo du nicht mal den Führerschein hast. Wenn wir aus dem Laden kommen, ist der Parkplatz vielleicht voll.«

Gunnar ging schon mit raschen Schritten in Richtung Eingang, während Berta sich bückte, um ihre Kniestrümpfe hochzuziehen. Es war immer ein besonderes Gefühl, im Frühling endlich wieder welche zu tragen. Das hatte sie schon immer gefunden. In ihrer Kindheit war der 1. Mai der Stichtag gewesen. Selbst wenn die Temperaturen noch unter dem Gefrierpunkt lagen, hatte sie an diesem Tag die kratzigen Winterstrumpfhosen durch Kniestrümpfe ersetzt. Außerdem hatten Berta und ihre kleine Schwester Iris am 1. Mai das erste Eis des Jahres bekommen. Berta seufzte. Inzwischen aß man das ganze Jahr über Eis, und es war nichts Besonderes mehr.

Als sie zum Eingang kam, war Gunnar schon im Gebäude verschwunden. Er war immer einen Schritt voraus. Nur selten gingen sie nebeneinander. Vor ihrer Trauung hatte Berta ihn ermahnt, in der Kirche langsam zu gehen. Sie hatte sich schon ausgemalt, wie er den Mittelgang entlang zum Altar stürmte, während sie nicht einmal den Mantel ausgezogen hatte.

Berta wurde von freundlichen Verkäufern begrüßt, und sie sah, wie Gunnar mit einem Berater in die Holzabteilung ging. Sie genoss es, zwischen den Blumen herumzuschlendern. Die Pflanzen sahen gesund und kräftig aus, aber sie musste mit dem Kauf noch warten, bis sie ihre Blumenkübel und Pflanzkästen herausgeräumt hatte. Aber genießen konnte sie allemal und sich dabei überlegen, was sie kaufen würde.

»Ich leihe mir in den nächsten Tagen mal Konrads Anhänger, um Bauholz zu kaufen, damit ich den Schuppen noch vor dem Herbst fertighabe«, sagte Gunnar auf dem Rückweg zum Auto. »Hast du ein paar hübsche Blumen für deine Beerdigung gefunden?«

»Ach, hör doch auf. Aber vergiss trotzdem nicht, was ich gesagt habe«, meinte sie leise.

Gunnar bog aus alter Gewohnheit nach rechts in Richtung Smedstorp ab statt nach Simrishamn. Sie hatten mitverfolgt, was nach dem Verkauf ihres Hauses geschehen war. Ihr Sohn Mikael und seine Frau Mona hatten kein Interesse daran gehabt, das Haus zu übernehmen, weil sie sich gerade erst ein modernes Einfamilienhaus in Simrishamn gebaut hatten. Thomas hingegen, der Sohn von Hjördis und Konrad, war mit seiner Familie ins Haus seiner Eltern gezogen, weil sie vorher ziemlich beengt in einer Wohnung gelebt hatten.

»Da sitzt Anton Nilssons zurückgebliebene Tochter Hulda auf der Milchrampe und baumelt mit den Beinen wie immer«, sagte Gunnar.

»Ich mag es nicht, wenn du ›zurückgeblieben‹ sagst. Ist doch schlimm genug für Anton und Agda mit Huldas Problem. Und was meinst du eigentlich mit zurückgeblieben?« Berta klang irritiert.

»Na ja, zurückgeblieben heißt doch wohl, dass der Kopf nicht richtig entwickelt ist.«

»Ich finde, sie hat ein hübsches Köpfchen.«

»Man meint doch mehr im Kopf drin, oder?« Plötzlich war Gunnar selbst unsicher, was er eigentlich sagen wollte.

»Dann hast du ja noch mal Glück gehabt, dass dein Kopf so gut entwickelt ist, von außen und von innen«, sagte Berta spöttisch.

Als sie an ihrem ehemaligen Haus vorbeikamen, wurde Berta wieder ernst. So viele Erinnerungen strömten auf sie ein. Mikaels gebräunter Körper, wie er da in der Plastikbadewanne im Garten spielte. Ihre Enkelin Louise, die so oft zu Besuch gekommen war. Eine Wohnung in der Stadt war wirklich nicht dasselbe. Aber jede Zeit hat ihr Gutes, dachte Berta seufzend.

»Hast du was gesagt?«, fragte Gunnar.

»Ich habe an früher gedacht.«

»Vorbei ist vorbei. Sieh mal dort!« Gunnar zeigte auf ein großes Schild mit der Aufschrift Galerie, das die neuen Hausbesitzer aufgehängt hatten. »Ganz Österlen ist bald eine einzige Galerie. Blumentöpfe und verdrehte Köpfe aus Ton. Wie zum Teufel können die davon leben?«

»Keine Ahnung. Schade, dass sie das Schild direkt vor den Flieder gehängt haben.« In Bertas Stimme schwang eine leichte Trauer mit.

»So was wie die Natur sehen solche Leute natürlich nicht, sie haben ja auch genug zu tun mit ihren Tonklumpen und Pinseln.«

»Jetzt bist du aber ungerecht. Viele Künstler stellen doch ganz hübsche Sachen her«, meinte Berta. »Unsere Marmeladendose zum Beispiel. Die hat Mona in einer Galerie gekauft.«

»Gekaufte Marmelade ist doch sowieso schon in Gläsern. Ich verstehe nicht, warum man sie da noch umfüllen muss. Aber heutzutage soll ja alles so besonders und exklusiv sein.«

»Manchmal kokettierst du mit Dingen herum, von denen du nichts verstehst.«

»Soll der Schuppen braun oder rot gestrichen werden?«, fragte Gunnar betont freundlich.

»Das kannst du entscheiden. Du weißt ja ohnehin alles besser.«

So war es jedes Mal, wenn sie an ihrem alten Haus vorbeifuhren. Plötzlich wurde der Ton zwischen ihnen gereizt. Dabei hatte es in ihrer fünfzigjährigen Ehe nur wenige Scharmützel gegeben. Höchstens dann, wenn sie Gäste erwarteten und Berta nervös wurde, was schnell der Fall war. Aber Gunnar hatte gelernt, ihr in solchen Fällen aus dem Weg zu gehen.

»Wir melden uns doch zum Frühlingsfest an, oder?«, fragte Gunnar, als sie sich Simrishamn näherten.

»Natürlich! Hjördis und Konrad wollen auch hingehen, das weiß ich. Aber wir warten mit der Anmeldung bis nach der Mitgliederversammlung. Dann wissen wir auch, was es kostet.«

»Wenn wir hinwollen, ist es doch egal, was es kostet. Letztes Jahr hat es zweihundert Kronen pro Person gekostet, und das war es auch wert, finde ich. Wenn man dann noch die Inflation einrechnet, können wir uns das auf jeden Fall leisten.«

»Was weißt denn du von der Inflation, Gunnar Andersson?« Berta sah ihren Mann erstaunt an.

»Ach, das sagt man doch so«, antwortete er verlegen. Er befürchtete, dass seine Frau in eine tiefere Diskussion einsteigen wollte. Sie verfolgte aufmerksam die Nachrichten und informierte sich über die Ereignisse in der Welt, dachte er stolz und tätschelte ihr das Knie.

»Was willst du denn jetzt? Es gibt kein Marzipantörtchen zum Kaffee, falls du darauf aus sein solltest«, meinte Berta lachend und strich ihm über die Hand.

Zu Hause legten sie sich eine Weile hin, um sich in ihrem neuen Doppelbett auszuruhen. Sie hoben die Tagesdecke mit dem Gobelinmuster an und holten die Kissen darunter hervor. Berta streckte sich aus und breitete die Wolldecke über ihrer beider Füße aus.

»Wenn am Wochenende schönes Wetter ist, können wir im Garten grillen. Vielleicht kommen Hjördis und Konrad dazu«, schlug Gunnar vor.

»Mal sehen, wie das Wetter wird«, antwortete Berta verschlafen.

Ein dumpfer Knall war zu hören, als die Haustür unten zuschlug. Wenig später erklang das klappernde Geräusch von Holzpantinen auf den Stufen.

»Es ist ja nicht zu fassen, was für einen Lärm die machen. Das klingt ja schlimmer als …«

»Zumindest sind das nicht solche Crocs oder wie die Dinger heißen. Aber wir müssen uns wohl daran gewöhnen.«

»Es klingt so, als würden sie mir direkt durch den Schädel laufen«, murrte Gunnar.

»Holzschuhe gehen ja noch, solange sie tagsüber im Treppenhaus herumtrampeln. Da finde ich die Sache mit dem Waschkeller viel schlimmer«, sagte Berta.

»Mit dem Waschkeller?« Gunnar stützte sich auf seinen Ellbogen und sah Berta an. »Wo ist denn da das Problem, wenn ich fragen darf?«

»Ach, ich bin es einfach nicht gewohnt, so weit im Voraus zu planen. Man muss sich ewig vorher in die Liste für die Waschmaschinennutzung eintragen. Außerdem sind die Maschinen so groß, dass unser ganzer Kleiderschrank darin Platz hätte. Und es war früher so schön, die Wäsche ins Freie zu hängen und in der Sonne trocknen zu lassen.«

Gunnar antwortete nicht, sondern schloss die Augen. Es war ihnen beiden schwergefallen, sich an das Leben in der Wohnung zu gewöhnen. Das Einparken, der Lärm im Treppenhaus, die Liste im Waschkeller. Gunnar öffnete die Augen wieder.

»Aber bei uns hier drinnen ist es warm und gemütlich. Es zieht nicht durch die Fenster wie in unserem Haus früher. Wenn was kaputtgeht, kommt jemand und repariert es. Das finde ich gut«, sagte er optimistisch.

»Schade, dass wir keine Katzen mehr haben«, sagte Berta. »Aber sie würden mir leidtun, wenn sie immer in der Wohnung leben müssten.« Plötzlich begann sie zu kichern.

»Was ist denn daran so witzig?«

»Ich musste gerade daran denken, wie wir damals unseren Kater Pupsi haben kastrieren lassen.«

»Was ist denn daran so witzig? Schließlich haben wir ihm den ganzen Spaß im Leben verdorben.«

»Weißt du noch, wie Mikael gesagt hat: ›Warum habt ihr Pupsi den Sack abgeschneidet, Papa?‹«

»Na ja, so was ist für ein Kind in dem Alter nicht so leicht zu durchschauen. Wollen wir uns nun ausruhen oder nicht?« Gunnar kuschelte seine Beine in die Wolldecke.

»Aber die Sache mit Pupsi war schon verrückt«, sagte Berta und lachte noch immer. »Kann ich auch was von der Decke abhaben?«, fragte sie dann und zog die Decke zu sich herüber, bevor sie sie unter dem Knie einrollte.

Die dünnen Tüllgardinen ließen die hellen Strahlen der Mittagssonne ins Schlafzimmer. Auf Bertas Nachttischchen tickte ein Wecker beharrlich vor sich hin, daneben lag ein Buch über Gartenpflege.

3. Kapitel

»Ich gehe eben hoch zu Konrad und frage, ob ich mir seinen Anhänger leihen kann, um die Bretter zu transportieren«, sagte Gunnar, als sie aufgewacht waren.

»Gut. Schließlich soll aus dem einzigen Raum in unserer Laube kein Geräteschuppen werden.«

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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