Kritisches Denken und Problemlösen (E-Book) - Manfred Pfiffner - E-Book

Kritisches Denken und Problemlösen (E-Book) E-Book

Manfred Pfiffner

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Beschreibung

Dieses E-Book enthält komplexe Grafiken und Tabellen, welche nur auf E-Readern gut lesbar sind, auf denen sich Bilder vergrössern lassen. Kritisches Denken und Problemlösen gilt nicht nur als Schlüsselqualifikation des 21. Jahrhunderts, sondern auch als zentral für das lebenslange Lernen. Als Teil der 4K bildet es sowohl eine Grundlage für die Lese- und Schreibkompetenz als auch für die digitale und die unternehmerische Kompetenz. In diesem Band der Reihe «4K kompakt» werden theoretische Hintergründe und praktische Ansätze dargelegt, die aufzeigen, wie kritisches Denken und Problemlösen im Unterricht erworben und angewendet werden kann.

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Manfred Pfiffner / Saskia Sterel / Claudio Caduff

Kritisches Denken und Problemlösen

Grundkompetenzen für lebenslanges Lernen

4K kompakt, Band 3

 

ISBN Print: 978-3-0355-1658-6

ISBN E-Book: 978-3-0355-1663-0

 

1. Auflage 2022

Alle Rechte vorbehalten

© 2022 hep Verlag AG, Bern

 

hep-verlag.ch

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Einleitung

2 Kritisches Denken – eine Einführung

2.1 Denken

2.2 Kritisches Denken

2.2.1 Kritisches Denken als 21st Century Skill

2.2.2 Facetten des kritischen Denkens

2.2.3 Fake News, Bullshit und die Wahrheit

2.2.4 Ursachen für unkritisches Denken

2.3 Kritisches Denken konkret

2.3.1 Logisches Schließen

2.3.2 Umgang mit Zahlen

2.3.3 Wahrscheinlichkeiten

2.3.4 Bayes’sches Denken

2.3.5 Denk-, Urteilsfehler und -verzerrungen

2.4 Nachdenklichkeit und die Grenzen des kritischen Denkens

3 Argumentieren

3.1 Die Ziele des Argumentierens

3.2 Argumente belegen

3.2.1 Fakten und Wissen

3.2.2 Fake News

3.2.3 Keine Fake News

3.3 Argumentieren üben

3.3.1 Struktur von Argumenten darstellen

3.3.2 Beziehungen zwischen verschiedenen Aussagen darstellen

3.3.3 Argumente rekonstruieren

3.3.4 Textprozeduren

4 Kritisches Denken im Unterricht

4.1 Von der Notwenigkeit des kritischen Denkens

4.2 Strategien zur Förderung des kritischen Denkens

4.2.1 Voraussetzungen für kritisches Denken schaffen

4.2.2 Initialphase gestalten

4.2.3 Phase der Urteilsbildung begleiten

4.2.4 Entwicklung von Alternativen unterstützen

4.2.5 Möglichkeiten zur Erprobung schaffen

4.3 Lernziele für kritisches Denken formulieren

5 Selbstständiges Arbeiten und kritisches Denken

5.1 Recherchieren

5.1.1 Suchmaschinen

5.1.2 Wikipedia

5.2 Umgang mit Quellen

5.3 Umgang mit Bildern, Videos, Zahlen, Statistiken, Grafiken, Studien

5.3.1 Bilder

5.3.2 Videos und Deepfake

5.3.3 Zahlen, Statistiken und Graphen/Diagramme

5.3.4 Studien

5.3.5 Beispiel

6 SRG-SSR-Initiative «Kritisches Denken und Fake News erkennen»

6.1 Projektrahmen

6.2 Kritisches Denken im Lehr-/Lernprogramm UDH

7 Schlusswort zum kritischen Denken und Problemlösen nach 4K

Literatur

Über die Autoren und die Autorin

Vorwort

«Braucht es noch ein Buch über Bildung? Droht ein weiteres nicht einfach übersehen zu werden im Meer der Publikationen zu diesem Thema?» – So begann Rita Süssmuth, ehemalige Bundestagspräsidentin Deutschlands, ihr Vorwort zum Werk «Ausbilden nach 4K – ein Bildungsschritt in die Zukunft» von Saskia Sterel, Manfred Pfiffner und Claudio Caduff (2018). Vier Jahre später erscheint der dritte Band der Reihe «4K kompakt» zum kritischen Denken und Problemlösen. Ausbilden nach 4K wird beachtet. Und geschätzt. Worin liegen die Gründe für den Erfolg dieser Reihe?

Generell bieten die 4K (kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation) angesichts der herrschenden Megatrends wie Digitalisierung oder Internationalisierung eine sehr praktische Orientierungshilfe. In einer Zeit, in der sich Entwicklungszyklen immer rascher ablösen und Automatisierung und Vernetzung unaufhörlich fortschreiten, gewinnen überfachliche Kompetenzen immer mehr an Bedeutung. 4K und namentlich kritisches Denken und Problemlösen bieten eine griffige Formel zur Orientierung im Unterrichtsalltag.

Die Verknüpfung von kritischem Denken und Problemlösen stellt eine sehr bedeutsame Kompetenz dar. Wer kritisch denkt, kann komplexe Sachverhalte analysieren, Gegenstände aus verschiedenen Blickwinkeln untersuchen, Fakten, Daten und Quellen prüfen, interpretieren, reflektieren und urteilen.

Kritisches Denken ist mit Blick auf die Entwicklung der sozialen Medien von höchster Relevanz. Die Zunahme sozialer Medien und die Art und Weise, wie darüber Nachrichten verbreitet werden, führen in gesellschaftlicher Hinsicht zu bedenklichen Verhältnissen. Da braucht es leider nicht einmal die aktuelle Pandemie, um das Ausmaß der Missstände zu erkennen. Fake News sind zu einem alltäglichen Phänomen geworden. Der Qualitätsjournalismus gerät unter Druck. Die Verantwortung unabhängiger, ausgewogener Medien wächst für die Demokratie und den gesellschaftlichen Zusammenhalt im Gleichschritt mit der Nutzung digitaler Kanäle.

Kritisches Denken und Problemlösen ist wegen der technologischen Veränderungen und der Bedeutungszunahme überfachlicher Kompetenzen ein Kernelement der sogenannten Berufsfähigkeit. Exemplarisch dafür steht das vom Staatssekretariat für Bildung, Forschung und Innovation SBFI geförderte Pilotprojekt «Unternehmerisches Denken und Handeln an Berufsfachschulen der Schweiz – ökonomische, soziale und ethische Aspekte». Dieses verknüpft berufskundliche und allgemeinbildende Inhalte so, dass künftige Fachkräfte ihre Ideen und Problemlösungen in nachhaltige Werte für Wirtschaft und Gesellschaft umwandeln können. Und mit der durch die Schweizerische Radio- und Fernsehgesellschaft SRGSSR initiierten Ergänzung des Lernprogramms mit kritischem Denken und Erkennen von Fake News wird die Berufsbildung als Ganzes gestärkt (siehe Kapitel 6).

Der Band «Ausbilden nach 4K» und die daraus entstandene Reihe «4K kompakt», zu der auch der hier vorliegende Band gehört, dürfen als Schlüsselwerke für die Bildung betrachtet werden. Sie geben uns Orientierung im pädagogischen Handeln, sind der Wahrheit verpflichtet, fördern eine nachhaltige Wirtschaft und stärken den demokratischen Zusammenhalt der Gesellschaft. Deshalb wünsche ich diesem Buch, dass es «im Meer der Publikationen zu diesem Thema» nicht einfach übersehen wird. So wenig wie sein Grundlagenwerk aus dem Jahre 2018.

 

Georg Berger, Direktor BBZ Olten, Präsident Table Ronde Berufsbildender Schulen TBRS-TREP und der Schweizerischen Direktor/innen-Konferenz SDK-CSD

1Einleitung

Im Europäischen Referenzrahmen zu den Schlüsselkompetenzen für lebenslanges Lernen tauchen Fähigkeiten wie kritisches Denken und Problemlösen, Teamwork, Kommunikations- und Verhandlungskompetenz sowie analytische Fähigkeiten, Kreativität und interkulturelle Kompetenz als feste Bestandteile auf. Insbesondere zählen das kritische Denken und Problemlösen sowie die Befähigung, Informationen zu bewerten und zu verarbeiten zu den wichtigsten Fähigkeiten bei den ausgewiesenen Schlüsselkompetenzen Lese- und Schreibkompetenz, digitale Kompetenz, Bürgerkompetenz und unternehmerische Kompetenz (Europäischer Rat 2018).

Die Erwerbsarbeit wird durch die rasante Veränderung der Arbeitswelt durch Digitalisierung und Technologisierung stark verändert. Gefordert sind daher zunehmend Kompetenzen wie die 4K, nämlich Kritisches Denken und Problemlösen, Kommunikation, Kooperation sowie Kreativität und Innovation (vgl. Sterel, Pfiffner & Caduff 2018).

Die 4K stellen ein Kondensat aus einem ganzen Bündel wichtiger Kompetenzen dar. Sie bilden das zentrale Rüstzeug für die aktuelle und zukünftige (Arbeits-)Welt. Wie bereits im Buch «Ausbilden nach 4K – Ein Bildungsschritt in die Zukunft» (vgl. ebd.) angemerkt, geht es beim kritischen Denken und Problemlösen insbesondere um vernetztes Denken. Komplexe Fragestellungen, Themen, Thesen, aber auch Behauptungen sollen analysiert, in überschaubare Teile gegliedert und aus verschiedenen Blickwinkeln sorgfältig betrachtet werden. Fakten, Tatsachen und Hintergrundwissen müssen dabei recherchiert und hinzugezogen werden, um dann interpretiert und gewissenhaft reflektiert werden zu können. Ob beim Analyseprozess induktiv oder deduktiv vorgegangen wird, ist dabei nicht entscheidend. Wichtig scheint, dass sowohl konventionelle als auch innovative Lösungsvorschläge erarbeitet werden und auf den Tisch kommen. Die verschiedenen Sichtweisen oder Resultate sollen insgesamt zu besseren Lösungen der komplexen Probleme führen.

Die in der klassischen Lernzieltheorie (Bloom 1956) verwendeten Zielebenen der Analyse, der Synthese, der Beurteilung sowie des Transfers kommen beim kritischen Denken und Problemlösen schwergewichtig zur Anwendung. Genau wie in dieser Theorie ist es beim kritischen Denken und Problemlösen beispielsweise nur dann möglich, eine fachgerechte und stichhaltige Begründung über ein Thema zu liefern, wenn zuerst eine tiefgreifende Analyse erfolgte und die erschlossenen Bereiche in einer Synthese zusammengefasst und angemessen gewichtet wurden. Erst dann ist eine abschließende Beurteilung sinnvoll und es kann ein erfolgreicher Transfer in die Praxis erfolgen (siehe Abbildung 1).

Abbildung 1: Lernzieltaxonomie nach Bloom (angepasst nach Shabatura 2013)

Kritisches Denken setzt demnach ein ebenso breites wie tiefes Fundament bezogen auf die Grundkenntnisse eines Wissensbereichs (kognitive Taxonomiestufen K1 und K2) voraus, damit auf deren Grundlage analysiert, synthetisiert und beurteilt werden kann. Die Beurteilung entspricht in diesem Fall – zusammen mit den beiden vorgelagerten Stufen – dem kritischen Denken, Hinterfragen, Charakterisieren, das schließlich dazu beiträgt, ein Problem zu lösen. Es zeigt sich dabei, dass das Problemlösen häufig auf verschiedene Arten möglich ist, je nachdem, welche Ergebnisse das kritische Denken in seinem oben beschriebenen Prozess erbracht hat. Kritisches Denken ist also keine eingleisige Denkart, ganz im Gegenteil: Auf Basis der Analyse und Synthese sollen verschiedene Möglichkeiten aufgezeigt werden, wie ein Problem zu lösen ist. Durch kritisches Denken werden dann die verschiedenen Möglichkeiten gewichtet, umgestaltet, verworfen und weiterentwickelt.

Im Alltag gilt es täglich, Probleme zu lösen. Diese lassen sich nur in den seltensten Fällen wie in der Schule in Fächer gliedern. Meistens sind die involvierten Personen aufgefordert, das Problem aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten und anzugehen.

2Kritisches Denken – eine Einführung

In der US-Fernsehshow Let’s make a deal machte deren Showmaster, Monty Hall das ursprünglich vom Mathematiker Martin Gardner entworfene Three Prisoners Problem allgemein bekannt (Pinker 2021, S. 16–20). Ein Spieler steht vor drei geschlossenen Türen, hinter einer befindet sich ein Auto, hinter den beiden anderen je eine Ziege. Wenn der Spieler die Tür mit dem Auto wählt, so gewinnt er dieses. Als Erstes darf nun der Spieler eine Tür wählen. Bevor diese geöffnet wird, öffnet der Showmaster eine Tür, hinter der sich eine Ziege befindet. Anschließend gibt der Showmaser dem Spieler die Möglichkeit, bei seiner ursprünglichen Wahl zu bleiben oder die andere verbleibende geschlossene Tür zu wählen. Konfrontiert mit diesem «Problem», entscheiden sich beinahe alle dafür, bei der ersten Wahl zu bleiben, da sie die Chancenverteilung nun auf 50:50 einschätzen. Tatsächlich beträgt die Gewinnchance bei einem Wechsel zwei Drittel. Dies lässt sich relativ einfach erläutern (es gibt verschiedene Beweise dafür). Nehmen wir an, der Spieler wählt zunächst Tür A. Seine Gewinnchance beträgt dann ein Drittel, denn es gibt (ohne Manipulation) drei gleich wahrscheinliche Möglichkeiten, dass das Auto sich hinter Tür A, Tür B oder Tür C verbirgt. Gedanklich kann man nun drei Möglichkeiten durchspielen, wenn das Auto hinter Tür A steht:

Der Spieler wählt Tür A. Er gewinnt, wenn er nicht wechselt.

Der Spieler wählt Tür B. Er gewinnt, wenn er wechselt.

Der Spieler wählt Tür C. Er gewinnt, wenn er wechselt.

Nationale Berühmtheit erlangte das Spiel im Jahr 1990, als in einer Kolumne in Prada (eine Beilage in Hunderten von Sonntagszeitungen) Marilyn von Savant, die ihr Philosophiestudium abgebrochen hatte, erklärte, dass man bei diesem Spiel wechseln solle, da sich damit die Gewinnchance von einem Drittel auf zwei Drittel erhöhe. Dies löste Tausende von Leserbriefen aus. Darunter befanden sich rund tausend Promovierte (mehrheitlich in Mathematik und Statistik), von denen die meisten schrieben, dass Marilyn falsch läge. Einer bemerkte maliziös «Maybe women look at math problems differently than men» (ebd., S. 18).

Diese Geschichte zeigt, dass kritisches Denken nicht einfach eine Frage der Begabung oder der Bildung ist. Und kritisches Denken muss sich auch kritisch mit dem eigenen Denken auseinandersetzen, denn niemand ist gefeit vor Vorurteilen oder falschen Vorstellungen.

Kritisches Denken ist kein scharf umrissenes Konzept, vielmehr ist es sehr offen und facettenreich. Auch der Begriff selbst ist kaum geklärt, und kritisches Denken umfasst viel mehr als das, was unter diesem Begriff heute geschrieben wird. So hätte zum Beispiel Immanuel Kant den Begriff «Kritisches Denken» wahrscheinlich als pleonastisch empfunden. Denn der Begriff «Kritik» hat im deutschen Sprachgebrauch einen starken Wandel erlebt. Zu Kants Zeit meinte «Kritik», das was heute im Englischen mit «Critique» bezeichnet wird und auch der Bedeutung der antik-griechischen Wortherkunft entspricht: die Praxis des Urteilens, die auf Vernunft basiert beziehungsweise diese zur Voraussetzung hat, und Denken ist dafür unabdingbar. Heute wird «Kritik» besonders in der Umgangssprache im Sinne vom Englischen «criticism» als abwertende Feststellung, negative und ablehnende Bewertung verwendet.

In den folgenden Ausführungen soll zunächst auf einige wichtige Aspekte des Begriffs «Denken» eingegangen werden. Danach folgt eine Auseinandersetzung zum kritischen Denken im Rahmen des aktuellen Diskurses zu den 21st Century Skills. Dabei wird sich zeigen, dass das Konzept eher diffus bleibt, was eine Auseinandersetzung mit kritischem Denken notwendig macht – einerseits, um den Fokus zu öffnen und andererseits, um dessen vielfältige Aspekte konkreter zu fassen. Im Zentrum stehen dabei die Arbeiten der Psychologen Daniel Kahneman, Daniel J. Levitin und Steven Pinker. Ein Ausblick auf Nachdenklichkeit beendet das Kapitel.

2.1Denken

Das deutsche Wort «Denken» bedeutet viel Verschiedenes, es umfasst Intellektuelles wie Nichtintellektuelles (vgl. dazu z.B. Ryle 2015, S. 385–387). Besonders das Verb «denken» verwenden wir oft im Sinne von «annehmen» und «glauben», «es ist also möglich, dass jemand eine Menge alberner Dinge in diesem Sinne, aber sehr wenig in einem anderen Sinne denkt» (ebd., S. 385).

In der philosophischen Tradition ist Denken eine intellektuelle Tätigkeit, die auf Erkenntnis abzielt. Für Platon ist Denken ein Dialog zwischen der Vernunft und dem menschlichen Selbst, Descartes versteht es als Synonym für Bewusstsein, während Kant es genauer fasst: Denken heißt urteilen, indem bewusst aufgenommene Anschauungen mit dem Verstand verarbeitet und Begriffe gebildet werden. Heidegger lehnt die Gleichsetzung von Vernunft und Denken ab; er plädiert für eine Erweiterung des Denkens im Sinne einer poetischen Interpretation der Welt. Und Hannah Arendt begreift Denken als eine Tätigkeit, wobei sie zwischen dem Vorgang des Denkens und dem Gedachten streng unterscheidet.

Für die Psychologie ist Denken eine höhere kognitive Funktion, die sich von einfachen kognitiven Funktionen wie zum Beispiel Wahrnehmen unterscheidet. Denken geht auf der einen Seite dem Handeln voraus, indem es die Voraussetzungen für das Handeln schafft, auf der anderen Seite kann Denken auch rückwärtsgewandt sein, indem es eine Situation beurteilt oder ein Ereignis bewertet.

In der Psychologie werden vor allem folgende Modalitäten des Denkens unterschieden (Kruse 2017, S. 25–27):

PROBLEMLÖSENDES DENKEN: Dieses Denken ist auf eine konkrete Aufgabe gerichtet, die gelöst werden muss und insofern einem Handlungszweck unterworfen ist. Für die Lösung vieler Probleme reicht Routine aus. Erst wenn Probleme nicht mehr mit Routine gelöst werden können, ist bewusstes Denken gefordert. In diesem Zusammenhang spricht man oft auch von heuristischem Denken.

REFLEKTIERENDES DENKEN: Dieses Denken hat keinen direkten Zweck, vielmehr ist es «eine Art vertieftes, genaues Denken, das um des Denkens Willen betrieben wird» (ebd. S. 25f.). Es dient dem Verstehen und hat nicht selten eine Metafunktion als Denken über das eigene Denken.

NACHVOLLZIEHBARES DENKEN: Dieses Denken ist ein Prozess, der Symbole und Zeichen, die eine spezifische Bedeutung aufweisen, kognitiv verarbeitet und damit etwas, was von anderen gedacht wurde, nachvollzieht. Das Lesen ist ein gutes Beispiel für nachvollziehendes Denken, wobei dafür auch noch andere kognitive Prozesse notwendig sind.

KREATIVES UND SPIELERISCHES DENKEN: Beiden gemeinsam ist «die temporäre Auflösung des Rationalitätsdrucks» (ebd. S. 26), das heißt, Denken unterliegt hier keinem Funktionalitätszwang.

TAGTRAUM UND MIND WANDERING: In diesem Denken wird die Kontrolle des psychischen Vorganges zum Teil aufgehoben und der Verstand gibt sich unkontrolliert oder wenig kontrolliert Gedanken hin.