Krumme Touren - Jens Nielsen - E-Book

Krumme Touren E-Book

Jens Nielsen

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Beschreibung

Von Vaganten, Quacksalbern, der Bielefeldschen- und der Hohner Bande Zu Beginn des 19. Jahrhunderts tauchte sie plötzlich und wie aus dem Nichts auf und verschwand ebenso schnell wieder: Eine Räuberbande, die in der Stadt Schleswig und in den Herzogtümern Schleswig und Holstein maskiert und schwer bewaffnet zahlreiche Einbrüche verübte und so die Einwohner in Angst und Schrecken versetzte. Auch wenn man der Mitglieder dieser Gaunerbande schnell habhaft werden konnte, ist die Erinnerung an ihre berüchtigten Taten fast volkstümlich geworden und bis heute in Sage und Legende im Raum Schleswig verewigt. Doch bereits wenige Jahre nach Verhaftung der Gauner und Ganoven ging das Verbrechen weiter - zwar mit den gleichen Methoden, jedoch in noch größerem Stil. Hatte die Bande sich befreien können? Waren es andere Räuber? Wer waren sie und wo kamen sie her? Sollte man bei dem Wort Räuber allerdings an romantisch verklärte Banden à la Robin Hood denken, die angeblich den Reichen nahmen und den Armen gaben, könnte man bei dem Wirken dieser Banden schnell desillusioniert werden. In diesem Buch begegnet einem nur zum Teil die romantisch verklärte Seite der Räuberei, denn aus den Seiten steigen vor allem die Täter und Täterinnen in ihrer wahren Gestalt und mit der ungeschminkten Fratze des Verbrechens hervor, das aus der Not heraus geboren wurde. Als Vertreter einer bekämpften Gegenkultur zeigen die gewesenen Musikanten, Sänger, Puppenspielerinnen, Kesselflicker und fahrenden Händler eine ganz spezielle soziale Schicht, deren Erscheinen und deren gesellschaftliche Prägung in der Literatur und in der Erforschung der Regionalgeschichte viel zu lange vernachlässigt wurde.

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Kritische Studien zur Sozialgeschichte Schleswigs

von Jens Nielsen

20211

1 Titelbild: Radierung aus La Perdición De La Mujer, 1866

„Sag ihnen, mein Handwerk ist Wiedervergeltung – Rache ist mein Gewerbe.“2

2 Schiller, Friedrich, 1781, Die Räuber II, 3/Karl, S. 107

Inhaltsangabe:

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6.1 Ernst Matthias Claus Heinrich (Hinrich) Lanckau

6.2 Johann Rudolph Schulz

6.3 Asmus Friedrich Ludwig Wilhelm Rieck alias Adolph Ludwig Friedrich Rieck alias Adam Friedrich Ludwig Wilhelm Rieck

6.4 Johann Hermann Anton Asmussen

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7.1 Christian Friedrich Ahrens

7.2 Sophie Elisabeth Hameister

7.3 Nathan (*1783, †?) und Levi Isaak (*1779, †?)

7.4 Johann Anton Severin Koop

7.5 Claus Friedrich Bohnhoff(t)

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2.1 Der Vater

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2.3 Die Kinder

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0. DIE „BIELEFELDSCHE BANDE“ UND DIE„HOHNER BANDE“ – EINE EINFÜHRUNG

Naturkatastrophen, Pandemien3 mit lebensbedrohlichen Krankheiten, Kriege und Revolutionen haben oft nicht nur die körperliche Unversehrtheit des Einzelnen, sondern auch das gesellschaftliche Zusammenleben der Menschen insgesamt in der Geschichte immer wieder stark zum Negativen beeinflusst. Die aus solchen Menschheitskatastrophen resultierenden wirtschaftlichen und sozialen Nöte brachten zwangsläufig in der Folgewirkung einen starken Niedergang der Moral und eine Herabsetzung der öffentlichen Ordnung in Gang. Bis hin in unsere Zeit hat sich gezeigt, dass die Zunahme von leichten Ordnungswidrigkeiten bis hin zur vermehrten Gründung krimineller Banden oft in einem Kontext mit persönlich empfundenen wirtschaftlichen und sozialen Krisen- und Notsituationen zu sehen ist. Die Größenordnung des Verlustes der Moral hat sich dabei immer dem herrschenden Zeitgeist angepasst.

Eine besondere Epoche in der Geschichte, in der Sitte, Recht und Ordnung in dieser Form zerstört wurden, war nicht nur die Zeit des 30-jährigen Krieges, sondern vor allem die Zeit der napoleonischen Feldzüge am Ende des 18. Jh. und zu Beginn des 19. Jh., die auch als die Zeit der Koalitionskriege bekannt geworden ist. Speziell aus diesem Zeitraum sind zahlreiche Einzeltäter, aber auch namentlich bekannte organisierte Räuberbanden und Zusammenschlüsse von „Gaunern“4 vermehrt in Erscheinung getreten, die den Niedergang der Moral und der öffentlichen Ordnung stark widerspiegelten. Die jeweilige Staatsgewalt hatte diesen Zusammenschlüssen nur sehr bedingt etwas entgegenzusetzen. Als Folge der Kriege waren viele Menschen sozial und wirtschaftlich entwurzelt worden und fühlten sich aus der Not dazu veranlasst, im Alleingang zu stehlen, oder gar einer Räuberbande beizutreten. Mit den instabilen Machtverhältnissen war auch die Gesellschaft instabil geworden. Spielräume für Gewalt taten sich überall auf und so hatten auch solche Räuberbanden vielerorts bald Konjunktur. Unter dem Begriff „Räuberbande“ darf man sich in diesem Zusammenhang allerdings keine konstante Bande, sondern lediglich einen losen Zusammenschluss vorstellen, der sich für eine Reihe von Überfällen oder Einbrüchen zusammentat, um danach wieder getrennte Wege zu gehen.

Auch in der alten Stadt Schleswig und den umliegenden Harden5 sind in diesem Zusammenhang besonders zwei solcher „Gaunerbanden“ um die Mitte des 19. Jh. nachzuweisen. Doch trotz der großen Legendenbildung, die mit den Taten der Räuber und Räuberinnen anderenorts üblicherweise einherging, fehlte es bei diesen beiden Banden, so scheint es, ein wenig an der zu erwartenden „Räuberromantik“, die man Diebesbanden dieser Zeit vor allem in südlicheren Gegenden gerne zuzuschreiben gewillt war. Die noch im Stadtarchiv in Schleswig erhaltenen Prozessakten und Berichte stellen die Täter und auch Täterinnen in einem sehr kalten, berechnenden und zum Teil auch gewalttätigen Licht dar. Die Gestalt des Räubers als edler Verbrecher, der mit seiner Bande zwar gegen Gesetze handelt, aber auch für Gerechtigkeit verarmter Unterschichten kämpfte, wäre der Bevölkerung in der Vorstellung und als Romanvorlage vielleicht noch „willkommen“ gewesen, hier aber schien es zunächst nur um die ordinäre Bereicherung einiger „verkommener“ Subjekte mit Hilfe von Schrecken und zur Not auch mit Gewalt zu gehen.

Ab November des Jahres 1820 bis Ende 1823 wurde sowohl die Stadt Schleswig als auch die gesamte umliegende Region plötzlich von einer Einbruchs- und Diebstahlswelle in bisher unbekanntem Ausmaß überzogen, die auch über einen darüberhinausgehenden Zeitraum noch lange für großes Aufsehen und Gesprächsstoff in diesem Landstrich sorgte. Nicht nur in der Stadt Schleswig selbst, auch in den umliegenden Dörfern Kropp, Börm, Süderbrarup und Busdorf kamen im großen Stil Gold- und Silberzeug, Bargeld, Textilien und andere Wertsachen abhanden. Selbst vor der Entwendung von beispielsweise drei Pfund Kaffee und sieben Pfund braunem Zucker machten die Diebe nicht Halt. Schließlich kamen auch aus dem Raum Rendsburg, Kiel, Lütjenburg und Preetz diesbezüglich Nachrichten, dass zahlreiche Wertgegenstände gestohlen worden waren. Insgesamt wurden um die 66 Einbrüche, Diebstähle und andere Delikte in diesem Zeitraum gezählt, wovon in den Jahren 1821/1822 ganze 10 Delikte direkt in der Stadt Schleswig und deren unmittelbarer Umgebung verübt worden waren. 39 Untaten zählte man schließlich im gesamten Herzogtum Schleswig und weitere 27 kamen aus dem Landesteil Holstein dazu. Auch Abstecher für Raubzüge nach Lauenburg und Mecklenburg, Lübeck und Hamburg wurden im Laufe der Zeit von dieser Bande unternommen. Zu den Einbrüchen und Diebstählen hinzu kamen nicht erfasste Betrugsdelikte durch fingierte Glücks- und Kartenspiele.

Zu den am bekanntesten gewordenen Raubzügen der Bande, von deren Existenz als organisierte Räuberbande man zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht wusste, gelten unbestritten die Einbrüche in die Hohner Hardesvogtei6, in die Pastorate von Busdorf und Kropp und in das Taubstummeninstitut in Schleswig, welches damals von dem sehr rührigen Prof. Hans Hensen (1786–1846) geleitet wurde. Es wurde bei den zahlreichen Verbrechen immer klarer, dass es sich bei der Planung und Umsetzung der Taten um keine autark agierenden Kleingruppen, sondern um eine sehr große, gut organisierte Diebesbande handeln musste, die die Bevölkerung nicht mehr nur stark beunruhigte, sondern schließlich richtiggehend in Angst und Schrecken versetzte.

Zwar konnte man erst einzelne Mitglieder und schließlich die ganze Bande dingfest machen, die aus sage und schreibe 34 Personen bestand, wovon es sich bei zehn um Frauen handelte, ein Teil der Beute aber blieb verschwunden. Diese war regelmäßig nach Rendsburg gelangt, wo sie geschäftsmäßig angekauft und umgesetzt wurde. Anführer der nach ihm benannten Räuberbande, so stellte sich heraus, war der noch junge Zuchthäusler Hans Bielefeld aus Tetenhusen. Über seinen abenteuerlichen und zum Teil sehr erschreckenden Lebenswandel, über seine Kontakte und über das Wirken seiner Diebesbande vorrangig in den Herzogtümern Schleswig und Holstein soll hier im ersten Teil des Buches berichtet werden.

Der zweite Teil dieses Buches beschäftigt sich mit einer weiteren Bande, die hier nach ihrem Ursprung und Wirkungskreis als die „Hohner Bande“ bezeichnet werden soll, da ihre Hauptführer – die Familie Reinert – aus der damaligen „Hohner Harde“ und aus der nächsten Umgebung von Rendsburg kamen. Die Bande, die erst im Jahre 1842 aufgedeckt und verhaftet wurde, war unmittelbar nach der Zerschlagung der „Bielefeldschen Bande“ schon in den 30er Jahren durch Raub- und Einbruchsdelikte in der gleichen Region in Erscheinung getreten, ohne dass man zunächst einen Zusammenhang zu einer bestehenden Bande herstellen konnte - glaubte man doch die Bande des Hans Bielefeld aufgelöst. Interessanterweise weisen beide Banden verblüffende Parallelen in der Auswahl ihrer Opfer, in ihrem Vorgehen, in ihrem Operationsbereich und in ihrer Organisation auf, sodass man nicht mehr allein an Zufälle glauben mag. Nur war die „Hohner Bande“ um ein Beträchtliches größer und konnte so ihre Kräfte bei ihren Raubzügen und ihre Verbindungen in die Szene viel effektiver einsetzen. Die Geschichte dieser zweiten Bande, die von Fluchtversuchen, von Taten großer Verwegenheit und von teils schweren Zuchthausstrafen geprägt ist, soll ebenfalls hier erzählt werden. Mittlerweile weisen die hier vorliegenden neuesten Forschungen nach, dass mindestens ein Bandenmitglied der Bande des Hans Bielefeld auch Mitglied der „Hohner Bande“ war.

Das Gefängnis im Rathaus der Stadt Schleswig hat zu unterschiedlichen Zeiten mindestens 20 Mitglieder der „Hohner Bande“ im Rahmen der Untersuchungen unterbringen müssen.

Im dritten Teil des Buches schließlich wird das Leben der Vaganten7, der Fahrenden und mit ihnen auch der Räuber und Räuberfrauen in Sage und Legende und auch im wirklichen Leben genauer unter die Lupe genommen. Ein Leben das so voller Not und Elend war, aber auch in vielen Fällen mit so viel Selbstbewusstsein und Einfallsreichtum geführt wurde. Dabei werden Gerüchte und ganz bewusst gestreute Hetze genauso kritisch betrachtet, wie Moritaten, Märchen und Räubergeschichten aus den Herzogtümern Schleswig und Holstein und ihre Entstehung. Anhand zahlreicher Beispiele soll der oder die Lesende einen Einblick in eine gewesene lebendige Gegenkultur bekommen, die über Jahrhunderte mit einer eigenen Sprache, eigenen Sitten und Gebräuchen, einem eigenen Wegenetz, einer eigenen Vorstellung von Moral und Religion und einem eigenen Geschlechterrollenverständnis parallel existiert hat. Eine gelebte Gegenkultur der „Kleinen Leute“ gegen die Macht der Starken und Etablierten.

7 Veraltet für Vagabund

I.

1. „VON DER HAND IN DEN MUND…“

Bei der Betrachtung der Zeit vor dem Erscheinen der beiden hier zu beschreibenden großen Banden weisen die Quellen in Sachen Einbruch und Diebstahl schon Jahrhunderte vorher auf zahlreiche Einzeltäter in der Region hin. Viele Erzählungen, Sagen und Legenden über diese Art „Diebesgesindel“ sind aus der Region um die alte Herzogstadt Schleswig in diesem Zusammenhang bekannt geworden. So waren gegen Ende des 18. Jahrhunderts beispielsweise vielerorts Geschichten über einen berüchtigten Räuber namens Klaus Fischer aus dem zur Gemeinde Esgrus gehörenden Atzbüll in der Landschaft Angeln besonders im Schwange. Sein Operationsgebiet war bevorzugt die Gegend zwischen den Dörfern Satrup und Ülsby. Fischer machte die Gegend durch unvorhergesehene Überfälle und Diebstähle unsicher. Zwar war er bereits zweimal für seine Verbrechen zu längeren Zuchthausstrafen in Glückstadt verurteilt worden, knüpfte aber trotzdem nach seiner Entlassung jeweils wieder an seine vorherigen Taten an. Schließlich wurde förmlich Jagd auf ihn gemacht, um seiner habhaft zu werden. So suchten sowohl Polizeibeamte als auch Soldaten im Zusammenschluss mit Förstern und Freiwilligen aus den umliegenden Dörfern die ganze Gegend ab. Man fand ihn schließlich in einem Gehölz südlich von Tordschell bei Havetoftloit. Er hatte sich hier in einem dichten Gebüsch unterirdisch eine Wohnung eingerichtet, die aus einer Stube, einem Bett, einer Küche mit Schornstein und vielen Geräten und Waffen bestand. Nach seiner Ergreifung wurde er diesmal zur Strafe auf die dänische Festung Kronburg bei Helsingör geschafft, die durch Shakespeares „Hamlet“ zu großer Berühmtheit gelangt ist. Die Region gehörte dereinst zum dänischen Gesamtstaat. Das Urteil des Klaus Fischer lautete auf lebenslänglich. Der Besagte verschaffte sich allerdings alsbald eine leere Buttertonne, machte diese durch Einsetzen eines Deckels luftdicht und stürzte sich mit der Tonne unter dem Arm an einem dunklen Abend in den schmalen Sund. Ziel war es, die nahegelegene schwedische Küste gegenüber zu erreichen. Aufgrund des starken Windes und der unkalkulierbaren Strömung wurde er allerdings in das Kattegat hinausgetrieben. Man hat nie wieder von ihm gehört.

Doch auch zahlreiche andere Einzeltäter in der Region sind bekannt geworden. Für verhältnismäßig leichte Vergehen wurden in dieser Zeit sehr schwere Strafen verhängt. So gestand beispielsweise der Landstreicher Christian Behrends 1726 in der Stadt Schleswig nach Androhung der Folter einen Wäschediebstahl und wurde daraufhin zu einer lebenslänglichen Karrenstrafe in Rendsburg verurteilt. Bei dieser sehr kräftezehrenden Strafe wurde der Häftling an seine Schubkarre gekettet und musste harte körperliche Arbeit verrichten. Doch auch wenn man keines Diebstahldeliktes, sondern nur des Vagabundierens „überführt“ werden konnte, musste man mit der Verfolgung durch die Behörden rechnen. So wurde ein Mann namens Abraham Michel 1768 lediglich wegen „Herumstrolchens“ in Schleswig aufgegriffen. Da ihm kein weiteres Verbrechen nachgewiesen werden konnte, wurde er nach öffentlicher Zurschaustellung im „Drillhaus“ (drehbarer Käfig) der Stadt verwiesen. Ihm wurde die Karrenstrafe angedroht, sollte er sich noch einmal in der Stadt blicken lassen.8 Der drehbare Gitterkäfig der Stadt Schleswig wies lange die Aufschrift auf: „Alle lose Gesindel schrenck ich ein, Hüte dich dass du nicht kömmst drein. Anno 1731.“9

Sowohl allen Räubern als Einzeltätern als auch den Räuberbanden der alten Zeit als auch den als Vaganten bezeichneten Fahrenden insgesamt und anderen in diesem Sinne unsteten Geistern der vorangegangenen Jahrhunderte scheint auch bei Androhung von Strafe eines gemeinsam gewesen zu sein: Neben dem Misstrauen und der Ablehnung, welche ihnen naturgemäß von der sesshaften Bevölkerung entgegengebracht wurden und der Angst, die sie