Künstlerpech - Harald Schneider - E-Book

Künstlerpech E-Book

Harald Schneider

4,5

Beschreibung

Der Kurpfälzer Comedian Pako soll im Frankenthaler Congressforum auftreten, doch noch vor der Show stirbt ein Bühnenarbeiter. Kommissar Reiner Palzki ermittelt im tiefen Sumpf des Künstler- und Veranstaltungsmilieus. Galt der Anschlag eigentlich Pako? Weitere Mordversuche kann Palzki unter Einsatz des eigenen Lebens verhindern. Schließlich stellt sich die entscheidende Frage: Wer ist die geheimnisvolle rothaarige Frau, die überall auftaucht und die doch niemand zu kennen scheint?

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Harald Schneider

Künstlerpech

Personen und Handlung sind frei erfunden.

Ähnlichkeiten mit lebenden oder toten Personen

sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Besuchen Sie uns im Internet:

www.gmeiner-verlag.de

© 2013–Gmeiner-Verlag GmbH

Im Ehnried 5, 88605 Meßkirch

Telefon 0 75 75/20 95-0

[email protected]

Alle Rechte vorbehalten

Lektorat: Claudia Senghaas, Kirchardt

Herstellung: Julia Franze

Umschlaggestaltung: U.O.R.G. Lutz Eberle, Stuttgart

Was den Dilettanten vom Künstler trennt?

Daß er sein Werk gelungen nennt,

Dieweil der Künstler betrübt ermißt,

Wie schlecht nun sein Traum verkörpert ist.

Vorwort

Liebe Leserin, lieber Leser! Ich weiß, Sie werden jetzt gleich schmunzeln oder lachen oder sogar ungläubig den Kopf schütteln. Trotzdem muss ich in aller Deutlichkeit ausführen, dass dieses Buch, das Sie gerade in der Hand halten, ein Roman ist, also eine fiktive Geschichte. Leider hat sich diese Erkenntnis immer noch nicht überall herumgesprochen. Ich will Ihnen dazu ein Beispiel nennen: In der Tageszeitung ›Die RHEINPFALZ« veröffentliche ich in Teilauflagen monatlich einen Rätselkrimi mit Kommissar Palzki. Eines Tages flatterte der Redaktion ein bitterböser Brief ins Haus. Den im letzten Fall beschriebenen Diebstahl einer Briefmarkensammlung hätte es kürzlich wirklich gegeben und auch genau in der beschriebenen Straße. Sinngemäß stand da unter anderem zu lesen:

›Da jetzt wohl jeder kriminelle Zeitungsleser sich denken wird, dass die Versicherung den Schaden bezahlt hat und die Sammlung wieder komplett ist (diese Schlussfolgerung verstand ich nicht), verlangen wir, dass Sie sich gefälligst an den Kosten für erhöhte Sicherungsmaßnahmen des Gebäudes (welches überhaupt nicht beschrieben wurde) in der besagten Straße beteiligen.‹

In dem vorliegenden Roman »Künstlerpech« werden Orte beschrieben, die es tatsächlich gibt und die ich hoffentlich sehr authentisch beschrieben habe. Es kommt sogar noch schlimmer: Mehrere mitwirkende Personen gibt es wirklich und sie treten sogar mit ihrem richtigen Namen auf. Selbstverständlich habe ich das Einverständnis dieser Personen vorliegen. Details erfahren Sie am Ende des Buches in der Danksagung.

Auf eine Person, die Sie bestimmt kennen, möchte ich besonders hinweisen: Es ist der bekannte Kurpfälzer Comedian Christian Chako Habekost. Wenn Sie nicht in dieser Region wohnen, finden Sie Informationen zu dem Künstler unter www.chako.de.

Szene 1 Ein Herz für Kinder

Es hätte so ein schöner Tag werden können.

Zittrig wischte ich mir mit dem Handrücken den Schweiß von der Stirn und blickte auf die Armbanduhr. 20 Minuten, das war ein neuer absoluter Rekord. Meine Frau Stefanie, die soeben neben mir auf dem Beifahrersitz Platz genommen hatte, lächelte. Es war ein eher zurückhaltendes Lächeln.

»Siehst du, es funktioniert«, meinte sie und schnallte sich an.

»Aber nur, weil Melanie und Paul zu Hause bleiben«, konterte ich.

»Die beiden sind alt genug, dass man sie mal für eine Stunde allein lassen kann. Wenn wir sie zum Einkaufen mitnehmen, gibt es ja doch nur wieder Streit.«

Erbost antwortete ich: »Streit gab es bei uns noch nie.«

»Und was ist mit den vielen Familienpizzen und den zehn Kilogramm Pommes, die Paul das letzte Mal in den Einkaufswagen getürmt hat? Komm, fahr endlich los.«

Ich startete den Wagen und zeitgleich begann ein infernalisches Geschrei. Ich stellte den Wagen wieder ab, schaute zuerst flüchtig in Stefanies müdes und gestresstes Gesicht und dann schräg nach hinten zum Urheber des Lärms. Lars strampelte mit seinen Füßen, und seine Augäpfel quollen wegen der kräftigen Schreie fast aus den Höhlen. Mein Sohn. Seit zwei Wochen hatte sich unsere Welt verändert. Stefanie ging wegen der nötigen Rund-um-die-Uhr-Betreuung zurzeit auf dem Zahnfleisch, Paul war von seinem Brüderchen enttäuscht. »Mit dem kann man gar nichts anfangen, der kann nur schreien und in die Windel scheißen.«

Melanie war die Sache einigermaßen egal, dafür freute ich mich wie ein kleines Kind. Ich, also, wir hatten einen zweiten Jungen. Ein Traum war in Erfüllung gegangen.

Die Erfüllung des Traumes hatten wir uns zwar mit mehr Arbeit erkauft, doch was zählte das schon. Trotz des Stresses schwebten meine Frau und ich auf Wolke Sieben.

Stefanie stieg aus und schnallte Lars aus der Babyschale. Sie rümpfte die Nase.

»Ich glaube, er hat was in der Windel. Du kannst im Wagen sitzen bleiben, während ich ihn schnell wickle.« Sie schnappte sich die Wickeltasche, die bereits im Wagen lag.

Warum sollte mein Sohn sonst geschrien haben, dachte ich mir, während meine Frau ins Haus ging. In einem Jahr oder so wird er bestimmt sauber sein.

Mein Handy klingelte. Seit Stefanies Schwangerschaft hatte ich mir mehr oder weniger angewöhnt, ein aufgeladenes Handy mitzuführen. Bestimmt rief mal wieder meine Schwiegermutter an, um uns fernmündlich wertvolle Erziehungstipps zu geben. Aber es war Jutta, meine Kollegin.

»Hallo, Reiner«, begrüßte sie mich. »Kannst du bitte zu uns kommen? Wir hätten da einen kleinen außerplanmäßigen Einsatz.«

»Es ist Samstag, liebe Jutta. Wir sind gerade beim Einkaufen. Was gibt es denn so Dringendes? Wurde auf KPD ein Attentat verübt?«

Mit KPD meinte ich den Dienststellenleiter der Schifferstadter Kriminalinspektion, der mit korrektem Namen Klaus P. Diefenbach hieß.

Ich hörte am anderen Ende ein verlegenes Hüsteln, bevor sie leise antwortete: »Herr Diefenbach steht direkt neben mir. Wir befinden uns auf der Landstraße in Richtung Dannstadt, etwa 100 Meter vor dem Gräberfeld.«

Oh Schreck, was konnte da nur passiert sein? Auf jeden Fall musste es von höchster Wichtigkeit sein, sonst würde KPD um diese Jahreszeit sein klimatisiertes Büro niemals verlassen. Mit den rund 30 keltischen Grabhügeln aus der Hallstadtzeit konnte es nichts zu tun haben, die waren immerhin 2.500 Jahre alt. Mir kam ein anderer Gedanke. Hatte man KPD vielleicht in einer verfänglichen Situation angetroffen? Das wäre nicht das erste Mal. Erst an Fasnacht hatte ich per Zufall ein äußerst delikates Geheimnis meines Vorgesetzten gelüftet. Ja, das musste es sein, deshalb auch der Anruf von Jutta. Sie brauchte Verstärkung.

Spontanität war gefordert, ich fuhr los. Stefanie würde ich unterwegs mit dem Handy anrufen und außerdem war es noch früh am Tag. Die Supermärkte würden uns nicht davonlaufen.

Ich fuhr gerade am Schifferstadter Wasserturm vorbei in Richtung Umgehungsstraße, da schreckte ich erneut auf: Meine Trommelfelle drohten zu platzen, ein Höllenlärm durchdrang das Fahrzeuginnere. Mit offenem Mund starrte ich durch den Rückspiegel nach hinten in den Fond. Ich hatte Lisa vergessen, Lars’ Zwillingsschwester.

»Ja was hat denn meine Kleine, dududu?«, versuchte ich sie mit zartestmöglicher Vaterstimme zu beruhigen. »Vermisst du deinen Bruder? Keine Angst, der braucht nur eine frische Windel. Nachher kannst du wieder mit ihm um die Wette schreien, dududu.«

Es nützte nichts. Sie schrie weiter, als würde jeden Moment die Welt untergehen. Was sollte ich nur tun? Weiterfahren dürfte wenig Sinn machen. Man würde mich, wenn ich mit einem schreienden Baby auftauchen würde, sofort zur Polizeipuppenbühne versetzen. Zurückfahren zu Stefanie? Das würde nur endlose Diskussionen auslösen. Selbst ist der Mann, dachte ich und bog kurz nach dem Ortsschild links in einen asphaltierten Feldweg ein, der zu einem Unternehmen führte, und hielt an. In dem Moment, in dem ich die Tür neben Lisas Sitz öffnete, traf mich fast der Schlag. Etwas Breiartiges drückte sich bereits durch den Bund der sommerlich kurzen Hosen auf ihre Beine. Meine Tochter musste die Windel gesprengt haben.

Es half alles nichts. Lisa würde an ihrem Geschrei in kürzester Zeit ersticken. Erste Hilfe war angesagt. Ich schnallte meine Tochter ab und fast erbrach ich, als ich mich dazu über sie beugen musste.

Gut, dass ich unmittelbar nach der Geburt einen neuen Dienstwagen bekommen hatte. In den Minivan passte nicht nur unsere sechsköpfige Großfamilie, und wenn es sein musste, sogar noch die Schwiegermutter, er hatte auch eine ebene Ladefläche in rückenschonender Hüfthöhe. Ich öffnete den Kofferraum und legte Lisa auf die Ladefläche. Die Situation entwickelte sich zu einer der größten Herausforderungen in meinem bisherigen Leben, vom Rosenkohlessen mal abgesehen. Doch auch dieses Problem meisterte ich durch unendlichen Ideenreichtum. Ich öffnete den Erste-Hilfe-Koffer und zog mir die Einmalhandschuhe über.

Die Beschreibung der folgenden Minuten erspare ich Ihnen, liebe Leserin und lieber Leser sowie mir. Nichts soll mich an die bräunsten Minuten meines Lebens erinnern.

Nur soviel: Unter Einsatz fast des kompletten Inhalts des Erste-Hilfe-Koffers gelang es mir, meine Tochter halbwegs zu säubern. Mangels Windel und frischer Kleidung schlug ich den Körper des kleinen Mädchens in zwei Dreieckstücher und den Rest des Verbandmulls ein. Wie ich es auch immer anstellte, das Zeug hielt nicht und verrutschte wieder. Blöd war, dass ich die Rolle mit dem Klebepflaster, die normalerweise in den Kästen lag, vorgestern für die Reparatur des Rasenmähergriffs benutzt hatte. Ich wollte schon aufgeben und einen Notruf absetzen, da hatte ich abermals eine glänzende Idee. Und siehe da, es funktionierte. Zum Schluss betrachtete ich mein künstlerisches Werk, und sogar Lisa schien wieder zufrieden zu sein.

»Siehst du, mit Papa erlebt man die tollsten Sachen. Wenn du ein bisschen größer bist, gehen wir zusammen eine ordentliche Portion Pommes rot-weiß essen.«

*

Minuten später parkte ich an der von Jutta durchgegebenen Stelle in der Grasnarbe neben der Straße. Ein Spurensicherer sah uns und begann spontan zu lachen. Er kam auf uns zugelaufen und zückte einen Fotoapparat.

»Das ist das Geilste, was ich je gesehen habe«, meinte er und schoss eine großzügige Bilderserie. »Das lade ich nachher gleich in Facebook hoch, Herr Palzki. Ich wusste gar nicht, dass Sie so sportverrückt sind. Sieht man Ihnen überhaupt nicht an.«

Nachdem er unverschämt lang auf meinen kaum sichtbaren Bauchansatz gestarrt hatte, wandte er sich lachend wieder seiner Arbeit zu.

Jutta und KPD hatten mich inzwischen ebenfalls entdeckt. Meine Kollegin plusterte die Backen auf, um nicht laut herauszulachen, Diefenbach wirkte verwirrt. Nicht, dass dies einer Erwähnung wert war, aber dieses Mal vermutete ich den Grund seiner Verwirrung bei mir. Auf einmal schien bei ihm der Groschen gefallen zu sein.

»Hallo, Herr Palzki. Tut mir leid, dass ich Sie auf dem Weg nach Kaiserslautern abfangen ließ. Ich wusste gar nicht, dass Sie sich für Sport interessieren. Aber Sie wissen ja, wie es ist: Als Kriminalbeamter kann man sich seine Arbeitszeit nicht immer selbst aussuchen. Als kleines Trostpflaster für diesen zusätzlichen Wochenenddienst nehme ich Sie demnächst mit zur südwestdeutschen Minigolfmeisterschaft. Da staunen Sie, was? Ich habe auf sämtlichen Vorderpfälzer Bahnen seit Jahren die Platzreife!«

Während mir mein Vorgesetzter diesen Schwachsinn ins Ohr drückte, von dem ich nur die Hälfte verstand, kamen immer mehr Beamte auf uns zu, lachten und fotografierten um die Wette. Der von mir vermutete Tatort lag plötzlich wie ausgestorben, was ja irgendwie passte, falls es überhaupt einen Toten gegeben hatte.

Dies bemerkte auch KPD. Während er mit autoritärer Stimme einschritt und das Personal wieder an die Arbeit jagte, flüsterte mir Jutta zu: »Weiß Stefanie davon? Die wird dich umbringen, mindestens.«

»Was habt ihr denn alle«, regte ich mich auf. »Es war ein Notfall. Lisa hat unterwegs ein kleines Stinkerchen gemacht. Als Vater kann man doch mal das eigene Kind wickeln, oder? Denk ein bisschen emanzipiert, Jutta.«

Meine Kollegin stutzte. »Ich wusste bis eben nicht einmal, dass du dieses Wort kennst, Reiner. Ich finde es ja gut, wenn du Stefanie hilfst. Aber auf diese Art und Weise?«

»Na und? Sonst hätte das nicht gehalten. Ich kann doch nicht mit einem nackten Baby an einem Tatort auftauchen!«

»Du solltest überhaupt nicht mit einem Baby an einem Tatort sein. Und schon gar nicht mit einem Baby, das in Polizeiabsperrband eingewickelt ist.«

Ich schaute zu Lisa, die fröhlich vor sich hingluckste. Das rot-weiße Band, in dem ich sie teilweise eingewickelt hatte um die Dreieckstücher zu fixieren, war zugegebenermaßen optisch etwas gewöhnungsbedürftig. Aber es hielt, und meiner Tochter schien das Knistern der Folie bei jeder Bewegung zu gefallen. Was sollte daran also schlecht sein? Vielleicht hielt die Aufschrift ›Polizeiabsperrung‹ sogar ein weiteres Malheur auf?

»Jutta, was hat KPD vorhin gefaselt, von wegen Kaiserslautern und Minigolf. Muss ich das verstehen?«

Sie schüttelte den Kopf. »Du stehst mal wieder auf dem Schlauch, mein Lieber. Unser Chef dachte, du wärst auf dem Weg zum Betzenberg.«

»Zu einem Fußballspiel? Wie kommt der auf so einen Mist?«

Jutta deutete auf Lisa. »Deine Tochter ist ja schließlich ganz auf 1. FCK gestylt. Mehr rot-weiß geht nicht. Mit Lisa kriegst du bestimmt lebenslang Freikarten.«

Fußball–Kaiserslautern–1. FCK–rot-weiß–ja, klar. »Da kann ich doch nichts dazu, wenn die die gleichen Farben haben wie unser Absperrband.«

Wir wurden in unserem Dialog unterbrochen. Einer der Spurensicherer rief mir aus ein paar Metern Entfernung zu: »Wie heißt eigentlich Ihre Tochter?«

»Lisa«, antwortete ich stolz. »Warum?«

»Ach, nur so.«

Irgendwie nahmen die Merkwürdigkeiten überhand. Ich beschloss, weitere Kommentare und Fragen über meine Tochter und mich zu ignorieren und den eigentlichen Grund meines Hierseins zu erfragen.

»Hören wir auf mit dem Quatsch, Jutta. Was gibts hier für uns zu tun?«

Sie zeigte in Richtung KPD, der in ein paar Metern Entfernung in der Nähe eines großen Busches mit zwei Untergebenen diskutierte. »Der Hund eines Spaziergängers hat ein paar Skelettteile ausgebuddelt. Es sind eindeutig menschliche Knochen.«

»Wie lang lagen die denn schon dort? Das ist doch normal, dass auf einem Gräberfeld Knochen liegen. Oder haben wir aktuell Langzeitvermisste in unserer Region? Und warum ist KPD hier?«

Jutta zuckte mit den Schultern. »Fragen stellst du. Woher soll ich das wissen?«

Ich seufzte. »Also mal wieder in alten verstaubten Akten wühlen. Das wird KPD wohl kaum selbst machen. Wer hat den überhaupt aus seinem Büro gelockt? Seit der seine Klimaanlage hat, verlässt er sein Büro normalerweise nur, wenn er aufs Klo muss.«

Zusammen mit Jutta gingen wir zu unserem Vorgesetzten. Der Tatort sah wenig spektakulär aus. Ein bisschen aufgewühlter Sandboden und eine Plane, unter der wahrscheinlich die Skelettteile lagen.

»So, jetzt bin ich da, Herr Diefenbach.«

KPD unterbrach seinen Monolog mit den Untergebenen und schaute mich überrascht an. »Ja?«

»Ich wollte nur sagen, dass Frau Wagner und ich jetzt die Ermittlungen übernehmen. Sie können wieder in Ihr wohltemperiertes Büro fahren. Nicht, dass Sie bei diesen Temperaturen einen Sonnenstich bekommen.«

»Von was reden Sie da, Palzki?«, fragte er ungehalten.

Ich kratzte mich am Kopf und überlegte, ob KPD seine Klimaanlage zu niedrig eingestellt hatte und seine Hirnsynapsen dadurch einen Frostschaden erlitten hatten.

»So machen wir es doch immer, Herr Diefenbach. Wir, die Indianer, ermitteln draußen vor Ort, und Sie als Häuptling lösen in Ihrem Büro in aller Ruhe das Verbrechen. Dazu müssen Sie doch nicht selbst an den Tatort kommen. Was da unterwegs alles hätte passieren können bei dem Verkehr heutzutage.«

»Wie kommen Sie darauf, dass Sie den Fall übernehmen sollen, Palzki?«

»Aber–aber, Sie haben mich doch rufen lassen!«

»Ach so«, KPD versuchte zu lachen, was aber ziemlich verächtlich rüberkam. »Jetzt verstehe ich. Da liegt ein Missverständnis vor. Die Ermittlungen in diesem schwierigen Fall führe ich selbstverständlich höchstpersönlich. Hier ist meine Kompetenz vor Ort gefragt.«

Ich brauchte ein paar Sekunden, um meinen Mund wieder schließen zu können.

»Und was soll ich dann hier?«

KPD zog mich am Oberarm aus der Hörweite der anderen.

»Sie müssen für mich nach Frankenthal. Ich kann leider nicht auf zwei Hochzeiten gleichzeitig tanzen.«

»Ich soll für Sie auf eine Hochzeit gehen?«

Das wurde ja immer verrückter.

»Nein, natürlich nicht. Das wäre in den Kreisen, in denen ich verkehre, ja außerordentlich peinlich.«

Ich bemühte mich, die Beleidigung zu überhören.

»Wie Sie den letzten Ausgaben des Polizeikuriers entnehmen konnten, mache ich gerade eine Vortragsreise durch die Kurpfalz. In meinen Vorträgen referiere ich über wichtige und aktuelle Themen zur Polizeiarbeit. Klar, dass da ausschließlich hochrangige Beamte zuhören. Ich kann mit meinen Ideen nicht nur die Polizeiarbeit der Zukunft revolutionieren, sondern auch mein persönliches Netzwerk ausbauen.« Er schaute gen Himmel, als erwarte er, dass ihm eine Krone entgegenfallen würde.

Ich hatte keine Ahnung, was er mit ›Polizeikurier‹ meinte. Vielleicht wusste es Jutta. KPD sprach weiter.

»In der nächsten Woche habe ich einen wichtigen Vortrag im Spiegelsaal des Frankenthaler Congressforums, nähere Informationen hängen am Schwarzen Brett. Kennen Sie das Congressforum?«

Ich nickte, denn erst kürzlich erreichte dort die Ermittlungssache mit dem Speyerer Bistum einen ihrer Höhepunkte.

»Wenn solch hochrangige Beamte zu meinen Vorträgen kommen, selbst der Minister hat zugesagt, müssen natürlich auch die Sicherheitsaspekte vor Ort geklärt werden. Das ist zwar eine heikle Sache, aber ich denke, wenn ich Sie genau instruiere, könnte es klappen.«

»Soll ich die Security in Frankenthal überprüfen?«

»Ach was, ich will Sie ja nicht überfordern. Ihre Aufgabe besprechen wir nachher. Fahren Sie jetzt zuerst mal mit Ihrer Kollegin Wagner auf die Dienststelle. Ich komme bald nach, dann werde ich Ihnen alles erklären.«

KPD wandte sich wieder seinem Tatort zu, die Sache war für ihn zunächst erledigt. Unverhofft kam er aber noch mal zurück und schaute mit verklärtem Blick auf Lisa.

»Meine Frau und ich wollten ja auch mal Kinder haben. Evolutionstechnisch gesehen wäre das für die Menschheit ein großer Segen. Aber Sie wissen ja, wenn man mal Vorgesetzter ist, bleibt für das Privatleben nur sehr wenig Zeit.« Er machte eine kleine Pause. »Kann man die kleinen Dinger eigentlich irgendwo tageweise mieten?«

»Ich kann Ihnen gern mal für einen Tag den Paul vorbeibringen, Herr Diefenbach.« Ich versuchte, mein boshaftes Grinsen so weit wie möglich zu unterdrücken. Doch mein Vorgesetzter hatte sich bereits abgewandt.

»Um mir das zu sagen, habe ich hierher fahren müssen, Jutta?«

Meiner Kollegin war die Sache offensichtlich peinlich. »Das wusste ich doch auch nicht, Reiner. Ich war gerade fünf Minuten am Tatort, da kam KPD angefahren und verlangte sofort, dass ich dich anrufe. Die ganze Sache lief mehr als konfus.«

»Das ist normal, wenn unser Chef anwesend ist«, konterte ich. »Wenigstens scheint kein ernsthaftes Verbrechen vorzuliegen.«

»Woher willst du das wissen?«

Ich schaute Jutta fest in die Augen. »Siehst du irgendwo den Studenten Dietmar Becker? Solang der nicht auftaucht, ist nichts passiert.«

Seit Jahren wurden wir bei jeder größeren Ermittlungssache von diesem Archäologiestudenten gestört. Zu Beginn galt er selbst eine Zeit lang als Verdächtiger, bis wir herausbekamen, dass er nebenbei als Journalist für eine Tageszeitung schrieb, und es sein größter Traum war, einen dieser seltsamen Regionalkrimis zu schreiben, die in den letzten Jahren wie Pilze aus dem Boden schossen und meist die Polizeiarbeit alles andere als realistisch beschrieben. Mehrere dieser Krimis hatte er bereits veröffentlicht. Was an und für sich nicht so schlimm gewesen wäre, wenn diese sogenannten Fälle nicht ausnahmslos tatsächliche Verbrechen beschreiben hätten, die in der Kurpfalz für mächtig viel Furore sorgten. Davon abgesehen beschrieb er den ermittelnden Hauptkommissar stets als verrückten Trottel, der ohne seine Kollegen und seinen Chef absolut hilflos war. Ich konnte mir nicht vorstellen, dass er mehr als eine Handvoll regelmäßiger Leser hatte. Zudem behauptete er in dreister Weise, dass ein Beamter der hiesigen Kriminalinspektion seine Ergüsse auch noch aus ›fachlicher Sicht‹ gegenlas.

Becker roch die Verbrechen geradezu, mehr als einmal recherchierte er längst bereits vor Ort, wenn wir Beamten von der Tat erfuhren. Inzwischen galt Becker bei uns als wichtiger Indikator für Kapitalverbrechen, und das geflügelte Wort ›kein Becker, keine Toten‹ hatte sich bei uns in der Dienststelle längst durchgesetzt und wird wohl bald Einzug in die internationale Literatur und kriminalistische Standardwerke finden.

»Was machen wir jetzt?«, fragte ich Jutta.

»Das, was KPD gesagt hat. Wir fahren ins Büro. Und du am besten vorher daheim vorbei.«

Ich blickte zu Lisa, die noch immer fröhlich vor sich hinbrabbelte. »Ne, lass mal, ich nehme sie mit, dann muss sich KPD mit seinen Erläuterungen kurz halten.«

»Das kannst du nicht machen, Reiner. Hast du Angst vor Stefanie?«

Als ich aufbrausend reagierte und sie dies als Zustimmung deutete, ergänzte sie: »Dann fahr ich bei Stefanie vorbei und hole Lisa was zum Anziehen.«

Ich bedankte mich, schließlich würde Jutta mit ihrer Tat vermutlich mein Leben retten. Gemeinsam gingen wir zu unseren Autos. Eine Verabschiedung von unserem allseits beliebten Vorgesetzten hielten wir für überflüssig.

Da ich wegen Juttas Umweg zu meiner Frau ein bisschen Zeit hatte und mein Magen knurrte, empfand ich es als gute Idee, einen kurzen Zwischenstopp einzuplanen.

Meine Tochter schien hochintelligent zu sein. Während ich die Cheeseburger verputzte, nutzte Lisa einen Moment meiner Unachtsamkeit und lutschte am Ketchup der Pommes. Kurz darauf fragte mich der Besitzer meines Schifferstadter Lieblingsimbisses Caravella, ob ich zusammen mit meiner Tochter Interesse an einem Werbevertrag hätte. Nur ein paar Fotos, und das Video, das er ins Internet setzen wollte, könnte er sofort drehen, wenn ich einverstanden wäre.

Szene 2 KPDs Auftrag

Überrascht stellte ich fest, dass samstags im Waldspitzweg einiges los war. Zum ersten Mal, seit ich in dieser Dienststelle arbeitete, schaute ich mir die vielen Zettel an, die am Schwarzen Brett hingen. Ohne vorher einen Umweg über mein Büro zu machen, ging ich schnurstracks zu Jutta. Deren Räumlichkeit hatte sich seit geraumer Zeit als idealer Treffpunkt für kleinere Teamsitzungen erwiesen. Sie waren bereits alle da: Jutta, mein Lieblingskollege Gerhard, der trotz zurückweichenden Haarkranzes ständig neue Bekanntschaften machte und sein Leben genoss, sowie Jungkollege Jürgen. Jürgen und Gerhard begannen sofort zu lachen. »Das ist ja noch bizarrer als im Internet.«

»Sind wir nun alle da, meine Herren?«, begrüßte mich Jutta und überreichte mir eine gefüllte Stofftasche.

»Könnte sein«, antwortete ich. »Warum hat KPD diesen Motorradclub eingeladen? Da hängt so ein komischer Aushang am Schwarzen Brett.«

Gerhard schaute mich überrascht an. »Seit wann liest du die Aushänge am Schwarzen Brett? Ich wusste gar nicht, dass du überhaupt weißt, wo sich das Brett befindet.«

Jutta wirkte noch eine Spur überraschter. »Was meinst du mit Motorradclub?«

»Liest du keine Schwarzen Bretter? Unser Chef will da irgendein Seminar oder so ähnlich veranstalten. Und dazu hat er diesen Club eingeladen. MC Stirnhör, glaub ich. Ein seltsamer Name.«

Jutta prustete laut heraus. »Das meinst du jetzt nicht im Ernst, Reiner, oder?«

Nachdem sie meine fragende Mimik richtig gedeutet hatte, klärte sie mich auf. »McStirnhör ist eine der weltweit größten Unternehmensberatungen. Die haben garantiert nichts mit einem Motorradclub am Hut.«

Ich hakte unbeirrt nach. »Dann ist es mal wieder eine der bedepperten Ideen unseres lieben Vorgesetzten?«

»Wie man’s nimmt«, antwortete Jutta. »KPD hat große Pläne. Er will die komplette Inspektion umstrukturieren. Es soll ein Modellversuch in Schifferstadt entstehen, als Vorbild für alle anderen Polizeidienststellen in Deutschland und wahrscheinlich der ganzen Welt. KPD sieht sich schon in der Weltgeschichte herumreisen und Referate über sein Projekt halten.«

Lisa klatschte mir ihr kleines Händchen an die Wange und brachte sich damit wieder in Erinnerung. »Ich hab’s ja verstanden, Kleine. Die liebe Tante Jutta hat dir frische Kleider mitgebracht. Dann werden wir dich mal umziehen.«

Während ich meine Tochter auf den Besprechungstisch legte, ereiferte sich Jutta.

»Hör bloß auf mit dem Tanten- und Onkelgedöns, das ist absolut nicht mehr zeitgemäß. Außerdem–«, sie erschrak und zeigte auf Lisa, »sie blutet am Mund. Da muss was passiert sein.«

Ich schnappte mir eine der Servietten, die immer griffbereit neben der Kaffeekanne lagen, und säuberte Lisas Mund. »Und schon ist sie wieder sauber.«

Meine Kollegin schaute mich empört an. »Das kannst du nicht machen, vielleicht hat sie sich im Mund verletzt.«

Um zu verhindern, dass Jutta das Jugendamt anrief, beichtete ich kleinlaut die Wahrheit: »Das war nur Ketchup.«

»Sag bloß, du hast deine Tochter mit Pommes gefüttert? Hast du deshalb fast eine Stunde gebraucht?«

»Pommes kann sie doch noch gar nicht kauen«, stellte ich klar. »Lisa hat sich nur ein paar Geschmacksanregungen am Ketchup geholt. So kann sich ihr Körper langsam an die schmackhaften Sachen gewöhnen. Außerdem habe ich das nicht mit Absicht gemacht. Ich war einen Moment abgelenkt.«

»Wenn das Stefanie gehört hätte«, meinte Jutta und seufzte.

»Außerdem hat der Imbissbesitzer ein Werbevideo von Lisa und mir gedreht. Das hat auch ein paar Minuten gedauert. Meine Tochter wird eine Berühmtheit werden.«

Gerhard hatte sich an seinem Kaffee verschluckt. Nachdem er wieder geordnet atmen und sprechen konnte, zeigte er auf Juttas Bildschirm: »Jürgen, würdest du bitte mal den Monitor umdrehen? Ich denke, dass der Server wieder online ist.«

Alle außer mir grinsten. Selbst Lisa jauchzte. »Was für ein Server?«, fragte ich.

»Vor etwa einer Viertelstunde ist der Hauptcomputer des Polizeipräsidiums abgestürzt. Zu viele gleichzeitige Zugriffe auf dieselbe Seite.«

Ich war ratlos. »Muss ich das verstehen? Samstags ist doch sowieso fast niemand hier.«

Jürgen schaltete per Tastendruck auf die Internet-Einstiegsseite des Polizeipräsidiums. Dann klickte er auf ›Aktuelles‹. Ein beinahe bildschirmfüllendes Foto von meiner Tochter und mir erschien. Darunter hatte ein Witzbold neben Lisas und meinem Namen ›Der jüngste Fan des 1. FC Kaiserslautern, ganz in rot-weiß‹ geschrieben.

Ich wollte gerade erzürnt reagieren, als wir ein asthmatisches Hüsteln aus Richtung Tür vernahmen. KPD trat ein und blickte automatisch direkt auf den Monitor.

»Ach, ist der Server endlich wieder online? Ein Kollege aus Ludwigshafen hat mich gerade angerufen. Er hat für diese sehr gelungene Sportfotoserie eine eigene Facebook-Seite ins Internet gestellt. Nach wenigen Minuten hatte sie bereits 84 Fans. Vielleicht kann man das mit meiner Minigolfseite verlinken.«

Ich begann, Lisa auszuwickeln. Meine Kollegin half mir vorsichtig mit einer Schere. Als dies vollendet war, spürte ich die Blicke meiner Kollegen und auch meines Vorgesetzten wie Nadelstiche in meinem Rücken. Ich gab mir keine Blöße. Im Nu hatte ich meine Tochter fachgerecht und einwandfrei gewickelt. Während ich sie anzog, meinte KPD: »Das geht ja einfacher, als ich dachte. Wenn das sogar Sie hinkriegen.«

Gerhard schaute provozierend auf seineUhr. »Nehmen Sie doch bitte Platz, Herr Diefenbach. Warum haben Sie uns alle zusammen ins Büro bestellt?«

KPD setzte sich und wischte die Reste des Absperrbandes, die vor ihm lagen, vom Tisch. Die Kaffeekanne mit dem für Normalsterbliche tödlich starken Kaffee beachtete er nicht. Er hatte bereits seine negativen Erfahrungen damit gemacht.

»Also, wo fange ich da am besten an.« Unser Chef musste seine Gedanken ordnen. »Durch das Kapitalverbrechen bin ich zeitlich etwas eingespannt, daher müssen wir umdisponieren.«

»Dann entlasten wir Sie am besten und übernehmen die Ermittlungen«, empfahl ich. »Was ist überhaupt passiert?«

»Nein, das geht auf keinen Fall. Die Ermittlungen leite ich. Das muss dieses Mal effizient und schnell geschehen. Ich vermute, dass uns die Knochenfunde zu einer großen Sache führen. Das kann Auswirkungen bis in die höchsten Ebenen der Politik haben. Der oder die Täter müssen in kürzester Zeit gefasst werden. Da können wir keine Zeit vertrödeln mit banalen Nebenkriegsschauplätzen.« Er fixierte mich. »Wenn Sie ermitteln, Herr Palzki, das muss einfach mal gesagt werden, dann arbeiten Sie alles andere als zielgerichtet. Sie machen sich da jedes Mal viel zu viel Arbeit. Unnötige Arbeit, wohlbemerkt. Ich habe Ihre letzten Fälle mal grob in Gedanken analysiert. Rund 90 Prozent Ihrer Arbeit war für die Katz!«

Wut stieg in mir auf. »Herr KP -äh Herr Diefenbach. Am Ende, wenn der Täter überführt ist, ist man immer schlauer. Am Anfang weiß man noch nichts, da muss man in alle Richtungen ermitteln, auch auf die Gefahr hin, dass falsche Spuren dabei sind.«

»Genau«, fiel er mir ins Wort. »Und diese falschen Spuren gilt es zu minimieren. Ich möchte sogar behaupten, man kann sie ausschließen. Und deshalb werde ich den Fall höchstpersönlich leiten. Wenn es klappt, wie ich mir denke, und da bin ich mir absolut sicher, werde ich ein Lehrbuch über effiziente Ermittlungsarbeit bei Kapitalverbrechen schreiben. Dann haben Sie endlich mal einen verbindlichen Leitfaden, Palzki. Wie viele Verbrechen haben Sie im letzten Jahr erst mehr als drei Tage nach der Tat aufgeklärt?«

Hilfe suchend schaute ich zu Gerhard und Jutta. Doch meine Kollegen waren genauso sprachlos. Dies war das Ende der Kriminalinspektion Schifferstadt.

»Dann können wir ja wieder heimfahren«, schlussfolgerte Gerhard und stand auf.

»Langsam, Herr Steinbeißer. Setzen Sie sich bitte wieder. Es gibt da ein paar Dinge, die muss ich mit Ihnen besprechen.«

KPD setzte sich in Positur, damit es wichtig aussah. »Ich darf meine Vortragsreihe nicht aus den Augen verlieren. Herrn Palzki habe ich vorhin schon darüber informiert. Er kann es Ihnen nachher erzählen, Herr Steinbeißer. Um 16Uhr habe ich dummerweise eine wichtige Besprechung im Frankenthaler Congressforum. Die Sache ist eigentlich klar und einfach, sonst könnte ich Herrn Palzki ja nicht hinschicken. Trotzdem ist es notwendig, dass jemand von uns wenigstens pro forma hingeht. Sonst wird mich beim Vortrag niemand ernst nehmen. Und damit es wichtiger wirkt, gehen Sie mit, Herr Steinbeißer. Alles, was Sie tun müssen, ist, darauf zu beharren, dass die strengsten Sicherheitsvorkehrungen getroffen werden, die es dort je gegeben hat. Alle meine Gäste werden hochrangige VIPs sein.« Er sah abwechselnd zu mir und zu Gerhard. »Reicht Ihnen das als Info?«

Stumm nickten wir.

»Dann kann fast nichts mehr schiefgehen. Herr Steinbeißer, bitte passen Sie ein wenig auf Ihren Kollegen auf. Er tritt öfter mal in ein Fettnäpfchen.« Und zu mir sagte er: »Ihre Tochter geben Sie bitte aber vorher daheim ab. Das sieht sonst ziemlich albern aus.«

Jürgen und Jutta saßen die ganze Zeit unbeteiligt mit am Tisch.

»Haben Sie für uns auch eine Spezialaufgabe, Herr Diefenbach?«

Er nickte. »Ich brauche Ihre Unterstützung. Da ich im Moment viel um die Ohren habe, kann ich das Meeting Montagfrüh nicht vorbereiten.«

»Meinen Sie unsere wöchentliche Lagebesprechung?«, fiel ich ihm ins Wort.

Verdattert blickte mich KPD an. »Lesen Sie nicht regelmäßig die Aushänge am Schwarzen Brett? Ab Montag wird unsere Dienststelle so richtig rausgeputzt.«

»Endlich«, sagte ich, und dummerweise war mein Mund wieder schneller als mein Gehirn. »Der Frühjahrsputz ist längst überfällig. Seit Ihre Klimaanlage eingebaut wurde, liegt mein Büro unter einer dicken Staubschicht.«

KPD schaute zu Boden und überlegte. »Ich weiß nicht«, sagte er schließlich, »vielleicht sollte ich Sie eine Weile in den Streifendienst versetzen. Nur solange, bis wir alles geregelt haben. Was macht das für einen Eindruck, wenn Sie unqualifizierte Bemerkungen von sich geben? Die kennen Sie doch überhaupt nicht und nehmen das dann für bare Münze!«

»Wen meinen Sie überhaupt?«

KPD versuchte, mit den Augen zu rollen, was völlig belämmert aussah. »Am Montag fällt die Lagebesprechung aus. Stattdessen kommt eine hochrangige Abordnung der weltweit etablierten Unternehmensberatung McStirnhör zu uns ins Haus.«

»Ach so, die.«

»Sie kennen McStirnhör?«

Ich grinste meinen Chef an. »Das hängt doch am Schwarzen Brett. Wollen Sie sich beraten lassen?«

Das wunderte mich, da sich KPD bisher eigentlich stets beratungsresistent gezeigt hatte.

Er druckste herum. »Na ja, es kann schließlich nicht schaden, auch mal eine unabhängige Meinung einzuholen. Dass sich in dieser Dienststelle einiges ändern muss, sieht ein Blinder. Außerdem soll die Beratung ja die Sachbearbeitung auf Vordermann bringen und nicht meine Führungsleistung! So kann es nicht weitergehen.«

»Bekommen wir unseren Fitnessraum?«, platzte Gerhard spontan in die Rede KPDs.

Unser Vorgesetzter ging darauf nicht ein. »Diese altbackenen Strukturen sind sehr hinderlich für mich als Chef. Vieles fließt einfach so an mir vorbei, ohne dass ich es erfahre. Es ist aber nicht nur der Informationsfluss, der einer Anpassung bedarf. Ich denke, bei uns muss ein völlig neuer Workflow etabliert werden.«

Automatisch begann ich mich zu kratzen. »Flöhe an unserer Dienststelle? Wird das eine neue Geheimwaffe?«

Jutta und Gerhard waren nah dran, loszulachen, konnten sich aber gerade noch beherrschen. Jürgen hatte das Wortspiel genau so wenig verstanden wie unser Chef.

KPD atmete zwei- oder dreimal tief durch. »Dieses ganze Hierarchiengedöns muss auf den Prüfstand. Oben muss der Häuptling stehen, also ich, darunter muss es eine breite Basis von dienstbeflissenen Indianern geben, die auf Zuruf arbeiten. Wenn bei mir alle Fäden zusammenlaufen, kann ich viel schneller reagieren und die richtigen Schlüsse ziehen. Sie werden sehen: Unsere Aufklärungsstatistik wird in die Höhe schnellen.«

»Die liegt doch bereits bei über 100 Prozent«, wandte ich ein.

»Das ist nicht genug«, polterte KPD. »Ganz vorn stehen ist immer noch zu weit hinten. Wir werden zu einer deutschlandweiten Musterdienststelle aufsteigen. Ganz Deutschland, was sage ich da, ganz Europa wird ehrfurchtsvoll zu uns hochblicken. Ich habe übrigens schon ziemlich detaillierte Vorstellungen, wie wir das schaffen. Die Manager von McStirnhör werden mich bestimmt in allen Punkten bestätigen. Jedenfalls, wenn sie gut sind und ihr Metier verstehen.«

KPD drehte völlig durch. Sein bisheriges Verhalten konnte man noch mit skurril und verrückt beschreiben, aber das, was er nun plante, dafür gab’s noch keine geeigneten Adjektive. ›Diefenbachisch‹ würde sich da vielleicht einen Weg in den Duden bahnen. Oder das Krankheitsbild der ›Schizophrenia diefenbachensis‹ in die medizinische Fachliteratur.

Jutta trank bereits die dritte Tasse Kaffee, seit KPD im Raum war. »Und wozu brauchen Sie mich und meinen Kollegen?« Sie zeigte auf Jürgen.

»Frau Wagner, Sie müssen mir den Ballast vom Hals schaffen. Bis zum Meeting am Montag will ich den Ermittlungsfall in der entscheidenden Endphase haben. Ich will den Managern zur Einführung in unsere Gespräche den aktuellen Fall exemplarisch präsentieren. Und da wäre es blöd, wenn noch keine Ergebnisse vorliegen würden. Daher muss ich Sie bitten, das Meeting vorzubereiten. Alles, was so an Wichtigem anliegt: Buffet und Getränke vor allem. Vielleicht können Sie beide auch ein paar Präsentationsplakate entwerfen. In der Mitte mein Bild und außen herum ein paar Schnappschüsse der letzten gelösten Fälle. Damit die Berater gleich sehen, dass alle Fäden bei mir zusammenlaufen müssen.«

Jutta und Jürgen nickten. KPD strahlte. »Dann wäre alles geklärt. Viel Glück, meine Herren und Frau Wagner. Ich mache mich jetzt auch an die Arbeit.«

Sekunden später war der Spuk vorbei.

Szene 3 Tod im Congressforum

Recht lang saßen wir gedankenversunken um den Besprechungstisch. Schließlich unterbrach Jutta die Stille. »Dann legen wir mal los, Jungs!«

Wir nickten zustimmend und standen auf. »Kommst du, Gerhard?«

»Willst du jetzt schon fahren? Wir haben bis zum Termin über eine Stunde Zeit. Soviel können wir uns gar nicht verfahren.«

»Ich lade dich auf einen Kaffee bei mir daheim ein.«

»Wieso denn das?«, fragte er verblüfft. »Ich habe hier meinen eigenen.«

Jutta hatte mich durchschaut. »Du traust dich nicht allein heim, stimmt’s? Du wirst doch nicht etwa Angst vor Stefanie haben?«

»Ich doch nicht! Lisa gehts gut, es ist nichts passiert. Alles im grünen Bereich.«

»Dann bete mal, dass deine Frau heute nicht ins Internet schaut«, meinte mein Kollege.

*

Trotz Gerhard hatte ich ein ungutes Gefühl, als ich zu Hause die Tür aufschloss.

Meine Frau hatte uns gehört und kam in den Flur. Sie hielt ihren Zeigefinger vor den Mund. »Seid bitte leise, Lars ist gerade eingeschlafen.«

Sie nahm mir die zufrieden lächelnde Lisa ab, begutachtete sie von allen Seiten und begann, mir Vorwürfe zu machen. Lisa begann zu schreien. Stefanie war erschüttert. »Was hast du mit ihr gemacht?«

»Ich? Bei mir hat sie doch gelacht.«

Meine Frau machte die Probe aufs Exempel und gab mir unsere Tochter zurück. Sofort hörten die Schreie auf.

»Wenn ich es aufgrund ihres Alters nicht ausschließen könnte, würde ich sagen, du warst mit Lisa in einem Fast-Food-Tempel.«

Während ich mich energisch zur Wehr setzte, kicherte Gerhard vor sich hin. »Was weiß ich«, antwortete ich scheinheilig. »Vielleicht liegt es an meinem Rasierwasser oder dem Deo.«

Meine Frau gab sich geschlagen. »Jutta hat frische Kleider geholt. Wo hast du die gebrauchten?«

»Die liegen im Auto. Ich weiß aber nicht, ob man die noch retten kann. Lisa hatte Durchfall.«

»Und du hast unsere Tochter allein gewickelt?«

»Sogar zweimal«, sagte ich stolz. Glücklicherweise fragte sie nicht näher nach.

Wir gingen in die Küche, und ich beichtete ihr meinen persönlichen Zeitplan der nächsten Stunden. Meine Frau klang alles andere als begeistert.

»Euer Chef hat einen an der Waffel.«

»Das ist schon länger bekannt«, bestätigte ich ihre Meinung.

»In zwei Stunden sind wir wieder da«, meinte Gerhard. »Ich will heute Abend mit Jasmin ausgehen.«

»Jasmin?«, hakte ich nach. »Ist die neu? Das ist das erste Mal, dass du von ihr erzählst.«

Gerhard grinste. »Na ja, wir kennen uns schon eine Weile. Letzten Mittwoch habe ich sie beim Shoppen kennengelernt.«

Gerhard genoss sein Leben. Seine Bekanntschaften wechselten recht häufig. Spätestens dann, wenn das Thema Kinder diskutiert wurde.

Inzwischen hatte sich Lisa wieder an ihre Mutter gewöhnt. Die beiden zogen sich ins Wohnzimmer zurück.

Melanie kam in die Küche und meinte: »Geil, Papa, ich hab’s gerade in Facebook gesehen. Ich bin Fan Nummer 214. Lisa wird noch berühmt.«

Aus dem Wohnzimmer rief Stefanie: »Was hast du gerade gesagt, Melanie? Ich hab’s nicht richtig verstanden.«

Mit meinem bösestmöglichen Blick fixierte ich Melanie. Sie war alt genug, um diesen richtig zu interpretieren. Sie drehte sich in Richtung Wohnzimmer und rief: »War nur ein blöder Gag, Mama. Und ich werde nicht mehr ›geil‹ sagen, okay?«

Die Situation war gerettet. Eine Weile später fuhren Gerhard und ich los. Während es sich mein Beifahrer bequem machte, steuerte ich die vierspurige B9 an, die nach Frankenthal führte und durch ihre übertriebene und nicht nachvollziehbare Geschwindigkeitsbegrenzung nervte. Unter der Prämisse ›Es geht ja schließlich um KPD‹ missachteten wir ausnahmsweise diese gesetzgeberische Anordnung. Das Congressforum im Frankenthaler Süden hatte ich bereits öfter besucht. Dienstlich gerade kürzlich, weil ich dort einen mysteriösen Fall im Speyerer Dom aufzuklären hatte, privat bei diversen Veranstaltungen. Auch wenn der Name anderes versprach, hatte das Congressforum weit mehr als Säle für Kongresse und Meetings zu bieten. Der große, atmosphärisch ausdrucksstark gestaltete Saal fasste über 1.000 Besucher und wurde durch eine kleinere Halle ergänzt, die wegen ihrer deckenhohen Spiegel und den Säulenarrangements als Spiegelsaal bezeichnet wurde. Ich vermutete, dass die Ausbaupläne von König Ludwig II. stammten.

Ich parkte auf dem Parkdeck hinter dem Forum. Da die Haupteingänge um diese Zeit vermutlich geschlossen waren, klingelten wir am Verwaltungseingang.

Durch die Sprechanlage fragte man nach unserem Begehr. Nachdem wir uns als Untertanen von Herrn Diefenbach geoutet hatten, surrte der Türöffner und wir wurden ins Obergeschoss gebeten. Durch das teilverglaste Treppenhaus konnten wir auf das Parkdeck blicken. Erst jetzt fiel uns ein größerer Transporter auf, der rückwärts an der Laderampe angedockt war.

Am Ende des Treppenhauses angekommen, surrte erneut ein Türöffner. Gerhard und ich kamen in einen lang gezogenen Flur, der seiner Länge nach durch eine Theke geteilt wurde. Der Platz vor der Theke zur Wand hin war recht schmal, ein Überholen war an dieser Stelle nur mit Verrenkungen möglich. Ivan Rebroff würde in diesem Flur Probleme bekommen. Auf der einen Seite würden Künstler, die im Congressforum auftraten, bestimmt nicht in den Verwaltungstrakt gehen, auf der anderen Seite lebte Rebroff schließlich nicht mehr. Und für Normalgewichtige war ausreichend Platz.

»Schaffst du das?«, fragte Gerhard von hinten. »Oder soll ich etwas drücken?«

Ich drehte mich um und zeigte ihm den Vogel.

Hinter der Theke stand eine jüngere Frau mit dunklem Pferdeschwanz und grinste schelmisch, da sie Gerhards Unverschämtheit gehört hatte.

»Guten Tag, mein Name ist Daniela Westermann, was kann ich für Sie tun?«

Ich stellte uns vor und wiederholte, warum wir hier waren.

»Einen kleinen Moment bitte, Herr Stefanus wird gleich da sein.«

Der Moment war sehr kurz, denn fast zur Sekunde kam aus einem der Räume, die hinter der Theke in den Flur mündeten, unser Gesprächspartner heraus.

»Guten Tag, meine Herren. Mein Name ist Claudius Stefanus. Ich bin der Leiter des Veranstaltungsmanagements und hatte eigentlich Herrn Diefenbach erwartet.«

Ich drehte mich zu ihm um, was wegen der Enge nur mit ein paar Verrenkungen klappte. Gerhard konnte gerade noch rechtzeitig ein Kugelglas mit Werbebonbons von der Theke retten, sonst wäre es an der Wand zerschellt.

»Herr Diefenbach muss sich um ein paar alte Knochen kümmern«, sagte ich, und es klang sehr abwertend. »Wir sind so etwas wie seine Vertreter. Die schärfsten Sicherheitsvorkehrungen, die Frankenthal je gesehen hat, sollen wir von Ihnen verlangen. Die Zuhörer unseres Chefs sind nämlich alle VIPs.«

Stefanus winkte mit einer großzügigen Geste ab.

»Das wollen sie alle, machen Sie sich da mal keine Sorgen. Viele Menschen reagieren so, sobald sie zwei- oder dreimal in der Zeitung gestanden haben. Gerade Künstler sind da sehr empfindlich. Manche erwarten, dass man einen roten Teppich von ihrem Hotel bis hier zum Saal auslegt. Und dann sind sie tödlich beleidigt, wenn sie durch den Hintereingang rein müssen, weil der Haupteingang tagsüber geschlossen ist.«

Stefanus holte tief Luft und rollte mit den Augen.

»Und wenn dann am Hintereingang der Hausmeister aufmacht und die unheimlich wichtige Person nicht sofort erkennt, oje, ich sags Ihnen: Da ist schon mancher durchgedreht. Zum Glück gibt es auch Künstler, die auf dem Boden geblieben sind. Kommen Sie mit nach unten, dann können Sie gleich einen kennenlernen, während wir das Sicherheitskonzept besprechen.«

Während er vorausging, schweiften meine Gedanken in die nahe Zukunft. Hoffentlich stellte Stefanus uns den avisierten Künstler mit Namen vor und erwartete nicht, dass ich ihn kannte. Mein Promi-Wissen war sehr begrenzt. Roy Black würde ich erkennen, oder lebte der auch nicht mehr?

Gerhard und ich folgten dem Veranstaltungsmanager durch eine Lagerhalle, die sich meiner Vermutung nach direkt hinter dem Spiegelsaal befand. Eine Tür später standen wir im Foyer, das die beiden Säle und das dazwischenliegende Restaurant Culinarium miteinander verband. Hier waren die meisten Wände verspiegelt, was dem Foyer eine imposante Weiträumigkeit verlieh.

Vor dem Eingang des Spiegelsaals blieb Stefanus stehen. »Sie kennen bestimmt Pako, den Kurpfälzer Comedian?«

Gerhard bekam glänzende Augen. »Klasse, gibt er auch Autogramme?«

»Sie können ihn gleich selbst fragen. Aber ich denke schon, Pako ist sehr locker drauf, dem sind seine Zuhörer wichtig. Nicht wie manche anderen Künstler, die nur zum Selbstzweck auftreten.«

Gerhard rempelte mich an. »Vielleicht können wir ihm ein paar Storys von KPD erzählen. Stell dir mal vor, wenn der ihn in sein Programm einbaut und das dann in der Presse steht.«

»Das wird nichts«, konterte ich. »KPDs Sprüche sind nämlich nie lustig, sondern nur skandalös. Da lacht keine Sau drüber.«

Pako war mir nicht unbekannt. Ich hatte zwar bisher nur ein paarmal seine flotten Sprüche im Radio gehört und sein Bild in der Zeitung gesehen, meine Frau war aber ein ausgesprochener Fan von ihm. Sie amüsierte sich köstlich über seine, wie sie sagte, aus dem Leben gegriffenen Weisheiten und Gags.

Stefanus und Gerhard waren bereits im Saal verschwunden. Ich ließ es gemächlicher angehen und blieb zunächst ein paar Sekunden in der Tür stehen. Dieser Saal hatte eine dermaßen faszinierende Atmosphäre, die mich jedes Mal von Neuem ergriff. KPD würde nach seinem Vortrag bestimmt sein Büro nach einer Vorlage des Spiegelsaals umbauen lassen.

Im Hintergrund sah ich ein zehn Meter breites und halb so hohes Bühnenbild, das die Kulisse der Pfälzer Haardt nebst einem Weinberg darstellte. Am rechten Rand stand andeutungsweise die Fassade eines alten Fachwerkhauses.

Gerhard und Stefanus unterhielten sich bereits mit dem Künstler. War das wirklich dieser Pako? Ich hatte ihn anders in Erinnerung, aber Bilder in Zeitungen können manchmal ganz schön täuschen. Trotzdem machte es bei mir Klick. Irgendwoher kannte ich das Gesicht, und das hatte nichts mit seinem Job zu tun. Doch so sehr ich auch überlegte, ich kam nicht drauf. Ich wusste nur, dass ich keine allzu positiven Erinnerungen damit verknüpfte.

»Da kommt ja auch Herr Palzki«, sagte Claudius Stefanus und zeigte auf mich.

Pako sah mir in die Augen und lächelte. »Angenehm, da fühl ich mich gleich viel sicherer, wenn so viel Polizei im Hause ist.«

Er schüttelte mir die Hand und besah mich in schon fast aufdringlicher Art und Weise. »Kann es sein, dass ich Sie vorhin im Internet in den MRN-News Rhein-Neckar gesehen habe? Mit Ihrer Tochter?« Er nickte anerkennend. »Vielleicht bau ich das in mein Programm ein, wenn ich mal wieder was mit dem FCK mach.«

Während Gerhard mit zusammengekniffenen Lippen feixend zur Seite schaute, antwortete ich: »Sie kommen mir auch bekannt vor, aber ich komme nicht drauf.«