Kurz und gut - Detlef Brettschneider - E-Book

Kurz und gut E-Book

Detlef Brettschneider

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Beschreibung

Wie auch in den acht Büchern zuvor reiht der Autor Kurzgeschichte an Kurzgeschichte, wobei er unverfroren zwischen allen Genres hin und her springt. Auch der tollpatschige Privatdetektiv Levin Baer und der adipöse Kommissar Werner Riemer sind neben vielen anderen auch diesmal wieder mit von der Partie.

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Seitenzahl: 302

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Hinweis 1:

Die folgenden Geschichten wurden zwar auf einem Computer getippt, sind jedoch nicht unter Zuhilfenahme von künstlicher Intelligenz entstanden.

Hinweis 2:

Übereinstimmungen bzw. Ähnlichkeiten von Namen, Orten, Geschehnissen oder sonstigen Dingen wären rein zufällig. Alles ist meiner Fantasie entsprungen und hat nichts mit der Realität zu tun.

Inhalt

Ouvertüre

Mein neues Shirt

Quergedacht

Die Belohnung

Versicherungsbetrug

Die totsichere Idee

10 Gebote

Vier Jahreszeiten

Im Auto

Noch ein Märchen

Das Gegenteil

Nie wieder auf eigene Faust

Der Trick des alten Magiers

Der Mantel

Unaufgeklärt

Sehnenzerrung

Nacherzählung

Lumpengesindel

Bilder

Urlaub machen

Telefonat mit Lisa

Der Spielautomat

Überschrift

Die lachen immer

Es war einmal

Vorweihnacht

Höllenquoten

Das Geräusch

Liebes Tagebuch

Der Duschschlauch

Märchen vom Sohn des Fischers

Die kleine Macke

Schon wieder ein Märchen

Wer hat da wohl Schuld?

Vater und Tochter

Jürgi

Ich bin Niemand

Der Enkeltrick

Billard-Wick

Musical

Aufklärung

Theaterkritik

Blut-Bild

Spanisch

Über den Autor

Ouvertüre

Zugegeben, ich habe hier den Ausdruck Ouvertüre ein wenig zweckentfremdet. Im Duden findet man zu diesem Wort die Formulierung „Instrumentales Musikstück als Einleitung zu größeren Musikwerken“. Nun, dieses Buch hat nichts mit Musik zu tun, aber die Wörter „Einleitung“, „Prolog“, „Vorwort“ oder auch „Vorbemerkung“ habe ich bereits in meinen vorherigen Büchern verwendet. Ich hätte mir auch ein Vorwort für diese Ausgabe sparen können, aber ich wollte ein paar Fragen voranstellen: „Warum, weswegen, aus welchem Grund, wieso, weshalb, wozu, wie kommt es, dass …“ Genauer formuliert: „Warum lesen Menschen eigentlich Bücher? Weswegen gibt es das Fernsehen? Aus welchem Grund werden Bilder gemalt? Wieso gehen Menschen ins Theater? Weshalb stellt man sich Dinge als Dekoration in die Wohnung? Wozu gibt es Kinofilme? Wie kommt es, dass auf Auktionen viel Geld für Kunst ausgegeben wird?“ Diese Fragen müssen wahrscheinlich für jeden individuell beantwortet werden. Das kluge Internet meint jedenfalls dazu: „Kunst materialisiert und verdichtet Informationen (Vorgewusstes, Ungewusstes, Geahntes), Erkenntnisse, Daten, Energie. All dies wird dem Betrachter simultan und in einer sinnlich wahrnehmbaren Form zur Verfügung gestellt“. Na dann hoffe ich doch mal, dass Sie meine zur Verfügung gestellten Kurzgeschichten ebenfalls sinnlich wahrnehmen!

Mein neues Shirt

Nach dem Duschen bleibt auch ein Privatdetektiv wie ich gelegentlich noch ein paar Minuten still stehen, um zu beobachten, wie die Wassertropfen von der Haut abperlen, um sich todesmutig nach unten zu stürzen. Dieses Vorgehen ist nicht etwa, wie man denken könnte, eine Zwangshandlung meinerseits, sondern der Tatsache geschuldet, dass ich meine altersschwachen Badetücher nicht überfordern möchte, da diese einfach nicht mehr so richtig saugfähig sind. Gut, ich hätte da noch so ein großes Frottiertuch, das ist verhältnismäßig neu und flauschig. Aber ich benutze es nicht. Das Ding hat damals Andrea mitgebracht. Wenn ich geahnt hätte, dass sie verheiratet war, hätte ich sie nie in meine Wohnung gelassen. Aber das ist eine völlig andere Geschichte.

Normalerweise gehöre ich nicht zu den Männern, die bei einem Schnupfen sterben wollen. Dieses Mal meinte aber der mir zugeteilte Körper, zwecks wirksamer Bekämpfung der akuten Rhinitis, seine Temperatur kräftig erhöhen zu müssen. Ein Privatdetektiv mit Gliederschmerzen und einer massiven Abgeschlagenheit ist in der Regel nur die Hälfte wert. Die einzig zulässige Reaktion darauf ist der Besuch bei einem Arzt, respektive bei einer Ärztin. Bevor man aber in die heiligen Hallen dieser Weißkittel gerufen wird, muss man durch die Hölle des Wartezimmers. Hustende, niesende oder jammernde Patienten kann ich ja noch wegstecken, aber diesmal saß eine ältere Dame neben mir, die reden konnte ohne Luft zu holen. Ich bin zwar mit keiner Silbe auf sie eingegangen, trotzdem erkor sie mich als ihr Zuhöropfer. Spätestens nach einer Viertelstunde kannte ich ihre Lebensgeschichte, und noch eine weitere Viertelstunde später ihre kompletten Familienangelegenheiten, bis ganz hinunter zum kleinsten Urenkel. Sie und ihre Familie stammten allesamt von der Küste, waren aber vor genau vierzehn Jahren in meine Stadt gezogen, damit sie nicht immer im Urlaub dermaßen weit zu ihren geliebten Bergen fahren mussten. Spätestens an diesem Punkt gelang es mir endlich, meine Ohren auf Durchzug zu stellen. Deshalb musste mich die Sprechstundenhilfe auch ein zweites Mal aufrufen, bevor ich begriffen hatte, dass meine unmaßgebliche Person endlich an der Reihe war. Mit einem rosafarbenen Rezept machte ich mich anschließend auf meinen schwachen Beinen zur Apotheke. Der Begriff "Apotheke" stammt übrigens aus dem Griechischen, und bedeutet wörtlich "Abstellraum". Aber das nur nebenbei. Bewaffnet mit einem Nasenspray und fiebersenkenden Tabletten wankte ich nach Hause, um jenen Menschen aus der Vergangenheit zu lobpreisen, der damals das Bett erfunden hat. Und siehe da, nach drei Tagen war ich wieder auf dem Damm.

Bei vielen Dingen richte ich mein Kaufverhalten so ein, dass sie doppelt vorhanden sind. Zweimal Mundspülung, zwei Zahnbürsten, zweimal Deo, zwei Nussknacker, zwei Korkenzieher, zweimal Spülmittel, zweimal Instantbrühe, zwei Dosenöffner, usw. usw. Geht ein Ding kaputt oder ist leer, dann kaufe ich es eben einmal nach. So habe ich sichergestellt, dass immer wenigstens eine der wichtigen Sachen in meinem Haushalt vorhanden ist. Nur mein Handy habe ich nicht doppelt. Es war also nur allzu logisch, dass es mir eines Tages aus der Hand fallen würde, als ich vom Einkaufen zurück kam. Man konnte zwar noch damit telefonieren, aber das Display zeigte rein gar nichts mehr an. Da der Vorgänger meines geliebten Smartphons vor einiger Zeit in einem Toilettenhäuschen durch einen Sturz in den Trichter einer Bio-Toilette Selbstmord begangen hatte, war das neue Gerät nicht besonders alt. Dementsprechend spielte ich mit dem Gedanken, es reparieren zu lassen, anstatt ein neues zu erwerben. Aber zunächst klingelte es wie wild, und ich musste ein Gespräch annehmen. Eine Frauenstimme teilte mir mit, dass mich eine Freundin von ihr empfohlen hätte, und ob ich auch Hausbesuche machen würde, da sie nicht gut zu Fuß wäre. Sie würde mir ihre Adresse gleich per E-Mail zukommen lassen. Nach meinem zwangsläufigen Protest wegen der Kaputtheit meiner elektronischen Telefonierhilfe gab sie die Adresse dann mündlich an. Das genannte Haus lag etwa fünfzehn Kilometer von meinem Heimatort entfernt. Das ging noch. Also war ich einverstanden und wollte gleich losfahren. Sie bat aber darum, dass ich erst am nächsten Vormittag zu ihr kommen sollte. Wir verabredeten uns für zehn Uhr.

Es war wieder einmal ein höllisch heißer Tag. Bereits acht Uhr morgens zeigte das Thermometer 29° C. Da ich bereits in der Woche zuvor alle meine kurzärmeligen Oberhemden durchgeschwitzt hatte, wollte ich vor dem vereinbarten Termin noch schnell ein Hemd oder Poloshirt kaufen. In einer Ecke des Supermarktes hatte ich vor kurzem eine große Auswahl gesehen. Natürlich war an diesem Tag so gut wie alles ausverkauft. Trotzdem konnte ich noch ein Shirt eines bekannten Sportartikelherstellers ergattern, dessen Markenaufdruck sich deutlich im Preis niederschlug. Im Kassenbereich angekommen, stellte ich mich an die kürzeste Schlange. Es erklärt sich bei meinem Glück von selbst, dass dies ein folgenschwerer Fehler war. Genau vor mir diskutierte ein älterer Herr raumgreifend mit der Kassiererin, ob seine Mango 1 € oder 1,99 € kostete. Angeblich lag sie in dem Fach, dass mit 1 € ausgepreist war. Das aufgeklebte Etikett wies aber 1,99 € aus. Der Streit gipfelte in dem Verlangen des Kunden, mit dem Filialleiter zu sprechen. Er einigte sich dann aber nach geraumer Zeit mit der Kassiererin auf den Kompromiss, dass es die diensthabende Abteilungsleiterin auch tun würde. Dieselbige kam auch schon nach fünfzehn Minuten an die Kasse. Sie bestand erwartungsgemäß auf dem höheren Preis, da jemand die Mango absichtlich oder aus Spaß in das falsche Fach gelegt hätte. Daraufhin gab der Mann die Mango zurück, die Kassiererin stornierte den Betrag, die Abteilungsleiterin nahm die Mango wieder mit, und ich kam zwanzig Minuten zu spät.

Als sich die Tür öffnete, war ich ein kleines bisschen überrascht: „Oh, Sie sagten am Telefon, dass Sie nicht gut zu Fuß sein würden. Jetzt sehe ich, dass Sie im Rollstuhl sitzen“. Sie lächelte mich an: „Und? Dadurch bin ich doch nicht gerade gut zu Fuß, oder?“ Ich lächelte zurück: „Zumindest haben Sie Ihren Humor nicht verloren“. Sie wendete ihren Rollstuhl und fuhr vor mir her in die Stube: „Nehmen Sie doch Platz!“ Nachdem ich mich gesetzt hatte, leierte ich meinen Standardsatz herunter: „Was kann ich für Sie tun?“ Sie kam direkt zum Punkt: „Ich glaube, mein Mann betrügt mich. Bisher hat er immer zu mir gehalten. Er war auch nach meinem Unfall eine große Hilfe für mich. Aber in den letzten Tagen ist er irgendwie anders. Er geht häufig außer Haus, ohne mir zu sagen, was sein Ziel ist. Und als ich vorgestern zu meiner Freundin wollte, hat er gesagt, dass er keine Zeit hätte, mich dahin zu fahren. Ich selbst besitze zwar ein eigenes Auto mit behindertengerecht umgebauter Handbedienung, aber das ist zurzeit in der Werkstatt. Da habe ich halt meine Freundin Erna zu mir kommen lassen, und die hat gesagt, ich solle mich an Sie wenden, um hinter das seltsame Verhalten meines Mannes zu kommen. Und da mein Mann zurzeit auf seiner Arbeitsstelle ist, dachte ich, wir könnten hier bei mir alles in Ruhe besprechen“. Ich ließ meinen zweiten Standardsatz los: „Das kostet Sie zweihundert pro Tag plus Spesen. Außerdem brauche ich ein Foto Ihres Mannes und die genaue Uhrzeit, wann er morgens und abends das Haus verlässt!“ Sie nickte, rollte zu einem Schränkchen, öffnete eine Tür und holte eine Fotografie heraus. Die übergab sie mir mit den Worten: „Er geht um sechs. Um sieben fängt seine Arbeit an. Dann kommt er gegen siebzehn Uhr zurück, geht aber um achtzehn Uhr wieder aus dem Haus“.

Ich glaube es schon einmal erwähnt zu haben. Ich hasse frühes Aufstehen. Aber Honorar ist Honorar. Also stand ich bereits eine Viertelstunde vor sechs vor dem Haus meiner Klientin. Der Mann trat pünktlich ins Freie, und ich heftete mich so unauffällig wie möglich an seine Fersen. Es ging ein paar Straßen weiter zu einer Bushaltestelle. Ich stieg kurz hinter ihm ein, und vermachte dem Fahrer mein letztes Kleingeld, weil dieser sture Buslenker die Fünfzig Euro nicht wechseln konnte oder wollte. Dann ging es mit dem Bus in den Nachbarort, und dort in ein Werk, welches optische Geräte herstellte. Ich blieb natürlich vor dem Tor zurück. Also tagsüber ging der Mensch brav zur Arbeit. Mal sehen, was er am Abend für Igel zu bürsten hatte. Inzwischen hatte ich jede Menge Zeit, meinen Fuffi zu wechseln.

Genau 17:45 Uhr stand ich wieder etwas abseits des Hauses und lauerte auf mein Zielobjekt. Und wieder kam der Mann pünktlich aus dem Haus, und nahm erneut den Weg zur Bushaltestelle. Diesmal war die Fahrt aber recht kurz und endete vor einem Gebäude mit grauem Rauputz. Nachdem meine Zielperson das Gebäude betreten hatte, begutachtete ich das blaue Schild neben der Eingangstür. Schlagartig ging mir ein Licht auf, warum sich der Kerl geweigert hatte, seine Frau zu ihrer Freundin zu fahren, warum er sich in letzter Zeit so seltsam verhielt, und warum er die letzten Tage aus dem Haus gegangen war, ohne zu sagen wohin. Auf dem Schild stand nämlich groß und breit: „Begutachtungsstelle für Fahreignung“. Der Bursche hatte sehr wahrscheinlich wegen Alkohol am Steuer seine Fahrerlaubnis verloren, und musste jetzt zur MPU, oder zumindest zur Vorbereitung dafür. Ich wartete eine reichliche Stunde, dann kam der Kerl mit einigen anderen wieder heraus. An der Bushaltestelle nahm ich ihn möglichst unauffällig zur Seite: „Hören Sie, ich bin Privatdetektiv. Ihre Frau denkt nämlich, Sie würden fremd gehen. Vielleicht sollten Sie ihr die Wahrheit sagen, sonst müsste ich das nämlich tun!“ Er wäre in diesem Moment ein gutes Studienobjekt für einen Psychologen gewesen. Ich konnte innerhalb von Sekunden deutlich an seinem Gesicht den Wechsel seiner Gefühle ablesen. Erst war es Unverständnis, dann Ärger, und zum Schluss Verzweiflung. Als ich in den Bus stieg, stand er immer noch an der Haltestelle.

Am nächsten Morgen wollte ich gut gelaunt mein neu erworbenes Shirt anprobieren. Als ich das kleine Pappschild abknibbelte, fiel mein Blick auf den Preis. Dort stand gut lesbar 12,60 €. Ich hatte aber 19,60 € bezahlt. Also wühlte ich den Kassenzettel aus dem Altpapier und spurtete zum Supermarkt. Es entspann sich eine ellenlange Diskussion mit der Kassiererin, weil angeblich jemand ein falsches Schild an dem Teil angebracht hätte. Im Endergebnis begehrte ich dann energisch den Filialleiter zu sprechen. Die Wartenden in der restlichen Schlange blickten mich an, als wollten sie mich auf der Stelle lynchen. Und Sie werden es nicht glauben, ich konnte das richtig gut verstehen.

Quergedacht

Das sind doch alles hirnvernagelte Vollpfosten. Ich, Roderich Degenhardt, verstehe die Welt nicht mehr. Biologen und diese komischen Insektenforscher jammern uns die Ohren voll, dass die Anzahl der Insekten drastisch zurückgeht, und dass damit die Bestäubung der Nutzbäume gefährdet ist. Teilweise werden angeblich bereits Bäume von Menschenhand bestäubt, damit die Ernte wenigstens einigermaßen gesichert ist. Aber dass bei Autobahnfahrten viel weniger Fliegen auf der Windschutzscheibe kleben bleiben, das wird stillschweigend unter den Tisch gekehrt. Andere sogenannte Wissenschaftler mokieren sich schon seit langer Zeit über die große Menge CO2 in der Atmosphäre und dem sich daraus ergebenden Treibhauseffekt. Nimmt man die beiden soeben aufgeführten Fakten zusammen, setzt hier scheinbar der gesunde Menschenverstand einfach aus. Fledermäuse fressen nämlich riesige Mengen von Insekten und atmen ungeheuer viel CO2 aus. Trotzdem stehen die Viecher unter Naturschutz. Sollte man diese ekligen Flattertiere nicht besser abknallen? Zumal sie jede Menge Krankheiten übertragen, wie beispielsweise Tollwut, Corona, und sogar Ebola. Selbst wenn man die Bestände nur um die Hälfte verringern würde, wäre das eine spürbare Erholung für unsere Umwelt, und es wären immer noch genug Tiere für Greifvögel oder Eulen zum Fressen vorhanden. Diese bekackten Naturschützer können wahrscheinlich nicht richtig denken. Oder nehmen wir die Ernährungswissenschaftler. Alle tönen, wir sollen Gemüse essen. Aber haben Sie das schon mal durchgerechnet? Selbst wenn nur zwei Drittel aller Menschen auf Gemüse umsteigen würden, stünden womöglich dafür zurzeit keine ausreichenden Anbauflächen zur Verfügung. Und wie steht es mit den Elektroautos? Es wäre gar nicht möglich ausreichend Ladestrom zur Verfügung zu stellen, wenn alle von uns auf E-Autos umsteigen würden. Ich sage Ihnen, die Politik denkt definitiv zu kurz. So redet man auch davon, Inlandsflüge abzuschaffen. Wenn aber ein Flugzeug von Berlin nach München fliegt, legt es etwa 500 km zurück. Von Nürnberg nach Prag jedoch nur rund 250 km. Sollte man da nicht anstelle von Inlandsflügen lieber Kurzstreckenflüge canceln? Im Schnitt wird von einem Passagierflugzeug auf einer Strecke von 250 km rund 130 kg CO2 pro Person ausgestoßen. Ein Mittelklassewagen erzeugt auf der gleichen Strecke aber nur rund 42 kg CO2. Warum, zum Kuckuck, verbietet man dann Kurzstreckenflüge nicht? Oder nehmen wir den Plastikmüll. Mit dem 11. April 2009 wurden die gesetzlichen Vorgaben für Packungsgrößen und Füllmengen von Lebensmitteln von unserer klugen Regierung weitgehend aufgehoben. Also geben die Hersteller statt 100 g jetzt nur noch 80 g in die gleiche Verpackung. Es fällt also 20% mehr Plastikmüll an, wenn ich die gleiche Menge esse. Und jetzt sage ich Ihnen noch etwas: Von den Vollpfosten einer Regierung, die derart umweltschädliche Verordnungen raushaut, lasse ich mich nicht impfen. Nein, das soll gefälligst mein Hausarzt machen.

Die Belohnung

Mein Name ist Levin Baer, und in meinem Gehirn kullern manchmal kuriose Gedanken herum. Besonders beim Kacken oder Duschen. Da meine Wohnung nicht über eine Duschkabine verfügt, stehe ich jeden Morgen hinter einem geblümten Duschvorhang in der Badewanne und lasse das Wasser aus einer Handbrause über meinen, immer noch halb schlafenden Alabasterkörper rauschen. Allerdings ist zurzeit die Stelle, an der der Schlauch in das Handgerät übergeht, mit mehreren Wicklungen Panzerband fixiert. Das Schlauchgewinde hatte sich vor kurzem gesetzeswidrig von dieser Welt verabschiedet, und ich war immer noch mit meinem Bankkonto über eine Neuanschaffung im Gespräch. Immer wenn ich morgens in meine Badewanne klettere, fällt mein Blick auf das Klosettbecken. Und schon stapfen die dümmlichen Gedanken wieder einmal im Gleichschritt durch meinen Kopf. Zum Beispiel, dass der Fachmann bei Toilettenschüsseln zwischen Flachspül-WCs und Tiefspül-WCs unterscheidet. Flachspüler besitzen eine Stufe oder Ausbuchtung, in welche die Ausscheidungen fallen. Das wassergefüllte Siphon befindet sich davor. Bei Tiefspülern fällt der Stuhl direkt ins Siphon. Beide Varianten haben vor und Nachteile. Beim Tiefspüler gibt es weniger Geruch und man bekommt gelegentlich erfrischende Spritzer ans Hinterteil. Falls man aber aus medizinischen Gründen eine Stuhlprobe abgeben soll, muss man irgendetwas über die Schüssel spannen, damit das braune Gold nicht ohne weiteres in den Tiefen des Wassers verschwindet. Das Problem hat man beim Flachspüler nicht. Allerdings besteht hier die Gefahr, dass sich nach übermäßigen Essensgenuss eine große Menge in der Schüssel auftürmt, und wenn man dann mit seiner papierbewaffneten Hand aus Versehen etwas zu tief kommt … Nun, das überlasse ich lieber Ihrer Fantasie. Spätestens wenn ich nach dem Duschen aus der Wanne steige, vergesse ich diese blöden Gedanken sowieso wieder, weil ich mich entweder schmerzhaft mit dem Knie am Wannenrand stoße, oder mit der nassen Fußsohle wegrutsche, um mit der Denkmurmel gegen die Wand zu prallen. Manchmal verstauche ich mir aber einfach nur den kleinen Finger. Das wird dann meist ein guter Tag. Natürlich ist mir bewusst, dass ein Tollpatsch wie ich kein Privatdetektiv sein sollte. Aber ich arbeite nun mal in diesem seltsamen und seltenen Beruf. Nun könnte ich ja behaupten, dass jeder vom Schicksal auf eine bestimmte Laufbahn geschoben wird, aber das wäre in meinem Fall nicht unbedingt die Wahrheit. Ich bin einfach zu tollpatschig für einen anderen Beruf. Das haben mir mehrere Arbeitgeber bestätigt, nachdem einschlägige Versicherungen für meinen angerichteten Schaden blechen mussten. Also habe ich vom letzten Ersparten eine Ausbildung bei der IHK zum "Detektiv mit IHK Zertifikat" gemacht, mit meinem Freund Max Behr zusammen ein kleines Büro angemietet, eine Glastür mit der Aufschrift "Baer und Behr" anfertigen lassen, und einer Werbefirma ein paar Scheine in den Rachen geworfen. Und seit dem traurigen Tod meines Freundes Max führe ich halt den Laden einschichtig.

Max hatte zu seinen Lebzeiten bei uns die Tradition eingeführt, kurz vor Büroöffnung ein Schlückchen Bourbon zu trinken. Zum einen, um den Motor richtig anzuwärmen, zum anderen, um die Angst vor allzu komplizierten Fällen etwas zu dämpfen. Ich führe nun diesen Brauch sittsam im Alleinflug weiter. Selbstverständlich muss das nicht gleich jeder mitbekommen. Deshalb halte ich währenddessen auch stets die Bürotür verschlossen. Falls ich Trottel das nicht vergesse. Und an diesem Tag hatte ich es natürlich vergessen. Eine Frau trat ein, an deren Kleidung schon aus einem Kilometer Entfernung zu erkennen war, dass sie finanziell gesehen über ein äußerst starkes Talent verfügte. Allein mit dem Verkauf ihrer Handtasche hätte sie zwanzig Jahre lang für meine Rente aufkommen können. Als ihr Blick auf die Flasche fiel, schien sie ‚not amused‘ zu sein. Mit der Stimme eines Strafvollzugsbeamten meinte sie: „Ich hoffe, das ist eine Ausnahme! Ich habe keine Lust mein Geld einem Säufer zuzustecken“. Sie setzte sich vorsichtig auf die Vorderkannte meines Besucherstuhls. Wieso sich alle immer nur auf die Vorderkannte setzen, wird mir ewig ein Rätsel bleiben. Ich trank betont langsam mein Glas aus. Dann sagte ich ziemlich von oben herab: „Sie müssen Ihr Geld nicht an mich verschwenden. Es gibt bestimmt einen anderen Detektiv, der seinen Alkoholkonsum vor ihnen besser verheimlichen kann“. Sie rümpfte etwas die Nase: „Wenn ich nun schon einmal hier bin, und auch wegen des Namens an der Tür, werde ich Ihnen meinen Fall trotzdem übertragen“. Ich fragte etwas neugierig: „Welchen Namen meinen Sie denn? Da draußen stehen zwei dran“. Sie lächelte: „Max Behr. Ich heiße nämlich Maxima Behr. Sind Sie Herr Behr?“ Ich bedauerte: „Nein. Mein Freund Max ist leider verstorben. Ich bin Levin Baer“. Sie schien bestürzt zu sein: „Das tut mir wirklich leid für Sie“. Ich versuchte das Gespräch von dem unangenehmen Thema wegzulenken: „Schon gut! Aber was kann ich für Sie tun?“ Sie öffnete umständlich ihre Handtasche und entnahm ihr Smartphon: „Sie sollen meine Schwester Amanda finden. Wenn Sie mir ihre Handynummer verraten, schicke ich Ihnen sofort ein Foto von ihr!“ Ich schob ihr eine meiner Visitenkarten über den Tisch. Kurz darauf lächelte mich eine hübsche, junge Frau von meinem Handydisplay an. Meine Klientin in spe fuhr fort: „Und bevor Sie fragen, ich habe mich seit dem Tod unseres Vaters nicht besonders gut mit meiner Schwester verstanden. Erbstreitigkeiten. Und ja, bei der Polizei war ich auch schon. Die unternimmt aber nichts, weil meine Schwester nachweislich ein Flugticket nach Kenia gebucht hat. Aber ich kenne meine Schwester. Sie ist ein Reisemuffel, und Afrika mochte sie am allerwenigsten. Das ist alles nur, um ihren wahren Aufenthaltsort zu verschleiern. Das können Sie mir ruhig glauben!“ Ich nickte: „Ok. Aber wenn Sie Ihre Schwester nicht leiden können, warum soll ich sie dann eigentlich ausfindig machen?“ Sie zierte sich etwas, gab dann aber zu: „Es geht mir auch gar nicht um meine Schwester. Sie hat einfach die goldene Taschenuhr mitgenommen, um die wir uns streiten. Eine alte Sprungdeckeluhr aus 585er Gold. Ein Levrette Chronometre aus dem Jahr 1890. Sie hat meinem alten Großvater gehört, und mein Vater hat für mich den Namen Maxima auf die Rückseite eingravieren lassen. Sie sollte eigentlich einmal meinem Ehemann gehören. Aber weil ich nie geheiratet habe, macht sie mir meine Schwester streitig. Mir geht es nicht um den Wert. Die zweitausend Euro brauche ich wirklich nicht. Aber es ist halt ein Erinnerungsstück mit meinem Namen darauf. Verstehen Sie?“ Ich verstand: „Also würde es Ihnen reichen, wenn ich lediglich die Uhr zurückbringe?“ Sie nickte. Jetzt hieß es, geschickt zu verhandeln, und meinen üblichen Tagessatz ein klein wenig anzuheben: „Das kann aber teuer werden. Ich verlange zweihundertfünfzig am Tag plus Spesen. Im allerschlimmsten Fall fällt darunter auch ein Flugticket nach Kenia, falls Ihre Schwester eben nicht geblufft hat“. Sie nickte wieder. Also ließ ich sie ein Auftragsformular ausfüllen, und fragte dann noch nach der Adresse ihrer Schwester. Wie sich herausstellte, hieß die Gesuchte inzwischen Amanda Klingbeil, da sie einen Mann namens Geoffrey Klingbeil geehelicht hatte.

Am nächsten Morgen kollerten wieder einmal die blödsinnigsten Gedanken während des Duschens durch mein dummes Hirn. Wenn Antimaterie das Gegenteil von Materie ist, dann müssten doch logischerweise Antilopen das Gegenteil von Lopen sein. Oder auch, wenn man zu Unendlich die Zahl eins addiert, was ist dann das Ergebnis? Zum Glück dusche ich nicht sehr lange. Dann wollte ich mir meinen Morgenkaffee zubereiten. Dazu muss man wissen, im Gegensatz zu den Besitzern moderner Kaffeeautomaten liebe ich den einfachen Filterkaffee. Ich setze den Filterhalter auf die Kanne, gebe den Papierfilter hinein, und schaufle mit dem Kaffee-Messlöffel mein Kaffeepulver in den Filter. An diesem Morgen knallte ich dabei in meiner schwungvollen Bewegung mit dem Messlöffel an den Rand des Filterhalters, was dazu führte, dass das Kaffeepulver dynamisch nach allen Seiten verstreut wurde. Als ich fluchend den Schaden wegputzen wollte, klingelte es an meiner Tür. Zwei finster blickende Träger dunkelblauer Anzüge nahmen mich gefühlvoll in ihre Mitte und benutzten gesetzeswidrig meine Oberarme, um mich in eine schwarze Limousine zu schubsen. Trotz meines kraftlosen Protestes brachten sie mich in einen abgedunkelten Verhörraum. Kurz darauf trat ein weiterer Schlipsträger ein, und setzte sich mir gegenüber. Er klappte eine Akte auf: „Sagt Ihnen das Wort ‚Maxima‘ etwas?“ Aufgrund meines gewaltsamen Transports war ich noch ein klein wenig sauer: „Auch Ihnen einen schönen guten Tag. Mit wem habe ich das Vergnügen?“ Er grinste: „Das tut nichts zur Sache“. Ich konterte verdrossen: „Oh doch! Ich muss doch bei Gericht angeben, wer mich entführt hat“. Er stutzte kurz: „Entführt? Sind Sie nicht freiwillig hier?“ Immer noch ärgerlich entgegnete ich: „Falls man das gewaltsame Zerren in ein Auto als freiwillig bezeichnen kann, dann ja“. Er stand auf und verließ den Raum. Kurz darauf erschien er wieder: „Tut mir leid, hier liegt wahrscheinlich ein Missverständnis unsererseits vor. Ich kann mich nur entschuldigen. Man hat Sie scheinbar mit einem gewissen Geoffrey Klingbeil verwechselt. Aber davon abgesehen muss ich Sie trotzdem erneut etwas fragen. Sagt Ihnen das Wort ‚Maxima‘ etwas?“ Ich antwortete wahrheitsgemäß: „Es ist auf einer alten Uhr eingraviert“. Sein Gesicht verfinsterte sich: „Woher wissen Sie das?“ Mir war zwar nicht klar warum er so böse guckte, antwortete aber trotzdem: „Ich bin Privatdetektiv, und meine derzeitige Klientin hat mich beauftragt die Uhr ausfindig zu machen, womit ich heute auch beschäftigt gewesen wäre, hätten mich nicht zwei herzlose Lulatsche entführt und mich somit um mein dringend benötigtes Honorar gebracht“. Er kratzte sich eine geraume Weile am Kinn, dann sagte er leutselig: „Ich kann Ihnen zu einem einigermaßen großen Honorar verhelfen, wenn Sie mitspielen. Ich denke mal, dass Ihre Klientin die Frau ist, die wir bereits seit einiger Zeit suchen. Sie benutzt mehrere Namen und besitzt dafür auch einige Ausweise. Auf ihre Ergreifung ist eine Summe von fünftausend Euro ausgesetzt. Ich schlage vor, Sie rufen von zu Hause Ihre Klientin an, weil Sie angeblich die Uhr aufgefunden hätten. Wir beobachten Sie aus gebührender Entfernung, und wenn wir dann die Frau tatsächlich bei Ihnen verhaften können, bekommen Sie auch die Belohnung“. Bei dem Wort Belohnung sagte das Geldgierzentrum in meinem Gehirn recht laut: „Natürlich bin ich einverstanden“. Kurz darauf kamen meine beiden Spaßbrüder in ihren dunkelblauen Anzügen wieder. Sie geleiteten mich zu der Limousine, aber diesmal ohne Körperkontakt. Nachdem sie mich vor meinem Haus abgesetzt hatten, putzte ich erst einmal das verschüttete Kaffeepulver weg, um anschließend endlich mein ausgefallenes Frühstück nachzuholen. Dann fuhr ich schnellstens in mein Büro und suchte in meinem Handy nach der Nummer, unter der mir die Frau das Bild ihrer Schwester geschickt hatte. Als sie sich meldete, sagte ich gespielt euphorisch: „Ich habe die Uhr. Könnten Sie sofort bei mir vorbeikommen?“ Es war nur ein kurzes „Ja“ zu hören.

Keine zwanzig Minuten später öffnete sich die Bürotür, und meine Klientin trat ein. Ich hatte gehofft, dass sofort danach ihre Verhaftung erfolgen würde, aber nichts passierte. Sie hielt ihre Hand auf: „Würden Sie mir bitte jetzt die Uhr geben?“ In meinem Hirn kreiselten die Gedanken chaotisch umeinander. Irgendwie musste ich etwas Zeit schinden. Also sagte ich, als wäre es das Normalste auf der ganzen Welt: „Die Bullen waren gerade hier und haben mir die Uhr abgenommen. Sie können ihre Taschenuhr aber auf der Polizeiwache abholen“. Wenn Blicke töten könnten, hätte ich schlagartig nicht mehr unter den Lebenden geweilt. Mit einem unflätigen Wort, welches die meist festen Ausscheidungen von Säugetieren bezeichnet, rannte sie hinaus. Ich konnte gerade noch aus meinem Fenster sehen, wie sie in ein blaues Auto stieg und hastig davon fuhr. Als guter Detektiv, der ich nun mal war und bin, notierte ich mir das amtliche Kennzeichen der Kutsche. Aber warum, zum Teufel, hatten die Anzugträger die Dame nicht in Gewahrsam genommen? Hier war doch was faul. Langsam aber sicher beschlichen mich einige Zweifel, ob die Kerle überhaupt zur Polizei oder einer ähnlichen Institution gehörten.

Als ich am Abend nach Hause kam, überraschte mich meine Wohnungstür mit der Tatsache, dass sie ein wenig offenstand. Ich pflege aber meine Tür stets abzuschließen. Also zog ich die Pistole aus dem Holster, und tapste auf Zehenspitzen in meine Bude. In der Küche saß selenruhig der Schlipsträger aus dem Verhörraum und genehmigte sich ein Bier. Wie ich am Etikett der Flasche sehen konnte, stammte sie garantiert aus meinem Kühlschrank. Als mich der Kerl sah, setzte er die Flasche ab: „Wo waren Sie denn die ganze Zeit?“ Ich steckte meine Pistole wieder ein: „Das Selbe könnte ich Sie fragen. Ich dachte, Sie wollten die Dame verhaften. Jetzt ist sie weg“. Er riss die Augen so weit auf, dass sie in ihrer Größe den Reifen meines Autos glichen: „Haben Sie sich denn schon mit der Frau getroffen? Und wann und wo?“ Ich holte meinen Bourbon samt einem Glas, und setzte mich ebenfalls an den Küchentisch: „Na heute Nachmittag. In meinem Büro. Wo denn sonst?“ Er sprang auf: „Sind Sie wahnsinnig? Von einem Büro haben Sie nie etwas gesagt!“ Ich goss mir ziemlich gelassen zweifingerbreit Bourbon ein: „Da hätten Sie eben Ihre Hausaufgaben besser machen müssen!“ Dann trank ich genüsslich mein Glas leer, während er wie Rumpelstilzchen in meiner Küche umhersprang: „Das wird Folgen haben!“ Ich grinste breit: „Ach ja? Sie haben mir ja nicht einmal Ihren Namen gesagt, geschweige denn, von welcher Behörde Sie sind. Ich kann doch nicht auf Gedeih und Verderb mit einem wildfremden Menschen zusammenarbeiten“. Er beruhigte sich etwas, und nahm wieder Platz: „Nun gut! Passen Sie auf! Ich darf Ihnen nur so viel sagen, dass die Taschenuhr zu einer geheimen Operation unserer Regierung unter dem Decknamen "Maxima" gehört. Im Inneren der Uhr befindet sich ein kleiner Chip, der gebraucht wird, um eine ganz speziellen Nachricht zu entschlüsseln. Die Familie Klingbeil, also Ehefrau, Ehemann und Schwägerin, arbeitet für die Gegenseite. Und die Frau, die wegen der Uhr bei Ihnen gewesen ist, ist nicht nur die Schwester von Amanda Klingbeil, sondern außerdem auch noch der Kopf der ganzen Bande. Amanda aber will die Uhr auf eigene Faust und gegen gutes Geld verkaufen. Da die Uhr immer noch verschwunden ist, wollten wir wenigstens die Schwester verhaften. Und wegen Ihrer Dummheit ist sie uns nun durch die Lappen gegangen“. Grinsend korrigierte ich: „Doch wohl eher wegen Ihrer und keinesfalls wegen meiner Dummheit. Ich zumindest habe das polizeiliche Kennzeichen ihres Autos. Und wenn Sie mich ganz lieb bitten, dann verrate ich es Ihnen!“

Der nächste Tag verlief wie die meisten meiner Tage. Ich kleckerte beim Frühstück, stieß mir beim Reinigen des Teppichs den Kopf an, und auf dem Weg ins Büro tappte ich mit meinem süßen, kleinen Auto in eine dieser ekelhaften Radarfallen. Den Rest des Tages langweilte ich mich aufgrund fehlender Kundschaft. Als ich am Abend nach Hause kam, stand meine Wohnungstür wiederum einen Spalt auf. Wie gehabt schlich ich mich mit gezogener Pistole in die Wohnung. Und wie gehabt, saß dieser blöde Typ wieder mit einer Bierflasche an meinem Küchentisch. Ich steckte die Pistole zurück: „Das ist nun schon der zweite Hausfriedensbruch. Und wer Sie eigentlich sind, das haben Sie mir immer noch nicht gesagt. Ich lasse Ihnen das nur durchgehen, wenn Sie zufällig eine Belohnung von fünftausend Euro bei sich haben!“ Er stand auf: „Genau darüber wollte ich mit Ihnen reden. Man hat die Frau verhaftet. Allerdings in einem anderen Bundesland. Können Sie sich noch erinnern, was ich damals in Sachen Belohnung zu Ihnen gesagt habe? Ich darf mal sinngemäß zitieren: "Wenn wir die Frau bei Ihnen verhaften können, bekommen Sie die Belohnung". Die Betonung lag dabei auf der Wortfolge "bei Ihnen". Von einem anderen Bundesland war da nie die Rede. Mit anderen Worten, die Belohnung hat sich damit ganz sachte in Luft aufgelöst. Außerdem habe ich noch eine wichtige Nachricht für Sie. Ich war nämlich niemals hier, und wir zwei haben uns auch noch nie gesehen. Das ist nur zu Ihrem Besten!“ Dann ging er an einem versteinerten Privatdetektiv vorbei in den Sonnenuntergang.

Der nächste Tag brachte mir eine einschneidende Erkenntnis, die ich gern immer wieder zum Besten gebe. Nämlich, wer nicht ausgelacht werden möchte, der sollte nie bei Gericht eine Belohnung von "Unbekannt" einklagen wollen.

Versicherungsbetrug

Der adipöse Kommissar Werner Riemer bekam große Augen: „Sag das noch mal!“ Sein Freund und Kollege Reiner Schimmler wiederholte erstaunlich geduldig: „Eine gewisse Frau Lucia Gogol hat eine Wohngebäudeversicherung für einen Wohnblock abgeschlossen, der ihr nicht gehörte, und in dem sie nicht einmal gewohnt hat“. Werner Riemer kniff ungläubig beide Augen zusammen: „Aber das geht doch gar nicht“. Kommissar Schimmler antwortete mit einem Anflug von Lächeln: „Klar geht das. Ich kann doch jederzeit eine Versicherungspolice für andere Leute kaufen. Die Versicherungsgesellschaft freut sich schließlich über jeden Beitrag. Wenn ich partout möchte, kann ich freiwillig deine Autoversicherung übernehmen. Oder auch eine Unfallversicherung für dich mit doppelter Auszahlung im Todesfall abschließen. Und als Begünstigten trage ich einfach meinen Schwager ein. Wenn du dann abnippeln solltest, bekommt meine Familie das Geld“. Riemer fragte immer noch ungläubig: „Muss das die Versicherung nicht nachprüfen? Außerdem habe ich doch schon eine Unfallversicherung“. Reiner Schimmler antwortete immer noch sehr geduldig: „Ich kann sogar mehrere Unfallversicherungen beim gleichen Versicherer abschließen, ich muss das nur bei Vertragsabschluss anzeigen. Aber auch hier gilt das alte Juristenwort: Wo kein Kläger, da kein Richter“. Kommissar Riemer nickte leicht: „Aber jetzt muss du mir noch sagen, wieso diese Wohngebäudeversicherung mit uns als Kriminalpolizei zu tun hat, und nicht etwa mit dem Betrugsdezernat!“ Sein Kollege holte tief Luft: „Weil die Dame tot vor ihrem Haus lag. Und weil du zusammen mit Bierbach den Fall aufklären wirst!“ Riemer riss erneut seine Augen sperrangelweit auf: „Oh bitte! Nicht ich und diese nervende Witzeschleuder. Das kannst du mir nicht antun!“ Reiner Schimmler hob die Hand: „Und wie ich dir das antun kann! Ich muss sogar. Deine Frauke arbeitet zusammen mit Bohrmann an einem anderen Fall, Straubinger ist im Urlaub, und solange der Alte unterwegs ist, muss ich als Leiter der Einrichtung hier vor Ort die Fäden ziehen. Kommissar Bierbach habe ich vorhin bereits den Durchsuchungsbeschluss für die Wohnung der Toten ausgehändigt, und unsere Gerichtsmedizinerin hat die Leiche auch schon auf ihrem Seziertisch. Es ist also höchste Eisenbahn. Schnapp dir Bierbach und dann mit Vollgas ab durch die Mitte!“

Bereits im Wagen auf dem Weg zur Wohnung des Opfers ging Bierbach seinem Kollegen mit dummen Sprüchen auf den Keks: „Weißt du, warum Milch Fett enthält? Damit es beim Melken nicht quietscht!“ Riemer antwortete ohne den Blick von der Straße zu nehmen: „Dann trink mal schnell noch etwas Milch, damit es nicht quietscht, wenn ich dir den Hals umdrehe! Mann, wir sind auf dem Weg zur Wohnung einer Toten, und du gibst dumme Witze zum Besten. Reiß dich mal ein bisschen zusammen!“ Der Gescholtene schmollte: „Dann sag ich eben gar nichts mehr!“ Worauf Werner Riemer mit einem tiefen Stoßseufzer antwortete: „Gott erhalte dir diesen Zustand bis an dein seliges Lebensende!“

Die Wohnung hielt nicht sehr viele Anhaltspunkte für die beiden bereit. Nur dass die Verblichene wahrscheinlich einen festen Freund hatte, was Bierbach aus den Fotos an der Wand und auf der Kommode schloss. Kommissar Riemer reagierte darauf etwas unwillig: „Das hätte ich auch selbst herausgefunden. Nimm lieber ein Bild mit, auf dem der Bursche deutlich zu erkennen ist!“ Etwas später fand Bierbach noch einen Abholschein von einer Drogerie. Er reichte ihn Riemer, aber der winkte bloß ab. Also steckte ihn der junge Kommissar selbst ein. Dann fielen ihnen wenigstens noch die Kopie der Police von der Wohngebäudeversicherung in die Hände. Nachdem Werner Riemer die Tür mit einem Polizeisiegel gesichert hatte, machten sich die beiden auf den Weg zur Pathologie. Kaum waren sie eingetreten, als Dr. Martina Mertens schon loswetterte: „Das gibt’s doch nicht! Seit ich hier Gerichtsmedizinerin bin, habe ich klipp und klar gesagt, dass ich den Herrn Kommissare meine Ergebnisse erst nach Abschluss der Untersuchung mitteile! Wieso kommt ihr dann schon wieder in meine Pathologie getrampelt?“ Kommissar Riemer bemühte sich um einen versöhnlichen Ton: „Weil uns die Zeit und der Vertreter des Alten direktemang im Nacken sitzen. Nicht böse sein! Könnten sie uns bitte, bitte die Todesursache nennen?“ Die Pathologin schien sich zu beruhigen: „Ich bin noch nicht soweit. Es steht nur fest, dass die Gute entweder aus dem Fenster gesprungen ist, oder aber aus dem Fenster geworfen wurde“. Sörenfried Bierbach mischte sich ein: „Sie wurde geworfen, weil sie da nämlich schon bewusstlos oder ziemlich tot war“. Riemer fuhr herum: „Willst du Streber vielleicht die Arbeit von Dr. Mertens nebenbei auch noch mit machen? Und woher willst du das überhaupt wissen?“ Bierbach zeigte auf den Kopf der Toten: „Wegen der Hutkrempenregel“. Kommissar Riemer wurde nun richtig ärgerlich: „Wegen was? Willst du mich verarschen?“ Die Pathologin nahm überlegen lächelnd Sörenfried Bierbach in Schutz: „Er hat schon recht. Die Hutkrempenregel ist ein Begriff aus der forensischen Traumatologie. Alle Verletzungen, die oberhalb einer gedachten Hutkrempe auftreten, können in der Regel aufgrund des Schwerpunktes eines menschlichen Körpers nicht durch einen Sturz herbeigeführt worden sein. Da die Tote aber eine Wunde direkt auf der Schädelkalotte hat, kann man davon ausgehen, dass sie mit einem stumpfen Gegenstand einen Schlag auf den Kopf bekam. Ob das aber todesursächlich war, kann ich erst nach einer genaueren Untersuchung feststellen. Also müsst ihr euch schon noch etwas gedulden. Und jetzt raus hier, bevor ich mein Skalpell in die Hand nehme!“

Die Dame in der Drogerie war zunächst etwas erschrocken, als die beiden Kommissare ihre Dienstausweise