Kurzlehrbuch Physik - Hartmut Zabel - E-Book

Kurzlehrbuch Physik E-Book

Hartmut Zabel

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Beschreibung

Das gesamte prüfungsrelevante Wissen für das Fach Physik - für deine Prüfungen im Semester und das Physikum

  • Orientiert am aktuellen Gegenstandskatalog
  • Die klare Gliederung gibt eine gute Übersicht und hilft dir, dich effizient auf die Prüfung vorzubereiten
  • Zahlreiche Abbildungen und Tabellen veranschaulichen den Text und erleichtern das
  • Verständnis
  • Tipps im Text geben nützliche Hinweise auf Stolperfallen in Prüfungen oder beim Lernen
  • Übungsaufgaben mit Lösungen machen dich fit für die Prüfung
  • Der ausführliche Anhang enthält Formeln und Einheiten zum schnellen Nachschlagen
  • Viele klinische Hinweise machen dir deutlich, wofür du diese Grundlagen lernst
  • 2. Auflage: Aktualisierung der Inhalte


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Kurzlehrbuch Physik

Hartmut Zabel

2., aktualisierte Auflage

235 Abbildungen

Vorwort

Das Physikstudium ist für Studierende der Medizin eine unbeliebte Hürde, wenn nicht sogar eine Blockade gleich zu Beginn des Studiums. Während die im ersten Semester gleichzeitig angebotenen Fächer Chemie, Biologie und Anatomie einen offensichtlichen Bezug zur Medizin haben, ist dies bei der Physik den Studierenden nicht unmittelbar einsichtig. Darüber hinaus ist die mathematisch-physikalische Denkweise, die in der Physikausbildung verlangt wird, vielen Studenten weniger zugänglich, als die deskriptive und operative Vorgehensweise in anderen Fächern. Dies führt dazu, dass die Physik sich zum unbeliebtesten Fach der Studierenden der Medizin entwickelt hat. Der für die ärztliche Vorprüfung notwendige Stoff wird schließlich im Rahmen eines Tutoriums kurzfristig eingepaukt. Tatsächlich ist der Bezug der Medizin zur Physik auf allen Ebenen gegeben. Die Knochenmechanik baut auf den Hebelgesetzen, auf dem Trägheitsgesetz und auf den Elastizitätseigenschaften der Knochen auf. Der Blutkreislauf gehorcht den Gesetzen der Hydrodynamik. Die Abbildungseigenschaften des Auges folgen aus der geometrischen Optik, und das Ohr entspricht einem hochempfindlichen, frequenzsensitiven Detektor mit Impedanzanpassung. Die Physik spielt auch bei der Diagnose und Therapie eine überragende Rolle. Neben Röntgenabsorptionsaufnahmen kommen Kernspintomographie, Positronen-Emissionstomographie und die Ultraschalldiagnostik zum Einsatz. Für die Behandlung werden radioaktive Quellen, Teilchenbeschleuniger und mikromechanische Roboter verwendet. Der zunehmende Einsatz von Hochtechnologie in der Medizin, basierend auf physikalischen Grundlagen, mögen für Studierende des ersten Semesters noch nicht relevant sein. Aber bereits im ersten Semester müssen die Grundlagen für ein grundsätzliches physikalisches Verständnis gelegt werden, auf dem zu einem späteren Zeitpunkt aufgebaut werden kann. Es gilt also, die Scheu vor physikalischen Fragestellungen und physikalischer Denkweise zu überwinden und den Bezug zwischen Physik und Medizin zu verdeutlichen. Der Inhalt der acht Kapitel ist auf Prüfungsrelevanz getestet worden. Zahlreiche klinische Bezüge verdeutlichen den Bezug zwischen Physik und Medizin. Rechenbeispiele sowie Übungsaufgaben mit Lösungswegen leiten zum eigenen Nachrechnen an und bereiten auf die ärztliche Vorprüfung vor. Beispiele für Praktikumsversuche sind repräsentativ aus dem Praktikumsangebot verschiedener Universitäten ausgewählt. Jedes Kapitel wird durch einen klinischen Fall eingeleitet, der besonders charakteristisch für den Inhalt des Kapitels ist. Innerhalb der Kapitel werden Sie mit Hilfe der schon von den anderen Kurzlehrbüchern bewährten didaktischen Elementen durch den Stoff durchgeführt: Lerncoach zu Beginn jedes Abschnitts, Übersicht über den Inhalt der Abschnitte, Lerntipps/Praxistipps, Merksätze und zum Schluss jeweils ein Check-up, um die wesentlichen Lerninhalte noch einmal zu rekapitulieren. Im Anhang sind alle Formeln gegliedert nach Kapitel noch einmal zusammengefasst. Außerdem sind alle verwendeten Symbole kapitelweise mit ihren Einheiten aufgelistet und erläutert. Damit gewinnen Sie Übersicht, ob in dem jeweiligen Kapitel z.B. das Symbol „T“ für die Temperatur steht oder „T“ die Bedeutung einer Periodendauer hat. Dieses Buch wäre nicht entstanden ohne die Hilfe von Vielen, die dran direkt oder indirekt mitgewirkt haben. Zuallererst möchte ich meinen Teilnehmern an der Vorlesung „Physik für Mediziner“ an der Ruhr-Universität Bochum danken, die über viele Jahre hinweg durch Interesse und Fragen viele Anregungen für Bezüge und Inhalte geliefert haben. Auch die Studierenden im Studiengang Projektorientiertes Lernen (POL) an der Ruhr-Universität Bochum haben durch ihre alternative Vorgehensweise der Erarbeitung des Stoffes in Seminaren und im Selbststudium durch ihre Fragen zur Verbesserung der Inhalte von Jahr zu Jahr beigetragen. Mein besonderer Dank gilt Frau Dr. Karin Hauser vom Thieme Verlag, die den ganzen Stoff sorgfältig durchgelesen und durchgearbeitet hat und durch zahlreiche Anregungen die Klarheit des Textes deutlich verbesserte. Besonders gefreut hat mich, dass Frau Dr. Hauser als Biologin Gefallen an der Physik gefunden hat, je mehr sie den Text durcharbeitete. Ich hoffe sehr, dass es allen Medizinstudierenden, die das Kurzlehrbuch sorgfältig durcharbeiten, genauso ergehen wird. Danken möchte nicht zuletzt meiner Frau Rosemarie, die immer Verständnis und Geduld für die Arbeiten an dem KLB Physik aufgebracht hat. Der Inhalt und das Layout der 2. Auflage ist identisch mit der 1. Auflage. Jedoch sind zahlreiche Korrekturen durchgeführt worden. Allen, die mir Hinweise für Korrekturen gegeben haben, bin ich sehr dankbar

Bochum, den 20. Januar 2016

Hartmut Zabel

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

1 Grundbegriffe des Messens und der quantitativen Beschreibung

1.1 Klinischer Fall - Nadelöhr im Herzen

1.2 Physikalische Größen und Einheiten

1.2.1 Überblick

1.2.2 Physikalischen Größen und Einheiten

1.2.3 Basisgrößen und Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems

1.2.4 Skalare und Vektoren

1.2.5 Bedeutung von Differenzial und Integral

1.2.6 Flächen und Volumina

1.2.7 Definition und Einheiten von Winkeln

1.3 Messen und Unsicherheiten beim Messen

1.3.1 Überblick

1.3.2 Messfehler

1.3.3 Mittelwert und Standardabweichung

1.3.4 Fehlerfortpflanzung

1.4 Wichtige Funktionen

1.4.1 Lineare Funktion

1.4.2 Potenzfunktion

1.4.3 Exponentialfunktion

1.4.4 Natürliche und dekadische Logarithmusfunktion

1.4.5 Trigonometrische Funktionen

2 Mechanik des Massenpunkts und der starren Körper

2.1 Klinischer Fall - Verflixter Vorfall

2.2 Bewegung

2.2.1 Einleitung

2.2.2 Geschwindigkeit und Beschleunigung

2.2.3 Arten der Bewegung

2.3 Impuls, Kraft, Drehimpuls, Drehmoment

2.3.1 Überblick

2.3.2 Impuls und Impulserhaltung

2.3.3 Drehimpuls und Trägheitsmoment

2.3.4 Kraft und Arten von Kräften

2.3.5 Reibungskräfte

2.3.6 Drehmoment

2.3.7 Bezugssysteme

2.4 Arbeit, Energie, Leistung

2.4.1 Überblick

2.4.2 Mechanische Arbeit

2.4.3 Hubarbeit und potenzielle Energie

2.4.4 Leistung

2.4.5 Vergleich Translations-/Rotationsbewegung

3 Mechanik ausgedehnter und deformierbarer Körper

3.1 Klinischer Fall - Plötzlicher Druckverlust

3.2 Wichtige Grundlagen

3.2.1 Mengengrößen, bezogene Größen

3.2.2 Begriffsdefinitionen

3.2.3 Aggregatzustände

3.3 Aufbau der Atome und Atomkerne

3.3.1 Überblick

3.3.2 Aufbau des Atoms

3.3.3 Die Elektronenhülle

3.3.4 Der Atomkern

3.4 Verformung fester Körper

3.4.1 Zug und Druck

3.4.2 Hydrostatischer Druck

3.4.3 Scherung und Drillung

3.4.4 Biegung

3.4.5 Plastische Verformung

3.5 Hydrostatischer Druck

3.5.1 Überblick

3.5.2 Hydrostatischer Druck

3.5.3 Druckmessung

3.5.4 Compliance

3.5.5 Luftdruck und Schweredruck

3.5.6 Auftrieb

3.6 Kräfte an Grenzflächen

3.6.1 Überblick

3.6.2 Kohäsion und Adhäsion

3.6.3 Oberflächenspannung

3.6.4 Kapillarität

3.7 Strömung von Flüssigkeiten

3.7.1 Überblick

3.7.2 Laminare und turbulente Strömung

3.7.3 Dynamik von Flüssigkeiten

3.7.4 Reale Flüssigkeiten

4 Wärme, Löslichkeit, Diffusion

4.1 Klinischer Fall - Hotspot im Körper

4.2 Temperatur

4.2.1 Einleitung

4.2.2 Temperaturmessung

4.2.3 Thermische Ausdehnung

4.3 Wärme und Wärmekapazität

4.3.1 Überblick

4.3.2 Wärme und Wärmekapazität

4.3.3 Hauptsätze der Wärmelehre

4.3.4 Wärmetransport

4.4 Thermodynamik von Gasen

4.4.1 Überblick

4.4.2 Allgemeine Gasgleichung

4.4.3 Zustandsänderungen

4.4.4 Gasgemische

4.5 Änderung des Aggregatzustands

4.5.1 Überblick

4.5.2 Phasenübergang

4.5.3 Sättigungsdampfdruck und Siedepunkt

4.6 Stoffgemische

4.6.1 Überblick

4.6.2 Molarität

4.6.3 Löslichkeit

4.6.4 Dampfdruckerniedrigung

4.6.5 Osmose

4.6.6 Diffusion

4.6.7 Vergleich Osmose und Diffusion

5 Elektrizität, Magnetismus und Elektromagnetismus

5.1 Klinischer Fall - Rettung durch Strom

5.2 Elektrizität

5.2.1 Überblick

5.2.2 Elektrische Stromstärke, elektrische Ladung

5.2.3 Elektrisches Feld

5.2.4 Elektrische Spannung

5.2.5 Elektrischer Strom und elektrischer Widerstand

5.2.6 Elektrischer Stromkreis

5.2.7 Elektrizitätsleitung

5.2.8 Elektrische Spannungen an Grenzflächen, Diffusionsspannungen

5.3 Magnetismus

5.3.1 Überblick

5.3.2 Magnetische Feldstärke

5.3.3 Magnetische Flussdichte

5.3.4 Magnetischer Dipol

5.3.5 Magnetische Materialien

5.3.6 Magnetisierung

5.3.7 Materie im Magnetfeld

5.4 Elektromagnetismus

5.4.1 Überblick

5.4.2 Elektromagnetische Induktion

5.4.3 Wechselstrom

5.4.4 Widerstände im Wechselstromkreis (elektrische Impedanzen)

5.4.5 Transformatoren

5.4.6 Elektromagnetischer Schwingkreis

6 Schwingungen und Wellen

6.1 Klinischer Fall - Steine auf Abwegen

6.2 Schwingungen

6.2.1 Ungedämpfte Schwingungen

6.2.2 Gedämpfte Schwingungen

6.2.3 Erzwungene Schwingungen

6.2.4 Überlagerung von Schwingungen

6.3 Wellen

6.3.1 Überblick

6.3.2 Eigenschaften von Wellen

6.3.3 Ausbreitung von Wellen

6.3.4 Überlagerung von Wellen

6.3.5 Huygen-Prinzip

6.3.6 Wellengeschwindigkeit

6.3.7 Impedanz

6.3.8 Stehende Wellen

6.3.9 Intensität

6.4 Schallwellen

6.4.1 Überblick

6.4.2 Schallwellen

6.4.3 Isophone

6.4.4 Reflexion

6.4.5 Schallwahrnehmung im Ohr

6.4.6 Ultraschall in der Medizin

6.4.7 Doppler-Effekt

6.5 Elektromagnetische Wellen

6.5.1 Elektromagnetisches Spektrum

7 Optik

7.1 Klinischer Fall - Trübe Aussichten

7.2 Geometrische Optik

7.2.1 Überblick

7.2.2 Brechung und Reflexion

7.2.3 Abbildungen

7.2.4 Linsenfehler

7.3 Wellenoptik

7.3.1 Einleitung

7.3.2 Beugung von Licht

7.3.3 Polarisation

7.4 Optische Instrumente

7.4.1 Überblick

7.4.2 Kamera und Auge

7.4.3 Vergrößerung und Verkleinerung

7.5 Quantenoptik

7.5.1 Welle-Teilchen-Dualismus

7.5.2 Photoeffekt

7.5.3 Lichtquellen

7.5.4 Wahrnehmung von Gegenständen und ihrer Farben

7.6 Lichtstärke, Beleuchtungsstärke und Schattenbildung

7.6.1 Überblick

7.6.2 Lichtstärke, Lichtstrom und Beleuchtungsstärke

7.6.3 Schattenbildung

8 Ionisierende Strahlung

8.1 Klinischer Fall - Heilende Strahlung

8.2 Radioaktivität

8.2.1 Nuklide und Radionuklide

8.2.2 Radioaktiver Zerfall

8.2.3 Radionuklide in der Medizin

8.3 Röntgenstrahlen

8.3.1 Einleitung

8.3.2 Erzeugung und Arten von Röntgenstrahlung

8.3.3 Röntgenröhre

8.3.4 Röntgenstrahlung in der Medizin

8.4 Nachweis und Wirkung ionisierender Strahlung

8.4.1 Überblick

8.4.2 Nachweis ionisierender Strahlung

8.4.3 Strahlenwirkung

9 Mathematische Grundlagen

9.1 Rechnen mit Potenzen

9.1.1 Rechnen mit Zehnerpotenzen

9.1.2 Allgemein

9.2 Weitere Rechenregeln

9.3 Notation und wissenschaftliche Schreibweise

9.4 Bruchrechnung

9.5 Quadratische Beziehungen

9.6 Rechenregeln mit Logarithmusfunktionen

9.7 Trigonometrische Funktionen

9.8 Ableitungen (a = Konstante, x = Variable)

9.9 Integrale

10 Mathematische Zeichen und Symbole

11 Naturkonstanten und nützliche Werte

12 Formeln, Symbole und Einheiten

12.1 zu Kapitel : Grundbegriffe

12.2 zu Kapitel : Mechanik des Massenpunkts und der starren Körper

12.3 zu Kapitel : Mechanik ausgedehnter und deformierbarer Körper

12.4 zu Kapitel : Wärme, Löslichkeit, Diffusion

12.5 zu Kapitel : Elektrizität, Magnetismus und Elektromagnetismus

12.6 zu Kapitel : Schwingungen und Wellen

12.7 zu Kapitel : Optik

12.8 zu Kapitel : Ionisierende Strahlung

13 Lösungen zu den Aufgaben

13.1 Lösungen zu den Aufgaben Grundbegriffe

13.2 Lösungen zu den Aufgaben Mechanik des Massepunkts

13.3 Lösungen zu den Aufgaben Mechanik ausgedehnter und deformierbarer Körper

13.4 Lösungen zu den Aufgaben Wärme, Löslichkeit, Diffusion

13.5 Lösungen zu den Aufgaben Elektrizität, Magnetismus und Elektromagnetismus

13.6 Lösungen zu den Aufgaben Schwingungen und Wellen

13.7 Lösungen zu den Aufgaben Optik

13.8 Lösungen zu den Aufgaben Ionisierende Strahlung

Anschriften

Sachverzeichnis

Impressum

1 Grundbegriffe des Messens und der quantitativen Beschreibung

Hartmut Zabel

1.1 Klinischer Fall - Nadelöhr im Herzen

Das Körpergewicht ist eine Messgröße, die viele Menschen akribisch überwachen – meist aus Angst vor Übergewicht. Tatsächlich spiegelt es aber viel mehr wider als nur Essgewohnheiten und ist Medizinern zusammen mit einer kliischen Symptomatik häufig ein diagnostisches Hilfsmittel und eine Möglichkeit, Therapieerfolge zu kontrollieren.

Schwerwiegende Probleme Traurig steigt Frau Linz von der Waage. Schon wieder zugenommen, ganze drei Kilo in nur ein paar Tagen. Auch sonst fühlt sich die 83-jährige nicht gut. Jede Bewegung schwer und auch die Luft wird öfter knapp. Die Rentnerin will wissen, was mit ihr los ist und bittet ihren Arzt um einen Hausbesuch. Der Hausarzt bemerkt beim Abhören ein systolisches Herzgeräusch, das in die Halsschlagadern fortgeleitet wird. Das Atemgeräusch ist beidseitig abgeschwächt. Zudem hat Frau Linz Unterschenkelödeme. „Sie haben Wasser in der Lunge und in den Beinen. Schuld daran ist vermutlich eine Herzschwäche“, erklärt der Arzt und rät der Rentnerin, ihr Leiden in der Klinik abklären zu lassen.

Herz in Not Schon wenige Stunden später liegt die alte Dame im Echokardiografieraum des Krankenhauses. „Ihre Aortenklappe ist verengt“, sagt die Kardiologin, nachdem sie Frau Linz' Herz sonografiert hat. Die erworbene Aortenstenose ist heute der häufigste Klappenfehler. Sie entsteht meist infolge degenerativer Veränderungen und führt zu Verkalkungen mit verringerter Klappenöffnungsfläche. Infolge der durch die Enge gesteigerte Druckbelastung des linken Ventrikels kommt es zur Vergrößerung (Hypertrophie) des Herzmuskels. Mit fortschreitender Verengung nimmt die Pumpleistung des Herzens jedoch ab und Symptome der Herzschwäche treten auf: bei Linksherzinsuffizienz zum Beispiel ein Lungenödem, ein Pleuraerguss oder zerebrale Funktionsstörungen. Ist infolge des Rückstaus des Bluts aus der linken Herzkammer in die Lunge (Lungenstauung) später auch die Pumpfunktion der rechten Kammer beeinträchtigt, kommen periphere Ödeme und eine Gewichtszunahme hinzu – wie bei Frau Linz.

Wasser Marsch! Zur vorübergehenden Stabilisierung wird Frau Linz medikamentös mit Diuretika behandelt. Zu ihrer großen Freude verliert die Rentnerin mehrere Kilogramm Gewicht und das Atmen fällt ihr zusehends leichter. „Langfristig hilft Ihnen aber nur ein Ersatz der Aortenklappe“, erklärt ihr die Klinikärztin. Drei Wochen später wird Frau Linz eine biologische Herzklappe vom Schwein eingesetzt. Diese arbeitet geräuschlos und hält zehn bis fünfzehn Jahre. Eine lebenslange Blutverdünnung wie bei künstlichen Klappen ist dabei nicht nötig. Frau Linz schaut halbjährlich bei ihrer Kardiologin vorbei, die die Funktion der neuen Herzklappe überprüft. Zudem mißt sie regelmäßig die Temperatur, damit sie eine eventuelle Entzündung der neuen Herzklappe rasch erkennt. Und natürlich steigt sie weiter fleißig auf die Waage, um früh zu bemerken, wenn sie wieder Wasser einlagert.

1.2 Physikalische Größen und Einheiten

Lerncoach

In diesem Kapitel werden die mathematischen und physikalischen Grundlagen beschrieben, die Ihnen in diesem Buch immer wieder begegnen werden. Sie werden Ihnen vielleicht vertraut vorkommen, denn manches habe Sie wahrscheinlich bereits in der Schule kennengelernt. Verlieren Sie deshalb nicht den Mut, die Erinnerung daran wird Ihnen helfen, sich wieder hineinzufinden.

1.2.1 Überblick

Das Messen ist uns eine vertraute Sache. Wir stellen uns morgens auf die Waage, um unser Gewicht zu messen; wir schauen auf die Uhr, um nicht zu spät zum Zug zu kommen, d. h. wir messen die Zeitdifferenz zwischen Jetzt und der fahrplanmäßigen Abfahrt; wir fahren Auto und messen die Geschwindigkeit mit einem Tachometer. Bei diesen Beispielen führen wir selbst eine aktive Messung durch und verlassen uns auf die richtigen Angaben der Messinstrumente, die wir einsetzen: Waage, Uhr und Tachometer. Beim Frühstück schauen wir auf die Rückseite der Müsli-Packung, die Auskunft über Energieinhalt, Nährstoffe, Fett und Vitamine pro 100 g gibt. Hier verlassen wir uns auf die Richtigkeit der Messungen durch andere Personen und Instrumente in einem Labor. Schließlich gehen wir durch eine Tür und haben das Gefühl, dass sie hoch genug ist, sonst würden wir den Kopf einziehen, wir gehen die Treppe runter und treffen exakt die Stufen, wir treten ins Freie und stellen einen Temperaturunterschied zwischen Innen und Außen fest, und kneifen die Augen zu, da plötzlich die Helligkeit stark zugenommen hat. In allen diesen Fällen haben wir Messungen von Höhen, Temperaturen und Helligkeiten automatisch mit Hilfe unserer körpereigenen Messinstrumente durchgeführt. Der Körper ist noch mit wesentlich mehr Sensoren ausgerüstet, die uns eine tägliche sichere Navigation durch alle Widrigkeiten erlauben. Wir können Gegenstände wahrnehmen, Entfernung abschätzen, Klänge und Lautstärken unterscheiden, Gerüche riechen, Neigungen erkennen, Druck und Schmerz empfinden. Von diesen körpereigenen Sensoren bekommen wir keine genauen Messwerte geliefert, jedoch versteht es das vegetative und somatische Nervensystem sehr gut, die Messwerte an die Regelkreise und Entscheidungszentren weiter zu leiten, sodass wir auf die gegebenen Umstände richtig reagieren können. Viele der empfundenen Wahrnehmungen können auch mit Hilfe von geeigneten Messinstrumenten quantifiziert werden, wie z. B. das Fieber durch eine mit einem Thermometer messbare erhöhte Körpertemperatur. Messen gehört zu den wichtigsten Aufgaben in der medizinischen Praxis. Bevor eine Diagnose erstellt werden kann, werden üblicherweise eine ganze Reihe von physikalischen und chemischen Messungen durchgeführt: Temperatur, Puls, Blutdruck, Zahl der Leukozyten, Erythrozyten und Thrombozyten im Blut, Glucosekonzentration im Harn, etc. Bei der Therapie werden ebenfalls quantitative und messbare Angaben gemacht: Zahl von Tropfen, Spritzen von einigen Millilitern eines Medikaments, Dosis einer Bestrahlung, etc. Bei allen durchführbaren Messungen werden drei grundlegende Annahmen gemacht:

Die zu messende Eigenschaft ist klar definiert und abgegrenzt gegen andere Eigenschaften.

Die Messung liefert einen eindeutigen Wert.

Die Messung wird in einem Maßsystem durchgeführt, welches allgemein akzeptiert ist, und das Messresultat ist in diesem Maßsystem mitteilbar.

Im folgenden Abschnitt werden wir das international anerkannte Maßsystem vorstellen. Dabei werden wir uns vorzugsweise auf physikalische Größen und Einheiten konzentrieren.

1.2.2 Physikalischen Größen und Einheiten

Physikalische Größen sind mathematisch definierbare und messbare Eigenschaften der Materie im ruhenden wie im bewegten Zustand. Physikalische Größen sind z. B. Volumen, Kraft, Geschwindigkeit und Temperatur. Dagegen sind Gefühle, Stimmungen, Farbeindrücke keine physikalischen Größen. Hinter physikalischen Begriffen steht immer eine exakte quantitative Definition. Häufig weicht die physikalische Begriffsbildung bzw. Definition vom allgemeinen Sprachgebrauch deutlich ab. Zum Beispiel haben wir eine alltägliche Vorstellung von Arbeit, jedoch in der Physik ist die Arbeit definiert als Kraft mal zurückgelegter Wegstrecke.

1.2.2.1 Darstellung der physikalischen Größe

Physikalische Größen sind durch einen Zahlenwert und eine Einheit gekennzeichnet, die jeweils durch ein bestimmtes Symbol beschrieben werden:

(1.1)

Beispiel: die Länge eines Bettes ist l = 2,2 m. Hier ist der Zahlenwert der Länge 2,2  und die Einheit Meter, abgekürzt als m. Ohne Angabe der Einheit (Meter) macht der Zahlenwert keinen Sinn. Mit Abkürzungen (hier l für Länge) können auch algebraische Rechnungen durchgeführt werden. Setzt man für das Ergebnis einen Zahlenwert ein, dann muss der Zahlenwert mit einer Einheit versehen werden.

Eine geschweifte Klammer { } um eine physikalische Größe G bedeutet „Zahlenwert von G“. Eine eckige Klammer [ ] um eine physikalische Größe G bedeutet „Einheit von G“. Zwischen Zahlenwert und Einheit kommt immer ein Leerzeichen: 2,2 m (nicht 2,2m).

Anmerkung: in der deutschen Literatur werden Dezimale durch ein Komma getrennt (2,2 m). In internationaler Literatur und insbesondere auch bei Veröffentlichungen werden Dezimale durch einen Punkt getrennt (2.2 m). In diesem Kurzlehrbuch bleiben wir bei der deutschen Schreibweise.

Die Definition physikalischer Größen und deren Einheit ermöglicht das Messen und Vergleichen von Zuständen und Bewegungen von Gegenständen. Dazu braucht man Messgeräte ( ), die für die entsprechende Messung geeignet sind (Metermaß für Länge, Barometer für Druck, etc.) und so geeicht sind, dass sie einen Messwert nach dem anerkannten Einheitensystem ergeben (z. B. Meter für eine Länge). Der reine Zahlenwert ohne die Angabe von Einheiten macht keinen Sinn. Obwohl die Längenangabe in inch nicht international anerkannt ist, ist sie dennoch in den USA allgemein gebräuchlich. Kennt man den Umrechnungsfaktor (1 inch = 0,0254 m), dann ist eine Umrechnung leicht möglich. Fehlt jedoch bei der Angabe des Zahlenwerts die Einheit, dann kann es zu schwerwiegenden Fehlern kommen: Beim Anflug der Sonde Mars Climate Orbiter auf den Mars ging diese 1999 verloren, da bei der Kommunikation zwischen zwei Kontrollteams unterschiedliche Maßeinheiten verwendet wurden.

Abb. 1.1Zwei Maßstäbe mit gleicher Länge haben unterschiedliche Einheiten. Der obere Maßstab ist in Millimeter und Zentimeter eingeteilt, der untere Maßstab in Inches und Bruchteile davon.

1.2.3 Basisgrößen und Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems

Die heute international geltenden Einheiten sind im Internationalen Einheitensystem (SI-System) zusammengefasst. In diesem System gibt es Basiseinheiten und abgeleitete Einheiten, die aus den Basiseinheiten hervorgehen. Die Basiseinheiten sind den Basisgrößen zugeordnet ( ▶ Tab. 1.1).

Die Basisgrößen und Basiseinheiten sollten Sie kennen. Früher wurde im Physikum häufig danach gefragt.

Tab. 1.1

 Tab. 1.1 Basisgrößen und Basiseinheiten des Internationalen EinheitensystemsTab. 3.1 .

Basisgröße

Symbol für Basisgröße

Basiseinheit

Symbolfür Basiseinheit

Formelzeichen für Basisgröße

Länge

L

Meter

m

l

Masse

M

Kilogramm

kg

m

Zeit

Z

Sekunde

s

t

Temperatur:

T

Grad

K

T

Strom

I

Ampere

A

I

Stoffmenge

N

Mol

mol

n

Lichtstärke

J

Candela

cd

Iv

Beachte, dass viele Symbole mehrfach verwendet werden. Zum Beispiel wird m als Abkürzung für die Einheit Meter verwendet, aber auch als Formelzeichen für die physikalische Größe Masse. Die jeweilige Bedeutung ist jedoch aus dem Zusammenhang erkennbar. Wenn m nach einem Zahlenwert steht, dann ist m als Abkürzung der Maßeinheit Meter gemeint. Wenn m in einer physikalischen Gleichung vorkommt, dann ist damit üblicherweise die Masse gemeint.

1.2.3.1 Herleitung abgeleiteter Einheiten aus den Basiseinheiten

Viele physikalische Größen sind aus den Basisgrößen abgeleitet. Zum Beispiel ist die Geschwindigkeit gleich der zurückgelegten Wegstrecke pro Zeit, oder in Basisgrößen ausgedrückt:

Geschwindigkeit = Länge/Zeit, symbolisch v L/T. Da die Einheit von Länge [L] = m und von Zeit [T] = s ist, folgt für die Einheit der Geschwindigkeit [v] = m/s. Hier bedeutet m/s Meter pro Sekunde. Häufig ist es besser und eindeutiger, die folgende Schreibweise zu wählen: ms–1. In diesem Kurzlehrbuch werden wir beide Schreibweisen verwenden.

Für manche abgeleitete Größen werden neue Bezeichnungen eingeführt. Zum Beispiel ist die Kraft definiert als Masse mal Geschwindigkeit pro Zeit. In symbolischer Schreibweise: F  m · v/t. Die Einheit der Kraft ist Newton, abgekürzt N. Newton ist eine abgeleitete Größe, denn sie kann aus den Grundgrößen Masse, Länge der Wegstrecke und Zeit zusammengesetzt werden: Kraft = Masse × Länge/Zeit2, symbolisch: F = M L/T2. Daraus folgt für die Einheit der Kraft: [F] = N = kg m/s2 = kg m s–2.

1.2.3.2 Dezimale Vielfache und Teile von Einheiten

Sie werden durch Vorsilben benannt oder durch Multiplikation mit Zehnerpotenzen angegeben ( ▶ Tab. 1.2). Üblich ist die Schreibweise in Potenzen zu der Basis 10. Die Vorsilbe Milli drückt ein Tausendstel einer Grundgröße aus, oder 10–3. Die Vorsilbe Kilo drückt das Tausendfache einer Grundgröße aus, oder 103. Mit dieser Schreibweise können leicht Umrechnungen durchgeführt werden. Zum Beispiel ist der Normaldruck 105 Pa (Pa = Pascal), oder 103 hPa (h = Hekto = 100 = 102).

Tab. 1.2

 Tab. 1.2 Dezimale Vielfache und Teile von Einheiten durch Vorsilben

Kleiner als 1

Symbol

Zahlenwert

10–x

Größer als 1

Symbol

Zahlenwert

10+x

Dezi

d

0,1

1

Deka

da

10

1

Zenti

c

0,01

2

Hekto

h

100

2

Milli

m

0,001

3

Kilo

k

1000

3

Mikro

m

0,000 001

6

Mega

M

1 000 000

6

Nano

n

0,000 000 001

9

Giga

G

1 000 000 000

9

Piko

p

0,000 000 000 001

12

Tera

T

1 000 000 000 000

12

Femto

f

0,000 000 000 000 001

15

Peta

P

1 000 000 000 000 000

15

Für das Lösen vieler Physikumsaufgaben ist es wichtig, mit Zehnerpotenzen umgehen zu können. Deshalb im Folgenden eine kurze Zusammenfassung der entsprechenden Regeln.

Rechenbeispiel

Rechnen mit Zehnerpotenzen

Bei Multiplikationen werden die Exponenten addiert4 × 106 × 103 = 4 × 109 (6 + 3 = 9)

Bei Divisionen werden die Exponenten subtrahiert4 × 106/103 = 4 × 103 (6 – 3 = 3)

Bei Additionen und Subtraktionen ändert sich der Exponent nicht. Sie können nur dann durchgeführt werden, wenn es sich um dieselben Exponenten handelt. 3 × 103 + 4 × 103 = 7 × 103oder 3,2 × 103 + 4,5 × 104 = 3,2 × 103 + 4,5 × 10 × 103 = 3,2 × 103 + 45 × 103 = 48,2 × 103.

1.2.4 Skalare und Vektoren

In der Physik unterscheidet man zwischen skalaren und vektoriellen Größen. Skalare sind physikalische Größen, die ausschließlich einen gewissen Wert ausdrücken, wie z. B. die Masse, das Volumen oder die Zeit. Vektoren sind physikalische Größen, die außer ihrem Wert noch zusätzlich eine Richtung im Raum angeben, wie z. B. die Lage eines Objekts, die Geschwindigkeit eines Objekts in eine bestimmte Richtung, oder die Kraft, die in einer bestimmten Richtung wirkt.

Merke

Skalare = Größen, die nur einen Wert haben.

Vektoren = Größen, die einen Wert und eine Richtung im Raum haben.

Vektoren können verschieden gekennzeichnet werden. Die Geschwindigkeit als Vektor kann folgendermaßen dargestellt werden:   ,   oder v, d. h. entweder mit einem Pfeil über dem Buchstaben, mit einem Unterstrich, oder durch Fettschreibweise. Hier werden Vektoren durch einen Pfeil über dem Buchstaben symbolisiert.

1.2.4.1 Addition und Subtraktion von Vektoren

Vektoren können geometrisch im Raum zusammengesetzt werden. Dies verdeutlicht besonders anschaulich eine Addition oder Subtraktion von zwei oder mehr vektoriellen Größen ( ). Zum Beispiel zwei Vektoren   und  , die durch eine Länge und eine Richtung gekennzeichnet sind, können zu einem Gesamtvektor zusammengesetzt werden. Dabei gilt generell, dass die Spitze des ersten Vektors das Fußende des zweiten Vektors berührt. Der Summenvektor wird dann vom Fußende des ersten Vektors zur Spitze des zweiten Vektors aufgespannt. Vektoriell ergibt dies die Summe:  . Falls   minus   gebildet werden soll, dann wird zunächst der Gegenvektor von   gebildet und dann werden die Vektoren nach dem üblichen Verfahren addiert:

(1.2)

Abb. 1.2Addition (a) und Subtraktion (b) von zwei Vektoren je nach Richtung im Raum. In diesen Beispielen ist die Länge von   und   immer gleich geblieben, aber die Richtungen haben sich geändert und damit die Richtung und Länge des Summenvektors   .

Um die Prüfungsfragen zu den Vektoren lösen zu können, ist es wichtig, sich die grundlegenden trigonometrischen Funktionen wie die Sinus- oder Cosinusfunktion oder den Satz des Pythagoras ins Gedächtnis zu rufen. Sie finden diese Funktionen im ▶ mathematischen Anhang. Mit diesem Wissen sind Sie für die Aufgaben gut gerüstet.

Rechenaufgabe

Aufgabe 1.1: Der Bizeps-Muskel am Oberarm hat zwei Köpfe, d. h. die beiden Köpfe entspringen an zwei verschiedenen Stellen, greifen jedoch an der gleichen Stelle am Unterarm an. Die beiden Muskeln verlaufen nicht parallel, sondern schließen einen Winkel von 20 ° gegen die Mittelsenkrechte ein. Jeder der beiden Muskeln entwickelt eine Kraft   und   von jeweils 100 N.

Wie groß ist die resultierende gemeinsame Kraft beider Muskeln (s. Skizze)? sin(10 °) ≈ 0,17; cos(10 °) ≈ 0,98; sin(20 °) = 0,34; cos(20 °) ≈ 0,94.

(▶ Lösung)

Klinischer Bezug

Summenvektoren kommen u. a. beim Herzaktionspotenzial vor. Der Summenvektor des elektrischen Dipols, der sich aus der Summe von Milliarden von Dipolen der einzelnen Fibrillen zusammensetzt, charakterisiert die zeitliche und räumliche Ausbreitung der Erregung am Herzen. Die Spitze des Summenvektors beschreibt eine Vektorschleife im Raum.

1.2.4.2 Zerlegung eines Vektors in seine Komponenten

Um Vektoren in ihre räumlichen Komponenten zerlegen zu können, muss man die Raumrichtungen in einem x,y,z-Koordinatensystem festlegen ( ). Üblicherweise legt man ein rechtwinkliges bzw. kartesisches Koordinatensystem fest. In diesem System zeigen die Achsen x, y, z in drei Raumrichtungen, die jeweils senkrecht aufeinander stehen. Die Achsen werden nach der „Rechten-Hand-Regel“ bezeichnet: wenn der Daumen in die z-Richtung zeigt, dann zeigt der Zeigefinger in die x-Richtung und der Mittelfinger in die y-Richtung ( ).

Klinischer Bezug

Das in der Medizin verwendete Koordinatensystem ist durch die Ebenen sagittal, frontal und horizontal definiert.

Abb. 1.4Zerlegung eines Vektors in seine Komponenten innerhalb eines rechtwinkligen Koordinatensystems.

1.2.4.3 Multiplikation von Vektoren mit Skalaren

Eine häufige Rechenoperation in der Physik ist die Multiplikation von Vektoren mit Skalaren. Ein bekanntes Beispiel ist die Kraft, die sich aus dem Produkt des Vektors Beschleunigung   mit dem Skalar Masse m ergibt:  . Bei diesem Produkt bleibt die Richtung erhalten, Kraft und Beschleunigung zeigen in die gleiche Richtung, jedoch sind die Beträge von Kraft und Beschleunigung sowie ihre Einheiten verschieden. In diesem Fall schreiben wir das Produkt ohne weitere Kennzeichnung zwischen dem Skalar und dem Vektor. Dabei ist stillschweigend angenommen, dass es sich um ein Produkt handelt. Wir werden in den nächsten Abschnitten sehen, dass sogenannte Skalarprodukte und Vektorprodukte speziell mit Symbolen gekennzeichnet sind, die sie von dem Produkt aus Skalar mit Vektor unterscheiden.

Merke

Bei Multiplikation eines Vektors mit einem Skalar ändert sich die Richtung des Vektors nicht. Länge und Einheit können jedoch verschieden sein.

1.2.4.4 Multiplikation von Vektoren

Zwei verschiedene Vektormultiplikationen sind bekannt. Das Skalarprodukt und das Vektorprodukt.

Das Skalarprodukt von zwei Vektoren   und   ist definiert als ( ):

(1.3)

In Worten: Das Skalarprodukt der Vektoren   und   ist das Produkt der Beträge   und   mal dem Cosinus des eingeschlossenen Winkels zwischen diesen beiden Vektoren. Das Ergebnis des Skalarprodukts ist eine skalare Größe. Wichtig zur Kennzeichnung eines Skalarprodukts ist der Punkt zwischen den beiden Vektoren als Symbol für das Produkt. Anschaulich kann man sich vorstellen, dass der Vektor   zunächst in die Richtung von   projiziert wird, sodann werden die Beträge von   und   cosα ganz normal multipliziert.

Als Beispiel wählen wir die mechanische Arbeit W. Sie folgt aus dem Skalarprodukt aus Kraft   mal Wegdifferenz   :  . Die Arbeit ist maximal, wenn   und   parallel sind, minimal, wenn   und   senkrecht zueinander stehen.

Abb. 1.5Skalarprodukt zweier Vektoren.

Das Vektorprodukt (auch Kreuzprodukt genannt) von zwei Vektoren   und   ist definiert als ( ):

(1.4)

In Worten: Das Vektorprodukt der Vektoren   und   ist das Produkt der Beträge   und   mal dem Sinus des eingeschlossenen Winkels zwischen diesen beiden Vektoren. Das Ergebnis des Vektorprodukts ist selbst ein Vektor   , der senkrecht auf der Fläche steht, die durch   und   aufgespannt wird. Der Betrag des Vektors   entspricht der Rautenfläche, die aus den beiden Vektoren   und   gebildet werden kann. Wichtig zur Kennzeichnung eines Vektorprodukts ist das Kreuz zwischen den beiden Vektoren als Symbol für das Produkt. Daher wird das Vektorprodukt auch manchmal „Kreuzprodukt“ genannt. Das Symbol   deutet die Richtung des neuen Vektors   an.

Als Beispiel betrachten wir das ▶ Drehmoment  , welches aus dem Vektorprodukt von Hebelarm   und Kraft   gebildet wird:  . Der Vektor   steht senkrecht auf den Vektoren   und   , sein Betrag wird maximal, wenn   und   einen Winkel von 90 ° einschließen. Bei paralleler Ausrichtung wird das Drehmoment null. Das Vektorprodukt folgt der Rechten-Hand-Regel( ): Zeigt der Daumen in die Richtung von   , und der Zeigefinger in die Richtung von   , dann zeigt der Mittelfinger in die Richtung von   . Die Richtungen dürfen nicht vertauscht werden, sonst dreht sich die Richtung von   um:

(1.5)

Skalarprodukte kommen immer dann vor, wenn das Produkt aus zwei Vektoren keine Richtung hat, wie z. B. Arbeit (Produkt aus Kraft und Weg) und Leistung (Produkt aus Kraft und Geschwindigkeit). Wenn jedoch das Produkt wiederum eine gerichtete physikalische Größe ergibt, dann muss das Vektorprodukt verwendet werden, wie z. B. Drehimpuls (Produkt aus Radius und Impuls) und Drehmoment (Produkt aus Radius und Kraft).

Abb. 1.6Vektorprodukt mit Rechter-Hand-Regel.

Merke

Skalarprodukte zwischen zwei Vektoren   und   ergeben einen Skalar. Dieser ist maximal, wenn die beiden Vektoren   und   parallel verlaufen. Das Vektorprodukt aus zwei Vektoren   und   ergibt einen neuen Vektor   , der nach der Rechte-Hand-Regel senkrecht auf der Fläche steht, die durch die beiden Vektoren   und   aufgespannt wird. Das Vektorprodukt ist maximal, wenn die beiden Vektoren   und   senkrecht aufeinander stehen ( ).

Abb. 1.7Vergleich von Skalar- und Vektorprodukt bei parallelen und senkrechten Vektoren.

1.2.4.5 Koordinatensysteme

Außer Koordinatenachsen für die Ortsrichtungen x,y,z können als Koordinatenachsen auch andere Achsen zur Darstellung von physikalischen Größen gewählt werden, z. B. Zeitachse, Temperaturachse, Druckachse etc. Die Lageänderung eines Objekts entlang der x-Achse im Verlauf der Zeit t kann in einem x,t-Diagramm dargestellt werden ( ).

Abb. 1.8x,t-Diagramm (Weg-Zeit-Diagramm). Die Lage des Ortspunktes nimmt stetig mit der Zeit zu.

1.2.5 Bedeutung von Differenzial und Integral

Lassen Sie sich vom nächsten Abschnitt nicht abschrecken, auch wenn darin von Differenzial und Integral die Rede ist. Sie müssen damit nicht rechnen können. Sie sollten nur verstanden haben, was sich hinter diesen Begriffen verbirgt.

1.2.5.1 Differenzenquotient

Aus Differenzenquotienten wird die Änderung einer physikalischen Größe in Abhängigkeit einer anderen Größe ermittelt. In a legt der Ortspunkt die Strecke von x1 nach x2 in der Zeit von t1 bis t2 zurück. Das heißt, zur Zeit t1 ist der Punkt bei x1 und zur Zeit t2 ist er bei x2 angelangt. Daraus können wir die Änderung der Lage pro Zeitabschnitt, d. h. die Geschwindigkeit ermitteln.

(1.6)

Das Symbol Δ steht für Differenz (hier von Ort und Zeit). In diesem Beispiel hängt der Ort linear von der Zeit ab, d. h. die Steigung ist konstant und die Geschwindigkeit hängt nicht davon ab, wo die Differenz Δx und Δt gemessen wird und wie groß die Differenzen gewählt wurden. In diesem Fall spricht man von einer geradlinigen und gleichförmigen Bewegung.

1.2.5.2 Differenzialquotient

Häufig ist eine physikalische Größe wie z. B. die Bewegung nicht gleichförmig, sondern hängt selbst von der Zeit ab ( b). In der Darstellung von Ort x gegen Zeit t ist der Kurvenverlauf dann keine einfache Gerade. In diesem Fall kann man nur lokal oder punktweise den Differenzenquotienten bilden. In jedem Abschnitt ändert er seinen Wert. Dann geht man vom Differenzenquotienten zum Differenzialquotienten über, indem das Intervall Δ bis auf eine infinitesimal kleine Größe reduziert wird. Anstatt von Δ, um eine Differenz anzugeben, wird dann d geschrieben, um den differenziellen Charakter auszudrücken. Die Geschwindigkeit in einem bestimmten Punkt x folgt aus

(1.7)

Hier steht „lim“ für Limes, d. h. dem Übergang zu einer infinitesimal kleinen Differenz. Der Differenzialquotient entspricht dann der Steigung der Kurve in einem bestimmten Punkt auf der Kurve, die von Punkt zu Punkt verschieden ist.

Abb. 1.9Weg-Zeit-Diagramm (x,t-Diagramm) zur Bestimmung von Geschwindigkeiten. a Gleichförmige Bewegung. b Nicht gleichförmige Bewegung.

Das Differenzial einer physikalischen Größe gibt immer die Änderung bzw. die Rate an. Geschwindigkeit ist die Änderung des Ortes pro Zeiteinheit. Beschleunigung ist die Änderung der Geschwindigkeit pro Zeiteinheit. Kraft kann definiert werden als die Änderung der potenziellen Energie pro Wegstrecke, d. h. als das Differenzial der potenziellen Energie nach dem Ort. Das Differenzial entspricht also der Ableitung einer Funktion f(x) nach der Variablen x, bzw., in einer grafischen Darstellung, der Steigung der Funktion f(x) im Punkt x.

Das Integral entspricht der Fläche unter einer Funktion ( ). Trägt man z. B. die Geschwindigkeit einer gleichförmigen Bewegung gegen die Zeit auf, dann ist die Funktion f(t) = v eine Horizontale, d. h. sie hängt nicht von der Zeit ab. Die zurückgelegte Wegstrecke s vom Zeitpunkt t = 0 bis tt1 wird aus dem Integral:  berechnet. Da die Geschwindigkeit als konstant angenommen wurde, kann sie vor das Integralzeichen gezogen werden. In diesem Fall bleibt nur die Integration über die Zeit von t = 0 bis tt1.

Abb. 1.10Geschwindigkeit-Zeit-Diagramm , Integral. Bei konstanter Geschwindigkeit v1 folgt die zurückgelegte Wegstrecke s in der Zeit von t = 0 bis tt1 aus der Fläche v1t1.

Die graue Fläche in entspricht genau der zurückgelegten Wegstrecke in der Zeit t1. Bei anderen Kurvenverläufen muss die Fläche unter der Kurve f(x) „stückweise“ berechnet werden ( ). Dabei schlagen Flächen oberhalb der x-Achse positiv zu Buche, unterhalb der x-Achse negativ. Für viele Funktionen sind die Integrale exakt bekannt und können in Tabellen nachgeschlagen werden.

Abb. 1.11Das Integral einer Funktion ist die Fläche zwischen der Funktion und der horizontalen Achse.

1.2.6 Flächen und Volumina

Wichtige Formeln zur Berechnung von Flächen und Volumina, die in dargestellt sind, zeigt ▶ Tab. 1.3.

Abb. 1.12Einige der geläufigsten Flächen und Volumina. Dabei gilt: a, b, und c = Seitenlängen; h = Höhe; r = Radius.

Tab. 1.3

 Tab. 1.3 Formeln zur Berechnung von Flächen und Volumina

Fläche

Volumen

Dreieck

Pyramide

Rechteck

A = a • b

Quader

V = a • b • c

Kreis

A = πr2

Zylinder

V = πr2 • h

Kugeloberfläche

A = 4πr2

Kugel

Für unsymmetrische Körper kann häufig keine einfache Formel für Oberfläche und Volumen angegeben werden. Volumina fester Körper kann man jedoch leicht aus der Wasserverdrängung bestimmen, Hohlräume durch Auffüllen mit Wasser oder anderen Substanzen. Die Bestimmung von Oberflächen ist schwieriger und aufwendiger. Die Oberfläche des menschlichen Körpers ist ca. 2 m2. Moderne Methoden verwenden das Abtasten von Oberflächen mit Lasern, Ultraschall oder taktilen Messköpfen. Die digitalisierte Oberfläche kann anschließend numerisch ausgewertet werden.

Für die Lösung der Aufgaben zu Flächen und Volumina ist es wichtig, dass Sie mit Zehnerpotenzen umgehen können (s.  ▶ Rechenbeispiel: Rechnen mit Zehnerpotenzen). In der Regel müssen bei diesen Aufgaben nur die Größenordnungen richtig ineinander umgerechnet werden. Ebenfalls wichtig ist, dass Sie die in ▶ Tab. 1.3 genannten Formeln dazu kennen.

Rechenaufgabe

Aufgabe 1.2: Für die Desinfektion einer Arbeitsfläche werden 4,2 ml eines Desinfektionsmittels zerstäubt. Wieviele Tröpfchen entstehen dabei, wenn man einen Durchmesser von 1 μm pro Tröpfchen annimmt?

▶ (Lösung )

1.2.7 Definition und Einheiten von Winkeln

1.2.7.1 Ebener Winkel

Ein Kreis habe den Radius r, dann ist der Kreisumfang = 2πr. Die Zahl π = 3,1415927… oder ca. 3,14. Der Ebenenwinkel ist definiert ( a):

(1.8)

Radius und Länge des Kreisbogens haben die Dimension Länge und die Einheit Meter. Daher ist die Einheit des Winkels: [α] = m/m = 1. Obwohl laut Definition die Einheit dimensionslos ist, wird zur Verdeutlichung der physikalischen Größe Ebenenwinkel die Einheit Radiant (rad) oder Grad eingeführt. Ein geschlossener Kreis hat den Winkel 360 ° oder 2π = 6,283 rad. Vorsicht: ist der Winkel das Argument einer trigonometrischen Funktion, dann wird der Winkel in Grad angegeben (Beispiel: sin(30 °) = 0,5), ist der Winkel Teil einer Formel, dann muss er in rad angeben werden (Beispiel: Bogenlänge eines Kreisbogens mit Radius 1 m und Flächenwinkel 30 °: sαr = 0,52 rad x 1 m = 0,52 m). Umrechnung:

(1.9)

Beispiel: 1 ° = 17,45 mrad, 360 ° = 6,283 rad, weitere Beispiele sind in gezeigt. Wenn Winkel in Grad angegeben werden, dann schreibt man zur Kennzeichnung einen kleinen hochgestellten Kreis hinter die Zahl, z.B. 30 °.

Abb. 1.13Definitionen und Einheiten von Winkeln. a Flächenwinkel. b Raumwinkel.

Abb. 1.14Beispiele für Ebenenwinkel angegeben in Radian und in Grad.

1.2.7.2 Raumwinkel

Die Fläche A auf einer Kugeloberfläche im Abstand r vom Kugelzentrum definiert den Raumwinkel ΩA/r2 ( b).

Die Einheit des Raumwinkels ist: [Ω] = Steradiant (sr) = m2/m2 = 1. Obwohl laut Definition die Einheit des Raumwinkels dimensionslos ist, wird zur Verdeutlichung der physikalischen Größe Steradiant als Einheit gewählt. Der Raumwinkel einer Kugel (voller Raumwinkel) beträgt 4π bzw. 12,56 sr. Ein Raumwinkel von 1 sr entspricht einem Kreiskegel mit einem Öffnungswinkel von 65,6 °.

Klinischer Bezug

Raumwinkel kommen in der Medizin bei der Bestimmung des Gesichtsfeldes vor. Das Gesichtsfeld von beiden Augen eines gesunden jungen Menschen überspannt horizontal ca. 180 ° und vertikal ca. 130 °. Daraus ergibt sich ein Gesichtfeld von ca. 5 sr. Fliegen haben dagegen ein Gesichtsfeld von fast 4π (12,56 sr). Bei grünem Star kann das Gesichtsfeld sehr stark bis zur Erblindung eingeengt werden.

Rechenaufgaben

Nehmen Sie ein Blatt Papier und lösen Sie die folgenden Aufgaben. Nutzen Sie das Geodreieck, um Winkel zu bestimmen und den Taschenrechner, um Sinus und Cosinus „nachzuschlagen“.

Aufgabe 1.3: Wie heißt das Symbol für die Basisgröße Zeit und wie ist ihre Einheit? Wie wird die Zeit in Formeln symbolisiert?

Aufgabe 1.4: Aus welchen Basisgrößen ist die Beschleunigung zusammengesetzt, was ist ihre Einheit?

Aufgabe 1.5: Ein 100 m Sprinter hat eine Geschwindigkeit von 36 km/h. Geben Sie die Geschwindigkeit in m/s an.

Aufgabe 1.6: Bestimmen Sie alle Innenwinkel eines gleichseitigen Dreiecks mit der Seitenlänge L. Wie groß ist die Fläche des gleichseitigen Dreiecks in Einheiten der Seitenlänge L?

(▶ Lösungen)

Check-up

Rufen Sie sich nochmals die Basisgrößen und Basiseinheiten des Internationalen Einheitensystems ins Gedächtnis.

Üben Sie, Einheiten und Zehnerpotenzen ineinander umzurechnen. Zum Beispiel: Wieviel m/s sind 56 km/h oder wieviel g/l sind 50 kg m–-3?

Machen Sie sich nochmals klar, was man unter Differenzial und Integral versteht.

1.3 Messen und Unsicherheiten beim Messen

Lerncoach

Eine Messung ist nur so genau wie das dafür verwendete Messinstrument. Im folgenden Kapitel wird beschrieben, welche Fehler beim Messen auftreten und wie man sie berechnen kann.

1.3.1 Überblick

Im einfachsten Fall hat man zum Messen einen „Maßstab“ zur Verfügung. Der Maßstab muss geeicht sein und nach der Messung einen Wert in SI-Einheiten angeben. Beispiele für „Maßstäbe“ sind: Metermaß für die Länge, Chronometer für die Zeit, Thermometer für die Temperatur, Barometer für den Druck, Voltmeter für die elektrische Spannung, Amperemeter für den elektrischen Strom, etc.

Eine einmalige Messung einer physikalischen Größe reicht nur selten aus, da Messungen mit systematischen und zufälligen Fehlern behaftet sind. Wird nur einmalig gemessen, dann ist nicht bekannt, wie stark das Messergebnis von dem wahren Wert der Messgröße abweichen kann.

1.3.2 Messfehler

1.3.2.1 Systematischer und zufälliger Fehler

Jede Messung einer physikalischen Größe x ist fehlerbehaftet und liefert einen Wert xi, der von dem wahren Wert xw mehr oder weniger abweicht. Der Messfehler Δx setzen sich aus systematischem Δxs und zufälligem Fehlern Δxz zusammen. Δ bezeichnet hier die Abweichung vom wahren Wert:

(1.10)

Das Vorzeichen ± drückt aus, dass die Abweichung vom wahren Wert positiv wie negativ sein kann.

Systematische Fehler kommen durch fehlerhafte Messinstrumente zustande, oder durch Einflüsse, die bei der Messung nicht berücksichtigt worden sind. Sie liefern eine systematische Abweichung der Messergebnisse von dem wahren Wert und können nicht durch Messwiederholung behoben werden. Systematische Fehler unterliegen nicht der Statistik und können nur geschätzt werden. Zufällige Fehler dagegen schwanken und sind bei Mehrfachmessungen mit statistischen Methoden bestimmbar.

Merke

Es gibt systematische und zufällige Fehler. Die systematischen Fehler müssen erkannt und beseitigt werden, die zufälligen Fehler können nur mit statistischen Methoden abgeschätzt werden.

1.3.2.2 Absolute und relative Messfehler

Der absolute Messfehler Δx ist unabhängig von der Größe x. Er wird in absoluten Zahlen angegeben und hat die gleiche Einheit wie die Größe x (z. B. Länge ± 1 mm: 1 m ± 1 mm, 2 m ± 1 mm, 3 m ± 1 mm…). Bei relativen Messfehlern wächst Δx mit x, sodass der Quotient Δx/x konstant bleibt. Der relative Messfehler wird in Prozent angegeben und ist eine reine Zahl ohne Einheit (z. B. Länge ± 0,1 % der gemessenen Länge bedeutet 1 m ± 1 mm, 2 m ± 2 mm, 3 m ± 3 mm…). Systematische Fehler zeigen meist einen absoluten Messfehler, während bei zufälligen Fehlern häufig Δx/x konstant ist.

Rechenaufgaben

Aufgabe 1.7: Bei einem Patienten liefert die einmalige Messung des systolischen Blutdrucks mit einem automatischen Blutdruckmessgerät das Ergebnis von 120 mmHg. Der Hersteller gibt den relativen Messfehler des Geräts mit ± 1,5 % an.

Wie hoch ist der geschätzte absolute Messfehler dieser Messung in Einheiten von mmHg?

Aufgabe 1.8: Der absolute Messfehler eines Fieberthermometers wird vom Hersteller mit ± 0,1 °C angegeben.

Wie hoch ist der relative Messfehler für eine gemessene Temperatur von 40 °C?

▶ (Lösungen)

1.3.3 Mittelwert und Standardabweichung

1.3.3.1 Gauß’sche Normalverteilung (Glockenkurve)

Wird eine Messung ein und derselben physikalischen Größe häufig wiederholt, dann werden die meisten Messwerte sich um einen „mittleren Wert“ scharen. Kleinere Abweichungen vom Mittelwert kommen häufig, größere Abweichungen selten vor. Üblicherweise werden alle Messwerte in einem Histogramm aufgetragen ( ): Häufigkeit eines Messwertes hi gegen den Messwert im Intervall zwischen xi und xj. Das Intervall sollte dabei weder zu klein noch zu groß gewählt werden. Die Grafik zeigt die Auswertung einer Längenmessung. Das Histogramm (farbige Balken) kann mit einer mathematischen Funktion der sogenannten Gauß’schen Normalverteilung beschrieben werden (durchgezogene glatte Kurve):

(1.11)

Wichtigste Größen der Normalverteilung ist das arithmetische Mittel bzw. der Mittelwert   und die Standardabweichungs (s. u.).

Abb. 1.16Gauß’sche Normalverteilung. Auf der Ordinate ist die Häufigkeit des Auftretens eines bestimmten Wertes aufgetragen, auf der Abszisse stehen die Messwerte. Die durchgezogene Kurve ist die berechnete Normalverteilung nach Gauß mit dem Mittelwert und der Standardabweichung s.

1.3.3.2 Arithmetischer Mittelwert als Näherungswert

Der arithmetische Mittelwert  dient als Näherungswert für den Erwartungswert und wird berechnet aus der Summe aller Messwerte xi dividiert durch die Zahl der durchgeführten Messungen N:

(1.12)

Abb. 1.17Mittelwert (a) und Standardabweichung (b) einer Messreihe in der Gaußschen Normalverteilung.

1.3.3.3 Standardabweichung einer Messreihe

Die Standardabweichung ist ein Maß für die Zuverlässigkeit der Einzelmessung und gibt deren Messfehler an. Im Fall einer Normalverteilung von Messwerten liegen 68,3 % aller Messwerte innerhalb eines Intervalls von ±s, wobei s als Standardabweichung bezeichnet wird ( b). Wenn die Normalverteilung niedrig und breit ist, dann ist die Standardabweichung groß, bei einer hohen und schmalen Normalverteilung ist die Standardabweichung klein. Immer liegen jedoch ca. 68 % aller Messpunkte innerhalb dieser ersten Standardabweichung.

Die Standardabweichung wird aus der quadratischen Abweichung der Messwerte zum Mittelwert berechnet:

(1.13)

d. h. man summiert zunächst alle Abweichungsquadrate, normiert die Summe auf die Zahl der Messungen minus eins, und zieht aus dem Resultat die Quadratwurzel. Als Ergebnis einer Messung wird der Mittelwert mit seiner Standardabweichung angegeben:  .

Klinischer Bezug

Ein μl (= 1 mm3) Blut enthält ca. 4,5 – 5,5 × 106 Erythrozyten und ca. 4 – 5 × 103 Leukozyten, d. h. im Blutbild unter einem Mikroskop kommen auf ca. 1000 Erythrozyten ein Leukozyt (0,1 %). Bei Stichproben werden bei gesunden Menschen Abweichungen von bis zu 50 % des Mittelwerts festgestellt. Die Verteilungsfunktion für die Zahl der Leukozyten ist daher breit und niedrig. Das Verhältnis von Standardabweichung zu Mittelwert ist ca.   . Mehrere Messungen müssen durchgeführt werden, damit keine falschen diagnostischen Schlüsse gezogen werden.

1.3.3.4 Standardabweichung des arithmetischen Mittelwerts

Auch der Mittelwert hat einen Fehler. Offensichtlich wird der Mittelwert umso vertrauenswürdiger, je größer die Zahl der Messungen N wird. Der mittlere Fehler des Mittelwertes, bzw. die Abweichung des Mittelwertes vom wahren Wert (= Standardabweichung des arithmetischen Mittelwerts) folgt aus:

(1.14)

  wird auch als Vertrauensbereich des Mittelwertes bezeichnet. Beachte, dass die Standardabweichung des Mittelwerts um den Faktor   kleiner ist als die Standardabweichung des Messwertes.

Rechenaufgabe

Aufgabe 1.9: Die Ausmessung der Eustachischen Röhre bei 100 Probanden ergibt eine mittlere Länge von 3,6 cm mit einer Standardabweichung von s=1mm. Die Standardabweichung des Mittelwerts beträgt   = s/√N = ± 0,1 mm.

Wieviel weitere Probanden müssten vermessen werden, um die Standardabweichung des Mittelwerts bei gleicher Standardabweichung des Messwerts s um einen Faktor 10 zu senken?

( ▶ Lösung)

1.3.4 Fehlerfortpflanzung

Zur Fehlerfortpflanzung wurden im Physikum früher häufiger Fragen gestellt. In den letzten 5 Jahren hat es dazu keine Fragen mehr gegeben.

Falls eine Messgröße additiv aus anderen Messgrößen zusammengesetzt ist:

(1.15)

dann wird der Gesamtfehler von f aus der algebraischen Summe der Messfehler der einzelnen Messgrößen berechnet:

(1.16)

Dabei sind  ,   die Vertrauensbereiche der Mittelwerte der Messgrößen x, y, und z.

Falls eine Messgröße aus einem Produkt anderer Messgrößen x, y, z folgt:

(1.17)

dann ist der Gesamtfehler von f:

(1.18)

und der relative Fehler ist:

(1.19)

Falls eine Messgröße aus einem Quotienten der Messgrößen x, y besteht:

(1.20)

dann ist der Gesamtfehler von f:

(1.21)

und der relative Fehler ist:

(1.22)

Merke

Bei Addition und Subtraktion von Messwerten werden zunächst die absoluten Fehlerquadrate der einzelnen Messwerte addiert. Die Wurzel aus der Summe ergibt den Gesamtfehler des Messwerts. Dividiert man diesen durch den gesamten Messwert, dann erhält man den relativen Fehler der Messung.

Bei Multiplikation und Division von Messwerten werden zunächst die relativen Fehlerquadrate der einzelnen Messwerte gebildet und addiert. Die Wurzel aus der Summe gibt den relativen Fehler des Messergebnisses wieder.

1.3.4.1 Messunsicherheit bei Messgeräten mit Ziffernanzeige

Bei einer Ziffernanzeige kann der gelesene Wert zwischen zwei Zahlen hin und her springen. Zum Beispiel kann die wahre Spannung 12,15 V betragen, das digitale Messgerät hat jedoch eine Anzeigengenauigkeit von nur ± 0,02 V, sodass der Anzeigenwert zwischen 12,14 V und 12,16 V springt. Die Messgenauigkeit der Spannung U ist dann höchstens  =0,01 V und das Ergebnis der Messung muss mit U = (12,15 ± 0,01) V angegeben werden.

1.3.4.2 Angabe von Dezimalstellen bei einem Messergebnis

Als Daumenregel gilt, dass bei einem Messwert nicht mehr Stellen angegeben werden sollen, als durch die Standardabweichung s oder den Vertrauensbereich des Mittelwertes   ermittelt wird. Beispiel: Falls  =0,01 V ermittelt wird, dann ist eine Angabe U = (12,15 ± 0,01) V sinnvoll, jedoch eine Angabe U = (12,15632 ± 0,01) V hat keinen Sinn, selbst wenn der berechnete Mittelwert von U mehr Stellen ergeben sollte.

1.3.4.3 Empfindlichkeit und Güteklasse eines Messgeräts

Empfindlichkeit ist definiert als das Verhältnis der Eingangsgröße zur Ausgangsgröße. Bei Analogen Messgeräten ist die Ausgangsgröße meistens ein Zeigerausschlag. Falls z. B. bei einer Spannungsmessung 1 mV einem Zeigerausschlag von 1 mm entspricht, dann ist die Empfindlichkeit des Voltmeters mit 1 mV/1 mm oder 1 V/m anzugeben. Bei digitalen Messgeräten kommt es auf die Zahl der angezeigten Stellen an. Mit einem Voltmeter, welches drei Stellen hinter dem Komma anzeigt, kann man Millivolt messen, aber keine Mikrovolt. Die Empfindlichkeit ist daher 1 mV. Ein Gerät mit 3,5 Stellen hinter dem Komma hat eine Empfindlichkeit von 0,5 mV = 500 μV.

Die Güteklasse gibtden maximalen Fehler bei Vollausschlag an. Bei einer Güteklasse von 1,5 ist der Fehler maximal 1,5 % bei Vollausschlag. Falls der Vollausschlag 100 V entspricht, dann ist der Fehler maximal ± 1,5 V. Die Fehlerangabe bei einem Messwert von 50 V ist dann U = (50 ± 0,75) V.

1.3.4.4 Darstellung experimenteller Ergebnisse

Die absoluten Messfehler werden durch Fehlerbalken durch den jeweiligen Messpunkt kenntlich gemacht. Besteht ein linearer Zusammenhang zwischen zwei Messgrößen, dann entspricht die Ausgleichsgerade durch die Messpunkte dem wahrscheinlichsten Verlauf der Messkurve ( ). Dabei sollte darauf geachtet werden, dass in etwa genauso viele Messpunkte oberhalb wie unterhalb der Ausgleichsgeraden zu liegen kommen. Die Steigung der Geraden bestimmt man durch den Differenzenquotienten von zwei möglichst weit auseinander liegenden Punkten auf der Ausgleichsgeraden:

(1.23)

Abb. 1.18Ausgleichsgerade durch Messpunkte mit Fehlerbalken.

Check-up

Machen Sie sich nochmals klar, was relative und absolute Fehler sind und wie man den einen aus dem anderen berechnen kann.

Wiederholen Sie die Gauß’sche Normalverteilung und überlegen Sie, was diese für die Standardabweichung bedeutet.

1.4 Wichtige Funktionen

Lerncoach

Die Zusammenhänge zwischen physikalischen Größen lassen sich mit mathematischen Funktionen beschreiben. Zum Beispiel hängt das Volumen der Luft in der Lunge direkt vom Umgebungsdruck ab. Im folgenden Kapitel sind die wichtigsten dieser Funktionen beschrieben. Sie benötigen Sie, um physiologische Größen quantitativ angeben zu können.

Die Funktion ist ein mathematischer Ausdruck für den Zusammenhang bzw. für die Korrelation zwischen zwei oder mehreren physikalischen Größen. Je mehr man z. B. auf das Gaspedal drückt, umso schneller fährt das Auto. Hier besteht eine Korrelation zwischen der Pedalauslenkung x1 und der Geschwindigkeit v. Wenn der exakte Zusammenhang zwischen v und x1 nicht bekannt ist, kann man dafür schreiben:   , in Worten: Die Geschwindigkeit ist eine Funktion der Stellgröße (Pedalauslenkung) x1. Bei genauer Beobachtung wird man feststellen, dass die Geschwindigkeit auch vom Gewicht des Autos x2 und vom Fahrtwind x3 abhängt. Berücksichtigt man alle Einflussfaktoren, dann kann die funktionale Abhängigkeit geschrieben werden:

(1.24)

1.4.1 Lineare Funktion

Im einfachsten Fall ist der Zusammenhang zwischen einer Stellgröße x und der Messgröße y linear:   . Hier ist a eine Konstante, die die Steigung der linearen Kurve wiedergibt, und b ist eine Konstante, die den y-Wert bei x = 0 angibt.

Beispiel: der Volumenstrom   einer Flüssigkeit durch eine Kapillare (Arterie) hängt linear von der Druckdifferenz Δp ab ( ):

(1.25)

Hier ist die Steigung a = 1/R durch den Strömungswiderstand R gegeben. V steht für das Volumen und der Punkt über dem V deutet eine Geschwindigkeit an: Volumen pro Zeit.

Abb. 1.19Lineare Funktion. Der Volumenstrom   einer Flüssigkeit durch eine Kapillare hängt linear von der Druckdifferenz Δp ab.

Es gibt nur wenige lineare funktionale Zusammenhänge in der Natur. Die wichtigsten sind:

▶ Potenzielle Energie: Energie aus Hubarbeit nimmt linear mit der Höhe zu.

▶ Federkraft: Die Rückstellkraft einer Feder nimmt linear mit seiner Dehnung zu.

▶ Hooke’sches Gesetz: Dehnung ist linear proportional zur elastischen Spannung;

▶ Ohm’sches Gesetz: Der Strom ist linear proportional zur elektrischen Spannung;

▶ Schweredruck: Der Druck in einer Flüssigkeit nimmt linear mit der Höhe der Flüssigkeitssäule zu.

▶ Ideales Gasgesetz: Der Gasdruck hängt linear von der (absoluten) Temperatur ab.

Die meisten funktionalen Zusammenhänge sind nicht-linear: Kraft als Funktion der Muskelkontraktion, Größe eines Menschen als Funktion des Alters, Sauerstoffaufnahme von Hämoglobin als Funktion des Sauerstoffpartialdrucks, etc. sind Beispiele für nicht-lineare Zusammenhänge.

1.4.2 Potenzfunktion

Potenzfunktionen werden allgemein in der Form ausgedrückt:

(1.26)

n ist die Potenz oder der Exponent, mit der die Stellgröße x zu potenzieren ist. Die lineare Funktion erhält man für n = 1.

Andere wichtige Fälle sind ( ):

n2: parabolische Funktion

n 3: kubische Funktion

n–1: Hyperbelfunktion

Abb. 1.20Potenzfunktionen. Grafische Darstellung von   .

Beispiele für Potenzfunktionen:

1.4.3 Exponentialfunktion

Im Fall von Exponentialfunktionen ist die Potenz bzw. der Exponent die Variable, d. h. die Potenz ist keine Konstante im Unterschied zur Potenzfunktion ( ):

(1.27)

a ist die Basis zum Exponenten x. Als Basis kann jede beliebige Zahl gewählt werden. Besonders wichtig sind jedoch die Basis a = 10 und aee bekommt aus historischen Gründen einen eigenen Buchstaben.

Abb. 1.21Exponentialfunktionen zu verschiedenen Basen.

Eigenschaften der Exponentialfunktion:

Exponent muss eine reine Zahl sein – keine Einheiten!

Der Exponent x kann positiv oder negativ sein.

Exponentialfunktionen wachsen für große positive Argumente x schneller als jede Potenzfunktion

Je größer die Basis, desto stärker der Anstieg für positive Exponenten

Je größer die Basis, desto kleiner der Wert für negative Exponenten

Alle Exponentialfunktionen (ohne Vorfaktoren) schneiden sich in einem Punkt bei   .

Abb. 1.221.20 Exponentialfunktion.

Die Exponentialfunktion zur Basis e ist besonders wichtig ( ). Sie wird als Wachstumsfunktion (+x) bzw. Zerfallfunktion (–x) bezeichnet. Exponentialfunktionen mit der Basis e erhält man immer dann, wenn die Zuwachsrate (Zerfallsrate) dy im Intervall dx proportional zur bereits (noch) vorhandenen Menge f ist:   . Beispiel für exponentielles Wachstum sind Bakterienkulturen, Beispiel für exponentiellen Zerfall sind radioaktive Stoffe (s.  Kapitel ▶ Ionisierende Strahlung).

1.4.4 Natürliche und dekadische Logarithmusfunktion

Die Logarithmusfunktion ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion. Wenn a die Basis ist und x der Exponent, dann ermittelt die Logarithmusfunktion den Exponenten x zur Basis a:

(1.28)

Die Funktion   ist in dargestellt. Charakteristische Punkte sind:

  für   , d. h.   , und   für  , d. h.   .

Merke

Die Logarithmusfunktion ist die Umkehrfunktion der Exponentialfunktion.

Ist die Basis e, dann spricht man vom natürlichen Logarithmus (Schreibweise: ln), bei der Basis 10 vom dekadischen Logarithmus (Schreibweise: lg [Taschenrechner: log]).

Abb. 1.23Logarithmusfunktion.

1.4.4.1 Wichtige Umrechnungen

Die folgenden Umrechnungen sind wichtig. Sie benötigen Sie z. B. für die Berechnung von Membranpotenzialen oder zur Berechnung von Ionenkonzentationen.

Rechenbeispiel

Umrechnungen

Wenn eine Exponentialfunktion zur Basis e angegeben ist:

(1.29)

dann kann man diese zu einer Exponentialfunktion zur Basis 10 folgendermaßen umrechnen, indem man festlegt:

(1.30)

Denn letztlich will man mit beiden Funktionen die gleiche funktionale Abhängigkeit ausdrücken.

Dazu bildet man den natürlichen Logarithmus:

(1.31)

Mit ln10 = 2,3 folgt:

Man kann auch den Logarithmus zur Basis 10 auf beiden Seiten nehmen und erhält:

(1.32)

Mit log e = 0,43 folgt:   .

Anmerkung: Häufig wird statt eax auch exp(ax) geschrieben. Damit ist genau das gleiche gemeint, es handelt sich nur um eine andere, manchmal bequemere Schreibweise.

1.4.4.2 Koordinatensysteme mit linear und logarithmisch geteilten Achsen

Exponentialfunktionen können entweder mit linearer x- und y-Achse dargestellt werden oder mit einer linearen x-Achse und einer logarithmisch eingeteilten y-Achse ( ). Im letzteren Fall spricht man von halb-logarithmischer Darstellung.

Als Beispiel nehmen wir den radioaktiven Zerfall eines Isotops an ( ). Zur Zeit t = 0 (Anfangszeit) sind noch N0 = 108 radioaktive Kerne vorhanden, nach 40 Minuten nur noch N(t = 40 min) = 6 × 106 radioaktive Kerne. Im oberen Diagramm ist der Zerfall linear dargestellt, die Exponentialfunktion als Funktion der Zeit ist leicht erkennbar. Die halb-logarithmische Darstellung im unteren Bild liefert einen linearen Zusammenhang zwischen N(t) und t mit negativer Steigung. Aus der linearen Darstellung kann man die Halbwertszeit, d. h. die Zeit, nach der noch die Hälfte der ursprünglichen radioaktiven Kerne vorhanden sind, unmittelbar mit 10 min ablesen. Aus der logarithmischen Darstellung folgt die negative Steigung –λt log e der logarithmischen Funktion:   , woraus die Zerfallskonstante λt berechnet werden kann.

Abb. 1.24Lineare und halb-logarithmische Darstellung der Exponentialfunktion.

1.4.5 Trigonometrische Funktionen

Im rechtwinkligen Dreieck werden die Seiten wie folgt bezeichnet (siehe 204):

a = Ankathete, b = Gegenkathete, c = Hypothenuse.

Merke

Der Sinus des Winkels α ist definiert als

(1.33)

Der Cosinus des Winkels α ist definiert als

(1.34)

Abb. 1.25Trigonometrische Funktionen. Erklärung siehe Text.

Für den Fall, dass die Länge der Hypothenuse den Wert 1 hat, wird die Winkelabhängigkeit der trigonometrischen Funktionen sinα und cosα besonders anschaulich. Stellen wir uns vor, ein Punkt P läuft um den Mittelpunkt eines Kreises mit dem Radius r = 1 ( ):

Trägt man dann den Sinus als Funktion des Winkels α auf, erhält man eine harmonisch oszillierende Funktion (Sinusfunktion) zwischen den Maximalwerten 1 für α = 90 °, und –1 für α = 270 °. Die Sinuskurve hat Nullstellen bei den Werten α = 0, 180 °, 360 °.

Die Cosinusfunktion hat den Wert 1 bei α = 0, 360 °; den Wert –1 bei 180 ° und die Nullstellen sind bei a = 90 °, 270 °.

Trigonometrische Funktionen sind besonders wichtig zur Beschreibung von periodischen Vorgängen, insbesondere von Schwingungen und Wellen.

Rechenaufgaben

Aufgabe 1.10: Bestimmen Sie aus der Graphik in den Sinus- und Cosinuswert zu dem Winkel α = 45 °. Vergleichen Sie diesen Wert mit dem mit Hilfe Ihres Taschenrechners berechneten Wert.

Warum sind die beiden Werte identisch? Können Sie den berechneten Wert als Potenz von 2 darstellen?

Aufgabe 1.11: Wiederholen Sie die gleiche Aufgabe für den Winkel α = 30 °.

▶ (Lösungen)

Check-up

Nennen Sie je ein Beispiel für eine lineare Funktion, eine Potenzfunktion und eine Exponentialfunktion.

Machen Sie sich nochmals klar, wie man den Sinus und den Cosinus eines Winkels berechnet und überlegen Sie sich Beispiele für die Anwendung.

2 Mechanik des Massenpunkts und der starren Körper

Hartmut Zabel

Die Mechanik ist ein umfangreiches und sehr wichtiges Gebiet der Physik. Es betrifft alle leblosen wie lebendigen Objekte der Welt, sofern sie in Ruhe oder in Bewegung sind. Die Himmelsmechanik der Planeten wie der Bewegungsablauf des menschlichen Körpers unterliegen den gleichen Gesetzen der Mechanik. Die Mechanik beschreibt die Kräfte, die notwendig sind, einen Gegenstand in Ruhe zu halten oder ihn zu bewegen. Sie formuliert Erhaltungssätze für den Impuls, den Drehimpuls und für die Gesamtenergie eines abgeschlossenen Systems. Aus den Erhaltungssätzen können wichtige Schlussfolgerungen gezogen werden. Die Mechanik ist sozusagen die Grammatik der Physik. Sie ist logisch, präzise und allgemein gültig. Auf der Mechanik bauen alle weiteren Eigenschaften der Materie auf.

2.1 Klinischer Fall - Verflixter Vorfall

Gravitationskraft und Körpergewicht üben einen ständigen Druck auf die 23 Bandscheiben unserer Wirbelsäule aus. Infolge der Hebelwirkung kann dann bei bestimmte Bewegungsabläufen ein Gewicht von mehreren hundert Kilogramm auf den empfindlichen Zwischenwirbelscheiben lasten – nicht selten mit negativen Folgen.

Das Kreuz mit dem Kreuz Seit ein paar Tagen schon plagen Peter fürchterliche Rückenschmerzen, die manchmal sogar ins rechte Bein ausstrahlen. Der 42-jährige Familienvate sucht deshalb seinen Orthopäden auf und fragt ihn um Rat. Bei der neurologischen Untersuchung fallen dem Arzt Sensibilitätsstörungen an der Außenseite der Wade und ein positives Lasègue-Zeichen rechtsseitig auf: Dabei hebt der Mediziner Peters gestrecktes Bein an und dehnt so den Nervus ischiadicus. Peter zuckt zusammen. „Das spricht für eine Reizung der Nervenwurzeln im Bereich der Lendenwirbelsäule“, erklärt der Orthopäde. Auch das Gehen auf Zehenspitzen bereitet Peter Probleme und sein Achillessehnenreflex am rechten Bein ist abgeschwächt. „Bandscheibenvorfall?“ ist die Verdachtsdiagnose, und Peter willigt ein, eine Kernspintomografie durchzuführen.

Alterndes Rückgrat Und tatsächlich: Der Arzt findet einen Bandscheibenprolaps im Segment L5/S1. „Die vorgewölbte Bandscheibe drückt auf eine Nervenwurzel. Daher rühren auch Ihre Symptome“, erklärt der Arzt. „Aber wie kommt das?“, will Peter wissen. Der Röntgenarzt erklärt ihm, dass Bandscheibenleiden meist die Folge von Abnutzung seien. Der gallertartige Kern der Bandscheibe, der Nucleus pulposus, verliert Wasser und in den Faserstrukturen des umgebenden Anulus fibrosus entstehen Risse. Die betroffenen Segmente der Wirbelsäule werden instabil, Bandscheibengewebe kann aus dem Zwischenwirbelraum austreten und Rückenmark oder Spinalnerven einengen. Große Belastungen der Wirbelsäule, zum Beispiel schweres Tragen, mangelnde Bewegung und Fehlhaltungen können diesen Prozess noch beschleunigen.

Heben – aber richtig