Kuss der Wölfin - Die Ankunft (Band 1) - Katja Piel - E-Book

Kuss der Wölfin - Die Ankunft (Band 1) E-Book

Katja Piel

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Beschreibung

"Du hast den Kuss empfangen und bist nun eine von uns" Mein Name ist Anna Stubbe. Ich bin 422 Jahre alt und eine Gestaltwandlerin. Werwolf, würdest Du vielleicht denken, wenn Du um meine wahre Natur wüsstest, aber Werwölfe sind anders, und ich hoffe für Dich, dass Du nie einen treffen wirst. Ich will Dir meine Geschichte erzählen, vom Sommer 2012 an, als ich Samuel kennenlernte. Und auch aus den Jahren zuvor will ich Dir erzählen, damit Du begreifst: Ich bin kein Monster! Der Beginn der Erotik-Fantasy-Trilogie rund um Werwölfe, Gestaltwandler, Intrigen und Liebe

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Katja Piel

Kuss der Wölfin - Die Ankunft (Band 1)

 

 

 

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Inhaltsverzeichnis

Titel

Über das Buch | Impressum | Hinweise

ANNA & DIE WÖLFIN

1. Kapitel

2. Kapitel

3. Kapitel

4. Kapitel

5. Kapitel

6. Kapitel

7. Kapitel

8. Kapitel

9. Kapitel

10. Kapitel

11. Kapitel

12. Kapitel

13. Kapitel

14. Kapitel

15. Kapitel

16. Kapitel

17. Kapitel

18. Kapitel

19. Kapitel

20. Kapitel

21. Kapitel

22. Kapitel

23. Kapitel

24. Kapitel

25. Kapitel

26. Kapitel

Leseprobe Teil 2: Die Suche

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Danksagung

Impressum neobooks

Über das Buch | Impressum | Hinweise

»Du hast den Kuss empfangen und bist nun eine von uns«

Mein Name ist Anna Stubbe.Ich bin 422 Jahre alt und eine Gestaltwandlerin.

Werwolf, würdest Du vielleicht denken, wenn Du um meine wahre Natur wüsstest, aber Werwölfe sind anders, und ich hoffe für Dich, dass Du nie einen treffen wirst.

Ich will Dir meine Geschichte erzählen, vom Sommer 2012 an, als ich Samuel kennenlernte.

Und auch aus den Jahren zuvor will ich Dir erzählen, damit Du begreifst:

Ich bin kein Monster!

»Sympathische Figuren, ein rasanter Erzählstil und zwei Zeitebenen machen diesen Roman zu einem Pageturner!« (Sandra Henke, Autorin der paranormal romance Reihe "Alpha")

»Eine facettenreiche Geschichte mit charismatischen Figuren, erzählt in einer ergreifenden, ehrlichen Sprache. Tragisch, humorvoll, erotisch und spannend - ein Paranormal mit Sogeffekt.« (Stephanie Madea, Paranormal Romance &Romantic Thrill Autorin; Night Sky, A.M.O.R., Moonbow)

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THE HUNTER - Die komplette 1. Staffel

THE HUNTER - 2. Staffel (die ersten beiden Episoden)

Tod auf Ibiza (Thriler)

Die Gesamtausgabe erscheint im Dezember 2014.

Über die Autorin:

Katja Piel wurde 1972 in Kelkheim geboren und lebt heute mit Mann und Kind in Rodgau. Mit ihrer eBook-Serie "The Hunter" ist sie im Mystery-Thriller-Genre erfolgreich. "Kuss der Wölfin" ist ihr erster Fantasy-Roman.

Kuss der Wölfin

www.facebook.com/kussderwoelfinwww.kussderwoelfin.wordpress.com

THE HUNTER

www.facebook.com/1TheHunter

www.thehunterebooks.wordpress.com

www.dotbooks.de/profile/855561/katja-piel

Tod auf Ibiza

www.facebook.com/todaufibiza

Schwanenzauber Trilogie | November 2014

Folgt den Schwänen auf www.facebook.com/schwanenzauber

Vampire Island | 2014 Folgt mir nach Vampire Island auf www.facebook.com/vampireisland

Oder auf meinem Blog: www.katjapiel.wordpress.com

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Die Wolfskette von Sam erhaltet ihr bei missis Engel und Elfen und viele weitere schöne Schmuckstücke aus der Kuss der Wölfin Schmuck Kollektion. Sams Kette kann hier gekauft werden.

***März 2014

Copyright © der Originalausgaben 2013 & 2014 Katja Piel | Rodgau | [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben werden.

Hinweis: Dieses Buch verfügt über einen 12-stelligen, nicht einsehbaren Sicherheitscode, mit dessen Hilfe es möglich ist, das Werk der Autorin vor Piraterie zu schützen. Sollte Ihnen der Verkaufspreis zu teuer sein, kontaktieren Sie mich bitte unter [email protected]. Lesen ist das höchste Gut und ich möchte gerne die Menschen unterstützen, denen es nicht so gut geht.

Redaktion: Susanne Pavlovic | Internet: www.textehexe.com

Titelbildgestaltung: Claus-Gregor Pagel (Vektor), Katja Piel (Titelei)

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ANNA & DIE WÖLFIN

Mein Name ist Anna Stubbe. Ich bin 422 Jahre alt und eine Gestaltwandlerin.

Werwolf, würdest Du vielleicht denken, wenn Du um meine wahre Natur wüsstest, aber Werwölfe sind anders, und ich hoffe für Dich, dass Du nie einen treffen wirst.

Ich will Dir meine Geschichte erzählen, vom Sommer 2012 an, als ich Samuel kennenlernte. Und auch aus den Jahren zuvor will ich Dir erzählen, damit Du begreifst:

Ich bin kein Monster.

1. Kapitel

Herbst 2012, Frankfurt am Main

«Ist das eigentlich Blut auf deinem T-Shirt?»

Ich war wirklich weit von meinem Weg abgekommen, als ich im ersten grauen Morgenlicht den Waldrand erreichte. Zunächst hatte ich meine Kleider suchen müssen. Nackt hätte ich den Weg in die Frankfurter City nicht antreten wollen. Jetzt waren sie dreckig und zerfetzt, ein Zeichen dafür, dass die Wölfin nicht hatten warten wollen, bis ich mich ausgezogen hatte. Super – die Jeans konnte ich wegschmeißen.

   Ein früher Pendler, der von Hanau nach Frankfurt fuhr, nahm mich mit. Ich musste nicht viel schauspielern, um erbärmlich zu wirken. Alle Knochen taten mir weh, und ich war müde. Ich hatte Erde und Tannennadeln in meinen Haaren und einen blutigen Restgeschmack im Mund. Kaninchen. Ich durfte nicht darüber nachdenken, damit ich dem Pendler nicht in den Fußraum kotzte.

   Er wollte mich sofort zur Polizei fahren, denn ich erzählte ihm eine Geschichte von einer Vergewaltigung. In der City stieg ich an einer roten Ampel aus, bedankte mich kurz und ging den restlichen Weg zu Fuß.

   Der Vorteil einer langen Lebensspanne: Man kommt zu Geld. Ich zeige davon nicht viel, schließlich muss ich für die Welt wie eine normale junge Frau aussehen, aber ich gönne mir doch den einen oder anderen Luxus. Eine schöne Wohnung in der City zum Beispiel, ganz oben, ein Penthouse mit Blick auf die Skyline.

   Der Lift brachte mich lautlos nach oben. Als die Tür sich öffnete, erschrak ich.

   Jemand machte sich an der Tür meiner Nachbarin zu schaffen! Ein Typ werkelte am Schloss und versuchte gerade, es mit einer Kreditkarte zu knacken.

   „Kann ich helfen?“

   Der Typ zuckte zusammen und drehte sich zu mir herum.

   „Äh... nein, danke...“

   „Was machst du da? Was soll das? Soll ich die Bullen rufen?“ Das war eine leere Drohung – wer mit gefälschten Papieren lebt, vermeidet Kontakt mit der Polizei – aber das konnte er ja nicht wissen.

   Erwartungsgemäß streckte er auch beschwichtigend die Hände in meine Richtung.

   „Nein, warte! Ich erkläre dir alles.“

   Hübsch war er, das war mir sofort aufgefallen. Grüne Augen und wuschelige, schwarze Haare, wie Harry Potter in erwachsen und sehr sexy. Diese vollen Lippen. Wow.

   „Dann schieß mal los“, sagte ich, nur um zu sehen, wie diese Lippen sich bewegten. Und seine Stimme war toll. Ein angenehmer, samtiger Bariton.

   „Ich bin Alexas Freund. Samuel. Sie hat sich gestern Abend ausgesperrt und bei mir übernachtet.

Ich dachte, ich versuche mal, das Schloss aufzukriegen, bevor sie einen teuren Schlüsseldienst beauftragen muss.“

   „Und warum ist sie nicht dabei?“

   „Sie wollte noch duschen und sich für die Uni fertigmachen. Heute ist doch Semesterbeginn.“

   Verdammt! Das hatte ich beinahe vergessen. Auch für mich begann heute ein neues Studentenleben. Manchmal verliere ich den Überblick, wie viele Studiengänge ich schon abgeschlossen habe. Politologie in den Siebzigern, Grundschullehramt in den Achtzigern, dann Theaterwissenschaften und Wirtschaft. Jetzt Informatik. Computer fand ich spannend.

   „Und das soll ich dir glauben?“

   Er zuckte die Achseln. Die Karte in seiner Hand war keine Kreditkarte, sondern von Payback. Er hielt sie mir hin. Alexas Name stand drauf.

   „Du könntest sie im Park ausgeraubt haben.“

   „Also weißt du – wenn hier jemand aussieht wie im Park überfallen, dann doch wohl du. Ist das eigentlich Blut auf deinem T-Shirt?“

   Ich sah an mir hinunter.

   „Nee. Harz.“

   „Harz?!“

   „Das ist doch jetzt völlig egal.“

   Der hübsche Harry Potter seufzte und fischte ein Handy aus seiner Hosentasche.

   „Hier. Ruf sie an.“

   Er tippte eine Kurzwahl an und reichte es mir rüber.

   Freizeichen, dann ging jemand ran.

   „Rothacker?“

   „Hallo, Alexa, bist du das? Hier ist Anna, deine Nachbarin. Sag mal, da ist so ein Typ, der versucht, in deine Wohnung einzubrechen?“

   Sie lachte.

   „Das ist schon in Ordnung. Mein Freund. Ich hab mich ausgesperrt, und er versucht, die Tür für mich zu öffnen. Klappt's?“

   „Nee, sieht nicht so aus.“

   Sie seufzte. „Also doch Schlüsseldienst. Aber danke fürs Aufpassen.“

   Ich verabschiedete mich und gab das Handy zurück.

  Wie hatte sich Alexa nur so ein Sahneschnittchen an Land gezogen? Ich kannte sie flüchtig, wir hatten im Treppenhaus ein paarmal geplaudert. Sie war  jung, ein bisschen pummelig und hatte wilde, frisselige rote Locken, die aussahen wie eine explodierte Pudelmütze. Ein süßes, lustiges Mädchen, total sympathisch. Harry Potter hier konnte Models haben, wenn er wollte, da war ich mir sicher.

   Nun streckte er mir die Hand entgegen.

   „Samuel.“

   „Anna.“

   „Freut mich, Anna.“

   Er sah mich eine Sekunde zu lang an, während wir uns die Hand gaben. Ein warmes Kribbeln stieg mir den Hals hinauf und machte mir den Mund trocken.

   „Du solltest duschen, Anna. Dir das ganze... Harz... abwaschen.“

   „Und du solltest dich nicht erwischen lassen, wie du bei alleinstehenden Mädels einbrichst.“

   „Ich geb's auf für heute. Das sieht im Fernsehen einfach leichter aus.“

   Ich nickte und sperrte meine eigene Tür auf.

   „Tschüs, Einbrecher.“

   „Tschüs, Anna.“

   Unter der Dusche, während die Reste des Waldes im Abfluss verschwanden, dachte ich an seine grünen Augen, an seinen festen, warmen Händedruck. Wie diese Hände über meinen Körper wanderten, meine Brüste streichelten, meine Schenkel teilten.

   Teufel. Ich hatte schon zu lange keinen Mann mehr gehabt. Nach zwei-, dreihundert Jahren war ich die oberflächlichen Liebschaften leidgeworden. Aber mehr als Oberfläche ging nun mal nicht, wenn man ein solches Geheimnis mit sich herumtrug.

   Ich stieg aus der Dusche, trocknete mich ab, zog mich an und machte mich für meinen ersten Unitag zurecht.

2. Kapitel

Winter 1588, Bedburg bei Köln

«Du kannst mich später noch einmal nehmen.»

"Das Arschloch!“

So fest er konnte, knallte Peter Stubbe die Tür hinter sich zu. Den Winter ließ er draußen, die graue Dämmerung und den knietiefen Schnee.

Die Stube war geheizt. Rauch hing in der Luft, der Schornstein zog anscheinend wieder nicht richtig. Über dem Feuer hing ein Topf, aus dem es dampfte.

Er zerrte sich die Gugel vom Kopf und schälte sich aus seinem Umhang, der mit Schnee bestäubt war. Den ganzen beschwerlichen Weg zur Mühle umsonst gemacht. Der Müller, dieses fette Arschloch. Ließ sie alle verhungern, wenn's drauf ankam.

   „Weib?!“

   „Ich bin hier.“

   Die Vorhänge des Schlafalkovens bewegten sich. Ein nacktes Bein erschien, dann noch eines. Eine Hand, die den Vorhang teilte. Sein Weib erhob sich aus den Kissen und kam zu ihm hinüber. Das Feuer setzte einen goldenen Schimmer auf ihre blasse Haut. Ihre schweren Brüste schwangen bei jedem Schritt.

Stroh raschelte unter ihren bloßen Füßen, als sie sich an ihn presste und ihren Schenkel an ihm rieb.

Schlagartig war ihm die Hose zu eng.

   „Komm her.“

   Sie schnürte seinen Hosenlatz auf und zog ihm die Hose herunter. Seine Härte reckte sich ihr entgegen, und sie streckte die Zunge danach aus, doch so sehr er ihre Dienste sonst liebte, diesmal hatte er keine Geduld. Er zog sie unsanft nach oben und schob sie gegen den Tisch. Gehorsam rutschte sie mit dem Hintern auf die blank gescheuerte Tischplatte und spreizte die Schenkel.

   Er nahm sie heftig und schnell. Ihr lautes, dunkles Stöhnen feuerte ihn an, und kurz danach verströmte er sich mit einem Grunzen in ihr.

Schwer atmend stützte er sich auf den Tisch und sah auf sein Weib hinunter. Sie hatte den Kopf in den Nacken geworfen, sodass ihre rotblonden Haare den Tisch fegten. Sie stöhnte immer noch und drängte ihr nasses Fleisch gegen ihn, bis sie schließlich mit ihren eigenen Fingern nachhalf und sich zuckend Erleichterung verschaffte.

   Er hatte noch nie eine solche Frau besessen. Sie war nicht züchtig wie die anderen. Vielleicht war der Teufel in ihr, und sie würde zur Hölle fahren – doch vorher würde sie ihm zu Willen sein, wann immer er es brauchte.

   Er zog seine erschlaffte Männlichkeit aus ihr und richtete sich die Kleidung. Katharina ließ sich nach hinten auf den Tisch sinken und streichelte sich träge über die Brüste.

   „Hat er dir nichts gegeben, der Müller?“

   „Nichts. Einen Arschtritt.“

   Sie lächelte.

   „Ich werde ihn morgen besuchen, den Müller.

Und ich komme mit einem Sack Mehl wieder, mein Lieber. Versprochen.“

   Die Tür öffnete sich, und eine schmale Gestalt erschien im Türrahmen, eine Ziege im Schlepptau. Sibil. Je älter sie wurde, desto ähnlicher sah sie ihrer toten Mutter. Völlig verschreckt starrte sie auf Katharina, die sich nicht die Mühe machte, sich zu bedecken.

   „Mach die Tür zu, Kind. Es ist kalt.“

   „Wir müssen die Tiere reinbringen“, stotterte die Kleine. „Die erfrieren uns sonst. Es hat schon wieder angefangen zu schneien...“

   „Dann tu es, aber mach die Tür zu!“, fuhr Katharina sie an, und Sibil gehorchte rasch. Während sie die Ziege am Dachpfosten festband, wandte sich Katharina wieder zu Peter und umschlang ihn mit beiden Beinen.

3. Kapitel

Herbst 2012, Frankfurt am Main

«Du solltest dir einen Therapeuten suchen.»

"Was machst du denn da?!“

Sexy Harry Potter erstarrte. Er war es tatsächlich. Ich hatte erst um ihn herumgehen müssen, um sicher zu sein. Ihn hier an der Uni zu treffen, überraschte mich.

   Noch mehr überraschte mich, dass sein Arm bis zur Schulter in einem Getränkeautomaten steckte. Mit dem anderen Arm hatte er die Riesenkiste umfasst und versuchte, sie zu kippen.

   „Die gibt mir meine Cola nicht“, knirschte er und versetzte dem Gerät einen heftigen Ruck.

   „Weißt du, wenn das irgendwie ein Zwang ist mit dem Einbrechen, solltest du dir einen Therapeuten suchen.“

   Er stöhnte und grunzte und rüttelte am Automaten. Irgendwo tief in den Eingeweiden der Maschine rumpelte es, und Samuels Gesicht erstrahlte.

   „Hab ich dich.“

   Er ließ den Automaten los und richtete sich auf, in der Hand eine Flasche Cola Light, die er triumphierend in die Luft streckte.

   „Das funktioniert nur so“, sagte er. „Merk dir das am besten.

Das Ding klemmt, und man muss da ganz hinten drin so ein Blech wegdrücken.“

   „Nein danke. Ich nehme lieber den an der Mensa.“

   Samuel grinste und drehte am Verschluss. Die Cola schäumte und sprotzelte.

   „Wie du meinst. Aber der hier funktioniert immerhin, auch ohne dass du Geld reinwirfst.“

   „Echt?“

   Ich beobachtete ihn, wie er den ersten Schluck nahm. Wie seine Lippen sich um den Flaschenhals schlossen. Hmm.

   „Kannst du mir dann auch eine Cola ziehen?“

   „Klar. Light?“

   „Nee. Light ist für Sissies.“

   Er grinste und bückte sich, um seinen Arm wieder im Automaten zu versenken. Da tauchte noch ein bekanntes Gesicht auf, eingerahmt von einer Wolke roter Löckchen.

   „Anna?“

   „Alexa?“

   Tatsächlich. Meine Nachbarin.

   „Hi, was machst du denn hier?“

   „Informatik“, gab ich Auskunft. „Erstes Semester.“

   „Tatsächlich? Ich studiere hier Pädagogik! Mein Seminarraum ist nebenan. Wir haben kein eigenes Gebäude...“

   „Wir sind ja auch nur eine Handvoll Studenten“, grunzte Samuel von unten.

   „... und deshalb sind wir überall, wo Platz ist.“ Sie beäugte ihn interessiert. „Was machst du da eigentlich?“

„Er zieht mir eine Cola“, erklärte ich, während Samuel am Automaten rüttelte.

   „Ach so.“ Alexa grinste. „Ist er nicht süß?“

   Dem konnte ich zustimmen, ohne zu lügen. Verdammt, ja. Er war süß.

   „Na, wenn wir an der gleichen Uni sind, können wir ja gelegentlich zusammen fahren, oder?“, schlug Alexa vor. Ich nickte zögernd und dachte an meinen Porsche. Ich liebte schnelle Autos, auch wenn sie nicht zu meinem Studenten-Image passen wollten.

   „Ich habe im Augenblick kein eigenes Auto“, sagte ich. „Das alte habe ich im letzten Winter gegen die Mauer gefahren, und eine Reparatur hätte sich nicht mehr gelohnt.“

   „Macht nichts.“ Unbekümmert schüttelte Alexa ihre Löckchen. „Kannst bei mir mitfahren. Ist zwar eine alte Rostlaube, aber sie läuft noch.“

   „Da!“

   Erleichtert richtete Samuel sich auf und drückte mir eine Colaflasche in die Hand. Dann gab er seiner Freundin einen Kuss auf die Wange und schlang den Arm um sie. Ich drehte am Verschluss der Flasche und hielt sie dabei von mir weg.

   „He! Aufpassen!“

   „Das tut mir aber leid“, sagte ich sanft und trat nahe an Samuel heran, um ihn die Colaspritzer von der Jacke zu wischen. „Wie ungeschickt von mir.“

   Er grinste gönnerhaft. „Nicht so schlimm. Diese Jacke hat Schlimmeres abbekommen als ein paar Colaspritzer.“

   „Jedenfalls... wenn ich mal wo einbrechen muss, weiß ich, wen ich anrufe.“

  „Klar doch. Immer. Mit ein bisschen Übung knacke ich auch einen Juwelier.“

   „Aber vorher gehst du noch in die Montessori-Veranstaltung“, sagte Alexa und zog an seiner Hand. „Die fängt nämlich gleich an.“

   „Dann viel Spaß, ihr beiden“, wünschte ich und sah zu, wie sie Arm in Arm davon schlenderten. Die Flasche war kalt und nass in meiner Hand. Ich nahm einen Schluck.

   Schade, aber egal. Andere Mütter hatten auch hübsche Söhne.

   Einer davon saß in der Vorlesung neben mir. Ein schmaler Blonder mit kurz geschnittenen Haaren und weichen Gesichtszügen. Nils, wie er sich flüsternd vorstellte.

   Es war kein Problem, Nils nach der Vorlesung auf einen Kaffee in die Mensa zu bewegen. Der Prof hatte ja so schnell gesprochen, ich hatte gar nicht alles mitschreiben können und davon auch nur die Hälfte verstanden. Meine halb geöffnete Bluse, meine langen blonden Locken und mein Augenaufschlag hatten leichtes Spiel gehabt.

   In der Mensa plapperte er über Algorithmen und Lineare Algebra, und ich versuchte, herauszufinden, ob ich Lust auf diesen Jungen hatte. Keine One-Night-Stands mehr, das hatte ich mir eigentlich vorgenommen, aber Samuels Bild hatte sich auf meiner Netzhaut eingebrannt – dieses Grinsen, diese Grübchen, diese flaschengrünen Augen – und dagegen musste ich etwas tun. Belangloser Sex konnte helfen. Und auf einen mehr oder weniger kam es auch nicht mehr an.

  „Nils, ich muss los“, unterbrach ich ihn. „Aber ich würde dich gerne heute Abend treffen. Um neun in Mantis Roofgarden?“

Nils nickte und starrte mich verblüfft an. Ich nutzte meine Chance, hauchte ihm einen Kuss auf die Wange und machte mich davon, ehe er wieder beginnen konnte, mich zu langweilen.

~~~

   Die Mai Tais in Mantis Roofgarden waren die besten der Stadt. Hatte ich irgendwo aufgeschnappt. Ich war gerade mit dem zweiten fertig, als Nils kam – überpünktlich.  

   Nils war schick zurecht gemacht, trug ein blaues Hemd und ein Sakko mit Lederflecken an den Ellenbogen. Retro, auf eine coole Art. Er setzte sich zu mir, bemerkte mein fast leeres Glas und bestellte mir sofort ein neues.

   Der Abend zog sich. Nils war echt bemüht. Ich törnte ihn an, das war nicht zu übersehen. Meine langen Beine, die der ultrakurze Rock perfekt zur Geltung brachte, der Ansatz meiner Brüste, den mein Oberteil sehen ließ. Er wusste gar nicht, wohin er zuerst schauen sollte. Wir tauschten die üblichen Geschichten aus Schule und Elternhaus – alle gelogen auf meiner Seite des Tisches – und redeten über Uni, Studentenwohnheime und die Stadt. Das Kribbeln, das ich mit den Mai Tais erzeugen wollte, stellte sich nicht ein.

   Ich beugte mich über den Tisch und fiel ihm ins Wort, indem ich meine Lippen auf seine presste.

Er riss die Augen auf, erwiderte meinen Kuss aber bereitwillig. Später ließ ich ihn mit der Hand unter meinen Rock greifen, im hinteren Teil der Bar, dort wo es zu den Toiletten ging und die Beleuchtung mehr als spärlich war. Er war furchtbar aufgeregt, rieb seine Erektion an meinem Schenkel und kam zwei Minuten später in seine Hose. Zu Tode gelangweilt wartete ich, bis er auf der Herrentoilette verschwand, um sich zu säubern, dann ergriff ich die Flucht.

   Die zwei Jungs, die mir hinterherstolperten, hatten einfach nur Pech.

   „He, Süße“, grölte der eine. „War das dein Macker, da eben?“

   „Geht dich einen Dreck an“, fauchte ich über die Schulter. Mit meinen Zehn-Zentimeter-Heels konnte ich nicht rennen, doch selbst mit Turnschuhen wäre ich vermutlich geblieben, um den Jungs ihren fatalen Fehler klarzumachen.

   „Hat er es dir ordentlich besorgt?“, fiel der andere ein. „Brauchst du's nochmal? Alte, du hast einen geilen Arsch!“

   „Fass ihn an, und ich reiß dir die Eier ab.“

   Sein Pech, dass er mir nicht glaubte. Sekunden später lag er auf dem Pflaster, schrie durchdringend und hielt sich die Kronjuwelen. Ich musste grinsen.

   „Du auch?“, fragte ich den anderen. Der starrte mich an wie ein Reh einen Tanklastzug, dann machte er auf den Hacken kehrt und stürzte davon.

   Ich atmete aus. Die Wölfin drängte von innen gegen meine Haut, das spürte ich. Ich stand kurz vor dem Zerreißen.

4. Kapitel

Winter 1588, Bedburg bei Köln

«Vielleicht hatte sie Glück, und er würde dort draussen erfrieren.»

Katharina verbiss sich die Schreie.

Entspannen. Locker lassen. Gleich ist es vorbei.

   Peter lag schwer auf ihr, stieß sie hart und grunzte dabei wie ein Tier. Katharina spürte die Nässe zwischen ihren Schenkeln, aber es war keine Erregung, es war Blut. Ein dumpfer Schmerz wühlte in ihren Eingeweiden.

   Er hatte ihr die Kleider vom Leib gerissen, was sie normalerweise in Erregung versetzte. Doch diesmal hatte er sie fast mit den Bändern ihrer Haube erwürgt, und das Knirschen des Stoffes, als ihr Unterkleid an der Naht aufriss, hatte sie immer noch im Ohr. Sie würde es flicken müssen, dabei war vom Zwirn kaum mehr als eine Elle übrig.

   Und seine Augen. Ungezügelte Lust, ja, aber vermischt mit etwas Tierischem. Ausdruckslos, teilnahmslos. Die Augen eines Stiers, der eine Kuh begattete.

   Hatte er getrunken? Sie kannte ihn betrunken.

Er wurde weinerlich, wenn er trank, und bejammerte Gottes Ungerechtigkeit und das eigene erbärmliche Leben.

   Also, was war los mit ihm?

   Er drehte den Kopf und biss sie in die Brust, erwischte die empfindliche Warze und grub seine Zähne in ihr empfindliches Fleisch. Jetzt schrie sie doch, und sofort steigerte er seinen gnadenlosen Rhythmus. Sie versuchte, ihn von sich zu drängen, doch sein schwerer, schwitzender Körper hielt sie gnadenlos unten.

   Neben sich im Stroh hörte sie Sybille rascheln. Sie sah zur Seite und erkannte das blasse, eingeschüchterte Gesicht der Kleinen, die zu ihr hinüberstarrte.

   Katharina hatte keine Kraft für ein tröstendes Lächeln.

5. Kapitel

Herbst 2012, Frankfurt am Main

«Ich brauche einen Mann!»

"Ich brauche einen Mann!“

Erhitzt strich ich mir Haare aus der Stirn. Alexa, unter deren Tür ich stand, musterte mich amüsiert.

   „Dafür gibt’s das Internet, Schätzchen.“

   „Dauert zu lange. Kannst du mir deinen ausleihen? Ich muss einen Schrank aufbauen.“

   Natürlich war das alles geplant. Eine Frau mit einer halben Million in Aktien und Sparbriefen musste sich nicht einen Transporter mieten, um ein sperriges Paket vom nächsten Möbelhaus in ihre Studentenbude zu schaffen. Immerhin hatte ich noch versucht, das schwere Paket in den Lift zu schleppen. Jetzt blockierte es die Haustür, und ich brauchte dringend Samuels Hilfe. Er war da; ich hatte sein Fahrrad unten stehen sehen.

   Jetzt kam er an die Tür und sah über Alexas Schulter.

   „Probleme?“

   „Nein. Nur einen unglaublich sperrigen, schweren Schrank... und... hast du einen Akkuschrauber?“

   „Ja, aber ich weiß nicht, ob der aufgeladen ist.“

Alexa tauchte unter Samuel weg und verschwand in ihrer Wohnung. Wir sahen uns an.

   „Wo steckt das Biest denn?“ Er strich sich die Ärmel hoch und entblößte kräftige, gebräunte Unterarme.

   „In der Haustür.“

   Er grinste.

   „Na, dann mal los, bevor Frau Meier mit ihrem dicken Dackel da durch will.“

   Zu zweit gelang es uns tatsächlich, das schwere Paket bis ins Dachgeschoss zu hieven, denn in den Lift passte es natürlich nicht rein. Schließlich hatten wir es im Wohnzimmer. Ich keuchte und rieb mir die Arme, um nicht aufzufallen, und hoffte, Sam würde nicht bemerken, dass ich gar nicht schwitzte.

   „Möchtest du etwas zu trinken?“, fragte ich ihn.

   „Gerne. Ein Wasser, wenn du hast.“

   Während ich ihm in meiner kleinen Küche ein Glas eingoss, schnitt er die Verpackung meines neuen Möbels auf und begann, Bretter zu sortieren.   Inzwischen kam auch Alexa mit dem Akkuschrauber rüber.

   Wir machten uns an die Arbeit. Während Alexa frei Schnauze begann, Bretter aneinanderzulegen, las Samuel sich die Aufbauanleitung durch und dirigierte Alexas Bemühungen. Ich beobachtete aufmerksam, wie die beiden sich kabbelten. Ihr Umgang miteinander war sehr vertraut, sie mussten schon lange ein Paar sein.

   Nach einer Weile klingelte mein Handy. Es war jemand von der Uni. Etwas in meinen Anmeldeunterlagen stimmte nicht.

Ich schluckte einen Anflug von Panik hinunter. Seit die Zeiten so modern waren, dass ich für jedes neue Leben einen Haufen neuer gefälschter Papiere brauchte, war ich schrecklich nervös, wenn die Bürokratie etwas von mir wollte.

   Ich ging auf den Balkon, um in Ruhe zu telefonieren. Es stellte sich heraus, dass ein Teil meiner Unterlagen, den ich per Mail geschickt hatte, irgendwie nicht angekommen war und nun fehlte. Ich wurde gebeten, mein Abiturzeugnis nachzureichen.

   Puh. Ich war erleichtert. Mein Abiturzeugnis war sogar echt: Ich hatte das Abi im vergangenen Sommer auf einer Abendschule gemacht. Zum dritten oder vierten Mal in diesem Leben. Keine echte Herausforderung mehr. Ich versprach der Dame von der Studentenkanzlei, mich darum zu kümmern, und legte auf.

   Im Wohnzimmer war die Arbeit zum Erliegen gekommen, weil die dritte Frau zum Festhalten fehlte. Stattdessen beugten Sam und Alexa sich gemeinsam über einen Pappkarton.

   „He! Das ist aber indiskret, was ihr da macht.“

   Sam sah zu mir hinauf, Fotos in den Händen. Fotos meiner früheren Leben. Hätte ich es doch lieber übers Herz gebracht, sie zu vernichten.

   „Wow. Wer ist das?“

   Er hielt mir ein Foto entgegen, das mich bei einem Shooting zeigte. Bienenkorbfrisur, damals noch in Dunkelbraun, Minirock, hohe Stiefel. Eindeutig 60er Jahre.

   „Das ist eine Schwester meiner Mutter. Meine Tante Annette. Sie war Fotomodell.“

  „Nicht schlecht.“ Er pfiff anerkennend durch die Zähne. „Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten. Sicher, dass das deine Tante ist, nicht deine Mutter?“

   Ich grinste humorlos. „Meine Mutter ist bei meiner Geburt gestorben. Deshalb, ja, ganz sicher.“

   „Da sind noch mehr von ihr.“ Alexa kramte in der Kiste. Fotos von mir im Badeanzug, auf einem Bootssteg mit einem hübschen Dunkelhaarigen, im Etuikleid vor dem Casino in Monaco. Ja, ich wusste schon, wie man lebte. Wenn ich hier mit meinem Studentenleben fertig war, würde ich wieder eine glanzvollere Identität wählen. Mein Leben war einfach zu lang, um es ohne gute Hotels zu verbringen.

   „Diese Ähnlichkeit“, staunte Alexa. „Kaum zu glauben, dass das nicht du bist!“

   „Das Foto ist vierzig Jahre alt! Da müsste ich mich aber gut gehalten haben.“

   „Wo lebt denn deine Tante Annette heute?“, wollte Sam wissen.

   „In Amerika“, sagte ich schnell. „In einem Vorort von L.A. Sie ging in den Achtzigerjahren nach drüben, wegen ihrer Karriere. Heute ist sie Seniormodel für verschiedene Designer.“

   „Cool. Ich würde gerne mal sehen, wie sie heute aussieht. Können wir sie mal googeln?“

   „Sie arbeitet unter einem Pseudonym. Ich weiß nicht, unter welchen.“

   „Lass uns einfach mal ihren bürgerlichen Namen eingeben.“

   „Ich dachte, du bist hier, um mir zu helfen?!“, fauchte ich.

   „Das bin ich“, sagte er und sah mich lange an.

„Wenn du meine Hilfe brauchst. Okay, vergiss die Tante.“

   „Genau. Lieber neue Schränke als alte Schachteln“, sagte Alexa fröhlich und ließ den Akkuschrauber schnurren. „Können wir dann?“

   Als mein Schrank stand und meine Helfer sich nach einer letzten Tasse Kaffee verabschiedet hatten, packte ich den Karton und ging damit auf den Balkon. Mein Vormieter hatte seinen Grill dort stehenlassen, ein dreibeiniges, wackeliges, fettverkrustetes Ding, das ich noch nicht entsorgt hatte – zum Glück.

   Ich legte ein paar Fotos in die Feuerschale und zündete sie an.

  Ich war viel zu leichtsinnig geworden. Vierhundert Jahre war mir nichts passiert. Nahezu unsterblich, surfte ich durch die Jahrhunderte, während die kurze Lebensspanne der Menschen um mich herum verlosch. Und nun begann ich, mir den Luxus der Sentimentalität zu leisten. Ich hatte die Fotos aufgehoben, damit ich eine Chance hatte, mich an meine vergangenen Leben zu erinnern – und weil ich immer noch fasziniert von moderner Technik war.

   Ich drehte ein beinahe zweihundert Jahre altes Foto zwischen den Fingern, bevor ich es den Flammen übergab. Andere Leute hängten so etwas ins Museum. Ich war damals eine der ganz wenigen Menschen gewesen, die sich vor den riesigen schwarzen Kasten gewagt hatten, um eine Photographie von sich anfertigen zu lassen. Mit Schaudern dachte ich an die Korsetts und Unterröcke. Nein, ich war jedenfalls ein Fan der modernen Zeiten – so modern, dass Fotos auf Papier längst überholt waren.

   Ich dachte an meinen Facebook-Account. War ich zu leichtsinnig? Ich postete mein erfundenes Leben, aber ein echtes Foto. Heutzutage war man ja schon fast verdächtig, wenn man kein Facebook-Profil hatte. Wenn jemand mich finden wollte, hatte er es heute in den Zeiten des Internets leicht wie noch nie.

6. Kapitel

Bedburg, kurz nach Weihnachten 1588

«Jetzt ist das Elend bei dir angekommen.»

"Ich will da nicht raus“, jammerte Sibil. „Ich habe Angst.“

Katharina seufzte und zog ihren Umhang fester um die Schultern. Sie hatte selbst wenig Lust auf einen Fußmarsch durch den Wald, zumal es schon wieder begonnen hatte zu schneien.

   „Ich weiß, Kleine, aber es ist nun mal unsere einzige Ziege. Wenn die Wölfe sie holen, haben wir keine Milch mehr.“

   Sie griff nach einem abgebrochenen Besenstiel und drückte ihn Sibil in die Hand.

   „Hier. Damit du dich wehren kannst.“

   Sie öffnete die Tür und schob Sibil hinaus in den grauen Nachmittag. Der Schnee um die Hütte stand ihr fast bis zum Knie, und ihre Füße in den dünnen Lumpen wurden sofort kalt.

   „Warum geht der Vater nicht mit auf die Suche?“

   „Der liegt und schläft. Er hat sich vorhin krank gefühlt.“

Krank gefühlt – mit seinem beinahe irren Blick, Gesicht und Hände voller Blut, war er grunzend auf die Schlafstatt gekrochen.

Zuvor war er beinahe einen ganzen Tag und eine Nacht verschwunden gewesen, und sie hatte inbrünstig gebetet, er möge diesmal nicht wiederkommen. Doch Gott hatte sie noch nicht genug gestraft für ihre Lust und wollte sie weiter leiden lassen.

   Wenigstens vergriff er sich nicht mehr täglich an ihr, seit er diese langen Wanderungen unternahm.

   Sibil stand bibbernd im Schnee, und Katharina nahm sich ein handliches Holzscheit vom Stapel und zog die Tür hinter sich zu.

   „Meinst du, das hilft gegen den Schlächter?“, fragte die Kleine mit blauen Lippen.

   „Ich weiß es nicht“, sagte Katharina. „Aber wenn wir ihn treffen, will ich mich zumindest nicht kampflos ergeben.“

   Sie nahmen die Spur der Ziege auf und stapften über die Lichtung zum Waldrand.

   „Der Müller erzählt, die Frau vom Oberbach-Bauern ist seit ein paar Tagen verschwunden“, berichtete Sibil. „Alle glauben, dass der Schlächter sie geholt hat. Das ist dann sein zwölftes Opfer in nicht mal zwei Monden.“

   „So lange man sie nicht findet, ist nichts bewiesen“, sagte Katharina grimmig. „Vielleicht hat sie auch nur von ihrem saufenden Ehemann die Nase voll und ist ihm weggelaufen. Verstehen könnte ich es.“

   Sie spürte, wie Sibil sie ängstlich von der Seite ansah.