Kuss der Wölfin - Die Suche (Band 2) - Katja Piel - E-Book

Kuss der Wölfin - Die Suche (Band 2) E-Book

Katja Piel

0,0
3,49 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

"Dann lass sie raus, die Wölfin. Ich möchte zuschauen." Sanft knabberte er an meiner Lippe. Seine Berührung schickte Blitze durch meinen Körper. Dies war ein Moment, wie ich ihn in Frankfurt schon erlebt hatte, nur viel besser. Angenehme Hitze durchflutete mich. Ich schloss die Augen, hielt mich an seinen Armen fest und spürte, wie sich jeder Muskel um meine Knochen dehnte. Der süße Schmerz begleitete mich, während die Haut kribbelnd dem Fell wich. "Öffne die Augen, Anna. Sieh mich dabei an", verlangte er, legte seinen Finger unter mein Kinn. Zögernd kam ich seiner Bitte nach. Sam zog leise die Luft ein, starrte mich an. Ich wusste, meine Augen wechselten gerade die Farbe von blau zu Gold. "Das ist … das ist wunderschön", stotterte er ehrfürchtig. "Was wäre, wenn dich nur dein Feind retten könnte?" 400 Jahre konnte Anna sich erfolgreich vor einem rachsüchtigen Wolfsrudel verstecken, doch ein folgenschwerer Fehler bringt nicht nur sie in Gefahr. Marcus hat Alexa in seiner Gewalt, ob das allerdings ihr Tod bedeutet, oder eine weitreichende Katastrophe abgewendet werden kann, liegt jetzt in den Händen eines Werwolfs .... Der 2. Teil aus der Kuss der Wölfin Reihe ist Actiongeladen, spannend, mystisch und voll prickelnder Erotik. Folge der Wölfin auf Facebook: facebook.com/kussderwoelfin

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 271

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Katja Piel

Kuss der Wölfin - Die Suche (Band 2)

 

 

 

Dieses ebook wurde erstellt bei

Inhaltsverzeichnis

Titel

Über das Buch | Impressum | Hinweise

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Kapitel 24

Kapitel 25

Kapitel 26

Kapitel 27

Kapitel 28

Leseprobe zum 3. Teil - Die Begegnung

THE HUNTER - 1. & 2. Staffel

Empfehlung: Tod auf Ibiza

Erwähnungen

Danksagung

Impressum neobooks

Über das Buch | Impressum | Hinweise

„Dann lass sie raus, die Wölfin. Ich möchte zuschauen.“ Sanft knabberte er an meiner Lippe. Seine Berührung schickte Blitze durch meinen Körper. Dies war ein Moment, wie ich ihn in Frankfurt schon erlebt hatte, nur viel besser. Angenehme Hitze durchflutete mich. Ich schloss die Augen, hielt mich an seinen Armen fest und spürte, wie sich jeder Muskel um meine Knochen dehnte. Der süße Schmerz begleitete mich, während die Haut kribbelnd dem Fell wich.

„Öffne die Augen, Anna. Sieh mich dabei an“, verlangte er, legte seinen Finger unter mein Kinn. Zögernd kam ich seiner Bitte nach. Sam zog leise die Luft ein, starrte mich an. Ich wusste, meine Augen wechselten gerade die Farbe von blau zu Gold.„Das ist … das ist wunderschön“, stotterte er ehrfürchtig.

»Was wäre, wenn dich nur dein Feind retten könnte?«

400 Jahre konnte Anna sich erfolgreich vor einem rachsüchtigen Wolfsrudel verstecken, doch ein folgenschwerer Fehler bringt nicht nur sie in Gefahr. Marcus hat Alexa in seiner Gewalt, ob das allerdings ihr Tod bedeutet, oder eine weitreichende Katastrophe abgewendet werden kann, liegt jetzt in den Händen eines Werwolfs ...

Der 2. Teil aus der Kuss der Wölfin Reihe ist Actiongeladen, spannend, mystisch und voll prickelnder Erotik.

Teil 1: Kuss der Wölfin - Die Ankunft, ist im Mai 2013 erschienen und kann als eBook und Taschenbuch gekauft werden

Teil 2: Kuss der Wölfin - Die Suche

Teil 3: Kuss der Wölfin - Die Begegnung

Teil 4: Kuss der Wölfin - Kurznovelle - Venatio - Orden der Finsternis 

Teil 5: Kuss der Wölfin - Venatio - Krieger der Dunkelheit

Weitere Bücher: 

Tod auf Ibiza

Schwanenzauber Trilogie

Vampire Island

THE HUNTER

Die Website der Autorin: http://kussderwoelfin.wordpress.com

Die Autorin im Internet: www.facebook.com/kussderwoelfin

***

Dezember 2013

Copyright © der Originalausgabe 2013 Katja Piel | Rodgau | [email protected]

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung der Autorin wiedergegeben werden.

Hinweis: Dieses Buch verfügt über einen 12-stelligen, nicht einsehbaren Sicherheitscode, mit dessen Hilfe es möglich ist, das Werk der Autorin vor Piraterie zu schützen. Sollte Ihnen der Verkaufspreis von 2,99 € zu teuer sein, kontaktieren Sie mich bitte unter [email protected]. Lesen ist das höchste Gut und ich möchte gerne die Menschen unterstützen, denen es nicht so gut geht.

Redaktion: Susanne Pavlovic

Internet: www.textehexe.com

Titelbildgestaltung: Claus-Gregor Pagel (Vektor)

Katja PielePub/mobi erstellt mit SIGIL

Geschrieben mit dem Autorentool: Papyrus

***

Wenn Ihnen dieses Buch gefallen hat, empfehle ich Ihnen gerne auf den letzten Seiten weiteren Lesestoff.

Bitte bewerten Sie das ebook. Der Link wird Ihnen am Ende des Buches angezeigt.

***

»Leserstimmen«

»Ich konnte das Buch nicht mehr weglegen und habe die Nacht zum Tag gemacht«(Yvonne Rauchbach - Beta-Leserin)

»Detaillierte Dialoge, dichte Handlung machen den zweiten Teil zu einem Pageturner«(Monja Freeman - Beta-Leserin)

»Wenn Gefühle einen die Zeit vergessen lassen, spricht man dann von Liebe? Prickelnde Erotik im Wandel der Zeit! Absloute Leseempfehlung« (Katja Koesterke: http://ka-sas-buchfinder.blogspot.de/)

»Katja hat es wirklich drauf heisse Szenen zu schreiben und dann baff komnt was womit man nicht rechnet.« (Jessica Barnefske - VIR)

»Fazit: ein Buch für jeden "Wolffan", der Spannung von Anfang bis zum Ende mag« (Klein-Netti - VIR)

»Wer gerne J.R.Ward und Lara Adrian liest, wird die Trilogie um die Wölfin Anna Stubbe lieben!« (Darkhuntress - VIR)

Kapitel 1

Irgendwo in England | Herbst 2012

«Du willst dich vor mir verstecken? Du Närrin!»

Marcus fuhr sich mit den Fingern durch sein Haar, hielt die Hand vor den Mund und hauchte ein paar Mal hinein. Mundgeruch. Den würde er, wenn er mit ihr fertig wäre, noch viel schlimmer haben. Er griff sich in den Schritt, richtete seinen Halbmast und zog die Hose hoch.

„It´s showtime“, murmelte er, schlenderte am Wachposten vorbei und stieß die Tür auf, die ihn von seinem Spielzeug trennte.

Da saß sie. Zusammengekauert in der Ecke, drückte sich mit dem Rücken gegen die Wand, als wolle sie mit ihr verschmelzen. Ihre kugelrunden Augen hinter den dicken Brillengläsern waren panisch aufgerissen, die niedlichen Pausbäckchen wiesen hektische rote Flecken auf. Er konnte ihre Angst riechen. Marcus liebte diesen Geruch.

„Freust du dich denn, mich zu sehen? Hast schon sehnsüchtig gewartet, hm?“ Als er in die Hocke ging, knackten seine Kniegelenke. Je näher er ihr kam, desto intensiver umwehte ihn ihr Geruch. Was sollte er mit ihr machen? Sie langsam aufessen?

Verlangend blickte er auf ihre pummeligen Oberschenkel, die in den Leggins appetitlich verpackt waren. Sie würde sicherlich lecker schmecken.

Oder sollte er doch noch etwas Spaß mit ihr haben? Langsam hob er den Zeigefinger und wickelte eine ihrer kurzen Locken auf. Keuchend zog sie den Kopf weg. Ihr Haar rutschte ihm aus den Fingern.

„Bitte“, flehte sie mit piepsiger Stimme, „bitte, lass mich doch gehen. Ich werde auch niemanden etwas verraten.“ Marcus lachte, doch es war kein fröhliches Lachen.

Er schnellte nach vorne, stemmte seine Fäuste links und rechts von ihr gegen die Wand und verharrte mit seinem Gesicht direkt vor ihrem. Schweißperlen bildeten sich auf ihrer Oberlippe, sie begann zu zittern. Köstlich. Einfach köstlich. Marcus schluckte seinen Speichel hinunter und saugte ihren Duft ein. Ihr süßlicher Schweiß und das würzige Aroma ihres Blutes, das unter ihrer Haut pulsierte und mit Adrenalin angereichert war, steigerte seine Gier. Andere Wölfe mochten den scharfen Geschmack von Adrenalin nicht. Weicheier! Die  klaubten auch die Peperoni von der Pizza. Er nicht. Adrenalin war wie Peperoni. Man stand in Flammen, aus den Augen schossen Tränen, und man konnte jedem Bissen, jedem Schluck nachspüren, wie er die Speiseröhre hinunterglitt. Dieses unglaubliche Gefühl, am Leben zu sein, es mit jeder Faser zu spüren. Wenn man als Werwolf überhaupt von Leben sprechen konnte.

Hitze durchströmte seine Lenden, ihre Panik schürte sein Verlangen. Nur ein kleines Stück von ihr. Ja, sie wäre dann verdammt für immer, denn er würde sofort sein Gift in sie spritzen.

Die Bakterien würden sich mit ihrem Blut vermischen und sie transformieren - zu einer von seiner Art. Wie viele tausend hatte er schon erschaffen und wie viele hatte er durch die Jäger verloren?

Hass strömte durch seine Adern, als ihr Name immer wieder in seinem Kopf widerhallte. Zwei Dinge waren es, die seinem Leben Sinn gaben: Anna und die Jäger. Brüllend erhob er sich, ballte seine Fäuste, biss die Zähne aufeinander und blickte hinunter auf sein Opfer, das sich immer kleiner zu machen versuchte. Es wimmerte und weinte, ihr Zittern ging ihm durch und durch.

„Du willst dich vor mir verstecken? Du Närrin.“ Er gab dem Verlangen nach, beugte sich über sie und riss ihre Leggins entzwei. Weißes, zartes Fleisch erblühte zwischen den Fetzen des Kleidungsstückes. Ihre Schreie klangen wie Melodien in seinen Ohren. Er öffnete ihre Haut mit den Zähnen und biss ein faustgroßes Stück aus ihrem Oberschenkel. Ihr dunkles, rotes Blut sprudelte nach oben. Marcus schlang das Fleisch in einem Stück hinunter. Er kam allerdings nicht mehr dazu, ihr wegen des Aromas ein Kompliment zu machen, denn sie war schon ohnmächtig geworden.

„Schade, ich hätte gerne noch mit dir geplaudert, meine Liebe. Oh, da fällt mir ein. Ich muss noch eine ganz wichtige Nachricht verschicken. Wir sehen uns später.“

Die blutverschmierten Hände wischte er an seiner Hose ab, zog das Handy aus der Hosentasche und tippte beim Hinausgehen.

Kapitel 2

Frankfurt am Main Flughafen - London, Herbst 2012

«Wenn du reden willst... ich kann hier nicht weglaufen»

Nachdenklich drehte ich meinen neuen Pass in den Fingern, ohne wirklich darauf zu schauen. Noch immer hatte ich mich nicht an mein verändertes Aussehen gewöhnt, ich wollte nicht auch noch das Foto sehen. Wie durch Watte hörte ich die üblichen Durchsagen auf einem Flughafen und den einleitenden Gong, der mich immer an eine Schule erinnerte.

Achtung bitte! Dies ist der letzte Aufruf für den Lufthansaflug LH710 nach Tokyo. Alle Passagiere werden gebeten, sich umgehend zum Flugsteig A13 zu begeben.

Attention please! This is the last call for Lufthansa-Flight LH710 to Tokyo. All passengers are requested to proceed to gate A13 immediately.

Ich war es gewohnt, dass mich die Leute anstarrten. Bewundernd die Männer, neidisch die Frauen. Und plötzlich starrte niemand mehr. Der Mantel aus Blicken, der mich seit Jahrhunderten umgab, war verschwunden, und ich fühlte mich nackt. Und plötzlich fiel mir ein, dass Alexa mich nie neidisch angesehen hatte.

Sie war von Anfang an gewesen wie … wie Alexa eben. Fröhlich, unkompliziert, vor Energie sprühend. Ein dicker Kloß saß mir im Hals. Einer von denen, die man nicht runterschlucken konnte. Und was hatte ich gemacht? Ihr den Freund ausgespannt. Toll, Anna. Und als wäre das nicht schon genug, schwebte sie jetzt in Lebensgefahr. Weil ich zu leichtsinnig gewesen war. Meine Interessen vor alles andere gestellt hatte. Wütend auf mich selbst, bog ich den Pass zwischen meinen Fingern, als ihn mir jemand aus der Hand zog.

   „Der Pass kann da auch nix für. Und den brauchst du noch.“ Samuel. Er stand hinter dem Stuhl, auf dem ich saß, und beugte sich zu mir runter. Ich seufzte den Schmerz in meiner Brust fort und drehte mich zu ihm. Schwarze Haarsträhnen fielen ihm in die Augen, und als er die Hand hob, um sie wegzustreichen, kam ich ihm zuvor. Sam umrundete die unbequeme Sitzreihe, stellte seinen Rucksack zwischen seine Beine auf den Boden und setzte sich neben mich. Er beugte sich zu mir, als wolle er mich küssen, doch ich drehte den Kopf weg. Dieser Kloß ließ sich nicht schlucken, und er ließ sich auch nicht wegküssen.

Sam war feinfühlig genug, um auf Abstand zu gehen, ohne sich einen Kommentar zu erlauben.

   „Kaugummi?“

   „Ich hasse Kaugummis.“

Neben mir hörte ich, wie er ihn auspackte, und einige Sekunden später, wie er darauf kaute.

   „Hab Probleme mit dem Druckausgleich“, erklärte er.

   „Hmm“, machte ich. Wann war endlich Boarding?

   Ich sah ihn von der Seite an.

Er war sexy wie immer, und in einem anderen Leben hätte ich ihn in die nächste Putzkammer gezerrt und wäre über ihn hergefallen. In einem Leben, in dem es Alexa gut ging und sie sich nicht in den Händen eines Wahnsinnigen befand. Marcus war alles zuzutrauen.

   „Wir werden sie finden. Alles wird gut.“

Seine Finger strichen durch meine ungewohnt kurzen Haare. Ich trocknete ein paar heimliche Tränen an seiner Schulter, als über die Lautsprecher die Aufforderung zum Boarding ertönte.

   „Ja. Sicher.“

   Ich sprang auf und hetzte nach vorne zum Schalter. Mit der einen Hand zog ich den Boarding Pass aus der Hosentasche und hielt ihn der Stewardess hin, mit der anderen wischte ich mir schnell über die Augen. Ich wunderte mich über Sams Ruhe. Entweder wollte er für mich stark sein, oder es war einfach seine Art, damit umzugehen. Ich hatte den Eindruck, als würden wir uns voneinander entfernen. Funktionierte unsere Beziehung nur, solange wir regelmäßig übereinander herfielen? Mit zusammengebissenen Zähnen eilte ich den langen Gang zum Flugzeug, ohne mich umzudrehen oder auf ihn zu warten, obwohl ich wusste, dass er mir dicht folgte.

Der Flug war der Horror.

Es gab zwar keine Komplikationen, aber ich spürte, wie die Wölfin nach draußen drängte.

Zwar war ein Flugzeug größer als ein Sarg, aber dennoch mochte sie es nicht, wenn ihr die Kontrolle aus der Hand genommen wurde. Beinahe konnte ich ihren Pelz auf der Innenseite meiner Haut spüren. Sie wollte raus. Sie wollte jagen. Und sie wollte Blut.

Glücklicherweise hielt Sam nicht viel von höflicher Konversation, sondern blätterte in einer Men's Health, trank seinen Tomatensaft und futterte Erdnüsse, so als wären wir auf dem Weg in den Süden. Wut glomm in mir auf und verstärkte den Drang, mich zu wandeln. Wie gebannt glotzte ich auf den Bildschirm, der im Sitz vor mir eingebaut war und die Flugroute zeigte. Das Bild wechselte vom kleinen weißen, flackernden Flieger zur Anzeige der Flughöhe, Geschwindigkeit, der gesamten Reisedauer und voraussichtlichen Ankunftszeit. Ich versuchte es mit Meditation, spannte meine Beinmuskeln an und ließ sie wieder locker, spannte sie an, ließ wieder locker. Wir hatten bereits seit einer halben Stunde unsere Flughöhe erreicht und glitten über den Wolken dahin.

„Anna? Ist alles okay?“

   Oh verflucht, dieser samtige Bariton. In meiner Fantasie schlossen wir uns in das enge Klo ein und zogen uns die Klamotten vom Leib. Ich schlang meine Beine um seine Hüften, er schob sich in mich und keuchte meinen Namen. Und selbst in meinen Fantasien kam mir Alexa in die Quere, wie sie gefesselt und geknebelt in irgendeinem dunklen Loch saß oder im Kofferraum zu einem neuen Geheimversteck transportiert wurde.

   Ich sah zu ihm hinüber. Besorgt kniff Sam die Augen zusammen und griff nach meiner Hand.

„Nix ist okay. Ich hasse es, zu fliegen. Das ist alles.“ Er runzelte die Stirn, kam näher. Ich wich ihm aus.

   „Hör mal. Wenn du reden willst... Ich kann hier nicht weglaufen.“

   „Warum sollte ich reden wollen?“, zischte ich zwischen zusammengekniffenen Lippen hervor.

Jetzt wurde mir schlecht. Die Wölfin kämpfte, sie kratzte von innen gegen meine Haut. Endlich kam die erlösende Durchsage, dass wir uns im Landeanflug befanden. Neben mir hörte ich Sam leise seufzen. Er wandte sich von mir ab, klappte das Tischchen vor sich hoch, zerknüllte den Plastikbecher und schob ihn in das Netz mit den Zeitschriften. Das Geräusch des zerknickenden Plastiks reizte mich und die Wölfin. Fast hätte ich ihn angesprungen, aber ich konnte mich gerade so zurück halten, blickte aus dem Fenster und sah zu, wie der Flieger die Wolken in Richtung Erde durchbrach.

Schweigend verließen wir den Flieger. Da wir kein Gepäck dabei hatten, durften wir direkt zum Ausgang.

Sam hatte mal wieder recht gehabt. Der Flug wäre eine gute Gelegenheit gewesen, zu reden, sich in die neue Situation einzufühlen. „Hast du keine Angst um Alexa?“, hätte ich ihn fragen sollen, und „Wo stehen wir beide?“ Aber ich war zu sehr mit meiner Angst und meiner Wölfin beschäftigt gewesen, und nun trug er eine Maske, die ich nicht durchdringen konnte. Die Gelegenheit war vorüber, und ich musste meine unausgesprochenen Fragen mit mir herumtragen wie ein unsichtbares Gewicht.

Andreas' Erscheinung stach aus der Menge der wartenden Menschen hervor. Wir umrundeten die Absperrung und schlenderten hinüber zu ihm.

Als Andreas auf uns zuging, lächelte ich ihn freundlich an. Zunächst begrüßte er mich, stellte die allgemeinen Fragen nach dem Flug und wie es mir ging. Schließlich nahm er Sam in den Arm. Während ich darauf wartete, dass sie mit ihrer familiären Begrüßung fertig wurden, blieb mein Blick an einer anderen Person in einiger Entfernung hängen.

   Adam lehnte an einer Säule direkt neben einem „Rauchen-verboten“-Schild und fummelte sich eine Zigarette aus der Packung. Seine Locken hingen ihm kreuz und quer ins schmale Gesicht, er sah aus, als hätte er kaum geschlafen.

   Er steckte sich die Zigarette zwischen die Lippen. Sein billiges Feuerzeug verweigerte den Dienst, und ich wollte schon hinübergehen und ihm aushelfen, als endlich eine kleine Flamme aufsprang und die Spitze der Zigarette erfasste. Adam sah zu mir hinüber. Die Glut der Zigarette legte einen feinen goldenen Schein in seine Augen. Obwohl er so schmächtig und harmlos aussah, traute ich ihm nicht über den Weg.

Kapitel 3

In den Wäldern bei Bedburg, Sommer 1590

«Danach treiben wir dich mit Spieß und Knüppel vom Hof.»

Äste schlugen ihm ins Gesicht, während er rannte. Er brach durchs Gestrüpp, sprang über umgestürzte Bäume und rutschte in einer kleinen Lawine aus loser Erde einen Abhang hinunter. Weg, weg, weg, trommelte es im Takt seiner Schritte hinter seiner Stirn. Und: Hass, Hass, Hass. Die anfängliche Enttäuschung, der Schock waren längst gewichen.

   Marcus' herablassenden Blick würde er nicht vergessen. Sein Blick, als er Adam seine Entscheidung mitgeteilt hatte: Er, Marcus, würde bei Raffaelus bleiben. Adam musste das Rudel verlassen.

Seine Lungen schmerzten, die Sicht wurde trüb. Als ihm ein feiner Menschengeruch in die Nase zog, wusste er nicht mehr, in welchem Körper er sich nun befand. Egal. Adam wechselte die Richtung und folgte dem Geruch. Er war ein Monster, verstoßen und verachtet, also wollte er auch wie eines leben.

Als er schließlich vor dem Haus eines Köhlers ankam, war die Sonne bereits hinter den Bäumen versunken. Gespenstisches Zwielicht lag über den kalten Kohlemeilern.

Adam brach in das Haus der Köhler ein wie das Jüngste Gericht, und wie dieses richtete er jeden einzelnen Sterblichen. Und wie sie starben. Die Frau zuerst: Sie war dabei gewesen, einen Teig zu kneten. Mehl fiel von ihren Fingern, als sie schreiend die Arme erhob. Ihre Halsschlagader pochte ihn an, ihr heißes Blut rief ihn. Sie senkte die Hand zum Tisch und tastete nach einem Messer, doch er sprang vor sie auf die Tischplatte und fletschte die Zähne. Ihr Gekreisch füllte seine Ohren. Er hechtete los und riss ihr die Kehle auf, beugte seinen Kopf und ließ ihr warmes Blut in seinen Mund rinnen. Als sie nicht mehr zuckte, nahm er schnuppernd die Fährte des Köhlers auf.

Der Mann kam ihm hinter dem Haus entgegen, eine Mistgabel vor sich, mit der er in Adams Richtung stocherte. Adam spürte einen Anflug von Erheiterung. Als ob dieses jämmerliche Werkzeug, zusammen mit ein paar wilden Drohungen, ihn bremsen könnte.

   Er senkte den Kopf und fletschte die Zähne. Sein eigenes Knurren drang ihm wie Donnergrollen aus der Kehle. Noch nie hatte er sich so mächtig gefühlt, so strotzend vor Kraft.

   „Jesus, Maria und alle Heiligen! Ausgeburt der Hölle, geh zurück in dein Feuer! Du kannst uns nichts anhaben, wir leben gottgefällig ...“

Irrtum, dachte Adam, bevor er den Kopf des Köhlers von dessen Schultern riss. Ich kann, und wie ich kann.

   Als matte, rote Fontäne schoss das Blut des Köhlers in den verhangenen Abendhimmel.

   Jesus, Maria und die Heiligen hatten wohl nicht zugehört.

 Erst viel später wandelte er sich zurück, blieb auf dem feuchten Waldboden sitzen, lehnte sich an einen Baum und untersuchte seinen Bauch.

Er hatte nicht bemerkt, dass die Zinken der Mistgabel ihn aufgespießt hatten. Zum Glück begannen die Wunden bereits zu heilen. Auf seinem nackten Körper klebte Blut, eine Mischung aus seinem eigenen und dem seiner Opfer. Die Müdigkeit hinderte ihn daran, sich einen Bachlauf zu suchen, um sich zu säubern. Er saß einfach nur da und starrte in die Finsternis. Das starke Gefühl war verflogen.

Warum war er nur so dumm gewesen? Hatte er tatsächlich geglaubt, Marcus hätte ihn geliebt? Wieder einmal war er hintergangen worden. Mit der Faust hieb er auf den Waldboden, so dass die Blätter an seinem Handballen kleben blieben, doch die Geste befriedigte ihn nicht. Die Wut kam nicht zurück. Er versuchte, sich zu verwandeln. Zu seinem Entsetzen blieb er auf halber Strecke stecken: Seine Arme, lang und mit klauenbewehrten Pranken, berührten den Boden, doch seine Wirbelsäule war noch die eines Zweibeiners. Seine Sinne waren die eines Wolfes, doch sein Verstand schlief nicht.  Er machte einen Schritt und bemerkte, wie die Kraft in seinen Hinterläufen schwoll. Ein Satz brachte ihn auf einen nahen Felsen. Er war eine Bestie, entstiegen aus dem hintersten Winkel der Hölle. Sein Äußeres spiegelte nur seine Seele.

Kapitel 4

 Hohenfelsen bei Köln, Sommer 1588,  zwei Jahre zuvor

 Was für ein jämmerliches Leben. Seine Eltern kümmerten sich um einen Bauernhof, der ihnen nicht gehörte, weil sie zu arm waren. Mit drei Söhnen und fünf Töchtern hatte es die Mutter nicht leicht. Adam war lange schwächlich und kränklich gewesen. Die Pocken hatte er dennoch überlebt, im Gegensatz zu seinem Bruder Jakob, der immer so stark gewesen war, eine echte Hilfe für den Vater, nicht so wie er selbst, der dünne, nutzlose Adam. Seine Geschwister hänselten ihn, waren bösartig, schlugen und quälten ihn, doch er verriet sie nicht.

Sie taten alles, um ein gottgefälliges Leben zu führen. Jeden Sonntag wanderten sie brav zum Dorf und besuchten die Kirche. Zu den Mahlzeiten und vor dem Schlafengehen wurde gebetet, um demütig zu Bett zu gehen. Mutter war sehr streng. Die kleinste Abweichung ihrer Ordnung hatte eine Bestrafung zur Folge. Schlimmer als ihr Rohrstock war ihre Ablehnung. Er zog es vor, wenn sie ihn auf den nackten Rücken schlug, bis er das Blut hinab laufen spürte. Aber ihre Missachtung konnte er nicht ertragen.

Doch sie waren gläubig und sie betete zum Allmächtigen, dass er an ihrem missratenen Sohn ein Wunder geschehen lassen könnte.

Vielleicht betete sie auch, der Allmächtige möge ihr Jakob zurückgeben und dafür Adam nehmen.

Wenn er nüchtern darüber nachdachte, konnte Adam den Wunsch der Mutter nachvollziehen.

Der Tag, an dem sich alles ändern würde, war verlaufen wie jeder andere. Es war ein kühler Augusttag. Der Sommer verabschiedete sich langsam, es wurde früher dunkel, und die Grillen kaum noch zu hören. Adam brachte gerade die einzige Kuh, die ihnen noch geblieben war, in den Stall, als er ein leises Pfeifen vernahm. Es war Veit, sein Freund aus dem Dorf und einziger Lichtblick, Veit mit den struppigen blonden Haaren und den himmelblauen Augen.

Veit, von dessen vollen Lippen Adam manchmal träumte - Träume, die ihm der Teufel schickte und aus denen er verwirrt, schwitzend und mit geschwollenem Zinken erwachte.

An diesem Tag hieß Veit ihn, die Kuh anzubinden und ihm in die Scheune zu folgen.

   „Ich habe ein Geschenk für dich.“

   „Ein Geschenk?“, wunderte sich Adam, dem noch nie zuvor jemand etwas geschenkt hatte, doch Veit legte den Zeigefinger auf seine Lippen und bedeutete Adam, mitzukommen.

   Die Scheune war voller duftender Heuballen, genug für den Winter. Die tief stehende Sonne warf lange Strahlen durchs Gebälk. Staub tanzte, und Veit begann, seine Kleider auszuziehen.

   Adam schluckte trocken. Eine Hitze klumpte sich in seinem Unterleib zusammen, wie er sie nur aus seinen Träumen kannte.

Veit ließ sein Hemd ins Stroh fallen und beförderte die Hose hinterher.

Er stand ruhig, ließ die Hände an den Seiten herunterhängen und sah Adam an.

Sein Geschlecht lag ruhig und rosa in einem Nest blonder, gekräuselter Haare.

Adam schloss die Augen.

Als nächstes spürte er einen Mund, der sich auf seinen legte. Eine warme Zunge schob sich zwischen seine Lippen. Ein Körper presste sich gegen seinen, und schwielige Hände glitten unter sein Hemd und streichelten seinen Rücken. Hungrig erwiderte Adam die Liebkosungen und stöhnte in den Mund des anderen, als Veit ihm die Hose aufschnürte und über die Hüften hinunter schob. Begierig stieß er in die Hand des anderen. Sollte der Teufel ihn holen, dieses Gefühl war es wert.

„Auseinander! Der Teufel in euch! Gott im Himmel, steh uns bei!“

Die donnernde Stimme ließ die beiden jungen Männer auseinander fahren. Veit raffte sein Hemd aus dem Stroh und hielt es schützend vor sein aufgerichtetes Geschlecht. Adam krümmte sich und sah über die Schulter. Seine Mutter war flankiert von seinen Brüdern und dem Vater, der eine Mistgabel umklammert hielt.

   „Er war's“, stammelte Veit mit blassen Lippen und zeigte auf Adam. „Er hat mich behext! Einen üblen Zauber hat er auf mich gelegt. Ich war nicht ...  ich konnte nicht ...“

   „Verräter“, flüsterte Adam und bückte sich nach seiner Kleidung. Plötzlich war ihm kalt.

   „Ich wusste schon immer, dass mit der Missgeburt etwas nicht stimmt“, tönte der älteste Bruder.

„Wahrscheinlich hat er auch den Jakob verflucht, dass er gestorben ist.“

   Heißkalte Wut wallte in Adam auf.

   „Sprich mir nicht vom Jakob!“, brüllte er seinen Bruder an, der erschrocken zurückzuckte.

   „Einmal des Teufels, immer des Teufels“, knurrte der Vater und schwenkte die Mistgabel in Adams Richtung. „Sieh zu, dass du dich vom Hof machst. Und komm nie wieder! Sehe ich dich einmal in der Nähe meines Hauses, geh ich zum Büttel, und du wirst auf dem Scheiterhaufen brennen.“

   „Aber er hat mich verführt! Er hat sich vor mir ausgezogen!“

   „Hexer!“ Veit spie vor Adams Füße ins Stroh. „Du hast mich bezaubert. Warum sollte ich dich verführen? Die Unzucht wohnt nicht in meiner Seele.“

   „Bis die Sonne untergegangen ist“, verfügte die Mutter mit eisiger Stimme. „Danach treiben wir dich mit Spieß und Knüppel vom Hof.“

Adam dachte nicht mehr oft an sein früheres Leben. Kein Platz für Selbstmitleid. Immerhin war er seinen Weg gegangen. Er war längst nicht mehr nur deshalb des Teufels, weil es ihn nach Männern gelüstete. Der Damm war gebrochen. Er brauchte dieses Gefühl der Macht. Nur wenn andere starben, fühlte er sich wirklich lebendig.

Die Fährte hatte ihn einmal mehr an den Waldrand geführt. Nun verließ er den schützenden Schatten des dunklen Waldes. Die Dunkelheit umhüllte ihn, er durchquerte langsam ein Weizenfeld, strich mit seinen Fingern über die Stängel, spürte in jedem Korn das Leben und riss alle ab, die er fassen konnte. In der Ferne erkannte er mehrere Häuser, aus deren Schornsteinen Rauch emporstieg.

Vermutlich saßen sie am gemütlichen Feuer, erzählten sich Geschichten, tranken warmes Bier. Hass glomm in ihm auf. Es sollte sein Leben sein.

Eine Familie, Nachfahren, die zu ihm aufschauten, eine Frau, die es nicht erwarten konnte, dass die Kinder schliefen, um sich ihm hinzugeben. Er, ein Mann, der Lust aus einem weiblichen Körper gewinnen konnte. Dennoch waren ihm Männer lieber, wenn er tötete. Sie schrien nicht so schrill.

Die Krallen des Wolfs schlugen von innen gegen seine Haut, als er seinen Körper an ihn übergab und sich nach vorne krümmte. Seine Hände gruben sich in die feste Erde, seine Muskeln dehnten sich über den neu entstandenen Knochen. Mit einem Knurren schüttelte er sich.

In geduckter Haltung näherte er sich dem ersten Haus, schnupperte. Gut. Eine größere Familie, das Mädchen gerade alt genug, um zum Wechsel zur Frau zu stehen. Geifer lief ihm aus dem Maul. Vielleicht erwischte er sie, noch bevor sie zu schreien begann. Er nahm Anlauf und warf sich mit Wucht gegen die Tür. Der kümmerliche Riegel zersprang in tausend Stücke, und der Schwung trug Adam bis mitten in den Wohnraum. Er blieb stehen und fletschte die Zähne, als plötzlich alles drunter und drüber ging. Das Mädchen wurde von mehreren Armen durch ein Fenster gezogen.

  „Schnell. Bringt sie in Sicherheit!“, rief ein bärtiger Mann. Adams Blick fiel auf ein blutiges Stück Fleisch, das auf dem Tisch lag. Unter dem Tisch hatte sich eine Lache gebildet. Blut tropfte hinab. Es wirkte lächerlich, denn Adam würde sich niemals durch Tierblut anlocken lassen. Mit wilden Augen sah sich Adam um.

In der gegenüberliegenden Ecke des Raumes standen Bogenschützen und hielten Pfeile auf ihn gerichtet. Jetzt hatte er die Gewissheit, dass es sich um eine Falle handeln musste.

Er wich zurück, um Schwung zu holen, dann stieß er sich ab und sprang auf den Bogenschützen, der ihm am nächsten stand. Ein brennender Schmerz schoss durch seine Schulter. Er jaulte auf und ging zusammen mit seinem Opfer zu Boden. Hinter ihm war wildes Geschrei.

   „Schießt! Schießt!“

   Adam drehte sich mit seinem Opfer und brachte es vor sich wie einen Schild. Der Mann war schreckensstarr. Einige der Bogenschützen senkten die Bögen.

   „Nicht ...“, presste das Opfer heraus. Seine Angst stank. Sein Puls dröhnte in Adams Ohren. Er riss das Maul auf, versenkte die Zähne in der narbigen Haut des Mannes und riss ihm die Kehle heraus. Das Blut sprudelte ihm ins Maul. Er schüttelte sein Opfer, bis es sich nicht mehr bewegte, und dann noch so lange, bis der Kopf abriss. Mit einem feuchten, hohlen Geräusch schlug der Schädel auf dem Boden auf und rollte den anderen Männern vor die Füße.

„So schießt doch!“, schrie einer verzweifelt. Ein Pfeil wurde abgeschossen und landete neben Adam in der Wand.

Einige andere trafen ihn und durchbrachen sein Fleisch. Er nahm den Schmerz und fügte ihn seiner Raserei hinzu. Auf zwei Beinen, das enthauptete Opfer wie eine leblose Puppe hinter sich her schleifend, näherte er sich den Männern.

   „Ins Herz!“, schrie einer. „Ins Herz!“

   „Heilige Maria Mutter Gottes, steh uns bei ...“

   „Weiche, Teufel!“

Die Männer riefen panisch durcheinander, einer war aus dem Fenster gehechtet und floh, übrig blieben nur noch drei, die auf ihn zielten. Schweißgeruch lag in der Luft. Einer schickte einen Pfeil los, der Adam an der Schulter traf. Adam zerrte an dem Pfeil, doch der steckte fest und riss nur umso stärker an seinem Fleisch. Wütend packte er einen massigen Kerl und hob ihn von den Füßen, während die anderen ziellos Pfeile in seine Richtung schickten. Gegen seinen Rücken, auf die Hinterläufe. Adam biss den Oberschenkelknochen des Mannes durch und riss ihm das Bein ab. Blut spritzte, als der Mann brüllend zu Boden ging.

„Jesus, Maria, Mutter Gottes ...“ Bis zu den Heiligen kam er nicht mehr, Adam war bereits auf ihm, zerfetzte sein Hemd und blickte auf ein großes, hölzernes Kreuz, das auf seiner Brust lag. Der Mann zitterte unter ihm, versuchte, ihn von sich herunter zu schieben, aber Adam war wie erstarrt, sah hinunter auf das Kreuz, bis ihn ein Pfeil aus nächster Nähe traf und zur Seite warf.

Es wurde dunkel, dann wieder hell. Ein Licht tat sich über ihm auf. Er war umgeben von einem Schwarm aus Kreuzen, an allen hing Jesus, der ihn mit flehenden Augen ansah.

   „Bin ich umsonst gestorben? Lass es nicht zu … lass es nicht zu.“ Immer und immer wieder. Adam wollte sich verkriechen, doch schließlich stieg Jesus von seinem Kreuz zu ihm hinab, setzte sich auf seinen Bauch, tippte mit dem Zeigefinger auf seine Brust. „Soll es so enden? Bin ich umsonst gestorben?“ Adam kniff die Augen zusammen, der Körper, der auf ihm saß, fühlte sich real an.

Das Gesicht des Gottessohnes war schön und ebenmäßig, sein Haar blond und lockig. Warmes Blut tropfte von der Dornenkrone auf Adam hinunter. Warm und voller Hoffnung.

   „Verstehst du mich nicht? Warum bin ich gestorben? Umsonst? Lass es nicht zu, Adam…“

Kapitel 5

Irgendwo in England, Herbst 2012

«Du zitterst ja. Du musst dich doch nicht fürchten, meine Hübsche.»

Schmerz durchzog ihr Bein, ihre Mundhöhle fühlte sich trocken an, schlucken war kaum möglich. Als sie sich drehte, wurde ihr übel, sie verlor das Gleichgewicht und fiel von ungefähr einem halben Meter auf harten Boden. Stöhnend hob Alexa den Kopf, öffnete langsam die Augen und rieb sich den Oberschenkel. Ein Krampf ballte Ihre Muskeln zusammen, vermutlich weil sie zu lange in der gleichen Position gelegen hatte.

Ihre Umgebung nahm sie wie durch ein Lineal wahr; sie war verzerrt und bereitete ihre quälende Kopfschmerzen. Grelles Licht blendete in ihren Augen, was ihr zusätzliche Übelkeit verursachte. Wo zum Teufel war sie? Sie wurde das Gefühl nicht los, auf einem Boot zu sein. Alles um sie herum schwankte, die Wände kamen auf sie zu und entfernten sich dann wieder von ihr. Ihr Kopf war so schwer, dass sie sich vorsichtig auf den Boden zurücksinken ließ. Der grüne Teppich wies bräunliche Flecken auf und stank grässlich nach Erbrochenem. Alexa kämpfte gegen einen Würgereiz.

Dann veränderte sich ruckartig ihr Blickfeld.

Jemand drehte sie um. Verwirrt versuchte sie zu erkennen, wessen Gesicht da dicht vor ihrem erschien. Ein fremder Mann: dunkles Haar, blassblaue Augen. Fast kindliche Gesichtszüge.

   „Alles wird gut. Alles wird gut.“ Die Stimme klang wie die eines Wahnsinnigen. Sie musste an „Das Schweigen der Lämmer“ denken – als ob ihr eigenes Leben nicht genug Horror bereit hielte. Dann war der Mann wieder verschwunden. Was war passiert? War sie ohnmächtig gewesen? Alexas Erinnerungen lagen im Nebel. Sie zog sich zum Sitzen hoch und lehnte sich an die Wand. Ihr Kopf schmerzte, so dass sie die Fingerspitzen an die Schläfen legte und mit sanftem Druck massierte. Die Einrichtung war spartanisch. Hässliche, vor Dreck starre Gardinen hingen schief vor kleinen Fenstern, die so schmutzig waren, dass Alexa nicht hinaus sehen konnte. Ein Tisch war fest mit dem Boden verankert und mit einer Bank u-förmig umbaut. Alexa atmete tief ein, um die Übelkeit zu vertreiben.