Küss mich noch ein erstes Mal - Holly Martin - E-Book

Küss mich noch ein erstes Mal E-Book

Holly Martin

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Beschreibung

Ein Cottage an der Küste Englands, eine charmant-verrückte Gastgeberin und eine unmögliche Liebesgeschichte.

Annie Butterworth ist zwar erst Ende zwanzig, aber schon stolze Besitzerin des idyllischen Willow Cottage an der englischen Küste. Sie ist immer für ihre Gäste da – mit Tee, einem offenen Ohr oder starkem englischen Cider. Ein Blick in ihr Gästebuch lässt einen in die Welt von Annie und den Besuchern von Willow Cottage eintauchen. Und man kann dort sogar manchen berühmten Namen entdecken – wie den des gefeierten Krimischriftstellers Oliver Black. Der für Annie einfach nur Olly ist, der Mann, der ihr einst ihren ersten Kuss gab und außerdem der Bruder von Annies verstorbenem Mann Nick ist ...

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Seitenzahl: 257

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Buch

Die junge Annie Butterworth führt Willow Cottage an der idyllischen englischen Küste mit viel Liebe – für ihre Gäste hat sie immer eine Tasse Tee, ein paar Kekse oder ein offenes Ohr. Annies Leben scheint perfekt – doch sie ist mit ihren Ende Zwanzig schon Witwe, und seit dem Tod ihres Mannes konnte sie sich nicht mehr verlieben. Bis Ollie wieder in das kleine Städtchen kommt. Er ist ein Kindheitsfreund Annies, der Bruder ihres verstorbenen Mannes – und er gab Annie ihren ersten Kuss …

Autor

Holly Martin hat schon in diversen Jobs gearbeitet – als Rezeptionistin in einem Hotel, in einer Bank und als Lehrerin, doch ihre wahre Leidenschaft galt immer dem Schreiben von romantischen Komödien. Nun hat Holly Martin es geschafft, ihr Hobby zum Beruf zu machen: In ihrem Haus mit den runden Fenstern in Bedfordshire widmet sie sich nun genau dem, was ihr am meisten Spaß macht.

Außerdem von Holly Martin bei Blanvalet lieferbar:

Wenn du mich fragst, sag ich für immer

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Holly Martin

Küssmich nochein erstes Mal

Roman

Aus dem Englischen

von Claudia Geng

Die Originalausgabe erschien 2014 unter dem Titel

»The Guestbook« bei Carina Press, New York.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Erste Auflage

Copyright © der Originalausgabe 2014

by Holly Martin

Copyright © der deutschsprachigen Ausgabe 2017

by Blanvalet Verlag,

Neumarkter Straße 28, 81673 München,

in der Verlagsgruppe Random House GmbH

Dieses Werk wurde vermittelt durch die Literarische Agentur Thomas Schlück GmbH, 30827 Garbsen

Umschlaggestaltung: www.buerosued.de

Umschlagabbildung: living4media/Greenhaus Press

Redaktion: Angela Kuepper

Herstellung: sam

Satz: Buch-Werkstatt GmbH, Bad Aibling

ISBN: 978-3-641-17864-2V001

www.blanvalet.de

Für meine Mutter

Liebe Gäste,

willkommen im Willow Cottage, ich hoffe, Sie genießen Ihren Aufenthalt. Ich wohne gleich nebenan – wenn Sie irgendetwas brauchen, zögern Sie nicht, sich an mich zu wenden.

Vielleicht möchten Sie dieses Gästebuch nutzen, um Ihren Aufenthalt zu dokumentieren und uns zu erzählen, wo Sie überall waren und was Sie unternommen haben. Vielleicht möchten Sie hilfreiche Tipps für andere Gäste hinterlassen oder auch nur einen kurzen Kommentar am Ende Ihres Aufenthalts, um mir zu sagen, wie es Ihnen im Willow Cottage gefallen hat.

Ich komme jeden Dienstag vorbei und bringe Ihnen frische Handtücher. Sollten Sie außerdem etwas benötigen, können Sie es gern in das Gästebuch schreiben, und ich werde mich darum kümmern.

Annie Butterworth

MÄRZ 2014

1. bis 8. März

Samstag

Herzlichen Dank für die Blumen und den Champagner, was für eine nette Überraschung. Das Cottage ist wunderschön, und Chalk Hill ist wirklich ein entzückendes Dorf. Ich freue mich sehr, hier zu sein. Mein Mann und ich sind auf Hochzeitsreise, sieben lange, herrliche Tage in trauter Zweisamkeit. Gestern habe ich meinen besten Freund geheiratet. Ich bin wirklich die glücklichste Frau der Welt.

Jake, mein hinreißender Ehemann, sagt, dass wir hier die Möglichkeit haben, lange Strandspaziergänge zu machen und die Schönheit der Norfolk Broads zu erkunden. Ich persönlich denke ja, dass wir das Haus nicht oft verlassen werden. Wir sind nun schon seit sechs Stunden hier und haben im Prinzip nur das Schlafzimmer gesehen! Heute Abend bestellen wir uns etwas zu essen, ein weiterer Vorwand, um im Bett zu bleiben.

Darf ich einfach für das Protokoll hinzufügen, damit es schwarz auf weiß geschrieben steht: Ich liebe meinen Mann bis zum Wahnsinn. Er wird das Gästebuch nicht lesen, darum habe ich nichts zu befürchten.

Mrs. Rosie Hamilton (Mrs. Hamilton! Ich glaube nicht, dass ich jemals genug davon bekommen werde!)

Sonntag

Ich bin unsterblich verliebt, habe ich das bereits erwähnt? Ich kann nicht aufhören, auf meinen Ehering zu starren. Ich habe das alles noch gar nicht richtig realisiert. Ich bin jetzt verheiratet! Noch dazu mit dem wunderbarsten Mann der Welt! Jake hat mich letzte Nacht dabei ertappt, dass ich ihn im Schlaf beobachtete. Jetzt denkt er bestimmt, dass er eine Verrückte geheiratet hat. Tja, nun gibt es für ihn kein Entkommen mehr.

Wir haben es heute tatsächlich an den Strand geschafft. Die Dünen sind traumhaft. Wir haben ein Picknick gemacht, und wir sind sogar kurz ins Meer gehüpft.

Rosie

Wie kommst du darauf, dass ich das Gästebuch nicht lese? Was du nicht realisierst, ist, dass auch ich unsterblich in dich verliebt bin, obwohl du schnarchst.

Jake Hamilton (Ehemann von Chefschnarcherin)

Ich schnarche nicht.

Rosie

Tust du wohl.

Jake

Montag

Annie Butterworth, da brat mir einer einen Storch! Unter diesem Namen habe ich mir eine grauhaarige alte Omi mit einer Halbbrille vorgestellt, die uns mit einem selbst gebackenen Lemon Drizzle Cake verwöhnt, aber ganz sicher nicht eine so junge und hübsche Frau. Jake hielt Sie zuerst für einen Geist, als er Sie in Ihrem langen weißen Kleid und mit Ihren dramatisch wehenden blonden Haaren durch den Garten laufen sah. Das war ein ziemlich gelungener Auftritt.

Es war schön vorhin, mit Ihnen zu plaudern. Wo ist Mr. Butterworth? Sie beide müssen unbedingt mal zum Abendessen zu uns rüberkommen.

Liebe Grüße,

Rosie

Da Rosie dieses Gästebuch als ihr persönliches Nachrichtenbrett benutzt, darf ich wohl erzählen, dass wir uns heute ein Boot ausgeliehen haben. Es als ein »Speed Boat« zu bezeichnen wäre zu viel des Guten; es handelte sich um ein einfaches Ruderboot mit einem Außenbordmotor. Obwohl man das kaum einen Motor nennen konnte. Das Ding machte einen Höllenlärm und brachte uns nur im Schneckentempo voran. Ich habe schon lange nicht mehr so gelacht.

Wir landeten schließlich auf einem großen See und verfütterten unser restliches Picknick an die Schwäne. Danach sprang der Außenborder nicht mehr an, und ohne Ruder waren wir vollkommen aufgeschmissen.

Glücklicherweise kam ein nettes deutsches Paar zu unserer Rettung und schleppte uns zurück an die Uferstelle, wo wir unseren Wagen geparkt hatten. Das Paar sprach kein Wort Englisch, oder zumindest war es nicht dazu bereit. Obwohl man nicht zwingend Deutsch können musste, um zu ahnen, dass die beiden sich die ganze Zeit über uns lustig machten.

Jake

Dienstag

Hallo, Rosie, ich fand es auch schön, mit Ihnen zu plaudern. Ich kann Ihnen gern einen Lemon Drizzle Cake backen und vorbeibringen, wenn Sie das von mir erwartet haben. Ich habe zwar keine Halbbrille, aber ich kann zur Not meine Lesebrille aufsetzen. Was den Geist betrifft: In den Theateraufführungen an der Schule wurde ich immer als Engel besetzt. Einen Geist zu spielen wäre viel aufregender gewesen.

Mr. Butterworth – ha! Nick hätte es gehasst, so genannt zu werden – ist vor zwei Jahren gestorben, darum kann er nicht an unserem Dinner teilnehmen. Falls das Wetter so bleibt, wie wäre es, wenn Sie beide morgen Abend zu mir in den Garten kommen und wir lecker grillen?

Geben Sie mir Bescheid, wenn Sie frische Eier haben möchten. Suzie und Doris, meine Hühner, legen so fleißig, dass ich mit dem Einsammeln kaum hinterherkomme.

Annie

Annie, es tut mir schrecklich leid, ich sollte wirklich meinen Verstand einschalten, bevor ich den Mund aufmache. Ich bin so eine indiskrete Kuh. Ich habe einfach angenommen, dass, wenn Sie Mrs. Butterworth sind, es auch einen Mr. Butterworth gibt. Entschuldigen Sie bitte.

Rosie

Rosie, ich habe gerade Jake getroffen. Er bat mich um frische Eier, also habe ich Ihnen ein paar in den Kühlschrank gelegt. Machen Sie sich bitte keine Gedanken wegen Mr. Butterworth. Ich bin nicht im Geringsten aufgebracht oder gekränkt, weil Sie nach ihm gefragt haben. Es ist inzwischen zwei Jahre her, und obwohl ich ihn immer noch schrecklich vermisse, stört es mich wirklich nicht, über ihn zu reden.

Annie

Annie, wir kommen morgen Abend sehr gern zum Grillen. Wir werden tagsüber einen Bootsausflug zum Blakeney Point machen und uns die Robben ansehen, und anschließend fahren wir ein Stück die Küste entlang. Ich denke, wir werden gegen sieben Uhr zurück sein. Wir bringen Frikadellen und Hähnchen mit, vorausgesetzt, Suzie und Doris haben nichts dagegen.

Jake

Mittwoch

Wir waren heute draußen bei den Robben. Es war fantastisch, wir kamen der Kolonie so nah. Jake hat ein paar großartige Aufnahmen gemacht, er kann einfach gut mit der Kamera umgehen. Eine Menge Robben schwammen um unser Boot herum, genauso neugierig auf uns wie wir auf sie. Gleich gehen wir zu Annie rüber in den Garten, hoffentlich verbrenne ich mir nicht wieder den Mund.

Rosie

Als ich heute sah, wie begeistert Rosie von den Robben war, habe ich, glaube ich, mich noch ein bisschen mehr in meine Frau verliebt.

Jake

Donnerstag

Mir brummt der Schädel.

Annie gehört sicher zu den reizendsten Menschen, denen ich je in meinem Leben begegnet bin. Ich kam den ganzen Abend nicht aus dem Lachen heraus. Dabei wirkt sie in ihrem hübschen Blümchenkleid und den breiten Gesundheitslatschen so süß und unschuldig, als würde sie jeden Sonntag die Messe besuchen und wahrscheinlich auch im Kirchenchor singen. Folglich war es zunächst wie ein kleiner Schock, dass sie so derbe und manchmal sogar obszöne Geschichten zum Besten geben kann.

Wir haben wohl mindestens zwei Flaschen Wein zusammen getrunken und zu viele Flaschen Cider, um sie zu zählen. Der Cider war sehr stark, irgendeine obskure lokale Variante, nehme ich an. Als der Abend sich dem Ende zuneigte, war Jake voll wie ein Eimer, und ich war sogar noch voller. Annie dagegen wirkte frisch und munter.

Ob ich mir den Mund verbrannt habe? Ja, bestimmt rund hundertmal. Ich kam mir vor wie John Cleese in Fawlty Towers, als die Deutschen kamen: »Was auch immer ihr tut, erwähnt bloß nicht den Krieg.« Ich konnte mich einfach nicht bremsen und fing immer wieder von Annies Mann an, vom Tod und von Begräbnissen. Glücklicherweise nahm Annie es mit Humor.

Rosie

Ich war nicht voll wie ein Eimer, zumindest habe ich heute Morgen nicht in meinen Schuh gekotzt. Toller Abend, Annie, danke für den sagenhaften Cider, wir müssen unbedingt ein paar Flaschen davon auftreiben, bevor wir abreisen.

Jake

Ich habe nur kurz bei euch vorbeigeschaut, um im Bad die Glühbirne zu wechseln. Nach dieser glanzlosen Beschreibung werde ich definitiv meinen Kleiderstil ändern ;-). Ich gehe übrigens nie in die Kirche, außer zu Hochzeiten, Taufen und Trauerfeiern. O nein, ich habe das Tabuthema erwähnt! Außerdem kann ich euch versichern, dass ich heute Morgen nicht frisch und munter war, meine Zunge fühlte sich trockener an als Gandhis Sandalen. Ich werde euch ein paar Flaschen von dem Cider besorgen, die könnt ihr dann mitnehmen.

Annie

Freitag

Gestern haben wir unseren exzessiven Kater auskuriert und den Tag mit unserer jeweiligen Lektüre im Garten verbracht. Jake setzt zum Lesen immer seine große Brille auf, er denkt, damit würde er schlau wirken, aber tatsächlich sieht er eher aus wie ein Nerd. Allerdings wie ein liebenswerter Nerd. Er las einen dicken Wälzer über Geheimcodes im Zweiten Weltkrieg. Streber! Heute machen wir wieder einen Strandtag. Wells-next-the-Sea ist wirklich der reizendste Ort der Welt, und der Strand ist spektakulär.

Rosie

Streber? Nerd? Was fällt dir ein? Außerdem denke ich nicht, dass ich bloß schlau wirke, ich weiß, dass ich schlau bin. Ganz abgesehen davon, dass ich viermal über meinem dicken Wälzer eingenickt bin. Das waren die Nachwehen des Alkoholrauschs. Sei’s drum, was hast du gelesen, den dritten Teil von Fifty Shades of Grey, richtig? Wie pervers.

Jake

Damit du es weißt, die Shades-of-Grey-Trilogie ist sehr spannend zu lesen. Und ja, du bist ein absoluter Streber und ein Nerd, aber ich liebe dich trotzdem.

Rosie

Samstag

Annie, wir hatten hier eine wunderbare Zeit, und wir beabsichtigen, bald wiederzukommen. Wir wohnen nicht so weit entfernt, darum werden wir das eine oder andere Wochenende vorbeischauen, wenn das Cottage frei ist.

Rosie

Ja, ich wollte eigentlich nur eine ruhige Woche verbringen nach dem ganzen Stress mit der Hochzeit, aber wir werden definitiv wiederkommen. Das Cottage ist traumhaft. Herzlichen Dank für alles, wir haben uns hier unheimlich wohlgefühlt.

Jake Hamilton

8. bis 14. März

Samstag

Ich bin hier, um jemanden zu töten, und ich werde nicht eher gehen, bis ich es vollbracht habe.

Oliver Butterworth

Sonntag

Ich überlege gerade, ob ich eine Sense nehmen soll, mit einer Sägezahnklinge. Obwohl, ich möchte nicht, dass mein Opfer zu schnell stirbt, es soll einen langsamen und qualvollen Tod sterben, einen blutigen Tod. Ich möchte sehen, wie das Blut aus dem Körper quillt, wie die Lebenskraft nach und nach erlischt. Ich möchte, dass das Opfer um Erlösung fleht. Ich möchte, dass die taffe, harte Fassade in den letzten bemitleidenswerten Minuten dieses erbärmlichen Lebens bröckelt und einstürzt. Ich möchte das Opfer weinen sehen.

Meine ausgeklügelten Pläne funktionieren alle nicht. So trickreich ich auch vorgehe, um mein Opfer zu erwischen, so trickreich ist es darin, mir zu entwischen. Ich empfinde beinahe Respekt. Beinahe.

Oliver Butterworth

Oh Olly, du bringst mich zum Lachen. Es ist schön, dass du wieder da bist. Dir ist aber schon bewusst, wie deine Kommentare wirken, oder ist das Absicht? Die Polizei wird mich ins Verhör nehmen, weil ich einen Verbrecher beherbergt habe. Falls sie mich holen kommen, werde ich dich mit reinziehen. Es gibt nämlich keine Ganovenehre.

Annie x

Vorsicht, Annie, oder ich muss dich vielleicht umbringen.

Olly

Oh bitte, tu das, ich bitte dich schon seit Jahren, mich kaltzumachen. Je blutiger und grausamer, desto besser. Könntest du mir den Kopf abhacken und die Eingeweide herausreißen? Könntest du mir die Augen ausstechen und sie als ein Andenken mit dir herumtragen? Du kannst sie auch in die Box zu den anderen Augen packen. Ach, und könntest du mit meinem Blut eine Botschaft an die Wand schmieren? Als Punkt könntest du ein Stück meines Gehirns verwenden. Das würde mir sehr gefallen.

Annie

Das glaub ich dir gern, du Irre. Und nun lass mich in Frieden. Ich bin hierhergekommen, um Ruhe und Einsamkeit zu finden, und nicht, um alle fünf Minuten von der zwielichtigen Vermieterin aus dem Nachbarhaus gestört zu werden. Wenn du mich weiterhin belästigst, ziehe ich ernsthaft in Erwägung, dir das Herz herauszureißen, und dann lasse ich dich zusehen, wie es in meinen blutigen Händen schwach schlägt.

Olly

Versprechungen, Versprechungen. Komm heute Abend zum Essen rüber, statt dich die ganze Woche einzuigeln. Ich habe dich vermisst. Wenn du meine Einladung annimmst, verspreche ich dir, dass ich mindestens einen Tag lang still und brav sein werde.

Annie

Okay, das reicht, mach dich auf was gefasst. Ich brauche ein großes Messer.

Olly

Ich hab eins. Du kannst gerne vorbeikommen und es dir ausleihen.

Annie

Montag

Nach dem Dinner gestern mit meiner Schwägerin bin ich optimistischer, was den Mord angeht. Wir haben ausführlich darüber gesprochen, und Annie hatte ein paar gute Ideen, wie man das perfekte Verbrechen begeht. Jetzt weiß ich auch, wie ich die Leiche entsorgen werde. Niemand wird sie finden. Claudette Montana wird heute Nacht sterben. Ich werde nicht ruhen, bis sie unter der Erde liegt.

Olly

Claudette Montana? Wirklich? Bitte, töte mich, und nicht sie.

Annie

Ich werde dich nicht töten. Ich habe es dir schon gesagt, Annie Butterworth klingt einfach nicht sexy genug, um in meinen Büchern Verwendung zu finden. Bei diesem Namen denkt man automatisch an eine alte Frau in flauschigen Pantoffeln beziehungsweise an eine, die immer eine Strickjacke trägt, egal, wie warm es draußen ist. Was denkst du, warum ich meinen Namen in Oliver Black geändert habe? Ein Oliver Butterworth würde Pfeife rauchen und Werther’s Original lutschen, und er wäre ganz sicher nicht der erfolgreichste Krimiautor in England, nein, weltweit.

Olly

Du hältst ziemlich große Stücke auf dich selbst, nicht wahr? Und ja, es ist mir durchaus bewusst, dass ich für dich nicht sexy genug bin.

Annie

Reden wir hier noch von dem Roman? Lass uns nicht wieder diese seltsame Diskussion führen. Außerdem habe ich dich in meinem letzten Buch erwähnt, offenbar hast du es nicht sorgfältig genug gelesen.

Olly

Von wegen, das wäre mir aufgefallen.

Annie

Schau mal auf den ersten Seiten nach.

Olly

Was ist denn hier los? Der großartige Oliver Black leidet an einer Schreibblockade? Kann doch gar nicht sein.

Sophia Lorenzo, Reinigungskraft

O Annie, bitte verrate mir, warum du dir von deinem ganzen Geld nicht endlich ein anständiges Zimmermädchen leistest? Warum lässt du immer noch diese alte Schachtel hier herumhängen wie einen üblen Geruch?

Olly

Oliver Butterworth, glaub bloß nicht, du wärst zu alt, um von mir übers Knie gelegt zu werden.

Sophia

Ach, Tantchen Sophia, bist du immer noch sauer auf mich, weil ich dich in Hinter verschlossenen Türen habe sterben lassen?

Olly

Mich hat eher gestört, dass du aus mir eine Prostituierte gemacht hast.

Sophia

Genau genommen eine Edelprostituierte, ich konnte nicht widerstehen. Außerdem hat der Name Sophia Lorenzo viel mehr Sex-Appeal als der Name Annie Butterworth.

Olly

Du hast deinen letzten Roman mir gewidmet! Wie konnte ich das nur übersehen? Ich kann nicht glauben, dass du das getan hast. Das ist so … danke.

Annie

O bitte, werd jetzt bloß nicht sentimental. Gott, hätte ich geahnt, dass du so reagierst, hätte ich das Buch meinem China-Imbiss gewidmet, der mich während des Schreibens durchgefüttert hat.

Und Sophia, es handelt sich weniger um eine Schreib- als um eine Mordblockade. Ich habe die Figur Claudette Montana so clever, hinterhältig und durchtrieben angelegt, dass sie einfach nicht auf die Komplotte und Tricks von Maxwell Hunt hereingefallen ist. Außerdem musste ich dafür sorgen, dass die Leser Verständnis für ihn aufbringen und Claudettes Tod fast genauso sehr herbeiwünschen würden wie Hunt selbst.

Olly

Dienstag

Streng genommen ist jetzt Dienstag. Dienstagmorgen um drei Uhr siebenundzwanzig, um genau zu sein. Claudette Montana hat endlich das Zeitliche gesegnet. Am liebsten würde ich »Ding dong! Die Hex’ ist tot!« singen. Ich habe zur Feier des Tages eine Flasche Whin Hill Cider aufgemacht, aber vielleicht schleiche ich mich gleich rüber in Annies Küche und kröne meinen Erfolg mit Annies fantastischem Trifle.

Memo an mich selbst: Wenn du das nächste Mal in das Haus deiner Schwägerin einbrichst, verbinde dir entweder vorher die Augen, oder mache dich durch lautes Rufen bemerkbar, um sicherzustellen, dass sie etwas anhat. Ich weiß nicht, wer von uns beiden den größeren Schreck bekam, als ich Annie splitternackt in der Küche antraf, wo sie sich gerade ihren Trifle schmecken ließ. Zugegeben, wir erleben zurzeit einen der wärmsten Frühlinge, seit die Dinosaurier die Erde bevölkerten, aber trotzdem sollte man sich wenigstens einen Bademantel überstreifen, bevor man nach unten geht.

Olly

Warum sollte ich in meinem eigenen Haus einen Bademantel anziehen? Normalerweise kommen meine Gäste nicht einfach so bei mir hereinspaziert und bedienen sich an meinen Speisen. Das gehört nicht zum Service. Außerdem hast du mich zuvor schon nackt gesehen.

Annie

Ja. Du hast zugenommen seit dem letzten Mal.

Olly

O Gott! Na, vielen Dank auch!

Annie

Annie, du weißt ganz genau, dass ich das positiv meine. Bei unserer letzten Begegnung warst du nur noch Haut und Knochen. Ich bin sehr froh, dass du nun wieder richtig isst.

Olly

Mecker, mecker, mecker.

Annie

Ich sage ja nur, dass das, was ich für ein paar Sekunden im Licht des Kühlschranks gesehen habe, verdammt sexy war.

Olly

Sexy genug, um in einem deiner Bücher zu erscheinen?

Annie

Nein.

Olly

Wenn du mich schon nicht umbringen willst, wie wäre es, wenn du mich stattdessen zu einer Mörderin machen würdest?

Annie

Annie Butterworth, blondes Haar, blaue Augen, ein Gesicht wie ein Engel, verkörpert eine gemeine Mörderin – wer würde das glauben?

Olly

Mittwoch

Meine Schwägerin ist wahnsinnig geworden. Vielleicht hat ihre Trauer um meinen Bruder ihr nun endgültig den Rest gegeben und sie vollends um den Verstand gebracht. Gestern hat sie dreimal versucht, mich zu töten.

Beim ersten Mal sprang sie mit einer Axt aus dem Schrank. Sie hat mir einen Wahnsinnsschreck eingejagt, aber nur, weil sie wie eine Verrückte schrie. Als ich mich umdrehte und sah, wie sie in ihrer geblümten Bluse, den Shorts und ihren heiß geliebten, blöden, unförmigen Gesundheitslatschen axtschwingend vor mir stand, musste ich laut lachen. Das war wohl kaum ein Anblick, der mich das Fürchten lehrte.

Beim zweiten Mal entdeckte ich in meiner Küche eine Quiche, neben der ein Päckchen Rattengift lag. Die Quiche schmeckte sagenhaft, Annie war schon immer eine tolle Köchin.

Für ihren dritten Versuch muss ich ihr allerdings Anerkennung zollen. Ich wachte auf und stellte fest, dass sie rittlings auf mir saß, von Kopf bis Fuß in einen schwarzen Leder-Catsuit gehüllt, die Haare zurückgegelt, die Augen schwarz umrandet, und mir ein Messer an die Kehle drückte. Ich muss zugeben, sie sah gefährlich aus, aber ich war zu sehr damit beschäftigt, nicht von ihr erregt zu werden, um Angst zu haben. Ehrlich gesagt, hätte sie mir die Kehle aufgeschlitzt, wäre ich mit einem breiten Grinsen im Gesicht verblutet.

Annie, du hast das Killer-Gen einfach nicht in dir. Ich habe gesehen, dass du sogar für Frösche bremst, die die Straße überqueren. Du hattest nicht einmal den Mumm, ein richtiges Messer zu benutzen, du hast mir nur einen Löffelstiel gegen den Hals gedrückt.

Olly

Ich wollte dich nicht verletzen. Und ich kann durchaus eine glaubwürdige Killerin abgeben, du wirst schon sehen.

Annie

Donnerstag

Annie ist vielleicht doch eine bessere Mörderin, als ich dachte. Letzte Nacht wäre ich vor Lachen fast gestorben.

Annie hatte einen Dummy gebastelt. Sie stopfte ein paar alte Klamotten mit Zeitungspapier aus, verwendete für den Kopf eine Melone und fixierte alles so, dass es wie ein menschlicher Körper aussah, den sie anschließend in einen schwarzen Müllsack packte. Als es dämmerte, ging sie hinaus in ihren Vorgarten und hob dort, für das ganze Dorf sichtbar, eine Grube aus, um den Sack zu begraben. Sie wollte ganz offensichtlich Verdacht erregen und beweisen, dass die Leute ihr so etwas zutrauen würden.

Sie hatte Glück. David Lambeth, der Dorfpolizist, fuhr zufällig an ihrem Haus vorbei und hielt an, als er sie draußen graben sah. Ich glaube, Annie hätte am liebsten ein Freudentänzchen aufgeführt, schließlich nahm sie an, dass Lambeth sie fragen würde, was sie da tat, und eine Erklärung für den leichenförmigen Sack auf ihrem Rasen verlangte. Aber stattdessen ging er ohne ein Wort zum Schuppen, um sich einen Spaten zu holen, und half dann Annie beim Graben, während er nur einmal kurz innehielt, um sie zu fragen, wie tief das Loch werden sollte. Ich habe so sehr gelacht, dass ich glaube, ich habe mir innerlich etwas gerissen.

Olly

Als ich zu David sagte, dass ich die Grube zwei Meter tief haben möchte, zuckte er nicht mal mit der Wimper. Ich gab nach und erklärte ihm, dass ich die Arbeit morgen beenden würde. Er will nachher vorbeikommen, um mir zu helfen.

Annie

Freitag

Ich wurde heute vor die Tür gesetzt. Offenbar sind zahlende Gäste wichtiger als die eigene Familie.

Olly

Du kannst mein Gästezimmer haben, das weißt du. Ich verspreche dir, dass ich nicht über dich herfallen werde.

Annie

Ich würde die Grenzen gern ein bisschen strenger ziehen, nach dem letzten Mal.

Olly

Wie prüde.

Annie

Ich werde zur großen Wiedereröffnung von »Der Bunte Teller« zurück sein. Pass auf dich auf, Annie. Sophia, pass auf sie auf.

Olly

Das mach ich. Bleib dieses Mal nicht so lange weg.

Sophia x

14. bis 17. März

Freitag

Als ich das letzte Mal hier zu Besuch war, trauerte Mrs. Butterworth um ihren verstorbenen Ehemann. Das Cottage wirkte stark vernachlässigt.

Ich habe ja durchaus Verständnis dafür, dass das Saubermachen nicht weit oben auf Mrs. Butterworths Prioritätenliste stand, schließlich war sie damit beschäftigt, eine Beerdigung zu organisieren, aber trotzdem hätte ich einen gewissen Mindeststandard erwartet. Als mein Mann damals starb, habe ich sichergestellt, dass das Haus weiterhin jeden Tag picobello aussah.

Nichtsdestotrotz ist Wells-next-the-Sea ein wunderschöner Ort, und da ich früher ein regelmäßiger Gast im Willow Cottage war bis zu jener Woche, in der die Beerdigung stattfand, dachte ich mir, ich gebe Mrs. Butterworth noch einmal eine Chance und komme nach all der Zeit wieder.

Es freut mich zu sehen, dass das Cottage inzwischen renoviert wurde, und selbst wenn die Einrichtung nicht ganz meinen Geschmack trifft, ist das Haus größtenteils sauber.

Mrs. Applecroft

Mrs. Applecroft, ich bitte um Entschuldigung, dass das Cottage bei Ihrem letzten Besuch nicht Ihren üblichen Erwartungen entsprach. Es ist wirklich schade, dass Sie aus diesem Grund so lange ferngeblieben sind. Wir haben Sie und Ihre äußerst hilfreichen Verbesserungsvorschläge vermisst. Ich weiß, dass vor allem Sophia sich über Ihre Rückkehr freuen wird.

Nach Nicks Tod ließ ich die Dinge tatsächlich ein wenig schleifen, und ich habe es mir nie verziehen, dass ich einige Wochen lang die Sauberkeit und Ordnung vernachlässigt habe. Das ist eine Bürde, die ich für den Rest meines Lebens tragen muss. Ich hoffe, wir finden einen Weg, um Ihr Vertrauen in uns wiederherzustellen. Ordnung ist schließlich das halbe Leben.

Annie Butterworth

Sie haben ja so recht.

Ich war vorhin am Strand spazieren, wo es zwar immer noch wunderschön ist, aber trotzdem musste ich zu meinem Ärger feststellen, dass der Dünenpfad mit Pferdeäpfeln verunreinigt ist. Ekelhaft! Wenn Hundebesitzer die Hinterlassenschaften ihrer Tiere beseitigen müssen, sollte für Pferdebesitzer dasselbe gelten.

In den letzten zwei Stunden habe ich beobachtet, dass nach und nach vier Männer aus dem Haus von Sophia Lorenzo kamen. Offenbar ist Mr. Lorenzo beruflich unterwegs. Ist die Katze aus dem Haus …

Das Schild zur Butterworth-Farm quietscht und muss geölt werden.

Ich kann mich nicht auf meine Lektüre konzentrieren, weil Annie Butterworth in ihrem Garten laut vor sich hin trällert.

Mrs. Applecroft

Samstag

Die Sonne scheint viel zu hell durch mein Schlafzimmerfenster, es könnte sich lohnen, in einen Verdunkelungsvorhang zu investieren. Die Kissen sind sehr hart. Das Vogelgezwitscher stört meinen Schlaf.

Ich weiß, dass die junge Shellie Gillespie die vergangene Nacht bei Michael Atkinson verbracht hat, ich habe nämlich gesehen, wie sie heute in aller Früh sein Haus verließ. Es scheint, als hätte sich das kleine Chalk Hill in eine Brutstätte der Sünde verwandelt.

Ich komme gerade von einem Einkaufsbummel zurück. Ich musste enttäuscht feststellen, dass das Wollgeschäft durch eine abschreckend aussehende Konditorei ersetzt wurde.

Mrs. Applecroft

Sonntag

Sophia Lorenzo störte mich heute beim Frühstück, als sie zum Saubermachen kam. Ich muss ihr sagen, dass auf den Schränken Staub liegt. Ich werde ihr eine Notiz hinterlassen. Ich fühle mich nicht wohl dabei, eine Hilfskraft zu tadeln.

Mrs. Applecroft

Eine Hilfskraft?

Erstens, hätten Sie damals den Anstand besessen, Ihre Buchung zu stornieren, als wir Sie über Nicks Tod informierten, wären Sie nicht in der schwärzesten Zeit in Annies Leben getreten.

Zweitens, die vier Männer, die am Freitagnachmittag mein Haus verlassen haben, waren allesamt Handwerker und Innenausstatter, die mir einen Kostenvoranschlag für ein neues Badezimmer machten. Ich mag ja im Bett eine Wucht sein, aber selbst ich wäre nicht in der Lage, innerhalb von zwei Stunden vier Männer zu befriedigen.

Drittens, Shellie Gillespie und Michael Atkinson sind inzwischen verheiratet, und Shellie bricht jeden Morgen früh zur Arbeit auf, aber selbst wenn die beiden nicht miteinander verheiratet wären, wir leben im einundzwanzigsten Jahrhundert, und was erwachsene Menschen hinter verschlossenen Türen tun, geht Sie nicht das Geringste an.

Viertens, wenn Sie auf die Leiter steigen wollen, um auf den Schränken abzustauben, tun Sie sich keinen Zwang an.

Sophia

Nachdem ich vorhin ein Gespräch mit Mrs. Lorenzo hatte, sehe ich mich veranlasst, darauf hinzuweisen, dass ich das Cottage in einem tadellosen Zustand vorgefunden habe. Ferner möchte ich sagen, dass ich definitiv wiederkommen werde. Das Willow Cottage ist eine wunderbare Unterkunft. Ich möchte aufrichtig um Verzeihung bitten, falls ich dem Cottage mit meinen früheren Kommentaren unrecht getan habe.

Mrs. Applecroft

18. bis 21. März

Dienstag

Liebe Hetty, ich freue mich unheimlich darauf, dich wiederzusehen. Ich weiß, es wird dich nicht stören, aber ich werde während deines Aufenthalts immer mal wieder bei dir drüben im Garten vorbeischauen und mich dort nützlich machen. In letzter Zeit sieht er ein bisschen verwildert aus.

LG, Annie

Meine liebe Annie, der Garten ist eine Pracht, aber du kannst natürlich gerne kommen und nach dem Rechten sehen. Das Cottage sieht fantastisch aus. Ich war vorher schon darin verliebt, aber nun ist es einfach umwerfend. Ich freue mich so sehr, wieder hier zu sein.

LG, Hetty

Und ich freue mich, dich wieder hier zu haben. Das Geld für die Renovierung kam von Nicks Lebensversicherung. Offenbar hat er sehr gut vorgesorgt. Ich fand es passend, zum Gedenken an ihn einen Teil der Summe in das Cottage zu investieren, schließlich hatten wir es vor fünf Jahren als gemeinsames Langzeitprojekt begonnen. Ich wollte es in den Ort verwandeln, den wir uns immer ausgemalt hatten.

Einen weiteren Teil der Versicherungssumme habe ich für den »Bunten Teller« verwendet, mein kleines Keramikatelier. Es ist seit Nicks Tod geschlossen, weil ich nicht mehr in der Lage war, mit Menschen zu arbeiten. Es erschien mir seltsam, Leute zu empfangen, die fröhlich und vergnügt waren, deren Leben ganz normal weiterging, während meins stehen geblieben war. Ich konnte es nicht ertragen. Aber mittlerweile bin ich in einer guten, stabilen Verfassung, und in ein paar Wochen findet die große Wiedereröffnung statt. Für den Anfang werde ich das Atelier nur sonntags und dienstags aufmachen, später dann auch an anderen Tagen. In der Hauptsaison muss ich an den Samstagen hier präsent sein, um die neuen Hausgäste zu empfangen. Ich werde Chloe Sayles einarbeiten, damit sie mich samstags im Atelier vertreten kann.

Annie

Du siehst richtig gut aus. Ich freue mich sehr, dass du dich erholt hast. Kann es sein, dass Oliver etwas mit diesem hübschen Lächeln in deinem Gesicht zu tun hat?

Hetty

Olly war mir eine großartige Stütze nach Nicks Tod. Man kann mit Sicherheit sagen, dass ich ohne ihn die ersten paar Monate nicht überstanden hätte. Nicks ganze Familie hat mich fantastisch unterstützt, besonders Sophia und Olly. Olly blieb fast sieben Monate bei mir und half mir, Schritt für Schritt durch jeden einzelnen Tag zu kommen. Er kümmerte sich um die Versicherungen, um die Rechnungen, um alles. Wir sind in dieser Zeit sehr eng zusammengewachsen, aber wir sind nur Freunde.

Annie

Ihr drei wart von klein auf die dicksten Freunde. Ich und Mary Gillespie haben immer darüber gewitzelt, dass du zwei Männer hattest und letzten Endes wahrscheinlich beide heiraten würdest.

Hetty

Ich habe beide geliebt und liebe sie immer noch. Obwohl, ich glaube, mit Olly verbindet mich eher eine Art Geschwisterliebe. Mensch, Hetty, du hast ihn doch in den Zeitschriften gesehen, auf all den glamourösen Galas und Premieren, zu denen er jede Woche eine andere Frau mitbringt. Das alles wird er wohl kaum für mich aufgeben.

Annie

Wer sagt, dass er das alles aufgeben muss? Er ist Schriftsteller, er kann überall schreiben, und wenn man seine Einträge in diesem Buch hier liest, kommen ihm in deiner Nähe offenbar die besten Ideen. Die Galas und die Glitzerwelt sind nur ein kleiner Teil seines Lebens. Letzten Endes wünscht er sich trotzdem einen Ort, den er sein Zuhause nennen kann.

Hetty

Du tust so, als stünde das zur Debatte. Dabei kann er es manchmal kaum ertragen, mich anzusehen.

Annie

Nun, bestimmt fühlt er sich schuldig an dem Unfall, schließlich saß er am Steuer. Er denkt wahrscheinlich, er hätte es irgendwie verhindern können.

Hetty

Es war nicht seine Schuld, das weiß er. Ich mache ihm keinen Vorwurf.

Annie