Land, Luft und Liebe - Alexandra Görner - E-Book

Land, Luft und Liebe E-Book

Alexandra Görner

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Beschreibung

Stadt, Land, Kuss? Kayton Dempsey ist ein Playboy erster Klasse: Mit schnellen Autos, vielen Frauen und unglaublich viel Kohle, um beides zu finanzieren. Nach einer durchfeierten Nacht geht der Fußballstar allerdings zu weit: Völlig betrunken baut er einen Autounfall. Das Gericht verurteilt ihn zu Sozialstunden, die er auf Sadie Thomas' Farm "Three Bells" abzuleisten hat. Und obwohl Sadie zu Beginn überhaupt nicht davon begeistert ist, einen Kriminellen bei sich aufzunehmen, noch dazu einen verwöhnten reichen Fußballer, muss sie bald erkennen, dass Kayton gar kein schlechter Arbeiter ist, und zwar ein ziemlich heißer. Bald schon sprühen die Funken zwischen den beiden, doch sie kommen aus verschiedenen Welten und scheinen keine gemeinsame Zukunft zu haben. Und als dann auch noch "Three Bells" in existentielle Gefahr gerät, muss Sadie beweisen, wie viel Power in ihr steckt... Von Alexandra Görner sind bei Forever erschienen:  In der London-City-Reihe: Verliebt, verlobt, vielleicht Süße Küsse unterm Mistelzweig Sie dürfen die Nanny jetzt küssen Land, Luft und Liebe Halbzeitküsse Verlieb dich, verlieb dich nicht Heißkalte Winterküsse In der Montana-Kisses-Reihe: Verlieben ausdrücklich erlaubt Küssen ausdrücklich erwünscht Verliebt und Zugeschneit Küssen ist die beste Verteidigung Kein Moment zum Verlieben Einmal Liebe, kein Zurück

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Die AutorinAlexandra Görner ist 32 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihrem Sohn in einer kleinen Stadt in Sachsen. Sie arbeitet in einem Zuliefererbetrieb für die Automobilindustrie und nutzt ihre Elternzeit, um zu schreiben. Die restliche freie Zeit verbringt sie am liebsten mit ihrer Familie und natürlich mit tollen Büchern. Von Alexandra Görner sind bei Forever bereits erschienen: Verliebt, verlobt, vielleicht, Süße Küsse unterm Mistelzweig, Sie dürfen die Nanny jetzt küssen.

Das BuchKayton Dempsey ist ein Playboy erster Klasse: Mit schnellen Autos, vielen Frauen und unglaublich viel Kohle, um beides zu finanzieren. Nach einer durchfeierten Nacht geht der Fußballstar allerdings zu weit: Völlig betrunken baut er einen Autounfall. Das Gericht verurteilt ihn zu Sozialstunden, die er auf Sadie Thomas' Farm Three Bells abzuleisten hat. Und obwohl Sadie zu Beginn überhaupt nicht davon begeistert ist, einen Kriminellen bei sich aufzunehmen, noch dazu einen verwöhnten reichen Fußballer, muss sie bald erkennen, dass Kayton gar kein schlechter Arbeiter ist, und zwar ein ziemlich heißer. Bald schon sprühen die Funken zwischen den beiden, doch die beiden kommen aus verschiedenen Welten und scheinen keine gemeinsame Zukunft zu haben. Und als dann auch noch Three Bells in existentielle Gefahr gerät, muss Sadie beweisen, wie viel Power in ihr steckt…

Alexandra Görner

Land, Luft und Liebe

Roman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

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Originalausgabe bei Forever.Forever ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinSeptember 2015 (2)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2015Umschlaggestaltung:ZERO Werbeagentur, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privat

ISBN 978-3-95818-055-0

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Kapitel 1

Sadie

»Okay, Ryan. Danke für deinen Anruf. Ich kümmere mich sofort darum. Ich werde Ash und Buck zu dir schicken. Die beiden bringen den Zaun so schnell wie möglich in Ordnung.«

Der Tag hatte gerade erst begonnen und schon bekam ich die erste schlechte Nachricht. Schon wieder ein Loch im Zaun. Ungefähr ein Dutzend meiner Schafe tummelten sich auf Ryan Sandersons Weide. »Ich könnte die Reparatur selbst übernehmen, allerdings müsste ich dir dann Arbeitszeit und Material in Rechnung stellen«, erwiderte Ryan.

Genervt verdrehte ich meine Augen. Das fehlte mir gerade noch. Eine weitere Rechnung von der ich nicht wusste, wie ich sie bezahlen sollte.

»Schon gut. Ich sagte doch, dass ich die Jungs zu dir schicke. Ich muss jetzt weiterarbeiten.«

Im Moment hatte ich keine große Lust, mein Gespräch mit Ryan auszudehnen. Deshalb versuchte ich, unsere Unterhaltung so schnell es ging zu beenden. Leider ließ sich Ryan nicht so einfach abwimmeln.

»Sadie, falls du Hilfe brauchst, welcher Art auch immer, du weißt, ich bin immer für dich da«, meinte er nun.

»Ja, danke. Ich weiß dein Angebot zu schätzen«, gab ich zurück. Das war eine glatte Lüge, aber alles war mir recht, um Ryan so schnell wie möglich loszuwerden. Mir gefiel die Richtung nicht, in die unser Gespräch zu laufen schien. Dass die Farm in finanziellen Schwierigkeiten steckte, war leider kein Geheimnis, wahrscheinlich hatte ich das Terry, meinem idiotischen Exmann, oder besser gesagt fast Exmann, zu verdanken. Terry nutzte jede noch so kleine Gelegenheit, um mich und die Farm in ein schlechtes Licht zu rücken. Ryan hatte von meinen Schwierigkeiten sicher längst Wind bekommen.

»Ich weiß, dass Three Bells in finanzielle Schieflage geraten ist. Ich könnte dir helfen, Sadie«, sagte Ryan gedehnt.

Ha, ich wusste es doch! Wie es schien, war es Terrys Lieblingsbeschäftigung geworden, mir das Leben schwer zu machen. Schlimm genug, dass er ständig bei mir auf der Farm auftauchte und versuchte, Ansprüche auf mein Land geltend zu machen. Jetzt sorgte er auch noch dafür, dass Ryan seine Hände nach der Farm und nach mir ausstreckte. Es war nicht nötig, dass Ryan mir erklärte, wie genau er gedachte mir zu helfen. Denn ich wusste, dass Ryan, jetzt, da ich wieder Single war, ein Auge auf mich geworfen hatte. Vermutlich hoffte er, zwei Fliegen mit einer Klappe zu schlagen. Doch daraus würde garantiert nichts werden, denn weder Ryan noch Terry würden meine Farm bekommen. Außerdem fand ich Ryan nicht im Geringsten anziehend. Als Nachbar war er okay. Aber als Liebhaber? Nein danke. Wenn ich nur an sein spitzes, abgemagertes Gesicht mit den wässrig grau-blauen Augen, die tief in ihren Höhlen lagen, und dem schmalen Mund dachte, wurde mir ein bisschen übel.

»Ich komme klar«, sagte ich daher knapp. »Mach`s gut, Ryan.« Schnell legte ich den Telefonhörer zurück auf die Gabel und warf einen Blick auf die Uhr, die auf meinem Schreibtisch stand – der Schreibtisch, an dem mein Dad bis vor drei Monaten noch gesessen hatte. Ich vermisste ihn jede Minute so sehr, dass ich noch gar nicht richtig begriffen hatte, dass er tot war. Wir würden nie mehr zusammen zu Abend essen. Dad würde nie wieder nach einem anstrengenden Arbeitstag ins Haus kommen, den alten abgenutzten Hut auf seinem Kopf. Ich konnte ihn nie wieder umarmen, und ihm sagen, dass ich ihn lieb hatte. Sein Lächeln würde ich nicht mehr wiedersehen, seine warme Hand nie wieder auf meiner fühlen. Nie wieder würde ich seine Stimme hören. Irgendwo hatte ich gelesen, dass die Stimme das erste sei, das man vergisst. Aber ich wollte nichts von Dad vergessen, sondern wollte versuchen, alles von ihm in Erinnerung zu behalten. Er hatte seine Farm geliebt. Jetzt gehörte sie mir. Und ich würde alles dafür tun, um sie zu behalten. Koste es, was es wolle.

Energisch stand ich auf. Der alte Stuhl schabte über den blank polierten Fußboden. Beim Verlassen meines Büros schnappte ich mir meinen alten Hut vom Haken neben der Tür. Ich musste unbedingt Ash und Buck finden.

Die ersten Sonnenstrahlen krochen gerade am Horizont empor, als ich den Hof überquerte und mich zu den Arbeiterunterkünften aufmachte.

»Morgen, Sadie«, rief mir Buck schon vom Weiten zu. Der alte Haudegen hockte auf den Stufen der Veranda und band sich gerade die ausgetretenen Stiefel zu.

»Morgen, Buck«, begrüßte ich ihn und lächelte ihm freundlich zu. Ich setzte mich neben ihn auf die staubigen Stufen. Für einen Moment betrachtete ich die Erde unter meinen Füßen. Dann hob ich meinen Blick und ließ ihn über das satte grüne Weideland schweifen. Dieses Land gehörte jetzt mir.

»Schön, nicht wahr?!«, sagte Buck, folgte meinem Blick und setzte sich den alten Cowboyhut auf sein ergrautes Haupt.

»Dein Dad hatte den Morgen auf Three Bells geliebt. Wenn die Sonne langsam hinter den Bergen hervorkroch, um die ersten Strahlen über die Weiden zu schicken, und der Tau im hellen Licht glitzerte, dann war das für ihn der schönste Augenblick des Tages.«

»Ich weiß«, sagte ich leise und musste die Tränen niederkämpfen, die sich jedes Mal in meinen Augen sammelten, wenn ich an Dad dachte. Manchmal war die Verantwortung, die ich für die Farm trug, so groß, dass es mir so vorkam, als würde ich unter der Last ersticken.

»Hab keine Angst, Sadie«, sagte Buck, als könnte er meine Gedanken lesen. Vorsichtig ergriff er meine Hand und drückte sie überraschend sanft. Ich kannte Buck, seit ich ein kleines Mädchen war. Er war der beste Freund meines Vaters gewesen.

»Dein Vater hatte Vertrauen in dich. Wir alle vertrauen dir. Du wirst die Farm auch durch diese schwierigen Zeiten lenken. Am

Ende wird alles gut. Wirst schon sehen.« Aufmunternd lächelte mir Buck zu. Seine Worte trösteten mich. Es tat gut, zu wissen, dass meine Angestellten hinter mir standen. Ich wollte sie nicht enttäuschen. Einen Moment später tauchten Ash, Dale und Bob neben uns auf. Buck ließ meine Hand los und ich erhob mich.

»Morgen, Sadie«, sagten die Jungs im Chor und brachten mich damit zum Lächeln.

»Morgen, Jungs.« Die drei ließen sich neben Buck nieder.

»Also Boss, was liegt heute an?« Bob, der schon genauso lange wie Buck auf Three Bells arbeitete, kratzte sich an seinem grauen Bart. Tiefe Falten hatten sich in sein Gesicht eingegraben. Aber sein Lächeln war warm und echt. Seine Augen schauten freundlich zu mir empor. Ich mochte Bob sehr gerne. Ich mochte alle meine Angestellten. Nein, ich könnte es wirklich nicht ertragen, sie zu enttäuschen.

»Ryan hat mich heute Morgen angerufen. Im Zaun auf der südlichen Weide befindet sich ein Loch. Ein paar unserer Schafe tummeln sich gerade auf seinem Land. Das müssen wir unbedingt in Ordnung bringen.« Ich verschränkte die Arme vor der Brust und sah Ash und Buck an. »Ich möchte, dass ihr beiden das übernehmt«, fuhr ich fort. »Repariert den Zaun und bringt die Schafe zurück.«

»Geht klar«, sagten die beiden im Chor. Buck erhob sich und Ash tat es ihm gleich.

»Bob, dich brauche ich vorerst hier. Das Dach des Geräteschuppens ist undicht. Nach dem Regenguss von letzter Nacht ist darin eine große Pfütze. Das muss schleunigst repariert werden.«

Bob nickte mir zu und stand ebenfalls auf. Im Moment schickte die Sonne zwar die ersten Strahlen über den Hof und das Land, aber leider hieß das nicht, dass dies so bleiben würde. Von einer Minute zur anderen konnte das Wetter hier im Nordwesten Englands umschlagen. Und es konnte ganz bald wieder so heftig regnen wie in der vorherigen Nacht.

»Dann bleiben für mich die Tränken auf der nördlichen Weide«, stellte Dale richtig fest.

»Genau, zum Mittagessen sehen wir uns alle und besprechen dann, wie es weitergeht.«

Nach einem zustimmenden Nicken machten sich alle an die Arbeit. Ich schickte mich an, zurück zum Haus zu gehen. Für mich stand zuerst die Futterbestellung auf dem Programm. Außerdem musste ich bei Julie anrufen. Ein paar meiner Rinder würden bald kalben, und ich wollte sichergehen, dass bei ihnen alles in Ordnung war. Julie war die beste Tierärztin, die es weit und breit gab, und eine gute Bekannte von mir.

»Sadie, warte doch mal einen Moment.« Es war Dale, der mich am Arm packte und zurückhielt.

»Was gibt es?«, fragte ich, während ich mich zu ihm umdrehte. Dale arbeitete erst seit zwei Jahren für uns. Vater hatte ihn gemocht, und ich tat es ebenfalls. Seine Meinung war mir wichtig.

»Ich sage es ja nur ungern, aber zu viert werden wir die Schafschur in drei Wochen nicht schaffen.« Dale blickte mich abwartend an.

»Zu fünft. Ich werde beim Scheren dabei sein«, entgegnete ich.

»Dein Engagement in allen Ehren. Aber wir sind einfach gnadenlos unterbesetzt. Du hast die Büroarbeit und tausend andere Dinge zu tun. Zu viert schaffen wir die Farmarbeit einfach nicht. Es bleibt zu viel liegen.«

Ich rückte meinen Hut zurecht. »Ja, ich weiß. Du hast ja recht. Leider kann ich es mir im Moment einfach nicht leisten, einen oder gar mehrere neue Arbeiter einzustellen. Dafür ist einfach kein Geld da. Das weißt du doch. Wir kommen so schon kaum über die Runden.«

»Deshalb wollte ich ja mit dir sprechen. Ich habe nämlich von diesem neuen sozialen Projekt gehört«, sagte er.

»Welches Projekt?« Dale hatte mich neugierig gemacht.

»Es nennt sich Social Rehabilitation. Letztens habe ich einen Mann im Pub getroffen. Er hat mir davon erzählt. Einige Farmen im Süden haben bereits daran teilgenommen. Und weil es dort so großen Anklang gefunden hat, wollen viele Gemeinden im Norden nun auch mitmachen, darunter Great Asby. Scheinbar haben die meisten Farmer gute Erfahrungen damit gemacht: Leute, die Bewährung gekriegt haben, kommen zum Arbeiten auf die Farmen. Das alles soll wohl der Resozialisierung dienen.«

»Resozialisierung? Du meinst Knackis?«, fragte ich sicherheitshalber nach.

»Naja«, Dale kratzte sich am Kinn, »nein, keine Knackis. Wie gesagt, es sind Leute, die Bewährung gekriegt haben.«

Belustigt schaute ich Dale an. Das konnte doch unmöglich sein Ernst sein. Leider sah er mich an, als würde er es durchaus ernst meinen. Unwirsch schüttelte ich den Kopf.

»Wenn ich deinen Vorschlag wirklich in Betracht ziehen würde – und ich sage nicht, dass ich es tue -, was sollte mir irgendjemand bringen, der überhaupt keine Erfahrung in puncto Farmarbeit hat?«

Dale fuhr fort. Es schien so, als wäre er von dieser Idee wirklich überzeugt. Darum war ich auch bereit, ihm weiter zuzuhören.

»Erstens könnte dieser jemand, Arbeiten übernehmen, bei denen keine Erfahrung erforderlich ist, zum Beispiel Tröge säubern«, meinte Dale feixend und bezog sich zweifellos auf seine Vormittagsaufgabe.

»Und zweitens?«, drängte ich ihn fortzufahren.

»Du musst keinen Lohn zahlen!«, zog Dale seinen größten Trumpf aus dem Ärmel.

Vielleicht war die Idee gar nicht so schlecht, überlegte ich. Natürlich müsste ich noch viel mehr über das Projekt erfahren, bevor ich ernsthaft darüber nachdenken konnte, daran teilzunehmen.

»Klingt gar nicht so übel. Ich überlege es mir«, versprach ich.

Dale zog ein zusammengefaltetes Prospekt aus seiner Hosentasche und hielt es mir mit einem triumphierenden Grinsen entgegen.

»Vielleicht hilft dir das bei deiner Entscheidung.«

Ich nahm den Flyer entgegen und warf einen kurzen Blick darauf.

»Du bist ziemlich hartnäckig, weißt du das?«

»Bist nicht die erste, die mir das sagt«, erwiderte er lachend und setzte seinen Hut auf. »Versteh mich nicht falsch, Sadie. Terry ist ein Blödmann. Da bin ich ganz deiner Meinung. Aber er hat wirklich gut gearbeitet. Ihn zu ersetzen, könnte nicht schaden.«

Ich steckte das Prospekt in die Tasche meiner Jeans.

»Vielleicht hast du recht. Ich denke darüber nach. Und jetzt an die Arbeit«, befahl ich.

»Jawohl, Boss«, Dale salutierte und ich wandte mich kichernd um, um endlich zurück in mein Büro zu kommen.

Dale hatte ja recht, wir könnten ganz dringend jemanden gebrauchen. Aber war das der richtige Weg? Andererseits würde ich einen Arbeiter bekommen und müsste ihn nicht entlohnen. Eine Überlegung war die Sache wert.

Schnell klopfte ich mir den Schmutz von den Stiefeln, bevor ich das Haus betrat. Aus der Küche hörte ich leise Geräusche. Ich hatte gar nicht mitbekommen, dass Dolores eingetroffen war. Vielleicht konnten wir noch schnell einen Kaffee zusammen trinken, bevor ich wieder an die Arbeit musste. Voller Vorfreude schlug ich den Weg zur Küche ein. Doch es war nicht Dolores, die sich an der Kaffeemaschine zu schaffen machte. Als ich durch die Tür trat, war es Terry, mein zukünftiger Exmann, der mir aus kalten grauen Augen entgegenblickte. Kaum zu glauben, dass ich diese Augen einmal schön gefunden hatte.

»Was willst du hier?«, fuhr ich Terry barsch an.

Amüsiert grinsend führte er meinen liebsten Kaffeebecher an den Mund und nahm einen großen Schluck. Meinen Lieblingskaffeebecher! Jetzt würde ich ihn wegwerfen müssen.

»Morgen Sadie, du solltest mich wirklich etwas netter begrüßen, meinst du nicht? Schließlich sind wir verheiratet.«

Der alte Holzstuhl schabte über den Küchenboden, als Terry ihn herauszog und sich setzte.

»Ich meine es ernst, Terry. Ich will, dass du abhaust und zwar sofort. Verschwinde von meinem Grund und Boden!« Ich riss Terry den mittlerweile halbleeren Becher aus der Hand.

»Du vergisst, dass dieses Land auch mir gehört.« Wütend sprang er von seinem Stuhl auf und packte mich am Arm. Ein paar Tropfen Kaffee schwappten über den Tassenrand und spritzten auf meinen nackten Unterarm. Ich zog scharf die Luft ein und versuchte den brennenden Schmerz zu ignorieren. Ich hatte nicht vor, Terry auch nur einen Moment der Schwäche zu zeigen. Selbst wenn es nur um ein paar Tropfen heißen Kaffee ging.

»Dir gehört hier überhaupt nichts!« Ich versuchte, mich von ihm loszureißen, aber seine Hand legte sich fester um mich und umklammerte meinen Arm wie einen Schraubstock. Seine Finger hinterließen Abdrücke auf meiner Haut.

»Lass mich los!« Je mehr ich mich wehrte, desto fester hielt er mich. Er drängte mich zurück, bis ich gegen die Küchenzeile stieß. Mein Herz hämmerte gegen meinen Brustkorb. Terry war mir jetzt so nah, dass ich die Bartstoppeln auf seinem Kinn hätte zählen können. Angewidert wandte ich mich ab und versuchte immer wieder ihn fortzustoßen. Aber Terry drängte mich weiter zurück. Die Arbeitsplatte drückte hart in meinen Rücken. Mit seiner freien Hand packte er mich und drehte meinen Kopf gewaltsam zu sich herum. Keiner der Jungs war in der Nähe, sie waren alle draußen und erledigten ihre aufgetragenen Arbeiten. Dolores war noch nicht da. Niemand war hier, der mir helfen konnte, falls Terry noch ernsthaft handgreiflich werden sollte. Flüchtig dachte ich an den Moment zurück, als er mir mit seiner Faust ins Gesicht geschlagen hatte. Es war fast so, als könnte ich den Schmerz von damals noch einmal fühlen. Das erschreckende Gefühl, als mein warmes Blut aus meiner Nase gesickert war, und über meine Haut rann. Gänsehaut kroch meinen Rücken hinauf. Der Vorfall war schon eine Weile her, aber jetzt hatte ich Angst, schreckliche Angst. Ich versuchte natürlich, mir nichts anmerken zu lassen, seinem Blick standzuhalten, als er mich weiter bedrängte, mich mit seinen grauen Augen fixierte und mit seinen Lippen über meine Wange strich. Meine jämmerlichen Versuche ihn erneut wegzustoßen quittierte Terry mit einem höhnischen Grinsen. Sein Griff wurde nur noch fester.

»So einfach lasse ich mich nicht von dir vertreiben. Das Land gehört zur Hälfte mir«, zischte er. »Nur zur Erinnerung: Als wir geheiratet haben, haben wir keinen Ehevertrag unterschrieben. Weißt du noch? Du konntest gar nicht schnell genug meine Frau werden. Du konntest es gar nicht erwarten, mit mir in die Kiste zu springen.« Sein Daumen strich über meine Wange. Langsam und gefährlich. »Bist du immer noch so heiß wie damals?« Seine Lippen näherten sich meinem Mund. Sein Atem schlug mir ins Gesicht. Schnell hielt ich die Luft an und unterdrückte ein Würgen.

»So wie du aussiehst, brauchst du mal wieder einen Kerl, der es dir richtig besorgt. Was hält mich davon ab, dieser Kerl zu sein?«

Leichte Panik stieg in mir auf. Lieber würde ich sterben, als mich noch einmal von Terry berühren zu lassen. Die Wut verdrängte schließlich meine Angst.

»Wenn du mich nicht sofort loslässt, ramme ich dir mein Knie in die Weichteile«, drohte ich ihm.

»Die nette Sadie droht mir, wie süß!«

»Ich meine es ernst, Terry. Verschwinde aus meinem Haus. Sofort!«, zischte ich und versuchte abermals, mich aus seinem Klammergriff zu befreien.

»Ich sage es dir immer wieder, so schnell gebe ich nicht auf. Wenn wir am Tag unserer Scheidung vor Gericht stehen, rate ich dir jetzt schon, lieber einzulenken und mir freiwillig die Hälfte des Besitzes zu überlassen. Denn ich besitze die finanziellen Mittel, um die Verhandlung ewig in die Länge zu ziehen. Du hingegen bist jetzt schon fast pleite. Wir wissen doch beide, dass du die Löhne für deine Angestellten kaum noch zahlen kannst. Gib einfach nach, Sadie, und überlasse mir die Hälfte der Farm«, forderte Terry zum gefühlt hundertsten Mal.

»Den Teufel werde ich tun. Nur über meine Leiche bekommst du mein Land.«

»Soweit würde ich mich lieber nicht aus dem Fenster lehnen, wenn ich du wäre.«

Ich empfand nur noch glühenden Hass für diesen Mann. Wie hatte ich ihn einmal lieben können?

»Drohst du mir etwa?«

»Nur ein gutgemeinter Rat«, gab er grinsend zurück.

Ich stemmte mich gegen Terrys Brust und drückte ihn mit aller Kraft weg. Tatsächlich wich er ein paar Zentimeter zurück, ließ mein Kinn los und lockerte den Griff um mein Handgelenk.

»Such es dir aus, Sadie. Du kannst einen Teil der Farm behalten. Oder alles verlieren. Ist deine Entscheidung. Aber denk auch an deine Angestellten und ihre Familien. Du willst doch, dass alle eine gesicherte Zukunft haben. Oder nicht?«

Ich dachte an nichts anderes.

»Mach dir mal um uns keine Sorgen, Terry!«

Ich zuckte zusammen, als ich Dolores` Stimme hinter Terry vernahm. Mir fiel ein Stein vom Herzen. Endlich war ich nicht mehr allein mit dem Mann.

»Wir kommen hier hervorragend zurecht.« Ich erhaschte einen Blick auf Dolores, als ich über Terrys Schulter blickte. Sie stand mit erhobenem Haupt im Flur, unser Gewehr im Anschlag.

»An deiner Stelle würde ich Sadie jetzt loslassen. Du willst doch nicht, dass das Gewehr versehentlich losgeht, oder?«

Noch immer hielt Terry mich fest, langsam drehte er den Kopf und schaute über seine Schulter. Sein Blick fiel auf Dolores und das Gewehr.

»Du alte Schachtel kannst doch eh nicht richtig zielen!«, meinte er mit einem gemeinen Lachen. Dolores ließ sich nicht aus der Ruhe bringen.

»Teste mich, wenn du riskieren willst, ein Loch in der Brust zu haben. Doch an deiner Stelle würde ich es nicht darauf ankommen lassen«, gab sie zurück. Terrys Blick flog zwischen Dolores und mir hin und her.

»Glaub ihr lieber«, zischte ich Terry an. »Dolores schießt besser, als du dir vorstellen kannst.«

Ganz langsam ließ er mich los.

»Ihr Weiber seid doch total durchgedreht.« Wütend funkelte Terry mich an. »Ich bin noch nicht fertig mit dir.«

Vorsichtig rieb ich meine schmerzenden Handgelenke.

»Mag sein, aber ich bin mit dir fertig. Lass dich nie wieder hier blicken. Wenn du noch einmal bei mir auftauchst, rufe ich die Polizei.«

Terry nahm sein Basecap vom Küchentisch. »Und was willst du den Bullen erzählen?«

»Dass du Hausfriedensbruch begehst.«

»Hausfriedensbruch?« Terry lachte höhnisch auf. »Das Haus gehört zur Hälfte mir.«

»Das behauptest du! Dann erzähle ich der Polizei eben, dass du mich geschlagen hast.«

Terry schnaubte verächtlich. »Dafür hast du keine Beweise! Niemand würde dir glauben. Oder hast du schon vergessen, dass mein Daddy mit dem Polizeichef jeden Sonntag Golf spielen geht? Alle Welt liebt mich. Erspar dir den Kummer und gib lieber gleich auf. Du hast keine Chance gegen mich«, meinte Terry großspurig und tätschelte meine Wange. Wütend schlug ich seine Hand weg und erntete ein weiteres verächtliches Schnauben.

»Dolores hat alles gesehen!«, gab ich zu bedenken.

»Hat sie gesehen, wie ich angeblich handgreiflich geworden bin, oder hat sie dich später gefunden, nachdem du so unglückselig gefallen bist?«, fragte Terry, als ob er die Antwort nicht kennen würde. »Dachte ich es mir doch!«

Zufrieden nickend krempelte er seine Hemdsärmel herunter.

»Also, dann lassen wir das doch lieber, meint ihr nicht auch? Denn keiner wird euch glauben, also erspart euch besser die Peinlichkeit. Die Bullen würden doch nur über eure haltlosen Anschuldigungen lachen.«

»Inspektor Lansky lacht wahrscheinlich nicht. Wenn mich nicht alles täuscht, ist der Mann gar nicht gut auf dich zu sprechen«, gab Dolores zu bedenken. Bevor Terry zu einer Antwort ansetzen konnte, platzte mir endgültig der Kragen.

»Mach dich endlich vom Acker, Terry. Niemand hier legt Wert auf deine Gesellschaft«, sagte ich aufgebracht.

Terry wich einen Schritt zurück. Völlig gelassen zog er einen Brief aus der Tasche seiner Jeans.

»Mit freundlichem Gruß von meinem Anwalt.« Er hielt ihn mir hin, aber ich dachte nicht im Traum daran, den Brief von ihm entgegenzunehmen. Terry knallte das Schreiben fest auf den Tisch und wandte sich der offenen Küchentür zu. Er blickte sich noch einmal nach mir um.

»Schade, dass ich dein Gesicht nicht sehen kann, wenn du ihn liest.« Beim Hinausgehen rempelte er mit voller Absicht gegen Dolores. Einen Augenblick später fiel die Tür hinter Terry ins Schloss.

Zitternd sank ich auf den Küchenboden nieder. Dolores lehnte das Gewehr an die Wand und kam auf mich zugestürzt.

»Hat Terry dir wehgetan?«, prüfend betastete sie mein Gesicht und gleich darauf mein Handgelenk. Da, wo Terry mich so fest gepackt hatte, waren nur ein paar rote Striemen zu sehen. Nicht weiter dramatisch. Langsam schüttelte ich den Kopf.

»Es ist nicht so schlimm«, gab ich zurück und lehnte meinen Kopf kurz gegen die Schranktür hinter mir. Das Blut pochte in meinen Schläfen. »Aber wenn du nicht rechtzeitig gekommen wärst, ich weiß nicht, was Terry dann getan hätte.«

»Als ich auf dem Hof ankam, habe ich seinen Wagen hinter dem Haus parken sehen. Dachte mir schon, dass das zu nichts Gutem führen kann.«

Deshalb hatte ich Terry nicht bemerkt.

»Dieser Verrückte ist zu allem fähig. Du solltest wirklich zur Polizei gehen.«

Ich dachte kurz über Dolores` Vorschlag nach, schüttelte dann aber abermals den Kopf.

»Terry hat leider recht. Was soll ich der Polizei schon erzählen? Terry ist immer noch mein Mann, auch wenn ich aus tiefstem Herzen wünschte, es wäre anders. Im Grunde kann er sich so oft und so lange auf Three Bells aufhalten, wie er möchte. Hätte ich doch vor unserer Hochzeit auf einen Ehevertrag bestanden. Wie konnte ich mich nur so in ihm täuschen?«

»Du warst noch so jung und schrecklich verliebt dazu!« Zärtlich streichelte Dolores meine Wange. Ich schmiegte mein Gesicht in ihre Hand. Seit dem frühen Tod meiner Mutter hatte Dolores irgendwie ihren Platz eingenommen.

»Und leider schrecklich dumm«, ergänzte ich seufzend.

»Sei nicht so streng zu dir.«

Dolores erhob sich und zog mich mit nach oben.

»Komm, ruh dich erst mal aus!« Energisch bugsierte sie mich zu einem der acht Küchenstühle und drückte mich dann sanft auf die Sitzfläche. Ich wollte protestieren, schließlich hatte ich ungeheuer viel zu tun. Doch mit Dolores war nicht zu scherzen. Sie warf mir einen strengen Blick zu.

»Setz dich«, fügte sie nachdrücklich hinzu.

Gehorsam setzte ich mich schließlich.

»Du brauchst jetzt erst einmal einen Kaffee.« Augenblicklich machte sich Dolores an der Kaffeemaschine zu schaffen. Sie hatte recht. Ein Kaffee würde mir jetzt gut tun.

»Mach ihn extra stark«, bat ich und stützte meinen Kopf auf meine Hände.

Einen Moment später stellte Dolores einen Becher mit der dampfenden Flüssigkeit vor mir ab. Dankbar griff ich zu und schloss die Augen. Genüsslich inhalierte ich den Duft.

»Was denkst du, woher weiß Terry, dass wir in finanziellen Schwierigkeiten stecken?«, begann Dolores zu fragen. Ich dachte einen Augenblick ernsthaft über die Frage nach.

»Keine Ahnung. Irgendjemand hat wohl geplaudert. Aber mal ehrlich, so ein großes Geheimnis ist das eigentlich gar nicht«, gab ich schulterzuckend zu. Langsam setzte ich die Tasse an meine Lippen und trank einen Schluck Kaffee.

»Außerdem reden die Leute viel. Der Buschfunk funktioniert seit jeher ziemlich gut.« Dolores nickte zustimmend.

»Leider sagt Terry die Wahrheit. Unsere finanzielle Situation ist mehr als nur angespannt. Ich rechne fest mit dem Schafverkauf in ein paar Wochen. Wenn wir keinen guten Preis für unsere Tiere bekommen, dann muss ich ganz offen mit den Jungs sprechen, denn dann kann ich für die pünktliche Zahlung der Löhne nicht mehr garantieren.« Es wurmte mich, dass ausgerechnet Terry über unsere schwierige Lage Bescheid wusste.

»Wir haben immer noch die verpachteten Weideflächen«, gab Dolores zu bedenken und versuchte mir damit ein wenig Hoffnung zu machen.

»Ja, das schon. Doch so viel Geld, wie wir bräuchten, bringt uns die Verpachtung leider nicht ein.«

Bedächtig stellte Dolores ihre Tasse auf den Tisch und ergriff meine Hand.

»Dann denk einfach über Dales Vorschlag nach. Zusätzliche Arbeitskräfte können nie schaden.«

»Es sei denn, sie bringen mehr Ärger als Nutzen«, gab ich zu bedenken. »Halt, einen Moment. Woher weißt du eigentlich von dem Projekt?«, stirnrunzelnd sah ich sie an.

Dolores rutschte ein wenig unruhig auf ihrem Stuhl hin und her. »Dale hat mir schon vor ein paar Tagen davon erzählt«, gab sie schließlich zu. »Er war der Meinung, ich könnte positiv auf dich einwirken. Und ich muss sagen, ich finde die Idee gut. Bill ist auf jeden Fall zufrieden.«

»Bill? Was hat er mit dem ganzen zu tun?«, jetzt war ich aber wirklich neugierig geworden.

»Nun, im Grunde genommen habe ich schon früher von dem Projekt erfahren. Bevor Dale es mir überhaupt erzählt hat, berichtete mir Sandra Brix aus der Gemeindeverwaltung bereits davon. Sie war aufgebracht und gar nicht damit einverstanden, dass unser werter Herr Bürgermeister jetzt Straftäter nach Great Asby holt, um es mal mit ihren Worten auszudrücken.«

Für einen Moment stellte ich mir Sandras Gesicht vor. Der Gedanke an das Entsetzen in ihren grünen Augen, die immer viel zu stark geschminkt waren, brachte mich zum Schmunzeln.

»Dabei müssen die Leute ja Sozialstunden ableisten. Und wenn du mich fragst, haben sie eine zweite Chance verdient«, fuhr Dolores unbeirrt fort. »Sandra war auch diejenige, die mir erzählt hatte, dass Bill sich schon vor einiger Zeit für das Projekt gemeldet hatte. Vor knapp zwei Wochen hat er dann einen jungen Mann als Hilfsarbeiter zugeteilt bekommen. Bill scheint ganz zufrieden mit dem Bürschchen zu sein.« Dolores trank einen Schluck Kaffee.

»Dann ist Dale scheinbar nicht auf dem neuesten Stand. Nicht einmal er wusste von Bills Teilnahme«, sagte ich.

»Naja, du weißt ja wie die Leute in Great Asby sind. Früher oder später werden es sowieso alle erfahren, doch Bill wollte seine Teilnahme ungern an die große Glocke hängen.«

Ich nickte. In dieser Hinsicht konnte ich Bill verstehen. Das Getratsche in der Stadt nervte.

»Hast du vielleicht eine Ahnung, welche Arbeiten Bills Hilfskraft auf seinem Hof übernimmt?«, hoffte ich von Dolores zu erfahren. Aber wie es schien, wusste sie auch nicht viel mehr darüber.

»Vermutlich ist er für die Reinigung der Boxen und Ställe zuständig. Schließlich kann wirklich jeder Mist schaufeln und Tröge säubern. Ist ja nicht so, als müsste man dafür studiert haben. Sprich doch mit Bill und entscheide dich dann«, riet mir Dolores schließlich.

»Wie gesagt, ich wusste nicht, dass er an dem Projekt teilnimmt. Du hast recht, ich werde einfach mit ihm sprechen. Irgendetwas muss ich unternehmen. Außerdem wäre es für uns nur von Vorteil, wenn sich Dale, oder wer auch immer, nicht mit Arbeiten wie Mist schaufeln aufhalten müsste.«

Energisch stand ich auf und brachte meine und Dolores` Tasse zur Spüle. Langsam sollte ich wieder etwas tun. Schließlich wartete noch viel Arbeit auf mich.

»Ich muss wieder an die Arbeit«, sagte ich und drückte Dolores` Hand. »Vielen Dank dafür, dass du mich gerettet hast.«

»Jederzeit wieder.«

Als ich die Küche verlassen wollte, hielt Dolores mich zurück.

»Sadie wir schaffen das, wirst schon sehen. Wir verlieren die Farm nicht. Das lassen wir nicht zu. Keiner von uns. Weder die Jungs, noch ich. Und ich weiß: Du schon gar nicht. Wir lassen uns ThreeBells nicht wegnehmen, nicht von Terry und auch von sonst keinem!«

Ich war richtig gerührt über Dolores` Kampfansage. Es tat gut, zu hören, dass sie ebenfalls hinter mir stand. Dennoch würde es nicht einfach werden. Ich nickte dankbar und verließ dann die Küche. Im Flur blieb ich einen Moment stehen und zog Terrys Brief aus der Tasche meiner Jeans. Schnell öffnete ich den Umschlag und überflog den Inhalt des Schreibens. Für einen Augenblick fürchtete ich, dass mir gleich schwarz vor Augen würde. Terry forderte fünfzig Prozent meiner Farm. Fünfzig Prozent. Es einfach gesagt zu bekommen, war die eine Sache. Aber es so schwarz auf weiß zu lesen, eine ganz andere. Zitternd schob ich das Schreiben zurück in den Umschlag und steckte beides in meine Tasche. Auf wackeligen Beinen machte ich mich an die Arbeit.

Kapitel 2

Kayton

Ich setzte den Blinker und rollte langsam in Lukes und Pippas Einfahrt. Für einen Moment blieb ich in meinem Sportwagen sitzen und betrachtete die Blumen, Sträucher und Bäume, die im Garten wuchsen. An einem langen Ast baumelte Finns Schaukel in der leichten Frühlingsbrise.

Als ich meine Wagentür öffnen und aussteigen wollte, vibrierte mein Handy in der Hosentasche meiner Jeans. Mir schwante schon, dass das nur Kiki sein konnte. Im Moment verspürte ich kein besonders großes Verlangen danach, mit ihr zu sprechen. Dennoch angelte ich mein Telefon hervor und warf einen Blick auf das Display. Tatsächlich war es Kiki, die mich gerade zu erreichen versuchte. Für einen kurzen Augenblick überlegte ich, das Telefon einfach klingeln zu lassen, entschied dann jedoch, mich lieber nicht wie ein Blödmann zu benehmen, und ging ran.

»Hey Kiki«, begrüßte ich sie. Was sie wohl von mir wollte?

»Kayton, Süßer.«

Kiki hatte diesen komischen Singsang drauf. Das konnte eigentlich nur eines bedeuten: Sie wollte, dass ich ihr irgendeinen überteuerten Kram kaufte. Ich war gespannt, was es diesmal sein sollte. Außerdem hasste ich es, wenn sie mich »Süßer« nannte. Was sollte das? Ich war ein Kerl, ich wollte doch nicht süß sein!

»Was gibt es denn so Wichtiges?« Hoffentlich kam Kiki wenigstens schnell auf den Punkt.

»Ich habe gerade meinen Kleiderschrank durchgesehen, und für heute Abend kein passendes Kleid gefunden.«

Aha, daher wehte also der Wind. Ein neues Kleid sollte es sein. Ich bot Kiki nicht an, ihr eines zu kaufen. Wenn sie etwas von mir wollte, musste sie mich zumindest fragen.

»Du weißt doch, dass bei der Cluberöffnung die Presse anwesend sein wird. Ich will auf den Fotos gut aussehen, vor allem wenn ich neben dir stehe«, trällerte sie.

Ja, Kiki war es immer wichtig, was die Öffentlichkeit von ihr hielt – etwas, das mich eigentlich nie besonders interessiert hatte. Mir war egal, was die Leute über mich dachten. Und mir war schnuppe, was die Zeitungen schrieben. Ich las die Artikel nie. Für einen kurzen Moment dachte ich an Pippa. Sie war ein echter Fan von Klatschgeschichten. Kikis Stimme riss mich aus meinen Gedanken.

»Kaufst du mir ein Kleid?«, säuselte sie nun durchs Telefon.

Ich musste mich nicht sonderlich anstrengen, um mir Kikis Gesicht in Erinnerung zu rufen. Bestimmt zwirbelte sie gerade eine ihrer blonden Strähnen um ihren Zeigefinger, zog einen Schmollmund und klimperte mit den unechten Wimpern. Zwar konnte in diesem Moment niemand ihr Getue sehen, Tatsache aber war, dass ihr dieses Benehmen schon so in Fleisch und Blut übergegangen war, dass sie gar nicht mehr anders konnte. Für Kiki den Goldesel zu spielen, nervte langsam, aber sicher. Die Erfüllung ihrer Wünsche tat mir finanziell nicht weh, darum ging es mir auch gar nicht. Aber ich mochte es einfach nicht, so ausgesaugt zu werden. Schon gar nicht so offensichtlich.

»Du bekommst auch eine Belohnung!«, flötete sie mir mit verführerischer Stimme ins Ohr. Wahrscheinlich ahnte Kiki, dass ich drauf und dran war, nein zu sagen.

»Bevor du jetzt nein sagst, denk bitte daran, dass ich nackt sein werde, wenn du die Belohnung bekommst«, warf sie schnell ein.

Ja, so war Kiki. Sie köderte mich mit einer heißen Nummer.

Zu meiner eigenen Schande musste ich leider zugeben, dass sie damit Erfolg hatte. Meistens jedenfalls. Dabei war ich nicht auf Kiki angewiesen. Die schlichte und einfache Wahrheit war, dass ich eine ganze Menge Frauen abschleppen konnte. Aber genau da lag mein Problem. Ich war einfach übersättigt. Etwas Beständigkeit war zur Abwechslung gar nicht so schlecht. Wahrscheinlich war das auch der Grund, warum ich Kikis Spielchen mitspielte. Mit Kiki konnte ein Mann eine ganze Menge Spaß haben. Sie war toll im Bett, witzig, ein bisschen nervig manchmal, aber im Grunde ganz okay. Ihr einziger Fehler war, dass: sie ihre Freunde aussaugte wie Austern. Ich verschenkte gerne Dinge, und ich genoss den freudigen Glanz in den Augen einer Frau, wenn sie ein Geschenk von mir öffnete. Aber Kiki war für meinen Geschmack einfach etwas zu gierig geworden, und definitiv keine Frau, die ich für den Rest meines Lebens täglich um mich haben wollte. Wenn ich es recht bedachte, sollte ich ihr vielleicht doch den Laufpass geben.

»Kayton, ich tue alles was du willst!«, bettelte sie schon fast. Na gut, ich war ein Mann, und okay, ich gebe zu, dass machte mich nun schon ein bisschen an. Vor allem wenn ich mir kurz ausmalte, was ich später alles mit Kiki anstellen dürfte.

Leise seufzend lehnte ich meinen Kopf nach hinten. Mein Blick blieb an der sich öffnenden Eingangstür hängen. Pippa trat auf die Veranda. Das Sonnenlicht brachte die Reflexe in ihren langen blonden Haaren zum Glänzen. In ihren Armen hielt sie ein kleines Bündel. Ein kleines Bündel Namens Hope. Pippas Gesicht zierte ein strahlendes Lächeln. Als sie meinen Wagen und mich entdeckte, hob sie vorsichtig einen Arm zum Gruß und ich winkte zu ihr zurück.

»Kayton, bist du noch da?«, fragte Kiki jetzt ein bisschen ungeduldig am anderen Ende der Leitung. Ich hatte ihr gar nicht mehr richtig zugehört.

»Sicher, was hast du noch mal gesagt? Der Empfang war gerade ziemlich schlecht«, log ich.

»Kaufst du mir das Kleid?«, fragte sie rundheraus.

Momentan fehlte mir schlicht und einfach die Energie, um weiter mit Kiki darüber zu diskutieren. Wenn ich wieder zu Hause war, würde ich aber ein paar Dinge klarstellen. So konnte das einfach nicht mehr weitergehen.

»Bitte, Kayton«, bettelte Kiki nun regelrecht flehend.

Herrje. »Hör auf zu betteln. Nimm dir einfach eine meiner Kreditkarten und geh einkaufen«, lenkte ich schließlich angesäuert ein.

»Oh, danke, Kayton!«, jauchzte sie erfreut, und wieder fiel es mir nicht besonders schwer, mir Kiki dabei vorzustellen. Zweifellos hüpfte sie gerade auf und ab. So sehr, dass ihre

Doppel-D-Körbchen in irgendeinem zu knappen Fummel hübsch wippten, und ihre gefärbten platinblonden Haare nur so umherflogen. Eigentlich doch nicht so schlecht, die Vorstellung.

»Bis heute Abend! Ich muss jetzt auflegen«, verabschiedete ich mich.

»Ja, sicher. Und Kayton, du wirst es nicht bereuen«, beteuerte Kiki.

Bevor ich etwas erwidern konnte, war die Leitung tot. Ich war mir nicht so sicher, ob es stimmte, was sie als letztes behauptet hatte. Ich blickte auf meine Armbanduhr. Vermutlich würde ich in weniger als einer Stunde um ein paar Tausend Pfund ärmer sein. Im Geldausgeben hielt Kiki bestimmt einen Rekord. Es fühlte sich zumindest jedes Mal so an. Ich steckte mein Handy zurück in die Tasche und stieg aus meinem Sportwagen. Jetzt wollte ich vorerst nicht mehr an Kiki denken. Was jetzt zählte, waren Luke, Pipps, Finn und natürlich die kleine Hope.

Auf halbem Weg kam mir Pippa entgegen. Tausend Sonnen schienen aus ihren Augen zu strahlen. Sie sah so verdammt glücklich aus. Man müsste schon verrückt sein, sich nicht in sie zu verlieben. Erstaunlich, dass sich Luke so dämlich angestellt hatte. Der Mann hatte eine gefühlte Ewigkeit gebraucht, bevor er letztendlich kapierte, dass Pippa die einzig richtige für ihn war.

Ich lächelte Pippa verschmitzt an.

»Hallo, Kayton!« begrüßte sie mich, reckte sich auf den Zehenspitzen stehend zu mir empor und gab mir ein Küsschen auf die Wange.

»Schön, dich endlich mal wiederzusehen.«

»Ja, finde ich auch. Du siehst toll aus. Es steht dir gut, Mutter zu sein.«

Liebevoll lächelte sie auf Hope hinab, die sie im Arm hielt.

»Danke, so charmant, wie immer. Du solltest wirklich öfter zu uns kommen. Nicht nur Luke und ich würden uns freuen, sondern auch Finn. Das weißt du!«, gab Pippa zurück.

»Ich werde es versuchen. Aber die Zeit ist knapp. Wir sind mit dem Team dauernd auf Achse, das kennst du ja von Luke.«

Pippas Blick verdunkelte sich kurz.

»Lass mich die Kleine mal sehen«, lenkte ich unser Gespräch in eine andere Richtung und schob vorsichtig die Decke, in die Hope eingehüllt war, ein Stückchen beiseite. Ihr kleines Gesicht und ihre kleinen Hände, die sie zu Fäustchen geballt hatte, kamen zum Vorschein.

»Wahnsinn, wie groß sie schon geworden ist.«

»Ja«, stimmte mir Pippa nickend zu. Das Strahlen war auf ihr Gesicht zurückgekehrt.

»Die Tage vergehen jetzt noch viel schneller, und jeder Einzelne ist ein Geschenk für uns«, fügte sie hinzu.

Hope öffnete ihre Augen einen kleinen Spalt, als ich ganz sachte ihre zarte Wange berührte. Für einen Moment blickte sie mich an. Im nächsten Augenblick jedoch schloss sie ihre Augen wieder und drückte ihr kleines Gesichtchen näher an die Brust ihrer Mutter.

»Sie ist wirklich wunderschön«, flüsterte ich andächtig und betrachtete die nunmehr schlafende Hope ein kleines Weilchen.

Hope bedeutete Hoffnung, ein treffender Name für dieses kleine Persönchen, wie ich fand.

Luke sah nicht minder glücklich aus, als er hinter Pippa erschien und seine Arme beschützend um beide legte. Ich hatte gar nicht bemerkt, wie er aus dem Haus gekommen war.

Ich gönnte ihm mehr als jeder andere dieses Leben, das er jetzt führte. Denn Lukes Leben war lange Zeit ganz und gar nicht perfekt gewesen. Der leere Blick, mit dem er nach Sams Tod herumgelaufen war, jagte mir immer noch Schauer über den Rücken. Luke hatte jeden aus seinem Leben ausgeschlossen, sogar Finn. Eines Tages hatte er damit begonnen, wie ein Irrer alles was ihn an Sam erinnerte aus der gemeinsamen Villa zu schaffen. Er hatte versucht, jede Erinnerung an sie zu tilgen, in der Hoffnung, es würde ihm und vielleicht auch Finn danach besser gehen. Damit hatte er alles nur schlimmer gemacht. Wenn ich an Finn dachte, wie er in dem Moment ängstlich an die Wand gepresst dagestanden hatte, während er seinem Dad dabei zusah, wie dieser Bilder von der Wand fegte und schlicht und einfach die Kontrolle verlor, wurde mir auch nach so langer Zeit noch ein bisschen mulmig zu mute. Ich hatte Luke vorher noch nie so ausrasten sehen. Finn hatte damals geweint und am ganzen Körper gezittert. Luke hingegen war ganz blind vor Wut, Trauer und Schmerz gewesen. An diesem Tag hatte ich Finn einfach gepackt, und ihn mit zu mir genommen. Bestimmt wäre er bei seinen Großeltern besser aufgehoben gewesen. Aber ich war nun mal derjenige, der bei Lukes Zusammenbruch dabei gewesen war. Ich hatte Finn für ein paar Tage bei mir wohnen lassen, bis Luke halbwegs wieder bei Verstand schien. Danach hatte Luke sich verändert. Es hatte den Anschein gehabt, er würde nur noch für den Sport leben. Finn hatte es in dieser Zeit schwer gehabt. Der Junge hatte fortan immer um Beachtung kämpfen müssen. Später war ihm dabei jedes Mittel recht gewesen. Hauptsache, sein Dad nahm ihn in irgendeiner Weise war. Keiner – weder aus seiner Familie, noch von seinen Freunden – hatte gewusst, wie der Schmerz zu lindern gewesen wäre, der damals auf Lukes Seele gelastet hatte. Doch dann war Pippa aufgetaucht. Sie war wie ein Wirbelwind in Lukes und Finns Leben geplatzt und hatte es geschafft, die Bitterkeit zu verbannen.

»Schön, dich zu sehen«, meinte Luke und lachte.

»Finde ich auch«, erwiderte ich ebenfalls von einem Ohr zum anderen grinsend.

»Los, komm her!« Luke zog mich in eine feste Umarmung und klopfte mir derb auf den Rücken.

Als er mich wieder freigab, blickte er stirnrunzelnd hinter mich.

»Also ich hätte schwören können, dass du Kiki mitbringst, um sie uns endlich mal vorzustellen.«

Ohne meinen verdutzten Gesichtsausdruck zu beachten, wandte sich Luke an Pippa.

»Sieht so aus, als hättest du unsere kleine Wette gewonnen.«

»Wette? Okay, was ist hier los?«, wollte ich wissen.

»Ach«, Pippa schüttelte ihren hübschen Kopf, »Luke kann es einfach nicht lassen, er liest in letzter Zeit jede Ausgabe meiner Vip and Style.«

Sanft wog sie die kleine Hope im Arm und fuhr lächelnd fort.

»In der letzten Ausgabe, warst du mal wieder mit Kiki auf dem Cover. Es wurde behauptet, dass du vorhättest, Kiki zu heiraten. Ich habe Luke gleich gesagt, dass das nicht wahr sein kann.«

Mir klappte die Kinnlade herunter. Ich würde sicher nicht heiraten und ganz bestimmt nicht Kiki.

»Und, hast du es vor?«, fragte Luke schließlich. Seine Brust bebte. Er gab sich wirklich redlich Mühe, sein Grinsen zurückzuhalten. Ich warf ihm einen bitterbösen Blick zu. Wollte er mich auf den Arm nehmen?

Schließlich konnte er sich nicht mehr länger beherrschen. Er brach in lautes Gelächter aus. Er lachte so laut, dass ihn die Nachbarn, die drei Häuser weiter wohnten, wahrscheinlich noch hören konnten.

»Du solltest mal dein Gesicht sehen! Oh wow, da hat dich diese Lillian Loman ja voll erwischt«, prustete Luke.

Lillian Loman! Wer sonst könnte so einen doofen Artikel schreiben? Die Frau war eine richtige Kneifzange und die nervigste Journalistin, die ich je kennengelernt hatte. Und in meiner Karriere waren mir so einige untergekommen.

»Gerade du solltest doch wissen, dass nicht immer alles stimmt, was die Presse schreibt«, gab ich bissig zurück.

»Hört sofort auf!« Pippa stieß Luke einen Ellenbogen in die Rippen und entlockte mir damit ein Schmunzeln.

»Schon gut, schon gut«, entwaffnend hob Luke beide Arme. »Ich höre auf, Witze zu machen! Ehrenwort.«

Argwöhnisch betrachtete ich ihn, entschied in Gedanken, dass er sowieso log und stürzte mich im nächsten Augenblick auf Luke, um ihn in den Schwitzkasten zu nehmen.

»Das will ich dir auch geraten haben!«, erwiderte ich jetzt feixend und rangelte mit ihm.

»Kayton, Kayton!«, rief Finn, als der aus dem Garten hinter dem Haus zu uns gerannt kam. Lizzy, Pippas Schäferhündin, war ihm dicht auf den Fersen. Ich ließ locker und Luke befreite sich schnell aus meinem Klammergriff.

»Hast Glück gehabt«, raunte ich ihm zu.

»Von wegen«, schnaubte Luke und strich sich das Haar aus der Stirn. »Es hätte nicht viel gefehlt und ich hätte dich zu Boden gerungen«, fügte er großspurig hinzu.

»Du leidest an Selbstüberschätzung, mein Freund!«, erwiderte ich lachend.

»Ähm, wie alt seid ihr nochmal?«, mischte sich Pippa in unser Geplänkel ein.

Wir beide lachten dümmlich. Dann kniete ich mich hin, breitete die Arme aus und drückte Finn ganz fest an mich, als er sich mir entgegenwarf.

»Hast mir gefehlt, Kayton!«

»Ging mir genauso!«, gab ich zurück.

Ich ließ Finn los.

»Bist du gewachsen, seit wir uns das letzte Mal gesehen haben?«

Eingehend musterte ich Finn. Was ich sah, gefiel mir. In ein paar Jahren würde der Junge zu einem echten Herzensbrecher werden. Dann konnte er einiges von mir lernen.

»Nö, in so kurzer Zeit wächst man doch nicht«, tadelte mich Finn.

»Zeigst du mir dann noch ein paar Fußballtricks?«, fragte er.

»Klar, gibt`s einen bestimmten, den du lernen willst?«

Finn überlegte kurz. Dann erhellte sich sein Gesicht.

»Den vom vorletzten Spiel, als ihr gegen Chelsea gespielt habt. Den Trick, kurz bevor du das zweite Tor geschossen hast.« Ich musste über die Begeisterung des Jungen schmunzeln und hatte gleichzeitig keine Ahnung, von welchem Trick er da eigentlich sprach. Später beim Üben würde er mir bestimmt noch genauer erklären, welchen Spielzug er meinte. Ich wuschelte ihm schnell durchs Haar.

»Ich zeig` dir alles, was du willst!« Finn freute sich über mein Versprechen und drückte sich nochmal fest in meine Arme, bevor er sich losmachte und an Pippa wandte.

»Wann kommt Onkel Jamie und wann können wir endlich den Kuchen essen, den du gebacken hast, Pipps?«, fragte er und strich sich sein zerzaustes Haar aus dem Gesicht – Eine Geste, die ich erst vor ein paar Minuten bei Luke gesehen hatte.

»Jamie, hat vorhin angerufen, er kommt etwas später. Was den Kuchen betrifft, ich habe auf der hinteren Veranda alles zurechtgemacht. Von mir aus kann es also losgehen.«

»Oh ja«, freute sich Finn und sauste auch schon die Stufen nach oben.

»Trag doch Lizzy bitte die Verandatreppe hoch«, meinte Pippa an Luke gewandt und ging mit Hope auf dem Arm schon einmal vor.

Luke blickte auf die Schäferhündin hinab, die immer noch neben uns saß. Ich kraulte Lizzy gerade hinter den Ohren. Mit zusammengekniffenen Augen genoss sie die Streicheleinheiten.

»Sicher«, antwortete Luke und beugte sich zu uns herunter. Ich ließ Lizzy los und erhob mich.

»Wann ist mein bester Freund zum Pantoffelheld geworden?«, fragte ich scherzhaft, als Luke den Hund auf die Arme nahm und die Stufen hinauf trug.

»Lizzy hat ein Hüftleiden«, erklärte Luke und schmunzelte. Ich lachte ebenfalls. Sah so aus, als wäre wenigstens Luke mit seinem Leben vollends zufrieden und ich freute mich wahnsinnig für ihn.

Der Nachmittag verging wie im Flug. Nach Kaffee und Kuchen brachte ich Finn wie versprochen alle möglichen Tricks bei. Der Junge war unermüdlich, was den Fußball betraf. So langsam bekam ich den starken Verdacht, dass Finn doch tatsächlich noch besser spielen wollte, als sein Dad und ich. Ein bisschen geschafft ließ ich mich später neben Luke auf einen der Gartenstühle sinken.

»Bist du etwa erledigt? Von dem bisschen Toben mit Finn?«, fragte Luke. Ein Schmunzeln zierte seine Mundwinkel. Ich versuchte, ihm eine benutzte Serviette ins Gesicht zu pfeffern, aber er konnte sie gerade noch abfangen, bevor sie ihn traf. Leise lachend beobachtete ich Finn. Mittlerweile hatte sich Lizzy wieder an seine Fersen geheftet. Dann hörte ich einen Wagen in Lukes Einfahrt rollen. Das musste Jamie sein. Tatsächlich tauchte der einen Moment später auf der Veranda auf.

»Sorry, Leute. Ich habe es nicht früher geschafft!«, sagte er und begrüßte mich mit einem kräftigen Handschlag.

»Jamie, hey, schön dich zu sehen. Du bist wirklich spät dran. In welchem Bett bist du hängengeblieben?«, fragte ich und grinste breit.

»Kannst du auch mal an was anderes denken?«, gab Jamie genauso breit grinsend zurück.

»Nee, und du ja scheinbar auch nicht.«

»Wenn du meinst«, sagte Jamie geheimnisvoll. Luke erhob sich und schloss seinen Bruder fest in die Arme.

»Dachte schon, du tauchst gar nicht mehr auf, Bruderherz!

Los, setz dich zu uns.«

»Wo steckt Pipps?«, fragte Jamie und ließ sich neben mir auf einem Stuhl sinken.

»Sie ist mit Hope im Haus, um die Kleine zu stillen«, erklärte Luke.

Luke beugte sich nach vorne, stützte seine Ellenbogen auf die Knie und ließ seinen Blick zu Finn und Lizzy wandern. Ein zärtliches Lächeln huschte über sein Gesicht.

»Bist du noch zufrieden in Manchester?«, fragte Luke seinen Bruder, ohne den Blick von den beiden abzuwenden.

Ich wusste, dass Luke und Jamie dieses Thema schon öfter hatten.

»Ja, bin ich«, gab Jamie zur Antwort. Jamie spielte seit Beginn seiner Karriere für Manchester und hatte, zumindest soweit ich wusste, noch nie mit dem Gedanken gespielt, zu einem anderen Verein zu wechseln. Natürlich bekam er immer wieder Angebote. Jeder von uns bekam des Öfteren das Angebot, den Verein zu wechseln. Luke sah seinem Bruder fest in die Augen.

»Du weißt, dass Brians Angebot steht. Der Big Boss würde so gut wie jede Summe zahlen, um dich nach London zu holen.« Luke ließ nicht locker.

Schnaubend antwortete Jamie: »Um der Rivale meines Bruders zu werden? Nein Luke, kein Bedarf. Ich habe nicht vor, mit dir um die Stürmerposition zu kämpfen.«

»Du müsstest nicht kämpfen«, gab Luke zurück.

»Wie meinst du das?«, platzte ich heraus, bevor Jamie fragen konnte. Lukes Blick glitt zwischen seinem Bruder und mir hin und her.

»Ich höre auf!«, sagte Luke mit fester Stimme.

»Was? Das kann nicht dein Ernst sein.« Geschockt starrte Jamie seinen Bruder an. Mir klappte förmlich die Kinnlade herunter. Luke hatte viele Jahre lang nur für den Sport gelebt.

»Ihr seht überrascht aus.«

»Überrascht ist untertrieben. Wie kommst du so plötzlich zu diesem Entschluss?« Vielleicht war es ja nur eine fixe Idee. Als ich Luke ins Gesicht blickte, wurde mir allerdings schnell klar, dass es das nicht war.

Jamie schüttelte seinen Kopf. »Das glaube ich einfach nicht«, sagte er.

Luke seufzte. »Glaub es ruhig, denn ich meine es wirklich ernst.«

»Weshalb?«, fragte ich. Luke würde mir und der ganzen Mannschaft fehlen.

»Ich habe in der Vergangenheit so viel falsch gemacht und so vieles in Finns Leben verpasst. Bei so vielen wichtigen Momenten war ich nicht da. Seien wir doch mal ehrlich, ich bin ein ziemlich mieser Dad gewesen und ich habe nicht vor, die gleichen Fehler noch einmal zu machen.«

Ich nickte stumm und wartete ab, ob Luke noch mehr zu sagen hatte. Jamie schwieg ebenfalls. Doch auch er nickte zustimmend, es waren ja auch einleuchtende Gründe. Nach einer kurzen Pause sprach Luke weiter.

»Ich möchte dabei sein, wenn Hope ihren ersten Schritt macht und ich will sie tröstend in meinen Armen halten, wenn sie weint. Um nichts auf der Welt will ich den Moment verpassen, wenn Hope zum ersten Mal Papa zu mir sagt. Ich weiß, dass ich meine Fehler aus der Vergangenheit nicht wiedergutmachen kann, doch Finn soll sich in Zukunft immer auf mich verlassen können. Ich will für meine Familie da sein, wann immer sie mich braucht«, beendete Luke seinen kleinen Vortrag und grinste ein bisschen schief.

Er atmete tief durch und lehnte sich dann in seinem Stuhl zurück. Abwartend sah er uns an. Ich war sprachlos und das passierte nun wirklich nicht besonders oft.

»Wollt ihr denn gar nichts dazu sagen?«, fragte Luke schließlich.

»Bruder, ich kann dich verstehen«, meldete sich Jamie endlich mal wieder zu Wort. »Wenn ich so ein Glück wie du hätte, würde ich es genauso festhalten wollen. Egal, was du tust, ich stehe hinter dir.« Dann huschte ein Grinsen über sein Gesicht. »Aber ich werde dennoch nicht den Verein wechseln«, fügte er hinzu.

Luke lachte und ich stimmte in sein Lachen ein.

»Das habe ich mir schon irgendwie gedacht«, meinte Luke schließlich. »Trotzdem fände ich es schön, dich in unserer Nähe zu haben. Wenn du dich doch irgendwann dazu entschließen solltest, nach London zu kommen, würden wir uns riesig freuen.«

»Weiß Pippa eigentlich schon von deinem verrückten Vorhaben?«, wollte ich wissen.

Luke schüttelte daraufhin den Kopf.

»Ich habe es ihr noch nicht erzählt. Noch nicht mal Brian weiß davon«, gab Luke zu.

»Das wird Brian gar nicht gefallen«, sagte ich, und Luke nickte zustimmend. »Darauf kannst du wetten!«

»Was denkst du, wie Pippa reagieren wird?«, fragte Jamie.

»Ich nehme an, sie wird mich genauso überrascht anstarren, wie ihr beiden es eben getan habt. Dann wird sie vermutlich

versuchen, es mir auszureden, weil sie meint, ich wäre nicht mehr richtig glücklich, wenn ich kein Profispieler mehr wäre. Und wenn sie dann merkt, dass dem nicht so ist, wird sie sich wahrscheinlich sehr freuen.«

»Das denke ich auch. Pippa liebt dich. Warum auch immer?«, gab ich meinen Senf dazu.

»Bist ein echter Witzbold Kayton. Wenn wir schon bei dem Thema Liebe sind, was ist mit euch?«, fragte Luke und blickte uns abwartend an.

Jamie lachte. »Vergiss es, großer Bruder, über mein Liebesleben erfährst du jetzt garantiert nichts.«

»Du bist viel zu geheimnisvoll.« Luke lachte und wandte sich, wie nicht anders zu erwarten, an mich.

»Was ist mit dir und Kiki? Läuft da vielleicht doch etwas Ernstes zwischen euch?«

Kopfschüttelnd erhob ich mich und trat an das Geländer der Veranda.

»Kiki ist nur eine von vielen. Das weißt du doch«, gab ich zurück.

»Und das macht dich glücklich? Mit einer Frau zusammen zu sein, die du durch jede x-beliebige ersetzen könntest?«

Glücklich? Wohl kaum! Manchmal wünschte ich mir das, was Luke und Pippa hatten: Bis über beide Ohren verliebt zu sein und eine Familie zu haben. Manchmal hätte ich gerne eine Frau, die ich vergöttere und die einen besseren Menschen aus mir macht. Es wäre schön, jemanden zu haben, der mich vervollständigt und mit der ich lebenslanges Glück finden kann. Aber jetzt wollte ich das alles noch nicht. Im Moment war es nicht das Schlechteste, ein bisschen durch die Betten zu hüpfen. Ich drehte mich zu Luke und Jamie um. Die beiden musterten mich neugierig.

»Bisher habe ich einfach noch nicht die Richtige kennengelernt«, meinte ich ausweichend. Jamie nickte zustimmend. Nach einer kurzen Pause, in der ich mir meine nächsten Worte gut überlegte, fuhr ich fort: »Luke, du hattest Glück, sogar zweimal.«

Ein Schatten huschte über Lukes Gesicht.

»Ich weiß. Ich wünschte ja nur, dass du, nein, dass ihr beide auch dieses Glück hättet.«

»Kein Bedarf vorerst«, meinte ich lässig. »Aber vielleicht erwischt es mich ja irgendwann und ich verliebe mich Hals über Kopf in eine Frau, so wie du dich damals in Pippa verliebt hast. Aber bis dahin genieße ich noch ein bisschen meine Freiheit.«

Luke lächelte: »Na, dann hoffe ich, dass es wirklich nicht Kiki ist.«

»Hey«, warf ich lachend ein. »Du kennst sie doch gar nicht!«

Kiki ist auf ihre komplizierte Art ziemlich einzigartig. Manchmal fällt sie mir echt auf die Nerven, wenn sie sich zum Beispiel so aufführt wie bei unserem Telefonat vorhin. Aber von diesen Momenten mal abgesehen, haben wir doch eine Menge Spaß zusammen, vor allem im Bett. Wahrscheinlich ist das auch der Grund, warum wir immer noch ein Paar sind.

Verschwörerisch zwinkernd gab Luke zurück: »Ich kenne sie nicht persönlich, das stimmt, aber ich habe eine Menge über euch gelesen!«

»Ernsthaft? Du liest alle Artikel?«

»Nur die aus Pippas Vip and Style«, gab Luke schulterzuckend zu. Indes ließ ich mich wieder auf meinen Stuhl fallen und sagte: »So, und jetzt lasst uns lieber von etwas anderem sprechen. Bei diesem ganzen Gefasel über Liebe kriegt man es ja regelrecht mit der Angst zu tun«, ich feixte und schüttelte mich übertrieben.

Jamie grinste angesichts meiner Geste von einem Ohr zum nächsten und enthielt sich jeglichen Kommentars.

Ich räusperte mich. »Guckt ihr das Spiel heute Abend?«, fragte ich und schnitt damit endlich ein anderes Thema an.

Luke lachte. »Nee«, sagte er dann. »Ich bringe gemeinsam mit Pipps Hope und Finn ins Bett. Danach werden wir uns wahrscheinlich auf die Couch kuscheln und einen Film ansehen. Ich glaube heute Abend läuft Wie ein einziger Tag im Fernsehen.«

Jamie und ich warfen uns einen entsetzten Blick zu.

Gemeinschaftlich prusteten wir los. Ich bekam mich gar nicht mehr ein vor Lachen.

»Okay, wer sind Sie? Und was haben Sie mit meinem Bruder angestellt?«, fragte Jamie und hielt sich den Bauch.

»Dein Bruder ist bis über beide Ohren verknallt. Und würde für seine Familie alles tun«, gab Luke grinsend zurück. »Ihr beiden seid doch nur eifersüchtig!«, fügte er hinzu.

»Von wegen. So eine heile Welt wie deine ist doch langweilig«, warf ich feixend ein.

Jetzt war Luke derjenige, der sich eine der Servietten schnappte und sie mir ins Gesicht schleuderte. Dann stimmte er gutgelaunt in unser Lachen ein.

Kapitel 3

Sadie

Während der ganzen Fahrt nach Great Asby hatte ich über meine Entscheidung nachgedacht. Letztendlich hatte ich mich nun doch dafür entschieden, Three Bells für das Social Rehabilitation Programm anzumelden. Doch bevor ich mich auf den Weg zum Gemeindeamt machte, um den Papierkram zu erledigen, musste ich unbedingt bei Lexi im Pub vorbeisehen. Ich wusste, dass sie heute arbeitete.

Ich stieß die schwere Holztür auf. Es tat gut, aus der Sonne zu kommen. Meine Augen mussten sich erst an die Dunkelheit drinnen gewöhnen. Leises Stimmengemurmel schlug mir entgegen. Die meisten Tische waren noch unbesetzt, doch das würde sich um die Mittagszeit schnell ändern. Dann war das Old Murphys meist rappelvoll.

»Hey, Sadie«, begrüßte mich Lexi gut gelaunt und verließ ihren Platz hinter der Bar.

Schnell schloss ich meine Freundin fest in die Arme.

»Hey, Lexi«, murmelte ich an ihrem Hals, bevor ich sie wieder losließ und meine Tasche auf den Tresen legte.

»Was treibt dich denn heute in die Stadt?«

Lexi kehrte hinter die Bar zurück und begann, Gläser zu polieren und einzuräumen. Als sie sich zu mir umsah, musterte sie mich argwöhnisch.

»Ist irgendetwas passiert? Nimm es mir nicht übel, aber du siehst aus, als wärst du ziemlich durch den Wind.«

Einen kurzen Moment überlegte ich, Lexi den neuesten Zwischenfall mit Terry zu schildern, beschloss dann aber, es lieber zu lassen. Der Vorfall lag schon ein paar Tage zurück, aber es stimmte, ich war immer noch ziemlich durcheinander.

»Mir geht`s gut«, erwiderte ich stattdessen. Es fiel mir schwer, Lexi die Wahrheit vorzuenthalten. Ich hatte sie noch nie zuvor angelogen. Aber ich wollte nicht, dass sie sich

Sorgen machte.

»Weißt du etwas über Bills neuen Arbeiter?«, lenkte ich schnell vom Thema ab. Wenn jemand etwas wusste, dann Lexi. Nirgendwo in der Stadt wurde mehr getratscht als im Pub bei einem gemütlichen Feierabendbier.

»Bill war mit seinen Angestellten in letzter Zeit nicht oft hier. Außer ein oder zwei Mal. Viel weiß ich nicht über den Neuen, außer dass sein Name Greg ist und dass er echt süß aussieht.« Lexi zwinkerte mir zu und räumte mehrere Gläser in das Regal hinter sich. Ihr Kommentar entlockte mir ein Lachen. Das war so typisch für sie.

»Wieso fragst du? Warte, du willst doch wohl nicht ebenfalls an diesem Projekt teilnehmen?«

Lexi beugte sich neugierig über den Tresen, stellte ein großes Glas Wasser vor mir ab und wartete auf meine Antwort. Mich wunderte gar nicht, dass Lexi ebenfalls von dem Projekt wusste.

»Ich habe zwar nichts zu trinken bestellt, aber trotzdem vielen Dank.« Erst als ich trank, merkte ich, wie durstig ich eigentlich war.

»Naja, irgendwie schon«, druckste ich schließlich ein bisschen herum und beantwortete Lexis Frage damit nur halbherzig.

»Du meine Güte, Sadie, nun lass dir doch nicht jedes Wort aus der Nase ziehen. Erzähl schon. Willst du mit Three Bells wirklich teilnehmen?«

»Also, um ehrlich zu sein habe ich vor, mich jetzt gleich im Gemeindeamt anzumelden.«

»Hast du dir das auch gut überlegt? Wieso tust du es eigentlich? Steht es so schlecht um die Farm?« Mitleidig musterte mich Lexi und drückte meine Hand.

»Was erzählt man sich denn so?«, stellte ich meine Gegenfrage.

Lexi seufzte schwer. »Du weißt ja, wie die Leute sind. Sie sind froh wenn sie etwas zum Tratschen haben. Im Grunde sind es immer ähnliche Geschichten. Terry posaunt immerzu herum, dass es um Three Bells schlecht stünde, und dass es nur noch eine Frage der Zeit sei, bis du die Löhne für deine Angestellten nicht mehr zahlen kannst. Aber auf Terrys Gerede gibt hier niemand etwas, das weißt du ja.«

Jetzt war ich diejenige, die schwer seufzte.

»Terry hat recht«, gab ich zu. »Bald verkaufe ich die ersten meiner Schafe, dann kommt endlich wieder Geld auf mein Konto. Und das nicht zu knapp, hoffe ich. Aber leider bin ich fast schon gezwungen, bei dem Projekt mitzumachen. Ich brauche dringend eine weitere Arbeitskraft, kann es mir aber nicht leisten, jemanden einzustellen, weil dafür momentan kein Geld da ist.«