Verliebt und zugeschneit - Alexandra Görner - E-Book

Verliebt und zugeschneit E-Book

Alexandra Görner

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Beschreibung

Manche Weihnachtsgeschenke brauchen keine Schleife! Michelle hat alles hinter sich gelassen und ein neues Leben im beschaulichen Riverside, Montana angefangen. Ihr kleiner Laden läuft gut, der erste Schnee ist gefallen und nach ihrem fiesen Ex-Mann, hält sie sich von Männern fern. Doch als Tom plötzlich bei ihr im Geschäft steht, ist sie geneigt alle ihre Vorsätze über den Haufen zu werfen. Der gutaussehende Polizist ist charmant und zuvorkommend, aber Michelle ahnt, dass Tom ebenso an seiner Vergangenheit zu knabbern hat, wie sie an ihrer. Aber Weihnachten steht vor der Tür und zwischen Schneegestöber und Mistelzweig merken die beiden, dass manche Geschenke keine Schleife brauchen…

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Seitenzahl: 375

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Verliebt und zugeschneit

Die Autorin

Alexandra Görner ist 35 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einer kleinen Stadt in Sachsen. Sie arbeitet in einem Zuliefererbetrieb für die Automobilindustrie und schreibt nur in ihrer Freizeit. Die verbringt sie außerdem am liebsten mit ihrer Familie und natürlich mit tollen Büchern.

Das Buch

Michelle hat alles hinter sich gelassen und ein neues Leben im beschaulichen Riverside, Montana angefangen. Ihr kleiner Laden läuft gut, der erste Schnee ist gefallen und nach ihrem fiesen Ex-Mann, hält sie sich von Männern fern. Doch als Tom plötzlich bei ihr im Geschäft steht, ist sie geneigt alle ihre Vorsätze über den Haufen zu werfen. Der gutaussehende Polizist ist charmant und zuvorkommend, aber Michelle ahnt, dass Tom ebenso an seiner Vergangenheit zu knabbern hat, wie sie an ihrer. Aber Weihnachten steht vor der Tür und zwischen Schneegestöber und Mistelzweig merken die beiden, dass manche Geschenke keine Schleife brauchen…

Von Alexandra Görner sind bei Forever erschienen:In der London-City-Reihe (E-Book):Verliebt, verlobt, vielleichtSüße Küsse unterm MistelzweigSie dürfen die Nanny jetzt küssenLand, Luft und LiebeHalbzeitküsseVerlieb dich, verlieb dich nichtHeißkalte Winterküsse

In der Montana-Kisses-Reihe:Verlieben ausdrücklich erlaubtKüssen ausdrücklich erwünschtVerliebt und Zugeschneit

Küssen ist die beste Verteidigung

Alexandra Görner

Verliebt und zugeschneit

Roman

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei ForeverForever ist ein Digitalverlag der Ullstein Buchverlage GmbH, BerlinDezember 2018 (1)

© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2018Umschlaggestaltung: zero-media.net, MünchenTitelabbildung: © FinePic®Autorenfoto: © privatE-Book powered by pepyrus.com

ISBN 978-3-95818-248-6

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Leseprobe: Verlieben ausdrücklich erlaubt

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Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

Tom

»Wer von euch kommt mit auf ein Bier ins McFoley’s?«, fragte Big Mike, als er seine Uniformjacke gerade in den Spind zurückgehängt hatte und lautstark die Tür zuknallte. Big Mike wurde seit jeher so genannt, eben einfach, weil er wirklich riesengroß war, und zwar über zwei Meter.

»Bin dabei«, gab ich knapp zurück. Mittlerweile war es zu einer Art Tradition geworden, dass wir jeden Freitag nach Dienstschluss ein Bierchen im McFoley’s tranken.

Das McFoley’s war eine Bar, die in der Nähe des Reviers lag. Hier waren wir alle gleich. Egal, ob Captain, Detective oder Officer. Dienstgrade existierten im McFoley’s nicht.

»Auf mich müsst ihr heute Abend verzichten«, erwiderte Cade, der mein Partner und gleichzeitig mein allerbester Kumpel war.

»Lässt Penny dich etwa nicht von der Leine?«, gab Big Mike scherzhaft zurück und Cade schüttelte grinsend den Kopf.

»Nee, daran liegt es bestimmt nicht. Ich bin einfach müde. Die Schicht hat mich ziemlich geschlaucht. Ich will nur noch nach Hause und endlich mein Wochenende mit Penny und den Kindern genießen.«

Es stimmte, was Cade gerade gesagt hatte. Die Schicht war anstrengend gewesen. Ich war mindestens genauso fertig und hätte gut daran getan, ebenfalls nach Hause zu fahren. Doch etwas Wesentliches unterschied mich von Cade: Auf mich warteten zu Hause keine hübsche Ehefrau und auch keine drei Kinder. Ich würde den Abend allein in meinem Dreizimmerapartment verbringen. Daher zog ich einen Absacker im McFoley’s vor.

»Vergiss es, Kumpel, die Ausrede lasse ich nicht gelten. Außerdem schuldest du Tom noch ein Bier«, erwiderte Big Mike und wandte sich dann an mich. »Stimmt doch, oder?«

Ich nickte. »Ich fürchte, Big Mike hat tatsächlich recht. Komm schon. Penny wird es sicher verkraften, wenn sie noch ein paar Stunden auf dich verzichten muss.«

Cade schüttelte grinsend den Kopf. »Ihr beiden nervt wirklich gewaltig. Na gut, meinetwegen, dann lasst uns gehen. Aber ich bleibe nur auf ein Bier. Vorher muss ich allerdings Penny Bescheid geben und ihr sagen, dass ich später nach Hause kommen werde. Hoffentlich ist sie nicht sauer.«

Big Mike entblößte seine perfekten weißen Zähne und klopfte Cade zufrieden auf die Schulter. »Das ist doch mal ein Wort, mein Freund.«

»Verfluchter Regen«, schimpfte Cade, als er hinter mir das McFoley’s betrat. Die Bar war bereits gut besucht. An einer Wand hing ein großer Flachbildfernseher, auf dem gerade die Liveübertragung eines Baseballspiels gezeigt wurde. Die Mannschaft aus Boston lag vorne. Dementsprechend ausgelassen und laut war die Stimmung in der Bar. Gut gelaunt schüttelte ich mir die Regentropfen von der Jacke. »Ach komm schon, das bisschen Regen wird dir doch wohl nicht die Laune verderben.«

»Denk an meine italienischen Wurzeln. Mit Regen kann ich nicht besonders viel anfangen«, gab Cade schmunzelnd zurück und ich erwiderte sein Grinsen.

»Wo bleibt ihr zwei denn?«, rief uns Big Mike über die Schulter hinweg zu. Er hatte es sich schon auf einem freien Barhocker gemütlich gemacht und winkte uns jetzt ungeduldig zu sich heran.

Gemeinsam gesellten wir uns zu ihm an den Tresen. Während sich Cade setzte, zog ich es vor, stehen zu bleiben.

Ian McFoley, der Inhaber der Bar, kam zu uns. Er hatte rotes Haar und seine Wangen waren von einem ebenso dichten roten Bart bedeckt. Tiefe Falten hatten sich in seine Stirn eingegraben und er sah mindestens zehn Jahre älter aus, als er in Wirklichkeit war. Daran seien die langen Nächte, der Alkohol und seine zwei verflossenen Ehefrauen schuld, behauptete er gerne. Die McFoleys waren aus Irland eingewandert und lebten schon seit Generationen in Amerika. McFoley liebte es, derbe Witze zu machen, und doch blieb er stets freundlich. Er behandelte alle gleich. Deshalb mochten es die Cops der Stadt, herzukommen.

Er begrüßte uns mit einem leichten Grinsen. »Ihr drei seht aus, als hättet ihr einen anstrengenden Tag hinter euch«, stellte er fest, als er in unsere Gesichter blickte.

»Kann man wohl sagen«, gab Cade zurück.

McFoley schob uns allen ein Bier zu, ohne dass wir es extra hätten bestellen müssen.

Dankend nahmen wir unsere Flaschen entgegen und Cade zückte seine Geldbörse.

»Das geht auf mich«, verkündete er.

Big Mike schaute Cade fragend an.

»Du lädst uns alle auf ein Bier ein? Gibt es irgendwelche Neuigkeiten, die du uns noch nicht verraten hast?«, wollte er wissen.

Cade strahlte von einem Ohr zum anderen und ich hatte sofort eine Ahnung, warum er so unglaublich glücklich aussah.

»Penny ist wieder schwanger«, erzählte er einen Moment später. Meine Vermutung war richtig gewesen.

Big Mike nickte anerkennend und konnte sich ein breites Lachen nicht verkneifen. »Das nenne ich mal fleißig«, scherzte er.

»Hey, hört mal alle zu«, rief er plötzlich über die beachtliche Lautstärke, die in der Bar herrschte, hinweg. Big Mike war im McFoley’s mindestens so bekannt wie Ian McFoley selbst, und so bekam er mühelos die nötige Aufmerksamkeit, die er brauchte.

Vor allen anwesenden Cops schlug er Cade anerkennend auf den Rücken.

»Mein Kumpel hier wird wieder Vater, und zwar zum vierten Mal«, verkündete er prompt und Cades Wangen überzogen sich mit einer gesunden Röte. Auch ich musste breit grinsen. Mike war einfach unverbesserlich.

Alle Gäste erhoben ihre Gläser und riefen Cade ihre Glückwünsche zu. Cades Wangen hatten sich angesichts der Aufmerksamkeit, die ihm zuteilwurde, noch eine Nuance dunkler gefärbt. Ich kannte Cade seit der Polizeischule und wusste, wie er es hasste, im Mittelpunkt zu stehen.

Auch Ian McFoley, der selbst fünf Kinder aus seinen zwei Ehen hatte, raunte Cade seine Glückwünsche zu, und dann rief er über die gewaltige Geräuschkulisse hinweg: »Eine Runde Freibier für euch alle.«

Die Meute flippte förmlich aus und trommelte mit den Händen auf den Tischen herum. Die Stimmung wurde immer ausgelassener. Auch Cade schien sich zum Glück langsam zu entspannen. Ich klopfte ihm auf den Rücken und er lachte übermütig.

Wie versprochen versorgte McFoley alle mit Freibier.

»Auf Penny, auf dich und deine drei Jungs, und natürlich auf den kleinen Hosenscheißer, der eure Nächte demnächst gehörig kürzer machen wird«, prostete Mike Cade zu, der ebenfalls die Flasche erhoben hatte.

Wir alle stießen kräftig an.

»Wisst ihr eigentlich schon, ob es ein Junge oder ein Mädchen wird?«, fragte ich, nachdem ich einen Schluck Bier getrunken hatte.

Cade schüttelte den Kopf. »Nein, dafür ist es noch zu früh. Das werden wir erst in ein paar Wochen erfahren.«

»Vielleicht bekommt ihr nach drei Jungs dieses Mal ein Mädchen«, erwiderte ich und brachte mit meiner Antwort Big Mike ungewollt auf die nächste Idee.

McFoley lehnte am zerschrammten Tresen und sammelte unsere Kronenkorken ein. »Wie wäre es mit einer Wette?«, schlug Mike vor. McFoley schaute interessiert drein. In seiner Bar liefen ständig irgendwelche Wetten.

»Also, wer stimmt für ein Mädchen und wer für einen Jungen?«, fragte Big Mike in die Runde. McFoley zückte sofort ein Stück Kreide und begann, damit auf die Tafel, die hinter dem Tresen an der Wand angebracht war, zu kritzeln. Belustigt sah ich dabei zu, wie sich die Tafel mehr und mehr füllte. Alle Anwesenden gaben einen Tipp ab. Am Ende zählte McFoley die Stimmen aus und das Ergebnis war eindeutig. Die Mehrheit tippte auf ein Mädchen.

Ich grinste breit, während Big Mike Cade lachend auf die Schulter schlug.

»Wenn es wirklich ein Mädchen wird, musst du uns natürlich allen ein Bier spendieren«, sagte Big Mike, während seine Augen belustigt aufleuchteten.

»Geht klar«, gab sich Cade geschlagen und fügte dann feixend hinzu: »Aber geduldet euch, Jungs. Vielleicht verrate ich euch das Geschlecht des Babys, sobald Penny und ich davon erfahren haben. Vielleicht lasse ich euch aber auch bis zur Geburt zappeln. Das macht mehr Spaß.«

»Spielverderber«, erwiderte Big Mike und nahm einen Schluck aus seiner Flasche. Alle lachten und die Stimmung war großartig, genauso, wie es an einem Freitagabend sein sollte, wenn ein langes freies Wochenende vor einem lag. Cade trank sein Bier leer und erhob sich dann von seinem Barhocker. »Ich verschwinde jetzt. Ich will nach Hause zu meiner Frau und dann endlich ins Bett.«

Ich grinste ein bisschen breiter. »Ich kann dich verstehen, mein Freund. Wenn ich so eine Frau wie du zu Hause hätte, könnte ich es auch nicht erwarten, heimzukommen.«

Cade schnappte sich seine Jacke und schlüpfte hinein. Während er den Reißverschluss zuzog, fragte er mich: »Apropos Frauen, was ist eigentlich mit Jessica und dir?«

Jessica war meine Nachbarin. Vor einigen Wochen hatten wir begonnen zu daten. Der Abend endete meistens in ihrem oder meinem Bett. Aber es war nichts Ernstes zwischen uns. Das wussten wir beide. Also hatten wir beschlossen, lediglich ein bisschen Spaß miteinander zu haben, und Jessica war mit dieser Vereinbarung mehr als einverstanden.

Ich zuckte als Erwiderung auf Cades Frage lediglich mit den Schultern. »Nichts Ernstes, Kumpel, und dabei wird es auch bleiben«, fügte ich bekräftigend hinzu.

Ich trank mein Bier leer und schnappte mir kurzerhand ebenfalls meine Jacke. Auch wenn niemand auf mich wartete, beschloss ich, nach Hause zu fahren.

Wir verabschiedeten uns von Big Mike und dem Rest der Truppe, die mittlerweile eine Traube um uns gebildet hatte.

Der Regen war stärker geworden, als wir die Bar verließen, und ich zog mir die Kapuze über den Kopf, um mich vor Nässe und Kälte zu schützen. Cade, der neben mir herging, hatte die Hände tief in den Taschen seiner Jeans vergraben. Wir waren erst ein paar Schritte gegangen, als mir ein Kerl auffiel, der sich neben einem geparkten Auto herumdrückte. Er hatte eine schwarze Strickmütze tief ins Gesicht gezogen. Seine Bewegungen wirkten hektisch, fahrig, und mir war klar, da stimmte etwas nicht.

Ich stieß Cade meinen Ellenbogen in die Seite und er schaute mich fragend an. Ich deutete mit einem leichten Nicken in die Richtung des Typen, der sich jetzt tatsächlich am Auto zu schaffen machte.

Cade warf mir einen kurzen Blick zu. Wir waren nicht mehr im Dienst. Und eigentlich wollten wir beide nur noch nach Hause. Wenn wir jetzt einschritten, würde das eine Menge Papierkram nach sich ziehen. Ich verlangsamte meine Schritte dennoch, bevor ich schließlich ganz zum Stehen kam. Ich konnte doch nicht einfach zuschauen, wie sich der Kerl mit dem Wagen vom Acker machte. Cade blieb nur widerwillig stehen. »Lass uns eine Streife anfordern«, schlug er vor. »Die werden sich darum kümmern.«

Doch ich schüttelte den Kopf. »Bis dahin wird er längst weg sein«, gab ich zu bedenken.

»Und überhaupt, wer ist so bescheuert und klaut vor einer Bar, in der es offensichtlich von Cops wimmelt, einen Wagen?«

Ohne auf Cades Einwände einzugehen, näherte ich mich dem Typen und sprach ihn schließlich an. Dabei legte ich meine Hand auf den Griff meiner Waffe, die ich auch nach Dienstende tragen durfte, und zog meine Glock dann aus dem Holster. »Boston Police, treten Sie vom Wagen zurück«, rief ich.

Cade und ich kamen noch ein Stück näher, bis der Mann endlich vom Wagen abließ und zu uns herschaute. Er war nicht verrückt, zumindest nicht nur. Sondern schlimmer – er war total high. Zugedröhnt bis in die Haarspitzen. Das konnte ich ihm ansehen.

Er wühlte in seiner Tasche und Cade und ich hielten unsere Waffen weiter auf ihn gerichtet. »Sofort die Hände hoch«, befahl Cade dem Typen und zielte auf seinen Oberkörper. Aber der dachte gar nicht daran, dieser Anweisung Folge zu leisten. Menschen im Drogenrausch sind nicht zu unterschätzen. Aus dem Augenwinkel sah ich, dass die Tür zur Bar aufschwang, und einen kurzen Moment später vernahmen wir Big Mikes dunkle Stimme. Er rief uns zu: »Hey, Cade, du hast dein Handy auf dem Tresen liegen lassen.«

Big Mike hatte den Ernst der Lage scheinbar nicht überrissen, sonst wäre er nicht so unvorsichtig gewesen.

Trotzdem war es dieser eine Moment der Unachtsamkeit. Wir begingen den größten Fehler, den ein Cop machen kann. Wir ließen uns ablenken, waren nicht mehr hundertprozentig auf den Typen vor uns fokussiert. Ein Fehler, der sich brutal rächen sollte. Was dann geschah, werde ich mein Lebtag nicht vergessen. Es war Cades Stimme, die mich hektisch herumfahren ließ.

»Waffe, Waffe«, brüllte Cade. Der Regen war inzwischen heftiger geworden. Flüchtig sah ich etwas Silbernes, Metallisches aufblitzen, dann zerrissen Schüsse die scheinbare Unbeschwertheit dieses Abends.

Der Mann ballerte wild um sich, fuchtelte mit seiner Kanone und zielte auf jeden, der sich bewegte.

Es ging alles so schnell. Wir suchten Deckung. Dann fielen noch mehr Schüsse und Schreie erklangen. Immer mehr Cops drangen jetzt aus der Bar zu uns auf die Straße. Sirenen näherten sich in einiger Entfernung.

Irgendetwas war mit meinem Bein passiert, ein stechender Schmerz durchfuhr mich plötzlich. Doch dank des Adrenalins, das in meinem Körper pulsierte, kam ich nicht auf die Idee, mich um den Schmerz und dessen Ursache zu kümmern.

Stattdessen suchte ich hinter einem parkenden Auto Schutz. Mein Atem ging schnell und stoßweise, aber meine Hände zitterten nicht. Ich feuerte und gab mehrere Schüsse auf den Irren ab, der sich ebenfalls hinter das Auto, das er eben noch klauen wollte, duckte. Aus meiner Deckung sah ich, wie er zu Boden ging und schließlich auf dem nassen Asphalt aufschlug. Mir war nicht klar, ob ich getroffen hatte, oder vielleicht Cade oder ein anderer Kollege. Der Typ schien vorübergehend außer Gefecht gesetzt zu sein, das war das einzig Wichtige.

Schnaufend rappelte ich mich hoch. Ein Cop, den ich nur flüchtig kannte, rannte zu dem Typen, um ihn festzunehmen, ihm Handschellen anzulegen, oder einfach nur, um zu checken, ob er überhaupt noch atmete. Mühsam kam ich auf die Beine. Der Schmerz wurde heftiger. Meine Jeans klebte an meinem rechten Oberschenkel. Ich tastete nach meinem Bein. Ich war vom Regen völlig durchnässt, als ich mich umdrehte.

Big Mike kniete am Boden. Zuerst begriff ich nicht, was passiert war. Aber dann sah ich eine dunkle Gestalt, die vor ihm auf der Straße lag und von mehreren Cops umringt wurde.

»Officer verletzt«, hörte ich eine mir fremde Stimme in ein Funkgerät brüllen, und dann erst wurde mir richtig bewusst, dass es Cade war, der bewegungslos dalag. Ich bahnte mir einen Weg zu meinem besten Freund und sank mit schmerzverzerrtem Gesicht neben ihn auf die Knie.

»Verflucht noch mal«, murmelte ich, als ich nach seiner Hand griff. Sie war eiskalt und sein Gesicht war schneeweiß. Cades Kleidung war ebenfalls komplett durchnässt von seinem Blut und vom Regen, der noch immer klatschend auf dem Boden aufschlug. Irgendwer presste ein paar Stofffetzen auf Cades Brust und versuchte hartnäckig, die Blutung zu stoppen.

»Er wurde in den Oberkörper getroffen. Zweimal, glaube ich«, erklärte der Polizist. Seine Stimme zitterte leicht. Der Kerl sah noch so jung aus, wahrscheinlich frisch von der Polizeischule, dachte ich flüchtig.

»Draufdrücken«, befahl ich und tastete nach Cades Puls, der nur noch ganz schwach zu fühlen war.

»Das mache ich. Ich lasse nicht los«, stotterte der Grünschnabel.

Wo blieb der verdammte Krankenwagen?

Cades Augenlider flatterten, als er seinen Kopf langsam zur Seite drehte, um mich anzuschauen.

»Mich hat es erwischt«, brachte Cade gequält hervor und mir trieb es angesichts seiner Worte die Tränen in die Augen.

»Das wird wieder«, gab ich zurück. Doch es war nur ein schwacher Versuch, meinen besten Freund zu beruhigen.

»Du musst durchhalten«, sprach ich ihm weiter Mut zu. »Denk an Penny und deine Kinder. Gott, du wirst doch bald Vater«, schrie ich gegen den heftigen Regen und den Lärm an. Ich packte Cades Hand, drückte fest zu. »Du stirbst heute nicht«, befahl ich ihm und war kaum noch imstande, meine Verzweiflung zu verbergen. »Halte durch, mein Freund. Bitte, halte durch«, flehte ich. Mein Puls raste, meine Atmung ging unkontrolliert.

Mit quietschenden Reifen kamen zwei Streifenwagen und ein Krankenwagen dicht neben uns zum Stehen. Die Türen des Krankenwagens wurden aufgerissen und zwei Sanitäter sprangen heraus.

»Officer verletzt«, rief Big Mike.

Widerwillig ließen der Grünschnabel und ich von Cade ab und machten den Sanitätern Platz. Ich wollte meinen besten Freund nicht allein lassen.

Die Sanitäter rissen Cades Jacke und sein Shirt auf, um sich einen schnellen Überblick zu verschaffen. Dann fingen die beiden sofort mit der Erstversorgung an. Noch mehr Polizisten und Sanitäter tauchten auf. Zwei von ihnen schleppten eine Trage herbei. Überall klebte Blut und es wurde einfach nicht weniger.

»Im Moment ist er nicht transportfähig«, hörte ich den Arzt sagen, der jetzt an Cades Seite kniete.

Mir wurde furchtbar übel. Meine Beine zitterten und ich ließ mich einfach wieder auf die dreckige, nasse Straße sinken. Plötzlich fing Cade an zu husten. Mit schmerzverzerrtem Gesicht blickte er in meine Richtung. Ich dachte, er wollte etwas sagen, und ich versuchte in all dem Durcheinander, nah genug an meinen besten Freund heranzukommen, ohne die Arbeit der Sanitäter und des Arztes zu behindern.

Cade streckte die Hand nach mir aus und ich packte fest zu. Ich blieb an seiner Seite. Ich strengte mich wirklich an, ihn zu verstehen. Aber Cade brachte nur noch ein Röcheln zustande.

»Er kollabiert«, schrie plötzlich der Arzt. Unsere Hände wurden auseinandergerissen. Sie versuchten alles, um Cades Leben zu retten. Doch Cades leises Röcheln wurde schließlich in einem Schwall von Blut erstickt. Hilfesuchend musste ich zuschauen, wie das Leben in Cades Augen erlosch und sein Körper auf dem nassen Asphalt erschlaffte.

»Nein, nein, wach auf, verdammt! Jetzt wach schon auf!«, rief ich völlig von Sinnen.

Irgendwie kam ich wieder auf die Beine. Das durfte nicht sein. Nicht Cade! Er war doch der Beste von uns allen. Tränen schnitten mir die Luft ab.

Der Arzt mühte sich ab, um Cade zurückzuholen. Unermüdlich starteten sie ihre Wiederbelebungsversuche und gaben nicht auf. Aber sie hatten keinen Erfolg und stellten schließlich alle Reanimationsversuche ein.

Völlig verzweifelt sank ich erneut zu Boden, glitt ins absolute Nichts. Cade war tot. Mein bester Freund war tot. Auf offener Straße niedergeschossen. Mir wurde vor Verzweiflung, Wut und Zorn ganz schwarz vor Augen. Schwindel überkam mich und dann fühlte ich die kalte Straße unter mir, als ich endlich zum Liegen kam. Ich spürte einen dumpfen Schmerz, der meinen Körper durchzuckte, und den Regen auf meinem Gesicht. In meinem Mund breitete sich der metallische Geschmack von Blut aus.

Es hörte sich an, als würde aus weiter Ferne jemand rufen. »Er hat einen Schuss ins Bein abbekommen.« War ich damit gemeint?

Alle Geräusche waren gedämpft und leise. Es fühlte sich an, als hätte mich irgendwer in Watte gepackt. Jemand zerrte an mir. Lasst mich in Ruhe, wollte ich sagen. Doch meine Zunge war wie festgeklebt. Kein Wort bekam ich über die Lippen. Ich versuchte die Augen zu öffnen, es gelang mir aber nicht. Ich musste an Cade denken. Fantasierte ich vielleicht, war das nur ein Albtraum? Ich wünschte es mir so sehr. Ich wollte weit weg sein, weit weg von allem. Dann wurde ich ganz ruhig. Ich fühlte keine Schmerzen mehr und auch keine Ängste. Da war nur Leere und Stille. Herrliche Stille. Und dann fühlte ich nichts mehr.

Kapitel 2

Zwei Monate später

Tom

»Was zum Teufel stimmt nicht mit dir?« Wütend warf Brian Flynn, mein neuer Streifenpartner, seine Mütze auf den Tisch und funkelte mich zornig an. »Ich hätte eben draufgehen können, nur weil du gezögert hast, deine Waffe einzusetzen.«

Brian spuckte Gift und Galle. All seine Emotionen, die sich in den vergangenen Wochen nach Cades Tod angestaut hatten, drangen nun an die Oberfläche.

»Ich weiß selbst, dass ich gerade totalen Bockmist gebaut habe.«

»Soll das etwas deine Entschuldigung sein?«

»Jetzt beruhige dich wieder«, mischte sich Big Mike in unsere Auseinandersetzung ein.

»Ich soll mich beruhigen?«, ereiferte sich Brian und war kurz davor, Mike und mir an die Gurgel zu springen.

Mit seinem Zeigefinger deutete er aufgebracht auf mich. »Wie soll ich meinen Job machen, wenn ich mich nicht auf meinen Partner verlassen kann? Bei der Drogenrazzia eben wäre ich fast abgeknallt worden, nur weil du gezögert hast, deine Waffe zu benutzen. Der einzige Grund, warum ich noch lebe, ist der, dass die Knarre des Dealers Ladehemmung hatte«, donnerte Brian, und dann fügte er hinzu: »Ich will nicht der Nächste sein, der wegen dir draufgeht.«

Brians Worte hingen zwischen uns in der Luft. Alle Anwesenden schienen vor Spannung den Atem anzuhalten.

»Hör schon auf, dich wie ein Arschloch zu benehmen«, fuhr Big Mike ein weiteres Mal dazwischen. Die lautstarke Auseinandersetzung zwischen Brian und mir hatte längst alle Aufmerksamkeit auf sich gezogen.

Brian hatte nur das ausgesprochen, was wohl jeder der Anwesenden dachte. Und vor allem hatte er auch meine eigenen Gedanken in Worte gefasst. Cades Tod hatte mich hart getroffen. Mich mitgenommen, verändert und gezeichnet. Ich machte mir heftige Vorwürfe. Wir hätten den Typen laufen lassen sollen. Aber wir waren Cops und konnten doch nicht wegschauen, wenn ein Verbrechen geschah. Heute wünschte ich, ich hätte auf Cade gehört und wir hätten einfach eine Streife angefordert. Dann hätte er nach Hause zu Penny fahren können. Er hätte seine Frau in die Arme nehmen, sie küssen können. Seine Kinder hätten ihren Vater nicht verloren und Penny nicht ihren Mann. Das Baby würde nun seinen Vater niemals kennenlernen, und das war einzig und allein meine Schuld.

Big Mike klopfte mir auf die Schulter. Das war seine Art, mir zu sagen, dass ich Brians Worten keine Bedeutung beimessen sollte. Doch wie konnte ich das nicht? Wenn doch alles, was er gerade gesagt hatte, der Wahrheit entsprach.

Bei der Razzia war ich wie gelähmt gewesen. Für ein paar Sekunden hatte ich mich nicht rühren können, bevor ich endlich wieder bei Sinnen war und den Typen mit einem Beinschuss außer Gefecht gesetzt hatte. Doch dieses Zögern hätte Brian das Leben kosten können. Genau wie es Cades Leben gekostet hatte.

»Was zum Teufel ist hier los?« Captain Turner steckte seinen Kopf aus seiner Bürotür.

Brian wandte sich zu ihm um.

Aber noch bevor er den Mund aufmachen konnte, ergriff ich schon das Wort.

»Ich habe Mist gebaut«, gab ich unverhohlen zu. Ich war niemand, der sich hinter fadenscheinigen Ausflüchten versteckte. Wenn ich etwas falsch gemacht hatte, und das war definitiv gerade der Fall, stand ich auch dazu.

Der Blick des Captains huschte von mir zu Brian, der mittlerweile neben mich getreten war, und kehrte dann zu mir zurück.

»Ihr beiden, sofort in mein Büro«, sagte er knapp.

Für einen kurzen Augenblick schloss ich die Augen. Würde das Ganze denn nie ein Ende haben? Resigniert öffnete ich die Augen wieder und folgte schließlich Brian, der bereits vorgegangen war.

Die Tür fiel hinter mir ins Schloss und ich ließ mich auf einen Stuhl direkt vor Captain Turners Schreibtisch sinken.

»Was ist passiert?«, wollte unser Boss wissen.

Brian warf mir einen flüchtigen Blick zu. Ich jedoch sah unverwandt Captain Turner an und begann unverzüglich zu sprechen, ohne Brian zu Wort kommen zu lassen.

Ich musste dem Captain unseren letzten Einsatz nicht erklären, er wusste, weshalb man uns angefordert hatte. Was er nicht wusste, war, was vorgefallen war.

»Auf Brian wurde heute eine Waffe gerichtet. Ich hatte freies Schussfeld und habe trotzdem gezögert zu schießen. Meine Reaktion hätte für Brian tödlich enden können«, gab ich zu, während sich in meinem Magen ein dicker Kloß formte. Was, wenn der Dealer Brian wirklich abgeknallt hätte? Verflucht noch mal, an etwas Derartiges durfte ich gar nicht denken.

Meine Gedanken waren wieder bei Cade, wie er blutend auf der Straße lag. Mitten im Regen und im Straßendreck. Es machte mich jeden Tag aufs Neue fertig. Nachts wälzte ich mich oft stundenlang im Bett herum und fand doch keinen Schlaf. Tagsüber war ich meist so müde, dass ich mich kaum konzentrieren konnte. Seit Cades Tod war nichts mehr wie vorher.

»Stimmt das, was Tom sagt?«, fragte der Captain Brian, der bis jetzt zwangsläufig geschwiegen hatte.

Ich spürte Brians Blick auf mir und merkte ihm sein Unbehagen an. Dass die Geschichte auf dem Tisch des Captains landete, hatte er womöglich nicht gewollt. Zumindest machte er gerade den Eindruck. Tja, zu dumm. Daran ließ sich jetzt nichts mehr ändern.

Brian nickte zögernd. »Ja schon, aber es waren nur ein paar Sekunden«, gab er zu bedenken.

»Ein paar Sekunden zu viel«, erwiderte Captain Turner und ich konnte ihm nur recht geben. Bei Cade waren es auch nur Sekunden gewesen und er war draufgegangen.

»Lass uns allein, Brian. Ich will mit Tom unter vier Augen sprechen.«

Leise seufzend schob Brian seinen Stuhl zurück und stand auf. Zögernd blieb er stehen. Sein Blick huschte vom Captain zu mir.

»Ich will es nicht noch einmal sagen«, fügte Captain Turner nachdrücklich hinzu.

»Bin schon weg«, murmelte Brian und verließ dann das Büro.

Als die Tür hinter Brian ins Schloss gefallen war, hob Captain Turner an: »Du hast die Wiedereingliederung nach deinem Krankenhausaufenthalt geschafft. Die Gespräche mit dem Psychologen hast du auch abgeleistet. Beide haben mir attestiert, dass du wieder voll und ganz einsatzfähig bist, und doch ist dir heute dieser Schnitzer unterlaufen. Also, woran lag es? Hast du eine Erklärung dafür?«

Turners scharfer Blick durchbohrte mich und brachte mich zum Schwitzen. Ich hätte lügen können. Vielleicht wäre ich sogar damit durchgekommen. Aber nein, ich zog es vor, ehrlich zu sein. Niemandem half es, wenn ich log. Außerdem hatte ich eine Ahnung, dass Captain Turner die Wahrheit ohnehin kannte. Im Grunde musste man nur eins und eins zusammenzählen.

Er deutete mein kurzes Schweigen richtig.

»Es ist Cades Tod, der dich noch immer belastet, dich nicht zur Ruhe kommen lässt«, schlussfolgerte er und traf damit meinen Gemütszustand haargenau.

Seufzend lehnte ich mich in meinem Stuhl zurück, strich mir mit der flachen Hand über die Haare und nickte. »Ja. Es sind die Schuldgefühle, die mich quälen. Sie lassen mich einfach nicht los. Als der Dealer die Waffe auf Brian gerichtet hatte, hatte ich eine regelrechte Blockade. Für ein paar Sekunden konnte ich mich einfach nicht bewegen. Das hätte schlimme Folgen haben können.«

Nach einer kleinen Pause erwiderte Captain Turner: »Aber dann hast du reagiert.«

Ich nickte. »Mag sein. Doch dass heute niemandem etwas passiert ist, war nicht mein Verdienst. Dass die Waffe des Dealers Ladehemmung hatte, war einfach Glück. Sonst nichts.«

Turner rieb sich mit der flachen Hand übers Gesicht. Eine Geste, die er häufig ausführte, wenn er eine schwere Entscheidung treffen musste.

Nachdenklich schaute er mich an, dann sagte er bestimmt: »Ich will, dass du noch einmal mit dem Polizeipsychologen über deine Probleme und Ängste sprichst. Du musst mit Cades Tod abschließen, so schwer es auch erscheinen mag. Ich kann auf meinem Revier keinen Cop brauchen, der nicht hundertprozentig einsatzfähig ist.«

»Was, wenn ich das nicht tue?«, fragte ich geradeheraus. Was sollte es schon bringen, noch einmal mit dem Psychologen zu quatschen? Das erste Mal hatte mir schließlich auch nicht wirklich geholfen.

Turners Finger trommelten auf die Schreibtischplatte. »Das war keine Bitte. Sondern ein Befehl«, gab er mir unmissverständlich zu verstehen und dann fügte er erklärend hinzu: »Sonst muss ich zu drastischeren Maßnahmen greifen.«

»Eine Suspendierung.« Keine Frage, nur eine Feststellung.

Captain Turner nickte langsam. »Wenn es sein muss, dann ja. Allerdings wäre es mir lieber, du würdest meinem Befehl Folge leisten.«

Weitere Sitzungen mit dem Polizeipsychologen kamen für mich allerdings nicht infrage. Natürlich wollte ich mit Cades Tod abschließen, so gut es eben ging. Aber ich hatte vor, es auf meine Weise zu tun, und nicht auf Turners.

Daher war es nicht nötig, dass er mich um meine Polizeimarke und Waffe bat. Ich schob den Stuhl zurück, stand auf und legte ihm dann beides unaufgefordert auf den Schreibtisch. Captain Turner starrte ein paar Sekunden wortlos auf meine Marke und die Waffe.

»Rede mit dem Psychologen«, beschwor er mich eindringlich.

»Nein, ich denke, das werde ich nicht tun«, erwiderte ich und wandte mich zum Gehen. Der Captain hielt mich zurück.

Als ich mich umdrehte, hielt er meine Waffe und Dienstmarke hoch. »Wenn du diese beiden Gegenstände jemals wiederhaben willst, befolgst du meinen Befehl! Ist das klar?«

Mein Blick bohrte sich in seinen.

»Völlig klar!«, gab ich zurück. Das Problem war nur – wollte ich Marke und Waffe tatsächlich überhaupt wiederhaben? Ich hätte schließlich auch nicht gedacht, dass es so einfach sein würde, beides abzugeben. Seit Cades Tod stellte ich alles infrage, meinen Job, mein Leben, einfach alles.

»Wenn das alles war, werde ich jetzt nach Hause fahren«, sagte ich und Captain Turner nickte langsam.

»Ja, das war alles.«

Wortlos machte ich erneut kehrt, riss die Tür auf und verließ Turners Büro. Als ich die Tür hinter mir geschlossen hatte, waren mir die Blicke aller Anwesenden sicher. Aber das scherte mich nicht. Ich ging einfach an den Schreibtischen vorbei, direkt auf die Fahrstühle zu.

»Was ist passiert?«, fragte Big Mike, der mich aufzuhalten versuchte, indem er mich am Arm packte.

Ich schüttelte seinen Griff ab. Ich wollte nicht reden und hatte keine Lust auf Erklärungen. Deshalb ließ ich Big Mike einfach stehen und verließ, ohne zu zögern, das Revier.

»Du siehst ziemlich fertig aus.« Es war Jessies Stimme, die mich innehalten und herumfahren ließ.

Nachdem ich das Revier verlassen hatte, war ich auf dem schnellsten Weg nach Hause gefahren. Jetzt stand ich vor meiner Wohnungstür und war gerade dabei, aufzuschließen, als Jessie aufgetaucht war.

»An deinen Komplimenten solltest du noch etwas arbeiten«, gab ich zurück.

Ein flüchtiges Lächeln huschte über Jessies Gesicht, während ich die Tür öffnete und sie im Türrahmen stehen blieb.

»Was ist denn passiert? Hattest du einen harten Tag?«

Ich blickte sie einen Augenblick nachdenklich an. Ich wäre jetzt lieber allein gewesen. Doch einfach wegschicken wollte ich sie auch nicht. Daher sagte ich: »Ja, es war einfach ein anstrengender Tag.«

»Möchtest du darüber reden?«, fragte sie.

Aber ich schüttelte den Kopf. »Nein, eigentlich nicht.«

Schweigen dehnte sich zwischen uns aus und Jessie blickte mich aus großen braunen Augen an. Sie lächelte. Ein Lächeln, das ihre Augen strahlen ließ und gleichzeitig so viel versprach. Vergnügen, kurzweilige Ablenkung, Spaß.

Ich überlegte. Denn plötzlich stand mir nicht mehr der Sinn danach, allein zu sein.

»Du kannst reinkommen, wenn du willst.«

Ihr Lächeln wurde breiter.

»Na, und ob ich das will«, erwiderte sie und betrat dann mein Apartment.

Sie bewegte sich in meiner Wohnung, als wäre sie hier zu Hause. Das war sie ja auch fast, wenn man bedachte, dass wir uns meist drei-, manchmal auch viermal die Woche trafen. Je nachdem, wie oft wir Lust hatten.

Auf dem Weg in die Küche ließ sie ihre Jacke auf meine Wohnzimmercouch fallen. Ich folgte ihr, und als ich ebenfalls meine Küche betrat, hatte Jessie schon die Tür meines großen silbernen Edelstahlkühlschranks geöffnet und nahm zwei Flaschen Bier heraus.

»Hier, für dich«, sagte sie und reichte mir eine Flasche. »Du siehst aus, als ob du eins vertragen könntest.«

Wortlos nahm ich die Flasche entgegen, schraubte den Deckel ab und warf ihn in den Mülleimer.

Jessie schwang sich leichtfüßig auf meine Arbeitsplatte und schraubte ihre Flasche ebenfalls auf. Den Deckel warf sie neben sich ins Spülbecken.

»Und du willst wirklich nicht darüber reden?«, fragte sie, um sicherzugehen, während sie das kühle Bier an die roten Lippen führte und trank. Gebannt schaute ich ihr zu und schüttelte dann erneut den Kopf. »Nein, das will ich wirklich nicht.«

Jessie ließ schließlich die Flasche sinken, blickte mich aus großen Augen an. »Und was möchtest du stattdessen tun?«, fragte sie plötzlich aufreizend.

Ich stand jetzt vor ihr, stellte mein Bier neben ihrem Oberschenkel ab. Dann nahm ich ihr ihre Flasche aus der Hand und stellte sie zu meiner auf die Arbeitsplatte. Jessies Hände ruhten auf ihren Oberschenkeln, während sie mich weiterhin fragend anschaute.

»Ist es eigentlich Zufall, dass dein Kleid so weit nach oben gerutscht ist?«

Jessie betrachtete ihre halb entblößten Schenkel. Das verführerische Lächeln, das sie mir gleich darauf schenkte, ließ mein Herz schneller schlagen. Sie öffnete die Beine ein Stückchen weiter und gewährte mir einen herrlichen Blick auf die Innenseiten ihrer Oberschenkel.

»Nein«, flüsterte sie dann neckend, während sie sich leicht über die Unterlippe leckte. Mein Herzschlag beschleunigte sich abermals, als ich daran dachte, was ich jetzt am liebsten mit ihr anstellen würde.

»Und dass ich jetzt die Knöpfe an meinem Ausschnitt öffne, ist übrigens auch kein Zufall«, fügte sie vielsagend hinzu.

Mein Blick wanderte zu ihrem sexy Dekolleté. Abwartend schaute ich ihr dabei zu, wie sie nach und nach die kleinen Perlmuttknöpfe löste.

Mit verruchtem Blick sah sie zu mir auf, als der letzte Knopf geöffnet war und der Stoff ihres Oberteils vorne auseinanderfiel. Sie trug keinen BH und der Anblick war umwerfend.

»Jetzt komm schon her«, forderte sie mich auf. Während ich mich auf sie zubewegte, öffnete sie die Beine noch ein bisschen mehr. Es fühlte sich gut an, zwischen ihren Schenkeln zu stehen. Leise seufzend drängte sie sich gegen mich. Ihre Hände wanderten über meinen Rücken bis hinunter zu meinem Po.

Ungeniert schob ich ihr das rote Kleid noch ein Stückchen weiter nach oben. Ich betrachtete ihre nackten Schenkel, die sich jetzt um meine Taille geschmiegt hatten. Dann schaute ich sie an, strich mit den Händen durch ihre nach Pfirsich duftenden Haare.

»Du hast keine Ahnung, wie sehr ich dich gerade will.«

Sie lächelte, rieb ihren Unterleib gegen meinen Schritt. »Doch«, flüstert sie dann. »Ich glaube, ich kann es mir sehr gut vorstellen.«

Lächelnd beugte ich mich zu ihr hinab, und während ich ihr die dünnen Spaghettiträger von den makellosen Schultern streifte, küsste ich ihre weichen, vollen, roten Lippen.

»Die musst du unbedingt ausziehen«, flüsterte sie an meinem Mund. Ihre Hände waren mittlerweile um meine Taille herum zum Reißverschluss meiner Jeans gewandert.

Geschickt öffnete sie Knopf und Reißverschluss und schob mir Jeans und Boxerbriefs über den Hintern nach unten. Ich zerrte mir hektisch mein Shirt über den Kopf und ließ es achtlos zu Boden fallen.

Jessies Kleid war um ihre Taille geschlungen. Ich hob sie etwas hoch, gerade so viel, dass ich ihr das Kleid und das Höschen abstreifen konnte. Dann küssten wir uns wieder. Schneller diesmal, leidenschaftlicher. Ich drängte mich erneut zwischen ihre geöffneten Schenkel.

»Sollen wir das Ganze lieber in mein Schlafzimmer verlegen, oder auf die Couch?«, fragte ich leise, als ich für einen kurzen Moment von Jessies süßen Lippen abließ. Aber sie schüttelte den Kopf. »Nein«, gab sie atemlos zurück. »Ich will dich genau hier.«

Ich tastete nach einem Kondom, das in einer der Schubladen herumlag. Jessie lächelte. »Typisch Cop. Wirklich auf alles vorbereitet.«

Ich erwiderte ihr Lächeln, während ich schnell die Folie aufriss und mir den Gummi überstreifte. Mein Herz hämmerte in meiner Brust, als Jessie die Hände auf meine Hüften legte und mich wieder zwischen ihre Beine zog.

»Warte«, raunte ich, während sie sich verführerisch gegen mich drängte.

»Was ist denn noch?«, gab sie leise zurück. »Dafür, dass du vorhin keine Lust auf eine Unterhaltung hattest, redest du jetzt ganz schön viel«, stellte sie fest.

»Ich habe heute beschlossen, eine Weile aus Boston wegzugehen«, erklärte ich ihr ohne Umschweife. Es war nur fair, es ihr gleich zu sagen.

Jessie lehnte sich ein Stück zurück und sah mir in die Augen. »Hast du vor, in der nächsten Stunde zu verschwinden?«

Lächelnd schüttelte ich den Kopf. »Nein«, antwortete ich dann.

Sie erwiderte mein Lächeln. »Dann ist ja alles gut. Jetzt komm schon her. Ich will nicht länger warten.«

Sie packte meinen Po und zog mich wieder zu sich heran.

»Du bist also gar nicht traurig, dass ich weggehe? Sollte ich jetzt irgendwie beleidigt sein?«, flüsterte ich schmunzelnd an ihren Lippen, denn mittlerweile hatten wir wieder damit begonnen, uns zu küssen. Jessie stöhnte frustriert auf und kniff mich in die Seite.

»Hey, lass das!«, gab ich breit grinsend zurück.

»Klar werde ich dich vermissen. Was denkst du denn?« Einen Augenblick wurde sie ernst, als sie hinzufügte: »Wenn du gehen musst, verstehe ich das. Jeder braucht hin und wieder Abstand, um einen klaren Kopf zu bekommen. Allerdings nehme ich nicht an, dass du für immer weggehen wirst. Und wenn du wieder da bist, machen wir hoffentlich da weiter, wo wir nachher aufhören. Wie klingt das?«

Ich hauchte ihr einen Kuss auf die Lippen. »Klingt ziemlich gut.«

Jessie schlang die Beine ein bisschen fester um meine Hüften. »Und jetzt hör auf zu reden und erfüll lieber deine Pflicht«, gab sie grinsend zurück.

»Zu Befehl«, erwiderte ich leise und drang dann langsam in sie ein. Genau so, wie sie es mochte. Stöhnend legte Jessie den Kopf in den Nacken und ich verteilte Küsse in ihrer Halsbeuge. Wir fanden den perfekten Rhythmus, und es fühlte sich gut an, in ihr zu sein. Nicht vollkommen, weil einfach die echten, die tiefen Gefühle fehlten. Aber dennoch, Jessie war so ziemlich das Beste, was mir in letzter Zeit passiert war. Sie löcherte mich nicht mit Fragen. Bei ihr konnte ich reden, wenn mir danach zumute war. Und wenn ich nicht reden wollte, dann fand sie einen anderen Weg, um mich abzulenken. Und das Wichtigste: Ich konnte bei ihr vergessen. Ich musste nicht an Cade denken, nicht an seinen Tod, nicht an den Job, oder an die anderen Probleme, die gerade mein Leben bestimmten. Und das bedeutete mir wirklich eine Menge. Dafür war ich ihr unendlich dankbar.

Kapitel 3

Michelle

»Möchtest du noch etwas von dem gegrillten Gemüse? Es ist auch noch Reis da«, sagte ich später an diesem Abend, während ich gemeinsam mit Dylan am Tisch saß, ihm die Schüssel reichte und auf seine Antwort wartete.

Nach der Arbeit war ich schnell einkaufen gefahren und dann hatte ich mich beeilt, Dylans Lieblingsessen zu kochen. Schließlich war heute unser dritter Hochzeitstag und der Abend sollte daher besonders schön werden.

Dylan blickte angespannt von seinem Teller auf. Wortlos schüttelte er den Kopf. Also stellte ich die Schüssel mit dem Gemüse wieder zurück. Irgendetwas stimmte nicht mit ihm, und ich fragte mich, was der Grund für seine schlechte Laune sein konnte.

Geräuschvoll legte er schließlich seine Gabel auf dem Teller ab, als dieser leer war. Dann faltete er die Hände, starrte mich an. Fragend hob ich den Blick.

»Stimmt etwas nicht?«, wollte ich wissen. »Du bist heute so schweigsam.«

»Ob etwas nicht stimmt? Ja, durchaus. Ich habe dich nämlich heute gesehen.«

Von seinen Worten überrascht hob ich die Augenbrauen. Spionierte er mir nach?

»Ich habe dich beim Einkaufen gesehen und ich habe bemerkt, dass du mit einem Verkäufer geflirtet hast«, fügte er hinzu.

Ungläubig lachte ich auf. War das sein Ernst? Deshalb war er also so mies drauf. Wegen so etwas Unsinnigem?

»Ich habe nicht geflirtet«, gab ich nachdrücklich zurück. »Wie kannst du nur so etwas denken?«

»Dann behauptest du also, dass ich lüge?«, donnerte Dylan plötzlich und ich zuckte schreckhaft zusammen.

Schnell schüttelte ich den Kopf. »Nein, natürlich nicht.« Mit vorgerecktem Kinn schaute ich ihn an und hielt seinen Blicken stand. »Ich will nur nicht, dass du mir etwas unterstellst, das nicht wahr ist.«

Meine Antwort trieb ihm Zornesfalten auf die Stirn. Langsam schob er seinen Stuhl zurück und beugte sich über den Tisch zu mir herüber. Dabei schwankte sein Weinglas gefährlich. Es blieb zum Glück stehen.

Ich musste mich zwingen, ruhig sitzen zu bleiben. Ich wollte mir nicht anmerken lassen, dass er mir gerade eine Heidenangst einjagte. Dylan hatte öfters diese Wutausbrüche. Aber so zornig wie heute hatte ich ihn nur selten erlebt.

»Ich bringe dir an unserem Hochzeitstag Blumen mit und zum Dank behauptest du, dass ich ein Lügner bin, und lachst mich aus«, fasste er den Streit, den wir gerade hatten, aus seiner Sicht zusammen.

Ein Knoten aus Anspannung und Angst hatte sich in meinem Bauch gebildet. Mein Herz raste und meine Knie zitterten.

Lass dir deine Furcht nicht anmerken! Biete ihm die Stirn! Du bist stärker als er. Aber das stimmte nicht. Wenn ich wirklich so viel Stärke besitzen würde, wäre ich nicht hier. Ich würde ihm nicht an diesem Tisch gegenübersitzen und mich schon wieder von ihm bedrohen lassen. Sondern ich wäre längst aus seinem Leben verschwunden. Denn dass er mich so behandelte, kam leider nicht zum ersten Mal vor.

»Ich habe nicht geflirtet«, gab ich mit fester Stimme zurück und stand nun ebenfalls von meinem Stuhl auf. Ich hasste es, wenn er auf mich herabsah und mich einzuschüchtern versuchte.

Dylan gab sich jetzt scheinbar alle Mühe, wieder ruhig zu werden. Ein bisschen zu ruhig für meinen Geschmack, da er bei einem Streit sonst immer aufbrausend war, wie gerade eben. Es war sozusagen die Ruhe vor dem Sturm.

Mit einer einzigen Handbewegung wischte er plötzlich alles vom Tisch, was ich so hübsch für uns arrangiert hatte. Gläser, Teller, den Kerzenständer, den Wein, die Schüsseln mit Reis und Gemüse. Kreischend sprang ich einen Schritt zurück. Mein Stuhl kippte um, während Teller und Flaschen zerbrachen und das Essen und die Getränke sich auf unseren dunklen Parkettboden ergossen. Mein Puls hämmerte mir in den Schläfen und ich zitterte vor Schreck. Reflexartig wich ich weiter zurück und wäre fast über meinen umgekippten Stuhl gefallen. Ich wollte weglaufen. Aber Dylan war schneller. Er packte mich an Hals und Haaren, drückte mich zu Boden. Ich konnte nicht einmal schreien, als er sich über mich beugte und mit gefährlich leiser Stimme in mein Ohr flüsterte: »Du nennst mich nie wieder einen Lügner. Hast du verstanden?«

Seine Lippen streiften meine Wange.

»Nie wieder«, wiederholte er.

»Nie wieder!«

Mein Herz hämmerte gegen meine Rippen. Ich wollte mich befreien. Aber ich hatte keine Chance. Dylans Griff war einfach zu fest. Also machte ich die Augen zu. Versuchte, mich weit weg zu denken, und wünschte, ich wäre woanders. Dylan aber zwang mich dazu, ihn anzusehen, indem er meinen Kopf an den Haaren zurückriss. Der Schmerz trieb mir die Tränen in die Augen. Dylan war doch mein Mann. Er sollte mich lieben, dachte ich und konnte das Ausmaß an Zorn in seinen Blicken kaum ertragen.

Jetzt schrie ich doch, wehrte mich, schlug um mich. Dylan jedoch packte fester zu. Ich fühlte mich gefangen, wie in einem Schraubstock. Ich bat ihn, mich loszulassen. Doch das tat er natürlich nicht. Stattdessen schlug er zu. Seine Faust traf mich an Mund und Kinn und sofort nahm ich den metallischen Geschmack von Blut wahr. Weinend lag ich unter ihm. Aber Dylan hörte nicht auf. Er hörte einfach nicht auf, auf mich einzuschlagen.

Zitternd öffnete ich die Augen. Mein Herz raste in meinem Brustkorb. Im letzten Moment konnte ich einen Schrei unterdrücken. Es dauerte einen Augenblick, bis mir bewusst wurde, dass ich nicht mehr in Helena in unserem Haus lebte, sondern dass ich in Sicherheit war. Ich hatte nur einen Albtraum gehabt. Trotzdem kam ich nicht umhin, nach meinem Mund zu tasten. Die Verletzungen, die Dylan mir in der Vergangenheit zugefügt hatte, waren meiner Haut längst nicht mehr anzusehen. Denn letztendlich hatte ich es doch geschafft, mich von ihm zu befreien. Ich hatte die Kraft und den Mut gefunden, mich scheiden zu lassen.