Winterwonderlove - Alexandra Görner - E-Book

Winterwonderlove E-Book

Alexandra Görner

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Beschreibung

Verliebt bis über alle Schneeflocken Stella hat ihren Verlobten in flagranti mit einer anderen erwischt, und nun will sie nur eines: auf andere Gedanken kommen. Tief verletzt macht sie sich auf den Weg von Chicago ins verschneite Aspen. Bei Turbulenzen im Flugzeug lernt sie den wahnsinnig attraktiven – eigentlich überzeugten Single – Ray kennen und ihr Herz hüpft plötzlich nicht nur aufgrund von Luftlöchern höher. Als Ray erzählt, wie sehr ihm vor den Verkupplungsversuchen seiner Schwester graut, gibt Stella sich kurzerhand als seine Freundin aus. Im Schneegestöber an Silvester können sie ihr Verlangen nicht mehr zurückhalten. Doch während Ray große Gefühle überwältigen, hat Stella plötzlich Zweifel: Ist sie wirklich schon wieder bereit für eine feste Beziehung?

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Winterwonderlove

Die Autorin

Alexandra Görner ist 35 Jahre alt und lebt mit ihrem Mann und ihren beiden Kindern in einer kleinen Stadt in Sachsen. Sie arbeitet in einem Zuliefererbetrieb für die Automobilindustrie und schreibt nur in ihrer Freizeit. Die verbringt sie außerdem am liebsten mit ihrer Familie und natürlich mit tollen Büchern.

Das Buch

Verliebt bis über alle Schneeflocken

Stella hat ihren Verlobten in flagranti mit einer anderen erwischt, und nun will sie nur eines: auf andere Gedanken kommen. Tief verletzt macht sie sich auf den Weg von Chicago ins verschneite Aspen. Bei Turbulenzen im Flugzeug lernt sie den wahnsinnig attraktiven – eigentlich überzeugten Single – Ray kennen und ihr Herz hüpft plötzlich nicht nur aufgrund von Luftlöchern höher. Als Ray erzählt, wie sehr ihm vor den Verkupplungsversuchen seiner Schwester graut, gibt Stella sich kurzerhand als seine Freundin aus. Im Schneegestöber an Silvester können sie ihr Verlangen nicht mehr zurückhalten. Doch während Ray große Gefühle überwältigen, hat Stella plötzlich Zweifel: Ist sie wirklich schon wieder bereit für eine feste Beziehung?

Alexandra Görner

Winterwonderlove

Forever by Ullsteinforever.ullstein.de

Originalausgabe bei Forever Forever ist ein Verlag der Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin Dezember 2022 (1)© Ullstein Buchverlage GmbH, Berlin 2022Umschlaggestaltung: zero-media.net, München Titelabbildung: © FinePic®E-Book powered by pepyrusISBN 978-3-95818-735-1

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Inhalt

Die Autorin / Das Buch

Titelseite

Impressum

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Kapitel 19

Kapitel 20

Kapitel 21

Kapitel 22

Kapitel 23

Leseprobe: Schneeflockentanz

Social Media

Vorablesen.de

Cover

Titelseite

Inhalt

Kapitel 1

Kapitel 1

Stella

Fröstelnd klopfte ich mir den Schnee vom Mantelkragen. Das Thermometer war unter null Grad gefallen, und es hatte noch einmal kräftig geschneit. Ich war an lange, kalte und schneereiche Winter gewöhnt, aber so reichlich wie in diesen letzten Dezembertagen war der Schnee ewig nicht gefallen. Das war sogar für Chicago ungewöhnlich.

Zitternd pustete ich warme Luft in meine Handflächen und schaute mich suchend um. Im Terminal des O’Hare International Airport wimmelte es von Menschen. Es ging zu wie in einem Ameisennest. Alles wuselte durcheinander. An den Check-in-Schaltern hatten sich lange Schlangen gebildet. Der Wartebereich war restlos überfüllt. Die Sitzplätze, die zur Verfügung standen, waren ausnahmslos besetzt. Viele Leute hatten sich auf dem Fußboden niedergelassen und lehnten wartend an ihren Gepäckstücken.

Ich kämpfte mich bis zu einer der großen Anzeigetafeln durch und konnte einen Blick darauf erhaschen. Leider waren die meisten Flugnummern mittlerweile mit einem delayed oder gecancelt versehen. Angesichts dieser Schneemassen hatte ich das beinahe erwartet. Trotzdem hoffte ich natürlich, meinen Flug nach Aspen zu bekommen. Ich studierte die Flugnummern, was in diesem Gedränge nicht einfach war. Als ich meine Nummer endlich gefunden hatte, atmete ich erleichtert auf. Denn das war einer der wenigen Flüge, die noch nicht gestrichen waren. Bis zum Check-in würde es trotzdem noch dauern. Ich griff nach meinem schwarzen Koffer, hielt ihn krampfhaft fest und kämpfte mich dann aus der Menschentraube heraus.

Einen kurzen Moment schaute ich mich desorientiert um und schlug schließlich den Weg zum Check-in ein. Dabei wurde ich dauernd angerempelt oder rüde beiseitegestoßen. Ich steckte es weg, versuchte mich zusammenzureißen, auch wenn ich mir den Beginn meines Winterurlaubs ganz und gar anders vorgestellt hatte. Schließlich reihte ich mich leise seufzend in die scheinbar endlos lange Warteschlange ein.

Ganze drei Stunden später war meine Geduld nahezu erschöpft. Ich war müde, schrecklich genervt, fühlte mich abgeschlagen und vollkommen ausgelaugt. Die Geräuschkulisse tat ihr Übriges. Außerdem musste ich dringend auf die Toilette. Ich hatte das Gefühl, kurz vor dem Kollaps zu stehen, und dann, wie durch ein Wunder, war ich endlich an der Reihe. Jetzt würde also doch noch alles gut werden, dachte ich hoffnungsvoll, während ich der Frau hinter dem Schalter mein Flugticket reichte. Sie warf nur einen flüchtigen Blick darauf, dann gab sie mir mein Ticket zurück.

»Tut mir leid, aber der Flug ist überbucht. Ich müsste Sie auf eine andere Maschine umbuchen. Allerdings können Sie dann erst nach Silvester fliegen«, ratterte sie beinahe teilnahmslos herunter. Ich fiel fast vom Glauben ab.

»Wie bitte?«, stammelte ich vollkommen überrumpelt.

»Soll ich versuchen, Ihr Ticket umzubuchen?«, hakte die Frau nach.

»Nein«, stieß ich hervor und lehnte mich über den Tresen näher zu ihr.

Nur eine Plexiglasscheibe trennte uns voneinander. Ich versuchte ruhig zu bleiben. Ruhig und gelassen, obwohl ich beinahe ausgeflippt wäre.

»Ich möchte nicht umgebucht werden«, presste ich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.

»Das Einzige, das ich möchte, ist, auf der Stelle in dieses Flugzeug einzusteigen.«

Sie ignorierte meine Bitte und sagte stattdessen mit monotoner Stimme: »Wie Sie möchten. Für eine Preiserstattung wenden Sie sich direkt an die Airline. Der Nächste, bitte.« Damit war die Sache für sie erledigt.

Für mich aber nicht. Anstatt wegzugehen, rührte ich mich nicht vom Fleck. Die Leute hinter mir wurden zunehmend nervös. Wahrscheinlich ahnten sie schon, dass ihnen das gleiche Schicksal drohte. Ich ließ mich nicht beirren, oder gar wegschicken. Denn meine Geduld war wirklich am Ende. Trotzdem schaffte ich es, irgendwie sachlich zu bleiben, als ich sie höflich bat: »Könnten Sie bitte noch einmal nachschauen, ob es nicht doch eine Möglichkeit gibt, in dieses Flugzeug zu kommen? Ich warte hier schon seit Stunden.«

Mir war gerade nach Heulen zumute. Ich war schrecklich frustriert. Denn im Moment sah es ganz danach aus, als wäre all dieser Stress völlig umsonst gewesen.

»Bitte«, setzte ich verzweifelt nach und war jetzt wirklich den Tränen nahe, und dann konnte ich einfach nicht mehr anders. Der gesamte Frust, die Wut, meine Enttäuschung, alles Negative, das sich in den letzten Tagen in meinem Inneren aufgestaut hatte, brach aus mir heraus, während ich haltlos drauflosplapperte: »Mein Verlobter hat mich gerade sitzen lassen, weil er sich in seine Kollegin verknallt hat. Ich habe keine Ahnung, wo ich jetzt hinsoll, denn in unserer gemeinsamen Wohnung kann ich natürlich nicht länger bleiben. Bitte, ich muss diesen Flug unbedingt bekommen. Im Moment habe ich keine Bleibe, und zwischen den Feiertagen eine neue Wohnung zu finden, ist so gut wie aussichtslos. Ich muss einfach aus Chicago raus. Wenigstens für ein paar Tage. Bitte!«

Sicher, ich hätte vorübergehend in einem Hotel unterkommen können, bei meinen Eltern oder bei Stacy, meiner liebsten und wirklich allerbesten Freundin, die gleichzeitig meine Arbeitskollegin war. Aber das wollte ich nicht. Ich wollte allein sein, die Demütigung, die mir John zugefügt hatte, hinter mir lassen. Oder es wenigstens versuchen und mir überlegen, wie es nun weitergehen sollte. Diese Pause brauchte ich wirklich ganz dringend.

Mit feucht glänzenden Augen schaute ich die Frau hinter dem Schalter an. Ich hatte Mühe, meine Schluchzer zu unterdrücken. Ich kam mir dumm und einfältig vor. Die neugierigen Blicke der anderen Wartenden waren mir gewiss. Doch im Moment scherte mich eigentlich überhaupt nichts mehr. Seit John mich abserviert und gegen eine andere ausgetauscht hatte, war mir alles gleichgültig. In den vergangenen Tagen hatte ich einen der liebsten Menschen verloren, den ich bis dato gehabt hatte. In meinem ganzen Leben war ich noch nie so gedemütigt worden wie an diesem denkwürdigen Abend, als ich die beiden in flagranti erwischt hatte.

Hastig schob ich das Bild der beiden, sich innig küssend und halb nackt, welches ich sofort wieder vor Augen hatte, beiseite und atmete tief durch.

Eigentlich hatten John und ich den Urlaub in Aspen gemeinsam geplant. Tatsächlich war er derjenige gewesen, der unbedingt zum Skifahren gewollt hatte, mir wäre ein Trip nach Hawaii lieber gewesen. Doch um ihm einen Gefallen zu tun, hatte ich eingewilligt, und wir hatten uns schließlich auf den Skiurlaub geeinigt. Dabei war ich gar kein großer Fan von Wintersport. Und heute musste ich den Urlaub, den wir eigentlich zusammen verbringen wollten, allein antreten. Ich hätte auf meine Mom hören sollen, schoss es mir durch den Kopf. Sie hatte mich seinerzeit vor John gewarnt und heute vor dieser Reise, die eine totale Katastrophe zu werden drohte. Aber ich hatte nicht hören wollen, mal wieder.

Die Frau betrachtete mich eindringlich und seufzte dann leise auf, als sie nach meinem Ticket griff, das noch immer auf dem Tresen vor ihr lag.

Ich war gespannt wie Pfeil und Bogen, als sie sich ihrem Computer zuwandte und ihre Finger in Windeseile über die Tasten flogen.

Schließlich gab sie mir mein Ticket zurück. »Ich habe Sie auf First Class umgebucht. Da gibt es noch freie Plätze«, sagte sie mit gedämpfter Stimme und blickte sich verschwörerisch um.

»Oh, mein Gott, ich danke Ihnen«, stotterte ich schniefend und war schier fassungslos. Am liebsten wäre ich ihr vor Erleichterung um den Hals gefallen oder hätte vor Glück laut aufgeschrien. Ich war noch nie First Class geflogen. Und dann fiel mir ein, wie schrecklich teuer so ein Flug sein musste. Das konnte ich mir doch im Leben nicht leisten.

»Was muss ich für die Umbuchung bezahlen?«, fragte ich nervös.

»Betrachten Sie es einfach als verspätetes Weihnachtsgeschenk«, raunte sie mir zu, und mir fiel ein Stein vom Herzen.

»Ich weiß nicht, was ich sagen soll«, gab ich gerührt zurück. »Vielen, vielen Dank.« Ich hätte die Frau küssen können.

Doch dann schnappte ich mir lieber schnell das Ticket und mein Handgepäck und sah zu, dass ich wegkam. Nicht, dass sie es sich noch anders überlegte.

Mit weit geöffneten Augen betrachtete ich die großen hellgrauen und ungeheuer bequem aussehenden Ledersessel. Ich verstaute mein Handgepäck, und dann ließ ich mich ganz langsam auf meinen Platz sinken. Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich zurück und seufzte leise auf. Diesen Moment wollte ich vollkommen auskosten. So bequem hatte ich in einem Flugzeug wirklich noch nie gesessen. Zufrieden griff ich nach der beigefarbenen Flauschdecke, die bereitlag, und kuschelte mich darin ein. Ich fühlte mich wirklich wie im Himmel. Mein Gott, war das schön. Erleichtert schaute ich aus dem Fenster. Schneeflocken tanzten durch die kalte Winterluft. Aber das machte mir nichts mehr aus. Ich zog die Decke ein bisschen fester um mich und konnte mein Glück noch immer nicht so richtig fassen.

Ich beobachtete das Flughafenpersonal, das damit beschäftigt war, die Flugzeuge eisfrei zu halten. Die Start- und Landebahnen wurden permanent geräumt. Das Wetter schien sich allmählich zu beruhigen. Während sich das Flugzeug noch in der Warteposition befand, brach allmählich die Dunkelheit herein. Ich war müde und erschöpft. Der Tag war anstrengend gewesen. Und so schloss ich die Augen, döste ein bisschen vor mich hin. Ich träumte von einer warmen Dusche, einem heißen Tee und einem kuscheligen, frisch duftenden Bett. Ich konnte es gar nicht erwarten, endlich mein Hotelzimmer in Aspen zu beziehen. Ach, wäre ich doch schon dort. Über diesen Gedanken schlief ich schließlich ein.

Kapitel 2

Ray

Was für ein mieses Wetter, dachte ich leise fluchend, als ich die Gangway hinauf zum Flugzeug eilte. Schneeflocken klatschten mir ins Gesicht, und der eisige Wind zerrte an meiner schwarzen Jacke.

Heilfroh, endlich im Warmen zu sein, zog ich mir die Strickmütze vom Kopf und suchte nach meinem Sitzplatz. Ich schritt den Gang ab und blieb schließlich vor der richtigen Reihe stehen. Sicherheitshalber checkte ich mein Ticket. Zu meinem Unmut war mein gebuchter Fensterplatz nämlich bereits besetzt.

»Na, toll«, murmelte ich und betrachtete die Frau, die es sich auf meinem Platz bequem gemacht hatte. Sie war in eine Decke gekuschelt und hatte diese beinahe bis zur Nasenspitze hochgezogen. Ihr Gesicht war dem Fenster zugewandt und wurde von einer dichten dunklen Lockenmähne eingerahmt. Sie schlief tief und fest. Ich spielte mit dem Gedanken, sie aufzuwecken und meinen Platz einzufordern. Wenn ich mit dem Flugzeug unterwegs war, buchte ich mir immer einen Fensterplatz. Und ich wollte auch dieses Mal nicht auf ihn verzichten. Mein Blick ruhte auf der Frau, und ich beobachtete sie einen Moment. Sie seufzte leise im Schlaf und drehte dann ihren Kopf in meine Richtung. Eine ihrer dunklen Locken fiel ihr dabei ins Gesicht. Sie sah friedlich und ruhig aus, und deshalb brachte ich es einfach nicht über mich, sie zu wecken. Also beschloss ich, ein netter Kerl zu sein und sie weiterschlafen zu lassen.

Ich verstaute meine Laptoptasche und meinen Rucksack, zog meine Jacke aus und ließ mich auf meinen beziehungsweise dann wohl ihren Platz fallen.

Dann schaute ich nach draußen. Der dichte Schneefall hatte sich mittlerweile in feinen Schneegriesel verwandelt. Ich versuchte, es mir so bequem wie möglich zu machen. Doch es gefiel mir nun mal gar nicht, am Gang zu sitzen.

Kurz darauf rollte die Maschine auf die Landebahn, brachte sich in Position und startete einen Augenblick später. Ich hatte angenommen, die Frau würde nun endlich aufwachen und ich meinen Fensterplatz bekommen. Aber sie schlief einfach weiter. Zum Glück würde es kein sehr langer Flug werden. In wenigen Stunden würde ich meiner Familie gegenüberstehen. Einerseits war es schön, den bevorstehenden Jahreswechsel mit ihnen zu verbringen. Andererseits grauste es mich beim Gedanken an die üppige Party, die meine Schwester Jahr für Jahr in unserem Ferienhaus schmiss, und an ihre Freundinnen, mit denen sie mich andauernd verkuppeln wollte. Willow konnte partout nicht akzeptieren, dass ich keinerlei Interesse an einer Beziehung hatte, weder an einer lockeren noch an einer festen. Aber sie war nun mal meine Schwester, und ich liebte sie, nur deshalb tat ich ihr den Gefallen und flog über Silvester nach Aspen, obwohl ich den Jahreswechsel auch in Chicago mit den Jungs hätte verbringen können. Einen flüchtigen Moment dachte ich an Patrick und James. Wir waren seit dem College miteinander befreundet. Die beiden waren überzeugte Singles wie ich und würden es wahrscheinlich mächtig krachen lassen. Ich verspürte einen Anflug von Neid, den ich lieber schnell beiseiteschob.

Um an etwas anderes zu denken, blätterte ich in einer der bereitliegenden Zeitschriften und begann zu lesen, wurde aber einen Augenblick später wieder abgelenkt.

Ich warf meiner Sitznachbarin einen Seitenblick zu, als diese sich langsam regte. Sie seufzte und fing gleich darauf an, leise zu schnarchen. Na, super, auch das noch. Kopfschüttelnd richtete ich meine Aufmerksamkeit wieder auf besagten Artikel. Doch zu meinem Unmut wurde ihr Schnarchen lauter. Schließlich packte ich die Zeitschrift weg. So konnte ich mich ohnehin nicht konzentrieren. Vielleicht sollte ich auch ein bisschen schlafen. Ich legte die Beine hoch, klappte die Rückenlehne zurück und machte es mir in dem großen komfortablen Sessel gemütlich. Ich war müde und döste vor mich hin. Doch plötzlich sackte die Maschine ab. Die Turbulenzen waren gefühlt aus dem Nichts gekommen. Gleich darauf gab es einen heftigen Ruck. Erschrocken fuhr ich hoch und blickte mich mit klopfendem Herzen im Flugzeug um. Ich schaute in erschrockene Gesichter. Im gleichen Moment leuchteten die Anschnallzeichen auf. Unfassbar, die Frau neben mir schlief immer noch. Na, wenigstens hatte sie aufgehört, zu schnarchen und zu säuseln. Ich wollte sie gerade wach rütteln, als die Maschine abermals absackte, und zwar derart, dass es in meinem Bauch heftig kribbelte. Danach fing sich das Flugzeug wieder. Mir wurde ganz schön flau im Magen. Zu fliegen gehörte praktisch zu meinem Alltag, und ich hatte schon eine Menge Turbulenzen erlebt, aber diese hier waren wirklich heftig.

Meine Sitznachbarin schreckte auf einmal hoch. Die Haare standen in wirren Locken von ihrem Kopf ab. Sie blickte sich hastig um. Wirkte, als wüsste sie nicht so recht, wo sie war. Und wieder ruckelte und schaukelte das Flugzeug. Ihre Hände umklammerten die Armlehnen.

»Oh, mein Gott. Was zum Teufel ist das denn jetzt?«, stieß sie aufgebracht und sichtlich verwirrt hervor.

»Turbulenzen. Sie sollten sich besser anschnallen«, riet ich ihr und versuchte, nicht nervös oder besorgt zu klingen.

Sie schaute mich eindringlich an und schien mich erst jetzt wahrzunehmen. Ihre Augen waren mindestens so braun wie ihre Haare. Ein sattes, kräftiges Braun, mit feinen hellen Sprenkeln darin.

Das Flugzeug schaukelte heftiger, ruckte und zuckte. Sie stieß einen Schrei aus und griff dann plötzlich panisch nach meiner Hand. Sie packte so fest zu, dass ich befürchtete, sie würde mir jeden Moment die Finger brechen.

Oh, Mann, was sollte das denn?

»Ich brauche meine Hand noch«, sagte ich und versuchte, mich aus ihrem Klammergriff zu befreien. Sie dachte aber gar nicht daran, mich loszulassen. Wieder schaukelte und ruckelte das Flugzeug gefährlich hin und her.

»Wir werden abstürzen«, stieß sie laut keuchend hervor. Ihr Gesicht sah mittlerweile aschfahl aus. Ich fürchtete, sie könnte sich gleich übergeben. Hoffentlich nicht auf mich.

Panisch, kurzatmig und total aufgeregt stieß sie hervor: »Ich will nicht sterben. Ich bin noch nicht so weit. Ich möchte noch so viel erleben.«

Klar, wer zum Teufel wollte das nicht?

Ihre Stimme zitterte. Plötzlich tat sie mir leid. Auch auf die Gefahr hin, dass sie meine Finger gleich in einen matschigen Brei verwandeln würde, überließ ich ihr jetzt doch meine Hand. Ich wollte sie irgendwie beruhigen und auch verhindern, dass an Bord Panik ausbrach. Momentan blieben die Leute erstaunlich ruhig. Sie schienen die Situation halbwegs gelassen hinzunehmen. Doch das konnte sich schnell ändern.

»Seien Sie jetzt bitte still«, zischte ich ihr leise zu. »Wir werden bestimmt nicht abstürzen.«

Natürlich war sie nicht still. Ebenso gut hätte ich mit einer Wand reden können.

»Ich dürfte gar nicht hier sein«, stieß die Frau panisch hervor.

»Weder hier in der ersten Klasse noch auf dem Weg nach Aspen. Ich wollte viel lieber nach Hawaii.« Dann war sie überraschenderweise still, leider nicht sehr lange.

»Das ist alles Johns Schuld. Ohne diesen Mistkerl wäre ich nicht hier. Er sollte in diesem blöden Flugzeug sitzen.«

Der Flieger wurde so heftig durchgerüttelt, als würden wir über eine Schotterpiste fahren. Abrupt ließ sie meine Hand los, aber nur, um mich Sekunden später am Kragen meines Sweatshirts zu packen. Sie schüttelte mich leicht. »Mal ehrlich, wie gemein muss man sein, um seine Verlobte zu betrügen?«

Okay, das war wirklich fies. Da konnte ich ihr nur zustimmen.

Ich hielt ihre Hände fest, während ich mit ruhiger Stimme sagte: »Das ist hart. Trotzdem sollten Sie sich beruhigen und nicht die Nerven verlieren.«

»Hart? Nein, wirklich hart ist, dass ich ihn mit seiner Neuen in flagranti erwischt habe.«

Autsch, da konnte ich ihr nur zustimmen. Das war tatsächlich total mies.

Sie wirkte mehr als verzweifelt, als sie fragte: »Warum passiert mir das?«

Tja, darauf wusste ich leider auch keine Antwort. »Es wird alles gut«, sagte ich leise und strich über ihre Hände, die sich jetzt langsam entspannten. Ihr Griff lockerte sich vorsichtig. Mein Versuch, sie zu trösten, schien zu funktionieren, obwohl ich normalerweise nicht besonders gut in solchen Dingen war.

Sie ließ abrupt von mir ab, beugte sich stattdessen nach vorne, legte den Kopf auf die Knie und holte hektisch Luft. So viel also zu meinem Beruhigungsversuch.

Plötzlich schlingerte das Flugzeug, schaukelte wild hin und her und sackte nach und nach weiter ab. Mein Herz hämmerte vor Aufregung beinahe schmerzhaft in der Brust. Ich musste mich schwer zusammenreißen, um nicht selbst in Panik zu verfallen. War das jetzt wirklich unser aller Ende?

Die Maschine zog ruckartig nach rechts. Die Menschen an Bord schrien erschrocken auf. Ich erhaschte einen Blick aus dem Fenster. Gleich darauf setzte das Flugzeug hart auf der Landebahn auf. Ich sah die Lichter der Landebahn und die beleuchteten Flughafengebäude. Erleichtert schloss ich die Augen, mein Puls raste, während ich mich nach hinten lehnte und tief durchatmete. Einen Moment lang herrschte an Bord Totenstille, dann brandete Applaus auf.

»Wir sind gelandet«, sagte ich über die Geräuschkulisse hinweg und konnte es selbst nicht so recht fassen.

Die Frau neben mir hob langsam den Kopf, warf die wilde Lockenmähne zurück und starrte mich an. Ihr Gesicht glühte. Sie räusperte sich.

»Ähm, was?«, stammelte sie schließlich und sah verwirrt und auch reichlich verlegen aus.

Mein Puls war dabei, sich zu beruhigen, während ich sie erleichtert anlächelte.

»Wir sind gelandet. Willkommen in Aspen.«

Das Flugzeug hatte mittlerweile die Parkposition erreicht, und die meisten Passagiere beeilten sich, von Bord zu kommen.

»Okay, das ist jetzt gerade ziemlich peinlich«, sagte sie geradeheraus, während ihre Wangen vor Scham zu brennen schienen. Ich hingegen hatte die Gelegenheit, sie näher zu betrachten, und musste zugeben, sie war ziemlich süß.

Kapitel 3

Stella

Zugegeben, mir waren schon eine Menge peinlicher Dinge passiert. Aber das gerade eben hatte zweifelsohne den Vogel abgeschossen. Du lieber Himmel, ich hatte mich wie eine Irre aufgeführt. Wahrscheinlich hielt mich dieser Typ für komplett durchgeknallt. Womit er zugegebenermaßen nicht ganz falschlag.

Mittlerweile war er von seinem Platz aufgestanden und hatte sein Handgepäck, das aus einer schwarzen Laptoptasche und einem ebenfalls schwarzen Rucksack bestand, herausgekramt. Als er damit fertig war, hielt er inne und blickte mich fragend an.

»Geht es Ihnen wieder gut? Sie sehen immer noch ziemlich mitgenommen aus.« Na, das hörte eine Frau doch besonders gerne.

Ich tat seine Bemerkung mit einer wegwerfenden Geste ab. »Alles okay«, behauptete ich, obwohl sich meine Knie noch immer wie Wackelpudding anfühlten. Ich blieb lieber noch ein bisschen sitzen.

Er nickte, während er sich seinen Rucksack auf den Rücken schwang.

»Wenn das so ist, dann bleibt mir nichts anderes übrig, als Ihnen einen schönen Aufenthalt zu wünschen.« Gerade wollte er sich abwenden, hielt dann noch einen Moment inne. »Ich bin Ray.«

»Stella«, krächzte ich überrascht. Mein Hals fühlte sich staubtrocken an. »Das wünsche ich Ihnen auch. Einen schönen Aufenthalt meine ich«, stammelte ich nervös.

Mein Gott, ich musste endlich mal die Klappe halten.

Er lächelte mir zu, dann drehte er sich um und stiefelte den Gang hinunter.

Mit heftig klopfendem Herzen schaute ich ihm nach. Währenddessen glitt mein Blick von seinem dichten dunklen Haar über die breiten Schultern, seinen Rücken hinab und blieb schließlich an seinem Po, der, wie ich feststellen musste, in den verwaschenen Jeans verdammt heiß aussah, hängen. Ich war gerade ziemlich gestresst, aber bestimmt nicht tot. Wie hätte ich also diesen Anblick nicht genießen können?

Als er das Flugzeug schließlich verlassen hatte, gönnte ich mir noch einen kurzen Moment, lehnte mich gegen die Lehne und atmete ein paarmal tief durch. Das tat gut.

Als es mir endlich etwas besser ging, stand ich ebenfalls auf, suchte meine Habseligkeiten zusammen und verließ dann auf wackeligen Beinen den Flieger.

»Anhalten«, rief ich aus voller Kehle, während ich aus dem Terminal auf die Straße stürmte. Aber keine Chance. Von dem Shuttlebus, der in die Stadt fuhr, sah ich nur noch die Rücklichter. Schwer atmend stellte ich mein Gepäck neben mir ab und schob genervt ein paar meiner Haarsträhnen unter die rote Strickmütze zurück.

Na, toll, mein Urlaub ging also genauso mies weiter, wie er angefangen hatte. Das waren ja prima Aussichten.

Dicke Schneeflocken tanzten in der eiskalten Luft. Schneeberge türmten sich funkelnd und glitzernd an den Straßenrändern auf. Ein paar wenige Sterne funkelten am dunklen, wolkenverhangenen Himmel. Der Bus verschwand gerade hinter einer Kurve. Natürlich war es der letzte für heute. Ich überlegte, was ich nun machen sollte.

Schließlich suchte ich im Internet nach einem Taxiservice, aber ich hatte Pech, mal wieder. Am Telefon erklärte man mir, dass der Taxibetrieb aufgrund des schlechten Wetters für heute Nacht eingestellt sei. Bei zwei weiteren Taxiunternehmen hatte ich ebenfalls keinen Erfolg. Genervt steckte ich mein Handy in die Manteltasche zurück. Glücklicherweise war mein Hotel nicht allzu weit vom Flughafen entfernt. Daher beschloss ich, mich zu Fuß auf den Weg zu machen. Vielleicht könnte ich von unterwegs aus noch mal versuchen, ein Taxi zu rufen.

Lange dauerte es wirklich nicht, bis mir klar wurde, wie dumm diese Idee gewesen war. Ich kam kaum voran, denn die Gehwege waren vereist und der Schneefall längst wieder stärker geworden. Mein Gepäck schien minütlich schwerer zu werden. Trotz der Handschuhe waren meine Hände mittlerweile eiskalt. Ich fror erbärmlich und war hungrig. Für eine heiße Dusche und ein gemütliches warmes Bett war ich nahezu bereit, alles zu geben. Hoffentlich kam ich bald am Hotel an. Unermüdlich stapfte ich durch den Schnee und versuchte, auf dem glatten Boden nicht auszurutschen. Meine Laune war so frostig wie die Temperaturen, als plötzlich ein schwarzer SUV neben mir zum Halten kam. Nervös trat ich vom Bordstein zurück. Zu dieser späten Stunde allein durch die Nacht zu wandern, entpuppte sich mehr und mehr als schlechte Entscheidung.

Mit einem leisen Surren glitt die Scheibe herunter, und Ray lehnte sich von der Fahrerseite so weit wie möglich herüber. Erleichtert atmete ich auf. Gott, hatte er mich erschreckt.

»Alles in Ordnung? Was machst du denn hier draußen?«, fragte er.

»Einen gemütlichen Abendspaziergang«, gab ich mürrisch zurück.

Gleich darauf ärgerte ich mich über meine patzige Antwort. Schließlich hatte er keine Schuld an meiner Misere. Daher beeilte ich mich zu erklären: »Ich habe den letzten Bus verpasst und dann spontan beschlossen, zu meinem Hotel zu laufen.« Ray schaute mich mit hochgezogenen Augenbrauen an.

»Sag jetzt nichts! Mir ist schon klar, wie blöd diese Idee war«, entgegnete ich.

Er grinste mich an, als er erwiderte: »Ich werde mich hüten«, und dann bot er an: »Aber ich kann dich mitnehmen.«

Normalerweise stieg ich nicht zu Fremden ins Auto. Doch der Wunsch nach Wärme ließ mich alle Bedenken über Bord werfen. Und so fremd kam mir der Mann aus dem Flugzeug auch gar nicht mehr vor. Immerhin kannte ich seinen Namen, und das musste erst mal genügen. Ein Nicken meinerseits, und schon stieg Ray aus seinem Auto aus. Die Heckklappe öffnete sich auf Knopfdruck. »Lass mich das machen«, sagte er und zögerte nicht, meinen Koffer und meine Tasche einzuladen.

»Danke«, erwiderte ich, stieg derweil in sein Auto ein und machte es mir auf der Beifahrerseite gemütlich. Wohlig seufzend schmiegte ich mich in den Sitz, streifte meine Handschuhe ab und streckte dann die kalten Hände aus, um sie an der Heizung zu wärmen. Die warme Luft fühlte sich himmlisch auf meiner Haut an.

Ray ließ sich schmunzelnd auf den Fahrersitz fallen, schlug die Tür zu und lachte: »Sieht nach einer Rettung in letzter Sekunde aus.«

Grinsend erwiderte ich: »Ich hätte es bestimmt bis ins Hotel geschafft. Aber ich gebe auch gerne zu: In deinem Auto ist es tatsächlich besser.«

Ray startete den Wagen.

»Na, da bin ich ja erleichtert.«

Der SUV rollte beinahe geräuschlos über die schneebedeckte Straße.

»Wie heißt dein Hotel?«

»Aspen Snow Club. Ich glaube, es ist nicht mehr sehr weit. Warte, ich kann dir fix die Adresse raussuchen«, bot ich an.

»Nicht nötig. Ich weiß, wo das ist. Du stehst also auf Après-Ski?«

»Ähm, was? Nein«, gab ich verdutzt zurück. »Wie kommst du darauf?«

»Na ja, dein Hotel ist für ausschweifende Partys bekannt. Bist du denn schon mal in Aspen gewesen?«

Kopfschüttelnd erwiderte ich: »Nein, ich bin zum ersten Mal hier. Was meinst du mit ausschweifenden Partys?«

Ich zog die Hände zurück, die endlich wieder warm geworden waren, und machte es mir bequem. Ray hatte es wirklich schön warm in seinem Wagen.

»Ach nichts, vergiss, was ich gerade gesagt habe. Aspen ist toll. Hast du vor, Ski zu fahren?«

»Denke schon«, gab ich zurück.

»Das wird dir sicher Spaß machen. Ich für meinen Teil liebe es. Die Pisten hier gehören zu den besten!«, schwärmte er, während seine Augen funkelten.

»Hört sich auf jeden Fall gut an. Was die Pisten angeht, da lass ich mich überraschen. Ich muss das Skifahren erst lernen, aber es wird wohl nicht besonders schwierig sein.«

Ray warf mir einen schnellen Seitenblick zu und schmunzelte.

»Warum lachst du?«, wollte ich argwöhnisch wissen.

Ray schüttelte noch immer lächelnd den Kopf. »Das tue ich doch gar nicht«, wiegelte er ab, fügte aber dann doch hinzu: »Ich will dir ja den Spaß nicht verderben, aber ich fürchte, Ski fahren ist nicht so leicht, wie du dir das vorstellst. Ein bisschen Übung gehört schon dazu.«

»Vielleicht sollte ich einen Skikurs machen«, überlegte ich laut.

»Das wäre eine Möglichkeit«, erwiderte er trocken.

»Was machst du in Aspen?«, fragte ich und wechselte damit das Thema.

Ray war wieder voll und ganz auf die gewundene Straße konzentriert, die sich jetzt einen Berg hinaufschlängelte.

Für einen kurzen Moment verzog er das Gesicht, als hätte er in eine Zitrone gebissen.

»Hätte ich lieber nicht fragen sollen?«, hakte ich nach.

»Nein, nein, schon in Ordnung. Das ist es nicht. Meine Familie besitzt hier ein Haus, und jedes Jahr treffen wir uns, um gemeinsam Silvester zu feiern. Es gibt eine große Party mit Dutzenden Gästen.«

»Das klingt doch ziemlich toll. Ich meine, ein Haus in Aspen, das ist cool, und ein Familientreffen ist doch meistens ganz lustig. Hast du denn Geschwister?«

Ray nickte: »Eine Schwester, Willow, und was das Familientreffen angeht, es könnte vielleicht nett sein, wenn besagte Schwester von ihren alljährlichen Verkupplungsversuchen absehen würde. Die nerven übrigens total.«

Ich konnte mir ein Lachen nicht verkneifen. »Das würde ich zu gerne sehen.«

Ray lachte jetzt ebenfalls. »Lieber nicht«, erwiderte er und hielt gleich darauf am Straßenrand an.

»Da wären wir«, verkündete er, während ich einen neugierigen Blick aus dem Fenster warf. Schneeflocken tanzten im Schein der Straßenbeleuchtung. Das Hotel war hell erleuchtet, auf dem Bürgersteig tummelten sich trotz der späten Stunde Urlauber.

Ich wandte mich wieder an Ray. »Danke fürs Fahren.«

»Kein Problem. Das habe ich gerne gemacht. Ich hole dir noch dein Gepäck.«

Gemeinsam stiegen wir aus. Es war bitterkalt, und ich begann augenblicklich zu frieren. Schnell zog ich den Reißverschluss meines Mantels höher. Ray blieb vor mir stehen.

»Ich trage dir deine Sachen rein«, bot er an.

Aber ich schüttelte den Kopf.

»Das musst du wirklich nicht. Ich schaffe es auch allein. Außerdem hast du mir schon mehr als genug geholfen.«

Ray stand mir direkt gegenüber. Er war ein gutes Stück größer als ich, und so musste ich zu ihm aufschauen. Mir fielen seine Augen und die intensive Farbe darin auf. Eine Mischung aus Blau, Grün und Grau. Und dann studierte ich sein Gesicht ein bisschen genauer. Er hatte eine gerade Nase, volle Lippen, die Oberlippe schmaler als die Unterlippe. Ein dunkler Bartschatten bedeckte seine Wangen. Verbargen sich da etwa Grübchen? Ich schaute noch ein bisschen genauer hin. Tatsächlich. Aber es war nur eins, auf der linken Wange, das mittlerweile ziemlich deutlich zu sehen war. Denn jetzt lächelte er, und das Grübchen lächelte mit.

Mir wurde plötzlich heiß, und ich spürte, wie ich trotz der frostigen Temperaturn rot anlief. Wie peinlich! Warum hatte ich ihn auch nur so anstarren müssen? Ich hüstelte verlegen und wich hastig ein Stück zurück. Oje, fast wäre ich ausgerutscht.

Doch Ray reagierte blitzschnell.

»Ich habe dich!«, flüsterte er, während er mich gepackt hielt und mich vor einem Sturz bewahrte.

»Danke«, stammelte ich zittrig. Rays Blick verschmolz mit meinem. Plötzlich war mir gar nicht mehr so schrecklich kalt. Mein Herz schlug schneller, mein Bauch kribbelte. Schließlich ließ er mich vorsichtig los.

»Geht es dir gut?«, wollte er wissen.

»Ähm, ja, alles in Ordnung.«

Ray wandte sich dem Kofferraum zu.

»Ich schaffe das wirklich allein«, versicherte ich ihm schnell und wollte schon nach meinen Sachen greifen.

»Keine Chance. Ich begleite dich jetzt nach drinnen, und ich werde alles tragen. Ich bestehe darauf!«, gab er mir nachdrücklich zu verstehen, woraufhin ich mich geschlagen gab.

Bevor ich noch irgendetwas sagen konnte, war Ray bereits auf dem Weg ins Hotel. Mir blieb nichts anderes übrig, als ihm zu folgen.

Die Lobby war weitläufig, hier und da standen Sitzgruppen, bestehend aus großen beigen Ledersesseln und Sofas, die zu dieser späten Stunde noch gut besetzt waren.

Der Boden bestand aus poliertem Marmor. Von den Decken hingen Designerlampen. Es war laut und gesellig, es wurde viel gelacht und geredet. Aus den versteckten Lautsprechern drang der übliche Mainstream. Mir gefiel das Hotel auf Anhieb, und ich freute mich tatsächlich auf die Zeit, die ich hier verbringen würde. Ich eilte zu Ray hinüber, der schon an der Rezeption auf mich wartete.

Ein Hotelmitarbeiter sagte höflich: »Willkommen im Aspen Snow Club. Was kann ich für Sie tun?«

»Hallo, ich habe reserviert«, erwiderte ich und zeigte ihm meine Buchungsunterlagen, die ich auf meinem Handy gespeichert hatte. In Gedanken war ich schon auf meinem Zimmer und stand unter der Dusche. Ich konnte das warme Wasser praktisch auf meiner Haut fühlen.

»Danke, ich schaue sofort nach.«

Während er auf seinen Computer starrte, legte sich seine Stirn in Falten, was mir ganz und gar nicht gefiel.

»Gibt es Probleme?«, fragte ich mit einem unguten Gefühl im Bauch.

»Tut mir leid. Leider kann ich Ihre Buchung nicht in unserem System finden.«

»Wie bitte?«, platzte es aus mir heraus.