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Sie fühlen sich in Konflikten der Situation teilweise hilflos ausgeliefert? Sie scheuen sich, Konflikte aktiv zu bearbeiten und leben eine vorgetäuschte Harmonie? Sie fühlen sich durch das Verhalten anderer angespannt und müde? Wollen Sie das alles? Wenn nein, dann ändern Sie es und seien Sie glücklich! Dieses Buch führt Sie in die Hintergründe menschlichen Verhaltens in Konfliktsituationen ein. Die aufgezeigten Lösungswege sind ein guter Begleiter für den Alltag, egal ob privat oder beruflich. Nutzen Sie diesen praxisnahen Wegbegleiter, um gestärkt und souverän Konfliktsituation zu meistern.
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Seitenzahl: 170
Veröffentlichungsjahr: 2017
Katrin Gerlach
Konflikte verstehen und lösen
Impressum
© 2017 Katrin Gerlach
Umschlaggestaltung, Illustration: Katrin Gerlach
Lektorat, Korrektorat: Nicki Pawlow, Katrin Gerlach
Verlag: tredition GmbH, Halenreie 42, 22359 Hamburg
ISBN Taschenbuch: 978-3-7439-6143-2
ISBN Hardcover: 978-3-7439-6144-9
ISBN e-Book: 978-3-7439-6145-6
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Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:
Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.
"Es liegt in des Menschen eigener Hand, ob er sich ins Graue oder Schöne verbannt.“
Nico Werner
Als ich vor mehreren Monaten gefragt wurde, ob ich Interesse daran habe, ein Buch zu veröffentlichen, war mein erster Gedanke: „Da bin ich raus, das kann ich nicht.“ In den folgenden Wochen ließ es mir jedoch keine Ruhe und in mir reifte die Erkenntnis: „Ich möchte es! Ich tue es!“
In meiner 20-jährigen Tätigkeit als Kommunikations-, Verhaltenstrainerin und Coach bin ich so vielen Menschen begegnet, deren größtes Anliegen war, einen bestehenden Konflikt zu lösen. Selbst in Seminaren und Trainings zu anderen Themen kamen wir oft in irgendeiner Form auf eine Auseinandersetzung zu sprechen. Und meine Teilnehmer/Innen und Klienten/Klientinnen brauchten Lösungen. Auch ich selbst steckte nicht nur einmal in meinem Leben in einem Konflikt fest. So war es nur logisch, dass ich mich aus beruflichen, wie auch aus privaten Interessen auf die Suche nach Lösungsmöglichkeiten begab. Dabei stellte ich fest, dass ich, wenn ich einen Konflikt lösen möchte, zuerst diesen und mein Gegenüber verstehen muss. Ich begab mich auf eine Reise in die Literatur und in die Praxis. Mir war bewusst, dass ich vieles ausprobieren musste und nicht nur Theoretikerin bleiben durfte. Dafür gab es in meiner Arbeit mehr als genug Chancen. Schnell kristallisierte sich heraus, was anwendbar und erfolgversprechend ist und was eher in die Kategorie „unnütz und schädlich“ gehört. So entstand die Idee, dieses Buch zu schreiben und Dir wichtige Erkenntnisse aus Theorie und Praxis mit auf Deinen Weg zu geben.
Ja, ich spreche Dich mit Du an und hoffe, Du kannst es annehmen. Zum einen geht es hier um wichtige Themen, die Dich persönlich betreffen, Dich berühren und in Dein Leben eindringen werden. Ich finde, dazu braucht es Nähe und Vertrauen. Ein solches Klima möchte ich hier schaffen. Zum anderen verstehe ich dieses Buch als einen Brief an Dich, zugegebenermaßen einen etwas längeren. Ich möchte Dir von meinen Erfahrungen berichten, Dich auf eine Erkenntnisreise mitnehmen und Dir helfen, Dein Leben besser zu verstehen. Ich wünsche mir, dass ich Dir in schwierigen Momenten und bei der Bewältigung von Konflikten jedweder Art helfen kann.
Vielleicht liest Du dieses Buch, weil Du mehr über die Entstehung und Bewältigung von Konflikten erfahren möchtest. Oder Du liest das Buch, weil Du gerade einen Konflikt bewältigen musst und Du suchst nach Anleitung und Hilfe. Beides ist möglich. Manchmal wirst Du das Buch beiseitelegen, weil Du einiges erst verarbeiten möchtest. Du wirst Dich sicher auch in der einen oder anderen Situation selbst erkennen. Das ist gut so, denn wir alle sind ja Menschen und keine Maschinen. Hin und wieder wirst Du vielleicht auch schmunzeln. Das hoffe ich sehr, denn die Konflikte und die daraus entstehenden Probleme nehmen uns oft genug Freude und Leichtigkeit. Solltest Du gerade in einer scheinbar ausweglosen Konfliktsituation festhängen, so kann ich Dir aus eigener Erfahrung sagen: Es gibt immer mindestens einen Weg, diese(n) Knoten zu lösen! Mein Herzenswunsch ist es, Dir zu zeigen, wie das verlässlich funktionieren kann und Dir so wieder ein Lächeln ins Gesicht zu zaubern. Wenn das gelingt, hat mein Buch seine Aufgabe mehr als erfüllt: Daran mitzuwirken, dass unsere Welt ein wenig besser und friedlicher wird.
In dem Sinne, sei neugierig, lerne, setze um und habe Spaß am Lesen.
Deine Katrin
Bevor ich in das Thema einsteige, möchte ich Dich darauf hinweisen, dass das erste Gesamtkapitel durch die neurologischen Inhalte viele Fachwörter enthält. Lass Dich dadurch nicht verunsichern. Später werde ich auf Fachbegriffe weitestgehend verzichten.
Jetzt lass uns starten: Zu allererst ist es wichtig zu wissen, wie negative Emotionen überhaupt entstehen. Wenn Du das weißt, wirst Du schon eine Menge Situationen aus Deinem Leben besser verstehen. Kommen wir also zu ein paar neurologischen Hintergründen für Emotionen und beginnen in unserem Gehirn.
Zunächst ein paar Eckdaten zum Gehirn:
•Unser Gehirn besteht aus 100 Milliarden Gehirnzellen
•Es gibt 70 bis 100 Trillionen Verknüpfungen
•Die Länge der Nervenbahnen beträgt 5,8 Millionen Kilometer, das entspricht dem 145-fachen des Erdumfangs.
Beeindruckend, nicht wahr? Und natürlich sind extrem viele Gehirnzellen für das Entstehen von Emotionen verantwortlich. Du denkst jetzt sicher: Kein Wunder, dass ich bei meinen Emotionen manchmal nicht durchblicke und dass immer wieder im Zusammenspiel mit anderen Menschen Reibereien entstehen können! Richtig? Ich kann Dich jedoch beruhigen, es entstehen ja erfahrungsgemäß auch positive Emotionen.
Schauen wir uns zuerst ein Beispiel aus der Praxis an, an dem ich Dir dann den Hintergrund erkläre. Stell Dir vor, Dein Chef ruft Dich an und sagt: „Kommen Sie bitte sofort in mein Büro!“ Du erschreckst ggf. erstmal und gehst sofort los. Auf dem Weg dahin können zwei Sachen eintreten. Entweder fällt Dir ein, dass Du ihn gebeten hast, zeitnah mit Dir über eine Präsentation zu sprechen. Oder aber Deine Knie schlottern beim Betreten seines Büros immer noch und Du hast einen trockenen Mund. Was passiert nun in beiden Fällen in Deinem Gehirn?
Wir nehmen über unsere fünf Sinne ein Geschehen wahr. Diese Nachricht wird im Gehirn zuerst an den Thalamus weitergeleitet. Der Thalamus ist zum einen der Wächter, der entscheidet, welche Emotionen für uns relevant sind und was für uns jetzt wichtig ist. Gleichsam ist er u.a. die Schaltzentrale im Gehirn, die entscheidet, wo die Informationen schlussendlich landen.
Wenn der Thalamus eine Information als wichtig erachtet, leitet er diese u.a. zum Präfrontalcortex, dem denkenden Gehirn, weiter und zwar den ausführlichen Teil der Information. Das denkende Gehirn liegt nebenbei bemerkt im vorderen Teil des Großhirns, womit der Spruch „Ein Schlag auf den Hinterkopf erhöht das Denkvermögen.“ widerlegt ist. Zurück zum Präfrontalcortex. In diesem Teil des Gehirns wird die Nachricht analysiert.
Das lassen wir jetzt vorerst so stehen und kommen zu dem Bereich im Gehirn, wo die Emotionen hauptsächlich angesiedelt sind. Im Zwischenhirn liegt das limbische System. Dieses ist für Emotionen, Antrieb und Lernen zuständig. Ein Areal im limbischen System ist die Amygdala oder auch Mandelkern genannt. Die Amygdala ist für uns von höchster Bedeutung, wenn es um die Entstehung von spontanen Emotionen, wie Wut oder auch Ekel geht. Nebenbei erwähnt, liegt dort auch ein großer Teil unseres emotionalen Gedächtnisses.
Nun fügen wir die drei Teile des Gehirns, den Thalamus, den Präfrontalcortex und die Amygdala (Du brauchst Dir die Begriffe nicht merken) zusammen. Der Thalamus, unsere Schaltzentrale, leitet die Information nämlich nicht nur an das denkende Gehirn weiter. Nein, ein dünner etwas ungenauerer Teil geht direkt an die Amygdala. Und dort entstehen schon die ersten Emotionen. Natürlich arbeitet das denkende Gehirn wie ein guter Kollege und leitet die analysierte Information etwas später ebenfalls an die Amygdala. Und jetzt wird es spannend.
Sehen wir uns doch mal die Wege an: vom Thalamus über den Präfrontalcortex zur Amygdala oder vom Thalamus direkt zur Amygdala. Genau, der letzte Weg ist kürzer. Das heißt also, in der Amygdala sind bereits Emotionen entstanden, bevor die analysierte Nachricht dort eintrifft. Joseph LeDoux, ein Neurowissenschaftler, nennt diesen Weg übrigens „quick and dirty“ – kurz und schlecht bzw. ungenau. Es sind bereits Emotionen entstanden, bevor Du über die Information wirklich „nachgedacht“ hast. Nur passen sie auch wirklich zu der Ausgangsinformation? Spannend, oder?
Kommen wir zurück zu unserem Beispiel mit dem Chef. Du hörtest die Information „Kommen Sie bitte sofort in mein Büro!“. Natürlich lässt der Thalamus diese Information durch und leitet sie weiter. Während das denkende Gehirn noch analysiert und analysiert, hat sich die Amygdala schon ihr Urteil gebildet. Vielleicht ist das Wort „sofort“ am stärksten zu ihr durchgedrungen und Dein emotionales Gedächtnis in der Amygdala verbindet mit diesem Wort „Attention! Attention!“ Du bist verunsichert oder gar verängstigt, je nachdem, was abgespeichert ist. Auf dem Weg zum Büro ist auch die analysierte Information des Präfrontalcortex bei der Amygdala angekommen und die erinnert Dich an Deine Bitte, zeitnah mit dem Chef über die Präsentation sprechen zu können. Schon beruhigst Du Dich etwas. Wieso nicht sofort ganz, fragst Du Dich? Das hat mit den Hormonen zu tun, die bei einem Schreck sofort ausgeschüttet werden und sich nicht so schnell abbauen.
Und dann ist da noch eine zweite Option mit den schlotternden Beinen und dem trockenen Mund beim Betreten des Büros.
Ja, was ist das schon wieder? Die Refraktärzeit ist „schuld“ daran, dass die zweite Option ausgelöst wird. Sie ist die Zeit, in der die Gehirnzellen nach Auslösen eines Signals nicht in der Lage sind, neue Impulse zu verarbeiten. Deine Neuronen sagen bildhaft gesprochen „Stopp, es geht nichts mehr durch!“ Vergleichbar mit einem vollen Kopf, in den nichts mehr reingeht. So ähnlich kannst Du Dir das vorstellen. Natürlich hat die Refraktärzeit auch ein Ende und dann kannst Du die Welt auch wieder anders sehen und die Emotionen und die Wahrnehmung Deiner Umwelt haben sich wieder korrigiert. Im streng neurologischen Sinne beträgt die Refraktärzeit nur wenige Millisekunden. Wir nennen sie jedoch umgangssprachlich auch die Zeit, in der wir wieder andere Reize wahrnehmen. Und sollten Deine Beine noch schlottern, wenn Du das Büro betrittst, bist Du einfach eher dort, als Deine Refraktärzeit beendet ist.
Was bestimmt jedoch die Länge unserer umgangssprachlichen Refraktärzeit? Zum einen kann unser Gegenüber ein Grund sein. Unsere Einstellungen und Erfahrungen mit dem Gegenüber spielen dabei eine große Rolle. Ist ein Mensch angenehme und liebevoll, verkürzt sich die Refraktärzeit rasch wieder, habe ich jedoch schon mehrfach verletzende Erfahrungen mit ihm gemacht, verlängert sie sich. Und ein weiterer wichtiger Faktor ist Dein Gesamtgemütszustand. Je besser es Dir emotional geht, umso kürzer ist die Refraktärzeit.
Da dies alles keine bewusst steuerbaren Abläufe sind, könntest Du Dich natürlich zurücklehnen und bei unberechtigter Wut oder unberechtigtem Ausraster sagen „Meine Amygdala ist schuld!“ Nur gestaltet sich das im wahren Leben nicht immer so einfach. Die zwischenmenschliche Art der Kommunikation wird darunter leiden. Wichtig ist an dieser Stelle nur, dass Du weißt, was in Deinem Kopf passiert, damit Du Dich dem nächsten Thema zuwenden kannst.
Nachdem wir uns nun die Emotionen angesehen haben, ist eine weitere wichtige Grundlage die Ratio.
Hast Du bei einem Konflikt schon mal von jemandem gehört: „Schalte doch einfach den Verstand ein!“? Und hast Du es getan? Und wenn Du es versucht hast, war es auch erfolgreich? Beim Lösen einer schwierigen Mathematikaufgabe hilft Dir der Verstand, wobei Du eine gewisse Motivation brauchst, um Dich hinzusetzen und diese knifflige Gleichung zu lösen. Und hier schon vorab, Motivation entsteht durch Emotionen, das bedeutet, so ganz ohne Emotionen war das Lösen der Aufgabe doch nicht möglich. Oder was meinst Du?
Bei zwischenmenschlichen Konflikten kommen wir mit rationalem Denken nur bedingt weiter. Zumal es auch so ist, dass die Emotio (der Überbegriff für alle Emotionen) die Ratio ab einer gewissen Stärke immer überdeckt. Ich möchte Dich zu einem kleinen Experiment einladen. Wenn jemand in Deiner Umgebung emotional sehr aufgebracht ist, egal ob positiv oder negativ, frage ihn bitte, wieviel 3 x 4 ist. Der Gesichtsausdruck Deines Gegenübers wird noch mehr entgleisen, glaube mir. Und die verbale Reaktion ist vorhersehbar. Er/sie wird Dich fragen, was das denn jetzt soll (was ja in der Situation nicht ganz unberechtigt ist). Genaugenommen sagt Dein Gegenüber Dir damit, dass er spontan nicht darauf antworten kann. Die starken Emotionen überlagern das logische Denken. Das ist evolutionär betrachtet auch sinnvoll. Wenn unseren Vorfahren ein wildes Tier zu nahekam, wäre es sicher tödlich gewesen, wenn unser Vorfahre erst einmal sämtliche mögliche Optionen, die es gibt, abzuklären versucht. Die Angst war zum Glück stärker und er ist um sein Leben gerannt. Ich persönlich bin über diesen Mechanismus sehr dankbar, wer weiß, ob es uns sonst heute geben würde.
Was ist bei einem zwischenmenschlichen Konflikt nun notwendig, um ihn zu lösen? Wie wir wissen, gibt es da die Emotionen. Angenommen diese sind mittlerweile etwas abgekühlt und Du möchtest das Ganze jetzt rational durchdenken. Du hast Dir eine Liste möglicher Ursachen für den Konflikt und Lösungsoptionen aufgeschrieben. Das ist gut und ein wichtiger Aspekt beim Lösen von Problemen. Jetzt erinnere Dich bitte an Deinen letzten Konflikt. Vergegenwärtige Dir, was passiert ist. Schließe die Augen und versetze Dich zurück in die Situation. Wie fühlt sich das an? Bedenke dabei, dass Deine Gedanken sehr subjektiv sind, weil sie emotional geprägt sind. Selbst wenn Du gar nicht bewusst eine Emotion wahrnimmst, fühlst Du beim Denken von verschiedenen Möglichkeiten etwas in Deinem Körper (daher ist es hilfreich, die Augen geschlossen zu halten). Und da haben wir es wieder. Du nimmst Regungen im Körper wahr. Das sind somatische, also körperlich manifestierte Emotionen. Das Gleiche passiert Dir, wenn Du Lösungsoptionen suchst. Auch dort zeigt Dir Dein Körper, was er gut findet und was nicht. Kannst Du mir da zustimmen?
Was genau passiert da? Jede emotionale Reaktion, die Du in Deinem Leben positiv wie negativ durchlebt hast, ist im emotionalen Gedächtnis gespeichert und wird körperlich manifestiert. Antonio R. Damasio nennt diese Manifestationen somatische Marker. Und all unsere Gedanken sind eng mit diesen somatischen Markern verbunden. Denke jetzt beispielsweise mal an das Wort „Frühling“. Spürst Du, was ich meine? Dabei ist vollkommen egal, was Du spürst. Wenn Du mit dem Frühling positive Emotionen verbindest, reicht nur der Gedanke dazu aus, um diese körperlich spürbar zu machen. Oder denke an das Wort „Finanzamt“ oder an das Wort „Weihnachten“. Alles klar?
Zurück zu unserem logischen Lösen von Konflikten. Meinst Du jetzt noch, dass das möglich ist? Sicher nicht. In unserem Gehirn gibt es neben den bereits erwähnten Arealen sehr viel mehr, in denen Emotionen entstehen. Daneben gibt es ebenso viele Areale, die eine reine Information ganz leidenschaftslos wahrnehmen. Und nur das Zusammenspiel beider Bereiche kann zu einer Lösung führen. Hinzu kommt noch ein Aspekt: Haben wir die eine oder andere mögliche Konfliktlösung gefunden, heißt es jetzt zu entscheiden, welche für uns die beste ist. Dafür gibt es in unserem Gehirn im Präfrontalcortex einen weiteren Bereich, der jetzt aktiviert wird. Dieser Teil des Präfrontalcortexes spielt bei der Konfliktlösung eine große Rolle. Welch hohen Stellenwert dieser Bereich einnimmt, zeigt der sehr dramatische Fall des Phineas Gage. Phineas Gage lebte im 19. Jahrhundert, war sehr intelligent und emotional sehr kompetent, wie wir es heute ausdrücken würden. Bei einem Unfall durchdrang eine Stange sein Gehirn. Sie trat an der Wange ein und aus dem Oberschädel aus. „Faszinierend“ dabei war, dass er weder bewusstlos wurde, noch motorische oder sprachliche Einschränkungen hatte. Das Tragische war, dass ein Bereich im Präfrontalcortex beschädigt wurde, der u.a. für Entscheidungen zuständig ist. Das Leben des Phineas Gage nahm eine traurige Wendung. Obwohl sein Intellekt immer noch sehr gut funktionierte und das Lösen mathematischer Aufgaben keinerlei Herausforderungen für ihn darstellte, war er nicht mehr in der Lage, ein sozial angepasstes Leben zu führen. Kleinste Entscheidungen waren für ihn nicht mehr möglich. Das Gefühl für andere und die angepassten Verhaltensweisen, entsprechend den damaligen gesellschaftlichen Normen, hatte Phineas Gage vollkommen verloren. Er war kurz gesagt alleine nicht mehr normal lebensfähig. Diese menschliche Tragödie hatte nur eine positive Seite. Zum ersten Mal in der Geschichte, wurde den Wissenschaftlern klar, welche immense Bedeutung das Fühlen, das Denken und das Treffen von Entscheidungen für das soziale Miteinander hat, natürlich und in großem Maße auch für das Lösen von Konflikten.
Zusammenfassend lässt sich sagen: Mit der reinen Ratio wirst Du ein Problem nicht lösen können. Wirkt das auf Dich deprimierend? Auf mich wirkte es damals so. Fragte ich mich doch, wieso soll ich mir dann soviel Wissen aneignen, wenn es mir bei den einfachen Herausforderungen dieser Welt nur bedingt hilft. Doch ich irre. Es hilft! Je mehr Wissen Du hast, umso mehr Entscheidungsoptionen kennst Du, nicht nur bei zwischenmenschlichen Konflikten.
Bei diesen hilft verstehendes Wissen dabei, die Situation emotional anders zu bewerten und empathischer zu werden. Der Konflikt wirkt häufig nicht mehr so bedrohlich, also mit negativen Emotionen assoziiert. Damit werden so manche Konflikte nicht nur kleiner, manche lösen sich schneller auf oder entstehen erst gar nicht. Das finde ich persönlich schon großartig! Es lebt sich ruhiger und glücklicher! Und sich Wissen anzueignen, bedeutet im Vorfeld neugierig zu sein, eine positive Emotion, die für das Lernen eine Grundvoraussetzung ist. Also bleib neugierig, es macht glücklich. Nur Vorsicht! Wenn Du vor lauter Neugier alles wissen willst, was Dein(e) Partner/In macht, dann wird Dir die Neugier wohl wenig Glück bringen. Dann wird die Neugier zu einer störenden Emotion. Alles hat seine zwei Seiten. Und negative Emotionen haben einen enormen Anteil an Konflikten. Positive Emotionen fördern die Lösung, negative verhindern sie und erzeugen den Konflikt.
Zusammengefasst heißt es: Sofern die Emotio etwas abgekühlt ist und die Ratio wieder ein Wort mitzusprechen hat, ist ein Konflikt lösbar.
Natürlich darf in diesem Buch das Thema „Kommunikation“ nicht fehlen, gehört es doch zu den Grundlagen, wenn es darum geht, Konflikte zu verstehen.
Was an dieser Stelle wichtig ist: Wir verfügen nicht nur über eine verbale Kommunikation, sondern auch über eine nonverbale. Ja, ich weiß, das ist Dir sicher bekannt. Nur weißt Du auch, wie diese Anteile gewichtet sind? Was meinst Du, wie hoch ist der Anteil der nonverbalen Kommunikation? Hierrüber streiten sich die Geister bis heute. Einige behaupten, er liege bei ca. 80%, andere reden gar von 93%. Du kannst Dir gerne aus Deinem Erfahrungshintergrund eine Zahl dazwischen aussuchen. Ich tendiere zu den 93%. Den größten Teil der nonverbalen Kommunikation nehmen wir nicht bewusst wahr und können diesen auch nicht bewusst steuern. Natürlich sind wir imstande, durch Lernen einen höheren Anteil ins Bewusstsein zu übernehmen und auch einen höheren Anteil bewusst steuern.
Welche Form der Kommunikation ist nun wohl die ehrlichere? Was meinst Du? Natürlich, die nonverbale. Dieser glauben wir unbewusst mehr. Stelle Dir vor, ein Mensch steht Dir gegenüber, schenkt Dir eine Rose und sagt gleichzeitig zu Dir „Lass mich in Ruhe!“ Welcher der beiden Aussagen schenkst Du mehr Glauben? Sicherlich der Rose. Die Worte verunsichern Dich natürlich und das ist auch normal Jedoch wird der Rose, emotional betrachtet, die höhere Wertigkeit beigemessen. Und dennoch wird Dich die gesamte Situation irritieren. Hast Du eine Idee, woran das liegt? Ja genau: An der Gegensätzlichkeit der vermittelten Informationen.