„Lauf, Karen, lauf!“ - Karen Marin - E-Book

„Lauf, Karen, lauf!“ E-Book

Karen Marin

4,8

Beschreibung

Januar 1945. Im Geleit der „Wilhelm Gustloff“ soll das Flüchtlingsschiff „Hansa“ Gotenhafen verlassen. Bei eisiger Kälte flüchtet die sechsjährige Karen mit ihrer Mutter und dem neunjährigen Bruder vor der Roten Armee zu Fuß zum Hafen, um das Schiff zu erreichen. Während die „Hansa“ auf Grund eines Motorschadens noch vor Hela liegt, nimmt draußen auf der Ostsee die größte Schiffskatastrophe während des Zweiten Weltkrieges ihren Lauf. Auf der sechstägigen Überfahrt nach Kiel auf dem überfüllten Deck der „Hansa“ vermischen sich in Karens Fantasie die Gegenwart und die Erlebnisse aus früheren Kindheitstagen in Eckernförde. Endlich wieder in Eckernförde angelangt, ist es für das kleine Mädchen schwer zu verstehen, dass ein Anknüpfen an die glücklichen Kindertage der Vergangenheit nicht möglich ist, sondern dass auf ihre Familie das typische Flüchtlingsleben in einem Lager wartet. Trotz aller Entbehrungen und dem quälenden Warten auf den Vater ist dieses Buch eine Liebeserklärung an die Stadt ihrer Kindheit. Mehr als sechzig Jahre nach ihrer Flucht legt Karen Marin hiermit einen bewegenden autobiografischen Roman über ihre frühen Kinderjahre vor.

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Seitenzahl: 286

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ISBN 978-3-89876-451-3 (Vollständige E-Book-Version des im Husum Verlag erschienenen Originalwerkes mit der ISBN 978-3-89876-340-0) Umschlagbild: Siegfried Lauterwasser, Überlingen © 2014 by Husum Druck- und Verlagsgesellschaft mbH u. Co. KG, Husum Gesamtherstellung: Husum Druck- und Verlagsgesellschaft

Für meinen Sohn Arne, meine Tochter Julia und

„Lauf, Karen, lauf!“

„Karen!“

Eine Stimme rief ihren Namen. Immer wieder. Wie aus weiter Ferne.

„Karen! Karen! Du musst laufen, Karen, laufen! Viele Kinder sind schon erfroren.“

Bittere Kälte hatte die Farbe von Karens Gesicht gewaschen. Schnee drang durch ihre geschlossenen Augenlider. Sie atmete flach.

Die Stimme kam näher, wurde unerträglich laut. Der Klang eisigen Windes begleitete sie.

„Karen, komm, du musst laufen!“

Kaum auszuhalten war dieser Ton. Er gellte in den Ohren, wurde immer durchdringender.

Jäh wurde das Kind vom Pferdewagen heruntergerissen. Langsam zu sich kommend hob es den Kopf, erkannte die Mutter:

‚Warum stört sie mich? Still – es war so schön still, ich schwebte leicht wie eine Feder. So schön, so warm war das Licht – und gar nichts tat mehr weh.‘

„Komm! Wir müssen laufen!“

Die Kleine verzog das Gesicht.

‚Hier ist alles so kalt, so weiß – und diese Stimme! Sie ist doch sonst nicht so laut – Muttis Stimme.‘

Der Sturm heulte, fegte den Schnee. Die messerscharfe Kälte biss Karen ins Gesicht, kniff schmerzhaft in ihre Fingerkuppen. Obwohl sie sich kraftlos und nicht bei Sinnen fühlte, entging ihr der panische Unterton nicht, als die Mutter wiederholte:

„Komm, du musst laufen, Karen! Stillsitzen ist gefährlich!“

Mühsam zog sie ihr Kind neben dem klappernden Pferdegespann auf der vereisten Chaussee mit sich. Das Gefährt war mit zusammengekrümmt dasitzenden, dick vermummten älteren Männern, jungen und alten Frauen, Müttern und Kindern voll bepackt, mit Bündeln hoch beladen, mit schaukelnden Eimern, Kutscher- und Karbidlampen am und unter dem Wagen behängt. Pferd und Mensch, aufeinander angewiesen, um dem Tod zu entkommen.

Karen war sechs Jahre alt. Ihre Mutter, ihr neunjähriger Bruder Werner und sie liefen inmitten des endlos erscheinenden Trecks mit, nachdem sie sich der fliehenden, wie eine riesengroße Schlange vorwärts kriechenden Menschenmasse aus dem Osten in der Nähe Gotenhafens Hals über Kopf angeschlossen hatten. Einer Menschenschlange, die weder Vorder- noch Hinterteil hatte.

Nun hellwach und laut weinend versuchte die Kleine, ihre gefühllos gewordenen Füße, die in leichten Schnürschuhen steckten, voreinander zu setzen, dorthin, wo sie von der Mutter und vom Bruder hingeschoben wurde. Jeden Schritt machten die Kälte und der Sturm zur Qual.

Schwarz-Weiß, überall dieses endlose Schwarz-Weiß, wohin Karens Augen auch blickten. So dunkel die Menschenschlange. So hell der Schnee. Dazu die Eiseskälte, die die durchweichte Jacke und die übereinandergezogenen Pullover durchdrang, der Feind, der Sturm, das stundenlange Gehen durch hoch liegenden Schnee. Und überall dieses Schwarz-Weiß, dieses endlose Schwarz-Weiß, und das Füße-voreinander-Setzen hörte und hörte nicht auf.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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