Lean Administration - Jörg Brenner - E-Book

Lean Administration E-Book

Jörg Brenner

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Beschreibung

Bewährte Lean-Strategien für effiziente Office-Workflows
In den administrativen Bereichen jedes Unternehmens sind Durchlaufzeiten, Produktivität, und Qualität genau so wichtig wie in den Produktionsbereichen. Das Problem: Lean Konzepte für die Produktion sind bekannt und bewährt, aber ob diese auch für die Administration taugen weiß kaum jemand. Dieses Buch schafft Abhilfe. Ausgehend von den sieben Arten der Verschwendung zeigt der Autor klar umrissene Ansätze und Vorgehensweisen, wie sich auch die Büro-Abläufe erheblich verschlanken lassen. Sie erfahren

- welche Lean-Ansätze am besten auf die Administration übertragbar sind und was die größten Hürden sind
- anhand von realen Fallstudien, wann welche Konzepte die größte Wirkung entfalten
- wie sich eine Verkürzung der Durchlaufzeiten und eine Erhöhung der Produktivität und Qualität auch in Ihren Office-Prozessen umsetzen lässt, z.B. bei der Angebotserstellung, Reklamationsbearbeitung, Anlaufabsicherung.

Die grundsätzlichen Ideen von Lean Administration sind in den meisten Firmen anwendbar. Die Fallbeispiele im Buch beziehen sich auf die unterschiedlichsten Produktionsumfelder. Sie reichen von Groß- über Kleinserien bis hin zum Projektgeschäft.

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Jörg Brenner

Lean Administration

Verschwendung in Büros erkennen,analysieren und beseitigenPraxisreihe Qualitätswissen Herausgegeben von Kurt Matyas

Der Autor:

Jörg Brenner, München, selbständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt Lean Management.

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen, Verfahren und Darstellungen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Autor und Verlag übernehmen infolgedessen keine juristische Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.

Ebenso übernehmen Autor und Verlag keine Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Buch berechtigt deshalb auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen­ und Markenschutz­Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek: Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2018 Carl Hanser Verlag Münchenwww.hanser-fachbuch.de

Lektorat: Dipl.-Ing. Volker Herzberg Herstellung: Isabell Eschenberg Umschlagrealisation: Stephan Rönigk

Print-ISBN 978-3-446-45472-9 E-Book-ISBN 978-3-446-45579-5

Verwendete Schriften: SourceSansPro und SourceCodePro (Lizenz) CSS-Version: 1.0

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

Vorwort

Einleitung

1 Prozesse im administrativen Bereich

1.1 Lean Administration, Reengineering und Business Process Management

1.2 Definition von Prozessen

1.3 Administrative vs. Produktions- Prozesse

1.4 7 Arten der Verschwendung in administrativen Prozessen

2 Durchlaufzeiten und Termintreue

2.1 Bedeutung von Durchlaufzeiten und Termintreue

2.1.1 Produktentwicklungsprozess

2.1.2 Auftragsbearbeitungsprozess

2.1.3 Administrativer Aufwand durch lange Durchlaufzeiten und Änderungen von Aufträgen?

2.1.4 Termintreue

2.2 Analyse des Prozesses

2.2.1 Überblick des gesamten Prozesses

2.2.2 Qualitative Analyse des Prozesses

2.2.3 Quantitative Analyse des Prozesses

2.2.4 Definition der Verbesserungspotenziale

2.3 Maßnahmen zur Reduzierung und Stabilisierung der Durchlaufzeit

Fallbeispiel 2.1 – Prozess „Technische Änderungen und Zeichnungsfreigaben“: Vermeidung von Verschwendung

Fallbeispiel 2.2 – Prozess „Organisation der Güteprüfung“: Vermeidung von Verschwendung

Fallbeispiel 2.3 – Prozess „Antrag Technische Modifikationen“: Standardisierung und Stabilisierung; Fließprinzip

Fallbeispiel 2.4 − Prozess „Reklamation von gesperrten Materialien“ − Standardisierung von Prozessen

Fallbeispiel 2.5 − Prozess „Auftragsbearbeitung“: Einführung eines Fließprinzips

Fallbeispiel 2.6 − Prozess „Reklamationsbearbeitung“: Reduzierung von Komplexität

Fallbeispiel 2.7 − Prozess „Bearbeitung Angebotsanforderung“: Reduzierung von Komplexität

Fallbeispiel 2.8 − Prozess „Operative Anlaufabsicherung − Materialverfügbarkeit“: Synchronisierung von Prozessen

2.4 Zusammenfassung der verwendeten Konzepte und Werkzeuge

3 Kapazitätsengpässe und Produktivitätsverluste

3.1 Arten von Kapazitätsengpässen und Produktivitätsverlusten

3.1.1 Welche Arten von Verschwendung werden betrachtet?

3.1.2 Warum sind Produktivität und Kapazität in der Administration schwerer fassbar?

3.1.3 Wo liegt der Fokus bei Kapazitätsprojekten?

3.2 Analyse des Prozesses

3.2.1 Überblick des gesamten Prozesses

3.2.2 Qualitative Analyse des Prozesses

3.2.3 Quantitative Analyse des Prozesses

3.2.4 Definition der Verbesserungspotenziale

3.3 Maßnahmen zur Steigerung der Produktivität

Fallbeispiel 3.1 – Auftragsbearbeitungsprozess im Auftragsmanagement − Vermeidung von Bewegung und Suchen

Fallbeispiel 3.2 − Prozess zur Freigabe von Produktionslosen − Vermeidung von Überbearbeitung und Transport

Fallbeispiel 3.3 − Dokumentation von Produktionslosen − Vermeidung von Überbearbeitung

Fallbeispiel 3.4 − Berichtswesen − Vermeidung von Überproduktion

Fallbeispiel 3.5 − Entwicklungsprozess − Reduzierung von Korrekturen

Fallbeispiel 3.6 − Planungsprozess − Vermeidung von Informationsschleifen

Fallbeispiel 3.7 − Auftragsbearbeitungsprozess − Reduzierung von Rückfragen

3.4 Zusammenfassung der verwendeten Konzepte und Werkzeuge

4 Mangelhafte Qualität des Outputs

4.1 Ursachen und Kosten der mangelhaften Qualität

4.2 Maßnahmen zur Verbesserung der Qualität des Outputs

Fallbeispiel 4.1 – Schnittstelle Vertrieb und Planung − Abweichende Endtermine

Fallbeispiel 4.2 – Prozess zur Rechnungsstellung − inkorrekte Stammdaten

Fallbeispiel 4.3 – Prozess des Änderungsmanagements − Verwendung von Altbeständen

5 Nachhaltigkeit

5.1 Dokumentation

5.2 Auswirkungen der Umsetzung

5.3 Anpassung

5.4 Standardisierung

5.5 Kontrolle

6 Literatur

Vorwort

Können Sie auch Lean Administration?

Eine der oft gestellten Fragen an einen Lean-Management-Berater. Um diese einfache Frage jedoch einfach beantworten zu können, gilt es vorab sicherzustellen, dass ein einheitliches Verständnis des Begriffs „Lean Administration“ besteht. Wird darunter die Reduzierung von Verschwendung in den sogenannten „administrativen Unternehmensbereichen“ verstanden und versteht man diese wiederum als Funktionen, die nicht unmittelbar zur betrieblichen Leistungserstellung beitragen, so beantworten wir diese Frage mit: „Selbstverständlich“. Denn nur eine ganzheitliche Optimierung des Wertstroms – zum Beispiel des Auftragsabwicklungsprozesses als Ganzes − führt zu einer optimierten Kundenorientierung, zu einer nachhaltigen Ergebnisverbesserung und zu der notwendigen Flexibilität, um auf Veränderungen in der Zukunft schnell reagieren zu können. Zwar könnte man auch der Ansicht sein, dass es eigentlich keinen großen Unterschied zwischen administrativen oder direkten Bereichen gibt. Denn es geht bei Lean Management grundsätzlich um Prozesse und um „Fluss“ − einmal um Materialfluss, ein anderes Mal um Informationsfluss. Doch gibt es auch entscheidende Unterschiede zwischen den Bereichen, die ich im Rahmen dieses Vorwortes ebenfalls ansprechen möchte.

So einfach wie diese Antwort „Selbstverständlich können wir auch Lean Administration“ ist die Umsetzung in der Praxis allerdings leider nicht. Daher kommt dieses vorliegende Buch gerade recht.

Warum dieses Buch?

Als praktische „Umsetz-Hilfe“ gibt es sehr wertvolle Hinweise und Beispiele rund um das Thema „Lean in administrativen Bereichen“. Denn bekannterweise beginnt jede große Reise mit einem ersten Schritt oder in diesem Falle mit einem ersten kleinen Projekt.

Jörg Brenner versorgt den interessierten Lean-Anwender mit einer bunten Mischung an Projektbeispielen. Es sind in der Unternehmenspraxis durchgeführte Workshops und Vorgehensweisen, die entlang der gesamten Wertstromkette Anwendung gefunden und sich bewährt haben. Endlich eine Hilfestellung, um durch erfolgreiche Projektarbeit im administrativen Bereich eine Lean-Kultur im gesamten Unternehmen entstehen zu lassen. Und darum geht es doch − die „Lean-Kultur“. Seit über einem Vierteljahrhundert Lean-Management-Tradition in Europa beschränken viele Unternehmen ihre Lean-Aktivitäten noch immer auf die Produktion und wundern sich, warum es ihnen nicht gelingt, all die Wettbewerbsvorteile auszuschöpfen, die sie sich davon versprochen hatten. Wenn aber in der Formel 1 nur der Rennfahrer Spitzenleistung erbringt und der Boxenstopp von „durchschnittlichen“ Mechanikern durchgeführt wird, wird das Rennteam niemals auf dem Siegertreppchen stehen.

Es geht also bei der Lean-Einführung in den unterstützenden Bereichen darum, das gesamte Unternehmen von der Wirksamkeit angewandter Lean-Prinzipien zu überzeugen. Doch hier beginnt die wirkliche Herausforderung, denn nach wie vor existiert in den meisten Unternehmen noch die „Eisberg-Situation“: Betrachten wir einmal die Durchlaufzeit für eine klassische Auftragsabwicklung von der Kundenanfrage bis zur Auftragsversendung. Nur 10-20 % der Gesamtdurchlaufzeit sind Produktions- bzw. produktionsnahe Prozesse. Der Rest besteht aus Aktivitäten, die nicht direkt an den physischen Materialfluss gekoppelt sind. Oberhalb der Wasseroberfläche sind also die Fertigungs-, Montage- und Produktionsabläufe zu sehen. Unterhalb der Wasseroberfläche verstecken sich all die anderen Prozesse, die innerhalb des Wertstroms 80-90 % ausmachen. Diese können u. a. Instandhaltung, Planung und Steuerung, Betrieb der Anlagen, Vertriebs-, Einkaufs- oder Entwicklungstätigkeiten sein.

Wie leicht lassen sich Lean-Production-Prinzipien auf die administrativen Bereiche übertragen?

Hier gibt es zwei Besonderheiten, die es zu beachten gilt.

Erstens: sichtbare und unsichtbare Abläufe. Während wir in den Produktions- und Montagebereichen sehr gut beobachten können, ob und wie das Material fließt, ob Maschinen stehen oder laufen und womit sich die Mitarbeiter beschäftigen, haben wir es in den Büros oft mit EDV-gestützten oder manuellen Informationsverarbeitungsvorgängen zu tun. Die meisten Abläufe sind nicht sichtbar. Daher gilt es hier im Rahmen einer Prozessabbildung die notwendige Transparenz zu schaffen, um erst hierdurch Verbesserungspotenzial und Verschwendung identifizieren zu können.

Stellen Sie sich das Ergebnis eines solchen „Process Mappings“ wie eine Vernissage vor. Da speziell administrative Abläufe häufig sehr viele Schnittstellen haben, lädt man all die von diesem Prozess betroffenen Personen ein, erklärt ihnen, wie diese Wertstromdarstellung erarbeitet wurde und führt sie dann anhand der Abbildung durch den real praktizierten Prozess. Die ersten Reaktionen ähneln sich alle und es werden Aussagen zu hören sein wie: „Das kann doch nicht sein!“ oder „Wenn ich gewusst hätte, dass ...“. Erste Verbesserungen werden oft sofort umgesetzt und fördern somit die Akzeptanz für eine neue Herangehensweise, die aus der Lean Toolbox stammt. Rollt man nun diese standardisierte Vorgehensweise unternehmensweit aus, so ist das wie das Erlernen einer neuen Sprache. Die administrativen Bereiche lernen und verstehen die Sprache des direkten Bereiches und umgekehrt. So entsteht die Grundlage für eine gemeinsame bereichsübergreifende Lean-Kultur.

Methoden und Werkzeuge hierfür werden in diesem vorliegenden Werk sehr ausführlich dargestellt, sodass an dieser Stelle jeder interessierte Leser dazu angeregt werden soll, sie im eigenen Unternehmen anzuwenden. Sie werden überrascht sein, wie einfach es ist, „Licht ins Dunkel“ zu bringen und eine Bereitschaft für Veränderung zu erzeugen.

Zweitens: Während Führungskräfte und Mitarbeiter der Produktion und Montage es als „normal“ empfinden, dass Lean-Prinzipien in ihrem Bereich Anwendung finden müssen und immer mehr Wertschöpfung und Effizienz von ihnen verlangt wird, ist bei den Kollegen der administrativen Bereiche die Einstellung und das Verhalten diesbezüglich oftmals weniger ausgeprägt. Dies ist nicht despektierlich gemeint und stellt auch keinen Vorwurf dar. Es resultiert nur aus der Tatsache, dass diese Bereiche in der Vergangenheit selten dazu aufgefordert wurden, Effizienzsteigerungen in vergleichbarer Weise nachzuweisen. Es fehlt die Erfahrung damit, es ist „ungewöhnlich“ und stößt hin und wieder auf Unverständnis − trotz oder vielleicht auch wegen des sich dort befindenden hohen Bildungsstandes. Ein Sprichwort sagt „People are Boss-Watchers“. Will man also das Verhalten von Mitarbeitern hin zu einer Lean-Akzeptanz ändern, so sollte die Aufmerksamkeit dem Management dieses Bereichs gewidmet werden. Durch Ausbildung, Training und Coaching zum Thema Lean Management gilt es, wie bereits erwähnt, Wissen und positive Erfahrung auf diesem Gebiet zu generieren. Führungskräfte haben im Rahmen von Lean eine Vorbildfunktion, die dazu führt, dass sich die Einstellung und das Verhalten der Belegschaft hin zu einer Lean-Kultur verändern können. Dies beinhaltet messbare Verbesserungen, die auch regelmäßig gewürdigt und gefeiert werden. Geschieht dies, haben wir eine erfolgreiche Lean-Transformation.

Sicherlich haben viele Leser der ersten Ausgabe „Lean Production – Praktische Umsetzung zur Erhöhung der Wertschöpfung“ auf dieses vorliegende Buch gewartet. Auch wenn in unserer Lean-Welt „Warten“ zu einer der Verschwendungsarten zählt, hat es sich in diesem Fall gelohnt. Ein erfrischendes Praxisbuch liegt vor mit vielen Fallbeispielen und Anwendertipps, die zur Nachahmung und zum Ausprobieren verleiten sollen.

Danksagung an Jörg Brenner.

Dipl.-Päd. Frank Tempel

Gründer und Geschäftsführender Gesellschafter

Growtth® Consulting Europe GmbH, Starnberg

Einleitung

Die Themen Lean oder schlanke Prozesse in der Produktion sind umfangreich in der Literatur behandelt und zahlreiche Unternehmen haben bereits große Fortschritte damit erzielt. Aber gerade solche Produktionsbetriebe vernachlässigen dieselbe konsequente Anwendung der Lean-Prinzipien in ihren administrativen Prozessen. Zumeist aus der Not heraus werden vereinzelt Themen angepackt, in denen Ansätze und Werkzeuge des Lean Management verwendet werden. Ein umfassender Abbau von Verschwendung oder die Umsetzung von Konzepten wie dem Fließprinzip lassen sich nur vereinzelt finden. Ein Werksleiter eines Unternehmens, das über Jahre große Fortschritte mit der Umsetzung von Lean Production erzielt hatte, brachte es auf den Punkt: „Das sind nicht unsere Kernprozesse.“ Dabei kommt natürlich die Frage auf, ob ein Werk nur schlanke Fertigungsprozesse haben möchte oder ein schlankes Unternehmen sein möchte.

Daraus ergab sich auch die große Herausforderung, die richtigen Fallstudien für dieses Buch zusammenzustellen. Der Fokus lag bei der Suche auf Fertigungsunternehmen, die ihre positiven Erfahrungen mit Lean in der Produktion auf die administrativen Prozesse übertragen wollten. Mit der Unterstützung einiger ehemaligen Kollegen bei Growtth® Consulting Europe konnte ich genug Fallbeispiele und Informationen zusammentragen, um einen umfangreichen Überblick über die Methoden von Lean Administration zu erstellen. Meine spezielle Danksagung geht dabei an Alexander McKenna-Klein, Daniel Reichert, Marcel Hofer, Martin Melchert, Olaf Keßel und Patrik Maixner von Growtth® Consulting Europe GmbH für die zur Verfügung gestellten Projektbeispiele und Praxisberichte.

Im ersten Kapitel wird das Thema Lean Administration allgemein behandelt. Der besondere Fokus liegt dabei auf der Darstellung und Erklärung, was administrative Prozesse sind und wie die Prinzipien und Werkzeuge von Lean Production auf diese übertragen werden können. Warum ist es so viel schwieriger, diese anzuwenden? Was bedeutet Verschwendung in den administrativen Prozessen?

In den Kapiteln 2 und 3 wird auf die zwei größten Herausforderungen in den administrativen Prozessen eingegangen. Zuerst geht es um das Thema Durchlaufzeiten. Detailliert werden in den Fallstudien die einzelnen Schritte beschrieben, wie Prozesse analysiert werden, um die Ursachen für hohe Durchlaufzeiten zu ermitteln. Abgeleitet daraus wird aufgezeigt, was verschiedene Unternehmen getan haben, um diese Zeiten zu reduzieren oder zu stabilisieren. Zumeist wird nur ein Teil der gesamten Analyse und Umsetzung beschrieben, um immer den Fokus auf neue Werkzeuge und Konzepte zu legen. Mit jedem Fallbeispiel sollten Sie demnach eine weitere Komponente aus dem Werkzeugkasten von Lean Administration beschrieben bekommen. Das Kapitel schließt mit einer kompakten Übersicht der verwendeten Methoden. Kapitel 3 ist in derselben Art aufgebaut und behandelt die Themen Produktivität und Kapazität.

Im vierten Kapitel wird noch einmal explizit das Thema Qualität beschrieben. Handelt es sich um eine rein interne Verlustquelle, so wurde sie bereits in den beiden vorherigen Kapiteln behandelt. Dieser Abschnitt fokussiert sich auf Qualitätsprobleme, die den externen Kunden erreichen. Anhand einiger kurzer Fallbeispiele wird aufgegriffen, wie durch Mängel in den internen Abläufen der Output an den Kunden negativ beeinflusst werden kann.

Den Abschluss bildet ein Kapitel zum Thema Nachhaltigkeit. Die besten Ideen für die Verschlankung von Prozessen bringen keine wirklichen Resultate, wenn sie nicht nachhaltig sind. Gerade in einer Projektarbeit wie in den beschriebenen Fallbeispielen muss sichergestellt werden, dass die umgesetzten Maßnahmen nicht nach kürzester Zeit wieder rückgängig gemacht oder nicht konsequent gelebt werden. Dazu werden einige Schritte und Hilfsmittel vorgestellt.

In meinem Buch „Lean Production – Praktische Umsetzung zur Erhöhung der Wertschöpfung“ konnten die Fallbeispiele mit zahlreichen Bildern unterstützt werden. Lean Production ist nun einmal viel transparenter und visueller darzustellen. Für die Beschreibung der Vorgehensweise bei Lean Administration musste ich mich mehr auf Text, Graphiken und abstrakte Darstellung verlassen. Ich hoffe trotzdem, dass Sie hier viele wertvolle Tipps und Anregungen finden werden, die Ihnen helfen können, auch Ihre administrativen Prozesse etwas schlanker zu gestalten. Und wenn die folgenden Seiten Sie dazu anregen sollten, Ihre administrativen Prozesse etwas kritischer zu durchleuchten und sich auf die Suche nach Verschwendung zu machen, dann hat sich die Arbeit, die in diesem Buch steckt, gelohnt.

1 Prozesse im administrativen Bereich
1.1 Lean Administration, Reengineering und Business Process Management

Im Zusammenhang mit Prozessen in administrativen Bereichen fallen immer wieder die Begriffe Reengineering, Business Process Management und Lean Administration. Dieses Buch beschäftigt sich zur Gänze mit den Ansätzen und Werkzeugen aus dem Lean Management. Zum Einstieg soll ein kurzer Überblick zu den drei Themen eine Abgrenzung schaffen, damit dem Leser die logische Zuordnung der folgenden Kapitel erleichtert wird.

Für das Konzept der Lean Administration gibt es keine eigenständige Definition. Da sie als einer der zwei Bestandteile des Lean Managements definiert ist, werden dieselben Konzepte und Werkzeuge wie in der weiter verbreiteten Lean Production verwendet. Ein Blick darauf zeigt, worum es dabei geht.

Lean Administration

Zahlreiche Unternehmen beschäftigen sich schon seit Jahren und Jahrzehnten mit dem Thema Lean Production, das aus dem Toyota-Produktionssystem entstanden ist. Die wichtigsten Grundprinzipien, die Lean Production ausmachen, sind (Ohno 1988):

Reduzierung der Komplexität von Prozessen

Standardisierung und Stabilisierung von Prozessen

Synchronisierung von Prozessen und Fließprinzip

Vermeidung von Verschwendung und nicht wertschöpfenden Tätigkeiten

Kontinuierliche Verbesserung

Diese Prinzipien, die in der Produktion in zahlreichen Firmen erfolgreich umgesetzt wurden, haben genauso ihre Gültigkeit in den administrativen Bereichen. Zusammen ergeben beide den ganzheitlichen Ansatz des Lean Managements.

In den folgenden Kapiteln und Fallstudien werden alle diese Prinzipien in der einen oder anderen Form verwendet. Es soll aufgezeigt werden, dass sie im Büro genauso erfolgreich umgesetzt werden können wie in der Produktion.

Die erste große Welle an Verbesserungen in administrativen Prozessen entstand in den frühen 90er-Jahren durch Reengineering.

Reengineering

Grundlage für Reengineering war in den 90er-Jahren die Arbeit von Michael Hammer und James Champy. Sie legten den Fokus auf Prozesse und wie diese durch die Strategie des Unternehmens definiert werden sollten. Begleitet war dies von ihrer Kritik, dass Firmen zu sehr damit beschäftigt waren, mangelhafte Prozesse durch IT-Lösungen effizienter zu gestalten.

Insgesamt wurde der Anspruch gestellt, dass Strukturen und Prozesse komplett umgebaut werden müssten. Die Veränderung sollte fundamental und radikal sein. Das Denken in Abteilungen sollte durch den Kundennutzen und Prozesse ersetzt werden. Ermöglicht wurden viele dieser Änderungen erst durch den Einsatz der entsprechenden IT-Systeme (Hammer et al. 2003).

Für viele Unternehmen war Reengineering auch tatsächlich der Aufbruch zu einem kompletten Umbau aller Strukturen und Prozesse, mit dem sie Erfolg hatten. Es scheiterten allerdings auch zahlreiche Firmen daran. Die anfängliche Euphorie der frühen 90er-Jahre verging nach wenigen Jahren wieder recht schnell. Hauptkritikpunkte waren:

Die Vorgehensweise war zu radikal. Es wurde stets der Anspruch gestellt, dass die Änderungen fundamental und radikal sein sollten. Einerseits wurden existierende Stärken und Erfolgsfaktoren in den Ansätzen zu wenig wahrgenommen. Andererseits waren viele Organisationen und Mitarbeiter mit den angestrebten Veränderungen überfordert. Zu viel mehr als einem dicken Bericht mit Vorschlägen reichte es oft nicht.

Der Fokus auf Prozesse ignorierte andere Erfolgsfaktoren. Im Reengineering war die grundsätzliche Annahme, dass fehlerhafte Prozesse die Ursache für schlechte Ergebnisse waren. Wurden die Prozesse in Ordnung gebracht, war das Unternehmen auch erfolgreich. Unternehmenskultur, Mitarbeiter und informelle Netzwerke wurden zu wenig berücksichtigt.

Zu oft lag der Fokus auf IT-Lösungen. Zahlreiche Prozesse wurden im Rahmen der Umsetzung automatisiert und digitalisiert, ohne die betroffenen und beteiligten Mitarbeiter zu berücksichtigen. Sehr schnell wurde Reengineering dadurch als reines Programm zum Mitarbeiterabbau gesehen.

Als ein wesentlich weniger radikaler Ansatz wird das Geschäftsprozessmanagement verwendet. Mit dieser Vorgehensweise wird unter anderem versucht, viele der Kritikpunkte aus dem Reengineering zu vermeiden.

Geschäftsprozessmanagement (Business Process Management − BPM)

Das Gedankengut eines Geschäftsprozessmanagements ist nicht neu. Eine tatsächliche Auseinandersetzung mit dem Thema in der Literatur begann in den 80er-Jahren, eine klare, anerkannte Begriffserklärung gab es allerdings lange Zeit nicht (Burlton 2001). Erst durch die Association of Business Process Management Professionals kam es zu einer mehr oder weniger allgemein anerkannten Definition. Die Kernpunkte daraus sind:

Es ist ein systematischer Ansatz,

mit diesem werden automatisierte und nicht automatisierte Prozesse erfasst, gestaltet, ausgeführt, dokumentiert, gemessen, überwacht und gesteuert und

in Abstimmung mit der Unternehmensstrategie werden die Prozessziele definiert.

Wie schon die Definition zeigt, findet BPM seine Anwendung in den Produktions- und auch den administrativen Prozessen. In der Praxis sind die Grundlagen im BPM IT-unterstützte Prozessmodelle und Kennzahlen. In standardisierten Vorgehensweisen werden Prozesse in Modellen wie z. B. Business Process Modeling Notation (BPMN) dargestellt. Hinterlegt werden diese Modelle mit Kennzahlen, um Durchlaufzeiten, Häufigkeiten etc. zu messen. Für viele Unternehmen ist mit der Erstellung der Prozessdokumentation bereits Schluss. Allerdings ist dies nur der erste Schritt im BMP. Mit den gewonnenen Erkenntnissen der Modelle und Kennzahlen müssen zwei wichtige Themen angestoßen werden. Einerseits sollen Ansätze identifiziert werden, um Prozesse zu verbessern. Andererseits sollen Prozesse innerhalb und über Standorte hinweg standardisiert und harmonisiert werden (Müller 2011).

Stellt man nun diese drei Konzepte gegenüber, so gibt es einige Gemeinsamkeiten und auch gravierende Unterschiede. Die wichtigsten sind:

Gemeinsamkeiten

Alle drei Ansätze haben einen Fokus auf Prozesse.

Lean Administration und BPM heben die Bedeutung der Standardisierung von Prozessen hervor und arbeiten auch mit kontinuierlichen Verbesserungen.

Die Werkzeuge und die Vorgehensweise von Lean Administration werden auch bei der Umsetzung im BPM verwendet. Sie schließen sich nicht gegenseitig aus.

Unterschiede

Reengineering und BPM erfordern einen weitgehenden Einsatz von Technologie und IT-Systemen. Lean setzt dagegen auf möglichst einfache Mittel.

Im Lean Management wurden ganz konkrete Konzepte (z. B. Fließprinzip) und Werkzeuge (z. B. Kanban) entwickelt. Diese gibt es in solch einer konkreten Form bei den beiden anderen nicht.

1.2 Definition von Prozessen

Zahlreiche Bücher existieren bereits zu dem Thema, in welche Kategorien Prozesse unterteilt werden können. Ein kurzer Überblick soll hier in diesem Zusammenhang genügen, um ein klareres Verständnis zum Aufbau und den Inhalten der Fallstudien zu schaffen. Eine der häufigsten Unterteilungen von Prozessen ist die folgende:

Kernprozesse

Dies sind die strategisch bedeutenden Prozesse, die direkt darauf ausgerichtet sind, den Kunden zu bedienen. Die zwei bedeutendsten Kernprozesse sind der Produktentwicklungs- und der Auftragsbearbeitungsprozess. Der Erste beinhaltet zumeist alle Aktivitäten von der Idee für ein neues Produkt bis hin zum Start der Produktion. Für manche Unternehmen endet der Produktentwicklungsprozess mit der Freigabe der Zeichnung. Bis hin zum Start der Produktion kann es demnach eine Grauzone geben, die je nach Unternehmen anders zugeordnet wird. Erweitert werden könnte der Prozess um zusätzliche Abschnitte des kompletten Lebenszyklus eines Produktes. So könnte das Änderungsmanagement oder die End-of-Life-Phase ein Teil der Betrachtung sein.

Der Zweite umfasst alle Aktivitäten, die zur Bearbeitung eines Auftrages notwendig sind. Zumeist ist der Startpunkt eine Anfrage eines Kunden und der Prozess endet schließlich mit dem Zahlungseingang. Manche Unternehmen schließen auch den After-Sales-Prozess mit ein. Dies gilt ebenso für Dienstleistungen. Die Fallbeispiele in diesem Buch werden sich hauptsächlich mit diesen beiden Prozessen beschäftigen.

Unterstützende Prozesse

Wie der Name schon sagt, unterstützen sie die Kernprozesse. Trägt ein Prozess nicht unmittelbar zum Kundennutzen bei, so fällt er zumeist in diese Kategorie. Klassische Beispiele sind in diesem Zusammenhang die Prozesse der Buchhaltung oder des Personalwesens.

Managementprozesse

Diese Prozesse beinhalten alle Aktivitäten, die zur Leitung des Unternehmens und der Prozesse notwendig sind. Die Erstellung der strategischen Planung, der Aufbau- und Ablaufstruktur etc. sind typische Aufgaben innerhalb dieser Prozesse.

Teilprozesse

Alle oben genannten Prozesse lassen sich weiter in einzelne Bestandteile zerlegen, die dann als Teilprozesse bezeichnet werden. Der Auftragsbearbeitungsprozess besteht z. B. aus solchen Teilprozessen wie dem Erstellen von Angeboten oder Rechnungen. In den folgenden Fallbeispielen werden Kernprozesse häufig in kleinere Einheiten zerlegt. In einem Verbesserungsprojekt kann es durchaus notwendig sein, den Aufbau des gesamten Kernprozesses zu verändern. Eine Umsetzung lässt sich praktikabel nur handhaben, wenn die Veränderungen in kleinere Portionen aufgeteilt werden. Diese kleineren Portionen sind die Teilprozesse.

Häufig kann es in Diskussionen zu einem bestimmten Prozess zu Missverständnissen darüber kommen, worüber man eigentlich spricht. Ursache kann sein, dass nicht klar definiert wurde, was genau Inhalt dieses Prozesses ist. Eine eindeutige Definition dessen, was der Prozess umfasst, ist unumgänglich. Ein simples Modell dafür ist das SIPOC.

SIPOC (Supplier, Input, Process, Output, Customer)

Das SIPOC-Modell ist ein Bestandteil des TQM- und in späterem Gebrauch auch des Six-Sigma-Werkzeugkastens. Es ist eine einfache Methode, anhand derer die wichtigsten Komponenten eines Prozesses eindeutig beschrieben werden:

Supplier (Lieferant): Von welchem externen oder internen Lieferanten stammen die Eingangsfaktoren (Material oder Informationen)?

Input: Was sind diese Eingangsfaktoren, die im Prozess verarbeitet werden?

Process: Einfache Beschreibung des Prozesses, die sich auf einige wenige Schritte konzentrieren sollte.

Output: Was sind die Ergebnisse des Prozesses?

Customer (Kunde): Wer sind die externen oder internen Kunden, die das Ergebnis des Prozesses erhalten?

Zumeist wird eine Tabelle verwendet, um das Modell darzustellen. Wie dies genau aussehen kann, wird in einem Fallbeispiel gezeigt (Toutenburg et al. 2008).

Wenn Sie sich mit einem bestimmten Prozess auseinandersetzen wollen, sollten Sie immer mit solch einer Definition beginnen. Ein gemeinsames Verständnis hilft allen Beteiligten und vermeidet unnötige Diskussionen.

1.3 Administrative vs. Produktions- Prozesse

Prozesse in administrativen Bereichen eines Unternehmens sind vom Grundverständnis her kaum anders als in den Produktionsbereichen. Der wesentliche Unterschied ist, dass in der Administration Informationen verarbeitet werden, in der Produktion hingegen sind es Materialien. Für ein gemeinsames Verständnis beschreiben wir den Begriff der Prozesse, wie er in diesem Buch verwendet wird.

Prozesse und Prozessmanagement

Ein Prozess ist eine Verkettung von Aktivitäten, um ein definiertes Ziel zu erreichen. Demnach wird nicht unterschieden, ob Informationen oder Materialien Gegenstand des Prozesses sind. Durch das Prozessmanagement wiederum wird definiert, wie die einzelnen Aktivitäten und deren Inhalte gestaltet werden. Die Kernfragen dafür sind:

Wer macht was, wann?

Welche Kontroll- und Genehmigungspunkte gibt es?

Wie werden Informationen/Materialien weitergegeben?

Sind alle Aktivitäten auf die Erreichung des Ziels ausgerichtet?

Etwas abgrenzen dazu sollte man die Unterscheidung in direkte und indirekte Prozesse, die häufig verwendet wird. In direkten Prozessen wird unmittelbar am Material gearbeitet, es sind die eigentlichen Fertigungsprozesse. In indirekten Prozessen finden sich die unterstützenden Tätigkeiten aus Bereichen wie Logistik, Qualität oder Controlling.

Vom Grundprinzip her gibt es demnach keinen Unterschied, ob Prozesse in der Produktion oder in der Administration betrachtet werden (Bild 1.1). Viele Konzepte und Werkzeuge, die aus Lean Production bekannt sind, können entweder direkt oder in adaptierter Form für indirekte Prozesse verwendet werden. Verschwendung, Zykluszeit oder Ziehprinzip und deren Anwendung in der Administration werden elementare Bestandteile einiger Fallbeispiele in diesem Buch sein.

Bild 1.1Vergleich direkter und indirekter Prozess

Noch deutlicher wird der Aspekt, dass das Prozessmanagement für das Büro und die Produktion sehr ähnliche Ansätze verwenden kann, wenn die wichtigsten Aktivitäten gegenübergestellt werden (Tabelle 1.1).

Tabelle 1.1 Gegenüberstellung der Aktivitäten im Büro und der Produktion

Administration

Produktion

Aktivität

Beispiel

Aktivität

Beispiel

Informationen empfangen

Kundenauftrag wird aufgenommen

Material empfangen

Wareneingang nimmt Lieferung an

Informationen kontrollieren

Kundenauftrag wird auf Vollständigkeit der Daten kontrolliert

Material kontrollieren

Maschinen-bediener kontrolliert gefertigte Teile

Informationen bearbeiten

Preise für die bestellte Ware werden berechnet

Material bearbeiten

Material wird an einer Anlage bearbeitet

Informationen zusammenführen

Verschiedene Kundenaufträge werden zu einem Fertigungsauftrag zusammengeführt

Material zusammen-führen

Einzelne Bauteile werden montiert

Informationen übertragen

Auftragsbestätigung wird an den Kunden geschickt

Material übertragen

Material wird von Arbeitsplatz A zu B transportiert

In der Praxis gibt es allerdings einige Gründe, warum das Prozessmanagement für Prozesse in Büros schwieriger oder scheinbar schwieriger ist als für diese in der Produktion.

Aktivitäten und Ergebnisse sind weniger transparent

Standardisierung von Abläufen ist schwieriger

Wiederholbarkeit der Zyklen ist geringer und unregelmäßiger

Operative Kennzahlen und Messbarkeit sind weniger ausgeprägt

Aktivitäten und Ergebnisse sind weniger transparent

Ein gravierender Grund, weshalb das Prozessmanagement für administrative Prozesse eine größere Herausforderung darstellen kann, liegt in der Natur der Sache. Direkte Prozesse sind transparenter. Es wird Material verarbeitet, das angefasst und angesehen werden kann. Ein Mitarbeiter steht an einer Maschine und Sie sehen, ob eine Aktivität durchgeführt wird. Das Ergebnis des Prozessschrittes kann in den meisten Fällen unmittelbar gesehen werden. Administrative Prozesse hingegen sind wesentlich weniger transparent. Sie können einen Mitarbeiter am Computer sitzen sehen. Ob allerdings eine Aktivität gemäß dem definierten Prozess durchgeführt wird, lässt sich schwer bestimmen. Sie müssten der Person schon über den Rücken blicken, um festzustellen, ob z. B. eine Kundenbestellung bearbeitet oder ein Computerspiel gespielt wird.

Standardisierung von Abläufen ist schwieriger

Gerade diese Intransparenz führt zu einer weiteren Herausforderung. In der Produktion ist es für viele Unternehmen normal, Standards für jeden Prozessschritt zu definieren. Diese Standards beinhalten zum Beispiel Zykluszeiten (wie lange soll ein gewisser Prozessschritt dauern) oder Standardarbeitsanweisungen (wie soll dieser Prozessschritt genau durchgeführt werden). Solche Standards findet man nicht so oft für administrative Prozesse. Es herrscht allgemein die Meinung vor, dass sich Prozesse in den Büros nicht so standardisieren lassen wie in der Produktion. In der Fertigung ist es klar definiert, wie die Zykluszeit für einen Arbeitsschritt ermittelt wird. Durch Zeitaufnahmen wird z. B. die Dauer des Bearbeitungsschrittes „Montage von Komponente A“ aufgenommen und als Standard definiert. Vom Prinzip her kann genau dasselbe für den Bearbeitungsschritt „Erstellen einer Rechnung vom Typ A“ erhoben werden. Zumeist scheitert es allerdings bereits an der Definition, was eine Rechnung vom Typ A genau ist.

Zykluszeit

Die Zykluszeit ist jene Zeit, die tatsächlich benötigt wird, um einen Bearbeitungszyklus zu durchlaufen. Der gesamte Zyklus und damit die gesamte Zykluszeit beinhalten alle Tätigkeiten, die standardmäßig zur Erstellung des Outputs notwendig sind. Die Betonung liegt hier auf standardmäßig. Alle Aktivitäten, die nicht im Standard definiert sind, gehören nicht zur Zykluszeit.

Bei dem Prozess „Bestellung Annehmen“ aus Bild 1.1 kann z. B. ein Teil des Standardablaufes die Eingabe der Bestellung in das System sein. Dies ist damit eine Komponente der Zykluszeit. Teil des Zyklus kann auch die Ablage der schriftlichen Bestellung des Kunden in einem Ordner sein, welche nur zweimal am Tag durchgeführt wird. Solche regelmäßigen Nebentätigkeiten als Teil des Standardablaufs müssen anteilsmäßig ebenfalls in die Zykluszeit mit aufgenommen werden.

Zumeist sind es nicht die Prozesse selbst, an denen eine Standardisierung scheitert. Es sind häufig die Mitarbeiter in diesen Prozessen, die eine Standardisierung für unmöglich oder impraktikabel halten. Wenn dieses Thema angesprochen wird, kommen häufig Aussagen wie: „Wir sind doch keine Maschinen“ oder „Jeder Fall ist anders, da kann man nichts standardisieren“. Drei wichtige Aspekte werden in dieser Diskussion außer Acht gelassen:

Standards machen weder in der Produktion noch in der Administration Menschen zu Maschinen. In der Produktion findet sich häufig ein Zusammenspiel zwischen einem Mitarbeiter und einer oder mehreren Maschinen. Entweder bestimmt der Mensch die Abläufe in der Anlage oder umgekehrt. In Montagebereichen kann es sogar so sein, dass nur Menschen zusammenarbeiten, die sich gegenseitig beeinflussen können. Definierte Standards in diesem Umfeld werden zumeist problemlos akzeptiert. Wo liegt nun der Unterschied zum Büro? Dort agieren ebenfalls Menschen mit Maschinen (auch Computer genannt) und/oder untereinander.

Abläufe wiederholen sich auch im Büro regelmäßiger, als es wahrgenommen wird. Die einzelnen Prozessschritte z. B. zur Bearbeitung eines Kundenauftrages können klar definiert werden. Die Schritte für gewisse Auftragstypen sind zumeist gleich, der Umfang kann allerdings variieren. Einerseits kann ein Auftrag weniger Schritte benötigen und weniger Arbeit verursachen, wenn nur Lagerprodukte bestellt werden. Andererseits kann ein Auftrag nur Nicht-Lagerware beinhalten und verursacht daher mehr Aufwand. Diese Aussage kann sowohl für die Administration als auch die Produktion zutreffen. In solch einem Fall muss z. B. für den internen Vertrieb definiert werden, welche Typen von Aufträgen vorkommen.

Sowohl in der Produktion als auch im administrativen Bereich kommt es zu Abweichungen von einem möglichen Standard. Wie damit umgegangen wird, stellt sich allerdings völlig unterschiedlich dar. In der Produktion wird sie zumeist als Störung wahrgenommen und es wird aktiv versucht, die Ursachen zu beseitigen. Das verwendete Material kann z. B. nicht ganz den Spezifikationen entsprechen und verursacht Mehrarbeit. Oder ein Werkzeug bricht, was in einem Maschinenstillstand und damit einer Verzögerung in der Bearbeitung resultiert. In der Administration kann es zu ähnlichen Störungen kommen. Beispielsweise können die verfügbaren Informationen fehlerhaft oder nicht vollständig sein und es muss nachgefragt werden. Oder eine Kalkulation wurde falsch abgelegt und muss gesucht werden. Diese Tätigkeiten, die von den eigentlichen Schritten des Prozesses abweichen, werden in diesem Umfeld nicht in derselben Art als Störung wahrgenommen. Für viele Mitarbeiter sind sie Teil des normalen Tagesablaufs. Ein aktives Analysieren der Ursachen und das nachhaltige Abstellen dieser Störungen finden zumeist nicht statt.

Wiederholbarkeit der Zyklen ist geringer und unregelmäßiger

Grundlage einer Standardisierung ist, dass sich bestimmte Arbeitsschritte wiederholen. In der Produktion wird jedes einzelne Stück eines Fertigungsloses nach einem genau definierten Standard gefertigt. Es können 10, 100, 1000 gleiche Zyklen hintereinander ablaufen. Im Büro ist diese Zahl zumeist wesentlich geringer. Die Inhalte einer Tätigkeit sind oft umfangreicher und wiederholen sich an einem Tag damit auch seltener. Es ändert aber nichts an der Tatsache, dass sich diese Arbeitsinhalte wiederholen. Ob eine Tätigkeit 10 Sekunden dauert und 1000-mal am Tag wiederholt wird oder 1000 Sekunden dauert und 10-mal wiederholt wird, spielt eine untergeordnete Rolle. Es sind beides sich wiederholende Zyklen.

Genauso nebensächlich ist es, wenn dieser 1000-Sekunden-Zyklus nur unregelmäßig einige Male pro Woche durchgeführt wird. Es ist immer noch ein sich wiederholender Zyklus. Die Analyse solcher Zyklen mag eine größere Herausforderung sein. Einen Standardablauf zu definieren mag ebenso eine größere Herausforderung sein. Es ist aber beides möglich und in den meisten Fällen auch sinnvoll.

Operative Kennzahlen und Messbarkeit sind weniger ausgeprägt

Auch in der Administration gilt der Grundsatz, dass nur das gemanagt werden kann, was gemessen wird. Kennzahlen wie Produktivität oder Durchlaufzeit gehören zu den wichtigsten Zahlen in der Produktion, nach denen Prozesse beurteilt werden. Als Grundlage für diese Zahlen dienen Standards, nach denen das Soll und Ist miteinander verglichen werden. Für einen Arbeitsschritt wurde zuerst der Standardablauf definiert und mit Zykluszeiten hinterlegt. Daraus lässt sich ermitteln, wie viele Teile in einem bestimmten Zeitraum gefertigt werden sollten. Bei Abweichungen muss ermittelt werden, wie diese zustande gekommen sind und vermieden werden können. In der Produktion stellt wohl kaum jemand diese Vorgehensweise in Frage. Warum wird dies in den wenigsten Büros genauso praktiziert? Die Antwort ergibt sich aus den Ausführungen der Punkte zuvor. Keine Transparenz, keine Standardisierung, keine Messbarkeit. All diese Ansätze hängen zusammen und müssen Schritt für Schritt eingeführt werden. Startpunkt wird zumeist sein, dass Prozesse standardisiert und mit den richtigen Zahlen hinterlegt werden.

Selbst wenn eine Standardisierung nicht immer praktikabel ist, lassen sich trotzdem in den meisten Fällen gewisse Grundsätze und Werkzeuge der schlanken Produktion auch in den Büros anwenden. "Verschwendung erkennen und beseitigen" oder das Ziehprinzip lassen sich in der Produktion und im Projektgeschäft anwenden. Lange Zeit wurde auch dies in Unternehmen verneint. Wir werden anhand einiger Fallbeispiele in diesem Buch zeigen, dass es durchaus auch im administrativen Bereich möglich ist. Durch die Intransparenz und den Mangel an klaren Definitionen zu Arbeitsumfängen ist es durchaus schwerer zu realisieren, sinnvoll und machbar ist es in vielen Situationen allemal. Auch in der Produktion lassen sich Standards in Reinform nicht immer praktikabel definieren und umsetzen.

In diesem Abschnitt lag der Fokus darauf, Prozesse in der Produktion und in Büros gegenüberzustellen. Alle Fallbeispiele, Konzepte, Aussagen etc., die Sie in diesem Buch finden, beziehen sich nicht nur auf die Administration in Fertigungsbetrieben. Sie sind genauso relevant und finden ihre Anwendung in Unternehmen der Serviceindustrie, bei Behörden oder allen anderen Abläufen, die Informationen verarbeiten. Viele Unternehmen der produzierenden Industrie haben durch die Einführung von „Lean Production“ in den letzten 20 Jahren Erfahrungen gesammelt, die sie auch für das Thema „Lean Administration“ motivieren. Zusätzlich haben sie einen weiteren wichtigen Aspekt erkannt. In Produktionsbetrieben werden die Abläufe im besonderen Maße von den Prozessen und deren Ergebnissen aus dem administrativen Bereich beeinflusst. Sehr viele Dinge, die in der Produktion nicht nach Standard ablaufen, wurden eigentlich durch Fehler in administrativen Prozessen verursacht. Einige typische Beispiele sind:

Ein Produktionsauftrag kann nicht abgeschlossen werden, da Komponenten fehlen. Materialien wurden im System falsch gebucht und die angezeigten Bestände stimmten nicht mit der Realität überein. Die Produktion startete einen Auftrag, um dann festzustellen, dass nicht ausreichend Teile verfügbar waren.

Ein bereits angefangener Auftrag an einer Anlage muss abgebrochen werden, da ein Auftrag mit höherer Priorität vorgezogen wurde. Die Planung der Produktion stimmt nicht mit der Realität überein, da mit falschen Parametern (z. B. Maschinenverfügbarkeiten, Zykluszeiten etc.) geplant wurde. Dadurch kommt es bei zahlreichen Aufträgen zu Verzögerungen. „Schreit“ ein Kunde laut genug, wird sein Auftrag dann vorgezogen.

Der Aufwand für die Fertigung eines Artikels ist wesentlich höher als ursprünglich in der Entwicklung geplant. Im Produktentwicklungsprozess ist die Einbindung der Produktion nicht ausreichend berücksichtigt. Es ergeben sich Produkte, die sich nicht so fertigen lassen, wie es sich der Entwickler vorgestellt hatte.

1.4 7 Arten der Verschwendung in administrativen Prozessen

Verschwendung ist nicht unbedingt ein neues Thema und wird bereits seit langer Zeit in vielen Unternehmen mit viel Sorgfalt analysiert, reduziert und eliminiert. Dies trifft allerdings in den meisten Fällen nur auf Produktionsprozesse zu. In der Administration verbirgt sich nach wie vor immense Verschwendung und es gibt erhebliche Potenziale zur Verbesserung.

7 Arten der Verschwendung

Grundsätzlich ist der Gedanke der Verschwendung (japanischer Begriff Muda), dass Tätigkeiten in wertschöpfende und nicht wertschöpfende Komponenten unterteilt werden. Die nicht wertschöpfenden sollen als Verschwendung so weit als möglich reduziert oder ganz eliminiert werden. Die klassischen Arten der Verschwendung, wie sie von Taiichi Ohno beschrieben worden waren, wurden über die Jahre durch zusätzliche wie die von Talenten ergänzt. Weitere wichtige Begriffe in diesem Zusammenhang sind Muri (Überlastung von Mensch oder Maschine) und Mura (Unregelmäßigkeiten im Prozess)

Für die Produktionsbereiche wurden 7 Arten der Verschwendung definiert (Ohno 1988):

Bewegungen

Transport

Wartezeiten

Überbearbeitung

Überproduktion

Korrekturen und Fehler

Bestände

Der Grundsatz der Verschwendung lässt sich ohne Probleme in die Büros übertragen. Es gilt hier ebenso, wertschöpfende und nicht wertschöpfende Aktivitäten zu identifizieren und die Letzteren so weit als möglich zu reduzieren oder zu eliminieren. Als wertschöpfend kann eine Aktivität angesehen werden, wenn sie den Informationsgehalt aus der Sicht des Kunden (intern oder extern) erhöht. Bereits in der Produktion war es eine große Herausforderung, Verschwendung zu erkennen. In den administrativen Bereichen ist dies um einiges schwieriger. Als Leitlinie können die 7 Arten der Verschwendung verwendet werden, die Bezeichnungen und Inhalte müssen an das Umfeld der Administration angepasst werden (Tabelle 1.2).

Tabelle 1.2 7 Arten der Verschwendung in der Administration

Verschwendung

Erklärung

Beispiele

Bewegung

Mitarbeiter in den Büros müssen sich auch bewegen.

Typische Wege sind zum Drucker, Materialschrank oder einem Kollegen im Prozess. Suchaufwand kann auch zu Bewegung führen.

Datenübertragung/ Transport von Unterlagen

Trotz aller elektronischen Medien kann auch der Transport von Informationen zu Verschwendung und Verzögerungen führen.

Arbeitspapiere müssen aus der Arbeitsvorbereitung in die Produktion gebracht werden.Daten werden in einer Abteilung in einem System eingegeben und in einer anderen Abteilung/einem anderen System weiterverwendet. Diese Übertragung (virtueller Transport) findet nur nachts statt.

Wartezeiten

Im Prozess kommt es zu Verzögerungen, da auf etwas gewartet werden muss.

Eine Rechnung kann nicht geschrieben werden, da notwendige Informationen aus dem Versand fehlen.Ein Änderungsantrag für ein Produkt kann im Engineering nicht weiter bearbeitet werden, da die Genehmigung eines Managers noch nicht vorliegt.

Überbearbeitung

Es wird im Prozess mehr geleistet, als eigentlich für die Zielerreichung notwendig wäre.

Daten müssen für eine Entscheidung vorbereitet werden, die für diese eigentlich irrelevant sind.Für eine Genehmigung bedarf es mehr Unterschriften, als sinnvoll sind.

Überproduktion

Es werden im Unternehmen Informationen produziert, die nicht brauchbar oder unnötig sind.

Mitarbeiter erhalten und lesen E-Mails, die für sie nicht relevant sind.Berichte werden erstellt, die von niemandem gebraucht werden.

Korrekturen und Rückfragen

Dies ist die typische Nacharbeit, die durch einen Fehler verursacht wurde.

Eine Kalkulation muss noch einmal erstellt werden, da falsche Parameter verwendet wurden.Die Arbeitsvorbereitung muss beim Vertrieb nachfragen, da falsche bzw. unvollständige Informationen zur Verfügung gestellt wurden (typische Informationsschleifen).

Bestände

Im Prozess befindet sich mehr Arbeit, als von den Mitarbeitern in einem bestimmten Zeitraum erledigt werden kann. Früher war dies noch visuell erkennbar z. B. durch die Stapel an Aufträgen auf dem Schreibtisch. Inzwischen verstecken sich die Bestände besser im System.

Ein Ingenieur hat 10 Zeichnungen auf seiner Agenda, obwohl er nur eine pro Tag erstellen kann.Ein Mitarbeiter der Arbeitsvorbereitung erstellt die Fertigungsaufträge für die nächsten zwei Wochen.

Die Ursachen für die Verschwendung in Prozessen können vielfältig sein. In den folgenden Kapiteln werden unter anderem die wichtigsten Quellen dafür behandelt. Es soll anhand von Praxisbeispielen aufgezeigt werden, wie diese erkannt und reduziert werden. Typische Themen sind:

Schnittstellen

Werden Informationen zwischen Personen, Abteilungen oder Systemen weitergegeben, so entsteht eine Schnittstelle. Häufig wird bei der Ausgestaltung von Arbeitsinhalten in Abteilungen und nicht Prozessen gedacht. Eine mangelnde Definition dazu, was, an wen, in welcher Form und wie weitergegeben werden soll, kann zu den Verschwendungsarten Wartezeiten und Korrekturen/Rückfragen führen.

Informationsschleifen

Sind Informationen nicht vollständig oder fehlerhaft, so kann dies zu Informationsschleifen führen. Diese sind zumeist das Ergebnis von schlecht definierten Schnittstellen. Ist nicht klar geregelt, wer welche Informationen zur Verfügung stellen muss, kann dies zu Rückfragen führen. Selbstverständlich kann dies auch eine Disziplinsache sein, da sich der Lieferant nicht an die Vorgaben hält. Verschwendung äußert sich auch hier wieder in Wartezeiten und Korrekturen/Rückfragen.

Suboptimierung (Dettmer 1998): Jede einzelne Komponente in einem System (z. B. jeder einzelne Prozessschritt, der notwendig ist, um einen Auftrag zu bearbeiten) versucht sich selbst zu optimieren. Wenn dies nun auf Kosten des Ergebnisses des gesamten Systems geht, spricht man von Suboptimierung. Dies kann zu so gut wie jeder Art von Verschwendung führen.

Rollen und Verantwortlichkeiten: Im Prozess ist es nicht klar definiert, wer was zu machen hat. Es kann zum Beispiel zu Wartezeiten kommen, da sich letztendlich niemand für die Weiterbearbeitung verantwortlich fühlt. Teil dieser Problematik ist auch das Fehlen von zeitlichen Vorgaben für die Verarbeitung. Wenn nicht klar definiert ist, bis wann eine Arbeit erledigt werden soll, fehlt eine zeitliche Orientierung. Bis wann soll ein Antrag bearbeitet sein? Wurde er pünktlich oder nicht an den nächsten Schritt weitergeleitet?

Sequenzielle Bearbeitung

Einzelne Arbeitsschritte werden nacheinander bearbeitet, obwohl sie auch parallel ablaufen könnten. Es entstehen Wartezeiten, da auf den Abschluss des vorhergehenden Schrittes gewartet werden muss.

Übermäßige Genehmigungsverfahren

Zu oft werden zu viele Unterschriften oder Genehmigungen benötigt, damit der Prozess fortgesetzt werden kann. Dies resultiert in Wartezeiten.

Redundanz von Informationen

Gleiche Daten werden mehrmals in unterschiedliche Systeme eingegeben. Einerseits ist dies eine nicht wertschöpfende Tätigkeit, da der Wert der Informationen in keiner Weise erhöht wird. Andererseits können Fehler entstehen, wenn nicht sichergestellt wurde, dass immer genau dieselben Daten in die verschiedenen Systeme eingegeben werden.

Schattensysteme

In kaum einem Unternehmen kommt es nicht vor, dass Mitarbeiter sich ihre eigenen Excel-Tabellen etc. aufbauen, obwohl dieselben Daten und Informationen bereits in Systemen vorhanden sind. Diese informellen Systeme oder Hilfsmittel werden häufig als Schattensysteme bezeichnet. Die Ursachen können mannigfaltig sein und reichen von einer unzureichenden Schulung der Mitarbeiter mit dem offiziellen System bis hin zu tatsächlichen Mängeln dieses. Das Thema ist vergleichbar mit der Redundanz von Informationen.

Intransparenz

Ein Prozess wurde angestoßen und in dessen Verlauf ist es nicht klar, was der aktuelle Status ist. Wer arbeitet gerade an dem Fall? Wann sollte er abgeschlossen sein? Die Verschwendung kann in solch einem Fall vielfältig sein und beinhaltet zum Beispiel:

Bewegung: Herumlaufen und Fragen, wer den Fall gerade bearbeitet

Wartezeiten: Man wartet auf den vorherigen Prozessschritt, da man nicht weiß, wann er abgeschlossen sein wird.

Korrekturen/Rückfragen: Im Laufe der Bearbeitung haben sich Daten geändert und führen am Ende zu Korrekturen.

Bestände: Es werden mehr Fälle gestartet als nötig wären, da nicht klar ist, wann sie wirklich abgeschlossen sein werden.

Ein Weg für alles

Ein Prozess wurde für alle Fälle eines Ablaufes definiert. Zum Beispiel würden alle Anträge für eine Produktänderung dieselben Schritte durchlaufen, obwohl dies eigentlich nicht notwendig wäre. Das Resultat sind Wartezeiten und eine Überbearbeitung der Fälle, die einem einfacheren Ablauf folgen könnten.

02. Durchlaufzeiten und Termintreue
2.1 Bedeutung von Durchlaufzeiten und Termintreue

Der Faktor Zeit ist für zahlreiche Unternehmen von herausragender Bedeutung. Dienstleistungsunternehmen haben in den vergangenen 20 Jahren gewaltige Fortschritte dabei erzielt, ihre Leistungen schneller dem Kunden zur Verfügung zu stellen. Versicherungen haben das Ausstellen von Policen drastisch beschleunigt. Das Vergeben von Krediten in Banken dauert nur noch einen Bruchteil der Zeit. Die Aktivierung eines Telefonanschlusses ist innerhalb kürzester Zeit möglich. Selbst in manchen Behörden können Verbesserungen festgestellt werden. In Produktionsbetrieben wurde die Zeit für die Fertigung der Produkte ebenfalls erheblich reduziert. Der Hauptfokus lag dabei allerdings zumeist auf den rein wertschöpfenden Prozessen. Sieht man sich hingegen die administrativen Prozesse in vielen produzierenden Unternehmen an, so kann man feststellen: Es existiert ausreichend Potenzial, um zahlreiche Abläufe wesentlich zu beschleunigen. Die mangelnde Beachtung des Themas Durchlaufzeiten der administrativen Prozesse in vielen Betrieben zeigt sich darin, dass diese kaum gemessen werden.

Der Faktor Durchlaufzeit rückt in diesem Umfeld erst allmählich ins Bewusstsein vieler Manager und Mitarbeiter. Qualität, Kosten und Produkteigenschaften stehen höher im Kurs. Je mehr Konkurrenzunternehmen bei diesen drei Faktoren aufholen, umso mehr gewinnt die Zeit an Bedeutung. Es geht nicht nur darum, wie schnell ein Produkt geliefert werden kann. Auch spielt die Zeit eine Rolle, wie lange ein Unternehmen braucht, um Produkte an spezielle Anforderungen einzelner Kunden anzupassen oder notwendige Änderungen umzusetzen.

Durchlaufzeit

Prinzipiell geht es um die Zeit zwischen einem Start- und einem Endpunkt. Diese Punkte sind immer Ereignisse, die eine Reihe von Aktivitäten umschließen. Ein Startpunkt im Auftragsbearbeitungsprozess könnte der Eingang einer Kundenanfrage sein, der Endpunkt der Versand der Rechnung. Wichtig bei dieser Betrachtung sind nicht nur die gesamte Durchlaufzeit, sondern auch deren einzelne Zeitabschnitte. Die Durchlaufzeit muss demnach auf jeden einzelnen Prozessschritt im Ablauf aufgeteilt werden (Bild 2.1).

Für produzierende Unternehmen wurden im ersten Abschnitt zwei Kernprozesse erwähnt, der Produktentwicklungs- und der Auftragsbearbeitungsprozess.

2.1.1 Produktentwicklungsprozess

Beim Produktentwicklungsprozess geht es um die Frage, wie lange die Zeitdauer von der Idee eines neuen Produktes bis zum Start der Produktion ist. Wie viel Zeit vergeht, um aus einer Idee ein konkretes Konzept zu machen? Wie lange dauert es vom Konzept zum Prototypen? In dieser Phase werden zudem sehr viele Einflussfaktoren auf die Durchlaufzeit im Auftragsbearbeitungsprozess definiert. Die Faktoren, die unmittelbar die Fertigungszeit betreffen, wurden ausführlich in „Lean Production: Praktische Umsetzung zur Erhöhung der Wertschöpfung“ (Brenner 2016) behandelt. In diesem Kapitel werden die Auswirkungen auf den administrativen Prozess thematisiert.