Shopfloor Management und seine digitale Transformation - Jörg Brenner - E-Book

Shopfloor Management und seine digitale Transformation E-Book

Jörg Brenner

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Beschreibung

Produktion am Laufen halten und stets verbessern
Shopfloor Management hat zwei grundsätzliche Zielsetzungen. Einerseits soll es die Erreichung der täglichen Ziele und Vorgaben eines Produktionsbereiches unterstützen. Anderseits soll damit eine kontinuierliche Verbesserung der Prozesse ermöglicht werden, um einen beschriebenen, strategischen Zustand der Produktion zu erreichen. Dem Shopfloor Manager stehen dazu eine Reihe von Werkzeugen zur Verfügung, die Sie in diesem Buch kennenlernen:
- Standards
- Kennzahlen
- Visuelles Management und Regelkreise
- Mitarbeiterführung
- Schnittstellenmanagement
Der Autor beschreibt kurz Aufbau und Bedeutung jedes Werkzeugs und zeigt über das gesamte Buch anhand von 45 Beispielen, wie diese Werkzeuge bei realen Firmen tatsächlich funktionieren. Ein besonderer Fokus wird dabei auf die Transformation von analog auf digital gelegt. Sie sollten als Shopfloormanager nicht auf diesen Erfahrungsschatz verzichten.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

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Seitenzahl: 379

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Herausgeber der Praxisreihe Qualität (vormals Praxisreihe Qualitätswissen): von 1991 (Gründungsjahr) bis 2016 Franz J. Brunner; seit 2016 Kurt Matyas.

In der Praxisreihe Qualität sind bereits erschienen:

Jörg Brenner

Lean Production

Praktische Umsetzung zur Erhöhung der Wertschöpfung3., überarbeitete AuflageISBN 978-3-446-45664-8

Jörg Brenner

Lean Administration

Verschwendung erkennen, analysieren, beseitigenISBN 978-3-446-45472-9

Franz J. Brunner

Japanische Erfolgskonzepte

Kaizen, KVP, Lean Production Management, Total Productive Maintainance, Shopfloor Management, Toyota Production Management, GD3 – Lean Development4., überarbeitete AuflageISBN 978-3-446-45428-6

Franz J. Brunner

Qualität im Service

Wege zur besseren DienstleistungISBN 978-3-446-42241-4

Franz J. Brunner, Karl W. WagnerMitarbeit: Peter H. Osanna, Kurt Matyas, Peter Kuhlang

Qualitätsmanagement

Leitfaden für Studium und Praxis6., überarbeitete AuflageISBN 978-3-446-44712-7

Werner Friedrichs

Das Fitnessprogramm für KMU

Methoden für mehr Effizienz im Automobil-, Anlagen- und SondermaschinenbauISBN 978-3-446-45341-8

Werner Friedrichs

Ressourcenmanagement in KMU

ISBN 978-3-446-45766-9

Menderes Güneş, Marwan Hamdan, Mirko Klug

Gewährleistungsmanagement

ISBN 978-3-446-44795-0

Marco Einhaus, Florian Lugauer, Christina Häußinger

Arbeitsschutz und Sicherheitstechnik

Der Schnelleinstieg für (angehende) Führungskräfte: Basiswissen, Haftung, Gefährdungen, RechtslageISBN 978-3-446-45474-3

René Kiem

Qualität 4.0

QM, MES und CAQ in digitalen Geschäftsprozessen der Industrie 4.0ISBN 978-3-446-44736-3

Wilhelm Kleppmann

Versuchsplanung

Produkte und Prozesse optimieren9., überarbeitete AuflageISBN 978-3-446-44716-5

Veit Kohnhauser, Markus Pollhamer

Entwicklungsqualität

ISBN 978-3-446-42796-9

Karl Koltze, Valeri Souchkov

Systematische Innovation

TRIZ-Anwendung in der Produkt- und Prozessentwicklung2., überarbeitete AuflageISBN 978-3-446-45127-8

Kurt Matyas

Instandhaltungslogistik

Qualität und Produktivität steigern7., erweiterte AuflageISBN 978-3-446-45762-1

Arno Meyna, Bernhard Pauli

Zuverlässigkeitstechnik

Quantitative Bewertungsverfahren2., überarbeitete und erweiterte AuflageISBN 978-3-446-41966-7

Markus Schneider

Lean und Industrie 4.0

Eine Digitalisierungsstrategie mit der Wertstrommethode und Information Flow DesignISBN: 978-3-446-45917-5

Wilfried Sihn, Alexander Sunk, Tanja Nemeth, Peter Kuhlang, Kurt Matyas

Produktion und Qualität

Organisation, Management, ProzesseISBN 978-3-446-44735-6

Stephan Sommer

Taschenbuch automatisierte Montage- und Prüfsysteme

Qualitätstechniken zur fehlerfreien ProduktionISBN 978-3-446-41466-2

Konrad Wälder, Olga Wälder

Statistische Methoden der Qualitätssicherung

Praktische Anwendung mit MINITAB und JMPISBN 978-3-446-43217-8

Johann Wappis

Null-Fehler-Management

Umsetzung von Six SigmaISBN 978-3-446-45875-8

Jörg Brenner

Shopfloor Management und seine digitale Transformation

Die besten Werkzeuge in 45 Beispielen

Mit 116 Bildern und 2 Tabellen

Praxisreihe QualitätHerausgegeben von Kurt Matyas

Die Autoren:

Jörg Brenner, München, selbständiger Unternehmensberater mit Schwerpunkt Lean Management.

Alle in diesem Buch enthaltenen Informationen wurden nach bestem Wissen zusammengestellt und mit Sorgfalt geprüft und getestet. Dennoch sind Fehler nicht ganz auszuschließen. Aus diesem Grund sind die im vorliegenden Buch enthaltenen Informationen mit keiner Verpflichtung oder Garantie irgendeiner Art verbunden. Herausgeber, Autoren und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und werden keine daraus folgende oder sonstige Haftung übernehmen, die auf irgendeine Art aus der Benutzung dieser Informationen – oder Teilen davon – entsteht.Ebenso wenig übernehmen Herausgeber, Autoren und Verlag die Gewähr dafür, dass beschriebene Verfahren usw. frei von Schutzrechten Dritter sind. Die Wiedergabe von Gebrauchsnamen, Handelsnamen, Warenbezeichnungen usw. in diesem Werk berechtigt auch ohne besondere Kennzeichnung nicht zu der Annahme, dass solche Namen im Sinne der Warenzeichen- und Markenschutz-Gesetzgebung als frei zu betrachten wären und daher von jedermann benutzt werden dürften.

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek:Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt.Alle Rechte, auch die der Übersetzung, des Nachdruckes und der Vervielfältigung des Buches, oder Teilen daraus, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf ohne schriftliche Genehmigung des Verlages in irgendeiner Form (Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren) – auch nicht für Zwecke der Unterrichtsgestaltung – reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2019 Carl Hanser Verlag München, www.hanser-fachbuch.deLektorat: Dipl.-Ing. Volker HerzbergHerstellung: Björn GallingeCoverkonzept: Marc Müller-Bremer, www.rebranding.de, MünchenCoverrealisation: Max Kostopoulos

Print-ISBN:        978-3-446-46000-3E-Book-ISBN:   978-3-446-46006-5E-Pub-ISBN:     978-3-446-47117-7

Inhalt

Titelei

Impressum

Inhalt

Geleitwort

Vorwort

1 Grundlagen des Shopfloor Managements

1.1 Managementansätze der Produktion in der Praxis

1.2 Aufgaben und Werkzeuge des Shopfloor Managements

1.2.1 Aufgaben des Shopfloor Managements

1.2.2 Werkzeuge des Shopfloor Managements

1.2.3 Anwendung von Digitalisierung im Shopfloor Management

2 Standards als Werkzeug des Shopfloor Managements

2.1 Inhalte von Standards

2.2 Prozessfluss & Arbeitsanweisungen

2.3 Zykluszeit

2.4 Taktzeit

2.5 Materialfluss und Zwischenbestände

3 Kennzahlen

3.1 Liefertreue & Durchlaufzeiten

3.2 OEE – Overall Equipment Effectiveness

3.3 Produktivität

3.4 Qualität

3.5 Schlussfolgerungen

4 Visuelles Management und Regelkreise

4.1 Visuelles Management zur Einhaltung von Standards

4.2 Visuelles Management und Regelkreise des Shopfloor Managements

4.3 Visuelles Management und die Anwendungen der Digitalisierung

5 Mitarbeiterführung

5.1 Standardtagesablauf des Shopfloor Managers

5.1.1 Managen der täglichen Abläufe

5.1.2 Regelmäßige Rundgänge am Ort der Wertschöpfung

5.2 Kontinuierliche Weiterentwicklung

5.2.1 Kontinuierliche Weiterentwicklung der Mitarbeiter

5.2.2 Kontinuierliche Weiterentwicklung der Prozesse

5.3 Führungsspanne

6 Schnittstellenmanagement

6.1 Schnittstellen Input

6.2 Schnittstellen Output

7 Potenzielle Widersprüche zwischen Lean und Digitalisierung

8 Literatur

Geleitwort

Shopfloor Management gehört sicherlich zu den ältesten Praktiken nach der industriellen Revolution. Warum darüber noch ein Wort verlieren? Warum hierüber sogar ein Buch schreiben? Die meisten von Ihnen fühlen sich bereits wesentlich weiter und befinden sich im digitalen Zeitalter. Doch gerade diese Digitalisierung ist es, die eine Renaissance früher gängiger Konzepte bewirkt. Warum ist gerade ein Shopfloor Management wichtig für den Erfolg eines Unternehmens? Was sind deren Erfolgsfaktoren und wie realisieren gute Unternehmen dessen Nachhaltigkeit? Worauf ist bei einem digitalen Shopfloor Management zu achten? Dies wird in diesem Buch anschaulich mit Beispielen diskutiert.

Lassen Sie sich durch den weit verbreiteten Begriff Shopfloor Management nicht in die Irre führen. Die Leistungsfähigkeit dieses Systems beginnt sobald es über die eigentliche Produktion hinaus angewandt wird. Idealerweise lässt sich hiermit die Performance ganzer Bereiche und Wertströme optimieren. Beispiele hierfür sind der Auftragserfüllungsprozess, das Labor Performance Management in pharmazeutischen Betrieben ebenso wie das Launch Management. Der Markt fordert immer größere Flexibilität, das heißt stabile und schnell steuerbare Prozesse. Der Erfolg resultiert aus der zeitnahen Transparenz von realen Performance-Verlusten gepaart mit der bereichsübergreifenden, ebenso zeitnahen Problembeseitigung. Historische Daten helfen hier nur sehr bedingt. Das reale Hier und Jetzt ist ausschlaggebend für schnelle Optimierungen. Shopfloor Management macht Verluste vor Ort unmittelbar sichtbar. Zielabweichungen sind sofort erkennbar und unterstützende Fachbereiche können schnelle und strukturelle Hilfe leisten. Idealerweise ist ein Problemlösungsansatz (PDCA, QRQC, KT, . . .) im Shopfloor Management integriert und visualisiert. Auf das Zusammenspiel der Abteilungen und insbesondere das Führungsverhalten kommt es an. Mitarbeiter werden bei der Transparenz helfen, solange sie bei der Lösung der Probleme positive Unterstützung erfahren. Mitarbeiter dürfen erste dokumentierte Veränderungen vornehmen. Der große Hebel liegt in der direkten Kommunikation und in Prozessoptimierungen an den Schnittstellen der Material- und Informationsflüsse. Klar strukturierte Treffen und Regelkreise garantieren schnelle Fehlerbeseitigung auf der Arbeitsebene und vermeiden unnötigen Mail-Verkehr und endlose Meetings. Schichtleiter, Meister werden vom Firefighting befreit. Bereichs- und Abteilungsleiter erhalten wieder Zeit für ihre eigentlichen Aufgaben.

Wir haben Shopfloor Management vor 20 Jahren bei Unternehmen, gleichsam bei Konzernen und Mittelständlern, eingeführt. Und wir machen es heute wieder. Bei neuen und viel zu oft wieder bei den gleichen Kunden. Sehr oft erweist sich Shopfloor Management als personenabhängig. Erfolgreiche Manager lösen die Silo-Zwänge und schaffen die konstruktive, interdisziplinäre Zusammenarbeit. Sie leiten die Organisation an und sind ein Vorbild in Führung und Verhalten. Bei Managementwechseln werden gut funktionierende Prozesse häufig als selbstverständlich angesehen und deren Pflege unterschätzt. Sie werden nicht mehr in gleicher Art und Weise geführt und ein Einschlafen guter Praktiken wird zu spät bemerkt. Ein Wiederbeleben gestaltet sich meist als zeitintensiv und ist oft nur mit professioneller externer Unterstützung zu realisieren: „dies ist unsere letzte Chance; das muss funktionieren“. Ebenso riskant ist die häufige Versuchung zur schnellen Veränderung von bestehenden Shopfloor Management Prozessen. Hierbei besteht die Gefahr, äußerliche Prozesse überzubewerten. Entscheidend sind und bleiben Führung und Verhalten. Eine Problemlösungskultur bedarf Pflege. Richtig gemacht bringt Shopfloor Management den Unternehmen einen hohen Mehrwert, der Belegschaft deutlich mehr Spaß an der Arbeit und dem Management Zeit für das Wesentliche.

Kopieren Sie kein Shopfloor Management, sofern die Standorte nicht die gleiche Ausgangsbasis haben. Selbst in Konzernen machen lokale Freiräume Sinn. Die Ausgestaltung ist abhängig von der bestehenden Organisationsstruktur, deren Reifegrad sowie der Prozesse, Produkte und Kundenanforderungen. SFM lässt sich an jedes Unternehmen anpassen: Serienfertiger, Kleinserienfertiger, Kundenauftragsfertiger ebenso wie Automobil, Schiffswerft, IT und Windparks. Das Aussehen mag sehr ähneln. Die Kenngrößen, zeit- oder auftragsbezogenen Erfassungen und Zyklen werden fallweise variieren. Die Ausrichtung auf konzernweite Kennzahlen-Kaskadierungen wird sicher von Vorteil sein. In jedem Fall ist die aktive Einbeziehung der Belegschaft und des Betriebsrats unbedingt angeraten. Das System dient der Unterstützung der Mitarbeiter, um deren Probleme zu lösen und ihnen ein weitestgehend stress- und störungsfreies Arbeiten zu ermöglichen.

Im Zuge der Digitalisierung hätte die Schere nicht weiter aufgehen können: Wer SFM in den Grundzügen beherrscht, macht mit Digitalisierung den entscheidenden Schritt. Für wen SFM ein Lippenbekenntnis war, tappt in die Falle und investiert sinnlos. Noch schlimmer: Er verliert Jahre bis er der Belegschaft wieder helfen kann, den richtigen Weg zu finden. Einen Schritt nach vorne oder zeitintensiver Rückschritt, Sie haben es VOR Einführungsstart noch in der Hand.

Die internationalen Beispiele zeigen dasselbe Muster: Shopfloor sowie Management besteht auch weiterhin aus Menschen. Start Up’s ohne die alten Zöpfe tun sich leichter mit neuen Ansätzen. Mittelständler und Konzerne hinterfragen häufig zu wenig. Oft wird gestartet, weil es im Trend ist, sehr oft wird zu schnell gegen die Digitalisierung entschieden, viel zu oft ist nicht klar wo und wie anfangen. Vor allem ist oft unklar, welches die direkten und indirekten Auswirkungen sind und auf welche Architektur aufgebaut werden soll. Entscheiden Sie bewusst und führen dies – manuell oder digital – zum Erfolg.

Freuen Sie sich auf die spannenden Beispiele und kritischen Diskussionen. Dieses Buch wird Ihnen bei Ihrer Entscheidung helfen und Ihren Weg aus der Digitalisierungsfalle hin zum erfolgreichen Shopfloor Management zeigen. Viel Erfolg! Und glauben Sie mir: richtig gemacht, macht es allen viel Spaß.

Björn Jandke

Managing Partner, Growtth® Consulting Europe GmbH, Starnberg

Vorwort

Lean Shopfloor Management ist nun sicherlich kein neues Konzept. Für viele Unternehmen und Lean-Experten handelt es sich um eine selbstverständliche Komponente von Lean Production, die seit vielen Jahren ihre erfolgreiche Anwendung in der Industrie findet. Daher wurde mir auch immer wieder die Frage gestellt, wie es zu diesem Buch kam. Die Idee dazu entstand aus der Erfahrung mit zahlreichen Firmen, dass Shopfloor Management doch nicht als so selbstverständlich angesehen werden sollte. Diese Firmen lassen sich mehr oder weniger in zwei Gruppen unterteilen. Die einen hatten einmal ein funktionierendes Shopfloor Management und leben es nur mehr sehr eingeschränkt. Die anderen haben noch so gut wie keine Erfahrung mit Lean oder lehnen das Konzept mit all seinen Komponenten eher ab. Sehen wir uns die Gründe für beide einmal etwas genauer an.

Immer mehr Unternehmen betreiben Shopfloor Management nicht mehr mit der Konsequenz, wie sie es bereits getan hatten. Die Begründung liegt zumeist nicht darin, dass sie es nicht für relevant halten. Es ist vielmehr der eigene Erfolg, der sie daran hindert. Die geforderten Volumen stiegen kontinuierlich und es wird immer schwieriger, die operativen Ziele zu erreichen. Langsam schleichen sich mehr und mehr Fehler in der Produktion aber auch in den indirekten Bereichen ein, was die Situation noch verschlimmert. Niemand erhält allerdings die zeitlichen Freiräume, sich um die neuerliche Stabilisierung der Prozesse zu kümmern. Viele Unternehmen fallen dadurch in das alte Verhalten des Firefightings zurück. Der Fokus liegt auf der Beseitigung der Symptome, um die notwendigen Stückzahlen zu erreichen. Es werden nicht die richtigen Ressourcen für ein vernünftiges Shopfloor Management zur Verfügung gestellt, um Stabilität und daraus auch eine Verbesserung der Prozesse zu erreichen. Diese Kapazitäten werden zur Produktion der notwendigen Stückzahlen bereitgestellt. Die Folge daraus sind häufig explodierende Kosten. Manche Firmen kommen damit wieder zur Erkenntnis, dass sie sich der alten Tugenden des Shopfloor Managements besinnen sollten. Teilweise können sie auf bereits existierende Prozesse und Werkzeuge zurückgreifen, andere müssen es von Neuem aufbauen.

Die andere Gruppe besteht aus den Unternehmen, die keinerlei oder nur sehr eingeschränkte Erfahrung mit Lean Production haben. Für manche Firmen stellt Lean ein Konzept dar, dass nur in der Automobilindustrie funktioniert und für sie keine Relevanz hat. Andere haben schon manche Facetten versucht und hatten damit keine Erfolge. Sehr oft liegt es dann aber auch daran, dass sie Lean Production als gesamtes Konzept nicht richtig verstanden haben. Nur weil One-Piece-Flow oder Kanban nicht das Allheilmittel sind, sollten die grundlegenden Ideen von Fluss und auch das kontinuierliche Streben nach Verbesserung von Prozessen in allen Unternehmen ihre angepassten Anwendung finden können. Dann gibt es letztendlich Firmen, die von Lean noch nichts gehört haben. So etwas gibt es nach wie vor. Alle haben natürlich die Gemeinsamkeit, dass sie in ihrer Produktion kein Lean Shopfloor Management betreiben oder betreiben wollen. Sie verwenden häufig verschiedene Kennzahlen oder haben ein Vorschlagswesen. Ein klar strukturiertes Shopfloor Management lässt sich allerdings nicht finden. Und dieses Phänomen lässt sich nicht nur in kleinen Familienbetrieben finden, in denen sich eventuell der Eigentümer gegen solche Konzepte verwehrt. Sehr viele dieser kleinen Unternehmen können sogar häufig wesentlich weiter entwickelt sein als Fabriken von großen Konzernen. Selbst in diesen ist es nicht selten schockierend, auf welchem Niveau sie sich aus Sicht von Lean Production und damit auch Shopfloor Management befinden.

Egal ob ein Unternehmen nun bereits Erfahrung mit Shopfloor Management hat oder nicht, sie können sich alle nicht der Diskussion zur Digitalisierung entziehen. Ob nun Neustart oder Neuland fragen sich allerdings viele Unternehmen, welche Art von digitaler Unterstützung verwendetet werden sollte. Der Erfahrungsschatz dazu ist zumeist sehr gering. Es gibt auch nicht viele Firmen, die schon Jahre der Erfahrung damit haben. Es beginnt also eine Zeit der Findung, was wie möglich wäre. Wer hat bereits mit welchen Werkzeugen Erfahrung? Welche Anbieter gibt es in der Software- und Beratungsbranche, die die Unternehmen bei der Digitalisierung des Shopfloor Managements unterstützen können? Was muss bei der Einführung besonders berücksichtig werden? So begann eine Suche nach Unternehmen, die ihre Erfahrungen teilen konnten und wollten. In über 20 Jahren als Berater hatte ich genug Beispiele und Erfahrungsberichte, wie in den verschiedenen Industrien Shopfloor Management auf Basis analoger Werkzeuge betrieben wurde. Die digitale Einführung steckte bei den meisten allerdings noch in den Kinderschuhen. Es sollte sich über ein Jahr hinweg ziehen, bis ich endlich ausreichend Unternehmen ausfindig machen konnte, die Shopfloor Management auch auf digitaler Basis betrieben. Für die meisten sollte es aber auch immer noch ein Entwicklungsprozess sein, der bei Weitem noch nicht abgeschlossen ist. Es gibt auch sicher noch zahlreiche Unternehmen, die sich in einer ähnlichen Entwicklungsphase befinden oder vielleicht auch schon wesentlich weiter vorangeschritten sind. Das Potenzial, noch weitere interessante Praxisbeispiele mit zusätzlichen Erfahrungen und Eindrücken zu finden, ist zweifelsohne enorm. Ziel für dieses Buch ist es also auch, mit den Fortschritten der Digitalisierung mitzuwachsen. Ich sehe diese Ausgabe nur als den ersten Schritt, den Stand der Entwicklung aufzuzeigen. Sie werden also in den folgenden Kapiteln den Fortschritt der Digitalisierung im Zusammenhang mit Shopfloor Management so vorfinden, wie er sich mir bei zahlreichen Firmenbesuchen und Teilnahmen an Konferenzen geboten hat. Hoffentlich kommt es noch zu weiteren Ausgaben, in denen kontinuierlich neue Praxisbeispiele aufgenommen werden können. Das Thema steckt, wie gesagt, für viele Unternehmen noch in den Kinderschuhen. Diese Schuhe und damit das Buch sollen gemeinsam wachsen.

Da, wie eingangs bereits erwähnt, viele Unternehmen kein strukturiertes Shopfloor Management haben, wird dieses zuerst in seinen Grundzügen erklärt. Im ersten Kapitel folgt daher ein Überblick zu den Aufgaben des Shopfloor Managements. Dieser Teil beinhaltet auch eine kurze Einführung zu den fünf in diesem Buch definierten Werkzeugen Standards, Kennzahlen, Visualisierung & Regelkreise, Mitarbeiterführung und Schnittstellenmanagement. Im Folgenden ist jeweils ein Kapitel einem dieser Werkzeuge gewidmet. Nach einem kurzen, theoretischen Teil wird deren Anwendung anhand von zahlreichen Praxisbeispielen detailliert erklärt. Bei Standards und Kennzahlen geht es um deren allgemeine Bedeutung und wie sie in verschiedenen Produktionsumfeldern verwendet werden können. Ein Bezug zur Digitalisierung ist daher hier noch nicht notwendig. Erst beim dritten Werkzeug Visualisierung & Regelkreise wird zwischen einer analogen und einer digitalen Ausführung unterschieden. Dies setzt sich in den folgenden zwei Kapiteln zur Mitarbeiterführung und dem Schnittstellenmanagement fort. Den Abschluss bildet eine kritische Auseinandersetzung zwischen Lean und Digitalisierung. Wo kann es also eventuell zu Widersprüchen kommen? Letztendlich sollen Ihnen alle Kapitel einen Überblick geben, wie die unterschiedlichen Werkzeuge des Shopfloor Managements funktionieren und wie sie wo angewendet werden können. Durch die Gegenüberstellung von analogen und digitalen Anwendungsmöglichkeiten soll Ihnen geholfen werden, selbst zu entscheiden, wie viel digitale Unterstützung für Sie sinnvoll und notwendig ist.

Ich möchte mich abschließend noch bei den Personen und Firmen bedanken, die bereit waren, mich bei der Erstellung dieses Buches zu unterstützen. Für die meisten Unternehmen sollte eine gewisse Anonymität wichtig sein. Daher sind nur sehr wenige Firmen in diesem Buch auch namentlich genannt. Für die nicht-genannten gab es unterschiedlichste Gründe für diese Entscheidung. Dies soll aber natürlich nicht die Bedeutung ihres Beitrages schmälern. Über die Jahre werde ich hoffentlich noch zahlreiche weitere, interessante Praxisbeispiele hinzufügen können, die den Weg zum digitalen Shopfloor Management aufzeigen können.

Jörg Brenner

1Grundlagen des Shopfloor Managements
1.1Managementansätze der Produktion in der Praxis

Die Produktion stellt für zahlreiche Unternehmen den zentralen Bereich dar, in dem die Wertschöpfung für den Kunden erstellt wird. Viele wichtige Faktoren, die die Höhe der wertschöpfenden und nicht-wertschöpfenden Aktivitäten in der Produktion bestimmen, sind allerdings schon vor dem Start eines Fertigungsloses vorgegeben. Das Design der Produkte oder Prozesse aus den verschiedenen Engineering-Bereichen bestimmen bereits vorab, wie viel Verschwendung in den Prozessen steckt. Die Planung wiederum gibt der Produktion vor, was wann in welcher Zeit zu produzieren sei. Selbst externe Einflussfaktoren wie die Lieferanten mit der Qualität der Produkte oder der Pünktlichkeit der Lieferungen haben einen nicht unerheblichen Einfluss auf die Arbeit innerhalb eines Produktionsbereiches oder auch Shopfloor genannt. So mancher mag den Shopfloor daher nur als ausführendes Organ ansehen, das die Vorgaben anderer Bereiche umsetzen soll.

Auch wenn viele Aspekte der Bearbeitung eines Auftrages vorbestimmt sein mögen, landet in jedem Unternehmen letztendlich die Verantwortung für die Erfüllung dieses am Shopfloor. Die Produktion wird daran gemessen, ob sie Termine einhält, die Bestände unter Kontrolle hat oder nicht zu viel Personal einsetzt. Teilweise ist die Verschwendung in den Prozessen auch verursacht durch falsche Entscheidungen innerhalb der Produktion. Häufig sind sie, wie schon oben erwähnt, auch das Ergebnisse der Arbeit anderer. Was auch immer der Grund sein mag, es gibt zahlreiche Faktoren, die die Produktion vom verschwendungsfreien Erfüllen der Anforderungen der Kunden abhält. Am Shopfloor liegt allerdings auch das größte Potenzial, Verschwendung zu erkennen und zu beseitigen. Alle Mitarbeiter und Vorgesetzten (oder Shopfloor Manager) müssen nur die richtigen Werkzeuge erhalten, gekoppelt mit dem Wissen, der Motivation und der Möglichkeit. Und genau dies funktioniert in vielen Unternehmen nur eingeschränkt oder gar nicht.

Lean Shop Floor Management stellt ein umfangreiches Konzept dar, das die notwendigen Zielsetzungen und Werkezuge beinhaltet für die Stabilisierung und Verbesserung von Prozessen. Es geht ganzheitlich darum, wie und mit welchen Hilfsmitteln eine Führungskraft, wie ein Meister oder Bereichsleiter, den Ort der Wertschöpfung leitet, um gewisse Ziele zu erreichen. Lean Shopfloor Management unterscheidet sich durch zahlreiche Punkte von anderen Managementstilen, die in der Praxis vorhanden sind. Als Einstieg folgt ein kurzer Überblick zu drei Ausprägungen, die wir häufig in Unternehmen vorfinden und die in vielen Punkten einem Lean Shopfloor Management entgegenlaufen. Durch die Beschreibung der größten Schwächen soll der Leser auch bereits gedanklich auf die Vorteile des Shopfloor Managements hingewiesen werden.

Mikro-Management

Wird den Mitarbeitern von der Führungskraft im Detail vorgegeben, was wie zu machen ist, dann handelt es sich zumeist um Mikro-Management. Es kann sogar so weit führen, dass Hierarchieebenen übersprungen werden und unmittelbar Anweisungen an die operativen Mitarbeiter vom Management erfolgen. Ein Abteilungsleiter umgeht zum Beispiel den Meister und gibt direkte Anordnungen an einen Maschinenbediener. Die Führungskraft ist zumeist davon überzeugt, dass

       nur er weiß, was zu machen ist.

       die Ebenen unter ihm nicht kompetent genug sind, alleine die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Alle Ebenen unterhalb dieser Führungskraft werden zu reinen Ausführungsorganen degradiert, die keine eigenen Ideen einbringen oder Entscheidungen treffen können. Alle notwendigen Informationen sind in einer Hand gebündelt und Transparenz ist nicht wirklich erwünscht.

Praxisbeispiel 1.1 – Der typische Mikromanager

Bei einem großen Zulieferer der Automobilindustrie hatte ein Abteilungsleiter vier Meisterbereiche unter sich. Für alle Ebenen war es klar, dass er alles „im Griff“ hatte. Es gab kaum ein Detail aus seinen Bereichen, über das er nicht Bescheid wusste. Kam es zu irgendeiner Störung, gab er ganz klare, detaillierte Anweisungen an seine Meister, was zu machen sei. Häufig kam es sogar vor, dass er noch vor ihnen von einem Problem wusste, sodass er sich direkt an die Teamleiter oder die Maschinenbediener wandte. Auch die Nachtschicht kontaktierte ihn öfters, falls Probleme auftraten. Und auch diese konnte er in vielen Fällen unmittelbar am Telefon durch einfache Anweisungen beheben.

Alle notwendigen Informationen hatte er in seinem Kopf oder konnte relativ zeitnah über sein Tablet abrufen. Das Teilen von Informationen mit seinen Mitarbeitern stellte für ihn keine Notwendigkeit dar, da alle Entscheidungen von ihm getroffen wurden. Die Meister, Teamleiter und Mitarbeiter führten diese nur aus. Transparenz war in diesen Bereichen nur ein Fremdwort.

Der Erfolg gab ihm ja auch Recht, da die Ziele der wichtigen Kennzahlen stets erreicht wurden. Da er nun in diesem Bereich so hervorragende Arbeit geleistet hatte, wurde er in einen anderen versetzt, der seit geraumer Zeit Probleme mit der Ausbringung hatte. Innerhalb weniger Monate kam es in seinen ursprünglichen Bereichen fast zum Kollaps. Maschinenstillstände häuften sich, die Ausschussraten schossen in die Höhe und damit konnten keine Stückzahlziele mehr erreicht werden. Alle im Unternehmen fragten sich nun, was aus diesem ehemaligen Vorzeigebereich in so kurzer Zeit passieren konnte! Nach etwa einem Jahr übernahm die Führungskraft wieder seine alten Bereiche, um das sinkende Boot zu retten. Erst allmählich wurde realisiert, dass er selbst der eigentliche Kern des Problems war bzw. sein Mikro-Management. Er hatte eine völlig unselbstständige Mannschaft zurückgelassen, die selbst mit einfachsten Herausforderungen nur sehr schwer umgehen konnte.

Folgende besondere Schwachpunkte des Mikro-Managements lassen sich daraus ableiten:

       Keine einzige Ebene unter dem Bereichsleiter konnte eigenständig Probleme lösen. Sie hatten weder die Kompetenz noch die Freiheiten dazu, es wurde ihnen nie beigebracht. Fällt die eine Problemlösungskompetenz weg, weiß niemand mehr, wie Abweichungen und Störungen nachhaltig und systematisch behoben werden.

       Informationen wurden nicht geteilt oder transparent gemacht. Selbst für die Meister stellten die täglichen Stückzahlen die einzig brauchbare Information dar. Dadurch konnten auch auf den unterschiedlichsten Ebenen keine Entscheidungen getroffen werden, weil schlicht die Informationen dazu fehlten. Diese lagen gebündelt in einer Hand. Speziell den Meistern mangelte es nach der Umbesetzung der Führungsposition an der Erfahrung, aus den vorhandenen Daten und Informationen die richtigen Entscheidungen abzuleiten.

       Es konnte keine Verbesserungskultur entstehen. Alle Mitarbeiter stellten nur ausführende Organe dar, die keine eigenen Ideen einbringen konnten. Alle Verbesserungsansätze wurden vom Bereichsleiter identifiziert und von seiner Mannschaft umgesetzt. Das Wissen der Mitarbeiter um die Prozesse, Anlagen etc. wurde in keiner Weise genutzt, um den Bereich als Ganzes voranzubringen.

       Die Motivation der Mitarbeiter beschränkte sich auf die Erfüllung ihrer Arbeit der acht Stunden in einer Schicht. Die Mitarbeiter an den Anlagen hatten besonders aus zwei Gründen einen gewissen Frustrationslevel erreicht. Einerseits realisierten sie, dass ihnen die Teamleiter und Meister nicht wirklich helfen konnten, wenn sie ein Problem hatten. Andererseits konnten sie sich nicht einbringen und ihre Meinung wurde nicht geschätzt. Allerdings sollte die Situation auch für die Meister und Teamleiter nicht sehr motivierend sein. Mit dem alten Bereichsleiter durften sie nicht und ohne ihn konnten sie nicht. Sie standen plötzlich vor Problemen, mit denen sie nicht umzugehen wussten.

Firefighting

Beim Firefighting wird ein Problem nach dem anderen gelöst, ohne dass die ursprüngliche Ursache beseitigt wird. Dadurch entsteht dasselbe Problem immer wieder. Die Führungskraft löscht ein Feuer, dann das nächste und das nächste, ohne wirklich zu analysieren, warum das Feuer überhaupt entstanden ist. Eine nachhaltige Vermeidung der Feuer wird nicht angestrebt.

Hört sich prinzipiell sehr unlogisch an, ist es auch. Es hat allerdings für die jeweilige Führungskraft nicht zu unterschätzende Vorteile. Aus der Praxis heraus haben sich folgende Erklärungen ergeben, wieso dieser Ansatz für viele Manager eine besondere Attraktivität hat.

       Wer stehe mehr im Rampenlicht? Die Person, die ein Feuer gelöscht hat? Oder die Person, die das Feuer von vornherein verhindert hat? In vielen Unternehmen haben Manager, die für eine rasche Beseitigung von Problemen bekannt sind, ein besonders hohes Ansehen. Sie gelten als die Personen, die eine hervorragende Problemlösungskompetenz haben.

Bleibt eine Maschine stehen, finden sie schnell eine Lösung, wie sie wieder zum Laufen gebracht wird. Verzögert sich eine Lieferung an den Kunden, schaffen sie noch den Liefertermin. Dies sind sehr transparente Leistungen, die den Status innerhalb des Unternehmens fördern. Wurde allerdings von vornherein verhindert, dass die Maschine stehen bleibt, so kann niemand darüber sprechen. Es ist ja nichts geschehen, was die Aufmerksamkeit aller bindet. Die Firefighter sind also die Helden des Unternehmens. Von den anderen spricht man kaum.

       Für die beiden Ansätze sind auch unterschiedliche Qualifikationen und Systematiken erforderlich. Ein Firefighter kennzeichnet sich zumeist durch ein detailliertes Wissen der betroffenen Prozesse und einer gewissen technischen Kreativität aus. Es ist der perfekte Ansatz für Personen, die gerne an Lösungen tüfteln. Beim Vermeiden der Feuer sind dagegen folgende Punkte von Bedeutung.

       Fundierte Kenntnisse von Problemlösungsprozessen. Ausgehend vom PDCA-Zyklus (Plan – Do – Check – Act) von Deming (Deming, 1982) werden die klassischen Problemlösungswerkzeuge wie Ishikawa-Diagramm oder 5-Warum verwendet, welche in den folgenden Kapiteln erklärt werden. Alle diese Werkzeuge erfordern ein diszipliniertes und strukturiertes Vorgehen.

       Einbindung des Fachwissens der Betroffenen und Beteiligten. Die Lösungen werden zumeist in solch einem Prozess nicht von einer einzelnen Person erarbeitet. Sie entsteht aus einer Teamleistung mit Mitarbeiter und den dazugehörenden Servicebereichen wie Instandhaltung oder Qualität. Die Führungskraft ist vielleicht gar nicht beteiligt oder fungiert „nur“ als Moderator oder Teammitglied.

Praxisbeispiel 1.2 - Der typische Firefighter

Der Leiter eines Montagebereiches in einem Automobilwerk stellte das perfekte Beispiel eines Firefighters dar. Kam es zu einem größeren Problem, das nicht von den Mitarbeitern unmittelbar beseitigt werden konnte, war er zur Stelle. In den meisten Fällen fand er relativ rasch eine Lösung, wie die Montage wieder zum Laufen gebracht werden konnte. Dass gewisse Störungen immer wieder auftraten, wurde nie thematisiert. Sein Fokus lag darauf, dass die Prozesse so schnell als möglich wieder funktionierten.

Einmal trat allerdings ein Problem auf, das sich nicht so leicht beheben ließ. Im Karosseriebau wurden an einem Schweißroboter mehrere Blechteile verschweißt, die im weiteren Verlauf im Motorinnenraum verbaut wurden. Zwei Komponenten, die am betroffenen Prozessschritt verarbeitet wurden, waren Halter mit jeweils einem Langloch. Diese Teile wurden so in die gesamte Konstruktion verschweißt, dass sie übereinandergelegt ein Loch ergeben sollten, in dem in der Montage der Tank für das Scheibenwischerwasser verschraubt werden sollte. (Bild 1.1 linkes Bild). Beim Montieren des Wassertanks kam es allerdings immer wieder zu einem erschwerten Verschrauben, da die Löcher eher ellipsenförmig waren (Bild 1.1 rechtes Bild).

Bild 1.1Vergleich korrekte Überlappung der Langlöcher (links) vs. inkorrekt

Da das Loch innerhalb des Motorraumes kaum mehr sichtbar war, konnte diese Abweichung auch nicht durch bloßes Hinsehen bemerkt werden. Für die Mitarbeiter stand nur der zusätzliche Aufwand beim Verschrauben im Fokus, da er letztendlich zu ergonomischen Problemen führte. Mehrere Versuche, mit anderen Werkzeugen die Montage auch bei einem ellipsenförmigen Loch zu erleichtern, scheiterten am Platzmangel im Motorraum. Das Symptom konnte nicht beseitigt werden, das Feuer wurde also nicht gelöscht.

Nach einiger Zeit musste der Bereichsleiter eingestehen, dass er mit seinem Ansatz nicht mehr weiter kam. Erst durch die Unterstützung eines Mitarbeiters der internen Lean-Mannschaft, der in einem kleinen Workshop mit Werkern und dem Werkzeugbau die 5-W-Methode anwandte, konnte die Ursache für das erschwerte Verschrauben gefunden werden. Es stellte sich heraus, dass die Vorrichtung zur Aufnahme der Teile am Schweißroboter leicht verzogen war. Lagen die Maße der Löcher der einzelnen Teile an den äußeren Toleranzgrenzen, ergab es dieses ellipsenförmige Loch. Jedes Teil für sich entsprach den Vorgaben, verschweißt stimmte das Ergebnis nicht mehr. Nachdem dies repariert wurde, gab es keine Beanstandungen mehr.

Obwohl ihm dieser Fall die Grenzen seiner Vorgehensweise aufgezeigt hatte, blieb er dem Ansatz des Löschens der Feuer treu. Er war auch im gesamten Werk bekannt dafür, dass er immer passende „Lösungen“ fand und Stillstände schnell behoben wurden. Dies trug dazu bei, dass er nach einiger Zeit zum Montageleiter befördert wurde.

Auch hier ergeben sich wieder einige Punkte als Schwächen des Firefightings:

       Es wird nur an Symptomen und nicht an den grundsätzlichen Ursachen einer Abweichung gearbeitet. Damit wird nicht verhindert, dass dasselbe Problem immer wieder auftreten kann. Ressourcen werden jedes Mal verschwendet, wenn dieselbe Störung erneut entsteht.

       Die Mitarbeiter werden nicht in die Problemlösung miteinbezogen. Die Lösungen werden zumeist nur von einer Person definiert. Einerseits wird das Wissen der Mitarbeiter bez. der Prozesse nicht genutzt. Von ihnen könnten in vielen Fällen bessere Lösungen kommen als vom Firefighter. Die umgesetzte Lösung würde auch eher von ihnen akzeptiert werden, wenn sie bei der Definition beteiligt gewesen wären. Andererseits werden sie damit nicht zum selbstständigen Problemlösen erzogen. Es wird immer eine bestimmte Abhängigkeit von den Ideen des Firefighters bestehen.

Remote Leadership

Durch die fortschreitende Digitalisierung rückt das Konzept von Remote Leadership – oder auch Management bei Fernsteuerung – immer mehr in den Fokus. Prinzipiell geht es darum, dass die Führungskraft und deren Mitarbeiter nicht mehr unmittelbar am selben Ort sein müssen. Die Interaktion findet zum größten Teil über elektronische Medien statt. Wie die meisten Konzepte der Industrie 4.0 oder der digitalen Fabrik ist auch dies nicht unbedingt ein neuer Ansatz. In der einen oder anderen Form ist es häufig nur eine Fortsetzung oder manchmal auch nur eine neue Verpackung für bereits angewandte Konzepte. Vieles wird nur einfacher oder effizienter als in der ursprünglichen Form.

Beim Remote Leadership verlässt sich die Führungskraft auf die Informationen, die sie in digitaler Form zur Verfügung gestellt bekommt. Die Präsenz am Ort der Wertschöpfung reduziert sich auf ein Minimum, ebenso der direkte, persönliche Kontakt mit den Mitarbeitern. Egal wo sich die Führungskraft gerade befindet, kann sie über ein elektronisches Medium ständig alle relevanten Informationen abrufen und dadurch die notwendigen Entscheidungen treffen.

Um aufzuzeigen, dass der Grundgedanke nicht unbedingt neu ist, wird hier ein relativ altes Praxisbeispiel verwendet. Auch damals zeigten sich schon einige Tücken des Remote Managements, die heute noch genauso ihre Bedeutung haben.

Praxisbeispiel 1.3 – Der typische Remote Manager

Beim folgenden Beispiel handelt es sich um einen Produzenten von Stangen und Profilen aus Aluminium, welches aus dem Jahr 2002 stammt. Der Automatisierungsgrad in diesem Unternehmen war weit fortgeschritten und die meisten Anlagen waren an ein BDE (Betriebsdatenerfassung)-System gekoppelt. Wichtige Maschinendaten konnten zeitnah über dieses BDE-System abgerufen werden. Dies beinhaltete auch den aktuellen Status einer Anlage. Zahlreiche Störungsgründe wurden direkt über die Anlage an das BDE übermittelt. Die Mitarbeiter mussten allerdings nach wie vor einzelne Stillstandsgründe wie Material- oder Personalmangel manuell eingeben.

Da der Fortschritt der digitalen Medien in 2002 noch nicht so weit war, konnten diese Informationen nur über stationäre Computer abgerufen werden. Der Produktionsleiter hatte sich dazu in seinem Büro einen „Leitstand“ einrichten lassen, der aus mehreren Bildschirmen bestand. So hatte er ständigen Einblick, was zu jedem Zeitpunkt an jeder einzelnen Anlage passierte; produzierte sie gerade oder hatte sie eine der vordefinierten Störungen. Sah er die Notwendigkeit, griff er zum Telefon und löste anstehende Probleme mit der jeweils relevanten Person. Durch die so gegebene Transparenz reduzierte er seine Anwesenheit in der Produktion auf ein absolutes Minimum. Die täglichen Produktionsbesprechungen wurden entsprechend auch in einem eigens dafür ausgestatteten Besprechungsraum durchgeführt.

Er hatte über sein System absolute Transparenz und konnte daraus auch immer die notwendigen Entscheidungen ableiten. Zumindest war er davon überzeugt. Einer der wichtigsten Stillstandsgründe sollte fehlendes Material sein, – ein Problem –, verursacht durch die interne Logistik. Deshalb hatte er ständige Diskussionen mit dem Leiter dieses Bereiches, dass sie zahlreiche Stillstände in der Produktion verursachen würden. Die Zahlen belegten es ja.

Hätte er sich allerdings öfters die Mühe gemacht und wäre in die Produktion gegangen, hätte er ein anderes Bild vorgefunden. Der Code für fehlendes Material wurde von den Mitarbeitern missbraucht, wenn sie eine andere Stillstandsursache damit nicht-transparent machen wollten. Dies reichte von übermäßig langen Rüstvorgängen (Erreichen der Vorgaben für Rüstvorgänge war Teil der Bonuszahlungen) bis hin zu „nicht-geplanten“ Rauchpausen. Die absolute Transparenz der Produktion stellte sich demnach als Trugbild heraus.

Sie werden in den folgenden Kapiteln kritische Anmerkungen und Beispiele zum Thema Digitalisierung lesen. Es sollen aber natürlich auch die zahlreichen Vorteile und Möglichkeiten hervorgehoben werden. Das gerade beschriebene Praxisbeispiel zeigt bereits einige der kritischsten Punkte zu diesem Thema.

       Die Anwesenheit der Führungskraft am Ort der Wertschöpfung wird immer notwendig sein. Das System mag noch so ausgeklügelt und effizient sein, es kann nie zu 100 % die Arbeit vor Ort ersetzen. Das Verständnis, was am Shopfloor tatsächlich passiert, kann auch virtuell – zumindest momentan noch nicht – nicht in all seinen Facetten abgebildet werden. Jeder Produktions- und administrative Bereich ist wie ein lebender Organismus, der seine eigene Dynamik hat.

       Die Menschen stellen beim Shopfloor Management immer noch einen zentralen Faktor dar. Automatisierung und Digitalisierung gehen momentan Hand in Hand. Für rein manuelle Produktionsbetriebe ist das Thema Digitalisierung noch nicht so weit ausgereift wie für hoch-automatisierte. Für viele Unternehmen ist das Thema Digitalisierung daher genauso wenig fortgeschritten wie die Automatisierung selbst. Für die Führungskraft geht es demnach nicht nur um zeitnahe Daten zu Anlagen und Produktionsaufträgen. Führung der Mitarbeiter vor Ort lässt sich nur eingeschränkt über ein Tablet oder Smartphone realisieren.

1.2Aufgaben und Werkzeuge des Shopfloor Managements

Shopfloor Management, wie es in diesem Buch behandelt wird, ist ein integraler Bestandteil von Lean Management. Die Philosophie, die Ideen und Konzepte, die Lean Management ausmachen, sollen durch das entsprechende Shopfloor Management umgesetzt und gefördert werden. Selbst wenn gewisse Aspekte von Lean Management in ihrem Unternehmen nur in einem eingeschränkten Umfang oder gar keine Anwendung finden, sollte Shopfloor Management konsequent umgesetzt werden. One-Piece-Flow, Kanban oder SMED sind vielleicht nur Begriffe für ihr Unternehmen, die keine praktische Relevanz haben. Die Ziele und Werkzeuge von Shopfloor Management sollte es allerdings in jedem Fall haben. Und es sollte auch in der Produktion nicht halt machen. Sämtliche indirekte Bereiche können von einem funktionierendem Shopfloor Management genauso profitieren. Was sind nun aber die Aufgaben und Werkzeuge? (Bild 1.2)

In den folgenden Seiten des ersten Kapitels wird jeder Punkt aus Bild 1.2 kurz erklärt, um eine erste Übersicht zu erstellen und die Zusammenhänge zu erklären. In den weiteren Kapiteln des Buches werden diese detaillierter ausgeführt und mit Praxisbeispielen verständlich gemacht.

Bild 1.2Übersicht Aufgaben und Werkzeuge des Shopfloor Managements

1.2.1Aufgaben des Shopfloor Managements

Grundsätzlich ist das Shopfloor Management darauf ausgerichtet, die Ziele des Unternehmens, des Bereiches und jedes einzelnen Arbeitsplatzes zu erreichen. Wie der Name Shopfloor schon aussagt, soll dies direkt am unmittelbaren Punkt der Wertschöpfung geschehen. Dies kann in den jeweiligen Produktionsbereichen im Rahmen von Lean Production oder in den Arbeitsplätzen der Büros im Lean Administration sein.

Warum also die Ziele auf den unterschiedlichen Ebenen eines Unternehmens? Folgende übergeordneten Punkte sind in dem gesamten Zusammenhang wichtig für die weiteren Ausführungen:

       Unterscheidung zwischen operativen und strategischen Zielen

       Definition, Ableitung und Zusammenhang der Ziele auf den einzelnen Ebenen des Unternehmens

Unterscheidung zwischen operativen und strategischen Zielen

Mit den operativen Zielen sind die eigentlichen, wertschöpfenden Aufgaben eines Bereiches gemeint. Jeden Tag muss eine Anzahl von Aufträgen oder eine Menge an Produkten gefertigt werden. Neben den reinen Stückzahl-bezogenen Vorgaben werden zumeist auch Ziele zu Qualität und Terminen definiert. Der Verantwortliche eines Bereiches erhält also die Informationen, was, in welcher Menge und Qualität bis wann gefertigt werden soll. Die Aufgabe des Shopfloor Managers ist es nun, seinen Bereich so zu organisieren und zu managen, damit diese Ziele erreicht werden. Die Gratwanderung bei schlanken Unternehmen liegt oft darin, in welchem Grad diese Aufgaben vom Shopfloor Manager, von den Mitarbeitern oder unterstützenden Einheiten wahrgenommen werden. Hier gehen wir einmal davon aus, dass es sich um klassische Tätigkeiten des Shopfloor Managers handelt, Die Verantwortung obliegt zumindest in der Person des Shopfloor Managers.

       Planung und Vorbereitung eines Auftrages: Der Shopfloor Manager stellt sicher, dass alle notwendigen Maßnahmen ergriffen wurden, damit die Arbeit an einem Auftrag begonnen werden kann.

       Planung und Einteilung der notwendigen Ressourcen, soweit dies nicht über die Planungsabteilung geschieht

       Sicherstellung der Verfügbarkeit der notwendigen Mitarbeiter, Anlagen und Materialien

       Steuerung der einzelnen Aufträge vor Ort

       Begleitung der Ausführung eines Auftrages: Während der Erstellung stellt der Shopfloor Manager sicher, dass der Mitarbeiter den Auftrag nach den Vorgaben durchführen kann.

       Sicherstellung, dass Standards und Vorgaben eingehalten werden

       Unterstützung bei der Beseitigung von akuten Störungen und Abweichungen

In Bild 1.3 wird dies noch einmal veranschaulicht. Die Zielsetzung und der Standard für die Menge in diesem Bereich liegen bei zehn Stück je Stunde. Die tatsächliche Ausbringung (Ist) in Graphik 1 schwankt bei einem störungsfreien Betrieb zwischen neun und elf Stück je Stunde. In Stunde 4 kommt es zu einem Stillstand und die Ausbringung sinkt auf null. Aufgabe des Shopfloor Managements ist es nun, kurzfristige Maßnahmen zu ergreifen, um die Produktion wieder zum Laufen zu bringen. In Stunde 10 kommt es erneut zu einem Stillstand. Vielleicht ist es auch wieder derselbe Grund, da die eigentliche Ursache nicht abgestellt werden konnte. Es wird wieder reagiert und die Störung behoben. In diesem Stadium liegt die Priorität auf der kurzfristigen Erreichung der Stückzahlen.

Die drei wichtigsten Kennzahlen, die in diesem Zusammenhang gemessen werden, sind die Produktivität, Qualität und Liefertreue. Beim ersten Ziel liegt der Schwerpunkt mehr auf der Erreichung einer gewissen Stückzahl innerhalb eines bestimmten Zeitraums. Das zweite stellt gegenüber, wie viele Gutteile aus dem Bereich kommen und welche Anzahl nicht den Qualitätsanforderungen entspricht. Für das dritte Ziel liegt der Fokus bei der Einhaltung von terminlichen Vorgaben für die Aufträge.

Die strategischen Ziele hingegen gehen Hand in Hand mit dem Verbesserungsmanagement. Der Aufgabenbereich kann dabei in zwei Kategorien unterteilt werden:

       Abbau und Vermeidung von Störungen und Abweichungen: In den operativen Aufgaben ging es darum, eine akute Störung mit unmittelbaren, kurzfristigen Maßnahmen zu beseitigen. Blieb eine Maschine stehen, so musste sie so schnell als möglich wieder zum Laufen gebracht werden. Hier liegt der Fokus darauf, die grundsätzlichen Ursachen für eine Abweichung zu ermitteln und abzustellen. Was muss gemacht werden, damit dieser eine Stillstandsgrund nicht mehr auftritt? Wie kann ein definierter Standard kontinuierlich eingehalten werden?

In Bild 1.3 ist dies in Graphik 2 dargestellt. Die Störung tritt wieder in Stunde 4 auf. In manchen Fällen können Maßnahmen direkt vor Ort definiert und die Ursache nachhaltig relativ schnell abgestellt werden. Sehr oft wird die Abstellmaßnahme aber innerhalb des Prozesses des Verbesserungsmanagements eingeleitet. Zielsetzung ist in beiden Fällen, den Prozess zu stabilisieren und Störungen oder Abweichungen auf ein Minimum zu verringern. Der Standardoutput von 10 Stück soll gleichmäßig erreicht werden.

       Erhöhung des Standards: Nachdem die kontinuierliche Einhaltung eines Standards gewährleistet wurde, kann der nächste Schritt angepackt werden, die Erhöhung dieses. Es muss ein zukünftiger Zielzustand definiert werden und daraus Maßnahmen zu seiner Erreichung. Das ist der Kern der zweiten strategischen Aufgabe. Der Lean-Ansatz liegt dabei normalerweise nicht in großen Sprüngen durch neue Techniken oder Technologien. Der definierte Zielzustand soll durch kleine, inkrementelle Schritte erreicht werden.

In Graphik 3 von Bild 1.3 gehen wir diesen nächsten Schritt. In Stunde 5 wurden Maßnahmen eingeleitet, um den Standard von zehn auf 12 Stück je Stunde zu erhöhen. In den Graphiken 1 und 2 würde danach auch der Standard erhöht werden und die Beseitigungs- und Abstellmaßnahmen beginnen wieder von vorne. Dies reflektiert auch wieder den klassischen PDCA-Zyklus.

Bild 1.3Gegenüberstellung der operativen und strategischen Aufgaben

Definition, Ableitung und Zusammenhang der Ziele auf den einzelnen Ebenen des Unternehmens

Auch hier muss zwischen den operativen und strategischen Zielen unterschieden werden. Für die operativen Ziele ist die Definition durch die Kundenanforderungen und die aktuellen Gegebenheiten der Produktion stark vorbestimmt. Je nach Auftragslage und Verfügbarkeiten der Ressourcen können diese schwanken. Diese Zusammenhänge auszuarbeiten ist eine der Kernaufgaben der Produktionsplanung. Die einzelnen Prozessschritte in der Produktion haben trotzdem nach Mengen und Terminen unterschiedliche Zielsetzungen, die eingehalten werden müssen.

Bild 1.4Ableitung der operativen Ziele

In Bild 1.4 wird dies vereinfacht anhand einer Produktion mit vier Prozessen dargestellt. Im vorherigen Abschnitt wurde bereits erwähnt, dass zwei der wichtigsten operativen Zielsetzungen die Menge und die Termine sind. Ordert ein Kunde 100 Stück, so erhält in diesem Fall Prozess 1 als Zielmenge 108 Stück. Dies ergibt sich aus der Planung, dass in jedem Prozessschritt zwei Stück an Ausschuss produziert werden. Die Zielvorgabe für die Qualität ergibt demnach für jeden Bereich zwei Stück. Für die Ermittlung des Liefertermins wurde die Rückwärtsterminierung verwendet. Aus einem zugesagten Liefertermin wurde anhand von Durchlaufzeiten bestimmt, wann ein Auftrag begonnen werden muss. Prozess 1 muss demnach 20 Tage vor dem Liefertermin die Produktion abgeschlossen haben, was die Zielsetzung für den Termin ergibt.

Stimmt ein Baustein in diesem System nicht mehr, so wird dieser an die folgenden Schritte weitergereicht. Hat Prozess 1 drei Stück Ausschuss, gibt also nur noch 107 Stück an den nächsten Arbeitsschritt, so wird sich dieser Mangel eventuell bis zum Ende durchziehen. Falls kein anderer Prozess das Ziel von zwei Stück unterschreitet, wird der Kunde letztendlich nur 99 Produkte bekommen. Dasselbe gilt natürlich auch für den Termin. So hat jeder Bereich die Verantwortung, durch Shopfloor Management die Einhaltung dieser operativen Ziele zu gewährleisten.

Für die strategischen Ziele können die Zusammenhänge und die Ableitung von der Unternehmensebene bis zum einzelnen Arbeitsplatz wesentlich komplexer sein. Werden Verbesserungen nicht im Kontext eines gesamten Bereiches oder sogar des ganzen Werkes definiert, so kann es zu einzelnen Insellösungen kommen. Zwei negative Effekte können dadurch auftreten:

       Die Verbesserungsmaßnahmen und der damit verbundene Aufwand führen zu keinem messbaren Ergebnis innerhalb eines gesamten Systems. Dieser Punkt stellt auch eine der größten Kritiken an der ursprünglichen Vorgehensweise bei Lean- oder Kaizen-Projekten dar. Es wurden einzelne Prozessschritte verbessert, ohne dass sich dadurch eine Erhöhung z. B. des Durchsatzes ergab. Diese Problematik ist vereinfacht in Bild 1.5 dargestellt. Der gesamte Ablauf besteht wieder aus vier Prozessschritten. Prozess 3 ist mit einer Kapazität von 80 Stück der Engpass in diesem Fluss. Nur wenn dieser Prozess verbessert und damit die Kapazität erhöht wird, kommen am Ende auch tatsächlich mehr Stück raus. Würde die Kapazität bei Prozess 1 von 100 auf 110 Stück erhöht werden, so hätte dies keinerlei Konsequenzen für das gesamte System, das aus diesen vier Schritten besteht.

Bild 1.5Fokussierung auf den Engpass bei Kapazitätsverbesserungen

       Die Verbesserungen führen zu einer Suboptimierung (Dettmer 1998) und damit eventuell zu einer Verschlechterung des gesamten Systems. Jede einzelne Komponente in einem System (z. B. jeder einzelne Produktionsschritt, der notwendig ist, um das Produkt herzustellen) versucht, sich selbst zu optimieren. Wenn dies nun auf Kosten des Ergebnisses des gesamten Systems geht, spricht man von Suboptimierung. Verdeutlichen wir dies anhand eines überzogenen Beispiels (Bild 1.6)

Bild 1.6Die Suboptimierung

Prozess 1 und 2 bearbeiten die drei Typen von Produkten (X, Y, Z) in der Reihenfolge, in der sie bestellt wurden. Nur der Mitarbeiter des Prozesses 3 möchte seine Anlage so effizient wie möglich nutzen. Daher entscheidet er sich, immer nur vier Aufträge eines Produktes zu bearbeiten, was ihm enorm Rüstzeiten einspart. Prozessschritt 4 kann dadurch natürlich auch nur die Aufträge bearbeiten, die ihm von 3 zugeschoben wurden. Das Ergebnis sind längere Durchlaufzeiten, höhere Zwischenbestände und damit auch höhere Bestände an Fertigwaren.

Um genau diese zwei Effekte zu verhindern, muss eine werks- oder unternehmensweite Zielsetzung erarbeitet werden, was, wie innerhalb des Systems verbessert werden soll. Für ein Werk kann zum Beispiel das Ziel lauten, die Durchlaufzeiten von sechs auf fünf Wochen zu reduzieren. Daraus kann abgeleitet werden, welchen Beitrag jeder einzelne Schritt des Prozessflusses dazu beitragen soll und kann. Als eines der wichtigsten Werkzeuge dazu dient die sogenannte Wertstromanalyse oder Value Stream Map (VSM), welches anhand von Beispielen in den folgenden Kapiteln erklärt wird.

1.2.2Werkzeuge des Shopfloor Managements

Dem Shopfloor Manager und den Mitarbeitern stehen einige Werkzeuge zur Verfügung, die zum Erreichen der operativen und strategischen Ziele verwendet werden können. Auch hier sollen diese nur in einem ersten Überblick erklärt werden. Eine genauere Beschreibung, unter anderem unterstützt durch zahlreiche Praxisbeispiele, folgt in den weiteren Kapiteln. Die fünf wichtigsten Werkzeuge sind:

       Standards

       Kennzahlen

       Visuelles Management und Regelkreise

       Mitarbeiterführung

       Schnittstellenmanagement

Standards

Mit Standards werden Prozesse, Zykluszeiten, Testabläufe und vieles mehr in der Produktion beschrieben und festgehalten. Mit einem Standard soll die Basis dafür gelegt werden, dass sich wiederholende Abläufe auch wirklich in derselben Art und Weise wiederholen, wie es ursprünglich definiert wurde, egal von wem diese durchgeführt werden. In Branchen, in denen mit hohen Stückzahlen gearbeitet wird, ist die Verwendung von Standards nicht mehr wegzudenken und es gibt natürlich auch Standards für die Erstellung von Standards. Je mehr man sich allerdings in Richtung eines reinen Projektgeschäftes oder Unternehmens mit Losgrößen im einstelligen Bereich bewegt, umso seltener sind klar definierte Standards zu finden. Zu oft wird noch die Meinung vertreten, dass die Variantenvielfalt zu groß ist, Abläufe zu unterschiedlich oder Prozessflüsse zu komplex sind. In vielen Situationen lassen sich trotzdem Gemeinsamkeiten finden, die als Grundlage für Standards dienen können.

Standards sind die Grundvoraussetzung, dass klare Ziele für die Produktion definiert werden können. Dies trifft sowohl für die operativen als auch strategischen Ziele zu. In den drei Graphiken in Bild 1.3 wurde ein Standard von 10 Stück pro Stunde für den betroffenen Produktionsabschnitt bestimmt. Dieser Standard bzw. diese Zielsetzung entstand aus der Definition anderer Standards, die die Arbeit jedes einzelnen Mitarbeiters bestimmen:

       Prozessfluss: Ein Prozess wird in seinen einzelnen Schritten beschrieben, damit der gewünschte Output entsteht. Welche Prozessschritte sind in welcher Reihenfolge notwendig, um ein bestimmtes Produkt herzustellen?

       Arbeitsanweisungen: In ihnen wird beschrieben, wie diese Prozessschritte im Detail ausgeführt werden sollen. Was muss wie gemacht werden, damit am Ende die geplante Arbeit der tatsächlichen entspricht und auch das Ergebnis die Kundenforderungen reflektiert?

       Zykluszeit: Für jeden einzelnen Prozessschritt wird ermittelt, wie lange er bei einem standardmäßigen Ablauf dauern darf. Die Zykluszeit beinhaltet auch regelmäßige Tätigkeiten wie Qualitätskontrollen oder Wechsel von Transporteinheiten. Wie viel Zeit nimmt es in Anspruch, einen Teil oder das gesamte Produkt zu fertigen?

       Taktzeit: Bei einem gewissen Kundenbedarf und der Verfügbarkeit der benötigten Ressourcen kann ermittelt werden, wie viel Zeit zur Erstellung eines Produktes zur Verfügung steht. Wie lange darf die Produktion also dauern?

Wurden all diese Standards klar definiert, so kann daraus ermittelt werden, wie eine gewisse Stückzahl innerhalb eines Zeitraums produziert werden kann. Und damit sind wir wieder beim Standard für die Zielvorgabe, der zehn Stück/Stunde aus Bild 1.3