Leben im All - Adam Frank - E-Book

Leben im All E-Book

Adam Frank

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Beschreibung

Als führender Astrophysiker bei der NASA ist Adam Frank mit der Faszination für außerirdisches Leben vertraut: »Gibt es Leben im Universum?«, »Wie können wir es finden?«, »Was ist mit UFOs?« und »Was hat es mit Area 51 auf sich?«.
Das sind die ersten Fragen, die ihm gestellt werden, wenn jemand von seinem Beruf erfährt. Jeder möchte wissen, ob wir allein im Universum sind.

Auf unterhaltsame und doch wissenschaftliche Art und Weise klärt Frank über die verschiedenen Facetten und den aktuellen Stand der Forschung auf und reist mit dem Leser durch ein faszinierendes Universum voll beeindruckender Erkenntnisse über außerirdisches Leben.

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»Das Verrückteste daran, im frühen 21. Jahrhundert zu leben, ist, dass wir so viel wissen und doch noch immer völlig ahnungslos sind. Wenn es um die grundlegenden Fragen geht, wer und was wir sind und wozu wir da sind, stößt all unser großartiges Wissen an seine Grenzen und zeigt nur, wie sehr wir im Dunkeln tappen. Zum ersten Mal in der Geschichte wissen wir, wie riesig das Universum ist, wie reich an Planeten und ihren Möglichkeiten. Aber wir wissen noch immer nicht, ob wir – und mit ›wir‹ meine ich alles Leben auf dem Planeten Erde – ein Einzelfall sind. Wir wissen noch immer nicht, ob wir ein kosmischer Zufall sind, der nur ein einziges Mal passiert ist, genau hier, und dann nie wieder. Die Sache ist die: Wenn wir nur ein einziges anderes Beispiel für die Entstehung von Leben hätten, nur einen weiteren Fall, wo aus einem Haufen unbelebter Chemikalien ein lebender Organismus entstanden ist, dann wüssten wir, dass wir kein verrückter Zufall sind. Wir wüssten, dass das Leben zweimal passiert ist. Und wenn es zweimal passieren konnte, dann kann es auch dreimal passiert sein oder dreißigmal oder dreißigtausendmal oder dreißig Milliarden Mal…«

Adam Frank

© Adam Fenster

Der Astrophysiker Adam Frank ist Professor am Department of Physics and Astronomy der University of Rochester und einer der führenden Experten für die Endstadien von Sternen. Seine Forschungsgruppe entwickelt Supercomputer-Werkzeuge, um die Entstehung von Sternen und die Entwicklung von Planeten zu untersuchen. In seiner aktuellen Arbeit konzentriert er sich auf das Leben im Universum, sowie den Klimawandel und die »Astrobiologie des Anthropozäns«. Seit 2019 leitet Frank die erste Forschungsgruppe der NASA zur Untersuchung von Technosignaturen, den Anzeichen fortgeschrittener Zivilisationen, auf fremden Planeten.

Als »Fürsprecher der Wissenschaft« ist Frank bestrebt, anderen die Schönheit und Faszination der Naturwissenschaften zu zeigen. Für seine Arbeit erhielt er mehrere Auszeichnungen, darunter den Joseph A. Burton Forum Award und die Carl Sagan Medaille.

ADAM FRANK

LEBEN IM ALL

WAS WIR WIRKLICH ÜBER AUSSERIRDISCHES LEBEN WISSEN – VON ALIENS, UFOS UND AREA 51

NEUESTE ERKENNTNISSE EINES NASA-FORSCHERS

Aus dem Englischen vonAnja Schünemann

WILHELMHEYNEVERLAG

MÜNCHEN

Die Originalausgabe erschien 2023 unter dem Titel »The Little Book of Aliens« bei Harper, einem Imprint von HarperCollins.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44 b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Deutsche Erstausgabe 2024

© by Adam Frank 2023

© der deutschsprachigen Ausgabe 2024 by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Redaktion: Lina Robertz

Umschlaggestaltung: Eisele Grafik Design

Satz und E-Book Produktion: Satzwerk Huber, Germering

ISBN: 978-3-641-30369-3V001

www.heyne.de

FÜRPROF. BRUCEBALICK

Ich erkläre meinen neuen Studierenden immer, dass die Wahl ihres Doktorvaters beziehungsweise ihrer Doktormutter die wichtigste Entscheidung ist, die sie in ihrem Promotionsstudium treffen. Ich sage das, weil es für mich ein solches Glück war, Sie gefunden zu haben. Danke, dass Sie leibhaftig vorleben, was ein Leben in der Wissenschaft ausmachen sollte: Kreativität, Güte, Begeisterung und Präzision.

INHALT

Einleitung

•KAPITEL 1 •

DIEVORGESCHICHTE: WIEDIEALTENMENSCHHEITSFRAGENÜBERAUSSERIRDISCHESLEBENIHREHEUTIGEFORMBEKAMEN

Eine uralte Frage: Alien-Debatten im Wandel der Zeiten

Fermis Paradoxon: Gibt es ein großes Schweigen?

Die Drake-Gleichung: Die richtigen Fragen stellen

Die UFOs kommen: Kenneth Arnold sieht Untertassen

Invasion der Aliens in der Popkultur: Sie sind da!

•KAPITEL 2 •

WIEFANGENWIRESAN? BAHNBRECHENDEIDEEN, DIEUNSERESUCHENACHAUSSERIRDISCHENBISHEUTEPRÄGEN

Das Ozma-Projekt: Die erste Suche

Habitable Zonen: Goldlöckchen im Orbit

Dyson-Sphären: Wenn Aliens Megastrukturen bauen

Die Kardaschow-Skala: Woran misst man eine außerirdische Zivilisation?

•KAPITEL 3•

WTFUFOSUNDUAPS? WIESIEMITDERSUCHENACHAUSSERIRDISCHENZUSAMMENHÄNGENODERAUCHNICHT

Der Kicher-Faktor: Wie Politik und UFOs der Suche nach Leben im All beinahe den Garaus gemacht hätten

Fälschungen und Fälscher: Ein guter Trick stirbt niemals aus

Die McDonald-Kritik: Nun zu den ungeklärten Fällen …

Aus UFOs werden UAPs: Der Beginn der modernen Ära

UFOs ernsthaft auf den Grund gehen: Wie eine richtige wissenschaftliche Untersuchung aussieht

•KAPITEL 4•

WAS, WENNESWIRKLICHALIENSSIND? WIEKOMMENSIEHIERHERUNDWASWOLLENSIE?

Interstellares Reisen: Wenn UFOs Aliens transportieren, wie sind sie hierher gelangt?

Außerirdische Technologie: Ein Blick in Luke Skywalkers Werkstatt

Interdimensionale Aliens: Hey, verschwinde von meiner Ebene

Aber was tun sie hier? Das Fernlicht-Argument und andere Fragen

•KAPITEL 5•

DERKOSMISCHEIMMOBILIENMARKT: WOSOLLENWIRNACHALIENSSUCHEN?

Der Ursprung des Lebens: Das Miller-Urey-Experiment und die Abiogenese

Die Ozeanmonde: Wer hätte das gedacht?

Exoplaneten: Die Revolution wird teleskopiert

Planeten außer Rand und Band: Das Rätsel um Supererden

Schneeball- und Ozeanwelten: Der Winter kommt und die Flut auch

Zehn Milliarden Billionen Möglichkeiten: Die pessimistische Linie und was daraus folgt

•KAPITEL 6•

DERKOSMISCHELAUSCHANGRIFF: WIEWIRAUSSERIRDISCHEAUSSPIONIEREN

Biosignaturen: Wie man Leben aus der Ferne aufspürt

Technosphären und Noosphären: Wenn intelligentes Leben das Ruder übernimmt

Technosignaturen: Der Tag, an dem die Erde quasi stillstand

Angriff der Alien-Megastrukturen: Tabbys Stern

Luftverschmutzung, Stadtlichter und Reflexionen: Was außerirdische Himmel uns über Außerirdische verraten

Artefakte im Sonnensystem: Gehört das Ihnen?

War ’Oumuamua eine außerirdische Sonde? Sie haben Besuch

Terraforming: Wie man einen bewohnbaren Planeten erschafft

•KAPITEL 7 •

TUNDIEALIENSESAUCH? WASFINDENWIR, WENNWIRAUSSERIRDISCHEENTDECKEN?

Jenseits von kohlenstoffbasiertem Leben? Das Molekül der Liebe

Sprechende Steppenhexen oder fliegende Wälder: Welche Gestalt haben Aliens?

Außerirdischer Geist: Kann man mit Aliens reden?

Außerirdische Ethik: Sollen wir uns verstecken oder Leuchtraketen abschießen?

Wird die biologische Ära bald enden? Wenn die Roboter-Overlords kommen

Uralte Aliens: Überlegungen zu Millionen Jahre alten Zivilisationen

•KAPITEL 8•

WARUMAUSSERIRDISCHESOWICHTIGSIND: ESGIBTMEHRGRÜNDE, ALSSIEDENKEN

Was wäre, wenn? Ein Ausblick

Danksagung

Quellennachweise

Literaturempfehlungen

Für ein allgemeines Publikum geeignet

Lektüre für Fortgeschrittene

Register

Über den Autor

EINLEITUNG

ALLELIEBENALIENS. ICHWEISSDAS, WEILDIELEUTEESMIRIMMERwieder sagen. Wenn sie hören, dass ich Astrophysiker bin, wollen sie als Erstes wissen, ob im Universum noch anderes Leben existiert. »Gibt es Außerirdische?« ist eine große Frage, ähnlich wie »Was passiert, wenn man stirbt?«. Es gibt dazu viele Meinungen, aber keine richtigen Antworten, und vor allem würde es die Welt verändern, wenn wir die Antwort wirklich kennen würden.

Ich verrate Ihnen etwas: Auch ich liebe Aliens. Ja, ich bin schon seit meiner Kindheit geradezu besessen von ihnen. Meine Faszination begann damit, dass ich als Fünfjähriger die Science-Fiction-Heftchen meines Vaters entdeckte. Auf den Covern waren immer Bilder von Raumschiffen, kahlen, schroffen Mondlandschaften und unheimlichen, glubschäugigen Aliens. Von da an wollte ich unbedingt alles über die Sterne und über außerirdisches Leben erfahren. Diese Besessenheit machte mich wohl zu einem ziemlich anstrengenden Kind (angeblich soll ich bei jeder Gelegenheit die Lichtgeschwindigkeit auf vier Nachkommastellen genau aufgesagt haben), aber sie trieb mich auch dazu, sämtliche Dokus, schlechte Science-Fiction-Filme und Wiederholungen von Star Trek zu schauen, die es gab. Mir war alles recht, wo Außerirdische vorkamen, und dabei träumte ich von all den Wundern, die vielleicht irgendwo dort draußen auf ihre Entdeckung warteten.

Damals in den 1970er-Jahren, in der Hochphase meines kindlichen Alien-Fiebers, steckte die wissenschaftliche Forschung nach Leben im Kosmos noch in den Kinderschuhen. Nur wenige sehr mutige und entschlossene Pionierinnen und Pioniere widmeten sich der Suche nach außerirdischer Intelligenz (auf Englisch »Search for Extraterrestrial Intelligence«, kurz SETI), und die meisten von ihnen waren dem Spott ihrer Kolleginnen und Kollegen ausgesetzt. SETI galt als etwas verrückt, bestenfalls eine Randerscheinung in der wissenschaftlichen Gemeinschaft. Diese abschätzige Haltung beruhte hauptsächlich auf Vorurteilen. Es gab zu jener Zeit einfach nicht viele Astronominnen und Astronomen, die sich mit der Frage nach dem Leben im kosmischen Kontext beschäftigten. Und tatsächlich hatten wir damals ja kaum etwas in der Hand, worauf wir eine ernsthafte wissenschaftliche Suche nach Leben auf anderen Sternen – ob nun intelligent oder nicht – aufbauen konnten.

Vor allem wussten wir nicht, ob es noch andere Planeten in der Galaxis gibt als die acht, die um unsere Sonne kreisen. Mit dieser Frage stand und fiel alles, denn die Wissenschaft geht davon aus, dass selbst einfache Lebensformen ausschließlich auf Planeten entstehen können. Da wir aber kein einziges Beispiel für einen Exoplaneten (einen extrasolaren Planeten, also einen, der sich außerhalb unseres Sonnensystems befindet) hatten, wussten wir schlichtweg nicht, wo wir suchen sollten. Außerdem gab es so gut wie keine Erkenntnisse darüber, wie Planeten und das Leben darauf sich gemeinsam entwickeln, sodass eine Welt für Milliarden Jahre bewohnbar bleibt, lange genug, dass »höhere« Tiere und sogar technologische Zivilisationen entstehen können. Kurz gesagt, was die Suche nach außerirdischem Leben betraf, tappten wir ziemlich im Dunkeln.

Doch das ist jetzt Vergangenheit.

Während Sie diese Worte lesen, ist die menschliche Spezies im Begriff, ihre größte und bedeutsamste Reise anzutreten. Im Laufe der letzten drei Jahrzehnte hat sich die wissenschaftliche Suche nach Leben im Universum – man nennt dieses Forschungsgebiet Astrobiologie – explosionsartig entwickelt. Wir haben überall in der Galaxis Planeten entdeckt und herausgefunden, wie und wo wir in der Atmosphäre dieser neuen Welten nach Zeichen außerirdischen Lebens suchen müssen. Außerdem haben wir tief in die Geschichte der Erde als bewohnte Welt geblickt, eine Geschichte, die fast vier Milliarden Jahre zurückreicht. Aus dieser Betrachtung haben wir neue, wegweisende Erkenntnisse darüber gewonnen, wie Planeten und das Leben darauf sich gemeinsam entwickeln. Denn wenn wir wissen, wie das Leben sich im Laufe der Erdzeitalter die Entwicklung des Planeten zunutze gemacht hat, liefert uns das Hinweise darauf, wonach wir auf anderen, fernen Planeten suchen müssen (etwa nach Sauerstoff, der im Allgemeinen nur in der Atmosphäre vorhanden sein kann, wenn er von Lebewesen dorthin abgegeben wird). Ferner haben wir inzwischen Roboter zu jedem einzelnen Planeten in unserem Sonnensystem entsandt. Sobald ihre Räder oder Landefüße die Oberfläche berühren, suchen wir auf diesen benachbarten Welten nach Hinweisen auf Leben, das auf ihnen existiert oder vielleicht in ferner Vergangenheit einmal existiert hat. Und vor allem haben wir eine neue Generation unglaublich leistungsstarker Teleskope erschaffen, die wir immer weiterentwickeln. Dank dieser neuen Möglichkeiten müssen wir einander endlich nicht mehr nur unsere unwissenschaftlichen Meinungen über Leben im Universum an den Kopf werfen. Stattdessen gewinnen wir das, worauf es wirklich ankommt: eine wahrhaft wissenschaftliche Sicht darauf, ob, wo und wann extraterrestrisches Leben existiert oder existiert hat.

All diese neuen Entdeckungen von Exoplaneten bis hin zur frühen Erdgeschichte verändern grundlegend das, was wir uns unter SETI vorstellen. Hier entsteht gerade ein neues Forschungsfeld, das Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Suche nach Technosignaturen nennen.a Es schließt die »klassischen« SETI-Bemühungen ein und lenkt zugleich die Suche nach intelligentem Leben in neue Formen und Richtungen. Nun, da wir Klarheit darüber haben, dass es in der Galaxis von Planeten nur so wimmelt, wissen wir genau, wo und wie wir nach außerirdischen Zivilisationen suchen müssen. Anstatt darauf zu hoffen, dass die da draußen mit Signalen auf sich aufmerksam machen (eine Voraussetzung für SETI der ersten Generation), können wir jetzt direkt die Planeten betrachten, wo solche Zivilisationen vielleicht gerade ihrer Wege gehen. Wir suchen nach Spuren alltäglicher Aktivitäten einer außerirdischen Gesellschaft (Technosignaturen) und entwickeln dabei ganz neue Instrumentarien zum Auffinden intelligenten, zivilisationsbildenden Lebens. Diese Instrumentarien werden uns auch ermöglichen, solche Lebensformen zu finden, die keine Zivilisationen bilden. Wenn wir mit unseren Teleskopen die Signatur eines Planeten entdecken, der beispielsweise von außerirdischen Mikroben oder Wäldern bedeckt ist (eine Biosignatur), würde auch das die Sichtweise der Menschheit auf ihre eigene Stellung im Kosmos grundlegend verändern.

Wir sind also endlich auf dem besten Weg dazu, jene Außerirdischen aufzuspüren, von denen ich als Kind so fasziniert war. Oder aber wir werden feststellen, dass wir wirklich allein im Kosmos sind. Das eine wie das andere wäre eine weltbewegende Entdeckung. Es ist ein verdammt aufregender Moment.

Allerdings ist es auch ein verwirrender Moment. Gerade jetzt, wo die wissenschaftliche Suche nach Leben im All so richtig Fahrt aufnimmt, gibt es zugleich einen riesigen Hype um Aliens, die angeblich bereits auf der Erde eingetroffen sind. Im Laufe der letzten paar Jahre sind im Internet mehrere von US-Militärflugzeugen aufgenommene Videos aufgetaucht. Sie zeigen verschwommene Objekte, die anscheinend Flugmanöver vollführen, wie sie für normale Luftfahrzeuge unmöglich wären. Diese Videos haben sogenannte unidentifizierte Luftraumphänomene (auf Englisch »Unidentified Aerial Phenomena«, kurz UAP) ins Rampenlicht gerückt und damit die Debatte über außerirdisches Leben angeheizt. Zugleich lenkt der Hype um UAPs allerdings von dem gewaltigen Sprung der Wissenschaft ab, die gerade anfängt, dort nach Außerirdischen zu suchen, wo sie am wahrscheinlichsten zu finden sind: auf anderen Planeten.

UAPs ist der neue Name der US-Regierung für das, was früher unidentifizierte Flugobjekte oder kurz UFOs genannt wurde – ein Thema, das schon seit vielen Jahren die moderne Kultur in seinem Bann hält. UFOs mit außerirdischen Besuchern sind ein großartiger Stoff für Science-Fiction (von Akte X über Independence Day bis hin zu Nope). Die Möglichkeit, dass sie wirklich existieren, wurde von den meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern allerdings verworfen. Die überwältigende Mehrheit geht davon aus, dass es sich bei UFOs um missdeutete natürliche Phänomene handelt, um Objekte im Zusammenhang mit der nationalen Verteidigung oder auch schlicht um bewusste Fälschungen und Täuschungen. Allerdings machte die US-Regierung 2021 mehr als hundert Sichtungen von UAPs öffentlich, für die es keine einleuchtende Erklärung gab. Es entstand ein anhaltender medialer Hype um die UAP-Videos, wenngleich die meisten Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler darauf hinwiesen, dass »unerklärt« auch einfach heißen kann, die Datenlage reicht für eine Erklärung nicht aus. Dennoch stelle ich mir angesichts des neu erwachten Interesses der Regierung an diesem Thema mitunter die Frage: Haben diese Dinger vielleicht wirklich etwas mit Außerirdischen zu tun?

Aliens sind also ein brandaktuelles Thema, einerseits aufgrund des bemerkenswerten Fortschritts auf den Gebieten der Astrobiologie und der Technosignaturen, andererseits angesichts der spektakulären Berichte über UAPs. Mehr denn je wollen wir wissen: Ist da draußen jemand? Ich habe dieses Buch geschrieben, um Menschen die wissenschaftliche Sichtweise auf diese Frage nahezubringen, um zu erklären, wie Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler nach definitiven Antworten suchen, und – am allerspannendsten – wie kurz davor wir sind, ein paar dieser Antworten zu finden.

In einem Abschnitt meiner Laufbahn als Astrophysiker habe ich mich mit weniger verrückten Themen beschäftigt: An der University of Rochester leitete ich eine Forschungsgruppe für computergestützte Astrophysik. Meine Studierenden und ich erforschten mithilfe der leistungsstärksten Computer der Welt, wie Sterne aus riesigen Wolken interstellaren Gases entstehen und wie sie sterben, indem sie sich in gewaltigen stellaren Winden selbst zerreißen. Das waren wirklich coole Projekte, die mir faszinierende Ausblicke eröffnet haben. Aber mein kindliches Interesse an anderen Lebensformen im Kosmos habe ich nie verloren. Und so begann ich vor etwa einem Jahrzehnt mit einem Forschungsprogramm auf dem Gebiet der Astrobiologie, in dem ich mich mit Exoplaneten und ihrer Atmosphäre beschäftigte. Dann fing ich an, aus astrobiologischer Perspektive über Klimawandel nachzudenken, und ich stellte die These auf, dass vielleicht jede Zivilisation auf ihre Weise eine Erderwärmung in Gang setzt.

Ein Wendepunkt in meinem Leben kam 2019, als ich gemeinsam mit einer Forschungsgruppe die Zusage für das erste Förderprogramm der NASA zur Suche nach Technosignaturen von Exoplaneten erhielt. Das heißt, die NASA stellte uns erstmals Mittel zur Verfügung, damit wir uns Gedanken darüber machten, wie man am besten nach außerirdischen Zivilisationen suchen kann. Wir hatten uns um die Förderung beworben, weil wir immer wieder während internationaler Tagungen beim Abendessen (und beim anschließenden Bier) in überschwängliche Begeisterung (das muss am Bier gelegen haben) über die neu entdeckten Exoplaneten gerieten und uns die Köpfe darüber heißredeten, wie diese Entdeckungen die Suche nach intelligentem Leben revolutionieren könnten. Allerdings hatte die NASA noch nie ein solches Projekt finanziert, wie wir es im Sinn hatten. Nachdem der Kongress der Raumfahrtbehörde jahrelang vorgeworfen hatte, Steuergelder für SETI zu verschwenden, finanzierte sie überhaupt kaum noch Forschung zu intelligentem Leben im Kosmos.

Wir machten uns daher keine großen Hoffnungen, als wir unseren Antrag einreichten. Doch zu unserer Überraschung, Verwunderung und Freude wurde er bewilligt (was natürlich wiederum mit Bier gefeiert werden musste). Die Grenze tat sich endlich auf. Wir bekamen eine Chance, die aufregendste Suche, die die Menschheit je unternommen hat, mitzugestalten. Es war ein Meilenstein für das Forschungsfeld und auch ein Zeichen dafür, wie sehr sich die wissenschaftliche Haltung zu extraterrestrischem Leben verändert hat. Seither dringen wir und andere Forschende immer weiter auf neues Terrain vor. Wir bereiten den Weg für eine systematische, wissenschaftliche Suche nach außerirdischem Leben und außerirdischen Zivilisationen. Diese Suche geht jetzt gerade richtig los.

Von dieser Warte aus kann ich sehr gut verstehen, warum alle etwas über Aliens erfahren möchten. Aber wenn man sich für die wissenschaftliche Seite interessiert – von SETI über Astrobiologie bis hin zu Technosignaturen –, wo soll man dann anfangen? Es gibt einen Berg aus Vorgeschichte, Konzepten und Begrifflichkeiten, die man kennen muss, um zu verstehen, was da gerade geschieht und noch geschehen wird. Was ist zum Beispiel die Drake-Gleichung, und warum ist sie so wichtig? Was hat es mit dem Fermi-Paradoxon auf sich, und wie viel SETI-Forschung wurde unternommen, um dieses Paradoxon zu lösen? Wie viele Exoplaneten gibt es, und für welche von ihnen sollten wir uns interessieren? Was ist eine Biosignatur oder eine Technosignatur, und wie kann man sie finden? Und was ist mit den UFOs beziehungsweise UAPs? Sollten wir sie ernst nehmen? Wenn ja, welche Fragen sollten wir stellen, und wie sollten wir sie angehen?

Dieses Buch soll Ihnen einen breiten Überblick darüber verschaffen, was aktuell im Gange ist, was in naher Zukunft bevorsteht, und warum es so bedeutsam ist. Mein oberstes Ziel beim Schreiben war, Ihnen einen schnellen, vergnüglichen Einstieg in all die faszinierenden Fragen und Probleme zu ermöglichen, die um die Mutter aller Fragen kreisen:

Sind wir allein?

Also, anschnallen und festhalten, die Reise geht los. Wir haben einen weiten Weg vor uns. Aber am Ende werden Sie einen guten Überblick über alles haben, was es rund um Aliens derzeit zu wissen gibt. Sie werden dann in der Lage sein, diese große Entdeckungsreise zu verfolgen, und sind dafür gewappnet, wenn jemand verkündet, dass wir »sie« gefunden haben. Denn am Ende wollen wir nicht einfach nur glauben – wir müssen wissen.

a Manche Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sprechen weiterhin von SETI, und das ist in Ordnung. Aber für viele, mich eingeschlossen, wird die Bezeichnung »Technosignaturen« all den Veränderungen, die in der Forschung zu »hochentwickeltem« Leben im Universum im Gange sind, besser gerecht.

KAPITEL 1

DIE VORGESCHICHTE:

Wie die alten Menschheitsfragen über außerirdisches Leben ihre heutige Form bekamen

SCHAUENSIESICHIHREHANDAN. JA, DIESEAUFFORDERUNGMAGIhnen albern vorkommen, aber nehmen Sie sich einen Moment Zeit, sie zu betrachten. In jeder Zelle Ihrer Hand und Ihres gesamten Körpers steckt die genetische Erinnerung an jede Vorfahrin und jeden Vorfahren bis zurück zum Ursprung des Homo sapiens vor fast dreihunderttausend Jahren. Das sind rund fünfzehntausend Ur-Ur-Ur-und-so-weiter-Ahnen. Sie tragen unzählige Generationen in sich. Und mit Sicherheit haben all diese Großmütter und Großväter zu ihrer Zeit in den klaren Nachthimmel hinaufgeblickt, von wo ihnen die Wächtersterne entgegenfunkelten. Was bedeutet das? Es bedeutet, dass Sie mit Ihrem Interesse an Außerirdischen nicht allein sind. Auch Ihre Eltern haben sich dafür interessiert. Und Ihre Großeltern, Urgroßeltern, Ururgroßeltern und so weiter.

Okay, genau genommen weiß ich natürlich nicht, ob Ihre Eltern oder Ihre Vorfahren im 14. Jahrhundert sich so brennend für außerirdisches Leben interessierten. Aber Sie können darauf wetten, dass es in jeder früheren Generation Menschen gab, die viel darüber nachdachten. Denn die Diskussion um Leben im All gibt es schon, seit es überhaupt Diskussionen gibt. »Sind wir allein?« ist eine wirklich uralte Frage.

Debatten um die Existenz anderer bewohnter Planeten reichen weit, weit zurück, und es ist wichtig zu verstehen, in welcher Form sie geführt wurden, denn es konnte dabei ganz schön hitzig zugehen. Aber vor allem bilden diese älteren Debatten gewissermaßen den Hintergrund für den großen Wandel, der um die Mitte des 20. Jahrhunderts vor sich ging, und für die Explosion der Möglichkeiten, die wir heute erleben. Nach dem Zweiten Weltkrieg veränderten die Technologien von Raketen, Radio, Radar und Atombomben grundlegend die Art und Weise, wie wir über den Weltraum und mögliche außerirdische Zivilisationen denken. Damals gab es auch die erste Welle von UFO-Sichtungen, die aufgezeichnet und publik gemacht wurden, sodass die Vorstellung von Aliens tief im öffentlichen Bewusstsein verankert wurde. Hier im ersten Kapitel nehmen wir uns jenen Abschnitt der Geschichte vor, um genau zu verstehen, wie wir an diesen fantastischen, faszinierenden Punkt gelangt sind, an dem wir kurz vor der Beantwortung einer uralten Menschheitsfrage stehen.

EINE URALTE FRAGE:

Alien-Debatten im Wandel der Zeiten

In Schriftform können wir die Debatte über Aliens bis zu den alten Griechen zurückverfolgen. Aristoteles, einer der berühmtesten griechischen Philosophen, war das, was wir einen Alien-Pessimisten nennen. Falls Sie Aristoteles nicht kennen: Er lebte um 350 v. Chr.b und stellte tiefgründige Betrachtungen über unterschiedlichste Themen an, vom Wesen der Kunst bis hin zur Biologie. Zum Thema Leben auf anderen Planeten vertrat Aristoteles die Überzeugung, die Erde sei ganz und gar einzigartig. Das liegt daran, dass für ihn die Erde im wörtlichen Sinn den Mittelpunkt des Universums darstellte: Die Sonne dreht sich um die Erde, ebenso wie die anderen fünf Planeten (jene, die man ohne Teleskop sehen konnte – Merkur, Venus, Mars, Jupiter und Saturn). Aristoteles betrachtete die Erde als so besonders, dass er den Kosmos in einen »unteren«, sublunaren (d. h. unterhalb der Mondumlaufbahn gelegenen) und einen »oberen«, supralunaren Bereich einteilte. Das Leben mit all seinen Veränderungen konnte sich nur im sublunaren Bereich abspielen. Der himmlische, also supralunare Bereich war ewig und unwandelbar. Aus dieser Perspektive formulierte Aristoteles sein berühmtes Diktum: »Es kann nicht mehr als eine Welt geben.« Er meinte damit, dass nirgendwo sonst im ganzen Universum ein Ort wie die Erde mit ihren einzigartigen Lebensformen existieren könne.

Aristoteles war seinerzeit ein großer Vordenker und sollte es noch neunzehn Jahrhunderte lang bleiben. Schließlich nahm sogar die katholische Kirche einige seiner Ansichten in ihre Doktrin auf. Das heißt jedoch nicht, dass alle anderen griechischen Philosophen der hellenistischen Periode – so nennt man den Zeitraum von etwa 334 bis 30 vor Christus – mit ihm übereinstimmten. Da gab es beispielsweise eine Gruppe von Denkern, die als Atomisten bezeichnet wurden und die diese Unterteilung in eine sublunare und eine supralunare Sphäre für ziemlich dumm hielten. Für Atomisten wie Epikur, der um 300 v. Chr. herum lebte, bestand alles im Universum aus kleinsten, unzerstörbaren Materieteilchen, sogenannten Atomen (daher natürlich die Bezeichnung Atomisten). Diese Atome bewegen sich mit hoher Geschwindigkeit durch den Kosmos, kollidieren miteinander und bilden die unterschiedlichsten Verbindungen. Hier in unserem Teil des Kosmos entstanden durch ihre Kollisionen die Erde und alles Leben darauf – so die Theorie der Atomisten.

Da aber Atome überall sind und alles aus ihnen zusammengesetzt ist, folgerte Epikur, es müsse im Universum noch zahlreiche andere Planeten geben und viele von ihnen müssten bewohnt sein. Alles andere ergäbe keinen Sinn. Wenn Atome universell sind, wie könnte die Erde dann einzigartig sein? Diese Sichtweise machte Epikur zu einem Alien-Optimisten, und er widersprach Aristoteles’ Lehre mit den Worten: »Es gibt zahlenmäßig unbegrenzte Welten, teils ähnlich dieser Welt, teils unähnlich … Ferner muß man annehmen, daß [in anderen Welten] sich Tiere und Pflanzen und alle übrigen bei uns beobachteten Lebensformationen bilden …«1

Alien-Optimisten und Alien-Pessimisten – auch wenn sich diese beiden Positionen über die Jahrhunderte verändert haben, ist es doch ziemlich bemerkenswert zu sehen, dass ihre Grundzüge bereits vor mehr als zwei Jahrtausenden schriftlich niedergelegt wurden. Das sind, in Generationen von Ur-Ur-Urgroßeltern gerechnet, rund hundert »Ur–«s. Also, ja, die Menschen diskutieren schon seit langer Zeit über Außerirdische.

Nach dem Untergang des Römischen Reiches um 500 n. Chr. verlagerte sich der Fortschritt in der Astronomie in die islamische Welt, unter anderem ins Perserreich. Aufbauend auf der griechischen Astronomie entwickelten Astronomen der großen muslimischen Gesellschaften genauere Sternkarten sowie neue Ideen über ein erdzentriertes Universum, wie Aristoteles es annahm. Auch unter ihnen gab es Uneinigkeit zwischen Optimisten und Pessimisten, und die Spaltung wurde um Aspekte der islamischen Theologie ergänzt. Manche Gelehrten behaupteten, der Koran stütze die Ansicht, dass es andere Welten mit Menschen darauf geben könne. Dann, als Europa im 16. Jahrhundert das finstere Mittelalter hinter sich ließ und wieder begann, wissenschaftliche Fragen zu stellen, wurde die Debatte noch hitziger.

In den letzten Jahrzehnten jenes Jahrhunderts erschien ein radikaler Dominikanermönch namens Giordano Bruno auf der Bildfläche. Bruno war Kopernikaner, das heißt, er glaubte an die Theorie des preußischen Astronomen Nikolaus Kopernikus, nach der die Sonne, nicht die Erde im Mittelpunkt des Kosmos steht. Da in diesem Modell alle Planeten um die Sonne kreisen, verlor die Erde ihre Sonderstellung, sie war nichts weiter als ein Planet unter mehreren. Dieses heliozentrische (also sonnenzentrierte) Weltbild stand im Widerspruch zu Aristoteles’ geozentrischem (also erdzentriertem), das zugleich das offiziell von der Kirche vertretene Weltbild war. Kopernikus wusste, wie ungern die Kirche sich mit ketzerischen astronomischen Lehren auf der Nase herumtanzen ließ, und so hielt er seine Theorie zurück – sie wurde erst veröffentlicht, als er tot und somit vor Verfolgung sicher war.

Giordano Bruno machte es anders. Er war ein kühner Denker und zudem ein äußerst unliebsamer Zeitgenosse, der fast alle seine Unterstützer gegen sich aufbrachte. Obwohl er von einer europäischen Hauptstadt in die nächste gejagt wurde, scheute Bruno sich nicht, die katholische Kirche mit seinem ketzerischen Gedankengut herauszufordern. Bruno fand, wenn man den Gedanken akzeptierte, dass alle Planeten einschließlich der Erde um die Sonne kreisten, könne man ebenso gut auch annehmen, dass die Sterne nichts anderes als weitere Sonnen seien. Im nächsten Schritt folgerte er, dass jeder Stern seine eigene Familie um ihn kreisender Planeten habe und dass es auf manchen dieser Welten Leben geben müsse, so wie auf der Erde. Der Kirche gefiel diese Vorstellung überhaupt nicht. Schließlich bekamen die Kirchenmänner Bruno zu fassen, und er wurde vor die gefürchtete Inquisition gezerrt. Mit einer ganzen Anzahl offizieller Begründungen wurde Bruno zum Ketzer erklärt und auf einem Platz in Rom kopfüber verbrannt. Ich sagte ja bereits: Die Debatte um außerirdisches Leben wurde in der Vergangenheit mitunter äußerst hitzig.

Etwa achtzig Jahre später hatte sich das Diskussionsklima deutlich abgekühlt. 1687 bereitete Isaac Newton mit seinen berühmten Gesetzen der Bewegung und seiner Beschreibung der Schwerkraft den Weg für die moderne Astronomie. Inzwischen hatte sich das heliozentrische Modell durchgesetzt. Alle Gelehrten waren sich einig, dass die Sonne nicht jeden Morgen über den Horizont steigt. Vielmehr neigt sich der Horizont, sodass die Sonne sichtbar wird. In diesem neuen geistigen Klima verfasste ein Franzose namens Bernard le Bovier de Fontenelle 1686 seine Dialoge über die Mehrheit der Welten. In diesem viel beachteten Buch behauptet er, dass es im Universum von Planeten und Leben nur so wimmle und »daß die Fixsterne lauter Sonnen sind, deren jede eine Welt erleuchtet«. Fontenelle war also ein entschiedener Alien-Optimist. Anderthalb Jahrhunderte später stellte Charles Darwin seine Theorie der Evolution auf und schuf damit einen ganz neuen Rahmen für Debatten um Leben und Planeten, einen, der dem Alien-Optimismus neuen Aufwind verschaffte. Die Evolution hatte hier auf der Erde aus Gestein, Wasser und Energie Leben hervorgebracht, also warum sollte sie das nicht auch anderswo tun?

Um die Wende zum 20. Jahrhundert legten allerdings neue Entdeckungen in der Astronomie – nicht der Biologie – nahe, Leben könnte bemerkenswert selten sein. Astronomen waren nämlich zu dem Schluss gekommen, dass Planeten wie die Erde möglicherweise äußerst rar seien. Bis 1910 setzte sich die Theorie durch, für die Entstehung eines Planeten sei eine Beinahe-Kollision zwischen zwei Sternen erforderlich. Durch die gegenseitige Anziehung zwischen den Sternen würde, wenn sie dicht aneinander vorbeifliegen, Material von beiden in den Weltraum gezogen, und dieses Material könne sich dann zu einem Planeten verbinden. Berechnungen zeigten allerdings, dass Sterne fast nie kollidieren. Folglich entstehen fast nie Planeten. Doch ohne Planeten kein Leben, und so nahmen noch bis in die 1940er-Jahre die meisten Wissenschaftler an, außerirdisches Leben sei quasi unmöglich.

Wenn wir einmal den Blick aufs große Ganze richten, haben wir soeben 2500 Jahre abgehandelt, in denen Menschen wieder und wieder dieselbe Frage stellten. In all dieser Zeit, über all diese Generationen hinweg hat die Frage etwas unterschiedliche Formen angenommen. Ist die Erde der Mittelpunkt des Universums? Gibt es noch andere Planeten? Ist noch irgendwo anders Leben entstanden? Eines blieb jedoch in all der Zeit unverändert: Niemand kannte die Antwort. Die Frage um außerirdisches Leben war nichts als ein Streit unter Menschen auf der Erde, ein erbitterter Streit, bei dem die Gegner so weit gingen, sich gegenseitig zu verbrennen – und dabei ging es um nichts als Meinungen!

Doch dann kamen die 1950er-Jahre, ein schicksalhaftes Jahrzehnt, in dem sich die Situation grundlegend zu verändern begann. Wie wir noch sehen werden, wurden nun die ersten zögerlichen Schritte hin zu einer Wissenschaft vom außerirdischen Leben unternommen. So alt also die Fragen um Außerirdische sein mögen, so neu sind unsere Möglichkeiten, sie zu beantworten. Und das ist die Geschichte, die im Rest dieses Buches erzählt werden soll.

FERMIS PARADOXON:

Gibt es ein großes Schweigen?

Der Nachthimmel ist überwältigend, wenn man weit genug von künstlichen Lichtquellen entfernt ist. An abgelegenen Orten, im Gebirge oder draußen in der Wüste, erscheinen die Sterne in all ihrer Pracht, und die Milchstraße zieht sich wie ein leuchtendes Band von einem Horizont zum anderen. Doch die meisten von uns bekommen diesen Anblick nie zu sehen, weil wir mitten in den lichtverschmutzten Städten leben, die wir uns gebaut haben. Eigentlich ist es absurd, dass so vielen Menschen in der modernen Welt diese uralte Erfahrung ehrfürchtigen Staunens versagt bleibt, weil wir künstliches Licht brauchen. All unsere Vorfahren kannten das schwindelerregende Gefühl, in die Schwärze des Weltraums zu blicken. Ein dunkler Nachthimmel hat eine eigenartige Tiefe. Es ist, als könne man spüren, wie sich die Leere des Raumes bis wer weiß wohin erstreckt. Doch vor allem ist da die Erkenntnis, die uns mit jedem Menschen verbindet, der jemals in einen kristallklaren Nachthimmel geschaut hat: »Wow, so viele Sterne!«

Das überwältigende Gefühl der Möglichkeiten beim Anblick des schier grenzenlosen Sternenhimmels war eine starke treibende Kraft in der langen Diskussion unserer Spezies über Leben außerhalb unserer Erde. Wie können wir allein im Kosmos sein, wenn wir doch so viele andere Orte vor Augen haben, wo sich Leben entwickeln könnte? Doch dieses Argument trägt wenig dazu bei, einer Wissenschaft vom außerirdischen Leben den Weg zu bereiten. Was genau heißt »so viele Sterne«, wenn es um die Frage geht, ob, wann und wo auf einem anderen Planeten Leben entstehen könnte? In der Wissenschaft muss man konkrete Fragen stellen, an denen man dann ein konkretes Forschungsprogramm ausrichtet. Ohne diese Fragen sind die Argumente zu diffus. Es ist schwer, sich überhaupt darüber klar zu werden, ob man Fortschritte macht und sich einer Antwort annähert.

Als das vorige Jahrhundert halb herum war, hatten sich die Astronomie und die Physik endlich weit genug entwickelt, dass wissenschaftlich relevante Fragen über intelligentes außerirdisches Leben (d. h. technologische Zivilisationenc) Gestalt annehmen konnten. Die erste solche Frage wurde eher zufällig gestellt, doch wichtiger als ihre Entstehungsgeschichte ist ihre Wirkung. Das, was wir heute das Fermi-Paradoxon nennen, lieferte der Wissenschaft eines der ersten wohlformulierten Probleme bezüglich interstellarer Zivilisationen. Zusammen mit der Drake-Gleichung, die zehn Jahre später entstand, und zu der wir im nächsten Abschnitt kommen werden, bildet sie den Rahmen für das bemerkenswerte Jahrzehnt der 1950er-Jahre. 

Enrico Fermi war die Sorte Genie, von der andere Genies in ehrfürchtigem Ton sprachen. Er besaß die Fähigkeit, auf einen Blick den Kern eines wissenschaftlichen Problems zu erfassen, vor dem andere völlig ratlos standen. Genauso verhielt es sich auch bei der Frage nach außerirdischen Zivilisationen. Eines Mittags im Jahre 19502 ging Fermi mit einigen Kollegen im Los Alamos National Laboratory, das seinerzeit die wichtigste Forschungseinrichtung für Kernwaffen in den USA war, zu Tisch. Das Gespräch kam auf UFOs – drei Jahre zuvor hatte gerade die erste moderne Welle von UFO-Sichtungen begonnen. Die Wissenschaftler glaubten zwar nicht recht daran, dass UFOs irgendetwas mit Außerirdischen zu tun hatten, doch sie begannen, über mögliche außerirdische Zivilisationen zu sprechen, unter anderem über die technischen Details eines interstellaren Antriebs – worüber Physikerinnen und Physiker eben in der Mittagspause so reden. Nach einer Weile gingen sie zu anderen Gesprächsthemen über, und die Kollegen genossen einfach ihr Essen, als Fermi auf einmal herausplatzte: »Aber wo sind sie denn alle?«

In diesem Moment beim Mittagessen war Fermi klar geworden: Wenn technologisch fortgeschrittene, raumfahrende Zivilisationen tatsächlich häufig wären, müssten sie bereits überall sein, auch auf der Erde. Eine schlichte Erkenntnis, die unsere Ehrfurcht vor den Sternen auf das nächste Level hob. Wenn auf anderen Planeten problemlos Leben entstehen und sich zu fortgeschrittenen Zivilisationen entwickeln kann, warum, so fragte Fermi, waren dann nicht schon längst Aliens auf dem Times Square gelandet und hatten sich uns zu erkennen gegeben? Warum liefen sie nicht bereits herum und sprachen uns auf der Straße an oder übernahmen gar die Regierung? Fermi wusste, wenn außerirdisches Leben häufig vorkäme, müssten die Außerirdischen bereits hier sein. Und woher wusste Fermi das? Die Antwort ist einfach – wenn jemand wie Fermi sie einem erst einmal vor Augen geführt hat.

Die Logik hinter Fermis Eingebung geht ungefähr so: Nichts kann sich schneller als mit Lichtgeschwindigkeit bewegen. Das ist ein physikalisches Grundgesetz. Und das heißt, selbst das schnellste außerirdische Raumschiff käme bestenfalls mit etwas unter Lichtgeschwindigkeit voran. Unsere Galaxie, die Milchstraße, besteht aus Milliarden Sternen und erstreckt sich über eine Länge von rund hunderttausend Lichtjahren. Wenn man nun die Entfernung (die Größe der Milchstraße) durch die Geschwindigkeit teilt (sagen wir etwa ein Zehntel der Lichtgeschwindigkeit – das sollte für Außerirdische machbar sein, wenn sie bereits durch die Galaxis fliegen), so erhält man die Antwort auf Fermis Frage. Eine technologisch fortgeschrittene Zivilisation würde Hunderttausende Jahre brauchen, um von einem Sternsystem zum nächsten zu fliegen (wobei die Außerirdischen vielleicht auf manchen Planeten Kolonien gründen würden) und die Galaxis zu durchqueren. Hunderttausende Jahre, das mag uns Menschen mit unserer Lebensspanne von kaum einem Jahrhundert wie eine lange Zeit erscheinen, aber unsere Galaxie ist immerhin rund 13,6 Milliarden Jahre alt. Das ist eine ganz andere Größenordnung. Im Verhältnis zum Alter der Galaxis gesehen, müsste eine raumfahrende Spezies jeden Ort darin in einem kosmischen Wimpernschlag erreichen können, und doch haben wir hier auf der Erde noch kein eindeutiges Anzeichen für eine solche Spezies gesehen. Wenn technologisch fortgeschrittene Exo-Zivilisationen häufig sind, müssten wir eigentlich bereits einen direkten Beweis für ihre Existenz haben.

Hier kommt das Paradoxon ins Spiel: Wir haben keinen solchen Beweis. Und was heißt das nun? Über diese Frage haben sich etliche Leute den Kopf zerbrochen. Der Astronom Michael M. Hart veröffentlichte 1975 einen Aufsatz zu Fermis Erkenntnis, der große Beachtung fand. Er argumentierte darin, wenn die Außerirdischen noch nicht auf dem Times Square seien, dann gebe es eben keine Außerirdischen. Für ihn war die Schlussfolgerung aus Fermis Paradoxon, dass wir das einzige intelligente Leben in der gesamten Galaxis sind, Ende der Geschichte. So viele Sterne und keine eindeutigen Hinweise auf außerirdische Besucher, das konnte für Hart nur heißen, dass außerirdische Intelligenz und vielleicht sogar außerirdisches Leben überhaupt unglaublich selten sein müssen.

Andere waren nicht so schnell bereit, das Handtuch zu werfen. Tatsächlich gibt es eine regelrechte Industrie für wissenschaftliche Publikationen, die versuchen, das Fermi-Paradoxon wegzuerklären. Da ist beispielsweise die Zoo-Hypothese, die besagt, die Galaxis sei möglicherweise voller Außerirdischer, die jedoch die Erde bewusst in Ruhe lassen und uns nur aus der Ferne beobachten, so wie wir Tiere in einem Zoo beobachten. Eine andere Idee, vertreten von Carl Sagan, ist die, dass raumfahrende außerirdische Spezies aufgrund knapper Ressourcen beim Expandieren schnell an ihre Grenzen stoßen. Deshalb können sie niemals die ganze Galaxis kolonisieren, und das erklärt, warum es hier auf der Erde keine außerirdischen Siedler gibt.

Vor ein paar Jahren gehörte ich selbst einem Forschungsteam an, das ebenfalls bei diesen Überlegungen mitmischte. Um eine bessere Vorstellung davon zu gewinnen, wie raumfahrende Außerirdische eine Expansionswelle quer durch die Galaxis vorantreiben könnten, suchten wir nach einer Möglichkeit, interstellare Siedlungsbewegungen zu simulieren. Wir gingen von der Annahme aus, auf einem beliebigen Planeten, der um einen beliebigen Stern unserer Galaxie kreist, habe sich eine einzelne Zivilisation entwickelt. Dann modellierten wir, wie diese Zivilisation Raumschiffe mit einem Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit über interstellare Distanzen aussandte. Wir nahmen an, wenn ein Raumschiff sich einem neuen Stern näherte, würde die Besatzung auf einem der Planeten eine Niederlassung einrichten und neue Schiffe bauen. Diese würden dann zu anderen Sternen in der Umgebung geschickt. Auf diese Weise konnten wir »zuschauen«, wie eine einzige Zivilisation eine Lawine von Siedlungen in Gang setzte, die sich in der Galaxis ausbreitete. Wie Fermi an jenem Tag im Jahr 1950 bereits erkannt hatte, so zeigten auch unsere Simulationen, dass die Besiedelung der gesamten Galaxis nur ein paar Hunderttausend bis höchstens ein paar Hundert Millionen Jahre dauern würde (noch immer eine kurze Zeitspanne, verglichen mit dem Alter der Galaxis). Nichts könnte die Expansion aufhalten, nicht einmal Supernovae (explodierende Sterne), durch die Teile der Galaxis sterilisiert würden. Selbst wenn eine Supernova eine »tote Zone« mit unbewohnten Planeten erzeugte, würden Siedlungsraumschiffe von außerhalb dieser Zone sie rasch wieder mit Leben füllen. Die Welle kam nicht zum Erliegen. Sagan hatte sich geirrt.

Allerdings zeigten unsere Modelle einen Ausweg aus dem Fermi-Paradoxon. Wie wir aus der Geschichte unserer Erde wissen, bestehen Zivilisationen nicht ewig. Dasselbe gilt wahrscheinlich auch für außerirdische Zivilisationen – sie könnten aus Gründen untergehen, die wir verstehen, etwa aufgrund von politischen Entwicklungen, Kriegen, Seuchen und Naturkatastrophen wie Supernovae. Sie könnten auch durch Einflüsse vernichtet werden, mit denen wir es noch nie zu tun hatten, beispielsweise durch subatomare Superparasiten, die digitale Technologien in Killerzombies verwandeln – okay, das habe ich mir grade ausgedacht. Moment, ich muss kurz in Hollywood anrufen und den Film pitchen.

Worauf ich hinauswill: Wenn wir in unsere Simulationen die Möglichkeit einbauten, dass Siedlungen in stetigem Tempo wieder aussterben, trat ein neuer Effekt auf. Auch wenn vielleicht ständig zahlreiche Aliens zwischen den Sternen umhersausen, tun sich auf der Karte der bewohnten Galaxie immer wieder Löcher auf, sobald man annimmt, dass auf besiedelten Planeten irgendwann das Licht wieder ausgeht. Unter den richtigen Voraussetzungen – nämlich wenn die Sterne weit genug voneinander entfernt sind – kann es lange dauern, bis diese Löcher erneut gefüllt werden. So kamen wir zu dem Schluss, dass relativ große Bereiche im All für Jahrmillionen äußerst spärlich besiedelt bleiben können. Wenn unser Sonnensystem sich in einem dieser leeren Bereiche befindet – es hier also während des relativ kurzen Zeitraums, in dem sich unsere Spezies entwickelt hat, kein anderes Leben gab und gibt –, so würde das erklären, weshalb noch keine Außerirdischen hier sind. Es bedeutet allerdings auch, dass sie jederzeit auf dem Weg hierher sein könnten.

Für jene, die UFOs für außerirdische Besucher halten, gibt es natürlich gar kein Paradoxon, weil »sie« bereits hier sind. Das wirft jedoch die Frage auf, weshalb sie sich (fast) nicht blicken lassen. Das Problem, wenn man UFOs den Aliens zuordnet, ist, wie wir in den folgenden Kapiteln noch sehen werden: Man muss einerseits erklären, warum die Außerirdischen versuchen, vor uns verborgen zu bleiben, andererseits aber auch, warum sie sich dabei so stümperhaft anstellen.

Im Augenblick seines Ausbruchs beim Mittagessen konnte Enrico Fermi nicht ahnen, welche Bedeutung seine Erkenntnis einmal erlangen würde. Das Fermi-Paradoxon hat in den folgenden Jahrzehnten und bis heute nicht nur Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler beschäftigt, sondern auch alle anderen, die sich Gedanken über außerirdische Zivilisationen machen. So frustrierend und mitunter sogar deprimierend es sein mag, das Paradoxon hat das Denken rund um SETI wesentlich geprägt, indem es der Wissenschaft eine wohlformulierte Frage lieferte, an der sie arbeiten konnte. Deshalb ist es für jeden, der sich für Astrobiologie, Technosignaturen oder UFOs interessiert, wichtig zu verstehen, worin Fermis Paradoxon besteht und was daraus folgt.

Aber es ist ebenso wichtig zu wissen, was nicht daraus folgt.

Das Fermi-Paradoxon besagt nicht, dass es im Universum kein außerirdisches Leben gibt. Es bezieht sich lediglich auf die Frage, weshalb jetzt gerade keine Außerirdischen hier auf der Erde sind. Es sagt nichts über unsere Suche nach Signalen außerirdischer Zivilisationen auf fernen Planeten.

Lassen Sie mich das näher erklären.

Im Zusammenhang mit SETI sprechen Leute mitunter vom »großen Schweigen«. Damit meinen sie, dass wir seit mehr als achtzig Jahren den gesamten Himmel mit Radioteleskopen absuchen und noch nie eine einzige Botschaft, ein Signal oder auch nur eine zufällige Fernsehübertragung von Außerirdischen aufgefangen haben. Doch das stimmt so nicht. Fakt ist, wir haben gerade erst angefangen zu suchen. Es ist ein Irrglaube, dass Nacht für Nacht Astronominnen und Astronomen in aller Welt mit ihren Radioteleskopen die Sterne belauschen und versuchen, Signale von Außerirdischen zu identifizieren. Die schlichte Realität sieht ziemlich traurig aus: Für SETI fehlt es von jeher an Geld. Da und dort stellen immer mal wieder ein paar einsame Enthusiasten eine Suche auf die Beine, aber abgesehen davon hat sich bei der Jagd nach Signalen von Außerirdischen bislang nicht viel getan. Den weitaus größten Teil der Sucharbeit haben wir noch vor uns.

Um eine richtige Suche durchzuführen, müssen SETI-Forschende eine ganze Anzahl von Parametern in Betracht ziehen. Zunächst einmal gibt es so viele Sterne. Dann muss man entscheiden, welchen Frequenzbereich man belauscht. Als Nächstes stellt sich die Frage, wie oft die Forschenden jeden Stern in den Blick nehmen sollten: Einmal täglich? Stündlich? Jede Sekunde? Die Liste geht noch weiter, und so fällt es schwer, den Überblick zu behalten, wer was bereits untersucht hat. 2018 versuchten Jason Wright und seine Kolleginnen und Kollegen an der Penn State University, sich einen solchen Überblick zu verschaffen. Ausgehend von einer Idee von Jill Tarter nahmen sie sich jede einzelne bis dahin gemachte Untersuchung vor. Sie wollten wissen, inwiefern bereits eine vollständige, systematische Suche durchgeführt worden war. Und sie kamen zu einem ziemlich verblüffenden Ergebnis: Wenn wir die Weite des Universums, die SETI-Forschende zu erkunden haben, mit den Ozeanen unserer Erde gleichsetzen, dann war laut den Erkenntnissen von Wrights Team erst ein Badezuber voll Wasser abgesucht worden. Würden wir behaupten, im Ozean gebe es keine Fische, wenn wir erst einen Badezuber-großen Teil davon untersucht hätten?

Die Moral von der Geschicht ist, dass es zwar definitiv ein direktes Fermi-Paradoxon gibt, aber kein indirektes. Warum haben die Außerirdischen hier auf der Erde noch keine Niederlassung eingerichtet? Diese Frage ist das direkte Fermi-Paradoxon, und Sie können sich die Antwort aussuchen, die Ihnen am meisten zusagt. Die Auswahl reicht von »Es gibt eben keine Aliens« bis hin zu »Aber sie sind doch in den UFOs, Mann«. Wenn es hingegen um das indirekte Fermi-Paradoxon geht – also um Anzeichen für außerirdisches Leben auf fernen Planeten –, so liegt die Antwort auf der Hand. Ein solches Paradoxon gibt es nicht. Wir haben einfach noch nicht richtig hingeschaut. Bis jetzt. Aus diversen Gründen, die wir in den folgenden Kapiteln behandeln werden, kommt die Suche jetzt gerade so richtig in Gang. Wir sind bereit. Wir haben die Mittel. Los geht’s.

DIE DRAKE-GLEICHUNG:

Die richtigen Fragen stellen

Alien-Optimisten schauen in einen Nachthimmel voller Sterne und sind überzeugt, so wie sich auf der Erde Leben entwickelt hat, muss es auch anderswo geschehen sein. Wie könnten wir angesichts so vieler Sterne glauben, wir seien die Einzigen? Alien-Pessimisten hingegen lassen sich vom Anblick des Nachthimmels nicht beeindrucken, denn sie sind sicher, trotz der großen Zahl der Sterne spricht die Wahrscheinlichkeit dagegen, dass sich noch irgendwo Leben entwickelt hat. Wenn man tausend Lotterielose kauft, die Gewinnchance aber bei eins zu zehn Milliarden liegt, wird man (wahrscheinlich) immer noch verlieren.

Wie wir bereits gesehen haben, dauert der Streit zwischen Alien-Optimisten und -Pessimisten schon fast die ganze Menschheitsgeschichte hindurch an, wobei die Behauptungen beider Seiten auf nichts als persönlichen Meinungen beruhten. Doch Wissenschaft stützt sich nicht auf Meinungen. Sie stützt sich auf Forschung. Wenn es in der Frage nach außerirdischem Leben jemals echten wissenschaftlichen Fortschritt geben sollte, musste endlich einmal jemand den beiden Seiten etwas an die Hand geben, womit man wirklich arbeiten konnte. Das Fermi-Paradoxon lieferte eine Frage, aber noch keine Marschroute. Jemand musste einen Plan entwickeln, an dem Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler ein Forschungsprogramm zur Suche nach außerirdischem Leben ausrichten konnten.

Der Mann, der das tat, war Frank Drake, ein zurückhaltender Radioastronom aus dem Mittleren Westen, der nicht nur außerordentlich mutig, sondern auch außerordentlich kreativ war. Er formulierte seinen Plan zu einer Wissenschaft vom außerirdischen Leben in Gestalt einer simplen Gleichung, die er vor mehr als sechs Jahrzehnten aufstellte. Damit veränderte Drake radikal die Art und Weise, wie wir über Leben im All denken und wie wir danach suchen. Die Drake-Gleichung, wie sie heute genannt wird, ist nach wie vor die wichtigste Formel in der Astrobiologie.

Es war 1961, gut ein Jahr nachdem Drake mit einem Radioteleskop am Green Bank Observatory in West Virginia die erste wissenschaftliche Suche nach außerirdischem Leben begonnen hatte. Drake war damals Anfang dreißig, und es machte ihm zu schaffen, dass sein Interesse an extraterrestrischem Leben ihm bislang in der wissenschaftlichen Gemeinschaft nichts als Spott beschert hatte. Nun trug jene erste Suche ihm zwar nicht den Beifall von seinesgleichen ein, den jede und jeder Forschende sich erhofft, aber immerhin einen denkwürdigen Anruf von der National Academy of Sciences (NAS). Am anderen Ende der Leitung war J. Peter Pearman, und er wollte, dass Drake eine Konferenz zum Thema, man höre und staune, »interstellare Kommunikation« leitete.

Pearman und die NAS