Der König von Haiti - Adam Frank - E-Book

Der König von Haiti E-Book

Adam Frank

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Beschreibung

Im Jahr 1796 kehrt Kapitän seiner Majestät zur See David Winter mit seinem Schiff nach England und damit zu Frau und Familie zurück. Doch die Freude währt nur kurz, denn bald schon bekommt er ein neues Kommando zugeteilt - eines, das ihn so weit weg führt wie lange nicht mehr: Er soll mit seiner Mannschaft einen Konvoi in die Karibik sichern. Und während die Überfahrt bereits gefährlich und voller Tücke ist, warten in der Karibik selbst noch viel größere Abenteuer. David und seine Männer erleben verzweifelte Kämpfe, werden gefangen und gefoltert und erwerben sich einen gefürchteten Ruf beim Feind. Und bald wird sich das Schicksal Englands in der Karibik endgültig entscheiden.

David Winters Abenteuer sind ein Spiegelbild seiner Zeit, des rauen Lebens in der Royal Navy, aber auch romantischer Gefühle, des heldenhaften Mutes und der Kameradschaft auf See. Vom Eintritt in die Royal Navy über die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges bis in die napoleonischen Kriege verfolgen wir David Winters Aufstieg vom Seekadetten bis zum Admiral.

Aufregende Abenteuer auf See, eingebettet in die faszinierende Geschichte der Marine.

Für alle Fans von C.S. Forester, Alexander Kent, Patrick O'Brian und Richard Woodman. Weitere Bücher von Frank Adam bei beTHRILLED: die Sven-Larsson-Reihe.

eBooks von beTHRILLED - spannungsgeladene Unterhaltung.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Vorwort

Die Heimkehr

Seiner Majestät Fregatte Apollo

Kurs Jamaika

Die Inseln über dem Winde

Lager des Todes und der Liebe

Verrat auf Haiti

Fieber und Voodoo

Rückzug aus Haiti

Die Wellen des Schicksals

Glossar

weitere Titel

Über den Autor

Impressum

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Über dieses Buch

Im Jahr 1796 kehrt Kapitän seiner Majestät zur See David Winter mit seinem Schiff nach England und damit zu Frau und Familie zurück. Doch die Freude währt nur kurz, denn bald schon bekommt er ein neues Kommando zugeteilt – eines, das ihn so weit weg führt wie lange nicht mehr: Er soll mit seiner Mannschaft einen Konvoi in die Karibik sichern. Und während die Überfahrt bereits gefährlich und voller Tücke ist, warten in der Karibik selbst noch viel größere Abenteuer. David und seine Männer erleben verzweifelte Kämpfe, werden gefangen und gefoltert und erwerben sich einen gefürchteten Ruf beim Feind. Und bald wird sich das Schicksal Englands in der Karibik endgültig entscheiden.

Frank Adam

Der König von Haiti

Historischer Abenteuerroman

Vorwort

Die schwersten Verluste in den Kriegen gegen das revolutionäre und das Napoleonische Frankreich erlitt Britannien in Westindien, in der Karibik. Zwischen 1793 und 1801 starben dort über 40 000 Männer, mehr als die Hälfte der in die Karibik entsandten Soldaten. Die Westindischen Inseln hatten mit ihrer Zucker- und Kaffeeproduktion größte wirtschaftliche Bedeutung sowohl für England als auch für Frankreich. Die britische Regierung wollte Frankreichs Wirtschaft treffen, indem sie die reichen Westindischen Inseln Frankreichs besetzte. Dabei erhielt sie Hilfe von den französischen Royalisten, die lieber mit dem ›Erbfeind‹ paktierten als mit den Revolutionären in Paris, von denen man Sklavenbefreiung und Enteignung befürchtete.

1794 hatte England fast ganz Westindien in seine Gewalt gebracht. Aber dann kamen die furchtbaren Rückschläge. Spanien wechselte die Fronten. Die Revolution entsandte Truppen, Waffen und Anführer, die auf vielen Inseln Revolten auslösten. Die britischen Truppen litten furchtbar unter dem Gelbfieber.

Ende 1795 erhält David Winter das Kommando über eine der neuen, großen Fregatten und soll Schiffe mit Nachschub für die Kämpfe in Westindien geleiten. Der Hauptkonvoi der Briten wird vom Sturm zerstreut. David Winter kann nach gefährlichen Abenteuern den Nachkonvoi in die Karibik bringen.

Unter General Abercromby muss er auch in die Landkämpfe gegen Aufständische eingreifen. Saint Lucia, Grenada und schließlich Haiti sind die wichtigsten Stationen seiner Operationen.

Alle Erfolge seiner Fregatte können den drohenden Verlust Haitis für England nicht abwenden. David Winter fällt in die Hände französischer Verräter und wird in einer Voodoo-Zeremonie furchtbar gefoltert. Aber er entkommt und kann durch seine Bekanntschaft mit General Toussaint Louverture, dem ungekrönten König Haitis, einen ehrenvollen Abzug vermitteln. Er selbst bringt die Nachricht nach England, aber noch einmal trifft ihn das Schicksal hart in der Stunde seines größten Triumphes.

Ich habe mich bemüht, die Ereignisse und Personen dieser Zeit so zu schildern, wie sie sich uns aus den Quellen erschließen. Fédon auf Grenada, Toussaint und Maitland auf Haiti sind Personen dieser Zeit. Die Verhandlungen über den Abzug der Briten haben auf einer britischen Fregatte vor Port-au-Prince stattgefunden. Die Rollen der französischen Royalisten und der britischen Regierung waren so doppelbödig, wie ich sie wiedergegeben habe.

Die Leser haben die Romane über David Winter und seine Zeit mit immer stärkerem Interesse und großer Anerkennung begleitet. Dafür bin ich sehr dankbar. Dank schulde ich auch wieder Frau Diplombibliothekarin S. Winkler für ihre Hilfe bei der Literaturrecherche.

Ich hoffe, dass die Lektüre dieses Bandes den Lesern viel Freude bereitet.

Frank Adam

Hinweise für den historisch interessierten Leser

Zur Information über Schiffe, Waffen und Besatzungen der britischen Flotte verweise ich auf mein neues Buch mit zahlreichen Abbildungen und Literaturangaben:

Adam, F.: Herrscherin der Meere. Die britische Flotte zur Zeit Nelsons. Hamburg: Koehler 1998

Über die wirtschaftlichen Zusammenhänge, die politischen und militärischen Erwägungen, die Expeditionen und Verluste informiert sehr gediegen:

Duffy, M.: Soldiers, Sugar and Seapower. The British expeditions to the West Indies and the war against revolutionary France. Oxford: Clarendon Press 1987

Sehr hilfreich ist auch:

Burns, A.: History of the British West Indies. London: Allen & Unwin 1965

Die Rolle der Armee in den westindischen Kämpfen behandelt:

Fortescue, J. W.: A history of the British Army. Vol. IV, 1789 – 1801.

London: Macmillan 1906

Die Geschichte der westindischen Regimenter kann man nachlesen bei:

Buckley, R. N.: Slaves in red coats. The British West India regiments, 1795 – 1815. New Haven and London: Yale University Press 1979

Die besondere Rolle Saint Domingues oder Haitis wird ausführlich geschildert in:

Ott, Th. O.: The Haitian revolution, 1789 – 1804. Knoxville: University of Tennessee Press 1973

Über Voodoo gibt es vielfältige Literatur. Ich nenne nur zwei Werke:

Métraux, A.: Voodoo in Haiti. Merlin Verlag 1994

Laguerre, M. S.: Voodoo and Politics in Haiti. London: MacMillan 1989

Hinweis: Große Entfernungsangaben auf See erfolgen in Meilen (1852 m) und Knoten (Seemeilen pro Stunde). Diese Angaben wurden beibehalten.

Kürzere Entfernungsangaben erfolgten in der Flotte in ›Kabellänge‹ (185,3 m), ›Faden‹ (1,853 m), ›Fuß‹ (30,48 cm), seltener auch in ›Yard‹ (91,44 cm). Zur Vereinfachung für den Leser habe ich immer in Meter umgerechnet.

Personenverzeichnis:

Fregatte Apollo:

Kapitän:

David Winter

Erster Leutnant

James Neale

Zweiter Leutnant

Richard Rossano;

ab Juni 1797:

Ludlow Shield

Dritter Leutnant

Ludlow Shield;

ab Juni 1797:

Andrew Barkley

Vierter Leutnant

Andrew Barkley;

ab Juni 1797:

Ernest Henderson

Erster Leutnant der

Roger Ekins

Seesoldaten

Zweiter Leutnant der

Matthew Berty;

Seesoldaten

ab August 1798:

Timothy Swanson

Master

Hassan Kudat

Schiffsarzt

James Cotton

Bootsmann

Jonas Brown

Zahlmeister

Timothy Robbins

Stückmeister

Allan Bredfine

Sekretär und Schulmeister

Reginald Ballaine

Bootssteurer der Kapitänsgig

Gregor Dimitrij

Midshipmen

Frank Penrose

Ernest Henderson

Phillip Woodfine

John Bentrow

Gilbert Osgood

Geoffrey Wilson

Henry Heskill

James Dixon

Fred Maitland

Verzeichnis der Abbildungen:

Karibik um 1795

Grenada

Saint Lucia

Gouadeloupe

Saint Domingue, Haiti

Die Heimkehr

(August 1795)

Die hölzernen Balken krachten und knarrten so laut, als könnten sie dem Druck von Wind und Wellen kaum noch standhalten. Der Tisch in der Schiffskajüte neigte sich nach links, und der Sandstreuer rutschte auf den Boden.

»Verdammt!«, knurrte der Mann in sich hinein, der gerade eine Unterschrift bestreut hatte.

Er wollte sich bücken, aber der Mann, der wartend neben dem Schreibtisch stand, hatte den Sandstreuer schon aufgehoben.

»Vielen Dank, Mr. Ballaine. Ich glaube, dann ist alles fertig, und Sie können die Tasche für den Admiral packen.«

Ehe Mr. Ballaine antworten konnte, klopfte es an der Tür, und der Posten der Seesoldaten meldete: »Midshipman der Wache, Sir.«

Ein junger Bursche trat ein, nahm seinen Zylinder ab und sagte laut: »Mr. Neale lässt melden, dass wir in Kürze Whitechurch Hill passieren, Sir. Kurs Nordnordost, sieben Knoten. Entfernung nach Spithead etwa sechs Meilen, Sir.«

»Ist gut, Mr. Wilson. Sagen Sie bitte, ich käme gleich.«

Der Midshipman hob grüßend die Hand zum Kopf und verließ schnell die Kajüte. Der Kapitän sah ihm lächelnd nach. Er war mittelgroß, breitschultrig, etwa fünfunddreißig Jahre alt, und seine weiße Weste wölbte sich etwas über dem Magen. Jetzt zog er sie straff und ließ sich vom Diener, der leise die Kajüte betreten hatte, in die Jacke helfen. Als er sich den Dreispitz auf den Kopf drückte, verzog er etwas das Gesicht.

Mr. Ballaine, Schulmeister und Sekretär, der die Depeschentasche gepackt hatte, sah es und sagte: »Sie muten sich zu viel zu, Sir. Sie hätten sich mit dieser Kopfverletzung länger schonen müssen, wenn Sie mir die Bemerkung erlauben.«

»Sie sind ja noch ängstlicher als meine Tante, Mr. Ballaine. Das war doch nur der Hieb eines ungeschickten Seesoldaten, eine Bagatelle.«

Mr. Ballaine murmelte noch etwas von Bewusstlosigkeit und Gehirnerschütterung, aber der Kapitän hatte seine Aufmerksamkeit einem großen Wolfshund zugewandt, der in der Nähe der Tür in einem breiten, mit Decken ausgelegten, flachen Weidengeflecht lag, jetzt den Kopf erwartungsvoll hob und mit der Schwanzspitze zu wedeln begann.

Als der Kapitän sagte: »Du kannst mitkommen, Kolja«, sprang der Hund auf, drängte sich an den Oberschenkel seines Herren und blickte erwartungsvoll zur Tür. Der Kapitän öffnete sie, der Posten der Seesoldaten erstarrte in Habachtstellung, der Kapitän nickte ihm zu und befahl dem Hund: »Nun lauf schon.«

Der Hund lief schnell zur Kuhl, jenem Teil des Hauptdecks, wo die beiden Ziegen gehalten wurden, die Milch für die Kranken lieferten, eine kleine Hühnerschar und gelegentlich Schweine, bevor sie geschlachtet wurden. Dort war eine mit Sand gefüllte Holzrutsche aufgestellt, wo der Hund seine Notdurft verrichten konnte.

Der Kapitän verharrte derweil am Fuß des Niederganges, der Treppe, die zum Achterdeck emporführte. Als der Hund wieder zu ihm lief, stieg er hoch, und als sein Dreispitz von oben zu sehen war, rief der Midshipman der Wache laut: »Der Kapitän!«

Die Männer auf dem Achterdeck gingen auf die dem Wind abgewandte Seite, sahen zum Kapitän hin und hoben grüßend die Hand zur Kopfbedeckung. Der Erste Leutnant trat einen Schritt vor und meldete: »Keine besonderen Vorkommnisse, Sir.«

»Danke, Mr. Neale. Lassen Sie dann bitte mit den Vorbereitungen zum Ankern beginnen!« Er holte aus seiner Jacke ein Taschenteleskop und stellte es auf einen Küstenabschnitt der Insel Wight ein. Dort lag sein Landsitz, seine Heimat. Hinter dem Hügel tauchte jetzt das Dach des Herrenhauses auf, und bevor sie Spithead, ihren Ankerplatz, erreichten, würde er auch das Fenster sehen können, wo sein großes Teleskop stand, mit dem man den Ankergrund überblickte. Ob einer dort sein Schiff sah, vielleicht sogar Britta, seine Frau?

Ohne das Teleskop abzusetzen, fragte er: »Haben Sie unsere Nummer gesetzt, Mr. Neale?«

»Aye, Sir, sobald wir in Sicht der Insel waren«, antwortete Mr. Neale, der Erste Leutnant, ein kräftiger, blonder Mann in Alltagsuniform.

Der Kapitän drehte sich zu den anderen Männern um und sagte lächelnd: »Ich bin wohl der Einzige, der sich schon auf den Landgang vorbereitet hat. Und ich dachte, die jüngeren Herren würden die Freuden des Hafens besonders herbeisehnen.«

Mr. Berty, amtierender Leutnant der Seesoldaten, entgegnete ihm: »Auf uns wartet niemand so ungeduldig wie der Hafenadmiral auf Sie und die Nachrichten aus Quiberon, Sir.«

»Mag sein, Mr. Berty. Ich wäre froh, ich könnte ihm bessere Kunde bringen.« Die anderen nickten, und ihre Gesichter waren ernst geworden.

Seiner britischen Majestät Zweiunddreißig-Kanonen-Fregatte Shannon segelte hart am Wind an der Küste der Insel Wight entlang. Die Segel waren prall gefüllt, und die Bugwelle deutete auf schnelle Fahrt. Drei Schiffslängen hinter ihr folgte ein großer Lugger, die britische Flagge über der Trikolore am Mast. Die Shannon hatte das französische Kaperschiff im Morgengrauen überrascht, als es mit gekürzten Segeln den Tag erwartete. Die Franzosen waren am Ende ihrer Beutefahrt sorglos geworden und konnten der Shannon nicht mehr als ein paar schlecht gezielte Schüsse entgegensetzen, bevor eine Breitseite mit Kartätschen ihr Deck leer fegte. Aber eine ihrer Kugeln hatte den Splitter losgefetzt, der Mr. Rossano, Zweiter Leutnant auf der Shannon, den Oberschenkel aufriss. Nun lag er im Revier, und Mr. Brenton, Dritter Leutnant, kommandierte die Prise.

Die Sonne stach hoch vom Himmel, aber ihr Licht wurde schon durch die ersten Wolken gebrochen, die von Südost aufzogen.

Auf dem Achterdeck standen außer David Winter, dem Kapitän, Mr. Neale, dem Ersten, und Mr. Berty, der nach dem Tod von Leutnant Scott das Seesoldatenkontingent kommandierte, drei Midshipmen und ein Steuermannsmaat mit leichtem blauem Jackett und schwarzer Kappe. Es war Hassan Kudat, ein Malaie, den David Winter in Brunei vor dem Tode gerettet hatte und der ihn seitdem als treuer Gefährte begleitete. David Winter sprach ihn an: »Nun werden wir wohl daheim zu Abend essen können, Mr. Kudat. Aber wenn der Wind nur zwei Strich stärker nach Nord gedreht hätte, könnten wir Wight kaum runden.«

»Aye, Sir«, bestätigte dieser. »Aber das Barometer ist gefallen, und die Wolken dort sehen so aus, als könnten sie uns in die Suppe pusten.«

Mehrere Männer stiegen jetzt zum Achterdeck hinauf, um die Annäherung an Portsmouth zu beobachten. »Man sieht ja schon Southsea Castle!«, rief Mr. Cotton, der Schiffsarzt, und Mr. Ryland, der Master, sagte zu ihm: »Auf der Reede werden wohl einige Schiffe liegen.« Da rief der Ausguck auch schon: »Deck! Mehrere Linienschiffe und Fregatten vor Spithead!«

»Mr. Osgood, nehmen Sie sich ein Teleskop und sehen Sie, ob Sie schon genauer erkennen können, wer da liegt!«, befahl der Kapitän. Dann schwenkte er sein Teleskop von St. Helens, dem kleinen Ort auf der Insel Wight, den er oft mit seiner Frau besucht hatte, voraus zur Silhouette von Portsmouth, seit über zwanzig Jahren seine Heimatstadt. Dort hatte er bei Onkel und Tante Geborgenheit nach dem plötzlichen Tod seiner Eltern gefunden. Und dort vorn, vor dem Block House Fort, hatte er 1774 die Shannon zum ersten Mal als grasgrüner Captain's Servant betreten.

Mr. Osgoods Meldung riss ihn aus seinen Träumen: »Deck! Vier 74er, zwei Fregatten und drei Transporter ankern in Spithead. Ein 74er trägt die Flagge eines Konteradmirals der blauen Flagge. Sie haben noch keine Nummern gesetzt!«

»Das wird ein Geschwader der Kanalflotte sein, aber ich müsste raten, wenn ich sagen sollte, wer es wohl kommandiert«, sagte der Erste zu Mr. Berty.

David Winter schwieg. Die Shannon war nicht der Kanalflotte zugeteilt, also war ihm ziemlich gleichgültig, wer dort kommandierte. Er blickte wieder hinüber, wo ein Teil seines Hauses auftauchen musste. Britta hatte in ihren Briefen Andeutungen gemacht, dass sie eine Überraschung für ihn habe, die ihn sehr erfreuen werde. Und er möge doch bald kommen. Was sie wohl meinte?

»Deck!«, scholl es vom Ausguck. »Flaggschiff setzt seine Nummer 163 und unsere Nummer. Signal: ›Kommandant zum Rapport an Bord!‹«

Der Signal-Midshipman blätterte fieberhaft die Kladde durch und meldete: »Flaggschiff Courageux, Sir, Konteradmiral Lord Pakenham.«

Der Kapitän verzog ärgerlich sein Gesicht. Was will der von mir?, dachte er. Soll mich meine Arbeit tun lassen, damit ich zu Britta komme. Kann doch nur reine Neugier sein. Laut ordnete er an: »Die Berichte für den Hafenadmiral können nicht warten. Er wird sofort den Kurier zur Admiralität losschicken wollen. Mr. Neale, Sie müssen die Berichte zum Hafenadmiral bringen. Mr. Ryland, Sie übernehmen die Wache und ankern zwei Faden steuerbord vom äußersten Schiff des Geschwaders, das dürfte genau nördlich von Ryde sein. Bug- und Heckanker, damit wir nicht schwoien. Und gute Ankerwachen, Mr. Ryland. Die Gewitterfront ist in Kürze über uns.«

»Aye, aye, Sir!«, bestätigte der Master und verzog sein Gesicht, um anzudeuten, dass er keine Belehrungen brauche. Der Kapitän beachtete ihn nicht weiter, sondern rief dem Signal-Midshipman zu: »Signalisieren Sie Mr. Brenton, dass er mit dem Lugger vor Gosport ankern soll.«

Dann suchten seine Augen einen riesigen blonden Mann mit der Kleidung eines Bootsmannsmaats. »Mr. Dimitrij, meine Gig. Sie bringen mich zum Flaggschiff und dann Mr. Neale zum Hafenadmiral. Danach kommen Sie zurück zum Flaggschiff.«

Der blonde Riese hob grüßend die Knöchel von Zeige- und Mittelfinger an die rechte Stirnseite, rief: »Aye, aye, Sir!«, und hastete davon.

Als die Fregatte auf Höhe des Flaggschiffs war, brasste sie kurz die Segel back, um die Fahrt zu verringern. Die Gig wurde zu Wasser gelassen und strebte mit kräftigen Schlägen dem Flaggschiff zu.

Als David Winter durch die Fallreepspforte das Schiff betrat, präsentierten Seesoldaten, Querpfeifer zwitscherten ihre Melodie, und der Trommler schlug den Wirbel. Es war die förmliche Begrüßung für einen Kapitän, die auf dem Flaggschiff etwas pompöser ausfiel als auf kleineren Schiffen, wo oft nur ein Maat zur ›Seite‹ pfiff.

David Winter lüftete grüßend seinen Dreispitz zum Achterdeck, reichte dem Flaggkapitän, der ihn empfing, die Hand. Er kannte ihn nicht, hatte aber von ihm gehört, dass er für strikte Disziplin bekannt sei. Der Kapitän führte ihn ohne viele Worte zur Admiralskajüte und entschuldigte sich dann, da er bei der heranziehenden Gewitterwolke an Deck sein wolle.

Die Admiralskajüte war prachtvoll ausgestattet. Orientteppiche bedeckten den Boden, Mahagonimöbel standen an den Wänden. Der Admiral erhob sich hinter einem eleganten Tisch und streckte David die Hand entgegen. »Willkommen, Kapitän Winter. Ich habe schon viel von Ihnen gehört.«

David bedankte sich für die freundliche Begrüßung, nahm auf dem angebotenen Stuhl Platz und nippte an dem Glas Portwein, das ihm ein Steward reichte. Der Admiral, Lord Pakenham, wirkte so unauffällig, dass David zweifelte, ob er ihn wiedererkennen würde. Er trug eine weiß gepuderte Perücke, aber dieser Tradition hingen noch manche ältere Herren an. Sein Gesicht wirkte seltsam glatt und unberührt. Weder Erfahrungen noch Eigenschaften hatten in ihm Spuren hinterlassen. Seine Sprache war leise und eintönig.

Er hatte David gebeten, von der Landung auf Quiberon zu berichten, und hatte der knappen Erzählung ohne jede Gemütsregung gelauscht. Nachdem David geschildert hatte, wie die Franzosen die Halbinsel überrannten und wie ein Teil der Emigranten und Chouans auf die Schiffe geflüchtet war, sagte er nur: »Soso. Man sollte sich nicht auf Ausländer verlassen.«

Er neigte etwas den Kopf und lauschte auf die Geräusche des Rumpfes, die lauter geworden waren, weil die Gewitterwolken das Schiff erreichten. Unvermittelt fragte er dann: »Sie sind nicht in England geboren worden, Kapitän Winter, wie ich hörte?«

»Ich wurde im Königreich Hannover geboren, Mylord.«

Wieder gab der Lord dieses monotone »Soso« von sich und fragte dann weiter: »Und Sie waren anno achtzig als Fünfter auf der Surprise?«

David, der diesem Geplauder uninteressiert gefolgt war, wurde mit einem Mal hellwach. Woher wusste Lord Pakenham dieses Detail aus der Laufbahn eines Seeoffiziers, den er nie gesehen hatte? Hatte er es von Lord Kinsale erfahren, diesem arroganten und unfähigen Kapitän der Surprise, der nicht zuletzt durch Davids Zeugnis vom Kriegsgericht für den Verlust seines Schiffes verurteilt worden war? Aber bevor er sich überlegen konnte, warum Lord Kinsale dem Admiral von ihm berichtet haben könnte, erscholl Geschrei an Deck, und ein Midshipman stürzte in die Kajüte und rief: »Die Fregatte rammt uns, Mylord!«

Auf dem Achterdeck der Shannon bat Mr. Ryland, der Master, den Schiffsarzt, den Leutnant der Seesoldaten und andere, die nur die Annäherung an Portsmouth beobachten wollten und für die Führung des Schiffes nicht gebraucht wurden, an die Steuerbordseite zu treten, und blickte abwechselnd auf die Reihe der Schiffe, die sie backbord passierten, und auf die sich nähernden Wolken.

Die Matrosen, die die Segel des Besanmastes bedienen mussten, warteten an der Reling des Achterdecks auf die Befehle. Bootsmannsmaate und Mr. Kudat, der Steuermannsmaat, standen bereit. Der Master hob die Sprechtrompete: »Bereit zum Ankern! Ruder hart backbord! Klüver und Fockschoten fieren!«

Die Fregatte wendete den Bug zur Insel. Da rief der Ausguck: »Boot direkt voraus! Gut hundert Fuß!«

Mr. Kudat rannte zur Reling, blickte nach vorn und meldete: »Ein Hafenkutter, der wohl vom Flaggschiff kam. Die kommen klar, Mr. Ryland. Wir können weitermachen!«

Der Master entgegnete ärgerlich: »Überlassen Sie mir, was wir können, Mr. Kudat!«, und ging selbst auf die Steuerbordseite, um nach dem Boot zu sehen. Die Fregatte drehte in den Wind, aber kein Befehl erscholl, um die Bewegung des Schiffes mit den Segeln zu unterstützen.

Fast gleichzeitig riefen Mr. Kudat: »Wir segeln uns fest!«, und der Ausguck: »Untiefe steuerbord voraus!«

Irritiert blickte sich der Master um. Mr. Kudat meldete: »Das ist die Sturbridge-Untiefe, Sir!«

Der Master schrie zornig: »Unterlassen Sie gefälligst Ihre Belehrungen, Mr. Kudat. Ich habe das Kommando!«

»Untiefe steuerbord querab, hundertfünfzig Fuß!«, rief der Ausguck, und der Schiffsarzt blickte schreckerfüllt auf die Brecher, die dort drohten.

Endlich gab der Master den Befehl, die Vorschoten loszuwerfen und das Ruder weiter herumzulegen, aber es war zu spät. Die Fregatte hatte ihren vorgesehenen Ankergrund passiert. Ihr Bugspriet wies nun auf das Heck des Flaggschiffs.

»Wir rammen das Flaggschiff!«, rief Steuermannsmaat Kudat, und als der Master wie erstarrt untätig blieb, rief er: »Lass fallen Anker!«, um die Fahrt des Schiffes zu stoppen.

Aber da erwachte Mr. Ryland aus seiner Lethargie: »Befehl belegen!«, brüllte er und stoppte damit die Arbeiten der Ankermannschaft. »Ich befehle hier, Mr. Kudat! Begeben Sie sich in Ihre Kammer. Ich werde Sie dem Kapitän melden!« Vom Vordeck ertönten Schreie, und dann erschütterte ein Ruck das Schiff, der den Schiffsarzt, der sich gerade umdrehen wollte, zu Boden warf.

Der Admiral und David waren aufgesprungen, als der Midshipman sie warnte, ihr Schiff werde gerammt. Sie starrten aus dem Heckfenster und sahen, wie sich ein Bugspriet unaufhaltsam näherte. Krachend riss er die Heckgalerie zur Seite und bohrte sich dann durch ein Fenster, wobei die Glasscheibe zerbarst. Dann quietschte und krachte es, als die Spitze des Bugspriets abbrach.

David wandte sich ab, um an Deck zu eilen und zu sehen, was mit seinem Schiff geschehen war, als der Admiral sein Erschrecken abschüttelte und laut und gellend rief: »So kommen Sie nicht davon, Kapitän Winter! Diesmal bringen Sie nicht andere vors Kriegsgericht, sondern sind selbst dran. Alles können Sie mit Ihrem Geld nicht kaufen, Sie neureicher Nabob. Ich werde dafür sorgen, dass Sie zur Rechenschaft gezogen werden!«

David hatte den Ausbruch zunächst fassungslos hingenommen. Dann wurde ihm in Sekundenschnelle klar, dass Pakenham von Lord Kinsale aufgehetzt war. Er sagte nur klar und deutlich: »Sie vergessen sich, Mylord! Entschuldigen Sie mich. Ich habe mich um mein Schiff zu kümmern.« Er drehte sich um und verließ die Kajüte. Bevor er die Tür zuwarf, hörte er noch Pakenham: »Darum hätten Sie sich früher kümmern müssen.«

Als David das Deck erreichte, rannten Matrosen mit Äxten und Stangen herum, hackten hier weg, was das Flaggschiff und die Fregatte noch miteinander verband, ließen dort Fender herab, um weitere Stöße abzufedern. David sah, dass sich ein starkes Tau, das vom Bugspriet zum Vormast der Fregatte führte, am Achterdeck des Flaggschiffs rieb, griff es und hangelte sich ohne Rücksicht auf seine gute Uniform und die erstaunten Rufe auf dem Achterdeck zur Shannon hinüber. Er verlor seinen Dreispitz, konnte aber schließlich auf das Vordeck der Fregatte springen.

Auch dort trieb der Bootsmann Seeleute an, Ordnung zu schaffen, den vordersten Teil des Bugspriets abzuschlagen und Taue durchzuhacken. David griff sich eine Sprechtrompete und ließ die Segel an Haupt- und Besanmast so brassen, dass sie die Fregatte vom Flaggschiff wegdrückten. Dann ließ er zwei Kutter aussetzen, die ihren Bug herumholen sollten, damit die Shannon von den Untiefen klarkommen und Kurs auf die Werft nehmen konnte.

Erst als die Befehle ihre Wirkung zeigten, als sich beide Schiffe trennten, bemerkte er, dass der Master, dem er das Kommando übertragen hatte, überhaupt nicht in Erscheinung getreten war. Suchend blickte er sich um und sah ihn apathisch an der Reling des Achterdecks stehen. Er eilte zu ihm und fragte zornig: »Wollen Sie mir gefälligst erklären, Mr. Ryland, was hier vorgefallen ist und warum Sie das Schiff dem Admiral in den Arsch gesegelt haben?«

Der Master bewegte den Mund, schluckte, aber es dauerte seine Zeit, bis er endlich hervorbrachte: »Ich verstehe es nicht, Sir. Da erschien ein Bumboot direkt vor unserem Bug, dann hat Mr. Kudat dauernd dazwischengeredet und Befehle erteilt, und auf einmal krachte es.« Hilflos zuckte er mit den Schultern, bewegte die Lippen, brachte aber nichts heraus.

»Sie gehen jetzt auf Ihre Kammer, Mr. Ryland, und schreiben dort einen Bericht über die Vorgänge, der mir in einer Stunde vorliegen muss«, ordnete David an.

Als der Master gegangen war, wandte er sich an den Schiffsarzt, der immer noch auf dem Achterdeck stand. »Was ist hier vorgefallen, Mr. Cotton?« Er war mit dem Schiffsarzt im Indischen Ozean gesegelt und wusste, dass dieser ein kluger Beobachter war.

»Mr. Ryland war der Situation nicht gewachsen, Sir. Als kein Offizier mehr in der Nähe war, der eingreifen konnte, als alles von ihm allein abhing, war er wie gelähmt. Ein harmloses Hafenboot brachte ihn völlig aus der Fassung. Außerdem hat ihn Mr. Kudat in bester Absicht verwirrt. Er wies ihn auf Gefahren hin, die ihn irritierten, denn Sie wissen sicher, dass er zu Mr. Kudat ein besonderes Verhältnis hat.«

»Sprechen Sie nicht in Rätseln, Mr. Cotton«, sagte David ungeduldig. »Was für ein besonderes Verhältnis soll das sein?«

»Sir, Mr. Ryland blieb nicht verborgen, dass Mr. Kudat Ihr Vertrauen in besonderem Maße genoss. Er wusste, dass Mr. Kudat ein kompetenter Navigator ist. Als Mr. Kudat nun auch noch sein Examen als Master bestand, hat er in ihm wohl eine latente Bedrohung seiner eigenen ›Stellung‹ gesehen. Er war einfach eifersüchtig. Und dass Mr. Kudat nun vorschlug, was zu tun sei, hat ihm den letzten Nerv geraubt.«

Für David war das keine seemännische Erklärung der Vorgänge, aber er konnte sich nun vorstellen, was in Mr. Ryland vorgegangen sein musste. Er blickte sich um. Die Situation war zunächst einmal geklärt. Die Shannon kroch mit gekürzten Segeln am mittleren und hinteren Mast auf die Werft zu. »Bitten Sie Mr. Brown für einen Augenblick zu mir«, befahl er dem Midshipman der Wache.

Mr. Brown berichtete, was vorgefallen sei, konnte sich aber überhaupt nicht erklären, warum Mr. Ryland keine Kommandos gegeben, sondern sich über völlig richtige Meldungen aufgeregt habe. »Und als Mr. Kudat in höchster Gefahr eingriff und den Anker werfen wollte, widerrief er den Befehl und schickte ihn unter Deck, Sir.«

»Hat Mr. Kudat Befehle verweigert?«

»Aber nein, Sir. Er ist auch sofort unter Deck gegangen.«

David bat den Bootsmann, für einen kurzen Moment die Wache zu übernehmen, ging in seine Kajüte und ließ Mr. Kudat rufen. Als der eintrat und grüßte, fragte er ihn: »Wie konnte das geschehen, Hassan?«

»Es tut mir so leid, Tuan, dass ich es nicht verhindern konnte«, begann Hassan und benutzte die Anredeformel seiner Heimat, wie immer, wenn er mit dem Kapitän allein war. Er schilderte den Vorfall, konnte sich aber auch nicht erklären, warum Mr. Ryland die einfachen Kommandos nicht erteilt hatte.

David dachte sich, dass Mr. Cotton das Versagen schon richtig erklärt habe. Aber solche Hemmungen und seelische Sperren sah das Reglement bei Deckoffizieren nicht vor. Sie hatten ihre Obliegenheiten jederzeit sicher zu beherrschen. Wenn nicht, dann musste das Kriegsgericht die Schuldfrage klären. David seufzte und ordnete an: »Geben Sie Ihre Aussagen Mr. Ballaine zu Protokoll. Anschließend soll auch Mr. Browns Aussage protokolliert werden und die des dienstältesten Midshipmans, der an Deck war. Ich werde dem Hafenadmiral berichten, und Sie müssen an Bord bleiben, bis er eine Entscheidung fällt.«

An Deck hatte die Gig angelegt und den Ersten Leutnant zurückgebracht, der nicht fassen konnte, was geschehen war. Bevor David es ihm erklärte, befahl er Mr. Dimitrij, sich mit ihrer beider Gepäck nach Ryde rudern zu lassen, dann das Gut aufzusuchen und für ihn spät am Abend die Kutsche in Ryde warten zu lassen. »Sagen Sie der Baronesse, dass wir alle gesund sind, dass der Schaden nicht schwer ist, dass aber Hassan wahrscheinlich noch nicht von Bord kann.« Erst dann wandte sich David zu Mr. Neale, erklärte ihm den Vorfall und besprach, was nun zu tun sei.

Der Hafenadmiral schüttelte den Kopf. »Dass Sie mit einer Prise einlaufen, Mr. Winter, bin ich ja gewohnt, aber dass Sie einen Admiral achtern rammen, ist neu und originell. Ich werde die Berichte lesen und dann entscheiden, ob wir das Kriegsgericht einberufen müssen.«

»Sir, ich fürchte, Admiral Lord Pakenham wird das fordern.« Und David berichtete vom Wutausbruch des Lords.

Der Hafenadmiral sah sorgenvoll drein. »Sie werden nicht wissen, dass Lord Pakenham ein Cousin von Lord Kinsale und mit diesem eng befreundet ist. Sie werden auch nicht wissen, dass ein Verwaltungsbeamter der Ostindischen Handelskompanie, der in Indien mit undurchsichtigen Geschäften ein Riesenvermögen erwarb, ein echter Nabob also, Lord Pakenham die Frau abspenstig gemacht hat, was diesem blinden Hass gegen jeden einpflanzte, der in Indien Erfolg hatte.«

David wollte einwerfen, dass man einem Mann, der so emotional und unkontrolliert reagiere, doch kein Geschwader anvertrauen könne, aber der Hafenadmiral hob die Hand. »Ich habe Ihnen das gesagt, weil wir uns viele Jahre kennen und ich Sie für einen der hoffnungsvollsten unserer jungen Kapitäne halte, aber versuchen Sie nicht, mit mir über Flaggoffiziere zu diskutieren. Schildern Sie mir einfach kurz den Vorfall.«

Als David alles in wenigen Sätzen berichtet hatte, sagte der Hafenadmiral: »Ich sehe nicht, dass man Sie verantwortlich machen könnte. Bei Ihren Erfolgen haben Sie natürlich auch viele Neider, die gerne erleben würden, wie man Ihnen einen Strick dreht. Aber ein Kapitän muss sich darauf verlassen können, dass ein Master ein Schiff in bekanntem Ankergrund sicher vor Anker legt. Mr. Ryland bleibt auf dem Schiff unter Arrest. Sie und alle anderen können von Bord. Und nun lassen Sie uns von angenehmeren Dingen sprechen.«

Er berichtete David, dass Sir John Warren seine Leistungen in den höchsten Tönen gerühmt habe und dass diese Berichte nun nicht nur schon an die Admiralität unterwegs seien, sondern dass er auch die Zeitungsschreiber, denen er vertrauen könne, bereits unterrichtet habe. Wenn es Probleme geben sollte, sei es immer besser, wenn man die öffentliche Meinung auf seiner Seite habe.

Er hat sich mit den Jahren zu einem richtigen Politiker entwickelt, dachte David, wurde aber hellwach, als der Admiral sagte: »Nun entlasse ich Sie zu Ihrer lieben Frau, Mr. Winter, damit Sie sich über den Zuwachs freuen können.«

»Ich verstehe nicht, Sir. Welchen Zuwachs?«

Der Admiral schien einen Moment erstaunt und verwirrt, antwortete dann aber: »Nun, die Baronesse verbessert und erweitert Ihren Besitz, dass die Nachbarn schier die Maulsperre bekommen. Sie hat große Pläne mit der Landwirtschaft, aber das soll sie Ihnen selbst sagen. Und verraten Sie nicht, dass ein alter schwatzhafter Mann schon Andeutungen gemacht hat.«

Der Kutter lief am Abend den kleinen Hafen von Ryde an. Neben David saß auch Mr. Kudat im Kutter. »Dort vor dem Gasthof wartet die Kutsche, Sir«, meldete er. David hatte sie schon gesehen und dachte, nun seien es nur noch wenige Meilen Fahrt, und dann sei er bei Britta. Matrosen trugen Gepäck zur Kutsche. David sah mit Erstaunen, dass ein Bewaffneter den Kutscher begleitete. »Was ist los, Charly?«, fragte er den früheren Schiffsgefährten, der nun Kutscher auf Whitechurch Hill war, nachdem er in Indien eine Hand verloren hatte.

»Willkommen daheim, Sir«, antwortete Charly. »Steigen Sie nur ein. Man wird Ihnen alles erklären.« Und er hielt ihm die Tür auf.

Brittas Gesicht strahlte ihm aus dem Halbdunkel der Kutsche entgegen. »Hast du keine Sehnsucht nach deiner Geliebten, dass du sie warten lässt und noch lange Gespräche mit dem Kutscher führst?«, fragte sie lächelnd und streckte ihm die Arme entgegen.

Er sagte nur »Britta«, umarmte sie und suchte ihre Lippen für einen langen und leidenschaftlichen Kuss. Die Kutsche ruckte an und fuhr los. Beide sanken auf die Rückbank, aber ihr blieb nur Zeit zu sagen: »Ich habe mich so nach dir gesehnt, Liebster«, dann verschloss er ihr wieder die Lippen.

»Du solltest dir noch etwas aufheben, bis wir daheim sind«, wandte sie schließlich fast atemlos ein, und David lachte. »Sei ganz beruhigt, liebste Britta. Aber nun erkläre mir doch, warum wir mit einem Wachmann fahren.«

»Auch wir spüren die Folgen des Krieges. Die Regierung sammelt die frisch ausgehobenen Rekruten nicht mehr in Chatham, sondern auf unserer Insel, weil sie hier nicht so leicht desertieren können wie dort in der Nähe von London. Und du weißt ja, was für Gesindel rekrutiert wird. Sie fegen die Gefängnisse leer, und die Städte geben die Taugenichtse ab, die sie nicht in ihren Mauern haben wollen. Und hier desertieren sie auch, rauben und morden sogar und versuchen, auf das Festland zu entkommen. Wir haben an unserem Haus die Einzäunung verstärkt, lassen nachts die Hunde draußen, und ständig wachen ein Mann im Hof und einer im Haus mit Gewehren. Auch ich habe eine Pistole auf dem Nachttisch.«

David war fassungslos. »Und ich freute mich auf den Frieden der Heimat. Tun denn unsere Magistrate nichts?«

»Doch, David. Berittene Miliz patrouilliert Tag und Nacht, und sie haben Belohnungen auf jeden eingefangenen Deserteur ausgesetzt. Übrigens ist auch ein deutsches Söldnerregiment hier stationiert, aber das ist disziplinierter. Bei uns haben sie bisher nur einen Schuppen bei den Koppeln geplündert. Aber nun sag doch erst einmal, wie es dir geht und was beim Ankern passiert ist. Ich bin so froh, dass Hassan nun doch mit dir heimfahren konnte. Idina war schrecklich in Sorge um ihn.«

Aber David wollte erst von seiner Tochter hören, doch Britta wehrte ab. »Du sollst morgen selbst sehen, was sie schon alles kann. Und ihren ersten Geburtstag feiern wir noch einmal nach.« David zeigte lächelnd sein Einverständnis und erzählte von dem heutigen Unfall und von dem Desaster bei Quiberon.

»Wenn der Unfall dazu hilft, dass du ein wenig länger bleiben kannst, Liebster, dann soll er mir recht sein. Aber sieh, dort ist schon unser Haus!«

Kolja, der zu ihren Füßen gelegen hatte, wollte in das Gebell der anderen Hunde einstimmen, unter denen auch seine Nachkommen waren, aber David befahl ihm Ruhe und blickte aus dem Kutschenfenster. Dort liefen Diener mit Fackeln aus dem Eingang, unter ihnen Gregor, und dort schimmerten ihm die Kerzen aus dem Speisesaal entgegen. »Du wirst doch noch eine Kleinigkeit essen wollen, David?«, fragte Britta, fuhr aber sofort fort: »Doch erst muss ich dir noch etwas zeigen.«

Davids neugierige Rückfragen wehrte sie ab. Sie ließ ihm kaum Zeit, das Gesinde zu begrüßen, und führte ihn dann zu ihren Zimmern im Obergeschoss. »Leise, Christina schläft schon!« Gerührt beobachtete sie, wie David überwältigt vor dem Bettchen stand und das kleine Mädchen betrachtete, das dort so friedlich schlummerte. Ihre Brust hob und senkte sich, der kleine Mund prustete die Luft ab und an aus wie ein winziger Blasebalg. Die Fingerchen bewegten sich hin und wieder. »Sie träumt«, stellte David erstaunt fest. »Aber warum liegt sie nicht mehr in der schönen Wiege?«

»Das wirst du gleich verstehen, Liebster. Komm nur!« Britta nahm seine Hand und führte ihn ins Nebenzimmer, wo die Wiege stand. »Schau ihn dir nur an, deinen Sohn!«

David stand da und starrte Britta an. »Nun schau schon!«, sagte sie und hob den kleinen Seidenvorhang zur Seite. David beugte sich vor und sah eine verkleinerte Ausgabe seiner Tochter. Aber auf dem Kopf standen schon dunkle Haare in alle Richtungen wie bei allen Kindern der Winters. Dem Vater traten die Tränen in die Augen, und er umarmte stumm seine Frau. »Warum hast du mir nichts von der Schwangerschaft geschrieben, Britta?«

»Weil ich weiß, dass du dich immer um uns sorgst. Es ist doch viel schöner, wenn du uns beide gesund vor dir siehst. Dein Sohn wartet schon seit sechs Wochen auf seinen Vater. Wir haben ihn auch noch nicht getauft.«

Nun erst eroberte die Tatsache, dass er einen Sohn hatte, sein Bewusstsein, und er stützte sich auf Britta, weil ihn das Glück taumeln ließ. Sie hielt ihn und hob ihm ihren Mund entgegen. Er küsste sie zärtlich. »Was sagt Christina zu dem kleinen Kerl?«

»Baby süß, will mit spielen«, zitierte Britta ihre Tochter. »Und sie will ihm immer ihr Lamm in die Arme drücken, das ihr Mr. Grey aus Holz schnitzen ließ. Hast du ihr etwas zum Geburtstag mitgebracht? Sie fragte immer danach. Oder hast du den Geburtstag vergessen?«

David hatte versunken immer nur auf seinen Sohn gestarrt. Aber jetzt drehte er sich zu Britta um. »Ich werde doch den ersten Geburtstag meiner Tochter nicht vergessen. Ich habe eine kleine Wassermühle auf Jersey gekauft. Wenn ihr Rad sich dreht, ertönt eine Melodie.«

»Und das Wasser macht den Teppich nass«, warf Britta ein.

David fasste sie um: »Sei doch nicht immer so vernünftig und nüchtern. Lass ihr und mir den Spaß!« David streichelte noch das kleine Händchen des schlafenden Sohnes und ging dann mit Britta in ihr Speisezimmer.

Viel Zeit nahm sich David nicht für das Abendessen. Er hatte Britta schon immer über den Kerzenständer so verlangend angeschaut, dass sie innerlich schmunzeln musste. Als sie ihr Schlafzimmer betraten, fragte er erst ein wenig unsicher: »Darf ich dich schon wieder lieben?«

»Du darfst, und du musst es. Ich habe abgestillt und halte es vor Sehnsucht auch kaum noch aus. Aber du musst vorsichtig sein. So schnell hintereinander geht es mit den Kindern nicht weiter.«

Sie ist immer sehr offen und direkt, meine Britta, dachte David noch, als sie sich beide gegenseitig entkleideten. Und dann gaben sie sich ihrer Leidenschaft hin, kaum dass David noch an Brittas Mahnung dachte. Später dann streichelten und liebkosten sie sich, bis wieder die Lust übermächtig wurde und sie sich stöhnend vereinten.

David träumte, dass in seiner Koje eine Ratte über sein Gesicht lief. Verdammt, dachte er, wie kommt eine Ratte in meine Koje? Er fuhr mit der Hand über sein Gesicht, aber jemand hielt die Hand fest, er hörte Britta lachen und sagen: »Nicht so grob! Deine Tochter streichelt dich doch nur.«

David riss die Augen auf und sah in das ein wenig neugierige und ein wenig ängstliche Gesicht seiner Tochter. »Daddy, hastu ein Geschenk?«, plapperte sie.

David legte seine Hände um ihre Schultern und fragte: »Willst du den Daddy nicht erst einmal drücken und ihm einen Kuss geben?« Das kleine Gesicht beugte sich zu ihm, der kleine Mund berührte schmatzend seine Lippen, und dann drückte sich Christina an ihn. David konnte kaum atmen vor Glück und sah zu Britta, die sie beide lächelnd betrachtete.

»Und wo hastu Geschenk?«, fragte da eine kleine Stimme ganz nüchtern.

David prustete vor Lachen. »Sie ist wie du, Britta. Sie vergisst nicht, was sie will.« Und dann schlug er die Bettdecke zur Seite, zog sich den Morgenmantel über, nahm die kleine Wassermühle heraus, holte einen Napf mit Wasser und führte Christina die Mühle vor. Gebannt horchte seine Tochter auf die Melodie, und Britta stöhnte leise: »Mein Gott, es geht schon los mit der Überschwemmung.«

Es war schon spät am Vormittag, als David gefrühstückt hatte und sich davon losreißen konnte, seinen Sohn immer wieder auf den Arm zu nehmen und im Zimmer herumzutragen und seine Tochter durch kleine Späße zu jubelndem Kreischen zu verleiten. Britta bestand darauf, dass sie ihm das Gut zeigen müsse, und David merkte, wie sehr sie darauf brannte, dass er ihre Erfolge anerkannte.

»Wir brauchen doch keinen Bewacher«, sagte er zu Britta, als er neben Charly auf dem Kutschbock wieder einen Mann mit Gewehr sitzen sah.

»Ich habe es William und Julie in die Hand versprechen müssen, dass ich nicht ohne Wächter fahre«, sagte Britta. David sah Charly an und der sagte: »Wenn wir allein fahren, sollten Sie Ihre Pistole mitnehmen und Henrys Gewehr, Sir.«

»Also gut«, gab David nach. »Gregor! Hol mir meine Pistole und achte darauf, dass das Zündpulver trocken ist.« Gregor brachte ihm die Pistole und auch die Armmanschette mit den Wurfmessern. »Soll ich mitkommen, Gospodin?«, fragte er.

»Nun ist es aber gut«, brummte David und schnallte widerwillig die Armmanschette mit den Wurfmessern um. »Fahr endlich los, Charly!«

Britta legte ihre Hand auf seinen Arm. »Ihre Sorge ist berechtigt, Liebster. Aber nun lass uns an etwas anderes denken. Wie soll unser Sohn denn heißen?«

David zuckte mit den Schultern, blickte in die Landschaft und sagte schließlich: »Müssen wir ihm die Namen unserer Väter geben?«

Britta lachte. »Nein! Der Name meines Vaters ist so dänisch, da bricht sich ein Engländer die Zunge, und Karl für deinen Vater ist auch nicht so schön. Warum nennen wir ihn nicht nach deinen besten Freunden und nehmen sie gleich als Taufpaten?«

»William Charles?« David sagte es etwas zweifelnd.

»Ich würde die Reihenfolge ändern«, sagte Britta. »Charles William Winter hört sich doch gut an. Es sind gute Namen und gute Männer.«

David nickte. Ja, sein alter Gefährte, Schwager und Partner William war ein Mann, auf den man immer bauen konnte, und Konteradmiral Charles Haddington nicht weniger. »Und wann soll die Taufe sein?«, fragte er.

Britta antwortete: »Bei dir weiß man ja nie, ob nicht der nächste Tag ein Schreiben bringt, das dich abberuft. Aber glaubst du, dass sie dich bis Sonntag in Ruhe lassen, das ist in vier Tagen? Oder musst du für das Kriegsgericht in Portsmouth sein?«

»Ich muss zwischendurch zur Werft und zum Hafenadmiral, aber Sonntag müsste gehen. Wird dir das mit den Vorbereitungen aber nicht zu kurz?«

Britta schüttelte den Kopf. »Ich habe schon vorgeplant. Wir machen keine sehr große Feier. Die Barwells und ein paar Nachbarn, vielleicht den einen oder anderen deiner Offiziere. Das sollte reichen.«

David schmunzelte in sich hinein. Britta plante immer alles voraus. Aber tat er das nicht auch mit seinem Schiff?

Und dann konnte Britta ihm endlich das zeigen, was ihr am Herzen lag. »Warum fahren wir über Gemeindeland?«, hatte David gerade gefragt, als sie ihn stolz belehren konnte, das gehöre jetzt ihnen. David schaute sie verwundert an, aber Britta erklärte, dass die neuen Gesetze den Kauf von Gemeindeland erlaubten, falls man es bearbeiten wolle. Und mit der Fruchtwechselwirtschaft könne auch dieser Boden gute Erträge bringen. Der staunende David hörte nun einen Vortrag über den Board of Agriculture, jene Vereinigung von Idealisten, die mit der Propagierung richtiger Düngung, mit von Pferden gezogenen Radpflügen und Dreschmaschinen die Landwirtschaft effektiver machen wollten. Britta erzählte, dass sie auch die Viehhaltung verstärken und mit Fleisch und Getreide über Onkel Barwells Geschäft in die Belieferung von Handelsschiffen einsteigen wolle.

»Warum willst du dir das alles aufladen, Britta? Wir haben doch genug Geld, um gut und sorgenfrei zu leben.«

Britta schaute ihn enttäuscht an und atmete tief. »Und was soll ich deiner Meinung nach tun, wenn du viele Monate oder gar Jahre auf See bist? Soll ich mich nur immer vor Angst verzehren, dass dir etwas zustößt? Oder soll ich in der Nachbarschaft herumfahren und mir das dumme Geschwätz über die Dienstboten anhören, die das Kleid falsch gewaschen, die Suppe haben anbrennen lassen oder den schönen Teller von der Großmutter zerschlagen haben? Für dich ist es selbstverständlich, dass du die Bewährung auf See und im Kampf suchst. Aber deine Frau soll sich nicht bewähren dürfen!« Sie lehnte sich zurück und schaute von ihm weg.

David war überrascht. Ja, er wusste, dass Britta selbstständig dachte und handelte. Aber dass eine Frau so sehr Wert auf Bestätigung im Berufsleben legte, das kannte er nur von seiner Cousine Julie, aber sonst von keiner anderen. Er fasste Britta um die Schulter. »Du hast ja recht. Ich wusste nicht, dass dir so viel daran ...«

»Vorsicht!«, schrie Britta plötzlich. »Banditen da vorn rechts hinter dem Busch. Charly, fahr zu!«

David musste sich aufrichten, um sehen zu können, wohin Brittas Arm wies. Dann drückte ihn das Anrucken der Kutsche in den Sitz zurück, aber er griff nach dem Gewehr, spannte den Hahn und stemmte sich hoch, um besser sehen zu können. Vier oder fünf Gestalten sprangen vorn auf den Weg, mit Keulen und Säbeln bewaffnet. Einer hatte auch eine Muskete. »Duck dich runter, Britta!«, rief er und zielte auf die Kerle. Grober Schrot sei geladen, hatten sie ihm gesagt. Dann musste er noch etwas näher ran. Aber jetzt! Er zog den Abzug durch, warf die Muskete zur Seite und holte seine Pistole heraus.

Er sah noch, wie Hals und Gesicht des Mannes mit der Muskete, auf den er gezielt hatte, zu blutigen Rinnsalen aufplatzten und wie der Mann zu Boden sank. Dann zielte er auf den nächsten, der mit erhobenem Säbel auf die Kutsche zulief. Aber die Kutsche holperte, als er schoss, und seine Kugel verfehlte den Mann. David spannte den Hahn des zweiten Laufes, zielte und feuerte. Diesmal traf er den Mann in den Bauch, und der Kerl krümmte sich schreiend im Fallen.

Die Pferde wieherten laut und ängstlich. Ein Bandit hatte in ihre Kandare gegriffen und riss sie herum. David sah, wie Charly die Zügel mit seiner hölzernen Hand hielt und mit der anderen eine Pistole zog und dem Banditen eine Kugel in die Brust jagte. Drei, registrierte David automatisch, als Britta laut neben ihm schrie. Zwei Strolche stürzten auf ihre Kutschentür zu. Britta hatte das abgeschossene Gewehr gepackt und stieß seine Mündung dem vordersten Banditen mit aller Wucht ins Gesicht. David hatte ein Wurfmesser gezogen und schleuderte es dem zweiten in den Hals. Der griff mit beiden Händen an das Messer, zog es heraus und sank mit der sprudelnden Blutfontäne zusammen.

David sah sich hastig um, als ein Keulenschlag seinen linken Arm traf. Der letzte Bandit hatte sich auf den Tritt an seiner Seite geschwungen und nach ihm geschlagen. David schrie vor Schmerz auf. Dann griff er mit der rechten Hand an seinen linken Arm und zog ihn so weit zu sich, dass er ein Messer aus der Armmanschette ziehen und es dem Banditen in die Brust stoßen konnte. Das war der Letzte, dachte er noch und sank auf den Sitz zurück. Britta rief Charly zu: »Fahr schnell weiter zu den Dragonern!« Dann beugte sie sich zu David: »Bist du verletzt?«

»Ich glaube, es ist nur eine Prellung. Im ersten Augenblick tut es verdammt weh, aber ich denke nicht, dass der Knochen gebrochen ist. Wo fahren wir hin?«

Britta antwortete: »Zum nächsten Weiler. Dort haben die Dragoner der Miliz eine Wache. Sie können sich um die Toten und die Überlebenden kümmern. Wir fahren dann heim.« David lobte sie, weil sie sich so schnell wieder gefasst habe. Sie lächelte: »Wer will sich schon vor einem Helden blamieren«, und küsste ihn zärtlich.

In ihrem Gutshaus riefen sich alle Bediensteten aufgeregt die Nachricht vom Überfall zu und starrten aus Fenster und Türen, um zu sehen, wie Britta und David alles überstanden hatten. »Ich hätte mitfahren sollen, Gospodin«, rief Gregor, sein russischer Bootssteurer und langjähriger Vertrauter, ein Riese an Kraft und Gestalt.

»Du siehst doch, wir sind mit den Banditen auch ohne dich fertiggeworden. Die Baronesse und Charly sind großartige Kämpfer.«

Charly griente nur vom Kutschbock herunter, aber Britta ordnete resolut an: »Genug geredet! Jetzt wollen wir erst deinen Arm untersuchen.«

Der Arm war nicht gebrochen. Er wurde gekühlt. Wasser, Binden, essigsaure Tonerde wurden herangeschleppt, um die Schwellung zu lindern. Nach einer Weile reichte es David, und er sagte: »Wir legen den Arm jetzt in eine Binde, und dann will ich die Kinder sehen!« Olivia Handle, die sich einst als Matrose auf die Shannon geflüchtet hatte und nun ein rührend besorgtes Kindermädchen war, brachte Christina, die ihren Vater mit großen Augen anstarrte und den schlimmen Arm sehen wollte.

Nein, sie ließ sich nicht ablenken. David holte den Arm wieder aus der Binde, aber als sie mit ihren kleinen Händen zu grob anpackte, schob er ihre Hände zurück und sagte: »Das tut weh, Christina!«

»Weh. Oh!«, staunte sie und hielt den Kopf schief, dass David lachen musste. »Komm, Christina, nun führst du mich zu deinem Brüderchen.«

»Brüderchen nicht schlafen«, plapperte Christina, nahm seine ausgestreckte Hand und stapfte entschlossen auf die Tür zum Nebenzimmer zu. »Einen Augenblick, Sir«, sagte Olivia. »Ich sehe nach, ob die Amme fertig ist.«

Die Amme, eine kräftige junge Frau aus dem nächsten Dorf, die ihr eigenes Kind abgestillt hatte, war fertig und knickste, als David das Zimmer betrat. Sie hatte den kleinen Sohn auf dem Arm und klopfte leicht auf seinen Rücken, damit er aufstoßen sollte. Vernehmbar rülpste der kleine Bursche und lächelte.

»Macht man nicht!«, sagte Christina, aber ihr Vater beruhigte sie. »Er weiß es noch nicht, aber du wirst es ihm schon beibringen, wenn er etwas größer ist.« Und dann fühlte er das flaumweiche Haar auf dem Kopf seines Sohnes, die festen kleinen Bäckchen und die kleinen Finger. Er seufzte vor Glück.

»Daddy weh?«, fragte Christina.

»Nein, nein, nur glücklich«, sagte David und beugte sich hinunter, um seiner Tochter einen Kuss zu geben. Christina legte ihre Hände um seinen Hals. Britta kam, sah die Szene, lächelte glücklich und sagte dann: »Nun müssen wir aber etwas essen, sonst verhungert uns der Daddy noch.«

»Aber er ist doch dick«, warf Christina ein. Olivia wollte sie zurechtweisen, aber Britta lachte, und David sagte: »Kinder und Narren sagen die Wahrheit. Bei dem Essen auf dem Schiff und der wenigen Bewegung an Bord wächst mir immer ein Bäuchlein. Gehen wir nach dem Essen noch ein wenig spazieren, Britta?«

»Ich glaube, ich muss mich ein wenig ausruhen«, antwortete sie und sah auf einmal ganz blass aus.

David griff mit seinem rechten Arm um ihre Taille und fragte. »Ist dir nicht gut, Britta?«

»Bitte bring mich nach nebenan«, sagte sie ganz leise und sank im Nebenzimmer auf einem Stuhl zusammen und zitterte am ganzen Körper.

»Britta, was ist denn?«, rief David ängstlich, aber sie klammerte sich an ihn und antwortete erst nach einer Weile.

»David, wir haben Menschen getötet! Überleg doch nur: Wir haben Menschen das Leben genommen! Was tut ein Mörder denn anderes? Wie sollen wir uns vor Gott rechtfertigen?«

David drückte sie an sich und dachte, wie tapfer und beherrscht seine Frau doch war. Sie hatte sich neben ihm gewehrt, hatte sich die ganze Zeit nichts anmerken lassen, und nun erst, in der Sicherheit ihres Hauses, brach der Schock hervor. »Du hast dich und mich doch nur verteidigt. Die anderen wollten rauben und morden, Britta, nicht wir. Indem du dich verteidigtest, hast du unseren Kindern die Mutter erhalten. Du hast auch sie verteidigt. Das ist ganz etwas anderes als Mord, Britta. Komm, es ist ja vorbei, und du hast richtig und sehr tapfer gehandelt.«

Britta schluchzte noch leise und sah dann zu ihm auf: »Du hast ja recht. Aber ich bin wohl doch nicht so stark, wie du glaubst. Wenn mein Vater sich sehr aufgeregt hatte, trank er immer einen Kognak. Ob der mir auch hilft, David?«

David musste schmunzeln. »Wenn du nicht zur Säuferin wirst, will ich dir gern einen eingießen und mir auch.« Sie tranken sich zu. Britta atmete noch einige Male tief. Dann hatte sie den Schock überwunden. »Komm, Liebster, nun können wir noch ein paar Schritte gehen. Vielleicht begleitet uns Christina.«

Aber sie waren kaum durch die Tür getreten, als sie den Reiter erblickten, der auf den Hof kam. »Das ist der Hauptmann der Miliz«, sagte Britta. »Nun müssen wir doch noch etwas mit dem Spaziergang warten. Er ist übrigens im Zivilleben Rechtsanwalt, der Dragonerhauptmann.«

Der Reiter stieg ab und salutierte. »Baronesse, Herr Kapitän, ich beglückwünsche Sie, dass Sie sich so erfolgreich gegen die Raubmörder verteidigt haben. Das Gesindel wird immer frecher. Allein in der letzten Woche hatten wir drei Überfälle mit vier Toten.«

David bat den Hauptmann in die Bibliothek und goss ihm und sich ein Glas Rotwein ein. Britta winkte ab und fragte: »Haben Sie mehr über die Täter erfahren können, Herr Hauptmann?«

»Es sind Deserteure vom Bataillon der Leichten Infanterie, Herr Kapitän, für die die Regierung die neuen Baracken gebaut hat. Alles vorbestrafte Räuber, die aufgrund der Quota-Gesetze den Heeresdienst wählen konnten.«

David wandte ein: »Aber die Gesetze gelten doch nur für geringere Vergehen.«

Der Hauptmann lachte kurz auf. »Dem Wortlaut nach schon. Aber die Grafschaften wollen das Gesindel weghaben und ›frisieren‹ die Papiere. Sie ahnen nicht, Herr Kapitän, wie unkorrekt manche Ämter sind.«

David wollte sich auf dieses Thema nicht einlassen und fragte, ob denn nicht von den Tätern mindestens einer überlebt habe.

Der Hauptmann wirkte auf einmal sehr verlegen. »Mir wurden alle tot gemeldet, Herr Kapitän.« Als David erstaunt aufsah, fügte er hinzu: »Ich kann nicht garantieren, dass die Meldung stimmt. Seitdem die Frau eines Dragoners vor drei Wochen geschändet und ermordet wurde, sind meine Leute nicht mehr zu halten. Wenn sie einen Deserteur treffen, hat er entweder Widerstand geleistet oder wurde auf der Flucht getötet. Ich weiß nicht, wann ich sie wieder zur Vernunft bringe.«

Als der Hauptmann gegangen war, sah David Britta besorgt an. »Und ich dachte, meine Familie lebt in Frieden und Sicherheit. Aber hier ist ja auch Krieg. Nun muss ich mich um euch sorgen, wenn ich auf See bin.«

»Nein, David. Wir werden noch vorsichtiger sein. Ohne bewaffnete Wächter und Hunde geht von uns Frauen und Kindern niemand mehr vom Hof. Das verspreche ich dir. Heute habe ich gelernt, wie groß die Gefahr ist. Aber nun lass uns Christina rufen und noch ein paar Schritte in der schönen Sonne gehen.«

Christina wollte auch ein paar Schritte selbst gehen, aber dann ließ sie sich doch von ihrem Vater tragen und grapschte mit ihren Händchen immer wieder in sein Gesicht. »Du wolltest mir doch noch mehr von deinen geschäftlichen Aktivitäten erzählen, Britta«, erinnerte David seine Frau.

Die schaute ein wenig ernst zur Seite. »Jetzt bist du wohl kaum aufnahmefähig, wo unsere Tochter dich so beansprucht. Wir sollten es auf einen anderen Tag verschieben.«

Umso mehr erfuhr David am nächsten Tag in Portsmouth von den Geschäften seiner Frau. Nachdem er sein Schiff in der Werft besichtigt hatte, meldete er sich beim Hafenadmiral, der ihm herzlich zu seinem Sohn gratulierte. »Beinahe hätte ich ja alles verraten«, schmunzelte er noch, »aber da die Baronesse auch geschäftlich so viel Zuwachs hat, konnte ich mich noch herausreden.«

»Wir haben bisher nur über den Kauf des Gemeindelandes reden können, Sir, denn ein Überfall durch Deserteure hat uns sehr in Anspruch genommen.«

David musste kurz von dem Überfall berichten, und dann sprach der Hafenadmiral, der eine Schwäche für Britta hatte, von ihren geschäftlichen Aktivitäten. »Ich finde es ganz großartig, lieber Mr. Winter, wie sie Hilfsbereitschaft und Geschäftssinn verbindet. Ihre Herde mit Merinoschafen hat sich ja prächtig entwickelt, wie Sie vielleicht schon selbst gesehen haben. Nun wusste die Baronesse, dass wir schon wieder genug blutjunge Seemannswitwen in diesem Krieg haben, die sich und ihre Kinder nur durch Prostitution vor dem Hunger retten konnten. Da hat sie zwei und zwei zusammengezählt, die Frauen von der Straße geholt, ihnen Unterkunft und Essen gegeben, sie spinnen, stricken und nähen lassen und verkauft die Kleidung in einem Laden in der Stadt. Inzwischen trägt sich das Geschäft gut. Die Frauen verdienen etwas, sind stolz auf ihren Erfolg und lieben die Baronesse wie eine Heilige.«

David war gerührt. Aber der Hafenadmiral fuhr schon fort: »Ich würde ihr ja auch gern Regierungsaufträge für unsere Flotte zuteilen, aber wir müssen natürlich zuerst den Proviant unserer Bäckereien und Metzgereien vom Navy Board abnehmen. Dabei sind die Waren, die die Baronesse in ihrer Metzgerei und Bäckerei durch die Schiffsausstatterei, die sie von Ihrem Onkel übernommen hat, viel besser. Aber die Offiziersmessen und die Handelsschiffe sorgen schon für genug Absatz. Sie hat eine Art, die richtigen Leute auszuwählen und für die Arbeit zu begeistern, die ich manchem Werftkommissar wünschen würde. Doch nun muss ich Ihnen noch eine schlechtere Nachricht mitteilen, Mr. Winter. Lord Pakenham hat den Antrag auf Einberufung eines Kriegsgerichtes gegen Sie eingereicht. Er fährt schweres Geschütz auf, mit dem er aber nicht viel bewirken wird. Doch Vorsicht ist besser! Ich empfehle Ihnen dringend einen Offizier aus meinem Stab als Verteidiger. Er ist juristisch hervorragend geschult. Sie können ihn heute um zwei Uhr nachmittags in meinem Büro treffen.«

David hielt das eigentlich für überflüssig, aber er sagte zu, weil er die väterliche Fürsorge des Hafenadmirals, der ihm seit vielen Jahren zugetan war, nicht enttäuschen wollte. Dann verabschiedete er sich, um endlich die Barwells aufzusuchen.

Tante Sally wirkte immer noch gebrechlich, hatte sich aber etwas erholt und weinte Tränen der Freude an seiner Schulter. Onkel William stützte sich auf einen Stock, lächelte David an, klopfte ihm auf die Schulter und sagte: »Man liest ja wieder die tollsten Dinge über dich in der Gazette, mein lieber Junge.«

»Was denn jetzt?«, fragte David überrascht.

»Nun, die Gefangenenbefreiung bei Quiberon«, antwortete der Onkel.

»Mein Gott«, stotterte David entgeistert. »Davon habe ich ja Britta noch gar nichts erzählt. Erst der Sohn, am nächsten Tag der Überfall, da habe ich es ganz vergessen.«

Nun wollte die Tante genau wissen, wie es dem Sohn ginge, wie er ihn finde, während der Onkel erfahren wollte, was es mit dem Überfall auf sich habe. Während David berichtete, kam eine Enkeltochter ins Zimmer, und bald füllte ihr Geschrei »Onkel David ist da!«, das Treppenhaus.

Davids Cousine Julie kam gelaufen, umarmte David herzlich und küsste ihn auf die Wange, und auf der Treppe hörte man den Holzfuß ihres Mannes William tappen. Und dann trat er ins Zimmer, breitete beide Arme aus, um David zu umarmen. William, der David seit seinen ersten Seetagen Jahre hindurch auf allen Schiffen begleitet hatte, der sich mit Davids Hilfe zum Leutnant emporgearbeitet hatte, der in Indien im Kampf seinen Fuß verlor, als Davids erste Frau von den Piraten in den Tod getrieben wurde, der Davids Cousine Julie geheiratet hatte und nun eine aufstrebende und erfolgreiche Reederei führte.

Es war eine lange und feste Umarmung, und jeder stammelte freudig den Namen des anderen. »So herzlich hat mich dein Freund William lange nicht mehr umarmt«, scherzte Julie. »Hört endlich auf, und erzähl du mir, David, was du zu deinem Sohn sagst!«

»Wir werden ihn Charles William Winter nennen, und William bitten wir, Taufpate zu sein.«

William nickte. »Das sollte ihm Glück bringen. Charles Haddington und ich werden auch deinem Sohn stets treue Freunde sein.«

»Hör sie dir an, liebe Mutter«, sagte Julie, »und wer muss dann wieder dran erinnern, wenn das Patenkind Geburtstag hat oder ein Geschenk erhalten sollte?«

»Du bist immer noch so vorlaut, Julie«, lachte David und fasste sie um. »Die Kleinigkeiten überlassen wir euch, aber wenn es ernst wird, müssen wir doch ran.«

»Und jetzt müsst ihr alle zum Essen kommen«, entschied Tante Sally. »Oder denkt ihr, ich lass mir von der Köchin wieder die Ohren volljammern, dass der Braten verbrannt ist?«

Nach dem Essen saßen William und David zusammen, sprachen über die Reederei und Davids Anteil, und dann wollte David auch mehr über Brittas Anteil an der Firma des Onkels wissen.

William erzählte, dass sie an der Schiffsausstatterfirma des Onkels einen Anteil von einundfünfzig Prozent halte, weil der Onkel nur noch ein wenig helfen, aber nicht die volle Verantwortung tragen wolle. Außerdem habe er für den Kaufpreis seinem Sohn Henry einen Anteil an einer Werft gekauft. Mr. Ross, Davids früherer Zahlmeister, führe jetzt die Geschäfte mit den Finanzen für das Gut, und ein junger Mann, der seit Jahren in der Firma arbeite, leite den Verkauf in Portsmouth. »Britta gibt die Richtlinien und diskutiert mit ihnen die Schwierigkeiten, wenn sie uns alle zwei Wochen besucht. Es läuft prima, und sie und der Onkel machen gutes Geld.«

David schüttelte den Kopf. »Tante Sally hätte das nie gemacht. Sie war für ihre Kinder, ihren Mann und für mich da. Und da hatte sie genug zu tun.«

William sah ihn ernst an und räusperte sich. »Ich habe mich auch umstellen müssen, David. Und vergiss nicht, als ich Julie heiratete, war sie voll im Geschäft und hatte die Reederei, die ihr erster Mann heruntergewirtschaftet hatte, wieder zur Blüte geführt. Ich war der Neuling und habe gelernt, dass sie eine besondere Frau ist. Und genauso ist Britta. Sie sind intelligent und tatkräftig. Sie waren oder sind auf sich gestellt. Da suchen sie sich eine Aufgabe. Ihnen reicht es nicht, mit den anderen Gänsen und alten Schachteln über Mode und Dienstboten zu schnattern. Vielen Männern ist das unheimlich, und viele Frauen finden es unweiblich. Für mich ist es nur sinnvoll und vernünftig, und über mangelnde Weiblichkeit werden wir beide wohl bei unseren Frauen nicht zu klagen haben. Sollte Britta denn nur dasitzen und sich um dich sorgen, während du in fernen Welten Gefahren bestehst?«

David nickte und gab zu, dass William sicher recht habe. Er brauche nur etwas Zeit, sich daran zu gewöhnen. Dann verabschiedete er sich und ging zu dem Offizier, den ihm der Hafenadmiral als Verteidiger empfohlen hatte.

Die Tage vergingen wie im Fluge. David war abwechselnd in Portsmouth und in Whitechurch. Und in Portsmouth hatte er auf dem Schiff keinen Moment Ruhe, während er in seinem Haus jede Minute nutzte, um das Leben mit seiner Frau, seiner Tochter und seinem Sohn zu teilen. Und dann war Sonntag, und sein Sohn wurde getauft.

Sie feierten in ihrem Haus, und die Barwells waren schon am Samstag eingetroffen. Charles Haddington war auf See, aber der Hafenadmiral würde ihn vertreten. Vier Familien aus der Nachbarschaft waren geladen, Davids Vetter Henry mit seiner Frau war angereist, und von der Shannon hatte David Mr. Neale, den Ersten Leutnant, und Mr. Cotton, Schiffsarzt und langjähriger Gefährte, geladen.

David hatte sich Britta fügen müssen, die darauf bestanden hatte, dass er sich in Uniform mit allen Orden zeige. »Sie steht dir so gut, Liebster, und ich will mit dir prahlen.« Ich kann mehr mit ihr prahlen, dachte er, denn Britta sah wunderschön aus. Und seine kleine Tochter war auch festlich herausgeputzt.

Christina war sogar relativ ruhig, als der Pfarrer predigte, aber als er die Stirn ihres Bruders mit Taufwasser benetzte und der jämmerlich schrie, rief sie laut: »Nicht wehtun, du!« David beruhigte sie, und William schaukelte sein Patenkind ein wenig, bis es sich beruhigt hatte.