Eine Brigg zwischen Krieg und Frieden - Adam Frank - E-Book

Eine Brigg zwischen Krieg und Frieden E-Book

Adam Frank

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Beschreibung

In England rechnet man jederzeit mit einer Invasion. Napoleon Bonaparte lässt 1803/04 seine Armee bei Boulogne aufmarschieren und bedroht David Winters Heimat. Als Kommodore einer Flottille ist David wieder mitten im Geschehen. Doch sein alter Feind Henry Dundas nimmt Rache - und löst David von seinem Posten ab. Und der Krieg geht weiter ...

David Winters Abenteuer sind ein Spiegelbild seiner Zeit, des rauen Lebens in der Royal Navy, aber auch romantischer Gefühle, des heldenhaften Mutes und der Kameradschaft auf See. Vom Eintritt in die Royal Navy über die Zeit des amerikanischen Unabhängigkeitskrieges bis in die napoleonischen Kriege verfolgen wir David Winters Aufstieg vom Seekadetten bis zum Admiral.

Aufregende Abenteuer auf See, eingebettet in die faszinierende Geschichte der Marine.

Für alle Fans von C.S. Forester, Alexander Kent, Patrick O’Brian und Richard Woodman. Weitere Bücher von Frank Adam bei beTHRILLED: die Sven-Larsson-Reihe.

eBooks von beTHRILLED - spannungsgeladene Unterhaltung.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Vorwort

Hinweise für den historisch interessierten Leser

Personenverzeichnis

Verzeichnis der Abbildungen

Der Abschied

Der Überfall

Duell bei Nacht

Die Brigg und der Friede

Kurs Südwest

Sonne und Schatten im Mittelmeer

Flucht nach Malta

Der neue Krieg

In Erwartung der Invasion

Glossar

Über den Autor

Alle Titel des Autors bei beTHRILLED

Impressum

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Über dieses Buch

In England rechnet man jederzeit mit einer Invasion. Napoleon Bonaparte lässt 1803/04 seine Armee bei Boulogne aufmarschieren und bedroht David Winters Heimat. Als Kommodore einer Flottille ist David wieder mitten im Geschehen. Doch sein alter Feind Henry Dundas nimmt Rache – und löst David von seinem Posten ab. Und der Krieg geht weiter ...

Frank Adam

Eine Brigg zwischen Krieg und Frieden

Historischer Abenteuerroman

Vorwort

Die Jahre 1801 bis 1804, die den Rahmen für den neunten Roman über die Erlebnisse David Winters bilden, stürzten die britische Bevölkerung und die Flotte in ein Wechselbad.

Zu Beginn dieser Jahre stand England immer mächtiger werdenden Feinden auf dem Kontinent gegenüber. Der Krieg wurde mit allen Mitteln geführt, auch mit Agenten und Mord, wie es David Winter bei seinem Auftrag, die Gelder für die Truppen und die Verbündeten nach Gibraltar und Malta zu geleiten, erlebt. Die bedeutende Rolle des Linienschiffes Superb in der Schlacht bei Algeciras entspricht dem, was uns überliefert ist.

Dann verdichteten sich die Gerüchte über Friedensverhandlungen zum Vertrag von Amiens. Die Bevölkerung sehnte sich nach Frieden und schöpfte Hoffnung. Der Krieg hatte England finanziell ausgezehrt. Die Flotte wurde drastisch abgerüstet. Aber bald wurde allen Informierten klar, dass dieser Friede nicht halten konnte.

Dennoch lassen die Berichte der Zeitzeugen erkennen, wie viele Adlige und reiche Bürger zu ihren beliebten und für das Ansehen wichtigen Bildungsreisen nach Frankreich und Italien aufbrachen. Fast alle reisten mit Pferd und Kutsche. David Winter und seine Familie segelten mit einer Brigg, in einer Familie, die der Kriegs- und Handelsflotte so eng verbunden war, eine vorteilhafte Alternative.

Aber David Winters Feinde hatten ihn nicht vergessen, weder der französische Geheimdienst noch die nach Blutrache dürstenden Albaner. So wird die Reise zu Naturschönheiten und Kulturdenkmälern immer wieder gefährdet. Übergriffe des französischen Geheimdienstes und die Piraterie der Nordafrikaner sind aus dieser Zeit vielfach belegt.

Aber David Winter und seine Familie entkommen und kehren heim. Es ist eine Heimkehr am Vorabend des neuen Krieges, in dem ein gestärkter Napoleon Bonaparte England mit einer Invasion bedroht.

Die geschilderten Abwehrmaßnahmen an den britischen Küsten und die Kämpfe der Flotte an der Kanalküste entsprechen dem, was aus Tagebüchern und Darstellungen dieser Zeit vielfach belegt ist. Auch die Erfindungen des Robert Fulton sind Geschichte.

Ich hoffe, dass ich dem Leser Unterhaltung, Spannung und Bereicherung bieten kann, wenn ich ihn mit David Winter diese ereignisreichen Jahre erleben lasse.

Frank Adam

Hinweise für den historisch interessierten Leser

Zur Information über Schiffe, Waffen und Besatzungen der britischen Flotte verweise ich auf mein Buch mit zahlreichen Abbildungen und Literaturangaben:

Adam, F.: Herrscherin der Meere. Die britische Flotte zur Zeit Nelsons. Hamburg: Koehler 1998.

Für die Kämpfe zur See vor und nach dem Frieden von Amiens sind immer noch lesenswert:

Clowes, Wm. Laird: The Royal Navy, a history from the earliest time to the present. Vol. IV and V: London: Sampson Low 1899.

James, W.: The Naval History of Great Britain, Vol. III. Neuauflage London: Bentley 1886.

Das wichtigste Werk über alle Aspekte der Abwehr einer möglichen Invasion ist:

Glover, Richard: Britain at Bay. Defence against Bonaparte 1803 – 1814. London: Allen and Unwin 1973.

Über die aktuellen Kämpfe an der Kanalküste 1803 und 1804 informiert anschaulich und zuverlässig:

Gardiner, Robert (Ed.): The Campaign of Trafalgar 1803 – 1805. London: Chatham 1997.

Über die Windbüchsen kann man sich orientieren in:

Hummelberger, W. und Scharer, L.: Die österreichische Militär-Repetierwindbüchse und ihr Erfinder Bartholomäus Girandoni. In: Waffen- und Kostümkunde, München: Deutscher Kunstverlag, Teil I: Jahrgang 1964, S. 81 – 95, Teil D: Jahrgang 1965, S. 24 – 53.

Es gibt viele Biografien über Robert Fulton und seine Erfindungen. Der Folgenden entnahm ich den Hinweis, dass er und Viscount Melville am 2. 10. 1804 an Bord von Keiths Flaggschiff waren:

Dickinson, Harry W.: Robert Fulton. Engineer and Artist. His Life and Works. London: John Lane 1913.

Hinweis: Große Entfernungsangaben auf See erfolgen in Meilen (1.852 m) und Knoten (Seemeilen pro Stunde). Diese Angaben wurden beibehalten.

Kürzere Entfernungsangaben erfolgten in der Flotte in ›Kabellänge‹ (185,3 m), ›Faden‹ (1,853 m), ›Fuß‹ (30,48 cm), seltener auch in ›yard‹ (91,44 cm). Zur Vereinfachung für den Leser habe ich immer in Meter umgerechnet.

Über die Geschichte der Kriegsraketen kann man sich jetzt in deutscher Sprache genau und umfassend informieren:

Fricke, Hans-D.; Geschichte der Kriegsraketen und der Raketenartillerie im 19. Jahrhundert. Bonn: Bernard & Graefe 2001.

Personenverzeichnis

Linienschiff Superb(Januar bis August 1801)

Kapitän

David Winter

1. Leutnant

Jeffry Gardiner

2. Leutnant

Ludlow Shield

3. Leutnant

James Miller

4. Leutnant

Geoffry Hall

Hauptmann der Seesoldaten

Roger Ekins

1. Leutnant der Seesoldaten

George Thomson

2. Leutnant der Seesoldaten Master

John Campbell

Schiffsarzt

Robert Lambert

Bootsmann

Martin Steer

Zahlmeister

John Pall

Stückmeister

Josuah Peck

Sekretär

Brian Kent

Bootssteuerer der Kapitänsgig

George Roberts

Kapitänskoch

Gregor Dimitrij

Diener des Kapitäns

Peter Kemp

Midshipmen

Edward Crown

Gilbert Osgood

Henry Heskill

James Dixon

Edward Grant

Bryan Mahan

Paul Ormond

Frederick Ryan

Dudley Elton

Josuah Corbett

Robert Lee

Edward Stackpole

Brigg Britta(März bis November 1802)

Kapitän

David Winter

1. Maat

James Dixon

2. Maat

Edward Grant

Bootsmann

Gregor Dimitrij

Steuermannsmaat

Alberto Rosso

Feuerwerksmaat

Hugh Furler

Schiffsarzt

Martin Steer

Sekretär

Philemon Husker

Fregatte Glory(März 1803 bis Oktober 1804) Die Daten gelten auch für die folgenden Schiffe

Kommodore

David Winter

Flaggkapitän

Paul O’Byrne

1. Leutnant

Robert Stackpole

2. Leutnant

John Mallow

3. Leutnant

Christian Borg

Hauptmann der Seesoldaten

Roger Ekins

Master

William Barten

Schiffsarzt

James Cotton

Sekretär des Kommodore

George Roberts

Kanonensloop Bulldog

Commander

Jeffry Gardiner

Leutnant

Charles Warner

Kanonensloop Calypso

Commander

Ludlow Shield

Leutnant

Henry Heskill

Kanonenbrigg Britta

Leutnant und Kommandant

James Dixon

Midshipman

Paul Ormond

Kutter Falcon (Nach Versenkung ersetzt durch die Beutesloop Adeline)

Leutnant und Kommandant

Albert Roos

Mörserschiff Donar

Leutnant und Kommandant

Ernest Henderson

Mörserschiff Vulcan

Leutnant und Kommandant

Edward Grant

Mörserschiff Alarm

Leutnant und Kommandant

George Black

Mörserschiff Dragon

Diensttuender Leutnant und Kommandant

Percival Kent

(Ab November 1803 Leutnant)

Verzeichnis der Abbildungen

Übersichtskarte Mittelmeer

Der Englische Kanal

Neapel

Malta

Die Straße von Dover

Der Abschied

Januar bis März 1801

Es krachte laut, als die Holzkugel auf den Boden fiel. Die Menschen in der Kirche zuckten zusammen und blickten sich um. Charles William, David Winters ältester Sohn, griff mit der Hand zum Mund und schaute betreten seinen Vater an. Der sah am Handgriff des Kirchenstuhls den hölzernen Stift leer in die Luft ragen und konnte sich sofort denken, dass die Kugel, die den Griff zierte, in der Eile nicht richtig verleimt worden war. Sein Sohn hatte daran herumgespielt und die Kugel war heruntergefallen.

David verbiss sich ein Schmunzeln, sah seinen Sohn ernst an und legte den Finger auf den Mund. Der Pfarrer hatte den unerwarteten Zwischenfall sofort benutzt und die Gemeinde drängend befragt: »Wenn ihr schon bei diesem kleinen Poltern erschreckt, was werdet ihr tun, wenn der Tod an eure Tür klopft und Gott euch vor seinen Richterthron lädt? Werdet ihr heulen und schreien oder könnt ihr die Hände falten und euch der Gnade eures Herrn anvertrauen?«

Britta, Davids Frau, hatte ein Schmunzeln um die Lippen, als sie den Kopf wandte und Davids Blicke suchte. Aber der hatte gerade seinen Arm auf Charles’ Hand gelegt, mit den Augen auf die Holzkugel gedeutet und leicht genickt. Charles stand leise auf und holte die Kugel, die im Gang liegen geblieben war, und steckte sie wieder auf den Stift. Jetzt erst schaute David zu seiner Frau und zwinkerte leicht mit einem Auge. Neben ihr saß Christina Margareta, seine jetzt sechseinhalbjährige Tochter, und blickte streng drein. Sie würde ihren um ein Jahr jüngeren Bruder nach dem Gottesdienst zurechtweisen, das konnte sich David schon denken, so gerne sie die Ältere herauskehrte.

Die Gemeinde konzentrierte sich wieder auf die Predigt, und der stämmige Mann, der mit seiner Familie neben den Winters saß, ließ seine Blicke wieder in der Kirche wandern. Es war eine schöne Dorfkirche, die heute eingeweiht wurde. Man sah ihr an, dass die Gemeinde Beziehung zur See hatte. Nicht nur, dass die Kanzel auf einem mächtigen Maststumpf stand, auch das Taufbecken erinnerte ihn an das Kompasshaus eines Schiffes, und die Geländer sahen aus wie die Reling eines Achterdecks. Die Kirche war für die Stiftung für invalide Seeleute, ihre Witwen und Waisen errichtet worden. David hatte die Stiftung gegründet, als er damals in der Karibik so reiche Beute gemacht hatte, und sie war unter der Führung eines klugen Kuratoriums herrlich gewachsen.

Die Gemeinde erhob sich, der Geistliche betete mit ihr und sprach den Schlusssegen. Dann schritt er voran zum Ausgang, um die Gemeinde zu verabschieden. David als Patronatsherr verließ mit seiner Familie die Kirche zuerst. Er drückte dem Pfarrer die Hand und sagte: »Es ist immer ein Gewinn und eine Erbauung, Ihnen zuzuhören, Reverend Pater.«

»Danke, Sir David. Der Krach während der Predigt erinnerte mich an den Einschlag von Kanonenkugeln, wenn ich im Gefecht im Lazarett half.«

»Wollen Sie nicht doch zurück auf See, Reverend?«

»Nein, Sir David. Ich bin glücklich hier, habe mich mit Dr. Lenthall angefreundet und Mr. Ballaine spricht mit mir häufig über die neue Schule. Wenn ich dort noch unterrichte, bin ich mehr als ausgelastet.«

David trat etwas zurück, um seine Frau vorzulassen, und sagte noch: »Meine Frau berichtet mir oft, wie sehr sie Ihre Arbeit schätzt.«

Reverend Pater, der David auf der Thunderer als Schiffspfarrer in die Adria begleitet hatte, verbeugte sich. »Es ist eine Freude, mit Lady Britta zusammenzuarbeiten.«

Sie drückte ihm die Hand, und bevor Christina ihren Bruder wegen der Holzkugel rüffeln konnte, traten der stämmige Mann mit seiner Frau und seinen Kindern dazu. »Mit dem Reverend hast du einen guten Griff getan, David«, sagte der Mann, der etwas humpelte.

»Ja, William, das ist einer der Vorteile, die mit der neuen Patronatsherrschaft verbunden sind. Ich konnte dem Mann, den ich auf See erprobt hatte, hier eine Stelle anbieten. Und er ist nicht nur ein guter Prediger. Du wirst nachher seine Chorarbeit kennenlernen und wie er sich um das Wohlergehen der Invaliden, der Witwen und Waisen kümmert, ist lobenswert. Britta sagt, dass die Leute glücklicher sind, seitdem er hier ist.«

Williams Frau Julie war Davids Cousine, mit der er in Portsmouth einen Teil seiner Kindheit verlebt hatte, nachdem seine Eltern tödlich verunglückt waren. William stammte aus Friesland und war Matrose auf Davids erstem Schiff gewesen. Er hatte sich bis zum Leutnant emporgedient, in Indien seinen linken Fuß verloren und dann Julie geheiratet, deren Mann Selbstmord begangen hatte, nachdem er die Reederei von Davids Onkel heruntergewirtschaftet hatte. William hatte sie mit Julie zu neuer Blüte geführt. Er war Davids intimster Freund, wie auch Julie und Britta enge Freundinnen waren. Beide Frauen waren klug, selbstständig und geschäftstüchtig und zeigten es, eine Seltenheit in dieser Zeit.

Julie achtete darauf, dass sich die Kinder artig vom Reverend verabschiedeten, ihr fast elfjähriger Sohn, ihre neunjährige Tochter und Davids ältere Kinder. Den Jüngsten der Winters brachte das Kindermädchen gerade zu ihnen, und der kleine Edward Martin mit seinen sechzehn Monaten streckte die Ärmchen der Mutter entgegen, die ihn dem Kindermädchen abnahm.

»Wär nicht Zeit für ein weiteres Kind, Lady Britta?«, fragte eine Frau, die mit ihrem Mann hinzutrat.

»Um Gottes willen, Mrs. Haddinstone. Mir wachsen die drei schon über den Kopf bei all den Dingen, um die ich mich noch kümmern muss.«

»Sie laden sich zu viel auf, Lady Britta. Jetzt haben Sie noch das Gut der Livings gekauft. Irgendwann hat auch Ihre Fähigkeit, vor der ich sehr viel Respekt habe, wie Sie wissen, ihre Grenzen.«

»Sie haben ja recht, Mr. Haddinstone«, antwortete Davids Frau. »Aber Sie wissen, es war eine einmalige Gelegenheit, und ich konnte Frau Living und ihre beiden Töchter davor bewahren, aus dem Haus vertrieben zu werden. Aber kommen Sie, jetzt fahren wir erst zum Lunch zu uns. Dort können wir weiterplaudern.«

Die Winters stiegen mit den Hansens in eine Kutsche, ihre Kinder mit dem Kindermädchen in die nächste, und die Haddinstones folgten mit ihrer eigenen Kutsche.

In der Kutsche wandte sich Julie Hansen an David. »Ich habe die Haddinstones ja schon einmal bei euch gesehen und finde sie sehr nett. Aber wohlhabend sind sie wohl nicht. Sie haben ja auch ihre Ackergäule vor die Kutsche gespannt.«

»Ja, sie haben nicht viel Land, und wenn die Preise für Weizen im Krieg nicht so gestiegen wären, kämen sie wohl in Schwierigkeiten. Aber es sind fleißige, ehrliche und sehr hilfsbereite Menschen, leider kinderlos.«

William Hansen unterhielt sich inzwischen mit Britta. Es ging um das kleine Gut der Livings, das die Winters hinzugekauft hatten. Herr Living war tödlich verunglückt, als er Baumfällarbeiten beaufsichtigte. Ein Baum fiel anders als erwartet und erschlug den Gutsherren. Da das Gut rechtlich ein »entail« war und nur an männliche Verwandte vererbt werden durfte, waren Frau Living und ihre Töchter von der Erbfolge ausgeschlossen.

»Als Erbe erschien ein Neffe aus London, ein verkommener Lebemann«, berichtete David. »Er hatte nur Interesse, das Gut so schnell wie möglich loszuschlagen. Wir waren zur Stelle, haben ihm viertausend Pfund auf die Hand geboten, und er hat eingewilligt, obwohl er mit einigem Abwarten auch siebentausend hätte herausholen können, so wie Grundbesitz im Wert gestiegen ist. Wir können das Land gut für Viehzucht nutzen und es hat das Mühlrecht. Wir werden die Mühle modernisieren und für uns und die Umgebung mahlen. Und Frau Living kann mit ihren beiden Töchtern in ihrem Haus bleiben. Und stell dir vor, Frau Living scheint Reverend Pater außerordentlich gut zu gefallen. Pass auf, nach dem Trauerjahr wird ein Trauzeuge gebraucht.«

»Aber David, du beschäftigst dich ja schon mit Kuppelei wie unsere Frauen.«

»Das ist doch mal eine Abwechslung für einen Flottenkapitän«, lachte David.

Inzwischen waren sie auf Whitechurch Hill angekommen, dem Besitz der Winters. Sie warteten auf die Haddinstones und gingen dann gemeinsam in das Haus. »Die Damen wissen, wo sie sich frisch machen können, und ihr Kinder lauft nach oben und wascht euch die Hände. Daddy kontrolliert nachher.« Britta lachte dabei, und die Kinder stoben jubelnd die Treppe hinauf.

»Bei ihnen geht es immer so fröhlich und natürlich zu«, sagte Mr. Haddinstone zu Britta. »Und Sie hätten doch wahrlich mehr Grund, die Vornehmen und Reichen herauszukehren, als mancher hier im Lande.«

»Wir sind selbst in sehr natürlicher Umgebung aufgewachsen, Mr. Haddinstone. Mein Mann ist Hannoveraner und ich bin Dänin, wie Sie wissen. Da lebt man auf dem Land recht ungezwungen und natürlich. Und uns macht es so Spaß. Aber kommen Sie. Heute gibt es Rehbraten, und ich wette, die Köchin hat vorher und nachher noch eine Reihe von Köstlichkeiten vorbereitet.«

Es war ein leckeres Mahl und alle plauderten lebhaft miteinander. Die Kinder saßen an ihrem eigenen Tisch im selben Zimmer, und das Kindermädchen und mitunter ein strenger Blick von Lady Britta mussten dafür sorgen, dass sie die Unterhaltung der Erwachsenen nicht störten.

»Ich habe gerade die neue Novelle von Jane Austen gelesen und war wieder ganz begeistert. Sie schildert die ländliche Atmosphäre so treffend, und die Charaktere sind so gut beschrieben, aber Mr. Haddinstone ist gar nicht meiner Meinung«, erzählte Mrs. Haddinstone. Die Haddinstones redeten sich als Eheleute noch in der traditionellen Form mit Sie und Nachnamen an, während die Winters und Hansens die seit der Französischen Revolution immer mehr in Mode kommende Form des Duzens und die Verwendung des Vornamens bevorzugten.

»Nein«, bestätigte ihr Mann. »Alles dreht sich nur darum, wie man Töchter unter die Haube kriegt, mit einem möglichst reichen Mann, versteht sich. Mit keinem Wort ist die Rede davon, was uns wirklich bewegt, ob das Korn auf den Feldern fault, ob die Kuh nicht zu früh kalbt und dass wir Krieg haben und manchmal die feindliche Flotte bedrohlich vor unseren Küsten auftaucht, davon liest man nichts. Die Damen von Madame Austen leben in einem Wolkenkuckucksheim und drehen sich mit ihren erfundenen Problemen dauernd im Kreise.«

Die anderen lachten, aber Mrs. Haddinstone schimpfte mit gespieltem Ärger: »Sie sind ein Banause, Mr. Haddinstone. Eine Dichterin ist doch keine Zeitungsschreiberin, die uns über die täglichen Ereignisse informieren muss. Und die gute Verheiratung von Töchtern ist für viele Familien ein wichtiges Problem, wo viele Männer im Krieg bleiben.«

»Nun, die Sorge wird uns noch ein Weilchen erspart bleiben, nicht wahr, Britta?«, warf Julie ein.

»Sie werden überhaupt keine Sorgen haben, Mrs. Hansen und Lady Britta. Ihre Töchter sind sehr hübsch, und bei der Mitgift hätte auch eine hässliche Tochter keine Probleme«, korrigierte Mrs. Haddinstone.

William wandte sich an David. »Dann kommt die Zeit, wo wir auf Mitgiftjäger aufpassen müssen. Aber du bist ja meist auf See und was Britta nicht kann, muss dann Onkel William richten.«

»Du wirst sie schon verjagen, William«, sagte David. Aber schon kam der nächste Gang und die Gespräche pausierten.

William Hansen wischte sich mit der Serviette den Mund ab, atmete tief ein und aus und sagte zu David: »Wir erhalten zu wohlschmeckendes Essen, David. Ich sehe bei dir auch schon einen stärkeren Bauch als bei deiner Rückkehr aus Malta.«

»Dann schlage ich vor«, antwortete dieser, »dass wir zu Fuß zur Stiftung zurückgehen. Es ist ja nur ein Kilometer, und dieser Februarsonntag ist außergewöhnlich warm und trocken, selbst für unsere Insel Wight.«

»Nein, das geht nicht«, wandte Britta ein. »Dafür haben wir Frauen nicht das rechte Schuhwerk an, und die langen Unterröcke werden auch schmutzig, wenn wir sie nicht dauernd raffen. Ihr Männer könnt ja mit den älteren Kindern zu Fuß gehen, und wir Frauen fahren mit den Kleinen in der Kutsche.«

So geschah es denn auch, wobei Christina protestierte, dass ihr jüngerer Bruder Charles schon zu den älteren Kindern zählen solle, aber David entschied zu seinen Gunsten. Die Kinder hüpften den Weg voraus, und die drei Männer folgten, in Gespräche vertieft.

Hinter ihnen ging noch der riesige Gregor, der David immer begleitete und ihm unwandelbar treu ergeben war, seit ihn David in der Nähe von St. Petersburg aus den Händen mörderischer Gutsherren befreit hatte.

Gregors Freund Alberto Rosso, der seit Juli 1799 bei ihnen war, würde neben dem Kutscher sitzen und die Damen beschützen. Jeder von ihnen trug eine Pistole bei sich. Man konnte nie wissen.

In der Stiftung betrat die kleine Gesellschaft den ausgeräumten Esssaal und wurde vom Reverend und vom Verwalter der Stiftung begrüßt. Der Verwalter war Leutnant der Flotte gewesen, aber schon ewig nicht zur See gefahren, sondern hatte im Büro des Hafenadmirals die Verwaltung organisiert. Er war fleißig, energisch und tüchtig, aber als der Hafenadmiral, ein langjähriger Förderer Davids, in den Ruhestand trat und der Nachfolger seinen Stab mitbrachte, nahm Mr. Holmes gern das Angebot der Winters an, die Stiftung zu verwalten. Er war nicht mehr jung, etwa um fünfzig, aber er war unermüdlich und konnte sich auch bei den invaliden Seeleuten durchsetzen. Seine Frau leitete die Nähstube, und so hatten beide ihr gutes Auskommen.

Zuerst ließ der Reverend den Kinderchor singen, und hier wirkte auch Christina mit. Etwa fünfunddreißig Mädchen und Jungen, viele Waisen, standen dort in ihrer kleidsamen Stiftungstracht und trugen ihre Lieder vor. Ein Junge und ein Mädchen begeisterten mit ihren Soli Julie besonders. »Was sind das für Talente, Britta«, flüsterte sie. »Die brauchen eine Ausbildung und könnten auch bei Abenden in Portsmouth auftreten.«

»Unsere Gouvernante gibt ihnen schon Klavierunterricht, und wenn Mr. Ballaine seine Schule mit Internat eröffnet, wird auch für einen Musiklehrer gesorgt sein«, antwortete Britta leise. Aber sie hatte den Vorschlag von Auftritten in Portsmouth nicht überhört und dachte nach, wie sie das mit Spenden zugunsten der Stiftung vereinbaren könne.

Und dann trat der Erwachsenenchor auf. Etwa zwanzig Männer und Frauen bildeten ihn. Einige der Männer mussten sitzen, weil sie mit ihren Beinprothesen nicht so lange stehen konnten. Sie sangen Volkslieder, Kirchenlieder und dann auch die Favoriten der Seeleute: ›Britannia rule the waves‹ und ›Hearts of oak‹. Danach folgte noch ein geistliches Lied. David, der ziemlich unmusikalisch war, erkannte dennoch die Melodie. Die Gefangenen auf den Transportschiffen im Hafen von Neapel hatten das Lied 1799 gesungen, als der Pöbel ihre Führer mit Nelsons Billigung von den Schiffen holte und am Ufer hängte.

David blickte unauffällig zu Alfredo Rosso hin und sah, wie ihm die Tränen über die Wangen liefen. Sein früherer Herr, Prinz Caracciolo, war damals auch hingerichtet worden und hatte seinen Diener David anvertraut. Nelson hatte allen Grausamkeiten zu seiner ewigen Schande die Hand gereicht. David atmete tief durch. Dann ergriff Britta mit fragendem Blick seinen Arm: »Du musst einige anerkennende Worte sagen, Liebster.«

David räusperte sich, erhob sich, trat vor, drückte dem Reverend und den Solisten die Hand und dankte mit seiner klaren Kommandostimme allen für diese schöne Darbietung. Er erinnerte die Invaliden kurz daran, wie oft ihnen in schweren Stunden die Sänger das Leben erleichtert hätten, und regte an, sie möchten doch auch ein kleines Orchester aufstellen. Die Instrumente würde Lady Britta stiften. Sie klatschten und drängten sich, seine Hände zu schütteln. Sie waren stolz auf ihn, den bekannten Seehelden, und mochten ihn, weil er fürsorglich und natürlich zu ihnen war und nicht in der Stadt den Lebemann spielte.

Es ist so einfach, ihre Zuneigung zu erringen, dachte David und führte seine Gäste hinaus, denn es warteten noch andere Darbietungen. In der Stube der kleinen Kinder zeigten die noch einmal ein Krippenspiel. In anderen Stuben lasen Männer oder Frauen vor, wobei bei den historischen Romanen von Sir Walter Scott meist die Männer zuhörten, während die Frauen Gesellschaftsromanen lauschten.

Die kleine Gesellschaft erhielt ein recht gutes Bild vom Aufblühen der Stiftung. Vier große Häuser beherbergten die ledigen Männer und Frauen, wobei die Männer immer zu sechst oder acht schliefen und aßen, wie sie es von den Backschaften der Schiffe gewohnt waren. Jeden Monat konnte man um Wechsel in ein anderes Zimmer bitten.

Dann gab es noch die Reihenhäuser mit den kleinen Wohnungen für Familien und die Häuser, in denen Frauen mit den Waisenkindern familienähnlich lebten. Ein Bach war umgeleitet worden und durchspülte jetzt die beiden Feuerlöschteiche, in denen sich im Sommer auch die Kinder tummelten.

Die Arbeitsstätten, die Metzgerei, die Spinn-‍, Web- und Nähstuben, die Küferei, die Metzgerei und die anderen Werkstätten lagen etwas abseits. Alles wirkte wohl durchdacht und sauber. Dass Seeleute das Gelände pflegten, sah man an den wie mit dem Lineal gezogenen Wegen und den weiß gekalkten Steinen zu ihrer Einfassung.

»Ich habe die Anlage einige Monate nicht gesehen, David«, sagte William. »Aber sie ist schon wieder größer und schöner. Und dort in der Ferne die Baustelle im Park, das soll wohl Mr. Ballaines Schule und Internat werden?«

»Ja, er hat die Lehrer schon angeworben und auch viele Anfragen von Eltern, nachdem das Vorhaben in den Gazetten vorgestellt wurde. Und wir können begabte Kinder aus der Stiftung durch ein Stipendium fördern.«

»Und wir werden auch etwas für Mädchen tun«, fügte Britta hinzu. »Wir bieten Kurse in Sprachen, Geschichte und Erdkunde an. Vielleicht wird für sie auch einmal ein Internat errichtet.«

»Dann müssen Sie aber einen großen Zaun zwischen den beiden Internaten bauen«, scherzte Mr. Haddinstone und alle lachten.

Die Hansens fuhren erst am nächsten Vormittag nach Portsmouth zurück, um noch den Abend mit den Winters zu verbringen. Als auch die Kinder endlich im Bett waren, fanden die Eltern Zeit für ein offenes Gespräch. Sie waren ja auch geschäftlich verbunden. Die Winters besaßen Anteile an der Reederei ›Barwell, Hansen und Co.‹, die mit zehn großen Schiffen lukrative Geschäfte machte.

Einer der Kapitäne, John Blane, war mit David zur See gefahren, als dieser vor zwanzig Jahren einen Kutter im Mittelmeer kommandierte. Jetzt wollte er sich mit seinen siebzig Jahren zur Ruhe setzen. »Er will aber in der Nähe des Hafens und der Werft bleiben, wo er oft alte Freunde und Bekannte sieht. Er hat ja auch das Geld für ein kleines Haus. Hättet ihr nicht eine Haushälterin für ihn, Britta?«, fragte William.

»Natürlich. Wir haben schon fünf Frauen zur vollen Zufriedenheit vermittelt. Wer gesund ist und alle Glieder hat, für den soll die Stiftung ja nur eine Zwischenstation sein. Wenn Mr. Blane einmal vorbeischaut, wird ihm Mrs. Holmes mehrere geeignete Frauen vorstellen.«

David war während dieses Gesprächs etwas ungeduldig geworden. Er hob sein Glas, trank den anderen zu und fragte: »Habt ihr schon Neuigkeiten über den Konflikt mit Dänemark gehört? Wir erhielten einen Brief, dass Brittas Vater zur Berichterstattung von seiner Regierung zurückberufen wurde. Das ist kein gutes Signal.«

Julie blickte auf. »Als wir Portsmouth verließen, erfuhren wir, dass der Zar alle Häfen für britische Schiffe gesperrt hat und dass Schweden ihm darin folgt. Preußen und Dänemark sollen die Nächsten sein, die der früheren ›Bewaffneten Neutralität‹ beitreten werden. Das kann England nicht hinnehmen.«

»Als geborene Dänin werdet ihr mich für parteiisch halten«, mischte sich Britta ein. »Aber sagt mir doch, warum England auf dem Recht beharrt, alle neutralen Schiffe zu durchsuchen? Warum werden nicht einmal Konvois mit dänischen Kriegsschiffen respektiert? Ihr wisst doch noch, wie eine britische Flottille letzten Juli die dänische Fregatte Freya zwang, die Flagge zu streichen, und sie mit ihren Handelsschiffen in die Downs brachte. Ist England der Vormund aller anderen?«

William neigte sich zu ihr. »Britta, wir verstehen deine Erregung. Aber sieh auch einmal die andere Seite. Du weißt, dass am Handel mit unseren Feinden viel verdient werden kann. Da werden Schiffspapiere gefälscht, dass sich die Balken biegen. Nur eine Durchsuchung kann Klarheit bringen. Und wenn wir Konvois davon ausschließen, dann kann das ein wunderbares Geschäft werden. Irgendein Zwergstaat, z. B. aus Italien, schickt Konvois auf die Reise, und sie bringen Nachschub für unsere Feinde. Nachweisen kann man es dann nur, wenn du sie beim Einlaufen in den feindlichen Hafen erwischst. Aber wir können nur die größten Häfen blockieren. Also wäre der Missbrauch nicht zu stoppen.«

Julie unterstützte ihn. »Britta, wir wollen Dänemark nichts Böses. Aber wir müssen den Krieg gewinnen, sonst nimmt uns dieser Napoleon unsere Freiheit. Und für Dänemark ist es eine Frage der nationalen Ehre, nicht der freien Existenz. Ich war so froh, dass unser Gesandter und der dänische Außenminister im August eine Einigung erreichen konnten. Aber nun kommt dieser Zar und hetzt alle Ostseestaaten auf.«

William unterbrach seine Frau. »Wir sind sehr dankbar, Britta, dass wir uns auf deinen Rat hin nicht stärker im Ostseehandel engagiert haben. Dadurch bleiben unserer Reederei Verluste erspart. Aber England kann auf die Zufuhren aus der Ostsee nicht verzichten, das Leinen und den Teer aus Russland, die Masthölzer aus Danzig, Korn aus Preußen und vieles andere mehr. Ich hoffe sehr, dass niemand versucht, den Zugang zur Ostsee zu sperren.«

Britta sah ihn ernst an. »William! England darf den Nachschub für seine Feinde sperren und Neutrale durchsuchen. Aber England dürfen die Nachschubwege nicht versperrt werden. Du bist doch auch kein Engländer, sondern Friese, also Däne. Zählt immer nur das Recht des Stärkeren?«

»Jetzt hast du uns am Kragen, liebste Britta.« David sah sie zärtlich an. »Im Grunde hast du recht. Jeder Staat biegt sich das Recht nach seinen Interessen zurecht. Die ›Freiheit der Meere‹ ist uns schnuppe, wenn sie dem Feind nützt, aber wir kämpfen für sie, wenn es unseren Interessen dient. William hat das Argument unseres Außenministers übernommen, als er von den Konvois der Zwergstaaten sprach. Mich überzeugt das nicht. Und es müsste möglich sein, mit Dänemark und ähnlichen Staaten Abkommen zu schließen, wonach diese Staaten sich verpflichten, in ihren Konvois keine Konterbande zu dulden. Bei Missbrauch müssten sie sich zu empfindlichen Konventionalstrafen bereit erklären. Ich hoffe nur, dass unsere Regierung keine Gewalt gegen Dänemark anwendet. Das würde meine Loyalität schon auf eine harte Probe stellen. Und mir reicht, was ich in Neapel erlebt habe.«

»Aber das war doch eine Ausnahme«, warf Julie ein. »Ich kann die Lobhudeleien über Nelson in unseren Gazetten nicht mehr lesen, seitdem ich von dir weiß, welche Gräuel er in Neapel erlaubt und gefördert hat. Aber du weißt, es gibt auch andere Admirale. Denk nur an deinen Freund Martin! Aber wo nun die Regierung Pitt gestürzt ist, wird er ja wohl auch das Amt des Ersten Seelords verlieren. Wäre das schlimm für dich?«

»Ja, Julie. Ich hätte niemanden mehr in einflussreicher Position, dem ich meine Gedanken im Vertrauen mitteilen könnte. Ich hoffe sehr, dass er im Amt bleibt.«

Wenige Tage später las David in der Zeitung, dass Lord St. Vincent Erster Lord der Admiralität geworden war und Sir Thomas Troubridge das Amt des Ersten Seelords übernommen habe. Er sagte es Britta.

»Du kennst doch Troubridge, wenn ich mich recht erinnere.«

»Ja, er ist nicht nur ein guter Flottenführer, sondern hat sich auch an Land bei der Belagerung der italienischen Festungen ausgezeichnet. Er ist Nelsons Freund, aber kein unkritischer Mitläufer.«

Die beiden Personen, von denen sie sprachen, trafen sich zur gleichen Zeit in der Admiralität. Troubridge hatte um einen Termin nachgesucht.

Lord St. Vincent erhob sich mit der unwandelbaren Höflichkeit, die er auch dem geringsten Untergebenen entgegenbrachte, und streckte ihm die Hand entgegen. »Sie haben Akten bei sich, Sir Thomas. Da geht es wohl um Entscheidungen.« St. Vincent nahm erst Platz, als Troubridge seinen Stuhl zurechtrückte.

St. Vincent war immer noch ein großer und stattlicher Mann, auch wenn das Alter seine Gestalt gebeugt hatte. Seine Füße waren von der Gicht stark geschwollen, aber sein Wille war unbeugsam wie eh und je. »Schießen Sie los, Troubridge!«

»Sie werden schon gehört haben, Mylord, dass Kapitän Wilnock von der Superb so verunglückt ist, dass er für immer dienstunfähig sein wird, wenn er überlebt. Man musste ihm das linke Bein amputieren.«

»Wilnock sollte doch nächste Woche auslaufen und den Truppenkonvoi nach Malta geleiten sowie die Subsidiengelder für den gesamten Mittelmeerfeldzug nach Gibraltar und Malta befördern. Wie konnte so ein Unfall passieren?«

»Als Kapitän Wilnock am Kai die Kutsche bestieg, sollen die Pferde gescheut haben und durchgegangen sein. Er versuchte abzuspringen und wurde dabei vom Hinterrad überrollt. Der Kutscher behauptet, einige Männer hätten von hinten die Pferde erschreckt und gestochen. Aber außer ihm hat niemand etwas gesehen.«

St. Vincent blickte ihn scharf an und fragte grob: »Haben Sie sich die Bestrafungsbücher angesehen?«

»Aye, Mylord. Außergewöhnlich viele Strafen, z. T. lächerliche Begründungen, und fast alle Männer kamen dran.«

Der alte Admiral seufzte und schüttelte den Kopf. »Also brauchen wir einen starken Kapitän mit Augenmaß. Schnell zur Verfügung soll er auch sein. An wen haben Sie gedacht?«

»Sir David Winter, Mylord. Er wartet bei Portsmouth auf die Reparatur seiner Thunderer, seitdem ihm im letzten Novembersturm ein losgerissener Dreidecker die Breitseite eingerammt hat.«

St. Vincent schloss die Augen und murmelte ein paar Mal: »Winter, Winter. Ist das nicht der Kerl, von dem Nelson sagt, er sei ein verdammter Seeadvokat in Offiziersuniform, ein Prisenjäger und Salonkrieger? Wie können Sie mir einen solchen Mann empfehlen?«

»Wenn ich Eurer Lordschaft meine Gründe vortragen dürfte, bin ich sicher, Sie würden mich verstehen.«

»Nun machen Sie schon!«

»Sir David Winter ist ein erfahrener, guter und sehr tapferer Kapitän, wie seine Personalpapiere eindeutig beweisen. Dass er mit Prisen ungewöhnliches Glück hatte, hängt auch damit zusammen, dass er sich mehr Mühe gibt als andere, die Reaktionen des Feindes vorauszudenken. Auf Malta habe ich erlebt, wie er persönlich einen kleinen Stoßtrupp hinter die feindlichen Linien führte, um das letzte Verpflegungsdepot der Franzosen in Brand zu setzen. Dadurch mussten sie aufgeben. Lord Nelson kennt ihn nur aus der Zeit seiner ›Sizifilikation‹, als kaum einer von uns sein Verhalten verstand. Wie sollte es dann erst ein Fremder? Und Winter hält mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg. Aber vor allem, Mylord, Nelson hat vom Sekretär des neuen Premierministers erfahren, dass die Opposition Sir David einen Parlamentsplatz anbieten will. Sie wollen in einem dieser verödeten alten Wahlkreise eine Nachwahl arrangieren, und bei den drei Dutzend Armen, die dort noch wohnen, kriegen sie auch einen Stock mit Hut durch.«

»Und was soll uns dieser Winter im Unterhaus schaden?«

»Mylord, er ist der Schwiegersohn des dänischen Gesandten. Er selbst ist Hannoveraner. Er kämpft loyal und tapfer für England, aber er akzeptiert nicht selbstverständlich die Losung ›Recht oder Unrecht, mein Land‹! Der Zweck heiligt für ihn nicht alle Mittel. Und er sagt das dann auch mit all der Überzeugungskraft eines anerkannten Seehelden. Er weiß, was Nelson vor Neapel geschehen ließ. Und wenn wir nun Kopenhagen angreifen und es kommt zu wenig ritterlicher Kampfführung, dann steht seine Kritik in allen Gazetten.«

»Nelson hätte diese Person Emma Hamilton nie kennenlernen sollen. Aber Ihr Mr. ›Ich mach mir nicht die Hände schmutzig‹ liegt mir auch nicht. Haben wir keinen anderen schnell verfügbar?«

»Nein, Mylord, und Winter macht sich schon die Hände schmutzig, nur sein Gewissen will er rein erhalten. Darf ich den Befehl ausfertigen? Er müsste heute mit Kurier raus.«

»In Gottes Namen, Troubridge, und lassen Sie den Hafenadmiral schon durch Shutter vorwarnen. Aber der Winter hätte lieber Pastor werden sollen.«

»Seien Sie versichert, Mylord, dass uns dann einer unserer besten Kapitäne fehlen würde.«

»Nun gehen Sie schon, Troubridge. Ich muss mich noch mit den Betrügereien unserer Werften beschäftigen. Ein Schlangennest, sage ich Ihnen.«

David sah gerade zu, wie die französischen Kriegsgefangenen, die auf dem Gut arbeiteten, aus ihrem Haus geführt wurden. Er sprach gerne ein paar Worte mit ihnen, weil er sein Französisch nicht einrosten lassen wollte und weil die Männer auch das Gefühl haben sollten, dass ihre Arbeit geachtet wurde. Sie waren recht zufrieden mit ihrem Los. Aber abends mussten sie wieder ins geschlossene Haus, und die Miliz stellte ihre Wachen.

Einer der Milizsoldaten deutete auf den Weg, und David sah, wie ein Reiter angaloppiert kam. Schaumflocken hingen am Maul seines Pferdes.

David stockte der Atem. Das war ein Kurier der Admiralität. Aber sein Schiff war doch noch in der Werft?

Der Reiter riss am Zügel seines Pferdes und brachte es vor ihnen zum Stehen. »Im Dienst der Admiralität zu Sir David Winter!«

»Ich bin das. Geben Sie mir Ihre Nachricht, und bringen Sie dann Ihr Pferd drüben zum Stall und lassen Sie sich in der Küche etwas geben.«

»Vielen Dank, Sir David. Wenn Sie bitte vorher hier quittieren wollen.«

David nahm die in Segeltuch eingeschlagene Botschaft und schritt schnell zum Gutshaus. Ohne auf seine Frau zu achten, die oben auf der Treppe stand, ging er nach links in die Bibliothek, nahm das Messer vom Schreibtisch und trennte Siegel und Umhüllung ab. Er faltete das Schreiben auf, sah, dass drei Unterschriften darunter waren, was ihm sofort signalisierte, dass es ein wichtiger Befehl war. Er überflog die Anredefloskeln und las mit wachsendem Erstaunen, dass er in sieben Tagen auszulaufen und den Konvoi sowie eine halbe Million Pfund nach Malta zu bringen habe. Seine Thunderer werde einen vorübergehenden Kommandanten für diese Zeit erhalten. Er dürfe seine Seesoldaten, einen Flottenoffizier und zehn Prozent der Mannschaft von seinem Schiff auf die Superb übernehmen.

David ließ das Schreiben sinken und sah, dass Britta in die Bibliothek gekommen war.

»In sieben Tagen muss ich segeln, Liebste. Ich soll die Superb von dem Kapitän übernehmen, der so schwer verunglückt ist, wie gestern in den Gazetten stand. Es geht nach Malta, um einen Konvoi zu geleiten. Ich muss sofort nach Portsmouth, um Vorbereitungen anzuordnen. So schnell wird unsere schöne Zeit beendet.«

Britta trat auf ihn zu und schmiegte sich in seine Arme. »Wir wussten ja, dass die schöne Zeit bald ein Ende haben würde. Aber nun so überstürzt! Gott sei Dank schicken sie dich nicht so weit fort, nicht nach West- oder gar Ostindien. Aber ich muss ja auch vieles vorbereiten, deine Wäsche, deine persönliche Verpflegung und all das. Du nimmst doch Gregor und Alberto mit?«

»Ja, Liebste, und meine Seesoldaten haben sie mir auch bewilligt.«

»Da fällt mir ein Stein vom Herzen. Das war doch eine wunderbare Truppe.«

David hatte sich schon umgewandt, um sich umzuziehen und seine Sachen zu greifen. »Bitte lass die Kutsche anspannen, Britta! Gregor und Alberto sollen sich bitte bereithalten. Am Abend sind wir wieder da.«

David betrat das Amt des Hafenadmirals. Sein alter Förderer und väterlicher Freund war seit einigen Monaten nicht mehr im Amt und lag krank in seinem Haus in Essex.

Den neuen Hafenadmiral, einen älteren Konteradmiral, hatte David erst einmal gesehen, als ihn das Flaggschiff vor Spithead beschädigt hatte. Damals hatte er die Angelegenheit sachlich und schnell abgewickelt.

Heute lächelte er, als er David sah. »Nun geht es schneller wieder auf See, als Sie dachten, Sir David. Ich weiß seit gestern durch den Shuttertelegrafen, dass Sie die Superb übernehmen sollen. Mehr wurde in der Kurznachricht nicht mitgeteilt, aber ich habe den Ersten schon informiert, dass sein neuer Kapitän wohl bereits heute kommt.«

»Sir, können Sie mir Einzelheiten über die Verletzung von Kapitän Wilnock und den Stand der Seebereitschaft des Schiffes mitteilen?«

Der Hafenadmiral winkte dem Steward, der ihnen ein Glas Wein eingeschenkt hatte, das Zimmer zu verlassen. Dann trank er David zu, räusperte sich und sagte: »Der Kutscher behauptet, zwei oder drei Leute hätten die Pferde in Panik versetzt. Aber niemand sonst hat etwas gesehen. Vielleicht wollte er von eigenem Versagen ablenken.«

»Hätte jemand den Vorfall beobachten können, Sir?«, fragte David.

»Die Schiffswache der Superb, die am Kai lag. Aber die hat wahrscheinlich absichtlich weggesehen. Ich muss es Ihnen sagen, dass Kapitän Wilnock verhasst und gefürchtet war. Er regierte mit der neunschwänzigen Katze und Willkür. Wenn Trupps an Land etwas zu erledigen hatten, wurden sie von Seesoldaten begleitet, sonst wären sie wohl desertiert. Nun ja, Freiwillige kamen auch nicht zu ihm.«

David sah betroffen drein. Mit einer verdorbenen und widerspenstigen Mannschaft in wenigen Tagen auszulaufen, das war keine Aufgabe, nach der sich ein Kapitän sehnte. »Sir, ich brauche alle Informationen, die ich haben kann. Was wissen Sie über die Offiziere und Deckoffiziere?«

»Ich verstehe, Sir David, und habe die Personalakten schon raussuchen lassen. Der Erste Leutnant soll kompetent sein, hielt sich aber zurück, da ihm Wilnock nicht vertraute. Der Zweite war sein Liebling, soll aber ein Spieler und Weiberheld sein. Von den anderen ist wenig bekannt. Midshipmen hatte er kaum noch, da alle Eltern mit einigem Einfluss ihre Söhne versetzen ließen. Der Hauptmann der Seesoldaten soll ein Schwächling sein.«

David warf ein: »Ich habe die Erlaubnis, meine Seesoldaten von der Thunderer zu übernehmen, Sir. Könnten Sie bitte das Kommando informieren, dass Hauptmann Ekins mit seinen Leuten übermorgen an Bord gehen soll?«

»Das ist gut«, bemerkte der Admiral. »Dann haben Sie einen zuverlässigen Stamm. Können Sie sonst noch Leute übernehmen?«

»Zehn Prozent der Besatzung und einen Flottenoffizier, aber ich weiß nicht, ob Leutnant Shield in der Nähe ist.«

»Das lasse ich nachprüfen, Sir David. Und nun schauen Sie sich im Nebenraum noch kurz die Papiere an. Wenn Fragen sind, kann ich sie in der nächsten halben Stunde noch beantworten, dann muss ich zur Werft.«

David bedankte sich und vertiefte sich in die Kurzfassung der Personalpapiere, die im Heimathafen aufbewahrt wurden. Die ausführlichen Akten lagerten bei der Admiralität in London. Was er las, deutete auf ein übliches Offizierskorps hin. Die meisten Deckoffiziere waren erfahrene Männer. Auch der Erste Leutnant hatte schon zwanzig Dienstjahre. Dafür war der Fünfte Leutnant mit drei Monaten Dienstzeit ein Neuling. Acht Midshipmen standen in der Liste, vom dreißigjährigen Mann bis zum zwölfjährigen Jungen.

David legte die Papiere zusammen und erhob sich. Es klopfte an der Tür, und ein Schreiber meldete ihm, dass Leutnant Shield in Kingston auf der Portsea-Insel Quartier genommen habe. »Das ist ja ganz in der Nähe. Bitte schicken Sie ihm Nachricht, dass er sich morgen zur Vormittagswache auf der Superb einfinden möge.«

Die Superb lag am Kai. Man sah, dass die Vorbereitungen zum baldigen Auslaufen fast völlig abgeschlossen waren. Als sich David, gefolgt von Gregor und Alberto, dem Schiff näherte, wurde man dort aufmerksam. Die Wache wurde gerufen und die Offiziere sammelten sich an der Gangway.

Sobald David am oberen Ende des Steges auftauchte, begannen die Pfeifer und Trommler zu musizieren, und die Seesoldaten präsentierten. Als die Musik abbrach, trat ein älterer Leutnant vor, lüftete seinen Hut und sagte: »Ich bin Jeffry Gardiner, Erster Leutnant, und begrüße Sie an Bord der Superb, Sir David.«

»Guten Tag, Mr. Gardiner. Bitte stellen Sie mir die anderen Herren vor.«

Nun sah David, wie die Namen aus den Akten zu Menschen von Fleisch und Blut wurden. Das war also der Zweite Leutnant, ein schmaler Bursche mit ungesundem Teint. Der Dritte sah aus wie ein Bauernbursche, groß, kräftig, mit groben Zügen und roter Gesichtsfarbe. Der Vierte war ein verlegenes, junges blondes Kerlchen.

Die Deckoffiziere schienen die bekannte Mischung aus erfahrenen und kompetenten Seeleuten und den etwas stupideren Routiniers zu sein, die jede Neuerung aus der Fassung brachte. David wandte sich zum Ersten Leutnant: »Mr. Gardiner, bitte lassen Sie ›Alle Mann an Deck‹ pfeifen.«

Als die Mannschaften aus den Niedergängen an Deck strömten, sah David die unterschiedlichsten Bekleidungen. Alte Fahrensleute hatten die weiten Hosen und die festen Pullover der Seeleute an. Andere kamen in dünnen Hemden, wieder andere in zerlumpter Stadtkleidung. Und mit dieser Räuberbande soll ich in wenigen Tagen in See stechen, dachte David. Er ging an die Reling des Achterdecks, zog seine Bestallungsurkunde aus der Manschette und las mit lauter Stimme vor, dass die Lords der Admiralität ihn zum Kommandanten Seiner Majestät Schiff Superb eingesetzt hätten und dass er alle Rechte und Pflichten gemäß den Regeln der Admiralität wahrzunehmen hätte.

Dann ließ er die Urkunde sinken. »Männer der Superb. In wenigen Tagen sollen wir auslaufen. Bis dahin liegt noch viel Arbeit vor uns. Ich verlange, dass jedermann sich anstrengt, um seine Aufgaben zu erfüllen. Dann werde ich seine Tätigkeit anerkennen. Ich werde mir Mühe geben, ein Kapitän zu sein, der Verständnis für die Sorgen seiner Männer hat, der aber in erster Linie aus diesem Schiff eine kampfkräftige Einheit formen soll. Ich bin kein Freund der neunschwänzigen Katze, aber wer Befehle missachtet, wird sie zu spüren kriegen. Heute werde ich eine kurze Besichtigung vornehmen. Morgen beginnt der volle Dienst, und ich hoffe, dass ich euch bald auch in seemännischer Kleidung vor mir sehe und nicht in diesen Maskenballkleidern, die einige tragen. Unser König und Herr lebe hoch, hoch, hoch!«

Das Echo klang noch müde und unlustig und David wurde bange vor der Arbeit, die vor ihm lag. »Mr. Gardiner, lassen Sie bitte wegtreten, und begleiten Sie mich dann bitte in meine Kajüte!«

David ging voran, der Posten vor der Kajütentür nahm Haltung ein, David öffnete die Tür und wäre fast zurückgeprallt, so dumpf und modrig roch es in der Kajüte.

»Wie stinkt denn das hier?«, fragte er Mr. Gardiner.

»Kapitän Wilnock hatte eine Abneigung gegen Zugluft, Sir, und ließ die Fenster nicht öffnen.«

David rief nach Gregor und der trat aus der Schlafkammer. »Sofort die Fenster öffnen, Mr. Dimitrij. Und wenn ich mit Mr. Gardiner gesprochen habe, lassen Sie sich von ihm einen Reinigungstrupp abordnen, der hier aufklart.«

»Aye, aye, Sir.«

Dann setzte sich David mit Mr. Gardiner an den Tisch, entschuldigte sich, dass er noch nichts anbieten könne, und fragte nach der Soll- und der Iststärke.

»Wir haben eine Sollstärke von sechshundertzwölf Mann, Sir David. Uns fehlen vierundfünfzig Mann an der Sollstärke.«

»Ich habe Erlaubnis, von meinem vorigen Schiff das gesamte Kontingent an Seesoldaten und sechzig Mann Besatzung zu übernehmen. Sie kommen übermorgen an Bord. Sie legen mir bitte eine Liste mit fünfzehn Namen vor, damit wir die größten Unruhestifter und Lumpen an das Wohnschiff abgeben können. Ich bin mit dem Aussehen der Mannschaft sehr unzufrieden. Ist hier nicht für seemännische Kleidung gesorgt worden?«

»Nein, Sir David. Mr. Peck, der Zahlmeister, hat zwar eine gut gefüllte Kleiderkiste, aber Mr. Wilnock meinte, das Pack sei keine andere Kleidung wert.«

»Ich werde das ändern. Schicken Sie dann bitte sofort Mr. Peck zu mir. Was haben Sie für den Anfang noch für Vorschläge?«

»Bitte lassen Sie den Koch ablösen, Sir. Er ist faul, dreckig und ein Betrüger. Man muss ihm dauernd auf die Finger schauen, sonst stiehlt er den Backschaften die Verpflegung und verkauft sie.«

»Gut, ich werde das veranlassen. Und nun zu Mr. Peck. Kann man ihm vertrauen?«

»Ich glaube schon, Sir David.«

»Gut, dann soll er jetzt kommen, danach inspizieren wir beide das Schiff. Und Sie sagen bitte den Offizieren, dass ich an Bord nur mit Sir und nicht als Sir David angeredet zu werden wünsche.«

»Aye, aye, Sir.«

Der Zahlmeister war schmal und zierlich und hatte ein offenes und sicheres Auftreten. David fragte ihn, warum an die Mannschaften keine angemessene Kleidung ausgegeben worden war.

»Sir, ich habe genug Vorräte, die gegen Verrechnung mit der Heuer ausgegeben werden könnten. Aber Kapitän Wilnock war gegen Zahlmeister sehr misstrauisch und wollte die Beträge zur Verrechnung noch überprüfen. Aber dazu kam es dann nicht mehr.«

»Nun, Mr. Peck, ein gewisses Misstrauen gegen Zahlmeister ist bei Kapitänen nicht ungewöhnlich. Legen Sie mir morgen früh die Listen vor, was wofür berechnet wird, und ich werde dann sofort entscheiden. Sie haben sicher auch noch einen Bestand an leichtem Segeltuch, aus dem man Hosen nähen kann?«

Der Zahlmeister bejahte und schien auch sonst alle notwendigen Vorräte beschafft zu haben. David besprach mit ihm noch, dass Äpfel ausgegeben und Zitronensaft mit dem Grog gemischt werden sollte, um Skorbut vorzubeugen, dann begann er seine Inspektion mit Mr. Gardiner.

Die Superb war ein französisches Beuteschiff, dem gute Segeleigenschaften nachgesagt wurden. Sie war auf britische Kanonen umgerüstet und trug achtundzwanzig Kanonen mit je 32 Pfund Geschossgewicht auf dem Unterdeck und dreißig Achtzehnpfünder auf dem oberen Geschützdeck. Außerdem waren Vor- und Achterdeck noch mit Zwölfpfündern und 36-Pfund-Karronaden bestückt. Die Superb stand darin Davids vorigem Schiff in nichts nach.

Aber seine Besichtigung zeigte bald, dass wenig getan war, die Kampfkraft zu optimieren. Er vermisste an den Geschützen die Gradeinteilungen, damit sie bei tief liegendem Nebel nach Ansagen vom Mast richten und feuern konnten. Er vermisste auch die Pendel, nach denen die Batterieoffiziere die Neigung des Schiffes beurteilen und eventuell die Höhenrichtung korrigieren konnten.

Als er den Zweiten Leutnant, der für die Batterien zuständig war, danach befragte, merkte er, dass dieser sich nie mit diesen Neuerungen befasst hatte. »Haben Sie nie etwas von Kapitän Charles Douglas gelesen, der so vieles schon im letzten Krieg eingeführt hat, Mr. Mason?«

»Nein, Sir. Ich halte nichts von diesen Neuerungen. Dicht an den Gegner heran und dann mit vollem Tempo feuern, so dachte auch Kapitän Wilnock, Sir.«

»Dann werden Sie sich ein anderes Schiff suchen müssen, Mr. Mason. Ich halte mindestens so viel von Treffgenauigkeit wie von Feuergeschwindigkeit.« David ließ in den Batteriedecks die obersten Kanonenkugeln von den Haltern nehmen und prüfte, ob die unteren auch vom Rost befreit worden waren. Und da sah es schlimm aus. Mr. Gardiner blickte den Zweiten vorwurfsvoll an. »Bis morgen ist das geändert, Mr. Gardiner«, sagte David nur.

David inspizierte auch die Kübel, in denen die Backschaften ihre Verpflegung holten. Er ließ einige Tische aus ihren Vertäuungen an der Decke lösen und sah nach, ob sie sauber gescheuert waren. Er tastete die Strohsäcke im Lazarett ab, ob sie frisch gefüllt waren, fuhr mit der Hand über die Messer in der Kombüse, schaute unter die Bänke in der Fähnrichsmesse, und überall fand er etwas. Am Schluss waren alle überzeugt, dass sie einen ›verdammten Korinthenkacker‹ als Kapitän bekommen hatten, wie es einer der Maate dem anderen zuflüsterte.

»Heute Nachmittag lassen Sie bitte alle Beanstandungen beseitigen, Mr. Gardiner. Übrigens, warum liegt die Superb am Kai und nicht vor Spithead bei den Transportern?«

»Wir übernehmen die Kriegskasse am Tag, bevor wir in See gehen, Sir. Und das viele Geld soll nicht auf Booten an Bord gebracht werden.«

Als David von Bord gegangen war, versuchte er, die nächsten Schritte zu planen.

Mr. Mason musste durch seinen bewährten Mr. Shield ersetzt werden. Das war klar. Sechzig Mann von der alten Besatzung sollte Mr. Jenkins, sein alter Bootsmann, aussuchen, vor allem Geschützführer. Die Midshipmen waren in Urlaub. Er musste mit dem Büro des Hafenadmirals sehen, wer schnell herbeigerufen werden konnte. Der Sekretär der Superb machte einen guten Eindruck. Aber einen neuen Koch brauchte er. Und auch einen für seinen Bedarf. Und dann war noch dies und jenes.

David war ziemlich missgestimmt, als er das Büro des Hafenadmirals betrat. Aber der Vorsteher kannte ihn und war so hilfsbereit, dass sich seine Laune bald besserte. Als er erledigt hatte, was heute zu schaffen war, ging er noch schnell in das Haus der Barwells und Hansens.

In dieses Haus war er im Frühjahr 1774 zu Tante und Onkel als Besucher gekommen. Hier fand er ein Zuhause, als seine Eltern im böhmischen Gebirge tödlich verunglückten. Hierher war er immer zurückgekehrt, bevor er mit Britta ein eigenes Heim fand. Hier war er immer willkommen.

Tante Sally, die ihn erst vor Kurzem gesehen hatte, hatte dennoch feuchte Augen, als er sie umfasste, und Onkel William klopfte ihm etwas zitternd auf die Schulter. Er ging auf die siebzig zu. Wie lange würde er ihn noch sehen? Julie kam aus dem oberen Stockwerk hinzu, und alle waren von der Nachricht überrascht, dass er die Superb nach Malta geleiten sollte.

»Die soll doch die riesige Kriegskasse transportieren«, bemerkte Onkel William. »Da werden die Froschfresser dich jagen, mein Junge.«

David war erstaunt, dass das so allgemein bekannt war, und wurde belehrt, dass man darüber seit Wochen rede. »Nichts bleibt in Portsmouth geheim, David«, meinte Julie. »Es ist eher wie ein Dorf, was die Seefahrt betrifft.«

Als David abends in Whitechurch Hill eintraf, begrüßten ihn seine Kinder und Britta besonders herzlich. »Christina und Charles sind betrübt, dass sie bald nicht mehr mit dir spielen können. Du hättest immer so lustige Einfälle. Und ich glaube, Edward merkt auch schon etwas von der Trennung. Nun ja, und mir fällt es immer wieder schwer. Ich werde mich nie daran gewöhnen. Aber morgen fahre ich mit dir nach Portsmouth und sehe mir deine Räume an.«

»Darum wollte ich dich auch bitten, Britta. Mr. Ballaine muss ich morgen auch haben, und der Nicholas Cull soll mir einen Nachfolger als Kapitänskoch besorgen.«

Er schickte den Boten zu Mr. Ballaine, und bei Nicholas’ Vater würden sie morgen auf der Fahrt nach Portsmouth in Ryde vorbeischauen, wo sie auf das Schiff umstiegen, das sie von der Insel nach Portsmouth bringen würde.

Sie fuhren am nächsten Morgen sehr früh los. Das Wetter hatte umgeschlagen und war feucht und kühl. »Wir könnten sogar Schnee kriegen«, sagte Mr. Ballaine mit prüfendem Blick zum Himmel. Während der Fahrt erzählte er stolz von den Vorbereitungen für Schule und Internat. »Nehmen Sie Mr. Cotton als Schiffsarzt mit, Sir David?«, fragte er dann.

David verneinte, da er Mr. Cotton nicht so schnell von seiner großen Familie losreißen könne und er auch nicht alle guten Leute von der Thunderer abziehen wolle. »Ich soll sie nach diesem Auftrag wieder übernehmen.«

»Und wie ist der Schiffsarzt der Superb?«, fragte Britta.

David musste zugeben, dass er nur einen flüchtigen Eindruck von einem dickbäuchigen Mann mit großer Nase habe, sich aber noch nicht weiter mit ihm beschäftigen konnte.

»Ich werde ihn mir vorstellen lassen«, sagte Britta energisch. »Es hängt viel vom Schiffsarzt ab. Dr. Lenthall und Mr. Cotton waren so gute Vertreter ihres Standes, dass mir jetzt bange wird, du könntest an einen dieser trunksüchtigen Scharlatane geraten.«

An Bord besichtigte Britta nach der Begrüßung durch Mr. Gardiner zunächst die Räume des Kapitäns. Davids Diener Edward begleitete sie und notierte, was alles von der Thunderer geholt werden müsse und was noch zu ändern sei. Sie war inzwischen sehr kompetent im Einrichten von Kajüten, und David überließ ihr das, ohne sich um verwunderte Blicke der Offiziere zu kümmern.

Mr. Ballaine ging mit dem Zahlmeister die Bücher durch, während David sich mit Mr. Lambert über die Ausstattung mit Karten und über dessen Erfahrungen im Mittelmeer unterhielt. Gott sei Dank schien der Master ein guter und kompetenter Mann zu sein, der sich auch mit der Astronavigation befasst hatte und sich freute, darin in David einen Gesprächspartner zu finden.

Und dann meldeten sich Mr. Shield, zuletzt amtierender Erster Leutnant auf der Thunderer, und der Bootsmann Jenkins. Shield war gern bereit, wieder unter David als Zweiter zu segeln, und stürzte sich sofort mit Mr. Jenkins in die Probleme der Auswahl der zu übernehmenden Thunderers.

Die Begegnung des Schiffsarztes mit Britta war keine Sternstunde. Mr. Henry Westwood war ein dicker, schmuddliger Bursche, der sich David und Britta fast kriecherisch näherte. Mit Widerwillen sah Britta auf seine schwarzen Fingernägel, als er nach dem angebotenen Weinglas griff und es in einem Zug hinunterstürzte. Er war schon seit fünfzehn Jahren Schiffsarzt, kannte Indien und die Karibik, schien aber fachlich wenig kompetent. Er hatte nicht studiert, sondern sich sein Wissen als Arztgehilfe an Land angeeignet und dann ein Examen vor der Surgeon’s Company abgelegt.

Britta suchte nach dem Gespräch David zu überreden, dass er unbedingt versuchen müsse, einen anderen Arzt zu bekommen. »Aber Britta, wie soll ich das machen? Du kennst nun zwei herausragende Schiffsärzte, aber der Durchschnitt ist wie dieser Mr. Westwood. Er erhält sein Patent von dem Amt für Kranke und Verwundete, nicht von der Admiralität. Ich müsste einen sehr triftigen Grund haben, um seine Ablösung zu beantragen. Außerdem würde das alles zu lange dauern.«

»Liebster, sag es zumindest dem Hafenadmiral. Ich gehe nachher bei ihm vorbei und bitte ihn, seinem Vorgänger auch im Kuratorium unserer Stiftung nachzufolgen.«

David schüttelte lächelnd den Kopf. »Da willst du wieder jemanden um den Finger wickeln. Aber du kannst ihm sagen, dass ich unbedingt einen anderen Koch brauche. Was für die Kajüte und die Kammern gebraucht wird, hast du sicher Edward schon gesagt?«

Edward sei schon mit Gregor unterwegs, versicherte ihm Britta. Dann verabschiedete sie sich.

David teilte dem Zweiten Leutnant noch mit, dass er seine Ablösung beim Hafenadmiral beantragt habe. Mr. Mason reagierte nur mit herablassendem Lächeln, wünschte ironisch viel Glück und verschwand.

Danach inspizierte David die Batterien beim Geschützdrill. Was er und Mr. Shield da sahen, brachte sie fast zur Verzweiflung. »Mr. Shield, Sie nehmen sich die Unterdecksbatterien vor, ich hier die im oberen Deck. Gehen Sie mit den Leutnants von Geschütz zu Geschütz, und weisen Sie sie auf notwendige Verbesserungen hin. Ich tue hier dasselbe. Wir müssen hier Schwung reinbringen!«

In der nächsten Stunde rannte David auf dem oberen Geschützdeck von einer Kanone zur anderen, Leutnant Miller und zwei Midshipmen in seinem Gefolge. Er trieb die Kanoniere an, demonstrierte Handgriffe und schimpfte mehr, als dass er lobte. »Sehen Sie nicht, Mr. Miller, dass Kanonier Fünf und Sieben völlig falsch stehen? Sie müssen die Plätze tauschen, denn die Fünf ist Linkshänder und wird in dieser Position immer das Tempo verzögern.«

Dann schrie er Ladekanoniere an, die in der Rücklaufbahn der Kanone standen. »Diese Zwölfpfünder wiegen fast dreißig Zentner. Wollt ihr von denen zermatscht werden, ihr dämlichen Kerle?«

Er war nach einer Stunde schweißgebadet, die Kanoniere auch. Aber er ließ Leutnant Miller weiter exerzieren, ging in seine Kajüte und wischte sich trocken. Dann ging er zum Hafenadmiral.

»Lady Britta war schon hier, Sir David. Ich bin sehr geehrt, dass ich im Kuratorium Ihrer Stiftung mitwirken kann. Schade, dass Sie selten dabei sein werden. Übrigens, wenn Sie mit dem Koch der Thunderer zufrieden waren, können Sie ihn haben. Und Ihre bezaubernde Gattin deutete noch Einwände gegen den Schiffsarzt an.«

»Sie überschreitet ihre Kompetenzen, auch wenn es in bester Absicht geschieht. Tut mir Leid, Sir. Ich habe ihr schon gesagt, dass wir beim Amt für Kranke und Verwundete handfeste Gründe haben müssen, um eine Ablösung zu erreichen, was auch seine Zeit dauern würde. Aber sie geht immer von Dr. Lenthall und Mr. Cotton aus.«

»Nun, es gibt auch informellere Wege, und von Mr. Westwood habe ich schon einiges gehört. Er fährt übrigens nicht gern zur See, hat er mir gesagt. Wenn ihm ein Posten im Lazarett angeboten wird, nimmt er sicher an. Und einen tüchtigen jungen Assistenten kenne ich auch.«

»Sie erinnern mich an Ihren Vorgänger, Sir. Der konnte auch Unmögliches möglich machen, Sir.«

Als David zum Tee bei den Barwells eintraf, war Britta schon da. Er sah sie an und drohte lächelnd mit dem Finger.

»Habe ich etwas Unrechtes getan, Liebster?«, fragte sie unschuldig.

»Du mischst dich in Sachen ein, die dich nichts angehen, Liebling. Das Schlimme ist nur, dass deine Einmischung fast immer gute Ergebnisse bewirkt.«

Britta gab ihm einen Kuss auf die Wange. Tante Sally sah liebevoll zu, Onkel William schmunzelte, und Julie sagte gerade: »Nun setzt euch aber hin, ihr Turteltauben«, als der Hausdiener meldete, eine Mrs. Watson bitte darum, Lady Britta einige Minuten sprechen zu dürfen.

Alle sahen Britta fragend an und die gab Auskunft: »Mrs. Watson leitet unseren Strickladen in der Stadt. Ich gehe schnell zu ihr.«

Julie rief ihr nach: »Ich schicke euch das Mädchen mit Tee.«

Mrs. Watson, eine Frau Anfang dreißig, knickste und bat um Entschuldigung, dass sie Britta störe. »Eine Kundin sagte gerade, dass sie Sie hier zu den Barwells habe gehen sehen, und da bin ich schnell gelaufen, denn ich muss Ihnen dringend etwas sagen, Lady Britta.«

Britta setzte sich und winkte der Besucherin, auch Platz zu nehmen. Mrs. Watson war eine jener jungen Seemannswitwen, die Britta vor Jahren aus der Prostitution herausgeholt hatte, die die jungen Dinger als einzigen Ausweg sahen, um sich und ihr Kind durchzubringen. Britta hatte ihnen Arbeit in der Strickstube und dann im Laden gegeben und war selten enttäuscht worden.

Als sie ihren Tee hatten, fragte Britta: »Nun, was gibt es, Mrs. Watson?« Sie redete sie bewusst nicht mit dem Vornamen an, wie es sonst bei Angestellten üblich war, um die Selbstachtung dieser Frauen zu stärken.

Mrs. Watson suchte nach Worten, aber dann sprudelte es aus ihr heraus. »Sie erinnern sich vielleicht an Betsy, Lady Britta. Sie wollte auf der Straße bleiben. Sie hatte Freude dran. Ich sehe sie manchmal und rede ein paar Worte mit ihr, denn sie ist kein schlechter Mensch, nur schwach und leichtlebig. Gestern hat sie mir erzählt, dass sie einen Freier hatte, der ziemlich, nun ja, spezielle Wünsche hatte. Sie hat ihn zufriedengestellt und sagte, dafür müsse sie eigentlich den Schatz erhalten, den das Linienschiff transportieren soll. ›Den Schatz wird niemand kriegen, dafür werden unsere Leute an Bord schon sorgen.‹ Mehr war aus ihm nicht herauszuholen. Er verließ dann auch die Stadt. Aber als ich nun hörte, dass Sir David das Schiff kommandiert, dachte ich, ich müsste es Ihnen sagen.«

»Das war sehr umsichtig von Ihnen, Mrs. Watson. Haben Sie mehr über den Mann erfahren können?«

»Nein, Lady Britta. Betsy konnte nur sagen, dass er etwa vierzig Jahre alt war, wie ein Italiener aussah, mit leichtem Akzent sprach und vor fünf Tagen bei ihr war. Ja und Geld hatte er auch genug.«

Britta bedankte sich herzlich und ging dann zu David und den anderen. »Da wollte sich doch nur jemand wichtigmachen«, tat Onkel William die Sache ab.

»Könnte sein«, sagte auch David, aber Britta sah ihm an, dass er auch die Möglichkeit sehr ernst nahm, dass es anders war.

Nicht lange darauf meinte er: »Ich muss noch einmal mit Mr. Gardiner und dem Büro des Hafenadmirals sprechen. In einer halben Stunde hole ich dich ab, Britta.«

Auf der Superb ließ er Mr. Gardiner und Mr. Shield in seine Kajüte bitten und informierte sie über das Gehörte. »Es kann die Aufschneiderei eines Freiers sein. Es kann aber mehr dahinterstecken. Ich bin es gewohnt, vorsichtig zu sein. Bitte, meine Herren, prüfen Sie mit dem Sekretär nach, ob in den letzten drei Monaten eine kleine Gruppe von vier oder fünf Leuten gleichzeitig angeheuert hat oder überstellt wurde. Prüfen Sie nach, ob eine Gruppe auf dem Schiff ist, die besonders zusammenhält. Aber sagen Sie nicht, warum Sie Ihre Recherchen unternehmen.«

Den Vorsteher im Büro des Hafenadmirals fragte er auch nach Gruppen, die gemeinsam in letzter Zeit auf die Superb