Lebenskunst Anwalt - Sebastian Vorberg - E-Book

Lebenskunst Anwalt E-Book

Sebastian Vorberg

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Beschreibung

„Der Berufsstand der Rechtsanwälte in Deutschland ist überbewertet. Lediglich falscher Stolz führt dazu, dass das noch keiner so richtig gemerkt hat. Mir ist ohnehin nicht klar, woher der Otto-Normal-Jurist heute noch sein Selbstbewusstsein nimmt. Meine These: Die Ausbildung, der Job und das ganze Leben als Rechtsanwalt hat inzwischen sämtliche Attraktivität verloren und ist eine reine Zumutung. Standesdünkel mag das eine sein – die Realität ist eine andere.“ So beginnt Sebastian Vorbergs erfrischendprovokantes Resümee seines juristischen Werdegangs zum einen und einer Bestandsaufnahme des bundesdeutschen Juristenalltags zum anderen: ein vergnüglich zu lesendes Plädoyer für mehr Kreativität.

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Sebastian Vorberg

Lebenskunst Anwalt

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie; detaillierte bibliografische Angaben sind im Internet unter http://dnb.ddb.de abrufbar

Alle Rechte vorbehalten

Dieses Werk, einschließlich aller seiner Teile, ist urheberrechtlich geschützt. Jede Verwertung außerhalb der engen Grenzen des Urheberrechtsgesetzes ist ohne Zustimmung des Verlages unzulässig und strafbar. Das gilt insbesondere für Vervielfältigungen, Übersetzungen, Mikroverfilmungen, Verfilmungen und die Einspeicherung und Verarbeitung auf DVDs, CD-ROMs, CDs, Videos, in weiteren elektronischen Systemen sowie für Internet-Plattformen

© Lehmanns Media, Berlin 2013

Helmholtzstraße 2-9

10587 Berlin

Umschlagmotiv: © Heike Kreutzmann

ePublishing: Benjamin Zuckschwerdt

ISBN 978-3-86541-547-9

Vorwort

Der Berufsstand der Rechtsanwälte in Deutschland ist überbewertet. Lediglich falscher Stolz führt dazu, dass das noch keiner so richtig gemerkt hat. Mir ist ohnehin nicht klar, woher der Otto-Normal-Jurist heute noch sein Selbstbewusstsein nimmt. Meine These: Die Ausbildung, der Job und das ganze Leben als Rechtsanwalt hat inzwischen sämtliche Attraktivität verloren und ist eine reine Zumutung. Standesdünkel mag das eine sein – die Realität ist eine andere.

Ich bin inzwischen seit über zehn Jahren Rechtsanwalt. Ich habe alle Fassetten dieses Organs der Rechtspflege erlebt. Heute kann ich mich Gründer und Partner einer gut laufenden Anwaltskanzlei im Medizinrecht nennen. Ich denke, wir haben in dieser Kanzlei alles, was möglich ist, erreicht und mit einem Durchschnittsalter von 36 Jahren bei inzwischen sechs aktiven Rechtsanwälten noch eine beneidenswerte Kanzleikarriere zu erwarten. Nun könnte ich wie alle anderen die Fassade aufrecht erhalten und mit stolzgeschwellter Brust auf meinen Werdegang zeigen und sagen: „Geht doch! Schaut uns an! Wir sind die Yuppieanwälte des 21. Jahrhunderts. Weiter so!“ Doch ich würde mir wie auf einer Bühne mit einem schlechten Bühnenbild vorkommen. Allein diesen Schein nach außen zu kommunizieren, um den Neid auf mich zu ziehen und mein Ansehen selbst zu inszenieren, wäre einem Meineid gleichzusetzen, zumindest wäre es Hochstapelei.

Die Realität: das Schiff ist durch schwere See gesegelt und hat so manchen Sturm erlebt. Immer wenn man die Sonne hervortreten sah, erfasste einen eine neue Naturkatastrophe. Die Hoffnung, die Fahrt zu überleben, war häufig nicht einmal in Reichweite. Todesängste haben den Großteil der Reise bestimmt. Lediglich ein überdimensionaler Optimismus gepaart mit einem natürlichen Überlebensdrang hat dieses Schiff schließlich in ruhigeres Gewässer gebracht. Die Umstände sind jedoch weiterhin widrig und den ursprünglich geplanten Trip in die Karibik wird dieser Job erkennbar nicht mit sich bringen.

Dieses düstere Bild soll jedoch nicht die Botschaft des vorliegenden Buches sein. Ich liebe das Leben, und es wäre äußerst dumm, sich von etwas schlechtem Wetter die Laune verderben zu lassen. Die Rechtsanwälte sind selber schuld an den Zuständen. Oder sollen erst alle Rechtsanwälte grau und blass in Depressionen versinken? Wir Juristen müssen etwas ändern – und wir können etwas ändern. Auch wenn es sich bei der Rechtspflege um eine ernste Angelegenheit handelt, heißt das nicht, dass Menschlichkeit, Humor und Lebensfreude keine Tugenden der Juristen sein dürfen. Räumen wir mit Missgunst, Streitsucht, Vorurteilen, Herrschaftsdenken, Standesdünkel und Gruppenzwang auf, so könnten die Rechtsanwälte nicht nur sich selber helfen, sondern auch dem Rechtsstaat. Wie Anwaltsserien und Doku-Lieblinge zeigen, kann das Anwaltsleben in der Gesellschaft doch so schön sein.

Ich möchte einen Teil meines Anwaltslebens schildern (das Wort Karriere möchte ich nicht strapazieren) und dabei einen Weg zeigen, wie die Anwaltschaft durch Aufklärung und Einsicht zur Erleuchtung gelangen und der Trip in die Karibik – vielleicht – doch noch wahr werden kann.

Das Strafgericht

Sinnentleert blicke ich aus dem Fenster in den Hof des Strafjustizgebäudes. Dieses Gebäude strahlt etwas Beängstigendes aus. Ein Ort für Mörder, Betrüger und Wirtschaftskriminelle. Alles was da draußen passiert, ist unwirklich und wie im Fernsehen ohne Konsequenzen, bis die bittere Realität in diesem Gebäude zuschlägt: Haftbefehle, Haftprüfungen, Geldstrafen, Haftstrafen und Sicherheitsverwahrung. Zwar wird in diesem Gebäude nicht mehr über den Tod entschieden, doch über das Leben.

Wird jetzt auch über mein Leben entschieden?

Meine Depression der letzten Wochen vermischt sich seltsamerweise mit der Hoffnung, dass, egal was passiert, die Sache hier vor Gericht endlich entschieden wird und die Ungewissheit ihr Ende hat.

Vor meinen Gedanken schlurfen geduckt gehende Strafgefangene in Streifenhemden und mit einer Eisenkugel an dem Knöchel durch den tristen Hof, auf den ich mit geweiteten Pupillen starre. Die abgeplatzte und mehrfach überstrichene Farbe des Fensterrahmes verrät dabei eine gewisse Tradition dieses Gebäudes. Die Ausstrahlung des lieblosen Ganges mit den hohen unpersönlichen Decken optimiert meine Empfindung von Strafe, Folter und Verdammnis.

Am Eingang hatte ich mich erst einmal fürchterlich blamiert. Mein Anwalt, einer der renommiertesten Strafverteidiger Deutschlands, ist durch den Seiteneingang ins Gebäude gelangt. Das war auch sinnvoll. Wir hatten uns rechtzeitig vor dem Gericht verabredet, er war aber leider 20 Minuten zu spät, so dass wir jetzt recht knapp dran sind. Ich hätte es ihm gleichtun können, wenn ich einen Anwaltsausweis besessen hätte. Jedoch bin ich kein Strafrechtler und mir waren die Privilegien des Anwaltsausweises immer egal. Wie sich noch zeigen wird, bin ich auch kein Freund von Standesdünkel. Die Privilegien der Anwälte waren für mich reiner Selbstbetrug. Jetzt hätte ich den Anwaltsausweis gut gebrauchen können. Zum Teufel mit dem Idealismus! Eine Abkürzung ist durchaus ein handfestes Privileg.

Im Strafjustizgebäude herrschen strenge Sicherheitsvorkehrungen. Nur ein Anwaltsausweis gewährt einem freien Einlass. Stattdessen habe ich mich für die Kontrolle und den Metalldetektor in die Schlange einzureihen. Die Schlange hinter mir schwillt an. Man kennt das ja von den Flughäfen. Ich lege meine Aktentasche in eine Box und nehme Schlüssel, Handy, Gürtel und Ehering ab und lege sie dazu. Es piept nicht. Doch die Durchleuchtung meiner Aktentasche macht Probleme. Ich werde zu dem Kontrolleur beordert. Leider jedoch nicht so, dass die Schlange hinter mir weiter abgefertigt werden kann.

Somit gibt es eine lange Reihe von Leuten, die das Schauspiel höchst interessiert verfolgen. Meine ohnehin angespannten Nerven lassen nur ein nervöses Lächeln zu, meine Bewegungen sind hektisch und ich bemühe mich angestrengt, gelassen zu wirken. Der gefühlte Zeitdruck trägt seinen Rest bei. Der Kontrolleur fragt:

„Haben Sie da etwas Elektronisches drin?“

Ach ja, völlig unnötigerweise habe ich mein IPad mitgenommen; aus reiner Gewohnheit, obwohl ich es heute und hier sicherlich nicht gebrauchen werde. Ich lege das multifunktionale Tablett auf den Tisch und schalte es an. Der Kontrolleur ist erst einmal zufrieden. Dieser unsicher wirkende Mann da, der vorgibt ein Anwalt zu sein, aber keinen Anwaltsausweis hat, plant offensichtlich keine Sprengung im Gerichtssaal, verdächtig ist er dennoch.

Erleichtert eile ich wieder durch den Scanner. Doch der Kontrolleur holt mich noch einmal zurück. Erst nach drei weiteren Anläufen ist er schließlich zufrieden. Wie in einer Damenhandtasche habe ich aus den verschiedenen Abteilungen meiner Aktentasche die folgenden Gegenstände hervorgeholt: Ladegerät für das Handy, Netzteil für meinen Laptop – falls man den mal dabei hat –, superdicker Akku mit USB-Anschluss zur Sicherheit zum mobilen Laden des Handys oder des IPads, mobile Tastatur, diverse Kabel, Netzteile und Adapter für diese Gegenstände.

Hinter der Kontrolle wartet mein Verteidiger, der nun offensichtlich auch seinerseits unter Zeitdruck steht. Wir eilen zum Sitzungssaal, alle – Richter, Staatsanwältin, Schöffen und Gerichtsschreiber – warten schon. Ich setze mich nach kurzer Begrüßung auf den Platz des Angeklagten. Mein Geist flüchtet sich in eine ohnmächtige Trance. Diesen Moment habe ich in den letzten Wochen immer wieder versucht zu verdrängen. Allein die Vorstellung, auf der Anklagebank Platz zu nehmen, löst bei mir eine gesundheitsgefährdende Panikattacke aus. Nun hat bereits die Kontrolle am Eingang den Adrenalinspiegel derart nach oben gepeitscht, dass ich zumindest mein labiles Bewusstsein behalte.

In Erwartung der Dinge, die da kommen, werde ich zusammen mit den Schöffen jedoch gleich wieder gebeten, den Raum zu verlassen. Die Profis wollen unter sich sein und die Sache noch einmal ohne mich erörtern. Wie ferngesteuert verlasse ich wortlos den Raum.

Schon am Anfang war die Verzweiflung

Folter – rauscht es bei diesem Rückblick durch meinen angstsedierten Kopf, und ich wende meinen Blick vom Hof zur Tür des Sitzungssaals. So sehr haben mich die Umstände meines eigenen Falles erschüttert, dass ich ins Philosophieren gekommen bin. Kein Philosophieren über den Sinn des Lebens, sondern über den Sinn und Unsinn des Berufsstandes des Rechtsanwaltes. Schon immer spürte ich eine gewisse Abneigung gegen den eigenen Beruf. Dabei wäre der Beruf des Anwaltes in der Theorie noch zu rechtfertigen, wenn da nicht die anderen Anwälte wären. Es ist die personifizierte Anwaltschaft, die mir wie die Holländer auf einem Campingplatz jede Idylle der guten Idee versauen.

Lesen Sie weiter in der vollständigen Ausgabe!

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