Lebensmotor Bewegung - Ernst Minar - E-Book

Lebensmotor Bewegung E-Book

Ernst Minar

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Beschreibung

"Ich habe jahrelang in der Pharmabranche gearbeitet und eines gelernt: Das beste Medikament, um gesund zu bleiben, ist Bewegung" (Ernst Minar) Der moderne Mensch sitzt zu viel. Auf dem Sessel bei der Arbeit. Auf der Couch vor dem Fernseher. Wir starren stundenlang auf Handys, leben mit dem Computer. Die Digitalisierung hat uns bequem gemacht. Und die Pandemie wirft ihren langen Schatten auf die Gesellschaft. Übergewicht und Bewegungsmangel zersetzen die Gesundheit. Der Molekularbiologe und Bestsellerautor Dr. Slaven Stekovic (Der Jungzelleneffekt" zeigt auf anschauliche Art, wie der Körper in Kleinen funktioniert. Wie Muskeln und Organe miteinander kommunizieren. Wie das Gehirn wächst oder verkümmert. Wie Zellen wirklich ticken. Und was man tun kann, um seinen Organismus langfristig zu schützen. Wer sich nur dreimal die Woche richtig bewegt, wird seltener krank. Neue Studien liefern erstaunliche Erkenntnisse über die mikrobiologischen Funktionen und ihr Zusammenspiel. Einfache Übungen zeigen, wie man sich gegen die größte Gefahr der Gegenwart wappnet: die Gemütlichkeit. - So funktioniert die Zellmatrix im Körper - 10-Stufen-Plan für eine nachhaltige Gesundheit - QR-Codes mit Kurzfilmen zu den Übungen

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INHALT

Lernen Sie Ihren Köper kennen!

Der moderne Mensch sitzt zu viel. Auf dem Sessel bei der Arbeit. Auf der Couch vor dem Fernseher. Wir starren stundenlang auf Handys, leben mit dem Computer. Die Digitalisierung hat uns bequem gemacht.

Übergewicht und Bewegungsmangel schaden der Gesundheit. Dieses Buch zeigt auf anschauliche Art, wie der Körper im Kleinen funktioniert. Wie Muskeln und Organe miteinander kommunizieren. Wie das Gehirn wächst oder verkümmert.

Wie Zellen wirklich ticken. Und was man tun kann, um seinen Organismus langfristig zu schützen. Wer sich nur dreimal die Woche richtig bewegt, wird seltener krank. Neue Studien liefern erstaunliche Erkenntnisse über die mikrobiologischen Funktionen und ihr Zusammenspiel in unserem Körper.

Inklusive QR-Code mit Link zu einfachen Übungen.

„Ich habe jahrelang in der Pharmabranche gearbeitet und eines gelernt: Das beste Medikament, um gesund zu bleiben, ist Bewegung.“. (Ernst Minar)

DIE AUTOREN

Mag. Ernst Minar ist ein Top-Manager der internationalen Gesundheitsindustrie. Er ist bestens vernetzt und ein wahrer Visionär seiner Branche. Minar setzt die internationalen Fitnesstrends und kooperiert eng mit der deutschen Hochschule für Prävention und Gesundheitsmanagement und der Harvard Medical School. 20 Jahre arbeitete er in leitenden Funktionen und Aufsichtsräten der amerikanischen Gesundheits- und Pharmaindustrie. Sein Ziel war immer, die Menschen gesünder und glücklicher zu machen. Er erkannte früh, dass Fitness und Bewegung das beste Medikament sind. Als Eigentümer hat er John Harris Fitness zu einer der führenden Premium-Fitnessketten in Europa gemacht. 2021 kürte ihn eine Expertenjury zum Krisenmanager des Jahres.

Dr. Slaven Stekovic ist Molekularbiologe und Wissenschaftler im Bereich der Langlebigkeit, Alterung und altersassoziierten Erkrankungen. Er forschte an der Karl-Franzens-Universität in Graz und schrieb 2018 den Bestseller „Der Jungzelleneffekt“, der die Effekte der Autophagie und des periodischen Fastens auf die Alterung beleuchtete. Als einer der führenden jungen Köpfe in diesem Bereich wurde er mehrmals ausgezeichnet und kam somit auf die Forbes 30under30 Liste. Er unterrichtet an mehreren europäischen Universitäten, inklusive Cambridge in Großbritannien und beschäftigt sich vorwiegend mit der Anwendung der wissenschaftlichen Entdeckungen und neuen Technologien in den realen Umgebungen.

Aufgezeichnet von Andrea Fehringer & Thomas Köpf

Haftungsausschluss:

Die in diesem Buch enthaltenen Informationen und Ratschläge wurden von den Autoren sorgfältig recherchiert und geprüft. Eine Garantie kann dennoch nicht übernommen werden. Die Informationen und Ratschläge sind außerdem nicht dazu gedacht, die Beratung durch einen Arzt oder Therapeuten zu ersetzen, sofern dies angezeigt ist. Unter keinen Umständen sind die Autoren oder der Verlag für irgendwelche Schäden oder Verluste haftbar, die dem Leser dadurch entstehen könnten, dass er sich ausschließlich auf Informationen in diesem Buch verlässt. Eine Haftung der Autoren, des Herausgebers oder des Verlags ist ausgeschlossen

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© Carl Ueberreuter Verlag, Wien 2022

ISBN 978-3-8000-7794-6

ISBN 978-3-8000-8224-7 (e-book)

E-Book-Ausgabe der 2022 im

Carl Ueberreuter Verlag erschienenen

Buchausgabe.

Alle Rechte vorbehalten. Das Werk darf – auch teilweise – nur mit Genehmigung des Verlags wiedergegeben werden.

Dieses Werk ist urheberrechtlich geschützt. Jegliche Vervielfältigung und Verwertung ist nur mit Zustimmung des Verlags zulässig. Das gilt insbesondere für Übersetzungen, die Einspeicherung und Verarbeitung in elektronischen Systemen sowie das öffentliche Zugänglichmachen z. B. über das Internet.

Redaktionelle Mitarbeit: Hans Schneeweiß, Konstantin Wollinger

Gestaltung & Grafik: Saskia Beck, s-stern.com

Umschlagfoto: Adobe Stock / Collage

Konvertierung: bookwire.de

www.ueberreuter.at

Ernst MinarSlaven Stekovic

LEBENSMOTORBEWEGUNG

Die Wissenschaft erklärt denKörper-Code des Menschen

Inhalt

1.Jerry und die toten Busfahrer:Die Wissenschaft entdeckt die Bewegung

2.Die Muskeln und der Herr Inspektor:Sport schützt gegen Stress

3.Eine ziemlich dumme Lunge:Richtig atmen senkt den Blutdruck

4.Das Herz, Killer Nummer eins:So wird das gute Cholesterin aktiviert

5.Der Darm und das Bauchgefühl:Bewegung verbessert die Verdauung

6.Das Gehirn, unser Kontrollzentrum:Wie wir der Demenz entkommen

7.Schöner entgiften: Die Leber, die Nieren, die Haut: Das Detox-Geheimnis

8.Hunger nach mehr:Wie viel wir essen, was wir wirklich brauchen

9.Die Psyche:Bewegung erhellt das Gemüt und sorgt für besseren Sex

10.Die größten Fehler beim Trainieren:Profi-Tricks, wie’s richtig geht

Anhang:Los geht’s! Ideale Übungen für daheim

„Fernsehen ist fabelhaft.Man bekommt nicht nur Kopfschmerzen davon,sondern erfährt auch gleich in der Werbung,welche Tabletten dagegen helfen.“

Bette Davis

1. JERRY UND DIE TOTEN BUSFAHRER: DIE WISSENSCHAFT ENTDECKT DIE BEWEGUNG

Der Himmel über London war zu einem fahlen Anthrazit ergraut, es nieselte. Als der Big Ben dreimal schlug, spazierten Herren in Anzügen und mit polierten Schuhen über die Tower Bridge, zogen den Hut oder die Melone, um eine Dame zu begrüßen, und spannten Regenschirme auf. Im England der 1950er-Jahre ließ man die Hektik beiseite und ging mit Stil seines Weges. Eile, das wusste jeder, ist die Feindin der Würde.

Ein roter Doppeldeckerbus fuhr vorbei. Darin auf dem Oberdeck saß Jerry Noah Morris, ein junger schottischer Arzt im dunkelbraunen Tweed-Anzug. Jerrys Blick war hellwach, er registrierte die Passagiere im Bus und trug seine Aufzeichnungen bei sich. Ein schwarzes Notizbuch und einen Bleistift. Jedes Mal, wenn der Schaffner zu ihm heraufkam, um zugestiegene Fahrgäste zu kontrollieren, machte Jerry einen Grafit-Strich in sein Büchlein. Immer einen von oben nach unten gezogen, viermal nebeneinander, beim fünften Mal setzte er einen Querstrich, um den Überblick für seine penible Zählung nicht zu verlieren.

Der Schaffner, der gerade die Treppe hochgestiegen war, nickte Jerry zu, und beide setzten ein britisches Lächeln auf. Der Busfahrer saß hinter dem Steuer, schloss die Tür und fuhr los, während der Schaffner weiter herumging und sich anschickte, die Fahrkarten zu prüfen. Der Bus nahm Fahrt auf. Draußen war das Nieseln in einen Londoner Schnürlregen übergegangen. Dicke Tropfen prasselten gegen die Scheiben, aber Jerry war nur in seine Studie vertieft. Rätselhaft, dachte er bei sich, ziemlich mysteriös, was da vor sich geht.

Jerry Noah Morris arbeitete beim staatlichen britischen Medical Research Council. Er hatte festgestellt, dass seit Beginn des 20. Jahrhunderts die Zahl der Menschen, die an einem Herzinfarkt starben, dramatisch angestiegen war. In einer Vielzahl von Stunden hatte er die Todesakten der Menschen studiert, die zwischen 1907 und 1949 gestorben waren. Aus den Daten folgerte er, dass die berufliche Tätigkeit etwas mit dem Herzinfarktrisiko zu tun haben musste. Er schaute sich verschiedene Berufsgruppen genauer an. Unter ihnen waren Postbeamte und Busbesatzungen.

Er verglich deren Lebensstile: Sowohl Schaffner, die die Tickets kontrollierten, als auch Busfahrer aßen Sandwiches, tranken Guinness-Bier im Pub; sie atmeten täglich Abgase ein, waren derselben Lärmbelästigung und Luftverschmutzung ausgesetzt; sie wohnten im selben Soziotop; alles war gleich, ihr Lebensstil ident. Merkwürdig schien nur der Umstand, dass die Busfahrer im Vergleich zu den Kontrolleuren statistisch öfter und vor allem deutlich früher starben. Woran konnte das liegen?

Bei seinen ausgedehnten Begleitfahrten fand Jerry heraus, dass die Schaffner pro Arbeitstag zwischen 500 und 750 Stufen hinauf- und hinunterstiegen, weil ihnen das der Doppeldeckerbus abverlangte. Im Gegensatz dazu hockten die Busfahrer tagein, tagaus nur auf ihrem Sitz hinter dem Lenkrad. Sie saßen den Gutteil ihres Lebens. Der Forscher verglich seine neu gewonnenen Daten mit den Todesakten. Das Herzinfarktrisiko der Schaffner war nur halb so hoch wie das der Fahrer. Da machte es klick in seiner wissenschaftlichen Betrachtung.

Parallel dazu begutachtete Jerry die Postangestellten. Die Briefträger waren alle kerngesund. Ihre Kollegen allerdings, die in den Postämtern hinter dem Schalter dahindümpelten und nur hin und wieder die Stempel bewegten, erlitten merkbar öfter einen Herzinfarkt. 1953 veröffentlichte Jerry Noah Morris die Ergebnisse seiner Studie in dem anerkannten Medizin-Journal The Lancet.

Er erbrachte damit den ersten wissenschaftlichen Beweis, dass Bewegung gesund ist.

Bewegung verlängert das Leben.

Trägheit ist Selbstmord in Zeitlupe.

Die schriftliche Erkenntnis Mitte des 20. Jahrhunderts war recht spät, wenn man bedenkt, dass schon die alten Griechen und Römer gewusst haben, wie man mit Hirn durchs Leben geht – mens sana in corpore sano. Ein gesunder Geist in einem gesunden Körper. Sitzen und knotzen gehört nicht dazu. Der Mensch weiß das schon lange, nur die Forschung hatte das Wort Prävention noch flächendeckend ausgeklammert.

Auch Bücher aus dem Mittelalter beschreiben, wie Bewegung in die medizinische Behandlung integriert wurde. Später, im 19. Jahrhundert, war die Sache längst klar.

Eine literarische Hebel-Wirkung

1811 schrieb der deutsche Schriftsteller Johann Peter Hebel den Essayband Schatzkästlein des rheinischen Hausfreundes, übrigens eines der Lieblingsbücher von Franz Kafka.

Darin ein Aufsatz mit dem Titel „Der geheilte Patient“.

„Reiche Leute haben doch auch allerlei Lasten und Krankheiten auszustehen, von denen gottlob der arme Mann nichts weiß, denn es gibt Krankheiten, die nicht in der Luft stecken, sondern in den vollen Schüsseln und Gläsern, und in den weichen Sesseln und seidernen Betten, wie jener reiche Amsterdamer ein Wort davon reden kann. Den ganzen Vormittag saß er im Lehnsessel und rauchte Tabak, wenn er nicht zu träge war, aß aber zu Mittag doch wie ein Drescher, und die Nachbarn sagten manchmal: ‚Windet’s draußen, oder schnauft der Nachbar so?‘ Den ganzen Nachmittag aß und trank er ebenfalls, bald etwas Kaltes, bald etwas Warmes, ohne Hunger und ohne Appetit, aus lauter langer Weile bis in den Abend, also, daß man bei ihm nie recht sagen konnte, wo das Mittagessen aufhörte und wo das Nachtessen anfing. Nach dem Nachtessen legte er sich ins Bett, und war so müd, als wenn er den ganzen Tag Steine abgeladen oder Holz gespalten hätte. Davon bekam er zuletzt einen dicken Leib, der so unbeholfen war wie ein Maltersack. Essen und Schlaf wollte ihm nimmer schmecken, und er war lange Zeit nicht recht gesund und nicht recht krank; wenn man ihn selber hörte, so hatte er 365 Krankheiten, nämlich alle Tage eine andere.

Alle Ärzte, die in Amsterdam sind, mußten ihm raten. Er verschluckte ganze Feuereimer voll Mixturen und ganze Schaufeln voll Pulver, und Pillen wie Enteneier so groß, und man nannte ihn scherzweise nur die zweibeinige Apotheke. Aber alle Arzneien halfen ihm nichts, denn er folgte nicht, was ihm die Ärzte befahlen, sondern sagte: ‚Wofür bin ich ein reicher Mann, wenn ich leben soll wie ein Hund, und der Doktor will mich nicht gesund machen für mein Geld?‘

Endlich hörte er von einem Arzt. Zu ihm fasste der Mann Vertrauen. Der Arzt merkte bald, was ihm fehlte, nämlich nicht Arznei, sondern Mäßigung und Bewegung. Er sagte: ‚Ihr dürft nicht mehr essen als zweimal des Tages einen Teller Gemüs, mittags ein Bratwürstlein dazu und nachts ein Ei, und am Morgen ein Fleischsüpplein mit Schnittlauch drauf.‘ Der Mann war dem Rat gefolgt und hatte 87 Jahre, 4 Monate und 10 Tage gelebt, wie ein Fisch im Wasser so gesund, und hatte alle Neujahr dem Arzt 20 Dublonen zum Gruß geschickt.“

Anno 1811 gab es vielleicht noch andere Diätkonzepte als heute, aber der Kern der Sache war absehbar. Zu Fuß gehen, anstatt die Kutsche zu nehmen, und sich zügeln beim Völlern – das vermeidet den Schreiner, der den Sarg zimmert.

Trotz dieser frühen Erkenntnisse hat die Wissenschaft bis Anfang der 1950er-Jahre gebraucht, um das amtlich zu bestätigen. Jerry Noah Morris sei Dank.

Ein Leben in Bewegung ist der beste Arzt

Es sind oft äußere Umstände, die die inneren Werte verändern.

Nach dem Zweiten Weltkrieg war es zu einem großen Wandel in der Lebensweise der Menschen gekommen. Damals entstand die moderne Gesellschaft. Davor hatten sich die Menschen im Alltag grundsätzlich viel bewegt, die meisten waren einer körperlichen Arbeit nachgegangen. Danach wurden die Leute immer bequemer: mit ihrem Lebensstil, bei der Ernährung, auch in ihren Bewegungsmustern.

Wer ist ein Sportler?

Der Begriff Sportler hat in der Bedeutung einen merkwürdigen Wandel durchlaufen.

In der Antike waren Sportler Menschen, die an den Olympischen Spielen teilnahmen.

Später galten Menschen als Sportler, wenn sie an Wettkämpfen und Meisterschaften teilnahmen.

Heute ist jemand ein Sportler, wenn er zweimal die Woche joggen geht oder sich einmal pro Woche zum Fußballspielen trifft und nachher ein paar Bier reinkippt.

In zwanzig Jahren werden Menschen als Sportler bezeichnet werden, die zu Fuß zum Supermarkt gehen, um dort einzukaufen. Weil sie die Einzigen sind, die sich noch aus eigenem Antrieb aufraffen, den Allerwertesten zu heben, um die Tragtaschen eigenhändig nach Hause zu bringen. Der Sportler von morgen lässt ab von der Drohne.

Sattheit im Umgang mit sich selbst definiert heute schon die Verhaltensmuster der breiten Gesellschaft. Müßiggang ist die Geißel der Moderne.

Der Mensch sitzt zu viel. Auf dem Sessel bei der Arbeit. Auf der Couch vor dem Fernseher. Wir starren stundenlang auf Handys, leben mit dem Computer. Die digitale Revolution hat uns bequem gemacht. Und die Pandemie wirft ihre langen Schatten. Übergewicht und Bewegungsmangel zersetzen die Gesellschaft.

Die Menschen haben eine unsägliche Liebe zur Bequemlichkeit. Wir sind mittlerweile gewöhnt, mit einer Handbewegung Zugang zu allen Möglichkeiten der Alltagsversorgung zu haben. Wir bestellen Burger, Pizza und Pasta per App. Cola vom Supermarkt, bitte rauftragen in den dritten Stock. Alles ist mit kleinen Programmen gesteuert, künstliche Intelligenzen wuseln im Hintergrund, sammeln Daten über die Vorlieben bei den Bestellungen. Und wir wollen während all dieser Zeit nur happy sein. Wir fahren in den Urlaub und posten sofort Fotos auf Instagram.

Wir wollen liegen, und wir wollen Likes. Wir suhlen uns in Trägheit. Wir leben vor dem Bildschirm, auch wenn er schwarz ist.

Die vier Gruppen der Bewegung

Körperliche Aktivität ist definiert als „jede Bewegung der Skelettmuskulatur, die zu einer erheblichen Erhöhung des Ruh-Energieaufwands führt“. Bewegung wird unterschiedlich kategorisiert. Eine Skala teilt körperliche Aktivität in vier Gruppen.

•Zur ersten Gruppe zählt die allgemeine oder tägliche körperliche Aktivität. Sie passiert mehr oder weniger routinemäßig – und bezeichnet die Art der Bewegung, die wir in diesem Buch noch oft thematisieren werden. Das sind die Spaziergänge oder auch mit dem Hund Gassi gehen. Raus an die frische Luft.

•Die zweite Art der Bewegung ist das Training. Eine gezielte und strukturierte Art der Bewegung. Sie ist nicht im Alltag integriert – wir müssen uns Zeit dafür nehmen. Und wir schaffen uns damit Zeit, um eine bestimmte Muskelgruppe auf- oder Fett abzubauen. Das Fitnesscenter gehört dazu. Der Fokus liegt auf der Funktion bestimmter Muskelgruppen oder auf Gewichtsreduktion. Schwitzen und abnehmen.

•Gruppe Nummer drei ist der echte Sport. Das ist ebenfalls eine strukturierte körperliche Aktivität, allerdings mit einem Wettbewerbs-Charakter. Der Fokus liegt nicht nur auf der Funktion, sondern auf der Leistung. Wobei es nicht unbedingt Leistungssport sein muss. Etwa beim Tennisspielen: Die Spieler sind daran interessiert, besser Tennis zu spielen. Der Topspin funktioniert vielleicht, die Rückhand hin und wieder. Aber der Aufschlag macht immer das ganze Match zunichte. Der geht einmal ins Aus und einmal ins Netz. Der Smash muss besser werden. Und das kann nur durch Training erreicht werden. Der Fokus liegt hier nicht auf der Funktion einzelner Muskeln, sondern auf der Optimierung bestimmter Bewegungsabläufe.

•Die vierte Gruppe ist das Spielen. Wenn Kinder in der Sandkiste mit Schäufelchen und Kübelchen Burgen bauen, auf den Geräten am Spielplatz herumtollen oder Fangen spielen. Das wiederum ist eine unstrukturierte Form der Bewegung. Sie hat den Fokus weder auf Leistung noch auf Funktion, sondern vielmehr Unterhaltungscharakter. Bei Erwachsenen fällt diese Art der Bewegung fast zur Gänze weg. Wenn Sie im Urlaub Federball oder Wasserball spielen, fällt das genauso in diese Sparte. Aber Erwachsene spielen eher im Bett. Verbrennt auch Kalorien.

In den vergangenen Jahrzehnten hat sich vieles geändert. Heute haben Kinder mit Übergewicht und anderen gesundheitlichen Problemen zu kämpfen, weil sie sich nicht genug bewegen. Kinder trainieren nicht so gezielt wie Erwachsene und treiben auch weniger Sport. Kinder gehen nicht ins Fitnesscenter.

7 Prozent machen die Gene aus, 93 Prozent ist Lebensstil

Eine aktuelle Studie besagt, dass unsere Lebenserwartung nur zu 4–7 % durch die Genetik festgelegt ist. Das heißt, dass der Hauptteil, 93–96 %, allein von unserem Lebensstil abhängt. Es ist bei Weitem nicht durch die Erbmasse bestimmt, wie lange wir leben. Heutzutage beträgt die durchschnittliche Lebenserwartung bei Frauen in Österreich 83,3 Jahre, bei Männern 78,0. Wir haben es selbst in der Hand.

Lifestyle wird gern mit Aktivität gleichgesetzt. Aber Lebensstil ist nicht, einmal Bungee-Jumpen zu gehen. Der Lebensstil vieler ist es, jeden zweiten Tag zum McDonald’s zu schlurfen. Gemeint ist die Gewohnheit, das Regelmäßige.

Über die meisten Dinge in unserem Lebensstil haben wir Kontrolle. Wir können uns entscheiden, ob wir Zigaretten rauchen, Alkohol trinken oder einen Wanderausflug in die Natur unternehmen. Auf andere Dinge wie etwa die Feinstaubbelastung haben wir keinen Einfluss. Es macht einen Unterschied, ob man in Detroit oder am Wörthersee aufwächst. Die schlechte Luft, der Lärm oder der Stress verkürzen unsere Lebenserwartung. Die Umgebung hustet uns was.

Deswegen sollten wir umso mehr auf die Dinge achten, die wir selbst bestimmen können. Die meisten von uns haben Einfluss darauf, ob sie am Abend vor dem Fernseher Chips in sich hineinstopfen oder lieber spazieren gehen. Jemand, der alle Folgen von Friends, Breaking Bad oder Game of Thrones schon gesehen hat, wird keinen besonderen Mehrwert haben, wenn er sich eine Folge zum zweiten oder zwölften Mal anschaut. Aber vielleicht wird er das tun. Und dabei faul auf der Couch herumliegen. Ausrasten. Chillen. Serien inhalieren. Die Luft der Gemütlichkeit. Also mindestens einer von uns hat das auch schon das eine oder andere Mal gemacht.

Ich hab keine Zeit, hab keine Lust, brauch Erholung. In Wahrheit hat jeder Mensch die Zeit, täglich 30 Minuten spazieren zu gehen. Aber der innere Schweinehund knurrt so lange, bis er bekommt, was er will. Den Knochen der Starrheit, die Regungslosigkeit im Alltag. Das Problem sitzt nicht in den Gliedern, sondern im Kopf.

Allein das Denken an Bewegung und Training hat eine positive Auswirkung auf den Körper. Im Rahmen einer weltberühmten Studie bildeten Forscher zwei Gruppen. Die eine Gruppe dachte täglich unter Anleitung aktiv an Bizeps-Übungen. Die Probanden mussten sich die Übungen nur vorstellen. Die andere Gruppe tat das nicht. Am Ende der Testzeit konnten die Forscher bei der ersten Gruppe einen größeren Armumfang feststellen. Da stellt sich natürlich die Frage, wie viel vom effektiven Training bloß das Bewusstsein ausmacht.

Die meisten Studien im Bereich Sport und Bewegung untersuchen die Vorteile von Bewegung an sich, aber die wenigsten rechnen die Realität der Bürojobs mit ein. Wer acht Stunden oder mehr im Büro sitzt, kaum vom Arbeitsplatz aufsteht und im Anschluss eine Stunde ins Fitnesscenter geht, hat die Zeit des Sitzens nicht wettgemacht. Die Wissenschaft zeigt: Auch wenn wir ein gezieltes Training für unsere Muskeln machen, macht das den Bewegungsmangel in unserem Alltag nicht wett.

Jede halbe Stunde aufstehen und gehen

Die Empfehlung der Wissenschaft: Alle 30 Minuten aufstehen und sich fünf Minuten lang bewegen. In Wahrheit sind unsere Arbeitsplätze nicht dafür geschaffen. Von der BILLA-Verkäuferin bis zum CEO eines Unternehmens – wir können nicht jede halbe Stunde aufstehen und lustig spazieren gehen. Daher kann es passieren, dass ein fitter Geschäftsmann, der gesundheitsbewusst regelmäßig ins Fitnesscenter geht, einen Herzinfarkt bekommt. Obwohl sein Körper gesund aussieht, ist das noch lange keine Garantie, dass der Stoffwechsel und das Herz-Kreislauf-System optimal funktionieren.

Denken wir an Sport und Bewegung, so haben wir meistens das Bild des Trainings und des Muskelaufbaus vor uns. Es geht darum, schneller, stärker und besser zu werden. Der Bauch bitte flach, Arme und Beine schön definiert, der Po knackig, sowieso. Was wir oft vergessen, ist, dass die Bewegung tief in der menschlichen Natur steckt. Unsere Vorfahren sind nicht auf einer Parkbank gesessen und haben gewartet, bis ein Reh vorbeispringt. Sie haben als Jäger und Sammler das Tier auf ihren zwei Beinen gejagt. Sie sind gegangen und gelaufen, haben gelauert und gehetzt. Der Ego-Shooter waren sie selbst.

Vor 100.000 Jahren hat der Mensch sein Gehirn genutzt, um zu überleben, seine Nahrung zu suchen. Nicht jede Nahrung war wertvoll. Ein Tannenbaum ist voll Zellulose und schwierig für den Körper zu verwerten. Menschen haben gezielt nach Früchten gesucht, die reich an Fruktose und Glukose sind. Das Gehirn hat sich angepasst und ein Belohnungssystem eingeführt. Das schmeckt gut, Serotonin und Dopamin wurden ausgeschüttet, die Menschen wollten mehr davon. Genau dieses Prinzip funktioniert auch auf Instagram. Wir wollen eine schnelle Belohnung. Am liebsten, ohne viel dafür zu tun. Ein Wischen, ein Posten und fertig.

Um die Benefits des Sporttreibens an die Bequemlichkeit der Menschen anzupassen, haben Forscher versucht, eine Pille zu entwickeln, die den Sport ersetzt. Leider sind die Wissenschaftler schnell draufgekommen, dass Sport nicht nur molekularbiologisch, sondern auch mechanisch immens wichtig für den Körper ist und eine Pille Bewegung nicht ersetzen kann.

Die große Lüge:Hier kommt die Fitnesspille für Faule!

Doch jedes Jahr wird eine neue Sportpille vorgestellt. Ein Allheilmittel, gepriesen wie der Stein der Weisen. Der pharmakologische Ersatz für die Bewegung, gewonnen aus irgendwelchen Extrakten oder erzeugt im Labor.

Zum Beispiel bei der alljährlichen „Exercise is Medicine“-Tagung. Das ist eine US-amerikanische Non-Profit-Organisation, die sich mit den neuesten Erkenntnissen zum Thema Sport und Bewegung und deren Einfluss auf die Gesundheit der Menschen beschäftigt. „Exercice is Medicine“ stellt sich die Frage: „Wie bleiben wir länger gesund?“

Die Ernüchterung folgt schnell und immer dann, wenn diese Mittel zum Einsatz kommen. Sie wirken nicht.

Es gibt kein Medikament, das die Bewegung ersetzt

Auch wenn die Pharmaindustrie uns immer wieder die Karotte vor die Nase hält: Der Mensch ist angehalten, mehr zu tun, als die kristalline Essenz aus einem mexikanischen Kaktusgewächs zu schlucken.

Früher wurde Patienten nach einer Operation geraten, bis zu einer Woche im Krankenbett liegen zu bleiben. Neueste Studien zeigen jedoch, dass genau das Gegenteil förderlich ist: Wenn der Patient 24 bis 48 Stunden nach der Operation aufsteht und sich bewegt, funktioniert die Regeneration deutlich besser.

Das stellt das Konzept der Krankenhäuser infrage. Denn Spitäler sind darauf ausgelegt, dass die Patienten in ihren Betten liegen bleiben – jeder Patient hat heute ein Bett und einen Fernseher. Privatpatienten mit VIP-Sternchen auf dem Namensschild dürfen sich neben dem Arzt auch noch das Menü aussuchen. Das heißt nicht, dass sie deshalb früher entlassen werden, im Gegenteil. Sie sollen liegen bleiben und zur Beobachtung noch eine Nacht oder zwei dableiben. Die Versicherung kommt dafür auf.

Ein Team von Architekten aus Dänemark hat sich mit dieser Problematik beschäftigt. Ihr Lösungsansatz war, Sozialräume zu schaffen, die Patienten motivieren, aufzustehen, um diese Zimmer mit anderen Menschen aufzusuchen. Der Sinn liegt in der Mobilität. Wer geht, lebt. Wer liegt, bleibt liegen.

Der holistische Zugang zur Natur des Menschen

Bewegung hält auch geistig fit und hat einen holistischen Zugang zu unserem Körper und unserer Gesundheit. Sie beeinflusst das Herz-Kreislauf- sowie das Nervensystem. Genauso ist es bei der Ernährung. Sie dient nicht nur zum Sattwerden, sie versorgt uns mit wichtigen Bausteinen zum Aufbau des Körpers, mit Mineralien, Vitaminen und sekundären pflanzlichen Stoffen. Das funktioniert über verschiedene molekularbiologische, zelluläre Prozesse, über die mechanische Natur unserer Organe.

Bewegung hilft der Verdauung. Welche biochemischen Folgen haben Bewegung und Sport? Welche Rolle spielen freie Radikale beim Sport? Und wie verteidigt sich unser Körper gegen sie? Beim Rauchen, Trinken oder bei Erkrankungen? Wie bereitet uns Bewegung überhaupt drauf vor? Welche Zellen werden motiviert, richtig zu arbeiten? Und was macht das dann mit dem Rest unseres Körpers?

Körperkult und Gesundheitskult werden immer wichtiger. Wir brauchen uns nur den beliebtesten Social-Media-Kanal bei Menschen unter 35 anzuschauen. Fast jeder zweite Instagram-Account beschäftigt sich mit dem Thema Abnehmen oder mit irgendwelchen Trainingsmethoden, um den „perfekten Po“ zu bekommen. In Kombination mit dem oft fehlenden Vertrauen in unser Gesundheitssystem sieht man immer mehr präventive Diagnostik-Tools am Gesundheitsmarkt. Es ist ein wachsender Trend im südostasiatischen Raum, dass immer mehr Personen ihre Gesundheit selbst in die Hand nehmen und sich auf verschiedenste neue Methoden verlassen.

Sie lassen ihren genetischen Background messen, im Fachjargon Nutrigenetik genannt, um zu sehen, welche Ernährung sie besser verdauen können und welche nicht. Bei der Nutrigenetik kann festgestellt werden, wie der Körper auf Alkohol reagiert. Oder auf oxidativen Stress. Oder auf die Aufnahme von bestimmten Vitaminen.

Ein zweiter großer Trend neben der Nutrigenetik ist die Vermessung der Mikrobenwelt – des Mikrobioms. Da untersuchen wir die Bakterien im Körper. An vorderster Front steht hier der Darm. In unserem Körper haben wir einen Tunnel, in dem die Außenwelt lebt. Man spricht deswegen von einem Epithel, griechisch für Außenfläche. Auf dieser Außenfläche leben viele unterschiedliche Bakterienzellen – rund, stäbchenförmig, als Einzelgänger oder in großen Gruppen. Es ist ein lebendiges Röhrensystem, das durch den Körper geht. Was unser Körper benötigt, wird absorbiert, der Rest wird unseren Untermietern überlassen oder ausgeschieden. Davon wird später noch die Rede sein.

Bewegung ist wichtiger als Fasten und Ernährungsweisen

Auch unser Immunsystem wird durch körperliche Arbeit und Bewegung unterstützt. Da werden verschiedene Hormone ausgeschüttet, die Einfluss auf unser Hungergefühl oder Glücksgefühle haben. Bewegung unterstützt Denkprozesse, Abläufe im Gehirn gestalten sich effizienter. Bewegung fördert auch unseren genitalen Trakt und die Funktion der Organe. Wir wissen, dass der Mensch durch unterschiedliche Ernährungsweisen wie intermittierendes Fasten oder mediterrane Ernährung sowie durch die Behandlung von Krankheiten im frühen Stadium länger und gesünder leben kann. Alles schön und gut.

Neueste Forschungsergebnisse zeigen, dass die Bewegung aber einen viel stärkeren Einfluss darauf hat.

Sie ist der Lebensmotor.

Fitnessuhren und Schrittzähler sind vor gut zehn Jahren aufgekommen und wurden seitdem stetig verbessert. Sie sind digitale Helferlein, die den ganzen Tag lang Werte erfassen. Die WHO hat die Empfehlung ausgegeben, täglich 10.000 Schritte zu gehen. Eifrige Menschen gehen abends noch einmal außer Haus, um die letzten 2.000 Schritte für ihr Tagessoll runterzuspulen. So genau müssen wir das nicht nehmen. Wer zwischen 5.000 und 10.000 Schritte täglich schafft, ist immer noch gut unterwegs. Darunter bedeutet einen Mangel an Bewegung. Weniger als 5.000 Schritte sind der Beginn vom großen Ende. Wir laufen Gefahr krank zu werden, physisch und psychisch.

Auch der Schlafrhythmus spielt eine bedeutende Rolle für unsere Gesundheit. Mit den digitalen Helferlein können wir ihn messen. Die Albträume nicht.