LEGO®. 100 Seiten - Bettina Schnerr - E-Book

LEGO®. 100 Seiten E-Book

Bettina Schnerr

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Beschreibung

"Ein simpler Baustein als Keimzelle der Kreativität: Die Sympathien für LEGO® sind ungebrochen, denn Eltern und Großeltern finden hier ein Echo ihrer Kindheit, das sich weitergeben lässt." Vom Spielzeug zum Sammlerstück, zu Modellbaumaterial und Kunst – LEGO® ist Kult. Bettina Schnerr erzählt die Geschichte hinter dem weltumspannenden Imperium: Wie alles Mitte der 1930er Jahre in einer dänischen Tischlerei begann, wie 1968 das erste Legoland eröffnet wurde und wie nach einer tiefen Krise Anfang der 2000er Jahre das Comeback mit einer aktiven Einbindung der Fans gelang. Sie stellt die große Szene der erwachsenen LEGO®-Baumeister vor und zeigt, wie faszinierend die unendlichen Einsatzmöglichkeiten der Klemmbausteine sind.

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Seitenzahl: 126

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Bettina Schnerr

LEGO®. 100 Seiten

Reclam

Für mehr Informationen zur 100-Seiten-Reihe:

www.reclam.de/100Seiten

 

2021 Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Covergestaltung nach einem Konzept von zero-media.net

Infografik: annodare GmbH, Agentur für Marketing

Gesamtherstellung: Philipp Reclam jun. Verlag GmbH, Siemensstraße 32, 71254 Ditzingen

Made in Germany 2021

RECLAM ist eine eingetragene Marke der Philipp Reclam jun. GmbH & Co. KG, Stuttgart

 

LEGO® ist eine eingetragene Marke der LEGO Juris A/S. LEGO® sowie die genannten LEGO® Serien sind Marken der LEGO Gruppe. Das vorliegende Buch wird nicht von der LEGO Gruppe gesponsert, genehmigt oder unterstützt.

 

ISBN978-3-15-961900-2

ISBN der Buchausgabe 978-3-15-20582-1

www.reclam.de

Inhalt

Grundstein für den Erfolg: ...

Wir haben die Bausteine, ihr habt die Ideen

Eine kleine Manufaktur auf dem Land

Die zündende Idee

Traditionsmarke vor dem Aus

Der Wettbewerb holt auf

Raus aus dem Kinderzimmer – LEGO® für Erwachsene

Arbeiten mit LEGO®

Everything is Awesome?

Kleines LEGO®-Lexikon

Lektüretipps

Bildnachweis

Zum Autor

Über dieses Buch

Leseprobe aus Ikea. 100 Seiten

Grundstein für den Erfolg: Das US-amerikanische Patent für einen »Toy Building Brick« von 1961, ausgestellt auf Godtfred Kirk Christiansen

Wir haben die Bausteine, ihr habt die Ideen

Eine Schule in meiner Wohnregion hat den ehrlichsten Barfußpfad gebaut, den ich kenne. Tannenzapfen, Steine, Kiesel, Sand – und ein Element mit LEGO-Steinen. Die ultimative Herausforderung selbst für Könner. Man könnte meinen, der Piks an der Fußsohle sei für jeden mit ein paar Steinen zu Hause eine Selbstverständlichkeit wie blaue Flecken für Inlineskater oder Hockeyspieler. Weit gefehlt. Die Steine gehören zu den gefürchtetsten Erfahrungen im Kinderzimmer. Umso mehr, weil man sie stets zu spät entdeckt und vor dem äußerst unbarmherzigen Stechen nie rechtzeitig zurückzucken kann. Ein fachgerecht ausgeführter, zeitgenössischer Fluch lautet nicht umsonst »I hope you step on a LEGO«. Die kleinen Plastiksteine sind der Härtetest schlechthin. Dabei fing alles doch so harmlos an. Als pädagogisch wertvolles Kinderspielzeug und eine Weiterentwicklung des Urvaters aller Bausteine, dem klassischen Holzklotz. Umgesetzt in einer Version, in der sich aufeinandergestapelte Blöcke fest miteinander verbinden lassen. Die Steine sollten zunächst die Motorik der Kinder fördern, dann ihre Kreativität. Überdies hielten die Bauwerke viel länger als solche aus einfachen Stapelsteinen (wobei aus kindlicher Perspektive grundsätzlich nichts gegen einen Holzturm einzuwenden ist, der krachend einstürzt). Die Namen für die kleinen Piesacker sind vielfältig: LEGO-Steine, Noppensteine, »LEGOs«, Bausteine, Bricks oder ganz offiziell Klemmbausteine. Sie sorgen für bunte Erfolgserlebnisse schon der Kleinsten und begleiten die Kinder je nach Neigung bis ins Teenageralter. In vielen Haushalten entwickeln sie sich zu dem einzigen Spielzeug, das kistenweise von Jahr zu Jahr mehr wird.

Nur für Waghalsige: Der Lego-Barfußpfad

In der Spielzeugbranche überleben die meisten Spielzeuge nicht sehr lange. Zwar ist der Markt äußerst ertragreich: 2019 wurden mit Spielzeugen über 70 Milliarden Euro umgesetzt. Zugleich steht die Branche aber unter dem Druck, kontinuierlich Neuigkeiten auf den Markt zu werfen. Dazu kommt eine starke Konkurrenz durch die Bildschirme, seien es Fernsehen, Social Media oder Computerspiele. Für die Spielzeughersteller ist das kein einfaches Umfeld. Werbung für die gewünschten Zielgruppen wird zudem aufwendiger und damit teuer und günstige Angebote, vor allem aus China, setzen die Preisgestaltung unter Druck. Nur LEGO weicht nicht vom Spitzenplatz der Spielzeughersteller und das mit einem Sortiment, das in seinem Kern weder breit gefächert noch kostengünstig ist. Das Unternehmen bietet praktisch nur einen Produkttyp an, mit dem auch das gesamte Merchandising verknüpft ist: Plastiksteine zum aufeinander stecken. LEGO lag 2020 mit einem Gesamtumsatz von 5,9 Milliarden Euro weit vor den beiden diversifizierten Branchenriesen Hasbro (4,6 Milliarden) und Mattel (3,8 Milliarden). In Deutschland setzte LEGO jeweils ein Vielfaches der Wettbewerber um. Das Produkt LEGO-Stein lässt sich also als etwas Besonderes identifizieren. Nur wie schaffen es die Steine, Spitzenreiter in den Haushalten zu bleiben? Die Besonderheit liegt darin, dass kein anderes Spielzeug derart viele Spielaspekte über eine so breite Altersspanne trägt. Das Bauen mit LEGO-Steinen trainiert nicht nur die motorischen Fähigkeiten, es entfacht Kreativität und Phantasie, lädt zum Rollenspiel ein. Aus den Steinen lassen sich Kunstwerke bauen, sie sind wiederverwendbar und sehr langlebig. In der schnellen und digital geprägten Welt kann das Bauen mit Steinen eine analoge Insel der Ruhe und Kontemplation schaffen. Wer baut, muss ganz bei der Sache sein und kann das über eine lange Zeit bleiben. Zugleich profitiert LEGO von seinem eigenen Mythos, der einerseits in einer langen und erfolgreichen Unternehmensgeschichte und andererseits in einem spektakulären Turnaround Mitte der 2000er Jahre gründet. Und es gibt noch einen weiteren Faktor. Was fesselt, ist die Kreativität der erwachsenen Baumeister, die LEGO maßgeblich erst zu Kult und Mythos verholfen hat.

Als ich vor rund 15 Jahren das erste Mal einen erwachsenen LEGO-Fan traf, erzählte er, mit welcher Akribie er Fahrzeuge in den Maßstäben umrechnete. Er schilderte, wie viele Stunden er in einem LEGO-Geschäft zubringen konnte, um genau die Bausteine zu finden, die er benötigte. Mittlerweile begreife ich, was ihn antrieb, denn die Faszination liegt nicht nur darin, bei solchen Projekten alles auf einmal zu stemmen. Man ist Planer, Ingenieur, Einkäufer und Konstrukteur in Personalunion. Die Kreativität liegt zu einem ganz erheblichen Teil auch darin, einem simplen, viereckigen Klötzchen aus Plastik einen neuen Auftritt zu verschaffen. Mit LEGO zu bauen ist kein klassischer Modellbau, bei dem die Materialwahl das Vorbild imitiert. Mein Vater war auch Modellbauer. Bei ihm sah Gras aus wie Gras und Fachwerkhäuser waren perfekte kleine Versionen des Originals, mit rauem Putz und strukturiertem Holz. Seine Lokomotiven wurden mit Spezialfarben für Modelleisenbahner gestrichen und nicht mit »irgendeinem« anderen Lack, der zufällig eine halbwegs passende Farbe hatte. Mit Bausteinen aus Plastik jedoch funktioniert das alles nicht. Was immer damit gebaut wird, erhält durch die glänzenden, knallfarbigen Steine einen ganz neuen Charakter.

Aus genau diesem poppigen Auftritt speist sich eine ungeheure Attraktivität. Welches Bauwerk auch nachgebaut wird, es sieht erkennbar aus wie das Original und doch so viel attraktiver! Das Umwidmen von Material für die Kunst hat Tradition und löst großartige Paarungen aus. Kunst aus Alltagsgegenständen zum Beispiel ist so spannend, weil sie ein Umdenken in Formen, Farben und ganz besonders der Nutzung erfordert. Das gilt ebenso für ein Kinderspielzeug. Viel mehr als klassische Kunst spricht LEGO obendrein alle Altersstufen an, denn mit diesen Bausteinen identifizieren sich fast alle Menschen automatisch. Selten habe ich so viele leuchtende Augen und staunende Gesichter gesehen wie auf einer Skulpturenausstellung des Künstlers Nathan Sawaya. Viele der Besucher hatten die Noppensteine zuvor offensichtlich nur mit mehr oder minder skurrilen Bauwerken im Kinderzimmer in Verbindung gebracht. Sawaya zeigte ihnen dagegen menschliche Körper, lebensgroß und formgetreu und in der Gestaltung den Bildhauern absolut ebenbürtig. Gebaut aus abertausenden kleinen, eckigen Steinen. Freilich sind die Körper hinterher gelb oder blau, doch die Kombination aus Farbe und Material macht aus dieser Kunst etwas Einzigartiges und etwas Rätselhaftes noch dazu. Denn egal ob Bauten oder Skulptur, jeder fragt sich, wie man so etwas schafft. Gleich dahinter lauert die Überlegung, ob man das nicht auch selbst hinbekommen könnte. Die Steine dazu sind ja da.

Der Lego-Künstler Nathan Sawaya bei seiner Ausstellung The Art of the Brick 2014 in London

Wie kreativ ist LEGO® wirklich?

Diese Frage lässt sich in kleinem Rahmen wissenschaftlich exakt beantworten. LEGO selbst gab über Jahre hinweg die folgende Antwort: Sechs 2×4-Steine könne man in 102 981 504 unterschiedlichen Variationen aufeinandersetzen. Gerechnet wurden dafür Türme mit der jeweils maximal möglichen Höhe. Schöpft man allerdings die Kombinationsmöglichkeiten vollends aus, wird das schnell kompliziert. Deshalb befasste sich der dänische Mathematikprofessor Søren Eilers 2005 erneut mit der Frage. Er berechnete die Variationsmöglichkeiten für sechs solcher Steine und kommt auf über 900 Millionen (präzise gesagt 915 103 765) Möglichkeiten, bei sieben Steinen sind es schon Milliarden, nämlich 85 747 377 755. Sobald die Berechnungen acht Steine oder mehr erreichen sollen, erinnern die erwarteten Rechenzeiten an den legendären Computer Deep Thought, den der Science-Fiction-Schriftsteller Douglas Adams (1952–2001) erfunden hat und der für die ihm gestellte Frage 7,5 Millionen Jahre Rechenzeit benötigt. Eilers vermutet auf Basis seiner Daten, dass die Zahl der Möglichkeiten für 25 Steine etwa 47 Stellen hat und die Zahl der Jahre, um das auszurechnen, hätte 42 (ich habe Deep Thought nicht umsonst erwähnt). Einfach zu rechnen ist nur die Zahl der Türme, die sich mit 25 Steinen bauen lässt, weil dafür dieselbe einfache Rechenmethode benutzt wird, die LEGO vor mehr als vierzig Jahren eingesetzt hatte und alleine das ist eine Zahl, die bereits sagenhafte 40 Stellen hat. Steine in unterschiedlichen Farben werden in dieser Rechnung nicht einmal berücksichtigt. Zu sagen, die Spielmöglichkeiten seien »unendlich«, ist also keine Übertreibung, sondern erwiesenermaßen Realität.

Eine kleine Manufaktur auf dem Land

Die Geschichte von LEGO beginnt vor über 100 Jahren im kleinen dänischen Dorf Billund. Ein winziger Weiler mit einer Handvoll Bauernhöfe, mitten im »finstersten Jütland«, wie man in Kopenhagen seinerzeit urteilte. Dort wuchs LEGO-Gründer Ole Kirk Christiansen (1891–1958) in einer landwirtschaftlich geprägten, recht kargen und ärmlichen Region auf. Ein älterer Bruder brachte ihm das Tischler- und Zimmermannshandwerk bei, mit dem Ole sich künftig seinen Lebensunterhalt verdienen sollte. Nach der üblichen Wanderschaft kehrte er als junger Mann nach Billund zurück und kaufte dort 1916, mit 25 Jahren, eine Tischlerei. Die kommenden Jahre stellte Ole genau das her, was zum üblichen Sortiment gehört: Schränke, Kommoden oder einzelne Elemente für die Bauernhäuser. Seine Kunden kamen vorrangig aus der näheren Umgebung, in der sich der junge Handwerker mit Gewissenhaftigkeit und Genauigkeit einen guten Ruf erarbeitete. Das ging gut bis ins Jahr 1924. Zwei der Söhne, einer davon gerade vier Jahre alt, feuerten einen Ofen an. Dabei setzten sich Späne in der Werkstatt in Brand und aus einem wärmenden Feuer gegen die strenge Kälte wurde ein Großbrand, der Haus und Werkstatt zerstörte. Doch Vater Ole hatte ausreichend Reputation bei der Bank und in der Region, sodass er zügig den Kredit für einen Neubau erhielt. Finanziert wurde das »Immobilienprojekt« bereits so, wie es noch heute gängige Praxis ist: Ole plante mit dem Architekten großzügiger als benötigt. Was an Räumen nicht selbst bewirtschaftet wurde, vermiete die Familie, um die Kredite abzahlen zu können.

Von Oles vier Söhnen entpuppte sich besonders Godtfred als heller Kopf, der wie sein Vater ein geschickter Tüftler und Handwerker war und obendrein kaufmännischen Verstand zeigte. Nach dem frühen Tod der Mutter musste der damals erst Zwölfjährige nach Anleitung des Vaters Buchführung und Rechnungsstellung übernehmen. Mit 14 Jahren trat der junge Godtfred dann nach seinem Schulabschluss offiziell in die Firma des Vaters ein.

Erste Spielwaren aus Billund

Wirtschaftlich waren die 1930er Jahre in Jütland nach der Weltwirtschaftskrise ebenso hart wie überall sonst. Der Tischlerbetrieb musste irgendwann seinen Mitarbeitern kündigen und Ole blieb zeitweilig neben dem Sohn Godtfred nur ein Lehrling als Mitarbeiter. Die Kirk Christiansens erweiterten ihr Sortiment der Kasse zuliebe um andere Holzprodukte wie Trittleitern, Bügelbretter oder Weihnachtsbaumständer. Als offizielle Firma meldete Ole Kirk Christiansen seinen Betrieb erst 1932 an. Um diese Zeit herum begann er, aus Abfallholz Miniaturen für Puppenhäuser zu bauen – die ersten Spielwaren aus Billund waren aus der Not heraus geboren. Ein Händler, der die Modelle auf der Durchfahrt entdeckte, forderte kurz darauf die erste Lieferung an. Seiner Meinung nach würden kleine Spielzeuge wie diese helfen, Kindern die harten Zeiten etwas erträglicher zu machen. Doch der Mann ging pleite, bevor er die Tischlerei für die bestellten Produkte bezahlen konnte. Um nicht auf seinen Spielwaren sitzen zu bleiben, packte Ole die Miniaturen kurzerhand in sein Auto (übrigens eines der ersten in Billund) und fuhr persönlich von einem Tante-Emma-Laden zum nächsten. Eine mühsame Plackerei, die sich jedoch lohnte. Er brachte sämtliche Spielzeuge unter die Leute. Zwar nicht gegen Geld, doch immerhin gegen die unterschiedlichsten Lebensmittel.

Ermutigt durch diesen Erfolg entwarf Godtfred weitere Spielzeugmodelle. Das Sortiment erweiterte sich unter anderem um Autos oder zusammenklappbare Puppenhäuser. Doch ein finanzieller Aufschwung sollte lange Zeit ausbleiben. Die 1930er überstand der Betrieb letztlich, weil Oles neun Geschwister mit einem Darlehen aushalfen. Verbunden übrigens mit dem dringenden Hinweis darauf, der Bruder möge mit der Finanzspritze bitteschön etwas Sinnvolleres herstellen als ausgerechnet Spielzeuge. Erst gegen Ende des Jahrzehnts stand die Firma wirtschaftlich so gut da, dass sie anderen Familien wieder Arbeit geben konnte. Allerdings nicht, weil Ole den Ratschlag der Geschwister beherzigt hatte. Sondern weil er an seinem Sortiment festgehalten, stur an den Erfolg geglaubt und glücklicherweise Recht behalten hatte.

Trotz der ständig knappen Kassen bestand der Firmengründer stets darauf, sämtliche Waren in perfekter Qualität abzuliefern. Bis heute erzählen die Dänen die Anekdote, dass Godtfred einst bei den Herstellkosten sparen wollte und die sonst dreifache Lackschicht nur doppelt ausführte. Stolz auf seine günstige Neuerung berichtete er dem Vater. Der allerdings schickte ihn umgehend zum Bahnhof, um die bereits versendeten Waren zurückzuholen und erwartete, dass der Sohn die fehlende Lackschicht über Nacht nachbesserte. Diese Episode gilt mehr oder weniger als Geburtsstunde des firmeneigenen Leitspruchs »Nur das Beste ist gut genug / Det bedste er ikke for godt«, das später in Holz geschnitzt in der Werkstatt aufgehängt wurde. Bis heute erinnern Nachbildungen aus LEGO und Fotos der Schnitzerei an verschiedenen Stellen an die Qualitätsmaßstäbe des Firmengründers, die sich bis in aktuelle Produktlinien fortsetzen sollen.

Ein kürzerer Firmenname muss her

Der Firmenname, der inzwischen einen globalen Konzern und umgangssprachlich eine komplette Spielwarengattung prägt, entstand 1934. Verpackungen galten damals als überflüssig, weil kostspielig. Besser war es, die Produkte einfach auf der Unterseite zu stempeln. Für diesen Zweck war ein Schriftzug wie »Spielwaren aus der Tischlerei Kirk Christiansen, Billund« allerdings zu lang. 1934 lancierte die Firma deshalb einen Wettbewerb unter den Mitarbeitern, um eine bessere Lösung zu finden. Zur Auswahl standen schlussendlich die zwei Begriffe Legio und LEGO. Das erste Wort war abgeleitet von Legion, weil die Werkstatt eine »Legion von Spielzeugen« herzustellen vermochte. Das zweite war ein griffiger Zusammenschluss des dänischen »leg godt«, der Ausdruck für »spiele gut«. Der Ausgang dieser Wahl ist offenkundig, der Ausgang des Wettbewerbs weniger: Den Preis, den Ole ausgelobt hatte, eine Flasche Wein, strich der Chef mit seiner Kreation am Ende selber ein. Dass LEGO auch mit dem Lateinischen »ich sammle« oder »ich wähle aus« zusammenpasst, ist ein schöner Zufall, der allerdings erst Jahre später auffiel.

Als es in der Tischlerei endlich aufwärts ging, mit rund 10 Mitarbeitern und einem Portfolio von mehr als 40 Spielzeugen, kam 1939 der Zweite Weltkrieg. Die Lebensmittel wurden rationiert und es gab verschiedene Handelsbeschränkungen. Die Mitarbeiter der Firma LEGO traten nicht mehr nur zur Herstellung von Spielwaren an, sondern auch zum Torfstechen, um Heizmaterial zu beschaffen. Wirtschaftlich kam die entscheidende Wende in den 1940er Jahren, denn die Deutschen verhängten in Dänemark einen Importstopp für ausländische Spielzeuge. Für LEGO brachte das einen großen Standortvorteil, denn nun gab es für die Landsleute nichts anderes mehr als Spielwaren aus dem eigenen Land. Just da brannte es in der Tischlerei ein zweites Mal. Doch 1942 gelang es, zumindest Wohnung, Büro und Lager zu retten. Nur die Werkstatt wurde ein Opfer der Flammen. Ole entschied sich, trotz günstiger Angebote aus anderen Gemeinden, in Billund zu bleiben. Wie schon beim Brand einige Jahre zuvor legte er den Neubau größer aus, um die Firma zu modernisieren und mehr produzieren zu können. Nur wenige Monate später nahm die Tischlerei den Betrieb mit inzwischen schon fast 40 Mitarbeitern wieder vollends auf.

Kunststoff, das Material der vielfältigen Möglichkeiten