Leinen los! Freilauftraining für den Hund - Inga Böhm-Reithmeier - E-Book
SONDERANGEBOT

Leinen los! Freilauftraining für den Hund E-Book

Inga Böhm-Reithmeier

0,0
16,99 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 15,99 €

-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Wir alle träumen davon, mit unserem Hund ohne Leine spazieren zu gehen, im Vertrauen, dass er bei uns bleibt und immer abrufbar ist. Die Wirklichkeit sieht oft anders aus - der Hundespaziergang raubt uns den letzten Nerv, bunte Schleppleinen wickeln sich um Beine, Bäume und Pfoten, während der Hund sich in einen kleinen schwarzen Punkt am Horizont verwandelt... Dieses Buch bietet dem Halter einfache Rezepte für eine einzigartige Beziehung zum Hund. Während man in vielen Hundeschulen lernt, der Hund müsse die Kommandos so gut befolgen, dass man ihn in allen Situationen kontrollieren kann, verfolgen die Autorinnen einen umfassenden Ansatz: Der Hund soll so gut erzogen und geführt werden, dass man kaum noch Kommandos braucht, um ihn zu kontrollieren. Erziehung, Training und Führung greifen ineinander: Katharina von der Leyen und Inga Böhm-Reithmeier zeigen Wege, wie der Hund durch das sinnvolle Setzen von Grenzen und Souveränität sicher geführt werden kann und sich richtig verhält.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB
MOBI

Seitenzahl: 214

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Unsere eBooks werden auf kindle paperwhite, iBooks (iPad) und tolino vision 3 HD optimiert. Auf anderen Lesegeräten bzw. in anderen Lese-Softwares und -Apps kann es zu Verschiebungen in der Darstellung von Textelementen und Tabellen kommen, die leider nicht zu vermeiden sind. Wir bitten um Ihr Verständnis.

Impressum

© eBook: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2015

© Printausgabe: GRÄFE UND UNZER VERLAG GmbH, München, 2015

Alle Rechte vorbehalten. Weiterverbreitung und öffentliche Zugänglichmachung, auch auszugsweise, sowie die Verbreitung durch Film und Funk, Fernsehen und Internet, durch fotomechanische Wiedergabe, Tonträger und Datenverarbeitungssysteme jeder Art nur mit schriftlicher Zustimmung des Verlags.

Projektleitung: Maria Hellstern

Lektorat: Regina Denk

Bildredaktion: Petra Ender

Covergestaltung: independent Medien-Design, Horst Moser, München

eBook-Herstellung: Denise Drahtmüller

ISBN 978-3-8338-4983-1

2. Auflage 2019

Bildnachweis

Coverabbildung: Meike Böhm

Fotos: Meike Böhm, Maike Müller, Nicole Munninger, Shutterstock, Zita Schlegel, Thomas Dähne

Syndication: www.seasons.agency

GuU 8-4983 10_2019_01

Aktualisierung 2019/004

Unser E-Book enthält Links zu externen Webseiten Dritter, auf deren Inhalte wir keinen Einfluss haben. Deshalb können wir für diese fremden Inhalte auch keine Gewähr übernehmen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich. Im Laufe der Zeit können die Adressen vereinzelt ungültig werden und/oder deren Inhalte sich ändern.

Die GU-Homepage finden Sie im Internet unter www.gu.de

www.facebook.com/gu.verlag

LIEBE LESERINNEN UND LESER,

wir wollen Ihnen mit diesem E-Book Informationen und Anregungen geben, um Ihnen das Leben zu erleichtern oder Sie zu inspirieren, Neues auszuprobieren. Wir achten bei der Erstellung unserer E-Books auf Aktualität und stellen höchste Ansprüche an Inhalt und Gestaltung. Alle Anleitungen und Rezepte werden von unseren Autoren, jeweils Experten auf ihren Gebieten, gewissenhaft erstellt und von unseren Redakteuren/innen mit größter Sorgfalt ausgewählt und geprüft. Haben wir Ihre Erwartungen erfüllt? Sind Sie mit diesem E-Book und seinen Inhalten zufrieden? Haben Sie weitere Fragen zu diesem Thema? Wir freuen uns auf Ihre Rückmeldung, auf Lob, Kritik und Anregungen, damit wir für Sie immer besser werden können. Und wir freuen uns, wenn Sie diesen Titel weiterempfehlen, in ihrem Freundeskreis oder bei Ihrem online-Kauf.

KONTAKT

GRÄFE UND UNZER VERLAG LeserservicePostfach 86 03 1381630 MünchenE-Mail: [email protected]

Telefon: 00800 / 72 37 33 33*Telefax: 00800 / 50 12 05 44*Mo-Do: 9.00 – 17.00 UhrFr: 9.00 bis 16.00 Uhr (*gebührenfrei in D,A,CH)

VON HUNDEN UND MENSCHEN

Katharina von der Leyen: Das Leben mit Hunden ist spannend und aufregend – und manchmal kann es auch eine echte Herausforderung sein. Die Instinkte, die den Vorfahren unserer eigentlich so hinreißenden, sanftmütigen Wunderhunde erlaubten, in der Wildnis als freie, gnadenlose Beutemacher zu überleben, stehen in direktem Gegensatz zu unserem gepflegten urbanen Umfeld (und dessen Hundeverordnungen), in dem die meisten von uns mit ihren Hunden heutzutage leben. Diese uralten Instinkte können eine echte erzieherische Herausforderung bedeuten – manchmal hat man sogar das Gefühl, dass man sie niemals in den Griff bekommen wird. Wenn wir allerdings anfangen, uns in unsere jagdlich motivierten Hunde (das klingt so viel netter als »Jagdsau« oder »Wilderer«, finden Sie nicht?) hineinzuversetzen, sozusagen etwas Hundezentrischer zu denken und unsere persönliche Meinung zu dem Thema einmal auszuklammern, wird es viel einfacher, mit unseren Hunden und ihren Instinkten zu arbeiten, anstatt gegen sie. Wir können ihnen tatsächlich beibringen, wie sie sich in unserer Welt angemessener und trotzdem frei bewegen können, ohne sie dabei zu etwas zu machen, das sie nicht sind.

Natürlich kostet es ein bisschen Zeit. Wer einen Hund erziehen möchte, muss genauso fokussiert, gut gelaunt, ideenreich und kreativ sein wie sein Hund. Aber die Zeit, die wir mit hundefreundlicher, hundeverständlicher Erziehung in unseren Hund investieren, wird nicht nur dazu führen, dass unser Hund sich so verhält, wie wir es uns von ihm wünschen: sondern auch zu einer tieferen, innigeren Beziehung zwischen uns und unserem Hund – weil wir ihn viel besser verstehen, und er uns.

Und das ist eine Investition, die sich auf jeden Fall lohnt.

Inga Böhm-Reithmeier: Vor etwa 20 Jahren arbeitete ich auf einer großen Alm in der Schweiz, umgeben von atemberaubender Landschaft, wunderschönen Wäldern, duftenden Kräuterwiesen und Bergquellen. Auf dieser Alm lebten auch zwei Hunde, Prabhu und Lucy, die mich jeden Morgen auf dem Hof begrüßten. Als ich einmal mit einem Freund eine kleine Wandertour machte, kamen die Hunde wie selbstverständlich hinter uns her. Meine Versuche, sie zum Haus zurückzuschicken, ignorierten sie. So waren wir zu viert unterwegs, ohne dass ich mich um die Hunde kümmerte. Mal liefen sie voraus, mal hinterher, ab und zu verschwanden sie im Wald und kamen ein Stück weiter wieder zu uns. An einem Bachlauf machten wir Rast, als mir auffiel, dass ich die Hunde schon einige Zeit nicht mehr gesehen hatte – da kamen sie auch schon aus dem Wald geschossen und tobten um uns herum, bis sie erschöpft neben uns in die Wiese fielen. Wie schön war diese Hundebegleitung! Wir hatten sie weder aufgefordert, noch gelockt oder gar bestochen, mitzukommen, wir stellten keinerlei Erwartungen aneinander. Niemand musste eine Verantwortung oder die Kontrolle übernehmen. Wir waren einfach zusammen auf demselben Weg unterwegs.

Dieser Wanderung mit Prabhu und Lucy entsprang mein Bedürfnis, meinen Umgang und mein Training mit Hunden weiterzuentwickeln – denn ich hatte erfahren, dass man auch gelassen und ohne Zwänge, Ängste, Erwartungen und Kontrolle zusammen spazieren gehen kann.

Ein Spaziergang mit Ihrem Hund sollte Ihnen Kraft geben und nicht den letzten Nerv rauben. In der Wirklichkeit sind viele Hundebesitzer aber geradezu überfordert, wenn sie mit dem Hund spazieren gehen, weil er alles tut, was er nicht tun soll. Also bleibt der Hund besser an der Leine – sein Leben lang.

Mit diesem Buch möchten wir Ihnen Trainings-, Erziehungs- und Führungsmöglichkeiten an die Hand geben, um gleich heute mehr Ruhe in Ihren Hundespaziergang zu bringen, damit Sie die Zeit mit Ihrem Hund in der Natur genießen und eine wortlose Verständigung zu Ihrem Hund aufbauen können. Denn das wünschen wir uns doch in Wirklichkeit alle.

VON DER WILDSICHT ZUR EINSICHT

Grundlagen für den Freilauf

WHO LET THE DOGS OUT?

Was der Mensch zum Freilauf seines Hundes braucht: Respekt, Gelassenheit und Verständnis vom Hund

Zum Freilauf gehört ein bisschen mehr, als einfach nur die Leine vom Hund loszumachen. Kaum ist die Leine nämlich ab, macht der Hund uns klar, was wir ihm alles noch nicht beigebracht haben: auf uns zu achten oder zu kommen, wenn wir ihn rufen, in unserer Nähe zu bleiben, nicht grölend auf andere Hunde zuzurennen, nicht im Freiheitsrausch über weite Felder oder durch fremde Gärten zu galoppieren ...

Unser Problem ist dabei meistens, dass wir nicht wissen, wie wir unseren Hunden einen »angemessenen«, sicheren Freilauf beibringen können. Wir haben keinen Plan, was eigentlich passieren soll, nachdem wir den Hund von der Leine gelassen haben: Wie weit darf er sich eigentlich entfernen? Darf er ins Gebüsch oder nicht? Bis zu welchem Abstand bleibt er abrufbar? Haut er uns nicht gleich ab? Und wenn er außer Sichtweite ist – ab wann ist lange weg zu lange weg?

Bevor Sie irgendetwas von Ihrem Hund verlangen, müssen Sie sich zuerst darüber klar werden, was Sie eigentlich von Ihrem Hund erwarten. Hundehalter ticken da in der Regel ganz ähnlich. Die meisten von uns wünschen sich einen sicheren, frei laufenden Hund, der strahlend und mit einem Lächeln im Gesicht zurückkommt, wenn wir ihn rufen, der uns so vertraut, wie wir ihm, und der gerne auf das achtet, was wir tun und was wir von ihm erwarten.

Klingt eigentlich gar nicht so schlimm – trotzdem sieht die Wirklichkeit meistens ganz anders aus.

Tatsache ist: Ein Hund kann nur so gut mitarbeiten, wie sein Mensch es ihm vorgibt. Wenn uns jemand einen Formel-1-Wagen schenkt, dazu die erfahrensten Mechaniker und die besten Reifen, dann können wir den Großen Preis von Italien trotzdem nicht gewinnen, weil wir gar keine Ahnung davon haben, wie dieser Wagen tickt, wie er sich in der Kurvenlage verhält und wann wir die Reifen wechseln müssen. So ist es auch mit Hunden. Wir können den besten Hund mit den großartigsten Anlagen haben: Wenn wir nicht verstehen, wie er tickt, was ihn antreibt, wie man ihn richtig anspricht und führt und wie er, der Hund, uns Menschen wahrnimmt – dann kann er nicht zeigen, was in ihm steckt, und eine Zusammenarbeit wird sehr schwer.

Denn wir müssen mit dem Hund arbeiten, nicht gegen ihn. Ein Jagdhund zeigt nun mal Jagdverhalten, so, wie ein Hütehund manchmal eben auch fremde Kinder oder Radfahrer hütet. Es sind die normalen Verhaltensweisen für diese Arten von Hunden – auch wenn sie in unserem normalen familiären Umfeld häufig nicht angemessen sind und wir sie »in den Griff« bekommen müssen, um mit ihm friedlicher leben zu können.

»Um unseren Hund vernünftig zu erziehen, müssen wir mit ihm zusammenarbeiten — und nicht gegen ihn und seine Instinkte.«

Wenn wir innerlich allerdings grundsätzlich davon ausgehen, dieses oder jenes Verhalten sei »schlecht« und müsse »abgestellt« werden, dann arbeiten wir gegen das natürliche Verhalten unseres Hundes – und damit auch gleichzeitig gegen ihn.

Um ihn vernünftig und nachdrücklich erziehen zu können, müssen wir mit dem Hund zusammenarbeiten und darauf eingehen, was die Gründe sind, wenn er sich zu weit von uns entfernt oder sich gar davonmacht. Wir müssen ihm für jedes Verhalten, das uns nicht gefällt, eine neue Option anbieten, wie er sich stattdessen verhalten soll. Diese Option wird so lange wiederholt – also »ritualisiert« –, bis er sie übernimmt und sie für ihn selbstverständlich wird.

Erziehung ist rituelles Fördern von erwünschten Verhaltensweisen. Nur so können wir sein Verhalten anpassen und modifizieren, den Hund erziehen – alles andere wäre ein Unterdrücken natürlicher Verhaltensweisen, und das hält nicht lange an. Menschen, die keine Tischmanieren gelernt haben, stützen sich gewöhnlich mit den Ellenbogen auf den Tisch, hängen sich über den Teller in die Nähe ihrer Gabel und schlürfen ihr Essen in sich hinein. Wenn man dieses Verhalten nur »unterdrückt« – also immer nur »Lass das!« schnauzt, werden sie schlecht gelaunt beim Essen, entwickeln eine Essstörung, wenn Gesellschaft da ist, und fallen – kaum halten sie sich für unbeobachtet – wieder in ihr Höhlenmenschen-Essverhalten zurück. Sie sind also nicht besser erzogen, sondern passen sich an, um keine Ermahnung zu bekommen. Wenn jemand allerdings von Anfang an erklärt bekommt, dass es einfach angenehmer aussieht, wenn man am Tisch gerade sitzt und die Gabel zum Mund führt und nicht den Mund zur Gabel, und dies schlicht und ergreifend die einzige Art ist, zu essen, dann wird er auch in den dunkelsten Stunden seiner Existenz bei Tisch gerade sitzen, die Ellenbogen neben dem Körper lassen und weder schlürfen noch schmatzen: Das ist dann gute Erziehung. Und ein Segen, wenn man sich so umsieht.

Manche Hunde nutzen das gemeinsame Toben, um sich ganz beiläufig zum Jagengehen zu verabschieden.

HOUSTON, WIR HABEN EIN PROBLEM

Wir müssen zuallererst einmal herausfinden, was eigentlich das spezifische Problem unseres Hundes im Freilauf ist. Das kann von Hund zu Hund unterschiedlich sein.

Die typischen Probleme sind:

Unerwünschtes Jagdverhalten

Der Hund hört nicht mehr – er ist nicht abrufbar

Er entfernt sich zu weit

Der Hund bringt sich und/oder andere in Gefahr

Er belästigt Jogger, Radfahrer, Nordic Walker etc.

Es gibt dabei viele Gründe, die einen Hund »ins Abseits« treiben und ihn veranlassen, sich zu weit von seinem Menschen zu entfernen oder wegzulaufen. Tatsächlich folgt nicht jeder Hund, der sich davonmacht, einer Spur oder geht jagen, gut möglich, dass einer der folgenden Punkte zutrifft.

STREUNEN

Manche Hunde gehen kurz ein bisschen »Zeitunglesen«, informieren sich entlang der Dorfstraße, wer hier heute schon alles vorbeigekommen ist, wer neu hinzugezogen ist und wer bald läufig wird. Wenn sie ihrerseits ausgiebig markiert und sich ausgetauscht haben, kommen sie auch wieder nach Hause. (Das ist keine Szene aus einem Astrid Lindgren-Buch: in manchen ländlichen Gegenden geht das tatsächlich noch.)

Andere Hunde sitzen den ganzen Tag alleine im Garten und langweilen sich zu Tode. Diese Hunde überwinden alle Zäune und Grenzen, weil sie etwas erleben wollen: Es sind einfach sehr soziale Tiere, die Spaß und Unterhaltung suchen.

Wieder andere Hunde hauen ab, weil sie bestrebt sind, ihre herrlichen Gene möglichst weitläufig zu verstreuen.

ANGST- UND PANIKVERHALTEN

Ein Hund, der gegen einen Elektrozaun rennt, wird vom Besitzer in genau diesem Moment gerufen und hat dementsprechend plötzlich Angst vor seinem Menschen, weil er sich einbildet, das Rufen habe etwas mit dem Stromschlag zu tun.

Ein Hund trifft im Unterholz ein Wildschwein, erschreckt sich (zu Recht) und macht, dass er möglichst weit weg kommt.

Hunde aus dem Tierschutz, die viele Umweltreize noch nicht kennengelernt haben, können bei normalen, aber für sie unerklärlichen Reizen ins Fluchtverhaltenfallen.

»Ist die Stimmung des Besitzers schlecht, will der Hund möglichst viel Abstand zwischen Mensch und sich selbst legen.«

STRESSVERHALTEN

Die Stimmung in der Nähe des Besitzers oder der anderen Hunde ist so angespannt, dass der Hund möglichst viel Abstand zwischen sich und die Anspannung legen möchte.

Der Hund muss andauernd für seinen Besitzer »etwas tun« – Dummies suchen, für sein Futter »arbeiten« etc. –, sodass er mal ein bisschen Zeit für sich braucht auf dem Spaziergang und deshalb seinem Besitzer buchstäblich aus dem Weg gehen möchte.

Vielleicht ist ein sehr anstrengender fünf, sechs Monate alter Junghund dabei, der die älteren Hunde ständig anspielen möchte – die daraufhin mindestens 100 Meter Abstand halten, damit sie ihre Ruhe haben.

Oder es sind die (ungewohnten) Enkelkinder dabei, was die Ruhe gewohnten Hunde nervt.

Eventuell gibt der andere Hund, der dabei ist, die ganze Zeit subtile Drohsignale ab, die wir Menschen vielleicht gar nicht bemerken.

Oder ein Hund möchte partout nicht über die nasse Wiese wie sein Besitzer, der vernünftiges Schuhwerk trägt, und läuft lieber in Blickkontakt auf dem parallelen Weg.

EIGENSTÄNDIGKEIT

Manche Hunde sind einfach Eigenbrötler, sie tauchen sowohl unter den Mischlingen auf als auch bei bestimmten Rassen, die einfach sehr eigenständig sind, die nicht zur engen Zusammenarbeit mit dem Menschen und zum »Folgen« gemacht wurden, wie viele der Schlittenhunderassen oder der Herdenschutzhunde.

ENTWICKLUNGSPHASEN

Zwischen dem 9. und dem 18. Monat tritt bei den meisten Hunden eine Art der Pubertät ein – das ist auch der Zeitpunkt, zu dem die Jagdpassion ihren Höhepunkt erreicht. Die Neugier und die Leidenschaft treibt den Hund in die Ferne, gepaart mit der Konzentrationsspanne einer Ameise. Das nervt zwar, ist aber nicht schlimm, denn es geht wieder vorbei: Wenigstens raucht er nicht heimlich und fährt nicht Motorrad ohne Helm. Das ist doch auch was.

BESITZERWECHSEL

Ein Hund, der gerade erst in ein neues Zuhause gekommen ist, muss erst eine Beziehung zu dem neuen Menschen aufbauen. Das kann eine Weile dauern, denn meistens werden Hunde ja deshalb abgegeben, weil aus irgendwelchen Gründen keine oder eine nur sehr schwache Bindung zwischen Mensch und Hund bestand. Bis dieser Hund versteht, was man eigentlich von ihm möchte, gehen häufig auch mal mindestens vier bis sechs Wochen ins Land.

GIERIG NACH SOZIALKONTAKTEN

Manche Hunde wollen einfach unbedingt allen Hunden Hallo sagen und folgen Hundespuren über ein, zwei Kilometer – und wenn sie den anderen dann eingeholt und angemessen begrüßt haben, kommen sie auch gleich wieder zurück.

SONDERFÄLLE

Die gibt es natürlich auch: Manche Hunde passen in überhaupt keine Kategorien. Zum Beispiel Hunde, die aus dem Tierschutz kommen und ohne Leine in ein Fluchtverhalten fallen, weil sie die Leine als Sicherheitsanker betrachten und völlig überfordert sind, wenn sie ohne Leine frei laufen müssen. Hunde, die handscheu sind. Hunde, für die das leiseste Erheben der Stimme schon zu viel Druck ist. Oder Hunde, deren Lebensmotto lautet »Ich WILL aber« und die erst lernen müssen, dass der Weg nicht durch die Wand führt. Die brauchen dann einen sehr sensiblen Besitzer und einen noch viel sensibleren Trainer, der genau erkennt, mit wem er es zu tun hat.

FREIWILLIGES FOLGEN

Wenn die Stimmung zwischen Hund und Mensch passt, bleibt er eher in der Nähe und ist auch unter Ablenkung ansprechbarer.

In wild lebenden Hunderudeln oder -gruppen gibt es immer wieder solche, die mit ihrem Verhalten »anecken«. Diese Hunde werden von den Älteren zurechtgewiesen, aber wenn es auf Dauer nicht besser wird, werden sie irgendwann der Gruppe verwiesen. Manchmal kommen sie dann nach ein paar Tagen wieder und passen sich dann besser an, manchmal bleiben sie auch weg und treffen andere Hunde, denen es genauso ergangen ist und gründen mit denen neue Familien. Jedem Hund und jedem Wolf steht es jederzeit frei, in seiner Gruppe zu bleiben oder nicht, sobald das Tier aus biologischen Gründen nicht gezwungen ist, noch in der Nähe seiner Eltern zu bleiben. Das Rudel oder die Gruppe können manchmal ziemlich nerven, aber es gibt auch klare Vorteile: Man ist geschützter, die Jagd ist effektiver, die Versorgung meistens besser, und man hat einen bestimmten Platz, der einem zugewiesen wurde, der einem gehört, Sicherheit vermittelt, wo man sich entspannen kann.

Man weiß: Hier gehöre ich hin. Aber das ist abhängig von einem harmonischen Umfeld.

Das Interessante ist: Die meisten unserer Hunde hätten auch mehrmals am Tag die Möglichkeit, zu gehen. Sie könnten aus der Tür huschen, sie könnten beim Spaziergang auf Nimmerwiedersehen abhauen, sie könnten über den Gartenzaun springen, sich aus der Halsung winden, aus dem Auto hopsen, wenn wir gerade nicht aufpassen – und dann wären sie weg. Hunde, die weg möchten, könnten einfach gehen.

Aber sie tun es nicht. Sie kommen immer wieder. Das ist doch eigentlich ein netter Zug von unseren Hunden, finden Sie nicht?

Wenn die Stimmung zwischen Hund und Mensch passt, bleiben sie eher in der Nähe und bleiben auch unter Ablenkung ansprechbarer.

FOLGEN IST STIMMUNGSSACHE

Eine der ersten Fragen, die sich der Hundebesitzer also stellen sollte, lautet: Bin ich die Begleitung, die ich mir selber auch aussuchen würde? Würde ich gerne mit jemandem wie mir spazieren gehen (mal ganz abgesehen von langen Beinen, Waschbrettbauch oder schönen Haaren: Das hilft einem auch nicht weiter, wenn der andere die ganze Zeit Unsinn erzählt, genervt oder angespannt ist)? Meistens will man nur bei jemandem bleiben, der entspannt und amüsant ist. Wer unangenehm ist, unsicher und ängstlich oder einen anrempelt, anschnauzt und eine gereizte Stimmung ausstrahlt, den meidet man tunlichst.

So geht es Hunden auch: Viele Hunde verschwinden länger, obwohl es gar keine jagdlichen Gründe gibt, weil sie einfach mal Abstand brauchen von ihren Menschen. Hundehalter, die andauernd versuchen, ihre Hunde aus Unsicherheit, Angst, Sorge und/oder mangelndem Vertrauen zu kontrollieren, sind für ihre Hunde richtig anstrengend. Sie werden permanent überfordert von der Atmosphäre, die der Hundehalter kreiert.

Miteinander statt gegeneinander: Der gemeinsame Spaziergang soll ein schönes Unterfangen für beide Seiten sein.

Unterschätzen Sie Ihren Hund nicht: Er ist durch das tägliche Zusammenleben mit Ihnen ein Experte für Ihre Stimmungen. Er merkt, ob Sie angespannt sind, bevor Sie selber es verstanden haben. Wenn wir mit jemandem spazieren gehen, der sehr angespannt ist, überträgt sich das häufig auch auf uns – und plötzlich laufen unsere Hunde aus dem Ruder, wofür wir zunächst gar keine Erklärung haben. Die jeweilige Stimmung des anderen kann eine Situation vollkommen verändern – entweder auflösen oder kippen lassen. Darum ist es beispielsweise auch kontraproduktiv, zwei Hunde, die sich angespannt gegenüberstehen, auch noch anzuschnauzen oder in Erwartung einer Katastrophe dazwischenzugehen: Auf diese Weise treibt man die Hunde geradezu in eine Auseinandersetzung hinein, weil man dem eigenen Hund vermeintliche Rückendeckung gibt. Geht man stattdessen ruhig in die andere Richtung und gibt den Hunden damit Raum und Luft, während man dem Hund mit lockerem Tonfall »Weiter!« zuruft, gibt man ihm die Option, die Spannung aufzulösen, indem er die Möglichkeit hat, zu folgen.

Der Umgang mit Hunden ist – wie eigentlich alles im Leben – eine Frage der inneren Haltung. Wir wollen nicht für den Rest unseres gemeinsamen Lebens der Bodyguard unseres Hundes sein und jeden Blick, jeden Schritt kontrollieren müssen, sondern dem erwachsenen Hund eine gewisse Verantwortung und Selbstbestimmung zurückgeben. Er ist schließlich kein elektrisches Auto, das ohne Fernsteuerung alleine nicht funktioniert.

Lassen Sie ihn doch einfach mal.

HUNDE KENNEN KEIN »RICHTIG« ODER »FALSCH«

Nehmen Sie es nicht persönlich, wenn Ihr Hund sich nicht so verhält, wie Sie es von ihm wollen. Werden Sie nicht ärgerlich – er ist nur ein Hund, er tut das, was Hunde nun mal tun.

Sie haben ihm einfach bisher nicht gut genug vermitteln können, was das »richtige« Verhalten ist – also das, was wir uns von ihm wünschen. Ein Hund hat keine Vorstellung von unserem »richtig« oder »falsch«. Wenn Sie aufhören, sein Verhalten zu bewerten, werden Sie entspannter. Stellen Sie sich vor, Sie würden mit einem Elefanten oder einem Huhn arbeiten: Sie würden auf den Elefanten auch nicht böse werden, wenn er sich wie ein Elefant verhält, oder einem Huhn übelnehmen, dass es auf eine Stange hopst. Beobachten Sie Ihren Hund, versuchen Sie das, was er tut, grundsätzlich erst einmal neutral anzunehmen, und lösen Sie dann Ihr Problem (seines ist es nämlich nicht).

JAGDVERHALTEN

Jagdverhalten ist eine Instinkthandlung eines jeden Raubtieres, die der Nahrungsbeschaffung dient –, wie alle Verhaltensweisen, die dazugehören: Scannen, Beobachten, Stöbern, Spurensuchen, Ausschauhalten, Packen, Beißen, Töten, Fressen etc.

Das Jagen ist ein natürliches, angeborenes Verhalten und gehört zum normalen Hundeverhalten, obwohl das Jagdverhalten für die Beschaffung von Nahrung bei den Haushunden keine Rolle spielt: Sie bekommen sie zu Hause ja gratis. Aber unsere Hunde gehören noch immer zur Gattung Raubtier, auch wenn sie nicht mehr so aussehen und auf Designerkissen schlafen. Dabei ist Töten heutzutage ein gesellschaftliches Tabu (nur komischerweise nicht bei den Katzen: Da nimmt man es irgendwie hin und graust sich höchstens, wenn der Hauslöwe einem eine geköpfte Maus in die Pantoffeln legt, und betrachtet das sogar gerührt als Geschenk. Bei einem Hund, der einem ein geköpftes Rehkitz auf die Schwelle transportiert, sähe die Sache schon ganz anders aus). Dazu kommt, dass man sich als Hundebesitzer natürlich große Sorgen macht: Die Wartezeiten können sehr lang werden, denn manche Hunde brauchen eine halbe Stunde oder noch viel länger, bis sie zurückkommen, und da steht man nun im Wald und weiß auch nicht, wie es jetzt weitergehen soll ... Und je länger es dauert, desto größer die Angst, dem Hund könnte etwas zustoßen, er könnte überfahren oder erschossen werden oder einen Verkehrsunfall verursachen. Es ist also wichtig für uns, unseren Hund und die Umwelt, diese angeborene Verhaltensweise kontrollieren zu können.

»Jagdverhalten ist eine Instinkthandlung jedes Raubtieres, egal ob Katze oder Hund.«

WODURCH WIRD JAGDVERHALTEN AUSGELÖST?

Bewegung. Wenn sich ein Beutetier wie eine Beute verhält – Flucht, Angst, Scheu –, dann wird automatisch Jagdverhalten ausgelöst. Das kennt fast jeder bei Katzen: Rennt die Katze los, läuft der Hund hinterher. Sitzt die Katze aber, haben die meisten Hunde großen Respekt vor ihr – vor allem, weil sie sich nicht wie ein Beutetier verhält.

Geräusche. Wenn es im Gebüsch raschelt, Enten oder Gänse quaken, es irgendwo knackt, Fasanen oder Kraniche rufen (daher auch »Ruf der Wildnis«).

Gerüche von Wild oder Wildfährten – je nachdem, wie frisch sie sind. Am häufigsten nehmen Hunde Fährten von Rehwild auf, weil es relativ viele Duftdrüsen an den Schalen (Hufen) hat, während Hasen oder Kaninchen aufgrund ihrer behaarten Läufe für unsere Vierbeiner nur schwer zu »erriechen« sind.

Hunger. Gerade bei Hunden, die irgendwann selbst für ihre Nahrung sorgen mussten – wie z. B. ehemalige Straßenhunde –, kann Hunger Jagdverhalten motivieren. Bei diesen Hunden legt sich »ein Schalter um«, sobald sie Hunger verspüren, ganz anders als die Hunde, die gelernt haben, sich beim geringsten Hungergefühl einfach mit einem besonders seelenvollen Blick an uns zu wenden. Auch Unterzuckerung kann dafür sorgen, dass der Hund sehr aufgeregt und übrigens eher schlecht gelaunt ist (Sie kennen das vielleicht von Männern ohne Frühstück: Entspannt ist was anderes).

Erfolgserlebnisse. Manche Hunde merken sich ganz genau, dass vor zweieinhalb Wochen an genau dieser Stelle ein Reh stand – und werden dann regelmäßig kurz vor dieser Stelle nervös.

Stimmungsübertragung. Wenn der Mensch angespannt ist und permanent Ausschau hält nach Rehen und Hasen, überträgt sich diese Stimmung auch auf den Hund.

Dazu gehört auch die Doppelpack-Dynamik. Ein neuer, zweiter Hund, den man in die Familie integriert, kann das Jagdverhalten des ersten massiv verstärken, weil die beiden eine Art chemische Reaktion eingehen, die für unsere entspannten Spaziergänge ungünstig sind. Sind die Hunde jeweils ohne den anderen, sind sie völlig entspannt und jagdlich uninteressiert. In solchen Fällen ist es tatsächlich die entspannteste Lösung für alle Beteiligten, den zweiten Hund wieder abzugeben, sonst kämpft man ein Leben lang gegen diese Kombination an.

Wenn Sie eine gute Freundin mit Hund haben, mit der Sie gerne spazieren gehen, Ihre beiden Hunde stecken sich aber gegenseitig mit Jagdfieber an – dann gehen Sie in Zukunft mit der Freundin lieber essen, ganz ohne Ihre Hunde, und gehen Sie getrennt spazieren. Davon haben Sie und vor allem die Freundschaft einfach mehr.

»Anzeichen für Jagdverhalten sind schnüffeln am Boden, wittern, Umgebung scannen oder etwas in der Entfernung fixieren.«

HUND WEG, ALLES AUS, DER UNTERGANG IST NAH?

Was zu tun ist , wenn der Hund tatsächlich abhaut. Die wichtigste Regel lautet: Ruhe bewahren!

Wenn der Hund hinter Wild herrennt, kommt er meistens an die Stelle zurück, wo er seine Menschen zuletzt gesehen hat.

Haut der Hund vor Schreck oder Panik ab, läuft er meistens zurück zum Auto oder nach Hause.

Wichtig ist immer, wie der Mensch sich verhält, wenn ihm der Hund durchgegangen ist: Haut der Hund ab, dann schreit man ihm im ersten Schreck normalerweise hinterher. Anschließend wird man wütend (»Kommst du jetzt, zum Donnerwetter! Verdammtes Vieh!«). Wut ist eine Stimmung, der sich der Hund nicht freiwillig aussetzt – er kommt also in diesem Moment ganz sicher nicht. Und dann kommt die Phase, in der der Mensch sich richtig Sorgen macht, dass dem Hund oder dem Reh etwas passiert, man malt sich ein Schreckensszenario nach dem anderen aus – auch wieder eine Stimmung, die den Hund davon abhält, zurückzukommen. Und irgendwann gibt man innerlich auf, kommt ins Hoffen und denkt nur noch, man würde sich so freuen, wenn er wieder käme (die Wut ist längst verraucht) – und dann dauert es keine zehn Minuten mehr, und der Hund ist wieder da. Weil das sensible Tier nämlich auf die Entfernung unsere Stimmung ganz genau gespürt hat. Und sobald die Stimmung wieder »sauber« ist, kann der Hund auch wieder kommen.