Leitfaden Freies Lektorat -  - E-Book

Leitfaden Freies Lektorat E-Book

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Beschreibung

Lektorin oder Lektor ist kein Lehrberuf, und doch sind Qualitätsstandards in diesem Arbeitsfeld essenziell. Für Qualität und Fortbildung rund um redigierte Texte steht seit dem Jahr 2000 der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL), der heute über 1.200 Mitglieder aufweist. Und damit einen Brainpool an Expertinnen und Experten, deren gesammeltes Wissen sich in diesem Buch findet. Von der Auftragsakquise über Versicherungen bis hin zum Zahlungseingang wirft der Leitfaden einen Rundumblick auf die Anforderungen der Freiberuflichkeit, beleuchtet den Wandel in der Medienbranche und zeigt neue Wege und Arbeitsfelder auf. Änderungen gegenüber der Vorgängerauflage ergeben sich nicht nur aufgrund neuer technischer Entwicklungen, z.B. die der künstlichen Intelligenz (KI), sondern resultieren auch aus dem gesellschaftlichen Wandel, der sich sprachlich niederschlägt. Nicht jeder der namentlich gekennzeichneten Artikel entspricht dabei der Verbandsmeinung – kein Wunder bei Themen wie ›Honorare‹, ›KI im Lektorat‹ und ›Gendern‹. Die Beiträge, Erfahrungsberichte und Praxistipps der rund 85 Autorinnen und Autoren spiegeln die Vielfältigkeit und Diversität innerhalb des VFLL. Mit dieser neu bearbeiteten und erweiterten Auflage möchte der Verband den lebendigen Dialog – auch mit künftigen Mitgliedern – fortzusetzen: in einem lebendigen Netzwerk unter www.vfll.de oder in den über ganz Deutschland verteilten Regionalgruppen des Verbands.

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LEITFADEN

FREIES LEKTORAT

12., neu bearbeitete und erweiterte Auflage

Inhaltsverzeichnis

Editorial

1 Berufsfeld Freies Lektorat

Das Freie Lektorat | Marion Voigt

— Tätigkeitsschwerpunkte freier Lektorinnen und Lektoren | Marion Voigt

2 Arbeitsfelder vom Lektor bis zur Producerin

Lektorat im Verlagsbereich | Birgit Scholz

— Das klassische Buchlektorat | Sybil Volks / Berit Lina Barth

— Übersetzungslektorat | Alfons Winkelmann

— Zeitschriftenlektorat und -schlussredaktion | Katja Rasmus

— Schulbuch und andere Bildungsmedien | Edda Vorrath-Wiesenthal

— Crossmediales Publizieren | Susanne Franz

Arbeitsfelder jenseits der Verlagsbranche | Günther Frosch

— Unternehmenskommunikation | Monika Werthebach

— Werbelektorat | Antje Winkler

— Lektorat für die Wissenschaft | Sibylle Strobel / Grit Zacharias

— Leichte und Einfache Sprache – Wege zu mehr Verständlichkeit | Angelika Pohl

— Nische besetzen | Mihrican Özdem

— Audiovisuelle Medien | Annette Koschmieder

— Digitale Publikationen | Ursula Welsch

— Selfpublishing | Erik Kinting

Arbeitsfelder rund um die Publikation | Silke Behling

— Alles aus einer Hand: Producing | Rainer Schöttle

— Autorenberatung | Lothar Strüh

— Bildredaktion, -beschaffung, -rechte für Printmedien | Thirza Albert / Jutta Krautscheid

— Textrechte klären und verhandeln für Printmedien | Thirza Albert / Jutta Krautscheid

— Text- und Bildrechte digital | Birgit Menche

— Recherche als Dienstleistung | Birgit Scholz

— Strukturierte Internetrecherchen | Albrecht Ude

— Texten | Elke Homburg

— Ghostwriting | Anja Sieber

— Überzeugen statt überreden: PR-Arbeit | Maike Frie

— Social-Media-Management | Inga Beißwänger

— Content-Management | Walter Greulich

— Registererstellung/Indexing | Jochen Fassbender

3 Sprachwandel

Mit Sprache abzubilden ist immer auch ein Handeln | Angelika Pohl

— Die historische Dimension von Sprache | Nadja Nitsche

— Der Rat der deutschen Rechtschreibung und der Duden | Kathrin Kunkel-Razum

— Von sichtbar(er) bis egal – Sprache und Gender/n/ | Angelika Pohl

— Diversität – Diskriminierungen im Text erkennen | Wenke Klingbeil-Döring

— Sensitivity Reading – Teil des Lektorats | Xenia Wucherer

4 Das Freie Lektorat in der Schweiz und in Österreich

Deutsch – eine plurizentrische Sprache | Christine Huonker

— Lektorat in der Schweiz | Christine Huonker

— Lektorat in Österreich | Rebekka Redwitz / Dominik Reiser

5 Freies Lektorat als Dienstleistung

Marketing und Kommunikation | Corina Retzlaff / Traudl Kupfer

— Marketing, Werbung, Akquise | Bettina Liebler

— Kundenkontakte pflegen | Bettina Liebler

— Netzwerken | Gesa Füßle

Von der Anfrage bis zur Rechnung | Corina Retzlaff / Wanda Löwe

— Das professionelle Angebot | Sibylle Strobel

— Honorare – ein viel diskutiertes Thema | Herwig Frenzel

— Honorare und Haltung | Georg-D. Schaaf

— Aufträge bearbeiten – Qualität sichern | Claudia Boss-Teichmann

— Rechnungen stellen | Klaus J. Büchel / Heike Koblitz

Die Selbstständigkeit | Corina Retzlaff / Birgit Scholz

— Was Sie beachten müssen | Prisca Wende

— Buchhaltung | Prisca Wende

— Steuern | Prisca Wende

— Vertragsrecht und Haftungsfragen | Klaus J. Büchel / Heike Koblitz

— Das Impressum – der Ort für professionelle Sichtbarkeit | Veronika Licher

— EU-Datenschutzgrundverordnung (EU-DSGVO) | Monika Kopyczinski

— Kooperationsformen | Dörte Fuchs / Jutta Orth

— Künstlersozialkasse | Gisela Hack-Molitor

— Weitere Versicherungen | Marina Burwitz / Anne Paulsen

— Freiberuflich arbeiten: Chancen und Risiken | Marion Voigt

— Mutterschutz und Elterngeld für freiberuflich Tätige | Ulrike Frühwald / Angela Stangl

6 Tipps und Tricks für das Freie Lektorat

Hilfsmittel für den Berufsalltag | Monika Kopyczinski

— Ausstattung | Monika Kopyczinski

— Nachhaltigkeit im Arbeitsalltag | Monika Elsler

— Buchhaltungsprogramme | Sabrina Cremer

— Controlling | Olaf Kahl

— Zeiterfassung | Monika Kopyczinski / Sibylle Strobel

— Korrigieren und Kommentieren im PDF | Walter Greulich

— Mobiles Arbeiten mit Cloud Computing | Ines Balcik

— Künstliche Intelligenz im Lektorat | Walter Greulich / Ulrich Kilian

— Wikis und Datenbanken für Netzwerke | Walter Greulich / Ulrich Kilian

7 Fortbildung im Freien Lektorat

Fit fürs Freie Lektorat | Joachim Fries

— Viele Wege, ein Ziel – Freies Lektorat | Joachim Fries

— Von der Handlungssituation zur Lernsituation | Joachim Fries

— Kompetenzen im Freien Lektorat | Joachim Fries

— Qualität in der Weiterbildung | Joachim Fries

— Das Fortbildungsangebot des VFLL | Annika Behler / Barbara Buchter / Silke Leibner

— Bildungsanbieter und Kooperationspartner | Christiane Kauer

8 Der Verband der Freien Lektorinnen und Lektoren (VFLL e. V.)

Berufsverband, Interessenvertretung, Netzwerk | Inga Beißwänger

— Der VFLL im Überblick | Inga Beißwänger

— Verhaltenskodex für Lektorinnen und Lektoren im VFLL

Anhang

— Link- und Literaturliste

— Verzeichnis der Autorinnen und Autoren

— Register* | Jochen Fassbender

— Textquellenverzeichnis

— Impressum

*Hinweis zum Register

Die Sinneinheiten dieses Buches sind mit Kapitel-/Absatznummern in der Marginalie fortlaufend durchnummeriert, wobei eine Sinneinheit auch aus mehr als einem Textabsatz bestehen kann. Eine Kapitel-/Absatznummer ist folgendermaßen aufgebaut: Die Zahl vor dem Punkt gibt die Nummer des Großkapitels an und die Zahl nach dem Punkt die Nummer des Absatzes (= Sinneinheit). Im Register sind – statt Seitenzahlen – diese Kapitel-/Absatznummern als Fundstellenangaben hinter den Einträgen angegeben.

Editorial

Zwischen Digitalisierung und Gendern – ein Berufsbild im Wandel

Wie die vorangegangenen Auflagen liefert auch die vorliegende neue Ausgabe des Leitfadens Freies Lektorat eine Fülle von Fakten, ob für Berufsneulinge oder für erfahrene Lektor*innen. Von A wie Akquise bis Z wie Zeiterfassung informiert sie über die für das Freie Lektorat relevanten Themen: klassische und exotische Arbeitsfelder, Recht und Steuern, Angebots- und Rechnungsstellung, Kooperationsformen, digitale Werkzeuge, Künstlersozialkasse, Fortbildung und vieles mehr.

Die Neuauflage spiegelt zudem den Wandel des Berufsbilds und der Tätigkeit wider. Die 85 Autor*innen sind Fachleute für ihr Thema. Und einige meldeten zurück, dass ein noch vor wenigen Jahren wichtiger Beitrag inzwischen kaum noch eine Rolle spiele. Alle über 1 200 VFLL-Mitglieder wurden zu Neuerungsvorschlägen aufgerufen. So wurde nicht nur deutlich, welche Inhalte zu aktualisieren waren, sondern auch, wie sich der Beruf des Freien Lektorats verändert. All jenen, die zu der neuen Auflage beigetragen haben, gilt unser herzlicher Dank!

Was ist neu, was ändert sich? Ein erster Eindruck:

—Die Bedeutung des klassischen Verlags-/Buchlektorats geht zurück. Dies dürfte nicht zuletzt an den Honoraren liegen, die in anderen Bereichen besser sind. Die freien Lektor*innen von heute sind sehr vielseitig; viele spezialisieren sich erfolgreich auf Nischen (S. 57 ff.) und bilden sich „über den Tellerrand hinaus“ (S. 278) weiter. Eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen professionellen Haltung ergänzt den seit jeher notwendigen professionellen Umgang mit Angebot, Honorar und Rechnungsstellung (S. 158 ff.).

—Alle freien Lektor*innen müssen sich mit der Digitalisierung befassen. Für die vorliegende 12. Auflage wurden nicht nur bestehende Artikel aktualisiert, etwa zum Arbeiten mit einem Wiki oder in der Cloud. Vielmehr bietet sie auch ganz neue Überlegungen, etwa zu crossmedialem Publizieren (S. 28 f.) und zu künstlicher Intelligenz im Lektorat (S. 251 f.).

—Gesellschaftliche Entwicklungen spiegeln sich im Freien Lektorat wider. Es entstehen neue Arbeitsfelder, zum Beispiel im Bereich „Leichte und Einfache Sprache“ (S. 54 ff.).

—Sprache selbst wandelt sich. Dem trägt ein neues Hauptkapitel (Sprachwandel, S. 114 ff.) Rechnung, geschrieben von Lektor*innen aus der AG Sprachwandel im VFLL e. V., ergänzt durch einen Gastbeitrag der Duden-Chefredakteurin Kathrin Kunkel-Razum. In dieser AG arbeiten Mitglieder, die dem Gendern positiv gegenüberstehen. Doch das ist nicht ihr einziges Thema. Im neuen Kapitel beschreiben sie, was Sprachwandel für die Arbeit im Freien Lektorat bedeutet.

Um der Vielfalt der Meinungen zum Gendern gerecht zu werden, haben Redaktion und Herausgeber beschlossen, den Autor*innen dieses Buchs in ihren Beiträgen die Entscheidung zu überlassen, wie sie gendern möchten. Die Mehrheit begrüßte dies, einige wenige hingegen wünschten sich, dass die Redaktion für Einheitlichkeit sorgen möge. Doch sollte vermieden werden, dass in einem Handbuch für das Lektorat eine Vereinheitlichung als „empfohlener Standard“ missverstanden wird, während sich selbst der Duden mit Regelungen zurückhält und die Empfehlung des Rats für deutsche Rechtschreibung abwartet (S. 118 f.).

Jede berufliche Tätigkeit ist eingebettet in die Gesellschaft, ihre Debatten und ihren Wandel – vielleicht eine Freiberuflichkeit sogar noch stärker als jede Festanstellung. Entsprechend polarisiert das eine oder andere Thema und manche Frage bleibt ungeklärt. Ob „Honorare“, „Gendern“ oder „KI im Lektorat“ – die Beiträge spiegeln nicht die Ansichten der Redaktion, des Herausgebers, des Berufsverbands und sicherlich nicht die Meinung der gesamten Lektor*innenschaft wider. Darüber wird sicherlich weiterhin diskutiert werden. Möge der Leitfaden Freies Lektorat zu professionellen Debatten anregen und Toleranz sowie (nicht nur sprachliche) Vielfalt fördern. Viel Freude beim Lesen!

— Stefanie L. Hegger

für den VFLL-Vorstand, Düsseldorf, im Juli 2023

1

BERUFSFELD FREIES LEKTORAT

 

Das Freie Lektorat

1.1

Freie Lektorinnen und Lektoren sind aus dem Buchmarkt nicht wegzudenken. Als wichtige Schaltstelle zwischen Autorinnen und Autoren einerseits und dem Lesepublikum andererseits agieren sie kompetent und verantwortungsvoll auf verschiedenen Ebenen.

 

Manches von dem, was sie abdecken, mag überraschen, denn: Wohl kaum ein Beruf in der Medienbranche umfasst so viele Tätigkeitsfelder. Dabei dreht sich alles um die pulsierende Mitte: die Arbeit an Texten. In einer gedachten Mindmap führen von hier aus mehr oder minder dicke Äste in alle Richtungen und verzweigen sich weiter.

1.2

Sowohl als Partner:innen für Verlage und als Berater:innen für Schreibende als auch mit ihrem Angebot an Dienstleistungen für Unternehmen und Organisationen sind freie Lektor:innen gefragt. Dabei arbeiten sie häufig professionell mit anderen Dienstleister:innen zusammen, die Bereiche wie Layout, Grafik, Illustration, Website-Programmierung etc. abdecken, auch weit über die »Arbeitswelt Buch« hinaus.

1.3

Haben wir genug qualifizierte freie Lektor:innen? Hoffentlich!* Aber nicht alle Kolleg:innen sind Mitglied im VFLL, wo Qualitätssicherung ein zentrales Anliegen darstellt. Da es keine geregelte Ausbildung zum Lektor, zur Lektorin gibt, ist es elementar, sich über gemeinsame Kriterien für Textqualität zu verständigen und diese umzusetzen.

1.4

Hier lohnt ein Blick in den VFLL-Verhaltenskodex (s. S. 284 f.), der betont, wie sehr es bei den Rahmenbedingungen der Lektoratsarbeit auf Fairness und Loyalität ankommt und darauf, mit Sprache gesellschaftlich verantwortungsvoll umzugehen.

 

Tätigkeitsschwerpunkte freier Lektorinnen und Lektoren

1.5

Der folgende Überblick zeigt in groben Zügen die Vielfalt an möglichen Tätigkeitsschwerpunkten für freie Lektor:innen.

 

Partner:innen für Verlage

1.6

Als Partner:innen für Verlage übernehmen freie Lektor:innen klassische Aufgaben wie das Redigieren von Originalmanuskripten oder Übersetzungen, und zwar auch als Grundlage von audiovisuellen und digitalen Medien. Rund um das Buch bzw. das Medium fallen weitere Aufgaben an, die gegebenenfalls Außenlektor:innen ausführen, etwa das Erstellen von Gutachten, Recherche (Bildrechte, Fact Checking u. a.), Verfassen von Vorschau- und Klappentexten, Registererstellung, Fahnenkorrektur, Kollationieren und vieles mehr. Producing, also die Gesamtbetreuung der Publikation bis zur Herstellung, kann ebenfalls eine Rolle spielen, und wer den (internationalen) Buchmarkt kontinuierlich beobachtet, ist womöglich als Scout genau richtig.

 

Berater:innen für Schreibende

1.7

Viele Autorinnen und Autoren arbeiten mit freien Lektor:innen zusammen, unabhängig davon, ob sie eine Verlagspublikation anstreben oder ihr Werk im Selfpublishing veröffentlichen wollen. Hier geht es um die ganze Bandbreite an Dienstleistungen rund um Texte.

 

Das Erstellen von Exposés und das Redigieren einer Leseprobe für die Bewerbung bei einem Verlag oder einer Literaturagentur gehören genauso dazu wie das Ausführen einzelner oder Koordinieren sämtlicher Schritte bis zum fertigen Werk, ob gedruckt oder digital. Maßstab ist in jedem Fall, dass am Ende ein auch hohen Verlagsstandards genügendes Ergebnis steht.

 

Nicht selten werden Dienstleistungen nachgefragt, die Marketing und PR betreffen. So können freie Lektor:innen beim Präsentieren von Büchern (Lesungen), bei der Pressearbeit oder bei Social-Media-Aktionen unterstützen.

 

Generell kommt es bei der direkten Zusammenarbeit mit Autorinnen und Autoren darauf an, mit Beratungskompetenz zu überzeugen und Coachingqualitäten zu entwickeln.

 

Dienstleister:innen für Unternehmen und Organisationen

1.8

Neben Verlagen für Bücher, Zeitschriften, Hörbücher, Spiele etc. gibt es ein weites Feld an Unternehmen, Institutionen und Verbänden, die freie Dienstleister:innen mit der Betreuung ihrer Publikationen beauftragen. Das geht von der Werbeagentur, die Anzeigen Korrektur lesen lässt, bis zu der Firma, die SEO-optimierte Texte für ihre Website braucht.

 

Im Bereich Unternehmenskommunikation und darüber hinaus ist das Erstellen von (Werbe-)Texten ein wichtiges Arbeitsfeld für freie Lektor:innen. Wer sich auf Einfache oder Leichte Sprache spezialisiert, kann für Behörden tätig sein und deren Veröffentlichungen übersetzen.

 

Im Grunde genommen gehört jeder Text, der online, digital oder gedruckt erscheinen soll, von der Visitenkarte bis zur Jubiläumsschrift, in die Hand einer Lektorin oder eines Lektors.

 

Qualifiziert und professionell

1.9

Anhand der hier genannten Gruppen von Kundinnen und Kunden fächert sich das breite Spektrum von Arbeitsbereichen freier Lektor:innen auf. Vom Texten, Schreiben und Ghostwriting bis hin zur medienneutralen Datenstrukturierung und zum Content Management spannt sich der Bogen – je nach Qualifikation und persönlichen Präferenzen.

 

Spezialisierungen – etwa auf ein Genre oder Fachgebiet beim Lektorat für Verlage oder auf eine Zielgruppe wie im Wissenschaftslektorat – eröffnen neue Chancen. Weiterbildungen sind Teil des Berufsalltags, ebenso wie die sonstigen unternehmerischen Pflichten. Und wer aktuelle Trends verfolgt, kann auf Kund:innenanfragen professionell reagieren, ob es nun um gendersensible Sprache geht oder um Sensitivity Reading.

 

Selbstverständlich sichtbar

1.10

All das kennzeichnet unser Angebot, unser unverwechselbares Profil: kommunikative und soziale Kompetenz, ausgeprägte Kunden- und Serviceorientierung – zusammen mit der jeweiligen Fachkompetenz als freie Lektorinnen und Lektoren. Was das für die Arbeit an Texten bedeutet, machen wir auch nach außen sichtbar, zum Beispiel durch gezielte Öffentlichkeitsarbeit und die erfolgreiche VFLL-Kampagne #LektoratInsImpressum (s. ImpressumS. 198 f.).

*In der Künstlersozialkasse sind 2 420 selbstständige Lektor:innen versichert, davon 622 männliche und 1 798 weibliche Personen (Stand 1. Januar 2023). Der VFLL hat 1 225 Mitglieder (Stand Juni 2023).

2

ARBEITSFELDER VOM LEKTOR BIS ZUR PRODUCERIN

 

Lektorat im Verlagsbereich

2.1

Für viele ein Traumberuf – sich mit Büchern beschäftigen zu dürfen und damit Geld zu verdienen. Doch hält dieser Traum der Realität stand? Im digitalen Zeitalter kämpfen viele Buchverlage um ihre Existenz, bauen Stellen ab und vergeben große Teile ihrer Produktion außer Haus, um Kosten zu sparen. Die Budgets für Projekte werden immer starrer auf den Gewinn ausgerichtet. Für das Marketing wird häufig mehr investiert als für das Lektorat, einst Qualitätsmerkmal der Verlagsproduktion. Besonders betroffen davon ist der Bereich der Belletristik, in dem digitale Produkte kaum eine Rolle spielen.

 

Angestellte und freie Lektorinnen und Lektoren leiden unter dieser Situation: die angestellten unter der Unsicherheit ihres Arbeitsplatzes und steigenden ökonomischen Zwängen in ihren Abteilungen, die freien unter sinkenden Honoraren und schwindender Wertschätzung ihrer Arbeit, beide aber unter einer ständig steigenden Arbeitsbelastung.

 

Es gibt sie zwar noch, die Idealist:innen in den Reihen der freien Lektor:innen, die diesen Beruf so sehr lieben, dass sie geringe Honorare in Kauf nehmen. Oft ist dann aber ein zweites Standbein nötig, um den Lebensunterhalt zu sichern.

 

Im VFLL sinkt die Zahl an Kolleg:innen, die den klassischen Schwerpunkt Belletristik gewählt haben; immer öfter werden die existenzsichernden Aufträge in Bereichen jenseits der Verlagsbranche akquiriert. Doch auch sonst scheinen die Verlage an Anziehungskraft zu verlieren: Es wird für sie zunehmend schwieriger, Bewerber:innnen für ein Verlagsvolontariat zu finden, wenn sie diesen nicht gute Konditionen anbieten.

 

Das klassische Buchlektorat

2.2

Freie Lektorinnen und Lektoren decken als externe Mitarbeiter nur einen Teil des gesamten Arbeitsgebietes ab, das in Buchverlagen zum Lektorat gehört (s. S. 15). So sind sie in der Regel nicht an der Programmgestaltung, der Budgetierung der Projekte und der Koordination mit Herstellung, Vertrieb und Marketing beteiligt. Dennoch ist die Palette der von Freien angebotenen Dienstleistungen für Verlage vielseitig. Zudem ist eine Tendenz zu beobachten, dass Verlage immer mehr Lektoratsarbeiten an freie Dienstleister auslagern. Sogenannte Producer übernehmen teilweise das komplette Projektmanagement (s. S. 79 ff.).

2.3

Die Darstellung auf der nächsten Seite zeigt die typischen Arbeitsabläufe in einem Verlagslektorat in stark vereinfachter und generalisierter Weise. Je nach Art und Größe eines Verlags und des jeweiligen Buchprojekts können einzelne Schritte entfallen oder hinzukommen.

 

Lektorat und Redaktion

2.4

Eine der wichtigsten Tätigkeiten freier Lektorinnen und Lektoren ist die Redaktion von Texten: Vom Verlag bekommen sie das Manuskript eines zur Veröffentlichung vorgesehenen Buches, das noch stilistisch und inhaltlich geprüft und überarbeitet werden soll.

 

Die Begriffe „Lektorat“ und „Redaktion“ bezeichnen dabei beide diese klassische Arbeit am Text, zu der in unterschiedlichem Umfang auch Recherchen gehören können sowie das Überprüfen von Zitaten und Querverweisen.

 

Die Bearbeitung, das Redigieren, gestaltet sich unterschiedlich, je nachdem ob es sich um eine Übersetzung oder eine Originalausgabe handelt und welchem Genre das Buch zuzurechnen ist: Belletristik, Sach- und Fachbuch oder Schulbuch.

(Grafik: Sylvia Jakuscheit)

Arbeitsabläufe im Verlagslektorat – schematische Darstellung

 

Belletristiklektorat

2.6

In der Belletristik handelt es sich bei den extern vergebenen Lektoraten meistens um eine Übersetzung, zu über 70 Prozent aus dem Englischen, seltener aus dem Französischen, Spanischen oder einer anderen Sprache. Die Kenntnis der Originalsprache ist Voraussetzung für eine gute Redaktion, denn im Zweifelsfall muss die Übersetzung mit der entsprechenden Stelle in der Originalausgabe verglichen werden. Auch ist ein gutes Sprachgefühl wichtig, um die Qualität der Übersetzung beurteilen zu können und zu entscheiden, wie stark in diese eingegriffen werden darf und muss. Gravierende Eingriffe in den Text sollten allerdings nur nach Rücksprache mit den Übersetzerinnen und Übersetzern vorgenommen werden, denn diese besitzen ein eigenes Urheberrecht an den von ihnen geschaffenen deutschen Texten. Zudem sind sie diejenigen, die sich am ausführlichsten mit dem Original auseinandergesetzt haben. Das gemeinsame Ziel der Zusammenarbeit zwischen Übersetzerinnen und Lektoren: Am Ende der langen Bearbeitungskette merken die Leserinnen und Leser gar nicht, dass es sich um eine Übersetzung handelt, weil sie flüssiges, zeitgemäßes und nuanciertes Deutsch vor sich haben.

2.7

Eine deutschsprachige Originalausgabe stellt andere Anforderungen. Hier entfällt der Vergleich mit der Übersetzung, dafür erfordert die Redaktion oft umfangreiche Eingriffe in den Text und viel Fingerspitzengefühl. Denn das Manuskript wurde noch nicht lektoriert – bei einer Übersetzung wurde die Originalausgabe in der Regel bereits bearbeitet – und ist genauestens auf inhaltliche Stimmigkeit, Erzählperspektive, Entwicklung des Plots und der Charaktere zu prüfen. Oft sind Kürzungen oder umfangreiche Änderungen notwendig, die natürlich mit den Autorinnen und Autoren abgesprochen werden wollen. Für diese sind solche Änderungen oft schwerer zu verkraften als für Übersetzerinnen und Übersetzer, da sie sich viel stärker mit ihrem Werk identifizieren. Umso wichtiger ist es, die eigenen Eingriffe in den Text schlüssig begründen zu können. Die freie Lektorin oder der freie Lektor nimmt eine Vermittlerposition zwischen Autorinnen und Autoren und Verlag wahr, die Kommunikationsfähigkeit, Sensibilität und Souveränität erfordert.

 

Lektorat von Sach- und Fachbüchern

2.8

Bei der Redaktion von Sach- und Fachbüchern, all jenen Büchern, die in der Verlagswelt auch gern als Non-Fiction bezeichnet werden, liegt der Schwerpunkt weniger auf Sprache und Stil, wenngleich auch hier Verständlichkeit und Lesbarkeit wesentlich sind. Ziel des Buches ist jedoch in erster Linie die Vermittlung von Informationen; das gilt für populäre Ratgeber ebenso wie für hochspezialisierte Fachbücher. Es geht um Gliederung und Aufbau, Richtigkeit und verständliche Vermittlung der Inhalte. Sachbuchlektorinnen und -lektoren müssen also genügend Fachkenntnisse besitzen, um zu verstehen, wovon die Rede ist, und um mögliche Fehler oder Ungenauigkeiten zu erkennen. Insbesondere bei populären Sachbüchern sollten sie den Text zugleich aus der Perspektive eines breiten Publikums lesen, das ohne große Vorkenntnisse Gewinn aus der Lektüre ziehen möchte. Während wissenschaftliche Werke und Fachbücher in der Regel von entsprechenden Fachlektorinnen und -lektoren bearbeitet werden (s. S. 46 ff.), setzt das populäre Sachbuch vor allem eine gute Allgemeinbildung und Know-how in der Recherche voraus. Handelt es sich um eine Übersetzung, muss außerdem darauf geachtet werden, dass die Informationen aus dem Original auch für das deutsche Lesepublikum zutreffen, interessant und verständlich sind.

 

Schulbuchredaktion

2.9

Schulbuchredaktionen erfordern zusätzlich zu den jeweiligen Fachkenntnissen didaktische Fertigkeiten und eine Vertrautheit mit den Lehrplänen. Die Redaktion von Lehrmaterial für Schulen beinhaltet meistens eine umfassende Koordination des gesamten Projekts – von der Autorenkonferenz über Redaktion, Bild- und Rechtebeschaffung bis zur Terminüberwachung aller Arbeitsschritte (s. S. 26 f.).

 

Die Arbeit am Text

2.10

Was genau durch die Lektorin oder den Lektor zu prüfen und zu korrigieren ist, sollte unbedingt mit dem Auftraggeber festgelegt werden. Manchmal ist auch ein Abstimmen mit der Autorin oder dem Übersetzer sinnvoll. Im Folgenden wird aufgeführt, auf welche Kriterien zu achten ist, natürlich jeweils nur exemplarisch.

2.11

Inhaltlich: Ist bei einem Romanmanuskript die Entwicklung von Handlung und Personen stimmig? Sind in einem Sachbuch die Daten und Fakten korrekt? Grundsätzlich ist zwar die Autorin / der Autor für die inhaltliche Richtigkeit des Manuskripts verantwortlich. Trotzdem sollte die Lektorin / der Lektor den Text auf Schlüssigkeit überprüfen.

2.12

Stilistisch: Lässt sich das Manuskript gut lesen? Gibt es zu lange Sätze, Wiederholungen, Ungereimtheiten? Stimmen Metaphern, Vergleiche, Idiome? Passt der Sprachstil zum Inhalt bzw. zum Genre? Stimmt bei Romandialogen der Redefluss?

 

Grammatisch: Stimmt der Satzbau, sind die Satzbezüge eindeutig? Stimmen die Zeitformen und die Verbformen (Kongruenz)? Wird der Konjunktiv richtig verwendet?

2.13

Orthografie und Interpunktion: Rechtschreib- und Zeichensetzungsfehler, die bei der Textbearbeitung gesehen werden, werden natürlich korrigiert. Das eigentliche Korrekturlesen kann dies jedoch ebenso wenig ersetzen wie der Einsatz von Programmen zur Rechtschreibprüfung.

2.14

Korrekturlesen sollte in einem gesonderten Arbeitsgang erfolgen und am besten von einem Korrektor erledigt werden oder von einer Lektorin, die darauf spezialisiert ist.

 

Das Abstimmen von Eingriffen ins Manuskript

2.15

Unabhängig von der Art der Redaktion liegt es in der Verantwortung der freien Lektorin / des freien Lektors, auftretende Fragen und Probleme so weit wie möglich selbst zu klären – ob durch Recherche, Nachfragen im Kollegenkreis oder Absprache mit dem Autor oder der Übersetzerin. Der Auftraggeber im Verlag hat das Manuskript schließlich hinausgegeben, um sich nicht mehr als notwendig damit beschäftigen zu müssen. Bei grundsätzlichen Fragen und größeren Eingriffen sollten die Ansprechpartner im Verlag jedoch über das Problem informiert werden. Am besten schlägt man ihnen bereits eine Lösung vor, zu der man sie dann um ihre Meinung bittet.

2.16

Umfangreichere Eingriffe, die Inhalt, Struktur und Stil des Manuskripts betreffen, sind auf jeden Fall mit der Autorin oder dem Übersetzer abzusprechen. Autorin/Autor bzw. Übersetzerin/Übersetzer sind Urheber des Textes und müssen deshalb auch über die Ausführung von Korrekturen entscheiden.

 

Redigieren am Bildschirm

2.17

Das früher übliche Redigieren auf Papier ist zur Ausnahme geworden. Heute werden in der Regel sämtliche Eingriffe direkt in einer Datei vorgenommen. In Absprache mit dem Auftraggeber werden die Änderungen mit oder ohne Korrekturmodus in eine Formatvorlage eingearbeitet. Vor allem wenn das Layout eine entscheidende Rolle spielt, zum Beispiel bei Bildbänden und Reiseführern, oder wenn die Länge eines Textes bis auf eine genaue Zeichen- oder Zeilenzahl vorgegeben ist, wird der Text schon bei der Bearbeitung in der Datei in das vorgegebene Layout eingepasst, sodass eine satzfertige Vorlage entsteht.

 

Da Inhalte zunehmend auch als E-Books oder Apps publiziert werden, spielt die medienneutrale Datenhaltung eine immer größere Rolle, was dann auch bei der Bearbeitung berücksichtigt werden muss (s. S. 28 f.). Prinzipiell sind für die Lektorentätigkeit gute PC-Kenntnisse, vor allem im Umgang mit der entsprechenden Software erforderlich.

 

Gutachten schreiben

2.18

Für viele freie Lektorinnen und Lektoren – sofern sie nicht aus einem Verlag kommen und entsprechende Kontakte mitbringen – beginnt die Laufbahn mit dem Schreiben von Gutachten. Das gibt ihnen die Chance, ihre Fähigkeiten zu beweisen, und dem Verlag die Möglichkeit, ohne großes Risiko eine erste Zusammenarbeit mit ihnen zu testen. Die Redaktion aus den Händen zu geben, ist vor allem Vertrauenssache.

 

Eine Kontrolle der geleisteten Arbeit erfolgt allenfalls stichprobenartig und würde bei negativem Ergebnis sämtliche Zeitpläne über den Haufen werfen. Zudem ist die Begutachtung von Büchern und Manuskripten – überwiegend englischsprachige Originale, bei denen der Verlag erwägt, die Lizenz einzukaufen – eine Gelegenheit für freie Mitarbeiter, sich mit dem Verlagsprogramm vertraut zu machen. Denn bei einer Empfehlung oder Ablehnung geht es nicht nur um Qualitätskriterien, sondern ebenso sehr um die Frage, ob das betreffende Werk in das Programm passt. Ein Buch, das sich in der populären Fantasy-Reihe eines Publikumsverlags gut verkaufen könnte, muss nicht unbedingt zu einem literarisch ambitionierten Kleinverlag passen und umgekehrt. Das Schreiben von Gutachten setzt voraus, dass man Wesentliches prägnant zusammenfassen und Qualitätskriterien benennen kann. Darüber hinaus muss man in der Lage sein, nicht den eigenen Geschmack, sondern das Profil des Verlags zum Maßstab zu nehmen. Auch sind Branchenkenntnisse und ein Gespür für Trends nützlich. Insgesamt handelt es sich also um eine anspruchsvolle Tätigkeit, was sich aber selten in der Bezahlung niederschlägt. Das ist auch der Grund, warum das Verfassen von Gutachten eher zu den Einstiegstätigkeiten zählt und später allenfalls in geringer Dosierung zur Mischkalkulation beitragen kann.

 

Ein Gutachten umfasst normalerweise eine Inhaltsangabe sowie eine kurze Gesamteinschätzung und Begründung der Empfehlung oder Ablehnung. Wichtige Themen und Thesen sollten genannt werden, wenn möglich auch die Zielgruppe des Buches. Die Gesamtlänge eines Gutachtens sollte circa ein bis maximal zwei DIN-A4-Seiten umfassen.

 

Folgende Kriterien sollten bei der Begutachtung eines Buches oder Manuskripts berücksichtigt werden:

 

—Passt das Buch/Manuskript ins Verlagsprogramm, in eine bestimmte Reihe oder Programmsparte, zu einem Genre- oder Länderschwerpunkt?

 

—Bietet es etwas Neues, lässt sich damit eine Marktlücke besetzen?

 

—Wie stark muss es inhaltlich oder stilistisch überarbeitet werden?

 

—Enthält es Passagen, die voraussichtlich gekürzt werden müssen?

 

—Wie aufwendig dürfte die Übersetzung werden (beispielsweise weil der Text viele Jargonausdrücke enthält)?

 

—Gibt es Besonderheiten für den Druck zu berücksichtigen (Bilder, Fotos, Karten)?

 

—Bei Sach- und Fachbüchern: Sind die Sachverhalte, Daten und Fakten noch aktuell? Sind sie auf die Situation im deutschsprachigen Raum übertragbar?

 

Weitere Tätigkeiten unter dem Oberbegriff „Lektorat“

2.19

Neben den Autorinnen bzw. den Übersetzern kennen Lektorinnen/Lektoren das Manuskript am besten. Deshalb übernehmen sie häufig auch folgende Aufgaben:

 

—das Manuskript in Abschnitte, Kapitel, Unterkapitel einteilen

 

—Kapitelüberschriften und Zwischenüberschriften verfassen

 

—Kolumnentitel einfügen

 

—Inhaltsverzeichnis erstellen

 

—Vorschläge für Bilder, Illustrationen und Grafiken machen

 

—Bilder, Illustrationen und Grafiken auswählen

 

—Bildunterschriften verfassen

 

—Marginalien festlegen

 

—Register erstellen (s. S. 110 ff.)

 

—Klappentexte schreiben (s. S. 98 f.)

 

—Kurzbiografie der Autorin oder des Autors schreiben

 

—Umbruchkorrektur

 

—Kollationieren

 

Das Imprimatur

2.20

Sind alle Arbeiten am Manuskript abgeschlossen, belegt der Vermerk „Imprimatur“ (lat. für „Es werde gedruckt“), dass das Manuskript für die Belichtung bzw. den Druck freigegeben wird. Meistens wird das Imprimatur vom Lektorat, manchmal auch von der Herstellung erteilt und fällt damit in die Zuständigkeit des Verlags.

 

Die freie Lektorin bereitet es mit ihrer Arbeit jedoch vor.

Für die Genehmigung zur Verwendung von Textauszügen aus den Beiträgen von Sybil Volks in „Michael Schickerling, Birgit Menche: Bücher machen, 3., aktualisierte und erweiterte Auflage 2012“ (ISBN: 978-3-934054-52-3) danken wir dem Bramann Verlag.

 

Übersetzungslektorat

2.21

Beim Übersetzungslektorat geht es, wie der Name schon nahelegt, um das Lektorat übersetzter Texte aus den verschiedensten Sprachen. Das können belletristische Werke sein (Romane, Theaterstücke, Erzählungen) oder Sachtexte. Angesichts der Tatsache, dass über 10 000 Werke pro Jahr übersetzt werden (Börsenblatt.net vom 1.8.2013), ist der potenzielle Markt für freie Lektorinnen/Lektoren daher ziemlich groß. Ob er auch rentabel ist, dazu einige Bemerkungen am Schluss.

 

Lektorat belletristischer Werke

2.22

Das Lektorat von Übersetzungen unterscheidet sich vom Lektorat deutschsprachiger Texte insofern, als eine Lektorin / ein Lektor keine Möglichkeit mehr hat, gestalterisch in den Text einzugreifen – Handlung und Personen stehen bereits fest. Im Wesentlichen geht es also darum, einen Text „herzustellen“, der sich so liest, als ob ihn eine deutschsprachige Autorin / ein deutschsprachiger Autor verfasst hätte.

 

Was sich einfach anhören mag, erweist sich in der Praxis häufig als ziemlich schwierig oder aufwendig. Vor allem in der Unterhaltungsliteratur (Krimis, Thriller, Liebesromane oder Fantasy) hat man es oft mit Vorlagen zu tun, die nicht deutsch, sondern „translatorisch“, „übersetzt“ klingen. Das hat mehrere Gründe. Zum einen werden (auch) Übersetzungen im Bereich der Belletristik relativ schlecht bezahlt und zum anderen setzen Auftraggeber, also fast immer Verlage, häufig sehr enge Termingrenzen. Beides leistet flüchtigem und ungenauem Arbeiten Vorschub. Die erste Aufgabe eines Lektorats ist es daher, grobe Schnitzer wie Übersetzungsfehler, falsch oder nicht verstandene Idiome, schräge Bilder etc. aufzuspüren und zu korrigieren; dann erst geht es an den Feinschliff, das heißt die Arbeit an der Sprache, also an die eigentliche Aufgabe eines Lektors oder einer Lektorin. Ulrich Blumenbach, Übersetzer von David Foster Wallace („Ein unendlicher Spaß“), schreibt dazu: „Er [der Lektor / die Lektorin] soll eine hohe Sprachkompetenz im Englischen und im Deutschen mitbringen, er soll die Literaturen beider Sprachräume in Vergangenheit und Gegenwart kennen, er soll mit meinem Autor und seinem Werk intim vertraut sein, und er soll mir Paroli bieten können. Der letzte Aspekt ist vielleicht der wichtigste …“, denn: „Ich wünsche mir von einem idealen Lektor also Anregungen, um mal über den Tellerrand meines wie bei jedem Menschen zwangsläufig begrenzten Literaturverständnisses hinauszublicken.“ (Was hier fürs Englische gesagt wird, gilt natürlich auch für jede andere Sprache.) Im Unterhaltungsbereich lässt sich das nicht immer hundertprozentig umsetzen, aber etwas davon kann nie schaden. Das schönste Lob, das an Übersetzerinnen/Übersetzer und damit auch an Lektorinnen/Lektoren gehen kann, ist: „Man merkt gar nicht, dass es eine Übersetzung ist.“

 

Lektorat von Sachtextübersetzungen

2.23

Selbstverständlich ist auch bei Sachbüchern das Ziel, einen „deutschen“ Text herzustellen. Allerdings spielen hierbei noch andere Aspekte eine Rolle: Noch viel mehr als bei belletristischen Texten ist es unerlässlich, dass sämtliche Fakten recherchiert sind. Gerade im angelsächsischen Bereich sind Autoren in dieser Hinsicht manchmal sehr großzügig. Bei übersetzten Texten kommt hinzu, dass ein Übersetzer auch nicht immer zu 100 Prozent zuverlässig ist. Zu fragen ist daher: Beherrscht der Übersetzer die Fachsprache? Weiß er also genau, wovon er redet? Hat er darauf geachtet, dass manche Fakten an deutsche Verhältnisse anzupassen sind (Maße, Gewichte; gesetzliche Bestimmung u. v. m.)? Erst danach kann man an die rein sprachliche Arbeit gehen, wobei man im Fall von Sachbüchern den Stil des Autors nicht unbedingt 1:1 übernehmen muss, denn Sachbücher sind im Deutschen häufig sehr viel „sachlicher“ als zum Beispiel im Englischen. Letztlich gilt aber auch für sie das, was bei der Belletristik gesagt wurde: Es muss so klingen, als sei es ein deutscher Text.

 

Fazit

2.24

Wie eingangs erwähnt ist der Markt für das Lektorat von Übersetzungen offenbar recht groß. Aber besonders lukrativ ist er nicht. Die großen Publikumsverlage sind bei der Honorierung ihrer Außenlektorinnen und -lektoren, also ihrer freien Mitarbeiter, recht knauserig. Daher muss man auch als freie Lektorin / freier Lektor recht schnell arbeiten, um finanziell auf einen halbwegs akzeptablen Schnitt zu kommen. Recht schnell heißt: im Schnitt sechs bis acht Seiten pro Stunde. Dass die Qualität lektorierter Texte nicht allzu sehr unter dieser Arbeitsweise leidet, ist wiederum das Verdienst guter Lektorinnen und Lektoren.

 

Zeitschriftenlektorat und -schlussredaktion

2.25

In letzter Minute wurde noch eine Überschrift ausgetauscht: Und schon prangen „Modere Zeiten“ in großen Lettern über der Lifestyle-Reportage. In einer Automobil-Hochglanzbroschüre wird mit „Posche Design“ geworben – und ein Anzeigenkunde wäre deshalb beinahe arg verprellt. Vielleicht weniger dramatisch, aber genauso ein Fall für die Zeitschriftenschlusskorrektur: hier noch ein Zoll- anstelle eines Anführungszeichens, dort die Lammkeule, die nur ½ Stunde schmoren würde, weil eine 3 im Rezept verloren ging; hier zwei Texte mit zu ähnlicher Überschrift; dort die Kopfzeile, die zehnmal richtig ist, aber auf der letzten Seite doch aus dem Schinken einen Schniken macht. Manche Fehler schleichen sich erst spät im Produktionsprozess ein. Daher gilt: Eine gründliche Schlussredaktion ist unerlässlich!

2.26

Es sind meist eher die kleinen Zeitschriftenverlage, die über die letzte Qualitätssicherung hinaus ein Stillektorat beauftragen. Dies kann beispielsweise notwendig werden, wenn Verlage auf Autorinnen und Autoren zurückgreifen, die zwar Fachwissen, aber kaum journalistische Erfahrung mitbringen. Der spezialisierte Magazinmarkt kann Fachlektorinnen und -lektoren interessante Nischen bieten, wenn etwa ein IT-Magazin, eine Zeitschrift für Eisenbahner oder ein philosophisches Periodikum einen letzten fachkundigen Schliff benötigt. Einige Verlage übertragen auch die redaktionelle Verantwortung. Dann gehören knackige Überschriften, Einleitungstexte, Bildunterschriften und Begriffserklärungen ebenfalls zum Aufgabenspektrum der freien Lektorinnen und Lektoren. Der weitaus häufigere Auftrag in puncto Zeitschriften lautet aber: Übernehmen Sie bitte die Schlussredaktion. Die Gründe dafür sind vielfältig: sei es, dass die Schlussredaktion dauerhaft ausgelagert wird, Extrahefte produziert werden oder durch Urlaub bzw. Krankheit ein Engpass entstanden ist, den Freie flexibel auffangen können.

 

Qualitätssicherung: die Schlussredaktion

2.27

Die Autorinnen/Autoren haben ihre Texte abgeliefert, die Redaktion lässt die Artikel in das Zeitschriftenlayout einfließen und redigiert insbesondere hinsichtlich Verständlichkeit und Textlänge. Erst dann tritt die Schlussredakteurin oder der Schlussredakteur auf den Plan. Teilweise werden die letzten Korrekturen in PDF-Dateien eingetragen, häufiger direkt in Layoutdateien umgesetzt. Die Schlussredaktion ist deshalb das ideale Feld für alle, die den Umgang mit Schriften, Layoutprogrammen (meist InDesign, seltener QuarkXPress), gegebenenfalls Texteditoren (wie InCopy) oder Redaktionssystemen nicht scheuen und bereit sind, sich das notwendige Equipment anzuschaffen. Belohnt werden Investitionen in Ausstattung und Know-how mit kontinuierlichen Aufträgen und der damit verbundenen Sicherheit. Für Urlaubs- und Krankheitstage müssen Freie entsprechend gut vorsorgen; oft arbeiten sie im Team oder im Verbund größerer Redaktionsbüros.

 

Das Aufgabenspektrum in der Schlussredaktion

2.28

Die Schlussredaktion nimmt jeden Artikel inklusive aller grafischen und typografischen Elemente unter die Lupe. Geprüft werden:

 

—Orthografie, Grammatik, Interpunktion, Silbentrennung

 

—einheitliche Schreibungen und Formalia gemäß Verlagsrichtlinien

 

—Faktencheck: Überprüfung von Namen, Webadressen, Daten etc., Plausibilität inhaltlicher Zusammenhänge

 

—Umbrüche (korrekte und gut lesbare Silbentrennung, keine sogenannten Hurenkinder, Schusterjungen, kein Fliegenschiss)

 

—Absatz- und Zeichenformate, Typografie und Paginierung

 

—Zuordnung von Text, Bild und Bildnachweis, Verweise

 

—Ist die Zeitschrift ein Stück aus einem Guss? Gibt es zu starke Überschneidungen bei Überschriften, Fotos oder Inhalten?

2.29

Der Zeitschriftenmarkt ist temporeich und schnelllebig: Für ein zweiwöchig erscheinendes Fachmagazin, das in wenigen Tagen produziert wird, müssen die sukzessive eintreffenden Dateien unverzüglich bearbeitet werden. Bei einem zweimal im Jahr erscheinenden Lifestyle-Magazin ist die Produktion weniger hektisch, aber auch hier treffen Last-Minute-Artikel ein. Ein effizienter Workflow ist daher das Argument, mit dem externe Schlussredakteurinnen und Schlussredakteure punkten können – erst recht seit Titelflut, sinkende Werbeeinnahmen und digitale Konkurrenz Verlagen das Leben schwer machen.

 

Schulbuch und andere Bildungsmedien

2.30

Viele freie Lektorinnen und Lektoren haben sich auf Bildungsmedien spezialisiert. Der Verband Bildungsmedien e. V. bezeichnet so „alle analogen und digitalen Lehr- und Lernmaterialien, die gezielt einen Lernprozess unterstützen“. Ein analoges Produkt wäre zum Beispiel die Printausgabe eines Schulbuchs, ein digitales das Onlineportal zum Sprachenlernen. Der Anspruch an die Qualität von Bildungsmedien, seien es nun Printprodukte oder digitale Materialien, Audios oder Lernvideos, ist hoch. Schließlich sollen sie keine Fehler – welcher Art auch immer – enthalten, um den Lernprozess nicht zu behindern.

 

Wer sind die Auftraggeber?

2.31

Bildungsmedien für die allgemeinbildenden Schulen in Deutschland – also für den Elementar- und Primarbereich, die Sekundarstufen I und II sowie den Bereich der Förderschulen – werden weitestgehend von Bildungsverlagen entwickelt. Materialien für den Tertiärbereich, also Universitäten, Fachhochschulen, Fernhochschulen, Berufsfachschulen und -akademien, Duale Hochschulen usw. werden teilweise von Verlagen, aber auch von den Instituten selbst erstellt. Nicht zu unterschätzen ist der quartäre Bildungsbereich, also alles, was Erwachsenenbildung, berufliche Weiterqualifizierung (z. B. Kammern) sowie kulturelle Weiterbildung (z. B. VHS) angeht, aber auch das Selbstlernen (z. B. in Onlinesprachkursen). Nicht zuletzt gibt es gemeinnützige Organisationen, die eigene Bildungsprojekte (z. B. Leseförderprogramme), oder große Firmen, die innerbetriebliche Fortbildungsangebote selbst entwickeln.

 

Das klassische Schulbuchlektorat

2.32

Pro Jahr bringen Bildungsverlage in Deutschland mehrere Tausend neue Schulbücher und Arbeitsmaterialien heraus (vgl. bildungsmedien.de). 12 bis 13 Schuljahresstufen, verschiedene Schulformen und zahlreiche Länderausgaben tragen zu dieser Zahl bei.

2.33

Immer mehr Bildungsverlage verlagerten in den letzten Jahrzehnten die Redaktion ihrer Produkte nach außen. In den Verlagen selbst findet die Programmplanung, die Konzeptionsentwicklung, die Kostenkontrolle und die Auftragsvergabe statt. Die inhaltliche Betreuung der Projekte übernehmen Außenredakteur*innen, in organisatorischen, technischen und rechtlichen Fragen werden sie dabei vom Verlag unterstützt. Die Aufgaben dieser externen Fachkräfte sind vielfältig: Sie leiten Autorenteams, entwickeln zusammen mit Fachautorinnen und -autoren die Inhalte, führen Tagungen durch, auf denen Manuskripte geplant und besprochen werden, überwachen Termine, wählen Bilder aus, bereiten die Skripte für Ton- und Filmaufnahmen vor, arbeiten mit Layoutbüros, Grafiker*innen und Illustrator*innen zusammen, meistens bis zur Imprimatur, der Druckfreigabe. Sie sind also über die Manuskriptarbeit hinaus vor allem auch Projektmanager*innen.

2.34

Die Anforderungen an die Außenredakteur*innen, insbesondere bei der Entwicklung von Lehrwerken, sind hoch. Sie sind Spezialist*innen (in der Regel mit Hochschulabschluss) in einem oder mehreren Schulfächern. Außerdem verfügen sie über fundierte didaktische Kenntnisse. Eigene Lehrerfahrung ist kein Muss, aber ein Plus, zum Beispiel wenn es darum geht, Vorschläge und Ideen in Manuskripten auf ihre praktische Umsetzbarkeit im Unterricht hin zu beurteilen und mit den Autor*innen auf Augenhöhe zu kommunizieren. Sie müssen sich mit den Bildungsplänen ihres Fachs (und des betroffenen Bundeslandes) sowie mit dem Genehmigungsverfahren befassen, denn jedes Lehrwerk muss dem jeweiligen Kultusministerium zur Prüfung eingereicht werden. Die redaktionelle Betreuung eines Schullehrwerks ist ein Marathon und dauert bei einem dreibändigen Lehrwerk für die Sekundarstufe über drei bis fünf Jahre.

 

Die Zukunft ist digital

2.35

Lernprozesse – sei es zum Selbstlernen oder für den Unterricht – werden in Zukunft immer stärker durch interaktive Materialien oder multimediale Lernsoftware begleitet bzw. gesteuert (z. B. über interaktive Lernplattformen, Whiteboards, enhanced E-Books). In der Erwachsenenbildung geht der Trend weg von Präsenz-, hin zu Distanz- und Selbstlernen, oder einer Mischung aus beidem (Blended Learning). Folglich ändern sich auch die Lernmedien. Für das Lektorat ist deshalb ein grundlegendes Verständnis für diese Lernformen unerlässlich.

2.36

Daneben ändern sich auch die Produktionsprozesse der Verlage. Viele größere Verlage arbeiten mit MAM-Systemen (Media Asset Management), um ihre Produkte zu speichern und zu verwalten. Die Arbeit mit diesen Systemen, aber auch das Arbeiten in der Cloud ist aus dem Alltag der Lektor*innen und Redakteur*innen nicht mehr wegzudenken.

 

Crossmediales Publizieren

2.37

Der Begriff crossmediales Publizieren oder Cross-Media-Publishing beschreibt ein Vorgehen zur Veröffentlichung von Inhalten (dem Content), bei dem aus einer einzigen (Daten-)Quelle unterschiedliche Medientypen erstellt werden können. Synonyme Schlagwörter in diesem Kontext sind auch Single-Source-Publishing bzw. Multi-Channel-Publishing. Eingesetzt werden crossmediale Workflows nicht nur in Buchverlagen. Sie spielen ebenso eine große Rolle in der technischen Dokumentation, im Online-Journalismus und -Marketing sowie beim Corporate Publishing. Übliche Ausgabemedien sind neben Print-Editionen vor allem digitale Formate wie E-Books, Apps, Social-Media- oder Content-Plattformen. Cross-Media-Publishing bietet für alle Organisationen Vorteile, die ihre Inhalte mehrfach und in unterschiedlichen Formaten publizieren (Mehrfachverwertung), da damit meist eine erhebliche Kostenersparnis verbunden ist. Ein weiteres Argument ist, dass die Qualitätskontrolle der Informationen in den unterschiedlichen Ausgabekanälen wesentlich effektiver erfolgen kann, da man zur inhaltlichen Prüfung und Aktualisierung nur auf eine einzige Datenquelle zurückgreifen muss.

 

Content first

2.38

Alle gängigen Cross-Media-Publikationsprozesse beginnen mit der Erstellung der Inhalte, d. h. dem Schreiben und Strukturieren der Texte. Erst in einem zweiten Arbeitsschritt erfolgt das Layout des Contents anhand der Strukturen: In automatisierten Prozessen wird er für das jeweilige Ausgabemedium generiert. Als Konsequenz gilt für Cross-Media-Workflows eine strikte Trennung von Content und Layout, die sich in der Arbeitsweise von Lektorinnen und Lektoren widerspiegelt. Zwar sind die Bearbeitung der Texte und ihre Auszeichnung auch bei Cross-Media-Projekten wesentliche Aufgaben des Lektorats. Doch im Gegensatz zu klassischen Print-Prozessen, bei denen das spätere Layout „mitgedacht“ wird, werden nun die Strukturen der Daten entscheidend.

 

Semantische Strukturierung

2.39

Die Strukturierung des Contents ist für eine Automatisierung unerlässlich. Dabei orientiert sich die semantische Auszeichnung, vereinfacht gesprochen, an der strukturellen Bedeutung der einzelnen Content-Elemente. Als Kriterien dienen u. a. Hierarchien (z. B. bei Überschriften) und Sinneinheiten (z. B. Fließtext, Infoboxen, Grafiken) sowie die Kennzeichnung von Elementen mit besonderem Inhalt (z. B. Hervorhebungen).

 

Medienneutrale Daten

2.40

Der Content als Datengrundlage für alle geplanten (und zukünftigen) Ausgabeformate muss in einem medienneutralen Datenformat vorliegen, in dem Inhalt und Struktur eindeutig gekennzeichnet sind. Geeignet hierzu sind die Auszeichnungssprachen XML und HTML. Manche Verlage starten ihre Workflows zwar mit Word-Daten, die über Formatvorlagen formatiert sind. Doch erfolgt in der Regel später die Konvertierung in ein medienneutrales Format.

2.41

Zur Erfassung von Inhalt und Struktur setzen Unternehmen unterschiedliche Software ein: von einfachen XML-Editoren bis zu komplexen Redaktions- oder Content-Management-Systemen. Die Strukturoptionen sind meist schon in den Systemen hinterlegt. Für (freie) Lektorinnen und Lektoren bedeutet dies, dass sie sich mit diesen Programmen befassen müssen. Darüber hinaus wird von ihnen eine weitere Fähigkeit erwartet: Der Cross-Media-Content wird nicht mehr für eine einzige Publikation erstellt, sondern liegt in Informationsmodulen vor, die für die einzelnen Publikationsformen zusammengestellt werden. Das Lektorat umfasst hier, den Inhalt und die semantische Auszeichnung dieser Komponenten im Blick zu haben. Anhand der Struktur des gesamten Datenbestands werden die einzelnen Bausteine beurteilt.

2.42

In seltenen Fällen werden (freie) Lektorinnen und Lektoren in die Erarbeitung der semantischen Struktur einbezogen. Dann müssen sie sich zusätzlich mit der Frage nach der Granularität des Contents auseinandersetzen und entscheiden, wie differenziert die Strukturierung ausfallen bzw. wie umfassend die einzelnen Module sein sollen.

 

Fazit

2.43

Bei Cross-Media-Projekten liegt der Fokus unserer Arbeit auf der Content-Seite. Freie Lektorinnen und Lektoren sollten mit den Grundzügen der semantischen Strukturierung vertraut und bereit sein, sich in die verwendete Software einzuarbeiten.

 

ZUSAMMENARBEIT MIT VERLAGEN

2.44

Das wünschen sich fest angestellte Lektorinnen/Lektoren von freien: Erfahrung und Fachkompetenz: Dazu zählen neben fachlichen und sprachlichen Fähigkeiten auch Kenntnisse über die Arbeitsabläufe im Verlag. Gefragt sind vor allem Dienstleister mit Erfahrung, die souverän auf die Wünsche ihrer Auftraggeber eingehen.

2.45

Eigenständigkeit und Entscheidungsstärke: Verlage wünschen sich in erster Linie eine reibungslose Zusammenarbeit mit Dienstleistern. Wichtig ist dabei das rechte Augenmaß: Allzu große Detailverliebtheit bei der Redaktion eines Manuskripts nützt nichts, wenn sie vom Verlag gar nicht erwartet und bezahlt wird; gleichzeitig sollte nicht großzügig über offensichtliche Schwächen hinweggesehen werden. Das heißt auch, eigene fachliche Grenzen zu kennen und mögliche Schwierigkeiten rechtzeitig offen anzusprechen – wenn ein Projekt beispielsweise mehr Arbeit erfordert, als ursprünglich geplant und als das Honorar hergibt.

2.46

Fingerspitzengefühl und Kommunikationsstärke: Beim direkten Austausch mit Autorinnen oder Übersetzern wird in besonderem Maß Kommunikationstalent erwartet, zumal die freie Lektorin / der freie Lektor zwar im Auftrag des Verlags arbeitet, aber nur über eingeschränkte Entscheidungsbefugnisse verfügt.

2.47

Termintreue: Die Zeitpläne sind in den Verlagen oft sehr eng. Sollten Termine nicht eingehalten werden können, ist es wichtig, den Ansprechpartner frühzeitig darüber zu informieren. Auf keinen Fall dürfen vereinbarte Termine ohne Vorwarnung verstreichen.

 

PRAXISTIPP

 

Praktikum in einem Verlag machen

2.48

Will man für Verlage arbeiten, ist man im Vorteil, wenn man die typischen Arbeitsabläufe in einem Verlag kennt. Für freie Lektorinnen und Lektoren, die keine Verlagserfahrung besitzen, ist es daher empfehlenswert, ein Praktikum oder ein Volontariat in einem Verlag zu machen.

 

ERFAHRUNGSBERICHT

 

Belletristiklektorat

2.49

Was ist eigentlich Belletristik? Der Begriff kommt aus dem Französischen — „belles lettres“ — und man rechnet Romane, Kurzgeschichten, Science-Fiction, Fantasy und Comics dazu, also alles, was man so zur eigenen Erbauung oder Unterhaltung liest.

2.50

Die Aufgabe des Lektorierens von Belletristik geht natürlich über die Kontrolle von Rechtschreibung und Grammatik hinaus und besteht beispielsweise in der Prüfung sachlicher Hintergründe. Bei einem Krimi, der im Winzermilieu spielt, sollten etwa die angegebenen Rebsorten und Kelterungstechniken stimmen. Ich muss darauf achten, dass der belletristische Text von seiner gesamten Atmosphäre her in sich stimmig ist — also die Sprache zu der Zeit passt, in der er angesiedelt ist, der Plot eine Logik hat, die Personen in sich schlüssig sind.

 

Hier hilft es mir immer, wenn ich als Lektorin in die Rolle der „naiven“ Leserin schlüpfe und alles, worüber ich stolpere, weil es meinen Lesefluss behindert oder das Lesevergnügen schmälert, zu beseitigen suche. Im Normalfall schreibe ich dem Autor / der Autorin oder dem Übersetzer / der Übersetzerin auch via Kommentar daneben, warum ich etwas nicht nachvollziehbar fand und geändert habe. Wenn meine Begründungen einigermaßen nachvollziehbar sind, gibt es nur ganz selten größere Auseinandersetzungen oder gar Streit.

2.51

Einmal hatte ich allerdings so etwas wie den Worst Case vor mir. Ich hatte ein Übersetzungslektorat auf dem Tisch — einen Roman, der, wie sich herausstellte, nicht von einem Profi übersetzt worden war, sondern von der Assistentin des Professors, der das Buch an den Verlag vermittelt hatte. In der Übersetzung passte jedenfalls nichts. Als der Verlag meine Verzweiflung an die Übersetzerin weiterleitete, weil ich nämlich das ganze Buch hatte umschreiben müssen, kam von ihr der legendäre Satz zurück, sie habe gar nicht gewusst, dass es bei so einem Roman vor allem um die Lesbarkeit gehe. Doch, genau um die geht es — und im Ernstfall müssen wir durch unser Lektorat für Lesbarkeit sorgen.

 

— Christiane Filius-Jehne

 

ERFAHRUNGSBERICHT

 

Unterwegs mit der Zielgruppe: Über das Lektorieren von Reiseführern

2.52

„Sie lektorieren Reiseführer? Dann reisen Sie bestimmt viel!“ Dieser Äußerung, die ich über die Jahre nicht nur von Branchenfremden sehr oft gehört habe, kann ich nicht zustimmen. Man begleitet die Autorinnen und Autoren zwar auf Wanderkarten, Stadtplänen und digitalen Angeboten, um Links-Rechts- wie auch Nord-Süd-Schwächen zu tilgen und die Logik von Routen nachzuvollziehen, gewinnt über die Frage nach dem angemessenen Bild- und Kartenmaterial — oft gehören Fotoredaktion und Verfassen der Bildtexte zur Aufgabe — einen Eindruck von Land oder Stadt, aber nur in sehr wenigen Fällen kann ich bei der Bearbeitung eines Manuskripts von eigenen Eindrücken oder gar Rechercheergebnissen zehren. Zugespitzt formuliert, bilden Reiseführer Wirklichkeit nicht ab, sondern konstruieren sie im Hinblick auf die Zielgruppe. So muss ich bei der Bearbeitung prüfen, ob diese oder jene Information tatsächlich wichtig ist für Architekturinteressierte oder Aktivsportler, Hundebesitzer oder Familien, Frischverliebte oder solche, die etwa eine Metropole nur wegen ihrer Shopping-Qualitäten aufsuchen. Dazu kommen mehr oder weniger viele vorgegebene Rubriken und Top-Ten-Listen, mitunter soll eine emotionale Verbindung von Autorin/Autor zur Leserschaft hergestellt werden: „mit der Autorin unterwegs“, „Geheimtipp des Autors“, „für Sie entdeckt“ etc. Faustformel: Je dünner die Titel einer Reihe, desto rigider deren Konzept.

 

Das Lektorat hat also auch dafür zu sorgen, dass die Ansprache durchgängig zielgruppen- und reihenorientiert ist, dass alle Listen und Rubriken in der genau vorgegebenen Reihenfolge, Länge und Häufigkeit — und inhaltlich in sinnvoller Weise — bedient werden. Oft muss man hier auf Zeile bzw. Zeichen redigieren. Ist die Beschäftigung mit einem Werk abgeschlossen, bin ich fast immer um einige Erkenntnisse reicher, und oft — nicht immer! — wurde in mir die Lust geweckt, bei passender Gelegenheit in genau diese Region zu fahren, hat das wochenlange virtuelle Reisen schlichtweg Spaß gemacht. Und das wiegt manche Mühen auf.

 

— Hinnerk Dreppenstedt

 

ERFAHRUNGSBERICHT

 

Übersetzungslektorat aus der Sicht einer Literaturübersetzerin

2.53

Mit klopfendem Herzen öffne ich den Dateianhang der E-Mail. Vier Monate habe ich an dem Manuskript gearbeitet, es schließlich aus der Hand gegeben, und jetzt kommt es zu mir zurück — oh. Ganz schön rot. Gleich der erste Satz, an dem ich so lange geknobelt habe … Wenn das der allererste Kontakt zwischen einer Übersetzerin und ihrer Lektorin ist, wird es schwierig. Wer Übersetzer:innen in trauter Runde nach ihren Negativerfahrungen fragt, darf sich auf einen jähen Temperatursturz und einen Hagel von erbitterten Beschwerden gefasst machen. Warum das so ist, hat die Kiepenheuer-Lektorin Bärbel Flad im Interview mit der Zeitschrift ReLü (Nr. 15, 2014) auf den Punkt gebracht: „Der Text gehört dem Übersetzer, und ich tue weh.“

 

Selbst eine so schmerzhafte, invasive Operation kann aber gelingen. Und wie! In den meisten Fällen bin ich meinen Lektor:innen sehr dankbar. Schließlich sind sie nach langem Alleingang die Ersten, die mit mir gemeinsam diesen komplexen, rätselhaften Romankosmos betreten. Wenn sie das mit Entdeckerfreude, Offenheit und Neugier tun (statt mit bürokratischem Normierungseifer), macht mich das allein schon glücklich. Und ihr frischer Blick rettet mich vor meiner eigenen Blindheit. Lektor:innen können einfühlsam und kreativ sein, die Übersicht behalten, Mark Twain’sche Glühwürmchen in Blitze verwandeln.

 

Damit all diese guten Seiten der Lektoratsbeziehung zum Tragen kommen, können ein paar simple Strategien helfen: Wenn wir uns vorher kennengelernt und über das Buch mit seinen Besonderheiten geredet haben, wenn in der E-Mail ein paar einordnende Worte dazu stehen, mit welchem Ziel welche Arten von Änderungen vorgeschlagen wurden (nämlich nicht „Ich fand, das könnte man doch vielleicht auch so schreiben“), und wenn sich hier und da zwischen all der berechtigten Kritik auch lobende Worte finden — dann sind wir Verbündete. Ein rotes Flimmern ordnet sich zu strukturierten, wohlüberlegten Verbesserungen, und eine unverzichtbare neue Arbeitsphase beginnt.

 

— Gesine Schröder

 

Arbeitsfelder jenseits der Verlagsbranche

2.54

Umfassender Textbedarf, lukrative Aufträge und üppige Honorare – wie sieht es damit jenseits der Verlagswelt aus? Auf jeden Fall wird auch dort all das gebraucht, was Lektorinnen und Lektoren zu bieten haben: Textverständnis, Sprachvermögen und Stilsicherheit. Wer aber nur auf üppige Honorare aus ist, wird schnell merken, dass er oder sie doch nur vom Lockruf des Goldes verführt wurde.

 

Sicher: Alle Unternehmen und Non-Profit-Organisationen benötigen Textunterstützung. Neben Broschüren, Websites, Geschäftsberichten, Mitarbeiter- und Kundenzeitschriften braucht es auch Texte für Produktpräsentationen, Seminarunterlagen, für den Auftritt in sozialen Netzwerken, auf PR-Plattformen …

 

Dennoch verlaufen die Akquisitionsanstrengungen vieler Lektorinnen und Lektoren noch zu oft im Sande. Selbstmarketing und Akquisition sind für viele Lektorinnen und Lektoren eine besondere Herausforderung. Ein wirkungsvoller Auftritt am Markt, der auch entsprechend honoriert wird, erfordert ein klares Profil und eine deutliche Positionierung. Einige Stichworte dazu:

2.55

Stichwort „Markterschließung“: Damit Markterschließung erfolgreich wird, braucht es erstens gute Kenntnisse über den Zielmarkt und zweitens Referenzen. Es lohnt sich also, Marktforschung zu betreiben und der neuen Zielgruppe zu erläutern, welchen Nutzen die eigene Tätigkeit bringt. Damit verbunden sind Fragen wie: „Wie tickt meine Zielgruppe, welche Herausforderungen haben meine Ansprechpartner, welche Verbindungen habe ich zur Branche – zum Beispiel aus meinem Lebenslauf, aus meiner Begeisterung für ein Thema?“ Und: „Wie begründe ich, dass ich die oder der Richtige bin, welche Projekte aus der Verlagswelt kann ich als Referenzen anführen, wie präsentiere ich mich als Expertin bzw. als Experte?“

 

Wer für eine Branche zur Expertin oder zum Experten wird, kann aus dem Preiskampf weitgehend aussteigen.

2.56

Stichwort „Lektorat“: Mit diesem Begriff verbinden viele Auftraggeber jenseits der Verlagswelt vor allem die Suche nach Tippfehlern und die Anpassung der Rechtschreibung, denken also eher an „Korrektorat“. Und dafür sind die Honorare wahrlich nicht üppig. Es lohnt sich also, den Wert der eigenen Leistung durch neue Begrifflichkeiten zu steigern. Eine kurze Recherche zeigt, dass die Lektoratstätigkeit jenseits der Verlage eher als „Beratung für Unternehmenskommunikation“, „Coaching“, „Textconsulting“ oder „Textsupport“ firmiert.

2.57

Stichwort „Text“: Lektorinnen und Lektoren verkaufen gern den „guten Text“ als Ergebnis ihres Einsatzes. Anders als bei Verlags- und Büchermenschen ist ein guter Text für Kundinnen und Kunden jenseits der Buchbranche meist lediglich ein Mittel zum Zweck – zum Beispiel um Kundinnen zu binden, Patienten zu erreichen, Konsumentinnen das neue Müsli schmackhaft zu machen, Stakeholder einzubinden, Besucherinnen auf die Website zu locken. Es lohnt sich also, die Nutzenargumente für die Kundinnen und Kunden zu kennen.

2.58

Stichwort „Produktpolitik“: Textunterstützung war schon immer mehr als Textüberarbeitung. Es macht sich daher bezahlt, die Bandbreite des eigenen Angebots zu definieren und sie eventuell auszubauen. Geht es eher um klassisches Lektorat, verpackt als „Textcheck“? Oder passen auch andere Produkte in das eigene Portfolio? Zum Beispiel Textcoaching on the job für Führungskräfte, Textseminare für Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, Producing von Mitarbeiterzeitschriften.

2.59

Und dann ist da noch die Frage der Wertschätzung: Natürlich ist es legitim, wenn das eigene Herz für Bücher schlägt. Für eine erfolgreiche Arbeit ist es aber förderlich, Kunden jenseits der Verlagsbranche nicht lediglich als ungeliebte zweite Wahl oder als Cashcow – „Verlage zahlen halt so schlecht“ – zu betrachten. Wertschätzung lohnt sich, garantiert!

 

Unternehmenskommunikation

2.60