Leitsymptome in der Gynäkologie und Geburtshilfe beim Hund - Axel Wehrend - E-Book

Leitsymptome in der Gynäkologie und Geburtshilfe beim Hund E-Book

Axel Wehrend

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Beschreibung

Was tun, wenn die Zuchthündin einfach nicht trächtig wird ? Das Gesäuge angeschwollen ist? Oder sich abends noch ein geburtshilflicher Notfall in der Praxis ankündigt? Dieses Buch leitet Tierärzte sicher von der Anamnese über die gynäkologische und geburtshilfliche Untersuchung bis hin zum Kaiserschnitt. Eine besondere Hilfe in der Praxis ist die problemorientierte Herangehensweise: ? Fließdiagramme als Entscheidungshilfe - zielsicher vom Leitsymptom zur Diagnose ? Anschauliche Darstellung von Deckzeitpunktbestimmung und Trächtigkeitsuntersuchung ? Schritt-für-Schritt-Anleitungen zu allen gynäkologischen und geburtshilflichen Operationen ? ausführliches Medikamentenverzeichnis im Anhang

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Kleintier·Konkret | praxisbuch

Axel Wehrend

Leitsymptome Gynäkologieund Geburtshilfe beim Hund

Diagnostischer Leitfaden und Therapie

 

176 Abbildungen13 Tabellen

Vorwort

Wer etwas niederschreibt, muss Kürzen und Vereinfachen. Das tut weh. Spezifitäten und Ausnahmen gehen verloren, dafür wird die Linie sichtbar und kann weitergegeben werden. Dies soll der Sinn des vorliegenden Buches sein – einen diagnostischen Leitfaden für die Kolleginnen und Kollegen, welche sich mit der Reproduktionsmedizin bei der Hündin beschäftigen, zu bieten. Es ist kein alles umfassendes Nachschlagewerk, sondern hat sich an den häufigen Problemen, die bei der Betreuung der Hündin auftreten, orientiert.

Danken möchte ich Herrn Prof. Dr. Dr. h.c. mult. H. Bostedt, der mir 1998 den Auftrag gab, mich mit der Fortpflanzungsmedizin beim Kleintier zu beschäftigen, und den Mitarbeitern und den Patientenbesitzern, die mich jeden Tag mit ihren Fragen dazu zwingen, Antworten zu finden. Weiterhin gebührt Dank der Deutschen Bahn. Die zahlreichen Verspätungen und damit verbundenen Zwangsaufenthalte auf Bahnsteigen und in Wartehallen haben Zeit geschaffen, an diesem Buch zu schreiben.

Vielen Dank auch an Frau Dr. Ulrike Arnold für die letzten Jahre der fruchtbaren und freundschaftlichen Zusammenarbeit. Du wirst mir in der veterinärmedizinischen Community fehlen.

Gießen, August 2009Axel Wehrend

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Teil IBasiswissen und Untersuchungsgang

1 Praktische Aspekte der Anatomie und Physiologie der Geschlechtsorgane

1.1 Äußere Geschlechtsorgane

1.1.1 Rima vulvae

1.1.2 Klitoris

1.1.3 Gesäuge

1.2 Innere Geschlechtsorgane

1.2.1 Vestibulum und Vagina

1.2.2 Zervix

1.2.3 Uterus

1.2.4 Eileiter

1.2.5 Ovarien

2 Hormonelle Regulation der Sexualfunktionen

2.1 Bildungsorte

2.1.1 Hypothalamus

2.1.2 Hypophyse

2.1.3 Ovarien

2.1.4 Weitere Hormonquellen

2.2 Sexualhormone

2.2.1 Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)

2.2.2 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) und Luteinisierungshormon (LH)

2.2.3 Prolaktin

2.2.4 Oxytozin

2.2.5 Östrogene

2.2.6 Progesteron

2.2.7 Relaxin

3 Sexualzyklus

3.1 Proöstrus

3.2 Östrus

3.3 Metöstrus

3.4 Anöstrus

3.5 Präproöstrus

4 Geschlechtsentwicklung und deren Störungen

4.1 Zeitlicher Ablauf der Geschlechtsentwicklung

4.2 Störungen der Geschlechtsentwicklung

4.2.1 Zwitter und Missbildungen

4.2.2 Virilisierung der weiblichen Geschlechtsorgane

5 Pubertät, Geschlechtsreife, Zuchtreife

5.1 Pubertät

5.2 Geschlechtsreife

5.2.1 Klinische Bedeutung der Pubertät und Geschlechtsreife

5.3 Zuchtreife

5.4 Zyklusanomalien der jungen Hündin

5.4.1 Stille Läufigkeit

5.4.2 Split-Östrus

5.4.3 Nichtdulden des Rüden

5.5 Zyklusanomalien der älteren Hündin

6 Gravidität

6.1 Chronologischer Ablauf der Gravidität

6.2 Endokrine Veränderungen während der Gravidität

6.3 Graviditätsdauer

7 Geburt

7.1 Geburtsstadien

7.1.1 Öffnungsphase

7.1.2 Austreibungsphase

7.1.3 Nachgeburtsphase

8 Wurfgröße

9 Der gynäkologische Untersuchungsgang

9.1 Anamnese

9.2 Klinische Untersuchung

9.2.1 Allgemeinuntersuchung

9.2.2 Spezielle gynäkologische Untersuchung

9.3 Weiterführende Untersuchungen

9.3.1 Bildgebende Verfahren

9.3.2 Labordiagnostik

10 Trächtigkeitsuntersuchung

10.1 Indikation

10.2 Häufige Fehler

10.3 Zeitpunkt der Untersuchung

10.4 Methoden zur Trächtigkeitsuntersuchung

10.4.1 Hormonkonzentrationsbestimmung

10.4.2 Palpation

10.4.3 Sonografie

10.4.4 Röntgen

10.4.5 Verhalten und körperliche Veränderungen

11 Der geburtshilfliche Untersuchungsgang

11.1 Anamnese

11.2 Klinische Untersuchung

11.2.1 Allgemeinuntersuchung

11.2.2 Spezielle geburtshilfliche Untersuchung

11.3 Weiterführende Untersuchungen

11.3.1 Bildgebende Verfahren

11.3.2 Labordiagnostik

12 Dokumentation und Besitzeraufklärung

12.1 Dokumentation

12.2 Aufklärung

Teil IILeitsymptome, Diagnostik und Therapie

13 Hündin wird nicht läufig

13.1 Allgemeine Anmerkungen

13.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

13.2.1 Häufige Fehler Diagnostischer Leitfaden

13.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

13.2.3 Allgemeinuntersuchung

13.2.4 Gynäkologische Untersuchung

13.3 Ursachen und Erkrankungen

13.3.1 Störungen in der sexuellen Differenzierung

13.3.2 Durch Medikamente induzierter Anöstrus

13.3.3 Durch Rudelmitglieder unterdrückte Läufigkeit

13.3.4 Lutealzysten/persistierende Gelbkörper

13.3.5 Hypothyreose

13.3.6 Hyperadrenokortizismus

13.3.7 Idiopathische Azyklie

13.3.8 Kastration

13.3.9 Zu geringes Lebensalter

13.3.10 Stille Läufigkeit

13.3.11 Physiologischer Anöstrus

14 Hündin lässt sich nicht decken

14.1 Allgemeine Anmerkungen

14.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

14.2.1 Häufige Fehler Diagnostischer Leitfaden

14.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

14.2.3 Allgemeinuntersuchung

14.2.4 Gynäkologische Untersuchung

14.3 Ursachen und Erkrankungen

14.3.1 Falscher Bedeckungszeitpunkt

14.3.2 Fehlerhaftes Deckmanagement

14.3.3 Angeborene Veränderungen im Bereich Vulva, Vestibulum und Vagina

14.3.4 Erworbene Veränderungen im Bereich Vulva, Vestibulum und Vagina

14.3.5 Schmerzhafte Zustände im Bereich von Rute, Becken, Hintergliedmaßen

14.3.6 Störungen des Paarungsverhaltens

15 Hündin ist leer geblieben

15.1 Allgemeine Anmerkungen

15.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

15.2.1 Häufige Fehler

15.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

15.2.3 Gynäkologische Untersuchung/weitergehende Untersuchung Diagnostischer Leitfaden

15.3 Ursachen und Erkrankungen

15.3.1 Falscher Zeitpunkt der Bedeckung

15.3.2 Art der Bedeckung

15.3.3 Qualität des Spermas

15.3.4 Hypoluteoidismus

15.3.5 Hypothyreose

15.3.6 Zu kurzes Zwischenläufigkeitsintervall

15.3.7 Follikelatresie/anovulatorischer Zyklus

15.3.8 Infektionen

15.3.9 Störungen in der Entwicklung der Geschlechtsorgane

16 Ausfluss aus der Rima vulvae

16.1 Allgemeine Anmerkungen

16.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

16.2.1 Häufige Fehler

16.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

16.2.3 Allgemeinuntersuchung

16.2.4 Gynäkologische Untersuchung/weitergehende Untersuchung Diagnostischer Leitfaden

16.3 Ursachen und Erkrankungen

16.3.1 Offene Pyometra

16.3.2 Offene Mukometra/Hydrometra

16.3.3 Offene Hämometra

16.3.4 Vestibulovaginitis

16.3.5 Juvenile Vaginitis

16.3.6 Tumoren

16.3.7 Fruchtverluste/Abort

16.3.8 Puerperalstörungen

16.3.9 Verletzungen

16.3.10 Läufigkeit

16.3.11 Geburt

16.3.12 Lochialfluss

17 Hündin in der Geburt

17.1 Allgemeine Anmerkungen

17.1.1 Ist die Hündin in der Geburt?

17.1.2 Liegt eine Eutokie oder Dystokie vor?

17.1.3 Besteht Lebensgefahr für die Hündin und die Feten?

17.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

17.2.1 Häufige Fehler

17.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

17.2.3 Allgemeinuntersuchung

17.2.4 Geburtshilfliche Untersuchung/weitergehende Untersuchung Leitfaden Untersuchung und Maßnahmen bei der Geburt

17.3 Konservative Geburtshilfe

17.3.1 Häufige Fehler

17.3.2 Durchführung

17.4 Sectio caesarea

17.4.1 Häufige Fehler

17.4.2 Anästhesie

17.4.3 Operationsdurchführung

18 Abort

18.1 Allgemeine Anmerkungen

18.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

18.2.1 Häufige Fehler

18.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

18.2.3 Allgemeinuntersuchung

18.2.4 Gynäkologische Untersuchung/weitergehende Untersuchung Leitfaden Untersuchung und Maßnahmen bei Abort

18.3 Abortursachen

18.4 Diagnostik

18.5 Therapie

18.6 Prävention

19 Umfangsvermehrung im Gesäuge

19.1 Allgemeine Anmerkungen

19.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

19.2.1 Häufige Fehler

19.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

19.2.3 Allgemeinuntersuchung

19.2.4 Gynäkologische Untersuchung/weitergehende Untersuchung

19.2.5 Entnahme einer Milchprobe

19.2.6 Bildgebende Verfahren

19.2.7 Lymphknotenbiopsie

19.2.8 Labordiagnostik Diagnostischer Leitfaden

19.3 Ursachen und Erkrankungen

19.3.1 Mammatumor

19.3.2 Mastitis

19.3.3 Milchstau

19.3.4 Lactatio sine graviditate (Scheingravidität)

20 Vorfall von Gewebe aus der Vulva

20.1 Allgemeine Anmerkungen

20.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

20.2.1 Häufige Fehler

20.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

20.2.3 Allgemeinuntersuchung

20.2.4 Gynäkologische Untersuchung/weitergehende Untersuchung Diagnostischer Leitfaden

20.3 Ursachen und Erkrankungen

20.3.1 Vaginalprolaps/Läufigkeits prolaps

20.3.2 Vaginaltumoren

20.3.3 Transmissibler venerischer Tumor (Sticker-Tumor)

20.3.4 Geburt/Abort

20.3.5 Uterusprolaps post partum

21 Die verlängerte Läufigkeit

21.1 Allgemeine Anmerkungen

21.2 Besondere Aspekte des diagnostischen Vorgehens

21.2.1 Häufige Fehler Diagnostischer Leitfaden

21.2.2 Besonderes Augenmerk bei der Anamnese

21.2.3 Allgemeinuntersuchung

21.2.4 Gynäkologische Untersuchung/weitergehende Untersuchung

21.3 Ursachen und Erkrankungen

21.3.1 Ovarialzysten

21.3.2 Ovarialtumoren

21.3.3 Aufnahme von exogenen Östrogenen

21.3.4 Split-Östrus

21.3.5 Vaginitis/Zystitis

Teil IIIHäufige Probleme und Fragestellungen

22 Deckzeitpunktbestimmung

22.1 Biologischer Hintergrund

22.2 Häufige Fehler

22.3 Durchführung der Deckzeitpunktbestimmung

23 Kastration

23.1 Definition

23.2 Rechtliche Grundlagen

23.3 Ziele der Kastration

23.4 Häufige Fehler

23.5 Unerwünschte Nebenwirkungen der Kastration

23.6 Durchführung der Kastration

23.6.1 Technik

23.6.2 Zeitpunkt

23.6.3 Alternativen zur Kastration

23.6.4 Besitzerberatung/Aufklärungspflicht

24 Unvollständige Kastration

24.1 Definition

24.2 Rechtliche Bewertung

24.3 Symptomatik

24.4 Diagnose

24.5 Therapie

24.6 Prävention

25 Trächtigkeitsabbruch

25.1 Indikationen

25.2 Häufige Fehler

25.3 Methoden

Teil IVWichtige Gynäkologika

26 Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)

26.1 Biologische Grundlagen

26.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

26.3 Nebenwirkungen

27 Gonadotropine

27.1 Biologische Grundlagen

27.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

27.3 Nebenwirkungen

28 Gestagene

28.1 Biologische Grundlagen

28.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

28.3 Nebenwirkungen

29 Antigestagene

29.1 Biologische Grundlagen

29.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

29.3 Nebenwirkungen

30 Östrogene

30.1 Biologische Grundlagen

30.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

30.3 Nebenwirkungen

31 Antiprolaktine

31.1 Biologische Grundlagen

31.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

31.3 Nebenwirkungen

32 Prostaglandine

32.1 Biologische Grundlagen

32.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

32.3 Nebenwirkungen

33 Oxytozin

33.1 Biologische Grundlagen

33.2 Veterinärmedizinischer Einsatz

33.3 Nebenwirkungen

Anhang

34 Literaturverzeichnis

35 Sachverzeichnis

Teil IBasiswissen und Untersuchungsgang

1 Praktische Aspekte der Anatomie und Physiologie der Geschlechtsorgane

2 Hormonelle Regulation der Sexualfunktionen

3 Sexualzyklus

4 Geschlechtsentwicklung und deren Störungen

5 Pubertät, Geschlechtsreife, Zuchtreife

6 Gravidität

7 Geburt

8 Wurfgröße

9 Der gynäkologische Untersuchungsgang

10 Trächtigkeitsuntersuchung

11 Der geburtshilfliche Untersuchungsgang

12 Dokumentation und Besitzeraufklärung

1 Praktische Aspekte der Anatomie und Physiologie der Geschlechtsorgane

1.1 Äußere Geschlechtsorgane

1.1.1 Rima vulvae

Die Ausprägung der Rima vulvae unterliegt zyklusabhängigen Veränderungen, die diagnostische Bedeutung haben. Östrogene verursachen eine Vergrößerung der Labien durch Ödematisierung (▶ Abb. 1.1), die daher als klinisches Symptom für Östrogenkonzentrationen über dem Basalwert herangezogen werden kann. Die Rima vulvae wird von einer Dorsalfalte bedeckt, unter der sich bei starker Ausprägung, insbesondere bei Hunden mit faltiger Haut, häufig eine Vulvadermatitis entwickelt (▶ Abb. 1.2). Nach Kastration bilden sich bei einigen Hündinnen die Labien zurück (▶ Abb. 1.3), die äußere behaarte Haut dreht sich nach innen, sodass die Haare zu einer chronischen Reizung der Vestibularschleimhaut führen. Dies kann Ursache von rezidivierenden Vestibulovaginitiden sein.

▶ Abb. 1.1 Rima vulvae einer Hündin im Anöstrus (a) und im Proöstrus (b). Die Labien sind unter dem Einfluss steigender Östrogenkonzentrationen deutlich vergrößert.

▶ Abb. 1.2 Chronische Vulvadermatitis bei einer Hündin mit deutlich ausgeprägter Dorsalfalte (a). Das Ausmaß der Veränderungen zeigt sich erst nach Rasur und Straffung der Dorsalfalte (b). In den Vertiefungen lateral der Rima vulvae sammelt sich Harn und führt zu einem stetigen Entzündungsreiz. Therapie: chirurgische Straffung der Dorsalfalte.

▶ Abb. 1.3 Vulvahypoplasie bei einer Hündin nach juven iler Kastration. Die Vulva ist kaum sichtbar. Diese Veränderung prädisponiert zu chronisch entzündlichen Veränderungen.

Praxisrelevante Veränderungen an der Vulva

Vulvaödematisierung: im Zusammenhang mit erhöhten Östrogenwerten (Proöstrus ▶ S. 15/Östrus ▶ S. 16, östrogensynthetisierenden Ovarialzysten ▶ S. 148 und Ovarialtumoren ▶ S. 150, Läufigkeit nach unvollständiger Kastration ▶ S. 163)Vulvahypoplasie: Unterentwicklung der Vulva bei juveniler Kastration, teilweise auch als angeborene StörungVulvaatrophie: Rückentwicklung der Vulva nach Kastration (▶ S. 157)Vulvadermatitis: insbesondere bei ausgeprägter Dorsalfalte und HarninkontinenzVulvatumoren neben primären Vulvaneoplasien treten im perivulvären Bereich gehäuft Mastzelltumoren auf

1.1.2 Klitoris

Beim Spreizen der Rima vulvae wird die Klitorisfalte sichtbar, in der die Klitoris liegt (▶ Abb. 1.4). Bei stark ausgeprägter Klitorisfalte besteht beim Schieben eines Spekulums die Gefahr von Verletzungen. Die Klitoris stellt ein hormonsensitives Organ dar, das durch Stimulation mit Androgenen, Glukokortikoiden und Gestagenen (▶ S. 171) eine Hypertrophie entwickelt. Häufig bleibt die Vergrößerung auch nach Entzug des auslösenden Stimulus erhalten, sodass im Einzelfall eine operative Entfernung erfolgen muss (▶ Abb. 1.5). Eine Klitorishypertrophie kann zudem bei Intersexualität und bei chronischer mechanischer Reizung beobachtet werden.

▶ Abb. 1.4 Klitorisfalte bei einer Hündin. Die Rima vulvae ist gespreizt. Der Pfeil weist auf die Klitorisfalte. Im Rahmen der Vaginoskopie und der Tupferprobenentnahme aus dem Genitale ist darauf zu achten, die Klitorisfalte nicht zu verletzen.

▶ Abb. 1.5 Deutliche Klitorishypertrophie bei einer Junghündin, deren Mutter während der Trächtigkeit das Gestagen Altrenogest verabreicht wurde. Aufgrund der Gefahr mechanischer Irritationen sollte eine operative Entfernung der Klitoris erfolgen.

Ursachen

Klitorishypertrophie

angeboren Intersexualität (▶ S. 21)Gabe von Androgenen während der Trächtigkeit (▶ S. 22)Gabe von Gestagenen während der Trächtigkeit (▶ S. 171)erworben Gabe von Androgenen (▶ S. 81)Gabe von Glukokortikoiden (▶ S. 81)Hyperadrenokortizismus (▶ S. 82)mechanische Reizung durch Belecken

Im Einzellfall kann sich ein Klitorisknochen (Os clitoridis) ausbilden.

1.1.3 Gesäuge

Das Gesäuge besteht in der Regel aus 5 Mammakomplexen auf jeder Körperseite (4–6), die sich links und rechts der Medianen leicht versetzt anordnen, was die Erreichbarkeit beim Säugen für die Welpen erleichtert. Jeder Mammakomplex besteht aus mehreren Drüsenkomplexen, die mit einem eigenen Ausführungsgang an der Zitze münden.

Die Blut- und Lymphgefäßversorgung hat für die potenzielle Metastasierung von Mammatumoren Bedeutung. Dabei sind arterioarterielle und venovenöse Anastomosen stark ausgeprägt (▶ Abb. 1.6).

Bei Operationen an der Mamma ist auf eine Ligatur der Arteria epigastrica caudalis superficialis, die durch den Leistenkanal die Abdominalhöhle verlässt, zu achten. Verletzungen dieses Gefäßes führen zu massiven Blutungen. Wird es versehentlich durchschnitten, kann es sich in die Bauchhöhle zurückziehen. Zur Blutstillung ist in diesen Fällen eine Laparotomie notwendig.

Die Lymphdrainage erfolgt hauptsächlich durch 2 Lymphozentren. Das Lymphocentrum inguinale superficiale (1–2 Knoten) befindet sich unterhalb des Mammagewebes des kaudalsten Gesäugekomplexes etwa 2–4 cm vor dem knöchernen Beckenboden. Es ist bei mittelgroßen Hunden in der Regel auch im unveränderten Zustand dorsal des inguinalen Mammakomplexes palpatorisch zu erfassen. Seine Lymphknoten sammeln die Lymphe aus den kaudalen 3 Mammakomplexen.

Das Lymphocentrum axillare besteht aus einem tastbaren Lymphknoten, der sich bei vorgeführter Vordergliedmaße im Bereich des 1. Interkostalraums bis zur 2. Rippe auf Höhe des Schultergelenks befindet, und aus einem kleineren Lymphknoten, der nur bei etwa 25 % der Hunde nachgewiesen werden kann. Er liegt beim stehenden Hund senkrecht oberhalb des Ellenbogenhöckers und ist, falls vorhanden, in der Regel palpierbar. Das Lymphocentrum axillare fasst vornehmlich die Lymphe der kranialen 3 Komplexe zusammen.

▶ Abb. 1.6 Gesäuge einer Hündin. Typisch sind 5 Zitzen auf jeder Körperseite, die zu jeweils einem Mammakomplex gehören, wobei der kranialste Komplex häufig am geringsten ausgebildet ist (unten im Bild), 4 Mammakomplexe kommen ebenfalls vor (oben). Die Lymphdrainage erfolgt in erster Linie über das Lymphocentrum inguinale superficiale (linkes Oval) und über das Lymphocentrum axillare (rechtes Oval).

Beim Vorliegen von Mammatumoren können sich zusätzliche Wege des lymphatischen Abflusses des befallenen Komplexes herausbilden, die keinem Schema folgen.

Erkrankungen des Gesäuges

Tumoren (▶ S. 136)Mastitis (▶ S. 136)Milchstau (▶ S. 137)Scheingravidität (▶ S. 138)

1.2 Innere Geschlechtsorgane

1.2.1 Vestibulum und Vagina

Das Vestibulum ist bei der Hündin relativ lang (▶ Abb. 1.7, Abb. 1.8). Der kraniodorsale Verlauf muss bei der vaginalen Untersuchung beachtet werden. Der Übergang zwischen Vestibulum und Vagina ist durch die äußere Mündung der Harnröhre gekennzeichnet und findet sich kranial des Arcus ischiadicus. Da sich Vestibulum und Vagina embryologisch aus 2 unterschiedlichen Strukturen entwickeln, die miteinander verschmelzen, besteht bei vielen Hündinnen im Bereich des vestibulovaginalen Übergangs eine natürliche Engstelle (Cingulum). Das Cingulum erweitert sich normalerweise während der Läufigkeit und in der Geburt. In Einzelfällen stellt es bei vaginaler Untersuchung, Bedeckung und Geburt ein Hindernis dar, das erweitert werden muss. Entwicklungsstörungen im Bereich des Vestibulovaginalkanals können zur Störung der Bedeckung oder der Austreibungsphase in der Geburt führen. Der Vaginalkanal erstreckt sich bis in den Bereich der letzten Lendenwirbel und endet kranial blind. Der Rüde ist ein Scheidenbesamer. Das Ejakulat wird in der Vagina abgesetzt.

▶ Abb. 1.7 Topografie der kaudalen Geschlechtsorgane bei der Hündin. Als tierartliche Besonderheit ist der lange Vestibulovaginalkanal zu beachten, der von der Vulva nach kranial steil ansteigt (Pfeil: Übergang von Vagina zu Zervix) (nach Baumgartner W. Klinische Propädeutik der Haus- und Heimtiere. 7. Aufl. Stuttgart: Parey; 2009).

Praxisrelevante Erkrankungen der Vagina und des Vestibulums

Vaginitis: juvenile Vaginitis (▶ S. 107)adulte Vaginitis (▶ S. 107)Vestibulitis (▶ S. 107)Engstellen: Septen, Strikturen, Stenosen (▶ S. 89)Tumoren (▶ S. 142)Vaginalprolaps (▶ S. 142)

Die Länge des Vaginalkanals wird häufig unterschätzt, was zur Folge hat, dass zu kurze Spekula gewählt werden, um die gesamte Vagina und den vaginalen Anteil der Zervix zu beurteilen.

Das makroskopische Aussehen und der histologische Aufbau der Vaginalschleimhaut unterliegen zyklusabhängigen Veränderungen. Mit steigender Östrogenkonzentration im Proöstrus kommt es zu vermehrten Zellteilungen der Vaginalepithelzellen. Aus dem 3- bis 4-schichtigen Epithel entwickelt sich ein Zellverband mit über 20 Zellschichten. Bei fallenden Östrogenwerten flacht das Vaginalepithel wieder ab (▶ Abb. 1.9). Mit dieser Entwicklung gehen Veränderungen der Zellmorphologie und der färberischen Eigenschaften des Zytoplasmas einher, die im Rahmen der exfoliativen Vaginalzytologie (▶ S. 36) Bedeutung haben.

▶ Abb. 1.8 Der Übergang von Vagina zur Zervix befindet sich auf Höhe der letzten Lendenwirbel (Pfeil). Diese anatomischen Verhältnisse sind bei der Wahl der Vaginoskoplänge zu beachten.

Vestibulum und Vagina sind regelmäßig bakteriell besiedelt, wobei die Keimdichte und die Anzahl der Bakterienspezies von kaudal nach kranial abnimmt (▶ S. 53). Die Quantität der Keimflora unterliegt zyklusabhängigen Veränderungen, wobei unter Östrogeneinfluss eine Zunahme zu beobachten ist. Neben aeroben Bakterien kommen regelmäßig anaerobe Keime vor.

Aufgrund des spezifischen Scheidenmilieus der Hündin spielen Pilzinfektionen der Vagina keine Rolle. Da die Hündin einen alkalischen vaginalen pH-Wert besitzt, sind die humane und canine Vaginalflora unterschiedlich.

▶ Abb. 1.9 Das Vaginalepithel unterliegt östrogenabhängigen Veränderungen. Mit steigenden Östrogenkonzentrationen nimmt die Anzahl der Zellschichten zu. Fällt die Östrogenkonzentration, nimmt die Epitheldicke wieder ab.

Die Anwendung von humanen intravaginal zu verabreichenden Präparaten zur Beeinflussung der Vaginalflora ist bei der Hündin kontraindiziert.

1.2.2 Zervix

Die Zervix mündet von dorsal in die Vagina. Daraus folgt, dass Vaginal- und Zervikalkanal nicht in einer Ebene ineinander übergehen, sondern in einem Winkel von 45–90 °, wodurch es trotz der relativ kurzen Länge des Zervikalkanals von 1,5–2 cm schwierig ist, diesen zu katheterisieren. Die Zervix liegt immer intraabdominal und niemals intrapelvin. Da die muskulären Wandanteile des Zervikalkanals unter Östrogeneinfluss hypertrophieren, lässt sich die Zervix im Proöstrus, Östrus und bei Vorliegen von östrogenproduzierenden Ovarialzysten und Eierstockstumoren bei schlanken Hündinnen häufig transabdominal palpieren. Erkankungen der Zervix sind beim Hund extrem selten.

Die Zervix ist im Proöstrus/Östrus geöffnet. Sie schließt sich bereits wieder, während die Hündin die Begattung noch duldet. Dies ist der Grund dafür, dass eine zu späte Bedeckung nicht zur Befruchtung führt, da die Spermien aus der Vagina nicht in die Gebärmutter aufsteigen können.

1.2.3 Uterus

Die Gebärmutter besteht aus einem kurzen Körper und 2 Hörnern, die bis kaudal der Nieren ziehen (▶ Abb. 1.10). In der Regel ist die unveränderte Gebärmutter durch die Bauchdecke nicht zu palpieren. Unter Östrogeneinfluss kommt es zu einem Aufbau des Endometriums (Proliferationsphase), das sich verdickt. In dieser Phase treten Erythrozyten aus den Kapillaren (Diapedesisblutung), die durch die geöffnete Zervix in den Vaginalkanal übertreten.

Die uterine Diapedesisblutung ist die Hauptquelle der äußerlich sichtbaren Läufigkeitsblutung. Einige Hündinnen zeigen jedoch nach Hysterektomie (nur Entnahme der Gebärmutter unter Belassung der Eierstöcke) weiterhin eine Diapedesisblutung in der Östrogenphase des Zyklus. Der Ursprung der Läufigkeitsblutung ist in diesem Fall die Schleimhaut des Vaginalkanals.

▶ Abb. 1.10 Uterus und Ovarien einer Hündin. Typisch sind der kurze Gebärmutterkörper und die beiden langen Hörner. Links und rechts befinden sich die Reste des Mesometriums, über welches die Gebärmutter in der Bauchhöhle fixiert ist.

Praxisrelevante Erkrankungen des Uterus

Pyometra (▶ S. 104)Mukometra (▶ S. 106)/Hämometra (▶ S. 106)Puerperalstörungen (▶ S. 109)Uterusprolaps (▶ S. 144)Tumoren

1.2.4 Eileiter

Die Eileiter gewährleisten die Verbindung zwischen Uterus und Ovar, die nach geschlängeltem Verlauf mit dem Infundibulum in der Bursa ovarica münden. Die Bursa stellt eine peritoneale Aussackung dar, in der die Ovarien vollständig eingebettet liegen. In der Bursa lassen sich in der Regel umfangreiche Fettablagerungen finden, die eine direkte Sicht auf die Eierstöcke im Zusammenhang mit abdominalen Eingriffen nicht ermöglichen.

1.2.5 Ovarien

Die Lage der Ovarien ist kaudal der Nieren. Dort sind sie nach kranial über das kraniale Keimdrüsenband (Ligamentum suspensorium ovarica) am Zwerchfell fixiert. Diese Aufhängung verhindert, dass die Eierstöcke im Rahmen einer ventralen Laparotomie weit vorgelagert werden können. Da das rechte Ovar weiter kranial liegt als die linke Keimdrüse, bestehen vor allem auf dieser Körperseite Probleme beim Vorlagern. Ohne Funktionsgebilde (Gelbkörper, Follikel) haben die ovoiden Ovarien eine Länge von 15–10 mm und eine Breite von 10 mm, wobei deutliche, von der Körpergröße abhängige Rasseunterschiede existieren. Mit Anbildung von Follikeln nimmt die Größe der Eierstöcke zu. Follikel überragen in der Regel nicht die Oberfläche der Eierstöcke, sodass die ursprüngliche Form erhalten bleibt. Ihre maximale Ausdehnung erfahren die Ovarien in der frühen Gelbkörperphase um den 20. Tag nach der Ovulation. Die Gelbkörper überragen die Oberfläche der Eierstöcke und verleihen ihnen eine höckerige Gestalt (▶ Abb. 1.11). Aus diesem Grund sollten Hündinnen, bei denen eine unvollständige Kastration (▶ S. 163) vermutet wird, in der Follikelphase oder in der frühen Gelbkörperphase operiert werden, da sich in diesen Zeitabschnitten Restovargewebe besser auffinden lässt.

▶ Abb. 1.11 Ovar einer Hündin im frühen Metöstrus. Die Gelbkörper verleihen dem Eierstock eine höckerige Oberfläche. Neben den Gelbkörpern sind 2 Follikelzysten zu sehen (Pfeile). Hinter dem Ovar befindet sich der Fettkörper, in dem der Eierstock in der Bursa ovarica eingebettet war.

Praxisrelevante Erkrankungen der Ovarien

Zysten (▶ S. 148) endokrin aktivendokrin inaktivTumoren (▶ S. 150) endokrin aktivendokrin inaktiv

2 Hormonelle Regulation der Sexualfunktionen

Die Sexualfunktionen unterliegen einer hormonellen Steuerung. Diese lässt sich vereinfacht durch ein Zusammenspiel der 3 Organe Hypothalamus, Hypophyse und Ovar vorstellen. Grundsätzlich besteht zwischen den Hormonen, die aus den 3 Organen freigesetzt werden, eine Hierarchie (▶ Abb. 2.1). Das bedeutet, übergeordnete Hormone aus Hypothalamus und Hypophyse regulieren die Synthese und Freisetzung von untergeordneten Hormonen aus den Eierstöcken. Zur Steuerung der zyklischen Abläufe sind Rückkopplungsmechanismen zwischen den Hormonbildungsstätten notwendig. Ob ein Hormon negative oder positive Wirkungen auf die Ausschüttung übergeordneter Steuerungshormone hat (negative Rückkopplung, positive Rückkopplung), hängt von der Konzentration des Hormons, seiner zeitlichen Einwirkung, der körperlichen Entwicklung und dem Zyklusstadium der Hündin ab.

▶ Abb. 2.1 Die Steuerung der weiblichen Fortpflanzung erfolgt hierarchisch, wobei zwischen den Ebenen Hypothalamus, Hypophysenvorderlappen und Ovar negative (−) und positive (+) Rückkopplungsmechanismen bestehen (aus Engelhardt W. Physiologie der Haustiere. 3. Aufl. Stuttgart: Enke; 2010).

Bei Störungen der Sexualfunktionen ist differenzialdiagnostisch an Erkrankungen des Hypothalamus, der Hypophyse und der Nebennierenrinde zu denken. Auf der anderen Seite ist bei Erkrankungen dieser Organe mit einer Störung der Sexualfunktionen zu rechnen.

2.1 Bildungsorte

2.1.1 Hypothalamus

In diesen Bereichen des Zwischenhirns werden Hormone gebildet, welche die Synthese und Freisetzung von Hormonen aus der Hypophyse steuern (z.B. GnRH und Dopamin). Stimulierend wirkt das Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH) auf die Ausschüttung des luteinisierenden Hormons (LH) und des follikelstimulierenden Hormons (FSH) aus der Adenohypophyse. Dopamin wirkt hemmend auf die Ausschüttung von Prolaktin (▶ S. 9). Neben einer basalen, pulsatilen Ausschüttung von Steuerungshormonen nehmen Impulse aus anderen Bereichen des ZNS und Rückkopplungsmechanismen von ovariellen und hypophysären Hormonen Einfluss, wodurch zirkadiane und jahreszeitliche Sekretionsrhythmen entstehen.

2.1.2 Hypophyse

Im Vorderlappen der Hypophyse werden LH, FSH und Prolaktin gebildet. Sie werden entsprechend einer Stimulation durch hypothalamische Steuerungshormone ausgeschüttet. Weiterhin wird im Hypophysenhinterlappen (Neurohypophyse) Oxytozin gespeichert und auf entsprechende Stimuli hin ausgeschüttet.

2.1.3 Ovarien

Die Eierstöcke sind bei der Hündin die einzige Synthesequelle größerer Mengen von Östrogenen und Gestagenen (▶ S. 171). Die quantitativ wichtigsten Rollen besitzen das Östradiol-17β und das Progesteron. Beide Sexualsteroide werden in den Follikeln und aus den aus diesen hervorgehenden Gelbkörpern synthetisiert. Eine speziesspezifische Besonderheit der Hündin stellt die im peripheren Blut messbare Progesteronsynthese der Follikel vor der Ovulation dar (▶ S. 154).

2.1.4 Weitere Hormonquellen

Von praktischer Relevanz sind:

Trächtiger Uterus Mit fortschreitender Ausbildung der Plazenta in der frühen Gravidität werden im Uterus steigende Mengen von Relaxin gebildet, die ab dem 25. Tag nach der Befruchtung zur Trächtigkeitsdiagnose verwendet werden können (▶ S. 60).

Nebenniere Neben Glukokortikoiden und Mineralokortikoiden werden auch Östrogene und Progesteron in der Nebennierenrinde synthetisiert.

Durch die Synthese von Sexualsteroiden in der Nebennierenrinde können im Anöstrus und bei der vollständig kastrierten Hündin Konzentrationen von bis zu 15 pg/ml Östradiol-17β und bis zu 1,5 ng/ml Progesteron gemessen werden. Diese Konzentrationen bedeuten nicht, dass die Hündin unvollständig kastriert wurde.

2.2 Sexualhormone

2.2.1 Gonadotropin-Releasing-Hormon (GnRH)

GnRH wird pulsatil vom Hypothalamus in das Pfortadersystem freigesetzt, welches Hypothalamus und Hypophyse verbindet. Dies ist der Grund, warum GnRH nicht im peripheren Blut gemessen werden kann und daher auch diagnostisch keine Rolle spielt.

2.2.2 Follikelstimulierendes Hormon (FSH) und Luteinisierungshormon (LH)

FSH wird während des späten Anöstrus verstärkt ausgeschüttet. Es induziert die Follikelanbildung, die mit zunehmender Größe steigende Mengen von Östrogenen synthetisieren. Die Östrogene hemmen die Ausschüttung von FSH (negative Rückkopplung). In der Folge nimmt die FSH-Freisetzung während des fortschreitenden Proöstrus und Östrus ab. Eine Ausnahme bildet ein mit der Ovulation zusammenfallender FSH-Peak, der im Zusammenhang mit der präovulatorischen LH-Ausschüttung gesehen werden muss. Die FSH-Freisetzung bleibt während des Metöstrus und frühen Anöstrus niedrig, um im späten Anöstrus erneut anzusteigen. Der Anstieg von FSH im späten Anöstrus wird als Beginn einer neuen Follikelphase gesehen.

Die schlagartige Freisetzung von LH in der Läufigkeit ist das ovulationsauslösende Signal für die Follikel. Sie kennzeichnet endokrin den Übergang vom Proöstrus in den Östrus. Die Dauer des präovulatorischen LH-Peaks beträgt zwischen 1 und 4 Tage. Während des Metöstrus ist eine gewisse Konzentration von LH notwendig, um die Funktion der Gelbkörper zu gewährleisten. Am Ende des Anöstrus nimmt die Serumkonzentration von LH und dessen Freisetzungsfrequenz zu.

Bei kastrierten Hündinnen fällt die negative Rückkopplung von Östrogenen und Progesteron auf die Ausschüttung von LH und FSH weg. Die Konzentrationsbestimmung dieser beiden Hormone kann daher genutzt werden, um kastrierte von unvollständig bzw. unkastrierten Hündinnen zu unterscheiden (▶ S. 163).

2.2.3 Prolaktin

Prolaktin wird in der Adenohypophyse synthetisiert. Dopamin ist der Neurotransmitter, welcher die Ausschüttung von Prolaktin inhibiert. Stimulierende Wirkung auf die Prolaktinausschüttung haben unter anderem Serotonin und Thyreotropin-Releasing-Hormon (TRH). Im Rahmen einer primären Hypothyreose führt die steigende Ausschüttung von TRH zu einer verstärkten Synthese und Freisetzung von Prolaktin, wodurch sich Wechselwirkungen zwischen Schilddrüsenunterfunktion und Störungen der Reproduktion ergeben (▶ S. 82).

Die Prolaktinkonzentration steigt ab dem 30.–35. Tag des Zyklus bei der ingraviden Hündin an, während die Progesteronkonzentration abfällt (▶ Abb. 2.3).

Die gravide und laktierende Hündin zeigt ebenfalls einen Anstieg der Prolaktinkonzentration, die bis zum Absetzen der Welpen auf hohem Niveau bleibt. Insgesamt schwanken die Prolaktinwerte im Blut der Hündin stark, was in der pulsatilen Freisetzung begründet ist und einer diagnostischen Nutzung von Prolaktinbestimmungen entgegensteht.

Physiologische Wirkungen von Prolaktin

Gesäugeanbildung (Laktation und Lactatio sine graviditate)Luteotrophie: Prolaktin ist in der 2. Hälfte des Metöstrus für die Funktion des Gelbkörpers essenziell. Eine Absenkung von Prolaktin durch Antiprolaktine bei der trächtigen Hündin führt über eine sekundäre Absenkung von Progesteron zum Abort.Brutpflegeverhalten

Vor Behandlung einer Scheinträchtigkeit (▶ S. 138) mit Antiprolaktinen (▶ S. 175) muss eine Gravidität ausgeschlossen werden, da die Gabe von Antiprolaktinen zum Abort führt.

2.2.4 Oxytozin

Oxytozin wird im Hypothalamus synthetisiert und neuronal in den Hypophysenhinterlappen transportiert. Von dort erfolgt die Ausschüttung ins Blut, über das das Oxytozin seine Erfolgsorgane erreicht.

Physiologische Wirkungen von Oxytozin

WehenbildungMilchejektionsreflex

2.2.5 Östrogene

Östrogene werden von den Granulosazellen der Follikel synthetisiert (▶ S. 9). Mit fortschreitendem Follikelwachstum steigt der Östrogenwert im peripheren Blut an. Beim Übergang vom Proöstrus zum Östrus sinkt die Östrogenkonzentration und fällt in den folgenden Tagen auf Basalwerte (< 15 pg/ml) ab, die über den gesamten Metöstrus und Anöstrus erhalten bleiben. Eine Zunahme der Östrogenkonzentration findet vor einem erneuten Proöstrus statt (▶ Abb. 2.2).

Physiologische Wirkungen von Östrogenen

Uterusschleimhaut: Proliferationsphase und DiapedesisblutungVagina: Proliferation des Vaginalepithels und ÖdematisierungVulva: ÖdematisierungHaarkleid: Sowohl ein Östrogenmangel als auch eine andauernde Einwirkung von endogenen oder exogenen Östrogenen kann zu einem bilateral symmetrischen Haarausfall führen. Dies liegt in der Tatsache begründet, dass an den Haarfollikeln Östrogenrezeptoren vorkommen, über welche Östrogene das Wachstum der Haare regulieren. Sowohl ein Östrogenmangel als auch eine andauernde Östrogenstimulation führen zu einem Übertreten der Haarfollikel in die Ruhephase des Haarwachstums mit nachfolgendem Haarausfall.

Klinische Hinweise auf Östrogenkonzentrationen über dem Basalniveau ergeben sich aus einer Ödematisierung der Vulva und serosanguidem Vulvaausfluss. Beweisend sind Superfizialzellen oder Schollen in der Vaginalzytologie (▶ S. 36) und eine Bestimmung der Östrogenkonzentration (▶ S. 55) in Serum oder Plasma.

Physiologische und pathologische Zustände, die mit erhöhten Östrogenkonzentrationen verbunden sind

Proöstrus (▶ S. 15)endokrine aktive Ovarialzysten (▶ S. 148) und Ovarialtumoren (▶ S. 150)Östrogenintoxikation (▶ S. 151)

2.2.6 Progesteron

Progesteron wird von den Gelbkörpern gebildet (▶ S. 9). Zudem setzt bereits vor der Ovulation eine Luteinisierung der Follikelzellen mit entsprechender Progesteronsynthese ein, die zur Deckzeitpunktbestimmung genutzt werden kann (▶ S. 154). Während des LH-Peaks steigt die Progesteronkonzentration über den Basalwert von 1,5 ng/ml. Nach dem LH-Peak nimmt die Konzentration rasch zu und erreicht Werte von bis zu 90 ng/ml zwischen dem 15. und 30. Tag nach dem LH-Peak. Nach einer Plateauphase fallen die Konzentrationen langsam über einen Zeitraum von mehreren Wochen ab, bleiben jedoch bei der trächtigen und nichtträchtigen Hündin immer > 1,5 ng/ml. Mit dem Abfall der Progesteronkonzentration unter den Basalwert von 1,5 ng/ml tritt die Hündin in die Zyklusphase des Anöstrus ein (▶ Abb. 2.3).

▶ Abb. 2.2 Die Östrogenkonzentration steigt im Proöstrus steil an und fällt im Östrus ab. Ein initialer leichter Anstieg tritt im Präproöstrus auf. Dieser kann mit beginnenden Läufigkeitssymptomen assoziiert sein, die nach wenigen Tagen wieder verschwinden.

Physiologische Wirkungen von Progesteron

Uterus: Stimulation der Entwicklung und Sekretion der Uterindrüsen (Sekretionsphase), Verhinderung von Spontankontraktionen des MyometriumsZervix: Verschluss des ZervikalkanalsGesäuge: Stimulation der GesäugeanbildungHypothalamus: Unterdrückung der GnRH-Freisetzung und sekundär der FSH- und LH-Ausschüttung. Diese Wirkung wird im Rahmen der Läufigkeitsunterdrückung durch die Gabe von synthetischen Gestagenen ausgenutzt.

▶ Abb. 2.3 Verlauf der Progesteron- und Prolaktinkonzentration im Zyklus einer ingraviden Hündin. Während die Progesteronkonzentration im mittleren Metöstrus abfällt, steigt die Prolaktinkonzentration an. Dies ist der Zeitpunkt, zu dem sich eine Scheingravidität klinisch manifestieren kann.

2.2.7 Relaxin

Relaxin ist ein Hormon, das bei tragenden Hündinnen in deutlich höheren Konzentrationen nachgewiesen werden kann als bei ingraviden Tieren. Die Ursache liegt in der vornehmlich plazentären Synthese, die in der 3.–4. Woche nach der Ovulation messbar ansteigt. In der 6.–8. Trächtigkeitswoche werden maximale Werte erreicht, die dann bis zur Geburt abfallen. Die Funktion des Relaxins besteht in der Beteiligung von Invasionsvorgängen im Gewebe – im Falle der Trächtigkeit, dem Eindringen von embryonalen und fetalen Zellen in das Uterusgewebe – und der Auflockerung des Bindegewebes im Geburtszeitraum.

Relaxin ist das einzige trächtigkeitsspezifische Hormon der Hündin, welches diagnostische Bedeutung im Rahmen der Graviditätsdiagnose besitzt (▶ S. 60). Ab dem 25. Tag nach der Befruchtung kann es zum Nachweis einer Trächtigkeit eingesetzt werden. Es besteht jedoch kein Zusammenhang zwischen der Relaxinkonzentration und der Anzahl der Embryonen/Welpen.

3 Sexualzyklus

Nach Erreichen der Geschlechtsreife durchläuft die Hündin die Zyklusphasen Proöstrus, Östrus, Metöstrus und Anöstrus. Die Dauer dieser 4 Phasen ergibt die Zykluslänge. Proöstrus und Östrus werden zur Läufigkeit oder Hitze zusammengefasst. Die Mehrzahl der Hündinnen entwickeln pro Jahr 2 Läufigkeiten, die meist im Frühjahr und im Herbst stattfinden, sie sind diöstrisch. Daneben zeigen einige Rassen nur eine Hitze im Jahr, sie werden als monoöstisch bezeichnet. Zu den monoöstrischen Rassen gehören der Basenji und viele Wildkaniden bzw. Haushundrassen, die von ihrem Wesen noch sehr ursprünglich sind.

Die Zeit zwischen 2 Läufigkeiten wird als Interöstrusintervall bezeichnet. Der Zeitraum variiert zwischen den Rassen, es zeigen sich jedoch auch individuelle Unterschiede bei Hündinnen der gleichen Rasse. In Zwingern wird häufig beobachtet, dass sich die Hündinnen im zeitlichen Verlauf des Zyklus synchronisieren.

In der Regel zeigt die individuelle Hündin ab der 2. Läufigkeit eine Konstanz im Interöstrusintervall. Abweichungen können pathologische Ursachen haben (▶ S. 77, ▶ S. 145). Jede Zyklusphase ist durch charakteristische Konzentrationsverläufe der Geschlechtshormone gekennzeichnet, die das Fortpflanzungsverhalten und die Ausprägung der klinischen Sexualsymptome steuern (▶ Abb. 3.1)

Zur Diagnose der Zyklusphasen siehe ▶ Tab. 3.1.

▶ Abb. 3.1 Übersicht: Vaginalzytologie in den Zyklusphasen. a) Proöstrus. b) Östrus. c) Metöstrus. d) Anöstrus.

▶ Tab. 3.1 Diagnose der verschiedenen Zyklusphasen.

Zyklusphase

Vorbericht

Adspektion der Vulva

Vaginoskopie

Vaginalzytologie

Progesteronbestimmung

Proöstrus

Zeitpunkt der letzten Läufigkeit?

Dauer der Läufigkeitssymptome?

Interesse von Rüden an der Hündin?

Ödematisierung

serosanguider Ausfluss

feucht (

 

Abb. 3.4

)

Längsfalten

serosanguides Sekret

Erythrozyten (

 

Abb. 3.5

)

Intermediärzellen

Parabasalzellen

vereinzelt Schollen

gegen Ende Superfizialzellen

ggf. Nachweis der basalen Progesteronkonzentration

Östrus

nur bedingt tauglich, da die Dauer des Proöstrus sehr variabel ist

Informationen über den Verlauf vorheriger Zyklen der Hündin können hilfreich sein, da eine gewisse Konstanz in der Läufigkeitsdauer besteht

nur im Zusammenhang mit Wiederholungsuntersuchungen, die im Proöstrus begonnen wurden

Rückgang der Ödematisierung und Sistieren des Ausflusses

trocken (

 

Abb. 3.7

)

Längs- und Querfalten

Duldungsreflex bei Einführung des Vaginoskops

kernlose, verhornte Vaginalepithelzellen (Schollen) (

 

Abb. 3.8

)

anfangs Superfizialzellen

ggf. Nachweis der steigenden Progesteronkonzentration

Metöstrus

Zeitpunkt der letzten Läufigkeit?

aufgrund der individuellen Zykluslänge kann der späte Metöstrus nicht vom Anöstrus unterschieden werden

Ödematisierung der Vulva im Vergleich zum Proöstrus maximal zurückgebildet

kein Unterschied zwischen Metöstrus und Anöstrus

feucht (

 

Abb. 3.11

)

gerötet, dann blass

Fältelung bildet sich zurück

teilweise seröses, gelbliches Sekret

kein Unterschied zwischen spätem Metöstrus und Anöstrus

anfangs neutrophile Granulozyten (

 

Abb. 3.12

)

Rückgang der Epithelzellen

Zunahme von Intermediär und Parabasalzellen

kein Unterschied zwischen spätem Metöstrus und Anöstrus

Konzentration über dem Basalniveau von 1,5 ng/ml

Anöstrus

Zeitpunkt der letzten Läufigkeit?

kein Unterschied zwischen Metöstrus und Anöstrus

mäßig feucht bis trocken (

 

Abb. 3.13

)

kein Unterschied zwischen spätem Met östrus und Anöstrus

keine Intermediärzellenmehr

sonst kein Unterschied zwischen spätem Metöstrus und Anöstrus (

 

Abb. 3.14

)

Konzentration unter dem Basalniveau von 1,5 ng/ml

▶ Abb. 3.2 Übersicht: vaginoskopisches Schleimhautbild. a) Proöstrus. b) Östrus. c) Metöstrus. d) Anöstrus.

3.1 Proöstrus

Definition Zeitdauer vom ersten Auftreten klinischer Läufigkeitsanzeichen bis zum Einsetzen der Duldungsbereitschaft.

Dauer Der Proöstrus dauert 9 Tage (1–27 Tage).

Äußere klinische Symptomatik Mit fortschreitendem Proöstrus nimmt die Ausprägung der klinischen Symptomatik erst zu und geht vor Übertritt in den Östrus wieder zurück. Hinweise auf den Proöstrus sind:

Vulvaödematisierung (

 

Abb. 3.3

)

serosanguider Vulvaausfluss

Verhalten Typische Verhaltensweisen im Proöstrus sind:

häufiger Urinabsatz

Attraktivität für Rüden, deren Nähe gesucht wird

Aufsprung wird nicht geduldet

▶ Abb. 3.3 Deutliche Ödematisierung der Vulva.

Vaginoskopie Die Vaginalschleimhaut ist rosarot, feucht, glatt und in Längsfalten gelegt (▶ Abb. 3.4). Serosanguides Sekret ist erkennbar.

Vaginalzytologie