Lernen lehren - Barbara Schubert - E-Book

Lernen lehren E-Book

Barbara Schubert

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Beschreibung

Ausbildung und Studium sind mit Lernen verbunden, daran führt kein Weg vorbei. Lehrende sind gefordert, die Lernkompetenzentwicklung in die berufliche Ausbildung zu integrieren. Sie haben vielseitige Möglichkeiten, die individuellen Lernprozesse und -erfolge zu unterstützen - sowohl innerhalb als auch außerhalb des Unterrichts. Wenn sie dies mit der "Brille der Lernenden" tun, agieren sie nicht nur als Lehrer*innen, sondern mit der Haltung eines Coaches. Genau aus dieser Perspektive heraus begleitet das Fachbuch die Leser*innen. Es geht auf die verschiedenen Lernorte ein und enthält konkrete Fallsituationen aus der Lehr- und Lernpraxis der Gesundheitsberufe. Gleichzeitig bietet es viele Instrumente, die sowohl zur Reflexion des bisherigen Lernens dienen als auch Tipps und Hinweise für ein erfolgreiches Lernen bereitstellen. Lehrende können sie ebenso innerhalb der Lehre einsetzen wie in Lernberatungsgesprächen. Die Autorin stützt sich neben ihrer langjährigen Erfahrung als Lerncoach und Dozentin auf ihre umfassenden praktischen Erfahrungen in der Physiotherapie und auf ihre theoretische Expertise als Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin. Sie ist überzeugt davon, dass jeder seine Lernkompetenzen steigern kann. Folgende Aspekte bilden den Rahmen des Fachbuches: •Teil 1:Wie Lernen funktioniert •Teil 2:Der Lehrer als Lerncoach •Teil 3:Der erfolgreiche Start in die Ausbildung: Lernbiografie, Motive, Ziele, Routinen •Teil 4:Dranbleiben und Durchhalten während der Ausbildung: Zeitmanagement, Lernen im Unterricht und zu Hause, Lernen in der Praxis •Teil 5: Prüfungen bestehen - nicht nur am Ausbildungsende: Vorbereitung, Durchführung, Umgang mit Prüfungsangst.

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Barbara Schubert

Lernen lehren

Arbeitsbuch für Lehrende in Pflege- und Gesundheitsberufen

Mit Zeichnungen von Elmar Frink

Lernen lehren

Barbara Schubert

Programmbereich Gesundheitsberufe

Wissenschaftlicher Beirat Programmbereich Gesundheitsberufe

Sophie Karoline Brandt, Bern; Jutta Berding, Osnabrück; Heidi Höppner, Berlin; Heike Kubat, Feldbach; Christiane Mentrup, Zürich; Sascha Sommer, Bochum; Birgit Stubner, Erlangen-Nürnberg; Markus Wirz, Zürich; Ursula Walkenhorst, Osnabrück

Barbara Schubert, Dipl. Pflege- und Gesundheitswissenschaftlerin, Lernberaterin und Physiotherapeutin

Wichtiger Hinweis: Der Verlag hat gemeinsam mit den Autoren bzw. den Herausgebern große Mühe darauf verwandt, dass alle in diesem Buch enthaltenen Informationen (Programme, Verfahren, Mengen, Dosierungen, Applikationen, Internetlinks etc.) entsprechend dem Wissensstand bei Fertigstellung des Werkes abgedruckt oder in digitaler Form wiedergegeben wurden. Trotz sorgfältiger Manuskriptherstellung und Korrektur des Satzes und der digitalen Produkte können Fehler nicht ganz ausgeschlossen werden. Autoren bzw. Herausgeber und Verlag übernehmen infolgedessen keine Verantwortung und keine daraus folgende oder sonstige Haftung, die auf irgendeine Art aus der Benutzung der in dem Werk enthaltenen Informationen oder Teilen davon entsteht. Geschützte Warennamen (Warenzeichen) werden nicht besonders kenntlich gemacht. Aus dem Fehlen eines solchen Hinweises kann also nicht geschlossen werden, dass es sich um einen freien Warennamen handelt.

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Anregungen und Zuschriften bitte an:

Hogrefe AG

Lektorat Gesundheitsberufe

z.Hd.: Barbara Müller

Länggass-Strasse 76

3012 Bern

Schweiz

Tel: +41 31 300 45 00

[email protected]

www.hogrefe.ch

Lektorat: Barbara Müller

Herstellung: Daniel Berger

Umschlagabbildung: SDI Productions, Getty Images

Umschlag: Claude Borer

Satz: Claudia Wild, Konstanz

Format: EPUB

1. Auflage 2021

© 2021 Hogrefe Verlag, Bern

(E-Book-ISBN_PDF 978-3-456-95990-0)

(E-PUB-ISBN 978-3-456-75990-6)

ISBN 978-3-456-85990-3

http://doi.org/10.1024/85990-000

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Anmerkung:

Sofern der Printausgabe eine CD-ROM beigefügt ist, sind die Materialien/Arbeitsblätter, die sich darauf befinden, bereits Bestandteil dieses E-Books.

Zitierfähigkeit: Dieses EPUB beinhaltet Seitenzahlen zwischen senkrechten Strichen (Beispiel: |1|), die den Seitenzahlen der gedruckten Ausgabe und des E-Books im PDF-Format entsprechen.

Inhaltsverzeichnis

Vorwort

Danksagungen

Wie das Buch aufgebaut ist

1 Wie lernen funktioniert

1.1 Gehirngerechtes Lernen

1.2 Rechte und linke Hirnhälfte

1.3 Leistungskurve und Biorhythmus

1.4 Vergessenskurve

1.5 Lernfördernde und -hindernde Faktoren

1.6 Bewegt denken und lernen

2 Der Lehrer als Lerncoach

2.1 Lerncoaching – mehr als Lehren

2.2 Wozu Lerncoaching?

2.3 Zugrunde liegendes Beratungsverständnis

2.3.1 Selbstorganisiertes Lernen und Metakognition

2.3.2 Personenzentrierte Gesprächsführung nach Rogers

2.3.3 Handlungsleitende Prinzipien

2.4 Der Lerncoaching-Prozess

2.5 Möglichkeiten und Grenzen des Lerncoachings

3 Der erfolgreiche Start in die Ausbildung

3.1 Der Übergang in die Ausbildung

3.2 Reflexion des bisherigen Lernens

3.2.1 Schlüsselkompetenzen – Grundlage für erfolgreiches Lernen

3.2.2 Den passenden Lernrhythmus finden

3.2.3 Eigenverantwortliches Lernen braucht Verbindlichkeit

3.3 Motive und Ziele als Voraussetzung für erfolgreiches Lernen

3.3.1 Motivation und Volition

3.3.2 Lernziele formulieren und verfolgen

3.3.3 Prokrastination

3.3.4 Work-Life-Balance

3.3.5 (Neue) Routinen schaffen

4 Dranbleiben und Durchhalten während der Ausbildung

4.1 Zu Hause lernen

4.2 Lernen mit Struktur

4.3 Schlüsselkompetenz Zeitmanagement

4.3.1 Zeitmanagement ist Selbstmanagement

4.3.2 Zeitdiebe identifizieren und eliminieren

4.3.3 Arbeiten mit Lern- und Arbeitsplänen

4.3.4 Lerntage gestalten

4.4 Lernen im Unterricht

4.4.1 Mitarbeiten und Mitschreiben im Unterricht

4.4.2 Vor- und Nachbereitung von Unterrichtsstunden

4.4.3 Wissen wiederholen und festigen

4.5 Erfolgreich präsentieren

4.5.1 Vorbereitung, Durchführung und Abschluss

4.5.2 Tipps gegen Lampenfieber

4.5.3 Übungen zum schnellen Entspannen

4.6 Lerntechniken

4.6.1 Visualisierungstechniken

4.6.2 Eselsbrücken

4.6.3 Spickzettel

4.6.4 Karteikarten

4.6.5 Loci-Methode

4.6.6 Lernen mit dem Smartphone

4.6.7 Allgemeine Gedächtnisstützen

4.7 Lernen in der Praxis

5 Prüfungen bestehen – nicht nur am Ausbildungsende

5.1 Schriftliche Prüfungen

5.1.1 Auf Klausuren vorbereiten

5.1.2 Klausuren schreiben

5.1.3 Tipps gegen die Aufregung

5.2 Mündliche Prüfungen

5.2.1 Mündliche Prüfungen vorbereiten

5.2.2 Mündliche Prüfungen bestehen

5.2.3 Tipps gegen die Prüfungsangst

5.3 Praktische Prüfungen

5.3.1 Sich auf praktische Prüfungen vorbereiten

5.3.2 Praktische Prüfungen bestehen

6 Zu guter Letzt

Anhang

Über die Autorin

Literaturverzeichnis

Sachwortverzeichnis

|9|Vorwort

Nicht wenige Lernende in Ausbildung oder Studium fühlen sich getrieben von der Schule oder Hochschule, überlastet durch ein gefühlt dauerhaft zu hohes Arbeitspensum und zwischendurch immer mal wieder kurz vor dem Zusammenbruch, weil kein Land in Sicht ist. Andere erleben die Ausbildung oder das Studium als gut machbar, haben alles im Blick und ihnen bleibt auch genügend Freizeit für Erholung, Hobbies und Freunde. Ersteren erzähle ich manchmal die Geschichte von der Ameise und dem Esel (siehe unten).

Die Geschichte von der Ameise und dem Esel

Einst fragte der Esel die Ameise: „Ameise, wie machst du das nur? Du schleppst die größten Lasten scheinbar mühelos. Du trägst Gewicht, das um ein Vielfaches schwerer ist als du selbst und scheinst dich nicht einmal anstrengen zu müssen. Ich trage auch Lasten! Meine Last wiegt vielleicht ein Viertel meines eigenen Gewichts und doch meine ich, darunter zusammenzubrechen. Ich bitte dich, verrate mir dein Geheimnis!“

Die Ameise antwortete: „Mein Freund, die Antwort ist ganz einfach. Ich suche mir meine Bürde selbst. Ich entscheide selbst, was ich tragen will und wohin ich laufe. Du hast einen Herrn, der dir Gewicht aufbürdet. Deshalb erscheint sie dir so schwer und wird zur Belastung. Es ist nicht deine eigene Last, die du trägst.“ (Brüggemann, o. J.).

Ich möchte, dass die Lernenden über diese kleine Geschichte ins Nachdenken kommen und aktiv werden. Sie sollen ihre bisherige Arbeitsweise reflektieren, Ziele entwickeln und ihre Lernaktivitäten selbstgesteuert gestalten. Das ist leichter gesagt als getan, schließlich ist Lernen ein sehr komplexer Prozess, der nicht von heute auf morgen verändert werden kann. Aber es ist sehr lohnend. Und wenn es gelingt, hat es eine enorme Wirkung. Lehrende können diesen Veränderungsprozess anbahnen oder unterstützen – innerhalb und außerhalb des Unterrichts. Dieses Buch enthält einige Ansätze, wie das funktionieren kann.

Professionelles Handeln in Pflege- und Therapieberufen und die Identifikation mit der beruflichen Rolle braucht eine hohe Kompetenz, die erlernt werden kann und deren Kernelement die Reflexion ist. Lernende müssen explizite Wissensbestände mit implizitem Wissen verbinden und in ihr Handeln integrieren können (Hirdes & Matic, 2017). Reflexion ist das Nachdenken über das eigene Handeln, wobei man das eigene Tun während oder nach Ausführung einer Aktion einer kritischen Prüfung unterzieht. Sie kann für sich allein oder im Austausch mit anderen Personen wie Lehrern, Praxisanleitern oder Kollegen geschehen und führt zur Kenntnis über die eigenen Stärken und Schwächen. Über die Reflexion wird nicht nur der individuelle Lernbedarf sichtbar, sondern auch der Grad der persönlichen Weiterentwicklung. Wenn alle Lernenden ihr Handeln regelmäßig reflektieren und entsprechend verändern würden, wäre alles gut und es bräuchte dieses Buch nicht zu geben.

Lehrende können den Erwerb und die Anwendung dieser Kompetenz bei ihren Lernen|10|den unterstützen. Aber welche Voraussetzungen muss eine Lehrperson mitbringen, wenn sie sich dieser Aufgabe annehmen möchte? Kemser (2017) konstatiert, dass es den einen guten Lehrer für alle nicht gibt und nicht geben kann. Damit hat er sicherlich Recht. Dennoch haben Lehrende viele kleine und größere Möglichkeiten, ihren Unterricht und die sonstigen Kontakte zu den Lernenden so zu gestalten, dass Lernen und Selbstbeobachtung von ihnen als sinnvoll und positiv erlebt wird zur Selbstverständlichkeit wird.

Seit vielen Jahren unterrichte ich Erwachsene in Aus-, Weiter- und Hochschulbildungsgängen mit Gesundheitsbezug. Dabei fiel mir sehr bald auf, dass etliche Lernende in den Tag hineinleben und lernen – ohne Plan und Ziele. In Gesprächen mit Auszubildenden und Studierenden habe ich erfahren, dass ihnen häufig nicht klar ist, was in Ausbildung oder Studium auf sie zukommt und was von ihnen erwartet wird. Vielleicht ist dies ein Grund für die häufige – mir persönlich sehr unliebe – Frage im Unterricht, was denn nun von dem ganzen Unterrichtsstoff prüfungsrelevant ist und was nicht. Leider geht es vielen Lernenden primär darum, die anstehenden Prüfungen zu bestehen. In den Prüfungsvorbereitungszeiten arbeiten sie besonders hart, anstatt sich kontinuierlich mit dem Lernstoff auseinanderzusetzen, indem sie die einzelnen Unterrichte vor- und nachbereiten.

Ich habe mir angewöhnt, auf die Frage nach der Prüfungsrelevanz mit verschiedenen Gegenfragen zu reagieren:

Wobei hilft Ihnen dieser Unterricht?

Was haben Sie davon, dass Sie im Unterricht anwesend sind?

Wann greifen Sie auf die Inhalte zurück und wo bauen Sie darauf auf?

Gibt es Situationen in Ihrer beruflichen Praxis, die Sie mit Hilfe dieses Unterrichtes besser bewältigen können?

Ich gebe zu, dass Lernende diese Fragen zu Beginn einer Ausbildung oder eines Studiums noch nicht differenziert beantworten können. In dem Fall eignen sich Praxisbeispiele zur Unterstreichung der Bedeutung der Lerninhalte für die praktische Arbeit und der zugrundeliegenden Absicht bei ihrer Vermittlung. Die Fragen führen zu einem Perspektivwechsel beim Lernenden. Denn die Antworten machen die Lehr- und Lernziele sichtbar und schaffen neben Transparenz nach meiner Erfahrung vor allem Akzeptanz beim Lernenden. Und die Frage nach der Prüfungsrelevanz bleibt aus. Mich macht das sehr zufrieden.

Aber meine Erfahrungen haben auch zu einer weiteren für mich sehr wichtigen Erkenntnis geführt: Jeder Mensch ist individuell in seinem Handeln und in seinem Lernen. Jeder muss selbst entdecken, wie er was am besten lernt, zu welchen Zeiten er das tut und über welchen Zeitraum sein Lernen produktiv und notwendig ist. Nur wer diese Erkenntnis über sein eigenes Lernverhalten besitzt, kann es optimieren, denn er verfügt über Reflexionskompetenz. Lehrpersonen können Lernende dabei unterstützen, zu dieser Erkenntnis zu gelangen. Indem sie ihre Schüler beobachten, ihnen Rückmeldungen und Anregungen zum Nachdenken geben und ihnen als Ansprechpartner zur Seite stehen. Das kann während des Unterrichts geschehen, im Anschluss daran oder in Form von Coaching-Gesprächen außerhalb der Lehre.

Der australische Professor für Erziehungswissenschaften John Hattie hat mich mit seinem Buch „Visible Learning“ (sichtbare Lernprozesse) sehr inspiriert und neugierig gemacht (Hattie & Beywl, 2015). Nach der Auswertung von über 50.000 Studien zur Wirksamkeit von Lehren und Lernen steht nach Hattie die Lehrperson im Mittelpunkt der Wirksamkeit von Unterricht, während strukturelle Maßnahmen wie Raum- und Medienausstattung einen nur untergeordneten Stellenwert haben. Für Hattie ist eine Haltung „mit den Augen der Lernenden“ von entscheidender Bedeutung (Steffens & Höfer, 2012). Ich habe das getestet und bin davon überzeugt, dass er recht hat. In dem |11|Buch „Lernen sichtbar machen für Lehrpersonen“ bereitet Hattie (2014) seine Forschungsergebnisse für die Umsetzung im Unterricht auf und stellt die Lernprozesse der Lernenden ins Zentrum. Wie sich jemand Wissen aneignet, ist von der Eigenlogik des Lernenden abhängig und weniger von der Vermittlungslogik einer Lehrerdidaktik (Schüßler, 2008).

Kerres zitiert aus der Hattie-Studie, „dass diejenigen Lehrpersonen, die bestimmte Unterrichtsmethoden verwenden, die hohe Erwartungen an alle Lernenden stellen und eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung aufbauen, mit einer hohen Wahrscheinlichkeit überdurchschnittliche Effekte im Bereich der Schülerleistungen erzielen“ (Kerres, 2017, S. 111). Für mich steckt darin eine ausgewogene Balance zwischen „Lernende führen und Verständnis für sie aufbringen“ und einer guten Portion „Kongruenz“ im Sinne der personzentrierten Gesprächsführung nach Rogers. Diese ermöglicht es, den Lernenden auf gleicher Ebene zu begegnen und von ihnen authentisch wahrgenommen zu werden (vgl. S. 46). Lernende erkennen sehr schnell, ob Lehrer motiviert sind, fachlich kompetent und sich mit dem, was sie sagen, identifizieren. Den Lehrenden sind die ausgesendeten Signale, die hierüber Auskunft geben und von den Lernenden wahrgenommen werden, nicht immer bewusst (Roth, 2006).

Lehrende, die eine positive Lehrer-Schüler-Beziehung anstreben und die Lernprozesse der Lernenden ins Zentrum stellen, fragen danach, wie sie die Lernleistung der Lernenden verbessern können, und reflektieren stets ihr eigenes Vorgehen. Dadurch werden Lehrende zum Coach.

Dieses Buch richtet sich an Studierende, die sich auf eine Lehrtätigkeit im Bereich Pflege und Gesundheit vorbereiten, aber auch an die Lehrenden der Schulen und Hochschulen für Pflege- und Therapieberufe, die sich mit ihrer Rolle in der Begleitung von Auszubildenden und Studierenden auseinandersetzen wollen. Vor allem denjenigen Lehrenden, die ohne pädagogischen Hintergrund als Experten ihres Faches an den Bildungsinstitutionen unterrichten, soll es Tipps und Anregungen für eine konstruktive Unterstützung der Lernenden liefern. Das Buch bietet keine neuen Erkenntnisse bezüglich des Lernens, sondern fasst wichtige Aspekte rund um das Lernen in Ausbildung und Studium zusammen. Es ist ein Buch aus der Praxis für die Praxis, das ich mit der Brille der Lernenden, aus ihrer Perspektive heraus, versucht habe zu schreiben.

Es enthält kein Kapitel zu Lerntypen und auch keinen Test hierzu. Das hat einen guten Grund: Obwohl Menschen Vorlieben haben und bestimmte Sinneskanäle für die Aufnahme bestimmter Informationen bevorzugt nutzen, ist es bekanntlicherweise sinnvoll, beim Lernen möglichst viele Sinneskanäle gleichzeitig zu aktivieren. Das bedeutet nicht, dass die Lernenden, die gute Erfahrungen mit bestimmten Lernkanälen gemacht haben, diese nicht bevorzugt nutzen sollen. Wer beispielsweise gut mit selbstgesprochenen Podcasts lernen kann, der soll seinen auditiven Kanal auch weiterhin nutzen. Dieses Buch richtet sich an Lehrende, und die Lehre richtet sich in der Regel an Gruppen von Lernenden. Deshalb ist die Einbeziehung möglichst vieler Sinneskanäle im Unterricht immer sinnvoll, ja sogar nötig.

Soweit möglich, verwendet das Buch die Begriffe Lernende und Lehrende als neutrale Formulierungen. Der Begriff Lernende umfasst alle Auszubildenden und Studierenden, die an Bildungsangeboten teilnehmen. Mit dem Begriff Lehrende sind alle unterrichtenden Personen an den verschiedenen Lernorten von der Fachschule über die Hochschule bis hin zur Weiterbildungsakademie, egal ob angestellt oder freiberuflich tätig, gemeint. Bei allen weiteren Personen wird zur Verbesserung der Lesbarkeit im Text die männliche Form gewählt und schließt die Angehörigen aller Geschlechter ein.

Die empfehlenden Ausbildungsrichtlinien aus Nordrhein-Westfalen sehen für die Ausbildungen in den Pflege- und Therapieberufen |12|einige Stunden vor, in denen sich die Auszubildenden mit dem eigenen Lernen auseinandersetzen. Es ist die Lerneinheit „Lernen und Lerntechniken“, die meist zu Ausbildungsbeginn unterrichtet wird. Diese Stunden sind meiner Erfahrung nach nicht ausreichend, um ein nachhaltig selbstgesteuertes Lernen zu initiieren. Im Laufe einer Ausbildung bieten sich für Lehrende viele Gelegenheiten, den Lernenden ihren Lernprozess bewusst zu machen, wichtige Elemente des Lernens zu thematisieren und positive Entwicklungen zu anzustoßen und zu verstärken. Die positiven Lernerfahrungen, die die Lernenden dadurch machen, sollen ihnen im Bewusstsein bleiben. Darum geht es in diesem Buch.

|13|Danksagungen

Dieses Buch wäre wohl nie entstanden, wenn mich nicht eines Tages Frau Müller vom Hogrefe Verlag gefragt hätte, ob ich ein Buch über das Lernen schreiben möchte. Bei Ihnen, liebe Frau Müller, möchte ich mich für das große Vertrauen ganz herzlich bedanken. Aber auch für unsere konstruktive Zusammenarbeit und die guten Diskussionen von Anfang an, für Ihre große Geduld und Ihre zahlreichen tollen Tipps und Ideen sage ich an dieser Stelle danke.

Danke sagen möchte ich auch den vielen Lehrenden und Lernenden, die mit mir zahlreiche Gespräche über dieses Buch geführt haben und mich durch ihre ehrlichen Gedanken und wertvollen Rückmeldungen bei seiner Erstellung unterstützt haben. Von den Auszubildenden, Studierenden, Weiterbildungsteilnehmern und Coachees habe ich im Laufe der Jahre sehr viel gelernt. Ohne sie würde es die vielen Praxisbeispiele nicht geben und dieses Buch wäre nicht so lebendig.

Als nächstes danke ich meinen drei Schwestern Moni, Christa und Susi. Ihr hattet stets ein offenes Ohr für mich und ihr habt mich immer wieder bestärkt und motiviert, weiterzumachen. Danke, dass ihr euch so sehr für meine Arbeit interessiert.

Meine Freundinnen Sandra, Birgit und Michaela waren die ersten, die das Buch gelesen haben. Bei euch bedanke ich mich für euer ehrliches Interesse, euren großen Einsatz und eure konstruktiven Rückmeldungen. Ihr habt nicht nur gelesen, sondern viele Arbeitsmaterialien selbst oder mit euren Kindern praktisch ausprobiert. So erhielt ich auch Rückmeldungen von Lernenden aus anderen Bereichen. Das war sehr hilfreich für mich.

Schließlich gilt mein größter Dank meinem lieben Mann Lars. Du hast alle Höhen und Tiefen des Entwicklungsprozesses dieses Buches miterlebt und geduldig ertragen. Deine verständnisvolle Unterstützung, dein fester Glaube an mich und deine hilfreichen Ideen und ausgezeichneten Schreibkenntnisse haben das Buch mitgeprägt. Danke dafür.

|15|Wie das Buch aufgebaut ist

Dieses Buch gibt eine Übersicht über ausgewählte Bereiche, die für das Lernen und den Lernerfolg von großer Bedeutung sind. Es orientiert sich an der Lernendenperspektive und ist in fünf Kapitel gegliedert. Alle Kapitel enthalten nach einer theoretischen Einführung exemplarische Vorschläge, wie Lehrer innerhalb oder außerhalb des Unterrichts das Lernen ihrer Auszubildenden zu Ausbildungsbeginn, im Ausbildungsverlauf und am Ende der Ausbildung anregen und unterstützen können. Zu vielen Themen stellt es Arbeitsmaterialien als Kopiervorlagen bereit, die in der Praxis erprobt und für den direkten Einsatz gedacht sind. Sie stehen den Lesern dieses Buches unter dem Link www.hgf.io/schubert-lernenlehren-arbeitsmaterialien zum Download bereit. Zusätzlich dazu wird eine Audiodatei zur Verfügung gestellt mit einer Entspannungsgeschichte.

Die ersten zwei Kapitel dienen der Einführung, die Kapitel drei bis fünf beinhalten konkrete Themen des Lernens in Schule bzw. Hochschule und Praxis.

Das erste Kapitel beschreibt, wie Lernen funktioniert, welche Voraussetzungen es benötigt und wie das Lernen grundsätzlich positiv verändert werden kann.

Im zweiten Kapitel geht es um die Lehrperson in der Rolle des Lerncoaches. Neben einer Definition von Lernberatung und Lerncoaching geht es um das Rollenverständnis als Lerncoach, den Coaching-Prozess sowie die Möglichkeiten und Grenzen eines Coachings.

Mit dem Einstieg in die Ausbildung oder das Studium befasst sich das dritte Kapitel. Dieser Start in einen neuen Lebensabschnitt verlangt eine neue, für viele Lernende weitgehend unbekannte, Form des Lernens: selbstgesteuert und reflexiv. Hier geht es insbesondere um den Ausbau von Schlüsselkompetenzen sowie um Motive und Ziele als Voraussetzung für ein erfolgreiches Lernen. Die Lerneinheit „Lernen und Lerntechniken“, die in den Curricula der Pflege- und Therapieberufe fest verankert ist und bereits zu einem frühen Ausbildungszeitpunkt unterrichtet wird, bietet Lehrenden eine hervorragende Möglichkeit, bei den Lernenden die Reflexion des bisherigen Lernens anzuregen und eine Entwicklung in Richtung selbstgesteuerten und erfolgreichen Lernens in Gang zu setzen.

Das vierte Kapitel beschäftigt sich vor allem mit der Lernorganisation und den Lerntechniken. Nachdem im vorangegangenen Kapitel der Einstieg in die Ausbildung bzw. in das Studium im Fokus stand, geht es hier darum, Kontinuität bei den Lernaktivitäten anzubahnen und aufrechtzuerhalten. Neben dem Lernort Schule bzw. Hochschule geht dieses Kapitel auch kurz auf das Lernen in der beruflichen Praxis ein.

Schließlich befasst sich das fünfte und letzte Kapitel mit der Vorbereitung und Bewältigung von Prüfungen. Es wird herausgearbeitet, dass schriftliche Prüfungen eine andere Vorbereitung benötigen als mündliche oder praktische Prüfungen. Daneben enthält es Tipps, was Lernende in der Prüfungssituation selbst tun können, um sie weniger belastend und mehr erfolgreich erleben und gestalten zu können.

|16|Maria, Auszubildende in der Gesundheits- und Krankenpflege

Maria ist 34 Jahre alt und alleinerziehende Mutter von zwei Kindern, vier und sechs Jahre alt.

Nach ihrer Mittleren Reife hat sie eine Ausbildung zur Fachverkäuferin für Textilien und Bekleidung absolviert und fast zehn Jahre lang in einer Boutique gearbeitet. Wegen der Kinder blieb sie dann zu Hause. Danach absolvierte sie verschiedene Praktika in der Pflege. Das gefiel ihr so gut, dass sie sich für eine Ausbildung zur Gesundheits- und Krankenpflegerin entschied. Drei Monate nach Ausbildungsbeginn suchte sie das Gespräch mit mir als Lerncoach. Sie war unsicher, ob sie alles unter einen Hut bekommt: Die Kinder, den Haushalt und die Schule. Außerdem hatte sie Bedenken, ob ihr genügend Zeit bleibt, sich mit ihren Freundinnen zu treffen. Diese Sorgen waren mal stärker, mal schwächer vorhanden, aber immer irgendwie da. Das belastete Maria zunehmend. Hinzu kam, dass ihre Schulzeit einige Jahre zurücklag und sie Angst hatte, sich all die neuen Informationen nicht merken zu können. Schließlich war sie nie ein „Überflieger“. Aber in einer Sache war sie sich absolut sicher: Sie wollte unbedingt diese Ausbildung schaffen. Und dafür war sie bereit, einiges zu tun.

Pia, Physiotherapie-Studentin

Pia, 19 Jahre, wollte immer schon Physiotherapeutin werden. Nach ihrem Abitur ist sie ein Jahr lang durch Australien gereist. Von dort aus hat sie sich für ein duales Studium Physiotherapie beworben und wurde zu einem Aufnahmetest eingeladen. Zurück in Deutschland, bestand sie den Test und freute sich sehr auf die Ausbildung. Lernen hat ihr noch nie Probleme bereitet, das belegen auch ihre sehr guten Abiturnoten. Im Unterricht „Lernen und Lerntechniken“ zu Ausbildungsbeginn wurde auch das Präsentieren vor der Gruppe thematisiert. Pia kam anschließend auf mich zu und sagte, dass allein der Gedanke, vor anderen sprechen zu müssen, in ihr ein unbehagliches Gefühl auslöst. Das war immer schon so bei ihr. Und sie kann nichts dagegen machen. Denn egal was sie tut: sie bekommt es nicht in den Griff.

|17|Tim, Auszubildender in der Altenpflege

Tim ist 18 Jahre alt, wohnt bei seinen Eltern und ist im örtlichen Fußballverein sehr aktiv.

Er ist Torwart der A-Junioren-Mannschaft und trainiert die Bambini-Mannschaft seines Clubs zweimal in der Woche. Im letzten Jahr hat er die Ausbildung zum Altenpfleger begonnen. Vorher hat er sein Fachabitur im Sozialwesen gemacht, eine gute Grundlage für die Ausbildung findet er. Dafür, dass er bisher so gut wie überhaupt nicht gelernt hat, ist das erste Ausbildungsjahr ganz gut gelaufen. Nur mit seinen Noten ist er nicht zufrieden. Er wundert sich, dass er an dieser Schule nicht so gut abschneidet wie beim Fachabitur, dort hat es doch auch ohne Aufwand funktioniert. Das erzählte Tim mir in einem Tür-und-Angel-Gespräch auf dem Schulflur. In diesem Gespräch sagte er auch: „Prüfungen sind einfach nicht „mein Ding“. Wenn eine Prüfung ansteht, kriege ich Panik und kann nächtelang nicht schlafen. Wenn es dann losgeht, habe ich das Gefühl, mein Kopf ist leer. Und irgendwie scheint das ja auch zu stimmen, denn eine bessere Note als befriedigend habe ich in der gesamten Ausbildungszeit noch nicht erreicht. Das nervt mich total.“ Während eines folgenden Lerncoaching-Termins berichtete er mir folgendes: „Meine Mutter nervt total. Ständig regt sie sich über meine angebliche Unordnung auf und beschwert sich darüber, dass ich immer alles suche. Es geht sie gar nichts an, wo ich meine Lernunterlagen hinlege. Und wenn ich sie suchen muss, ist das doch mein Problem. Warum mischt sie sich in mein Leben ein?“

Um einen Anwendungsbezug herzustellen, enthält das Buch in den einzelnen Kapiteln beispielhafte Lerncoachinginhalte und -szenarien in Form von Praxistipps oder Praxisbeispielen. Einige sind an konkrete Fallbeispiele von Lernenden geknüpft. Diese Lernenden sind mir in meiner beruflichen Praxis als Lernberaterin begegnet. Ich stelle sie unter geänderten Namen in den Kästen kurz vor und beschreibe, wie wir erstmalig „ins Gespräch“ kamen1.

Ich wünsche den Leserinnen und Lesern dieses Buches viel Erfolg und Freude damit und jederzeit ein gutes Händchen für die Unterstützung der Lernprozesse Ihrer Auszubildenden und Studierenden.

Gronau, im Mai 2020

Barbara Schubert

1

Seit 2004 lautet die Berufsbezeichnung Gesundheits- und Krankenpfleger_in. Pflegefachpersonal, das seine Ausbildung vor 2004 beendet hat, darf die ursprüngliche und immer noch geschützte Berufsbezeichnung Krankenschwester bzw. Krankenpfleger wahlweise weiter führen. Seit 01.01.2020 lautet die Berufsbezeichnung Pflegefachmann bzw. Pflegefachfrau. Voraussetzung ist in jedem Fall eine abgeschlossene Berufsausbildung und eine entsprechende Berufserlaubnis. (Anm. des Lektorats)