Lexikon des Unbewussten E-Book

Svenja Eisenbraun

• Herausgeber: Riva
• Kategorie: Geisteswissenschaft
• Sprache: Deutsch

Seitenzahl: 83

Veröffentlichungsjahr: 2016

Beschreibung

Wir glauben, wir sehen die Welt so, wie sie ist, dabei verfangen wir uns täglich in Selbsttäuschungen und verfallen dem Eigenleben unseres Gehirns. Der Grund dafür sind die vielen Prozesse, die unbewusst in unserem Kopf ablaufen und unser Denken, Fühlen und Handeln beeinflussen. Dieses liebevoll gestaltete und aufwendig designte Buch versammelt skurrile Erkenntnisse, interessante Experimente und Geschichten voller Aha-Effekte, die äußerst nützlich sein können – wenn man sich ihrer bewusst ist. Warum tun wir, was wir tun? Auf welcher Grundlage treffen wir Entscheidungen? Die Antworten, die die Psychologie darauf gefunden hat, wurden von Svenja Eisenbraun anhand zahlreicher Abbildungen und einzigartiger Grafiken spannend und verständlich aufbereitet. Von der Unfähigkeit, die eigenen Fähigkeiten realistisch einzuschätzen, bis zu der Besonderheit, dass wir uns unangenehme Situationen, denen wie nicht entkommen können, schön reden und attraktive Optionen, die nicht zur Verfügung stehen, schlecht machen – der Leser entdeckt sich selbst in den beschriebenen Phänomenen wieder und wird zugleich zum Reflektieren und Umdenken anregt. Dieses Buch hilft nicht nur dabei, die Funktionsweise unseres Unterbewusstseins zu verstehen, sondern wird durch die außergewöhnliche Gestaltung auch zu einem ganz besonderen Leseerlebnis.

Leseprobe

SvenjaEisenbraun

LEXIKONDES UNBEWUSSTEN

THERE’S SOMEONEIN MY HEAD,BUT IT’S NOT ME.

Pink Floyd — Brain Damage

BIBLIOGRAFISCHE INFORMATION DER DEUTSCHEN NATIONALBIBLIOTHEK

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der DeutschenNationalbibliografie. Detaillierte bibliografische Daten sind im Internet überhttp://dnb.d-nb.de abrufbar.

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Originalausgabe, 2. Auflage 2017

© 2016 by riva Verlag, ein Imprint der Münchner Verlagsgruppe GmbH

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Redaktion Antje Steinhäuser

Umschlaggestaltung Svenja Eisenbraun

Satz und Gestaltung Svenja Eisenbraun

eBookePubMATIC.com

ISBN Print 978-3-7423-0002-7

ISBN E-Book (PDF) 978-3-95971-419-8

ISBN E-Book (EPUB, Mobi) 978-3-95971-418-1

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DAS UNBEWUSSTE

Der Part der menschlichen Psyche, auf den das Bewusstsein keinen direkten Zugriff hat, wird in der Psychologie als das Unbewusste bezeichnet. In der Alltagssprache ist oft von Unterbewusstsein die Rede. Die Tiefenpsychologie untersucht, inwieweit das Fühlen, Denken und Tun eines Menschen von unbewussten psychischen Prozessen bestimmt wird. Es gilt als Voraussetzung für die erfolgreiche Therapie von Neurosen, dass die Patienten sich unbewusste Vorgänge bewusst machen. Das Vorbewusste wiederum sind die Vorgänge und Inhalte der Psyche, die zwar nicht aktuell aktiv, jedoch grundsätzlich zugänglich und, wenn nötig, aktivierbar sind.

Vorwort

1

DAS BEWUSSTSEIN ALSBLINDER PASSAGIER

2

WIR SIND UNBEWUSSTINTELLIGENT

3

WENIGER IST MEHR

4

LIEBE IST ALGEBRA

5

GEHIRN 2.0

Quellenverzeichnis

Vielen Dank

Priming

Spotlight-Effekt

Katharsis

Third-Person-Effekt

Selling Out

Dunning-Kruger-Effekt

Übernormale Auslöser

Indoktrination

Gerechte-Welt-Glaube

Normalitätsbias

Zombiesysteme

Neurologische Phänomene

Bewusstseinserweiterung

Subjektive Validierung

Erwartung

Augenblick

Self-Handicapping

Selbsterfüllende Prophezeiung

Strohmann-Argument

Konfabulation

Kunst der Deduktion

Verzögerungstaktik

Attributionsfehler

Kontrollillusion

Repräsentativitätsheuristik

Introspektion

Aufmerksamkeit

Affektheuristik

Dunbar-Zahl

Zuschauereffekt

Zielscheibenfehler

Rückschaufehler

Apophänie

Rosarote Brille

Spiegelneuronen

Soziale Instinkte

Menschliche Cyborgs

Genialität der Babys

SOLANGE DU DAS UNBEWUSSTE NICHTBEWUSST GEMACHT HAST,BESTIMMT ES DEIN LEBEN UNDNENNT SICH SCHICKSAL.

Carl Gustav Jung – Psychiater

VORWORT

Das »Lexikon des Unbewussten« entstand 2013, als ich meine Bachelorarbeit im Studiengang Kommunikationsdesign schrieb. Als Gestalterin faszinierte mich das schwer Greifbare und doch so präsente Unbewusste in unser aller Lebensalltag ganz besonders. Ich empfand es als Herausforderung, etwas in Bilder zu fassen und mit Symbolen, Details und Einzelansichten zu begleiten, was sich eigentlich einer konkreten Darstellung entzieht.

Komplexe Sachverhalte zugänglich zu machen, ist eine Wissenschaft für sich. Sie müssen uns auf einer emotionalen Ebene erreichen, um in unserem Gedächtnis hängen zu bleiben. Und das kann nur dann geschehen, wenn wir überraschende Zusammenhänge erkennen oder etwas Unerwartetes hören. Ungewöhnliche Geschichten, kuriose Anekdoten sowie erläuternde und erklärende Illustrationen sind unterhaltsame und spannende Begleiter der Wissenschaft.

Das »Lexikon des Unbewussten« präsentiert eine Auswahl von Forschungsergebnissen und wissenschaftlichen Erkenntnissen, es wirft Schlaglichter und vermittelt Wissen über das Unbewusste, zu dem der Zugang nicht selten von Halbwahrheiten und Esoterik verstellt ist. Wir meinen zu wissen, warum bestimmte Gedanken durch unsere Köpfe schwirren, warum wir dieses oder jenes tun oder bestimmte Entscheidungen treffen. Doch in Wahrheit haben wir oft nicht den blassesten Schimmer. Jeder Mensch, egal, welchen Standes, mit seinen ihm eigenen Sichtweisen und Denkmustern, wird in die Irre geleitet und erliegt dieser Illusion (kein Einziger ist ausgenommen − auch du nicht!). Bei der Lektüre wirst du immer wieder erleben, wie sehr du mit dem allgemeinen Irrglauben der Phänomene sympathisierst. Denn der Autopilot in unseren Köpfen ist viel öfter aktiviert, als der Einzelne es für möglich hält.

Neben meiner Hauptaufgabe, der Gestaltung, bin ich so etwas wie eine Expertin in einem kleinen Teilbereich der Psychologie und der Neurowissenschaften geworden. Als Nicht-Wissenschaftlerin habe ich eine Reise in die Welt des Unbewussten unternommen und nach Interesse und Belieben Erkenntnisse, Theorien und Geschichten wie Fundstücke gesammelt. Dabei war es mein Anliegen, mithilfe von Illustrationen Brücken zwischen komplexer Fachliteratur und Populärkultur zu schlagen.

Macht Lernen nicht dann am meisten Spaß, wenn es einen so gut unterhält, dass man gar nicht merkt, wie viel Wissen man sich aneignet? Man kann das Buch querlesen, es gibt keine vorgeschriebene Reihenfolge, man kann sich treiben lassen oder mithilfe der Vernetzungen der Artikel interessanten Gedankengängen folgen.

Die Querverweise regen die eigene Fantasie und Neugier an, sich mit dem Unterbewusstsein zu beschäftigen. Viele Phänomene wird man im Alltag wiedererkennen, Situationen in einem neuen Licht sehen und im besten Fall verstehen.

Svenja Eisenbraun

Warum tragen ausgerechnet jetzt auf einmal alle Menschen neonrote Sneaker, wo ich mir erst vor Kurzem welche gekauft habe?

DAS BEWUSSTSEIN ALSBLINDER PASSAGIER

LEXIKON DES UNBEWUSSTEN

Irrglaube

Eine Beeinflussung und ihre Auswirkung auf dein Verhalten sind dir stets klar.

Wahrheit

Die häufige Beeinflussung durch unbewusst entwickelte Überzeugungen ist dir nicht klar.

No 01

Priming

BEWUSSTSEIN ALS BLINDER PASSAGIER

ES IST DIR NICHT BEWUSST, WIE WENIG DIR EIGENTLICH BEWUSST IST

Du bist unterwegs zur Arbeit, als du eine ältere Dame auf dem Gehsteig siehst und dir einfällt, dass du eigentlich noch bei der verreisten Nachbarin die Blumen hättest gießen sollen. Du erwägst, in der Mittagspause noch mal zurückzufahren, immerhin soll es heute ein ungewöhnlich heißer Tag werden. Wie vor zwei Jahren in Spanien, als man kaum vor die Tür konnte. Du fragst dich, ob es wirklich immer wärmer auf der Erde wird. Du fängst an zu grübeln, ob man sich nicht viel stärker für die Umwelt engagieren sollte. Aber du schaffst es ja kaum, deine Eltern regelmäßig anzurufen, weil du immer so beschäftigt bist. Den Geburtstag deiner alten Schulfreundin letzte Woche hast du auch vergessen. Das bringt dich auf die Frage, warum manche Menschen so ein ausgeprägtes Zahlengedächtnis haben. Du denkst darüber nach, wie viele Menschen wohl gänzlich unerkannte Fähigkeiten haben. Und mit einem Mal stehst du auf dem Firmenparkplatz und weißt gar nicht, wie du da hingekommen bist.

Dieses Phänomen wird als Autobahntrance oder auch Autobahnhypnose bezeichnet: Körper und Geist bilden keine Einheit, sondern agieren parallel zueinander. Unser Bewusstsein macht sich selbstständig, während wir auf Autopilot schalten, und sucht sich spannendere Themen als die immer gleiche Fahrstrecke.

Affektheuristik → 151

Unter Priming (auch Bahnung) versteht man in der Psychologie den Vorgang, wenn die Wahrnehmung eines Reizes aus der Gegenwart durch die unbewusste Erinnerung an einen Reiz aus der Vergangenheit beeinflusst wird. Das Gehirn ist »vorgebahnt«. Jeder neue Eindruck, ob Duft, Anblick, Klang oder Geste, setzt Assoziationen frei, die aus der Wirklichkeit ein Mixgebilde aus Erinnerungen und den damit verbundenen Gefühlen macht. Solche Assoziationsketten entstehen ständig im Gehirn und beeinflussen unser Verhalten, ohne dass dem Menschen dies bewusst wäre. Da fast alles, das wir wahrnehmen, Assoziationen auslöst, haben unsere Erinnerungen und Gefühle wesentlichen Anteil daran, wie wir die Realität erleben.

EMOTIONALES GEHIRN

Unbekannte Aspekte muss der Verstand durchleuchten, denn wir können nicht auf vorhandene Anhaltspunkte zurückgreifen, und eine neue Analyse ist folglich nötig. Mit mehr als vier bis neun Informationen zugleich kann sich unser Verstand nicht bewusst befassen.

Diese Buchstabenreihe lässt sich nach kurzer Betrachtung nur schwer memorieren.

EVDFBBBCHNOUNHCR

Besser gelingt dies, wenn wir die Informationen in kleineren Einheiten vorgesetzt bekommen. Wenn 16 Informationen auf 5 reduziert werden, fällt das Aufsagen viel leichter.

EV DFB BBC HNO UNHCR

Das emotionale Gehirn ist das ältere und entwickeltere. Unser Verstand erhält durch Hilfsmittel wie Computer, Schrift oder Rechenschieber wesentliche Unterstützung.

EMBODIED COGNITION

Der Mensch ist empfänglich für Metaphern. Die Meinungen, die wir uns bilden, sind oft gar keine objektive Bewertung, sondern beruhen auf körperlichem Empfinden. Hat eine Person eine dampfende Tasse Tee in der Hand, empfinden wir sie rascher als freundlich und warmherzig. Sitzen wir während eines geschäftlichen Termins auf ungepolsterten Stühlen, verhandeln wir härter. Gegenstände und deren Beschaffenheit lösen eine Kette von Assoziationen in uns aus (Priming), die dann unsere Gedanken und unser Handeln beeinflussen.

ULTIMATUMSPIEL

Eine Gruppe Probanden bekommt Texte und Bilder aus der Geschäftswelt, die andere solche von neutralen Objekten. Danach bekommt Proband A eine bestimmte Menge Münzen, die er verwalten kann, wie er möchte, er muss jedoch Proband B ein Angebot machen, der dies wiederum annehmen oder ablehnen kann. Lehnt er ab, erhält keiner der Probanden etwas. Die Teilnehmer aus der Geschäftswelt-Gruppe erwiesen sich als egoistischere Anbieter und strebten eine Aufteilung der Münzen zu ihrem Vorteil an. Die Probanden mit den neutralen Objekten waren kompromissbereiter und fairer. Unterbewusst ablaufende (Priming-)Prozesse haben einen starken Einfluss auf unser Denken. Die Teilnehmer sind sich des Einflusses der Bilder, die die Grundlage für ihre Entscheidungen darstellt, nicht bewusst.

ERGEBNIS

Bei gleicher Aufteilung der Münzen schätzt der Empfänger das Angebot als gerecht ein. Sind weniger Münzen geboten, als der Anbieter behält, lehnen die meisten Probanden das Angebot ab. Was irrational ist, da eine Münze immer noch besser ist als gar keine.

A: Anbieter

B: Empfänger

COCA-COLA VS. PEPSI

Das Priming-Phänomen entdeckte die Industrie schon vor der Psychologie für sich. Coca-Cola beeinflusst uns Konsumenten mit dem Weihnachtsmann, der mit Gemütlichkeit, heiler Welt, Kindheit und Familie »geprimt« ist. So lassen sich die Umsätze steigern. Wir werden dahingehend unbewusst manipuliert, was wir mögen sollen. Indem schöne Assoziationen aufkommen und Kaufentscheidungen beeinflussen, gehen die Konsumenten den Unternehmen ins Netz.

Irrglaube

Es kommt dir so vor, als ob deine Mitmenschen genau darauf achten, wie du aussiehst und was du tust.

Wahrheit

Solange sie keinen Anlass dazu haben, achten andere Menschen nicht besonders auf dich.

No 02

Spotlight-Effekt

BEWUSSTSEIN ALS BLINDER PASSAGIER

WHEN YOUR SARCASM IS SOFAR ADVANCED, PEOPLE THINKYOU’RE BEING POLITE

T-SHIRT-EXPERIMENT

Der Psychologe Thomas Gilovich von der Cornell University hat in den Neunzigern den Spotlight-Effekt erforscht.

Wenn Menschen allein in einen vollen Raum eintreten, kommt es ihnen so vor, als würden alle sie ansehen. Gilovich ließ Versuchsteilnehmer, die peinliche oder scheußliche T-Shirts trugen, den vollen Raum betreten.

Das auffällige T-Shirt sollte den Spotlight-Effekt verstärken. Die Probanden nahmen an, dass etwa 50 Prozent der Leute das peinliche T-Shirt aufgefallen war. Tatsächlich hatten aber nur 20 Prozent das T-Shirt bemerkt.