Licht am Ende des Lebens - Betty J. Eadie - E-Book

Licht am Ende des Lebens E-Book

Betty J. Eadie

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Beschreibung

Seit Urzeiten berichten Menschen, die an der Schwelle zum Tode standen, von Erlebnissen wie sanfter Wärme, himmlischer Musik, Schwerelosigkeit, von strahlendem Licht und einem Film, der innerhalb kürzester Zeit die wichtigsten Stationen ihres Lebens zeigt. Betty Eadies Nahtoderfahrung geht darüber weit hinaus. Ihr wurde plötzlich klar, welch grundlegenden Fehler wir alle machen und daß der Tod den Anfang eines neuen Lebens bedeutet. Betty Eadies Begegnungen mit Engeln und hohen Geistwesen besitzen nicht nur persönlichen Charakter, sondern bringen allen Menschen die Botschaft die Liebe als des höchsten kosmischen Gesetzes.

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Betty J. Eadie

Licht am Ende des Lebens

Bericht einer außergewöhnlichen NahtoderfahrungMit einem Vorwort von Dr. Melvin Morse

Aus dem Amerikanischenvon Marie-Therese Hartogsund Ursula Rahn-Huber

Knaur e-books

Über dieses Buch

Inhaltsübersicht

DankWidmungVorwortDie erste NachtDie Nacht schreitet voranDer zweite TagMein TodDer TunnelIn den Armen des LichtsDie GesetzeHeilen – und sterbenDie Webstühle und die BibliothekDer GartenDas EmpfangskomiteeViele WeltenDie Wahl eines KörpersDer BetrunkeneDas GebetDer RatDer AbschiedMeine RückkehrMeine GenesungMein ganz persönlicher EngelDanksagung
[home]

Mein Dank geht an Curtis Taylor,

Autor und Redakteur bei Gold Leaf Press.

 

Ohne seine außergewöhnliche Begabung und

unglaubliche Sensibilität für den Geist

hätte dieses Werk in seiner vorliegenden Form

nicht entstehen können.

 

Betty J. Eadie

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Dieses Buch ist gewidmet:

 

Dem Licht, meinem Herrn und Erlöser Jesus Christus, dem ich alles verdanke, was ich habe. Er ist der »Stab«, an den ich mich lehne. Ohne ihn würde ich fallen.

 

Meinem wundervollen Mann Joe, der mir als sterblicher »Felsen« Kraft und Mut gab.

 

Meinen acht Kindern: Donna Marie, Cheryl Ann, Glenn Allen, Cynthia Carol, Joseph Lee, Stewart Jeffry, Thomas Britton und Betty Jean, die das »Salz« sind, das meinem Leben Würze verleiht.

 

Und last but not least meinen acht Enkelkindern: Kurt Andrew, Jessica Elizabeth, Zachary Britton, Natalie Kathleen, Stephanie Leigh, Andrea Meggan, Jennifer Leanne und Keona Marie, die wie Sterne an meinem Himmel funkeln.

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Vorwort

Bei der Lektüre von Licht am Ende des Lebens habe ich mehr über Nah-Todeserfahrungen gelernt als durch jede andere Erfahrung in meinem Leben, und das, obwohl ich mich zehn Jahre lang eingehend mit Nah-Todeserfahrungen befasst und Befragungen von Kindern und Erwachsenen durchgeführt habe, die den klinischen Tod überlebten. Licht am Ende des Lebens erzählt uns nicht nur, wie Betty Eadie während einer Operation gestorben und später wieder ins Leben zurückgekehrt ist, sondern eröffnet uns den Weg zu einem tieferen Verständnis unseres Daseins. Dabei fällt mir ein kleiner Junge ein, der seinen Eltern nach überlebtem Herzstillstand Folgendes mitzuteilen hatte: »Ich muss euch ein wunderbares Geheimnis erzählen – ich bin über eine Treppe in den Himmel gestiegen.« Das Kind war zu klein, um sein Erlebnis genauer zu beschreiben. In Betty Eadies Buch geht es um ebendieses wunderbare Geheimnis. Es handelt sich hier nicht um ein Geheimnis vom Leben nach dem Tod, sondern um ein Geheimnis vom Leben.

Eine Nah-Todeserfahrung ist in der Tat die Erfahrung des Sterbens selbst. Jeder von uns, reich oder arm, Mörder oder Heiliger, wird einmal diese Erfahrung machen. Früher glaubte ich, dass wir nach unserem Tod in die Finsternis eingehen und unser Leben beenden. Als Arzt auf der Intensivstation hatte ich viele Kinder und Erwachsene sterben sehen, und es gab keinen Anlass, diesen Glauben in Frage zu stellen. Erst nachdem ich mir die Zeit nahm, Menschen, die ihren klinischen Tod überlebt hatten, nach ihren Erfahrungen zu fragen, lernte ich, dass der Vorgang des Sterbens oftmals von Freude und Spiritualität begleitet ist. Nicht Finsternis erwartet uns am Ende unseres Lebens, sondern ein Licht der Liebe – ein Licht, wie es eines der befragten Kinder formulierte, in dem »eine Menge Gutes steckt«.

Nah-Todeserfahrungen werden nicht durch eine Sauerstoffunterversorgung des Gehirns, durch Drogen oder durch psychische Belastung ausgelöst, wie sie in Verbindung mit der Angst vor dem Sterben entsteht. In annähernd zwanzigjähriger wissenschaftlicher Forschungsarbeit wurde dokumentiert, dass es sich bei diesen Erfahrungen um einen natürlichen und normalen Vorgang handelt. Wir konnten sogar ein Gebiet im Gehirn lokalisieren, das uns die Fähigkeit zu solchen Erfahrungen verleiht. Nah-Todeserfahrungen sind also absolut real und keine Halluzinationen unseres Geistes. Sie sind ebenso real wie jede andere menschliche Fähigkeit; sie sind so real wie die Mathematik, so real wie unsere Sprache.

Nur acht Jahre sind vergangen, seit meine Forschungsgruppe an der Universität von Washington und der Kinderklinik von Seattle diese Informationen in den Fachblättern für Pädiatrie der American Medical Association veröffentlichte. Wenn diese Forschungsarbeiten auch an anderen Instituten an verschiedenen Orten der Welt, darunter an der Universität von Florida, an der Bostoner Kinderklinik und an der Universität von Utrecht in den Niederlanden, wiederholt wurden, sind die Ergebnisse dennoch längst nicht zum Allgemeingut geworden. Leider hat unsere Gesellschaft die in den vergangenen zwei Jahrzehnten erzielten wissenschaftlichen Fortschritte hinsichtlich des Sterbevorganges noch nicht akzeptiert. Wir müssen dringend umlernen und begreifen, dass wir nicht nur biologische Maschinen, sondern auch spirituelle Geschöpfe sind. Allzu viele unserer gesellschaftlichen Probleme – so die Krise im Gesundheitswesen, das Sterben in Würde, die weitverbreitete Habgier, die unsere Wirtschaft ruiniert, die nationale Schande der Obdachlosigkeit von Frauen und Kindern – resultieren aus dem mangelnden Verständnis, dass wir spirituelle Wesen sind und einander brauchen.

Licht am Ende des Lebens zeigt uns, dass unser eigenes individuelles Leben wichtig ist und einen Sinn hat. Menschen, die am Ende ihres Lebens in das göttliche Licht eingegangen sind, kehrten stets mit einer einfachen und wunderschönen Botschaft zurück: »Liebe ist unser höchstes Gut … Es muss Liebe herrschen … Mit unseren Gedanken schaffen wir uns unsere eigene Umgebung … Wir wurden hierhergeschickt, um unser Leben ganz zu leben, um es voll auszuleben, um uns an dem zu erfreuen, was wir selbst geschaffen haben, um mit Fehlschlägen und Erfolgen umgehen zu lernen, um unseren freien Willen zur Ausweitung und positiven Entfaltung unseres Lebens einzusetzen.« Betty Eadie kehrt von ihrem klinischen Tod nicht mit großartigen Forderungen oder Ansprüchen zurück. Sie will keine neue Kirche gründen und bietet auch keine Allheilmittel für irgendwelche Krankheiten. Ihre Botschaft ist ganz schlicht. Es ist die Botschaft der Liebe. In der Nah-Todeserfahrung liegt eine Botschaft, um deren Wahrheit ein jeder von uns weiß, doch die viele von uns vergessen haben: Wir sollen einander lieben. Wir sollen gut und tolerant und großzügig zueinander sein.

In ihrem Buch liefert uns Betty Eadie eine Beschreibung ihrer Nah-Todeserfahrung. Auf unprätentiöse, für uns alle verständliche Weise erzählt sie uns ihre wunderbare Geschichte. Ich selbst hatte in meinem Leben keine Nah-Todeserfahrung, ja noch nicht einmal ein bewusstes spirituelles Erlebnis, und ich stand dem, was mir manche meiner Patienten berichteten, etwas skeptisch gegenüber. Für den Skeptiker wohl am allerschwierigsten nachzuvollziehen ist, wie man sich außerhalb seines physischen Körpers fühlen mag oder wie der Tod eine angenehme Erfahrung sein kann. Betty Eadies Buch beleuchtet die einzelnen Phasen der Erfahrung mit derart treffenden Worten, dass diese Kluft geschlossen wird. Sie macht das Unwissbare verständlich.

Zu Beginn des Sterbevorganges fühlte sie, wie ihr Körper zunehmend schwächer wurde. »Dann fühlte ich ein Aufwallen von Energie, so als ob etwas in mir platzte, etwas in mir freigesetzt würde. Mein erster Eindruck war der, frei zu sein. Diese Erfahrung barg nichts Unnatürliches.« Dann begegnete sie Geistführern, die ihr halfen, wichtige Dinge über ihr Leben und die Beziehung zu ihrer Familie zu verstehen. Sie standen ihr bei ihrem Übergang in den Tod zur Seite. Sie trat in eine Dunkelheit ein und bewegte sich durch einen dunklen Tunnel. »Ich dachte, dies muss das Tal der Todesschatten sein«, so schreibt sie. »Nie in meinem Leben habe ich eine größere Ruhe empfunden.« Betty Eadies Erfahrung beantwortet all die Fragen, die mir während meiner jahrelangen Arbeit mit Nah-Todeserfahrungen gestellt wurden – Fragen, die ich selbst nie habe beantworten können. Sie beschreibt ihre Lebensrückschau im Jenseits und wie sie nicht von anderen, sondern eher von sich selbst beurteilt wurde. Sie erklärt die Bedeutung und Ursachen mancher negativer Nah-Todeserfahrungen und zeigt auf, warum manche Menschen nach ihrem Erlebnis zutiefst beunruhigt sind. Sie führt uns vor Augen, warum das Leben oft schwierig ist und warum guten Menschen oft das größte Leid widerfährt. Sie zeigt auf, warum Menschen, die gestorben sind, oftmals zögern, in ihren Körper zurückzukehren. »Das lästige Gewicht des Körpers und die Kälte waren unerträglich«, so schreibt sie. »Nach dem Glücksgefühl der spirituellen Freiheit war ich erneut eine Gefangene des Fleisches geworden.«

Die Autorin hatte nicht erst als Erwachsene eine Nah-Todeserfahrung; sie war bereits während ihrer Kindheit durch ein frühes Nah-Toderlebnis auf dieses Ereignis vorbereitet worden. Kinder haben oft einfache und reine Nah-Todeserfahrungen, die nicht von religiösen oder kulturellen Erwartungshaltungen beeinträchtigt sind. Anders als viele Erwachsene unterdrücken sie ihre Erfahrung nicht, und es bereitet ihnen keine Probleme, die spirituellen Folgen der Vergegenwärtigung Gottes anzunehmen. Nie werde ich das fünfjährige Mädchen vergessen, das mir mit schüchterner Stimme Folgendes berichtete: »Ich sprach mit Jesus, und er war nett. Er hat mir gesagt, dass ich noch nicht dran sei mit dem Sterben.« Kinder erinnern sich an ihre Nah-Todeserfahrungen wesentlich häufiger als Erwachsene, und infolge ihres Erlebnisses scheint es ihnen leichter zu fallen, in ihrem späteren Erwachsenenleben ihre eigene Spiritualität anzunehmen und zu verstehen. Wenn sie dann als Erwachsene eine weitere Nah-Todeserfahrung machen, ist diese in der Regel außergewöhnlich überwältigend und allumfassend.

Betty Eadie erinnert uns, dass die Bedeutung von Nah-Todeserfahrungen in der darin enthaltenen Botschaft über das Leben zu suchen sei. Erst in den letzten paar Jahrhunderten haben wir beschlossen, dass der Mensch keinen göttlichen Geist in sich trägt, also keine Seele hat – und dass es folglich kein Leben nach dem Tode gibt. Hieraus haben wir direkt eine unnatürliche Angst vor dem Sterben abgeleitet, die unser Dasein durchdringt und uns daran hindert, unser Leben voll auszukosten. Die Autorin zeigt uns, dass das Wissen um die Spiritualität des Sterbens nicht dazu führt, dass wir sterben möchten, sondern vielmehr in uns den Wunsch weckt, das Leben ganzheitlicher als bisher zu leben. »Ich wusste nun, dass es wirklich einen Gott gibt«, so schreibt sie. »Ich glaubte nicht mehr nur an eine universale Macht … Ich sah ein Wesen voll Liebe, das das Universum schuf.«

Ein kleines Mädchen erzählte mir, dass sie bei ihrem Tod erfuhr, »dass ich ein weiteres Leben habe«. Sie habe zwar in der Sonntagsschule gelernt, so meinte sie, dass es einen Himmel gäbe, doch sie hatte nicht wirklich daran geglaubt. Seit der Erfahrung des Todes und der Rückkehr ins Leben »habe ich keine Angst mehr vor dem Sterben, denn ich weiß irgendwie ein bisschen besser darüber Bescheid«. Sie wünschte sich nicht, noch mal zu sterben, sondern hatte gelernt, »dass das Leben zum Leben da ist und das Licht für später«. Auf die Frage, ob sie sich durch ihre Erfahrung verändert habe, antwortete sie nach längerem Nachdenken: »Es ist so schön, wenn man lieb ist.«

Licht am Ende des Lebens beinhaltet die gleiche Lehre: »Wenn wir liebevoll sind, empfinden wir Freude.« Betty fragte Jesus: »Warum habe ich das nicht schon früher gewusst?« Und Jesus antwortete: »Bevor du Freude empfinden kannst, musst du durch den Kummer gehen.« Diese simple Aussage hat mein Verständnis vom Leben revolutioniert. Ich wusste diesen Satz schon von »früher«; ja, ich hatte ihn mein ganzes Leben lang gehört. Nach der Lektüre von Betty Eadies Buch verstand ich, dass er mein Leben verändert hat, dass ich mich wieder mit einfachen Wahrheiten verbinden muss, die ich von jeher gewusst, aber stets ignoriert habe.

Betty Eadie ist Indianerin und hat ihre Schulzeit im Internat verbracht. Über dem Schultor hing ein großes Schild mit der Aufschrift »Ohne Vision geht die Menschheit zugrunde«. In unserer Gesellschaft ist das Verständnis für unseren eigenen Glauben und unsere spirituellen Visionen verlorengegangen. So haben wir das Sterben verkommen lassen zu einem unerträglichen Vorgang, bei dem Patienten in Krankenhäuser abgeschoben werden, in eine kalte Umgebung unpersönlicher Maschinen, die die liebevolle Umsorgung durch Verwandte und Freunde ersetzen soll. Wir haben vergessen, wie man stirbt, denn das Sterben gehört nicht mehr zu unserem gewöhnlichen Leben. Gleichzeitig haben wir vergessen, wie man lebt. Nach Ansicht des bedeutenden Mythologen Joseph Campbell sind viele der Probleme unserer modernen Gesellschaft, von der Drogensucht bis hin zur Gewalt in unseren Innenstädten, direkt auf unseren kollektiven Mangel an spiritueller Perspektive zurückzuführen. Wir haben vergessen, dass das gewöhnliche Leben eines jeden Einzelnen von uns spirituell bedeutsam ist.

Licht am Ende des Lebens birgt ein großes Geheimnis. Es ist ein Geheimnis, das Sie bereits kennen. Es ist etwas, das uns die großen Propheten und spirituellen Führer seit Tausenden von Jahren mitzuteilen versuchen. Betty Eadie erfuhr es, als sie beinahe starb. Es besitzt die Macht, Ihr Leben zu ändern.

Dr. Melvin Morse

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Die erste Nacht

Irgendetwas stimmte nicht. Mein Mann Joe hatte mein Krankenhauszimmer erst vor wenigen Minuten verlassen, und schon erfasste mich eine düstere Vorahnung. Ich würde die Nacht über alleine sein, allein am Vorabend einer der beängstigendsten Herausforderungen meines Lebens. Gedanken an den Tod befielen mich. Gedanken wie diese hatte ich seit Jahren nicht gehabt. Warum drängten sie sich heute derart in den Vordergrund?

Wir schrieben den 18. November 1973. Ich war in die Klinik aufgenommen worden, um mir einen Teil der Gebärmutter herausnehmen zu lassen. Ich war einunddreißig, hatte sieben Kinder zur Welt gebracht und war ansonsten bei guter Gesundheit; so hatte ich mich auf Anraten meines Arztes zu dieser Operation entschlossen. Sowohl mein Mann als auch ich selbst hatten die Operation als etwas Sinnvolles und Notwendiges akzeptiert. Auch an jenem Abend stand ich hinter meinem Entschluss; es war etwas anderes, das mich beunruhigte – ich konnte nicht sagen, was.

In all den Jahren unserer Ehe hatten Joe und ich nur wenige Nächte getrennt voneinander verbracht, und ich versuchte mich mit Gedanken an meine Familie und unsere außerordentlich enge Verbundenheit miteinander abzulenken. Trotz des Trubels, den unsere sechs Kinder (eines war im Babyalter an plötzlichem Kindstod gestorben) zu Hause verbreiteten, gingen wir ungern allein aus. Selbst an unseren »freien Abenden« blieben wir daheim und überließen den Kindern die Gestaltung des Programms. Manchmal sorgten sie sogar für ein Abendessen. Nicht einmal Kerzenlicht, ein knisterndes Kaminfeuer und die passende Musik durften fehlen – vielleicht nicht die Art von Musik, die wir selbst ausgewählt hätten, doch irgendwie stimmte das Ganze für uns. Einmal überraschten sie uns beispielsweise mit einem chinesischen Essen. Es wurde auf dem Couchtisch serviert, und wir mussten auf eigens herbeigeschafften Kissen auf dem Boden Platz nehmen. Sie dimmten das Licht, gaben uns noch einen Gutenachtkuss und verschwanden dann kichernd nach oben. Joe und ich schienen ein Zipfelchen vom Himmel auf Erden gefunden zu haben. Ich dachte, welches Glück ich hatte, einen so liebevollen und einfühlsamen Partner wie Joe gefunden zu haben. Er hatte sich freigenommen, um vor meinem Krankenhausaufenthalt möglichst viel bei mir sein zu können, und wollte auch im Anschluss an meine Entlassung eine Woche daheim bleiben. Gemeinsam mit unseren beiden ältesten Töchtern, die damals gerade fünfzehn und vierzehn Jahre alt waren, schmiedete er bereits Pläne für ein ganz besonders tolles Essen am Erntedanktag.

Die Gefühle der Vorahnung wurden zunehmend bedrückender. Vielleicht lag es an der Dunkelheit des Zimmers, dieser schrecklichen Dunkelheit, die ich als Kind hatte fürchten gelernt. Oder vielleicht rührte dieses Gefühl der Bedrohung von einer Erfahrung her, die ich vor vielen Jahren in einem Krankenhaus gemacht hatte und die ich mir noch immer nicht so ganz erklären konnte.

Meine Eltern hatten sich getrennt, als ich vier Jahre alt war. Mein Vater sagte immer, zur damaligen Zeit eine Indianerfrau geheiratet zu haben sei wohl das Schlimmste gewesen, was ein weißer Mann habe tun können. Er war blond und von schottisch-irischer Abstammung, und sie war eine Vollblutindianerin vom Stamme der Sioux. Als siebtes von zehn Kindern hatte ich kaum eine Chance, Vater oder Mutter richtig kennenzulernen, bevor sich diese trennten. Meine Mutter kehrte ins Reservat zurück, und mein Vater zog zu seinen Eltern in die Stadt. Damals wurden sechs von uns Kindern in ein katholisches Internat geschickt.

In jenem ersten Winter im Internat bekam ich einen schrecklichen Husten und litt ständig unter Schüttelfrost. Vierzig Mädchen teilten sich einen Schlafsaal, und ich erinnere mich noch daran, wie ich eines Nachts aus meinem Bett kroch und bei meiner Schwester Joyce unter die Decke schlüpfte. So lagen wir nebeneinander und weinten – ich im Fieber und sie aus Angst um mich. Eine der Schwestern entdeckte mich bei ihrem nächtlichen Rundgang und schickte mich in mein eigenes schweißnasses und eiskaltes Bett zurück. Joyce versuchte, der Schwester zu erklären, wie krank ich sei, doch man schenkte ihr keinen Glauben. In der dritten Nacht schließlich wurde ich in ein Krankenhaus eingeliefert.

Der Doktor stellte Keuchhusten und eine schwere Lungenentzündung fest, und er wies die Schwester an, sich mit meinen Eltern in Verbindung zu setzen. Ich erinnere mich daran, wie er ihr sagte, ich würde die Nacht aller Voraussicht nach nicht überleben. Ich lag auf meinem Bett, glühend vor Fieber, und fiel immer wieder in einen unruhigen Schlaf. Einmal fühlte ich, wie Hände meine Stirn berührten, und als ich die Augen aufschlug, sah ich die Schwester, die sich über mich beugte. Sie fuhr mit ihren Fingern durch mein Haar und sagte: »Sie ist doch noch so klein.« Nie werde ich vergessen, wie liebevoll ich ihre Worte empfand. Ich kuschelte mich in meine Decke und fühlte mich warm und wohlig. Ihre Worte gaben mir Frieden, und so schloss ich die Augen und schlief wieder ein.

Als ich das nächste Mal erwachte, hörte ich, wie der Arzt sagte: »Es ist zu spät. Wir haben sie verloren«, und ich fühlte, wie die Bettdecke über meinen Kopf gezogen wurde. Ich war verwirrt. Warum war es zu spät? Ich drehte meinen Kopf und sah mich im Zimmer um. Das erschien mir nicht ungewöhnlich, obwohl doch die Bettdecke über meinem Gesicht lag. Ich sah den Arzt und die Krankenschwester neben meinem Bett stehen. Ich sah mir den Raum an, und er erschien mir heller als zuvor. Das Bett erschien mir riesig, und ich erinnere mich, wie ich dachte: »Ich bin ein kleiner brauner Käfer mitten in einem großen weißen Bett.« Dann verließ der Arzt das Zimmer, und ich spürte eine andere Gegenwärtigkeit im Raum. Plötzlich lag ich nicht mehr auf dem Bett, sondern in jemandes Armen. Ich blickte auf und sah einen Mann mit einem wunderschönen weißen Bart, der mich anschaute. Ich war fasziniert von seinem Bart. Ein leuchtendes Licht schien darin zu funkeln, ein Licht, das aus dem Inneren des Bartes kam. Ich kicherte, fuhr mit den Händen durch den Bart und zwirbelte die Haare um meine Finger. Ich war absolut ruhig und glücklich bei ihm. Er wiegte mich sanft in seinen Armen, und wenn ich auch nicht wusste, wer er war, wollte ich ihn doch nie wieder verlassen.

»Sie atmet wieder!«, rief die Schwester, und der Arzt stürzte zurück ins Zimmer. Doch es war ein anderes Zimmer. Ich war in einen kleineren Raum verlegt worden, in dem es sehr dunkel war. Der Mann mit dem weißen Bart war verschwunden. Ich war schweißgebadet vor Fieber, und ich hatte Angst. Der Arzt schaltete das Licht an, und man schob mein Bett wieder in den ersten Raum zurück.

Als meine Eltern eintrafen, sagte man ihnen, ich wäre um ein Haar verloren gewesen. Ich hörte die Worte, doch ich verstand immer noch nicht. Wie hatte ich verloren gewesen sein können, wo ich doch die ganze Zeit über da gewesen war. Doch es war gut, wieder bei meinen Eltern zu sein, bei Menschen, die mich wirklich kannten und liebten – so wie der Mann mit dem weißen Bart. Ich fragte sie, wer der Mann war und wohin er gegangen sei, doch sie wussten nicht, wovon ich sprach. Ich erzählte ihnen davon, wie der Arzt gesagt hatte, es sei zu spät, wie der Mann mit dem weißen leuchtenden Bart gekommen war und mich in seinen Armen gehalten hatte, doch sie wussten nichts darauf zu sagen. Es sollte ihnen für immer unerklärlich bleiben. Die Erfahrung blieb mir ganz allein vorbehalten, und sie war wie eine Oase der Liebe, die ich während meiner ganzen Kindheit wie ein Kleinod hütete. Die Erinnerung daran blieb stets erhalten, und jedes Mal, wenn ich daran denke, überkommt mich wieder dieses Gefühl der Ruhe und des Glücks, das ich damals in seinen Armen empfunden hatte.