Lore-Roman 111 - Helga Winter - E-Book

Lore-Roman 111 E-Book

Helga Winter

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Beschreibung

Swantje Brandhoff ist die älteste von drei Schwestern. Sie hat die Dolmetscherschule besucht, ist tüchtig, pflichtbewusst und anspruchslos. Während sich die Schwestern vor Verehrern kaum retten können und ständig ausgehen, sitzt Swantje lieber zu Hause und liest ein gutes Buch. Die eher unscheinbare junge Frau hat bisher keinerlei Erfahrung mit dem anderen Geschlecht.
Das ändert sich an dem Tag, als sie Nikolas Nestler begegnet. Der Geschäftsmann verwöhnt sie mit schicken Kostümen, führt sie in Bars aus, und Swantje fühlt sich zum ersten Mal in ihrem Leben schön und begehrenswert. Bald erliegt sie seinem Charme völlig, und sie verdrängt die letzte kleine Furcht, dass er es vielleicht nicht ernst mit ihr meinen könnte und ihr Glück nur ein Traum ist ...


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Seitenzahl: 156

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Inhalt

Cover

Ist meine Liebe Illusion?

Vorschau

Impressum

Ist meine Liebe Illusion?

Ein ergreifender Schicksalsroman, der zu Herzen geht

Von Helga Winter

Swantje Brandhoff ist die älteste von drei Schwestern. Sie hat die Dolmetscherschule besucht, ist tüchtig, pflichtbewusst und anspruchslos. Während sich die Schwestern vor Verehrern kaum retten können und ständig ausgehen, sitzt Swantje lieber zu Hause und liest ein gutes Buch. Die eher unscheinbare junge Frau hat bisher keinerlei Erfahrung mit dem anderen Geschlecht.

Das ändert sich an dem Tag, als sie Nikolas Nestler begegnet. Der Geschäftsmann verwöhnt sie mit schicken Kostümen, führt sie in Bars aus, und Swantje fühlt sich zum ersten Mal in ihrem Leben schön und begehrenswert. Bald erliegt sie seinem Charme völlig, und sie verdrängt die letzte kleine Furcht, dass er es vielleicht nicht ernst mit ihr meinen könnte und ihr Glück nur ein Traum ist ...

»Guten Abend«, wünschte Judith Brandhoff vergnügt, als sie die Haustür mit dem Schuhabsatz ins Schloss geworfen hatte. Der Knall war im ganzen Haus zu hören, aber Judith störte das nicht.

Ihre Mutter kam aus dem Wohnzimmer und runzelte die Stirn.

»Kannst du die Tür nicht ordentlich schließen?«

»Kann ich schon, aber dazu brauche ich wenigstens eine Hand, und wie du siehst, sind beide Hände nicht frei. Ach, Mutti, ich habe heute ein wahnsinniges Glück gehabt. Mach doch nicht solch ein Gesicht! Die Kleider waren unglaublich billig, fast wie geschenkt, und sie passten, wie für mich gemacht, ich musste sie einfach mitnehmen.«

»Aber du hast doch genug anzuziehen.« Elfriede Brandhoff seufzte. »Dass du dir immerzu was Neues kaufen musst! Wann willst du deine Sachen eigentlich einmal tragen?«

»Sei nicht so, Mutsch! Fast reine Seide! Und nur hundertdreißig Mark. Die Farbe ist nicht mehr modern, deshalb ...« Freudig erregt riss Judith das Paket auf und zerrte das Kleid heraus. Als sie es sich vorhielt und ihre Mutter anstrahlte, konnte diese nicht länger böse sein. Man war schließlich nur einmal jung, und die Jugend verging so rasch. Sollte die Kleine die Jahre ruhig genießen, der Ernst des Lebens begann auch für sie noch früh genug. »Ja, wirklich hübsch ...«

»Hübsch? Ein Traum, Mutsch! Und für den Preis doch wirklich wie geschenkt. Hättest du da nicht auch zugegriffen? – Und dann hatten sie noch eine wunderbare Bluse, die genau zu meinem Rock passt. Die war allerdings nicht im Preis herabgesetzt. Aber als ich sie sah ...«

Wie viele Blusen hat die Kleine eigentlich, dachte die Mutter und viel fehlte nicht, und sie hätte wieder geseufzt.

»Wenn du einmal heiratest, dann bitte nur einen reichen Mann, Judith. Einen anderen würdest du im Handumdrehen ruinieren.«

»Was dachtest du denn? Für mich kommt nur ein Millionär infrage, das ist doch ganz klar. Dann spiele ich die gnädige Frau, lasse mir das Frühstück ans Bett bringen, lese französische Romane, was immer man sich darunter vorstellen mag, und schikaniere das Personal. Minna, wie haben Sie mein Kleid nur wieder gebügelt! Nennen Sie das bügeln?«, sagte sie mit verstellter, hoher Stimme. »Und dann schwimme ich ein paar Runden in unserem überdachten Swimming-Pool, während mein Angetrauter eifrig damit beschäftigt ist, ein paar weitere Millionen zu verdienen. Zwischendurch telefoniere ich mit dem Hausfreund, denn ein bisschen was fürs Herz brauche ich ja auch ...«

»Hör auf, Judith, du Kindskopf!«

»Du, das meine ich alles im Ernst«, beteuerte Judith vergnügt. »Ich muss mich jetzt beeilen, bin verabredet. Aber soll er ruhig ein bisschen auf mich warten, kann ihm gar nichts schaden.«

»Du willst schon wieder ...?«

»Dem häuslichen Frieden entfliehen. Mit deinem unübertrefflichen Scharfsinn hast du es erraten. Gerhard ist ganz verrückt nach mir. Schade, dass er kein Geld hat. Er könnte mir sonst schon gefallen. Aber so als kleiner Angestellter ...«

»Aber gut genug, sein Geld für dich auszugeben, ist er«, stellte Elfriede Brandhoff fest. »Du müsstest dich eigentlich schämen, Judith.«

»Das hast du mir nicht beigebracht, Mutsch. Du bist wirklich ein Schatz. Hängst du das Kleid nachher weg? Ich muss noch duschen und mich ein bisschen zurechtmachen ... Legst du mir das grüne Kleid raus? Und suchst du die Schuhe dazu? Du weißt ja immer, wo alles ist.«

»Weil ich dir immer alles nachräumen muss«, stellte ihre Mutter fest. »Du hast recht, ich habe dich nicht gut erzogen.«

»Die Herren der Schöpfung halten mich trotzdem für ein Sahnestück«, sagte Judith lachend. »Sei zufrieden mit mir, Mutsch, es können nicht alle so tüchtig und brav sein wie unsere gute Swantje. Wo ist sie überhaupt? Lass mich raten: noch nicht zu Hause, weil sie Überstunden machen muss, freudig und gern, weil es nötig ist. Und ihr lieber Chef hat dafür nicht einmal ein Dankeschön, weil er es bei ihr für selbstverständlich hält. Swantje ist ganz schön dumm.«

»Sie ist eben pflichtbewusst – im Gegensatz zu dir, Judith. Ich wünschte ...«

»Lass mich so, wie ich bin, ändern kannst du mich doch nicht mehr. Hoffentlich habe ich noch ein paar gute Strümpfe ... Kümmerst du dich darum? Ach, wenn ich dich nicht hätte ...«

Sie gab ihrer Mutter rasch einen Kuss, drückte ihr das neue Kleid und die Bluse in die Hand und lief nach oben. Dort befanden sich die Schlafräume und die beiden Bäder. Es war für Judith selbstverständlich, dass sie ihr Zimmer sauber und aufgeräumt vorfand. Wenn sie es morgens verließ, sah es immer ganz anders aus. Sie schlief gern bis zur letzten Minute und hatte dann einfach keine Zeit mehr, ihre Sachen wegzuräumen.

Und wozu auch, die Mutter machte es ja, und die machte es viel besser, als sie es gekonnt hätte. Dass sie ab und zu einmal schimpfte, nun ja, das gehörte eben mit dazu. Judith achtete einfach nicht darauf. Sie riss sich ihre Kleider herunter und warf sie achtlos aufs Bett, jedoch um einiges zu kurz, so dass sie vor ihr Bett fielen. Dann betrachtete sie sich verliebt in dem großen, bis zum Boden reichenden Spiegel. Sie war sehr gut gewachsen und brauchte nicht so sehr auf ihre Figur zu achten. Ich bin wirklich verdammt gut dran, dachte sie, und es fiel ihr schwer, sich von ihrem Anblick loszureißen.

Als sie auf die Uhr schaute, lächelte sie. Jetzt wartete Gerhard schon auf sie. Sollte er! Je länger er wartete, desto größer wurde seine Ungeduld, sie zu sehen, und wenn sie dann kam, war sein Zorn bestimmt wieder verschwunden. Er wusste ja, dass sie im Grunde genommen viel zu gut für ihn war.

***

Mit den neuen Sachen auf dem Arm ging Elfriede Brandhoff nach oben. Auf ihrem noch immer hübschen Gesicht lag allerdings ein Schatten. Was soll nur einmal aus Judith werden?, fragte sie sich besorgt. Ihre Tochter lebte in den Tag hinein, genoss das Leben in vollen Zügen, ohne einen einzigen Gedanken an die Zukunft zu verschwenden. Sie hatte mit Ach und Krach die Mittlere Reife gemacht, weil sie einfach zu faul gewesen war, sich in der Schule Mühe zu geben. Den Verstand fürs Abitur hätte sie gehabt, nur nicht den Fleiß, den man brauchte, wenn man es zu etwas bringen wollte.

Sie verlässt sich immer nur auf andere, dachte Elfriede Brandhoff, als sie die Tür zum Zimmer ihrer Tochter öffnete und dann den Kopf schüttelte, als sie das Chaos sah, das Judith hier schon wieder angerichtet hatte. Ob sie jemals einen Mann finden würde, der Geld genug besaß, um Personal für sie zu halten? Heutzutage musste man schon viel Geld haben, um Leute bezahlen zu können, und reiche Männer waren dünn gesät. Und ob die nun gerade wild darauf waren, solch ein verzogenes Mädchen wie Judith zu heiraten, wagte ihre Mutter zu bezweifeln.

Sie liebte Judith, selbstverständlich, aber deshalb war sie nicht blind für die vielen Schwächen ihrer Tochter. Sie suchte die getragene Unterwäsche zusammen, um sie morgen mit anderen Sachen zusammen in die Waschmaschine zu stecken, hängte das neue Kleid sorgsam auf einen Bügel in den Schrank und nahm das grüne heraus. Jede Mark, die Judith verdiente, steckte sie in ihre Kleidung. Sie besaß einen ausgezeichneten Geschmack, das musste die Mutter zugeben, und sie hatte einen sechsten Sinn für Gelegenheiten. Ich müsste von ihr Kostgeld verlangen, dachte Elfriede Brandhoff.

Sie hatte es nicht fertiggebracht, und das ließ sich jetzt schlecht korrigieren. Anfangs hatte Judith ja nicht viel verdient, aber sie hatte schon immer viele Wünsche gehabt.

Ein paar Minuten später kam Judith aus dem Badezimmer zurück. Sie strahlte ihre Mutter an – ein Mädchen, das immer gut gelaunt war.

»Sag mal, habe ich da auf dem Rücken einen Mückenstich?« Sie warf ihr Handtuch achtlos auf den Boden und drehte sich halb zur Mutter herum. »Guck mal.«

»Ja ...«

»Tupfst du etwas Gel auf?«

»Wenn es sein muss ...«

»Es muss sein! Und bleib heute nicht auf, bis ich nach Hause komme! Vielleicht wird es wieder später. Gerhard kennt so nette Lokale, in die man sonst nicht hineinkommt.«

»Was ist er denn eigentlich von Beruf?«

»Grafiker oder so etwas ähnliches ... Ich weiß es nicht. Ich höre nur halb hin, wenn er von seinem Beruf erzählt. Es ist immer so langweilig, wenn Männer von ihren Berufen erzählen.«

Weil du solch eine Egoistin bist und dich nur für dich selbst interessierst, dachte die Mutter.

»Aber du brauchst doch deinen Schlaf, und ... mach keine Dummheiten!«

Ihre Mahnung hatte bei Judith einen Lachanfall zur Folge.

»Manchmal bist du wirklich süß, Mutsch«, sagte sie prustend, als sie wieder einigermaßen sprechen konnte. »Die Zeiten haben sich inzwischen geändert ... Aber mach doch nicht gleich solch ein besorgtes Gesicht! So billig bin ich nicht zu haben. Und der gute Gerhard weiß das auch.«

»Nur, wenn ihr etwas getrunken habt ...«

»Ich behalte immer meinen klaren Kopf. So, das war es wohl!« Während des Sprechens hatte sie sich angekleidet und betrachtete sich nun kritisch im Spiegel. »Du, Mutsch ...«

»Nein«, erwiderte Elfriede Brandhoff.

»Du weißt ja gar nicht, was ich sagen wollte.«

»Doch. Du wolltest mich anpumpen.«

»Was du mir alles zutraust! Zu dem neuen Kleid brauche ich eigentlich auch eine neue Handtasche. Ich habe da eine gesehen. Mit einem winzigen Lederfehler, um mehr als die Hälfte heruntergesetzt. Hundertzweiunddreißig Mark. Sei ein Schatz, leih mir das Geld bis zum Ersten.«

»Tut mir leid, ich habe es nicht.«

»Wie kann man nur so hartherzig sein! Dann muss ich mir die Tasche reservieren lassen. Vielleicht finde ich ja in der Firma jemanden, der mir ein paar Mäuse für die Anzahlung pumpt. Behandelt man so die geliebte Tochter, Mutsch? Ich muss mich sehr über dich wundern. Stell dich in die Ecke und schäm dich! Tschüss, und grüß die anderen.« Trotz der Ablehnung ihrer Geldbitte nahm Judith die Mutter ungekränkt in den Arm und gab ihr einen herzlichen Kuss. »Bist ja doch unsere Beste. Was täten wir nur ohne dich! Also Tschüss dann.«

Als sie hinausgegangen war, räumte Elfriede Brandhoff auf, was ihre Tochter herumliegen lassen hatte, und dann ging sie ins Badezimmer, um dort sauberzumachen. Dazu hatte Judith ja nie Zeit ...

***

»Ist Judith schon wieder weg?«, fragte Gottfried Brandhoff, als seine Frau ins Wohnzimmer zurückkehrte. »Sie hätte doch wenigstens einen guten Abend wünschen können.«

»Du kennst sie doch, sie hat nie Zeit ...«

»Schon wieder eine neue Verabredung?« Der Mann im Rollstuhl schüttelte leicht den Kopf. »Sie wechselt ihre Freunde reichlich oft. Von wem hat sie diese Leichtlebigkeit nur geerbt, Friedchen?«

»Von uns bestimmt nicht«, erwiderte seine Frau lächelnd. Sie setzte sich neben ihn und legte ihre Rechte auf seine gefalteten Hände. »Da muss wohl unter unseren Vorfahren einer gewesen sein, der das Leben leicht genommen hat. Judith wird schon noch lernen, worauf es ankommt.«

»Und das wird weh tun«, erwiderte Gottfried Brandhoff ernst. »Nicht einmal zu Abend hat sie gegessen.«

»Ihr neuer Freund hat sie dazu eingeladen. Nichts Ernstes. Sie denkt nicht ans Heiraten. Sie träumt von einem Millionär.«

»Hoffentlich wird sie darüber nicht alt und grau«, meinte der Mann. Er schaute seine Frau an, und ein leichtes Lächeln glitt dabei über sein zerfurchtes Gesicht. Er wusste, was für ein Glück er mit Elfriede hatte. Nach seinem Schlaganfall war sie nicht mehr nur seine Frau, sondern auch gleichzeitig seine Pflegerin, die beste und geduldigste, die sich ein Mensch nur wünschen konnte. »Du hättest ein besseres Schicksal verdient«, sagte er in seine Gedanken vertieft.

Seine Frau stutzte und schüttelte den Kopf.

»So viele Gedanken mache ich mir um Judith nun auch wieder nicht. Außerdem sind Swantje und Elma ja sehr vernünftig ...«

»Ich dachte eben nicht an die Mädchen, ich dachte an uns beide. Früher haben wir oft Ausflüge gemacht, sind viel gewandert. Und seit dieser dummen Geschichte ... Du entbehrst viel! Manchmal wundere ich mich, dass du es dir nicht anmerken lässt. Du bist wirklich eine ungewöhnliche Frau, Friedchen.«

»Nun hör aber auf«, wehrte seine Frau verlegen ab. »Es ist doch der Sinn einer Ehe, dass man in guten und auch in schlechten Tagen zusammenhält. Soll ich jetzt das Essen für uns machen? Wer weiß, wann Swantje und Elma nach Hause kommen. Du wirst sicher Hunger haben.«

»Lass uns auf die Kinder warten.« Swantje und Elma waren keine Kinder mehr, aber für die Eltern würden sie die Kinder bleiben, so lange sie lebten. »Swantje lässt sich richtig ausnutzen, finde ich. Wie oft macht sie Überstunden, ohne dafür genug zu verdienen.«

»Die Arbeit macht ihr Freude, das ist wichtiger. Wie gut, dass sie damals auf dich gehört und die Dolmetscherschule besucht hat.«

»Dabei verdient sie kaum mehr als Elma. Und Elma war immer ein kleines Faultier. Lieb und nett, aber aus Arbeit hat sie sich nicht viel gemacht. Swantje hat mehr von dir. Hoffentlich bekommt sie einmal einen Mann, der ihren Wert richtig zu schätzen weiß. Es bedrückt mich ein bisschen, dass Swantje so wenig Gelegenheit hat, unter Menschen zu kommen.«

»Sie will es nicht, das ist der Grund. Sie könnte genau wie Judith und Elma abends ausgehen, aber sie sitzt lieber mit einem Buch bei uns. Die Menschen sind nun einmal verschieden.«

»Trotzdem wäre es gut, würde sie ans Heiraten denken. Sie ist die Älteste, und sie hat eigentlich nie einen festen Freund gehabt, wie man das so nennt, während Judith und Elma ...«

»Swantje liebt das Herumflirten nicht. Ich bin ganz froh darüber. Und dass sie einmal eine alte Jungfer wird, glaube ich nicht. Sie wartet, bis der Richtige kommt, und das ist nicht das Verkehrteste. Bevor ich dich kennenlernte, hatte ich eigentlich auch nie einen festen Freund. Ein paar flüchtige Bekanntschaften schon, aber es war kein Mann darunter, der mir so gut gefallen hätte, dass ich häufiger mit ihm zusammen sein wollte. Ich glaube, das ist Swantje«, unterbrach sie sich und hob lauschend den Kopf.

»Bestimmt! Die anderen machen die Haustür lauter zu.« Ein Lächeln glitt über das Gesicht des Mannes, als er erwartungsvoll den Kopf drehte. Einen Moment darauf trat Swantje ein, schlank, für eine Frau ziemlich groß, und beim Anblick des Vaters glitt ein zärtliches Lächeln über ihr schmales, meistens ernst wirkendes Gesicht. »Guten Abend«, wünschte sie, ging auf den Vater zu und begrüßte ihn mit einem Kuss. »Wie geht es dir heute? Hast du Schmerzen?«

»Nicht mehr als sonst. Gut zu ertragen. Du kommst spät ...«

»Es war noch so viel zu tun. In der Mittagspause habe ich ein Buch aus der Volksbücherei für dich geholt. Eine Reisebeschreibung.« Sie öffnete ihre Handtasche und holte das Buch heraus. »Die Beschreibung einer Fahrt den Amazonas hinauf. Ich habe hineingeschaut, scheint sehr interessant zu sein.«

»Vielen Dank, Swantje.«

Er hatte sie nicht gebeten, das Buch umzutauschen. Sie hatte gesehen, dass er das alte zu Ende gelesen hatte, und deshalb hatte sie es umgetauscht. Judith und Elma sahen so etwas nicht, und außerdem wären sie wahrscheinlich viel zu bequem gewesen, in ihrer Mittagspause in die Volksbücherei zu gehen, nur um ein Buch für ihren Vater umzutauschen.

»Keine Ursache. Was gibt es Neues?«

»Nichts. Judith ist schon wieder fort. Sie hat einen neuen Freund .... Elma ist noch nicht zurück, wahrscheinlich haben sie heute wieder viel zu tun.«

»Zahnarzt müsste man sein«, meinte Swantje in Anspielung auf den Chef ihrer jüngsten Schwester. »Was die verdienen!« Sie setzte sich in einen Sessel und streckte die Beine von sich. »Es ist schön, zu Hause zu sein«, stellte sie fest. »Wir sind um unser Zuhause wirklich zu beneiden. Dass du das Haus damals gekauft hast, Vati.«

»Es hat allerhand Mut dazu gehört«, bestätigte Elfriede Brandhoff. »Eigentlich war es zu teuer für uns, aber wir wollten auch etwas Platz haben und natürlich auch einen Garten für euch Kinder.«

»Und da habt ihr jahrelang auf alles verzichtet. Aber es hat sich letztlich gelohnt, finde ich. Bei den heutigen Preisen könnten wir uns solch ein Haus nicht mehr erlauben, auch wenn wir Mädchen besser verdienten. Ich habe übrigens ein Stück Schinken mitgebracht.«

»Du sollst dein Geld für dich ausgeben«, sagte Gottfried Brandhoff. »Warum kaufst du dir nicht mal ein neues Kleid oder einen Mantel oder so etwas?«

»Weil ich nichts brauche«, erwiderte Swantje erstaunt. »Oder findest du, dass ich schäbig gekleidet bin?«

»Judith kauft sich alle Augenblicke etwas Neues. Die Mode wechselt oft.«

»Nicht für mich«, beruhigte Swantje ihn schmunzelnd. »Ich kaufe mir nur Sachen, die zeitlos sind.«

»Du bist überhaupt sehr anspruchslos. Warum gehst du nicht einmal aus?«

»Wie?«, fragte Swantje erstaunt.

»Tanzen oder dorthin, wo etwas los ist. Judith und Elma haben immer etwas vor. Nur du.«

»Gott bewahre mich vor den Vergnügungen, an denen meine Schwestern Gefallen finden«, lachte Swantje.

Früher hatte sie Judith ein paarmal begleitet. Es war für sie immer eine Qual gewesen, und sie verstand einfach nicht, dass man solch einen Quatsch, wie sie es für sich nannte, freiwillig mitmachte. Dieses Getanze auf dem völlig überfüllten Parkett, der Lärm, der aus den Lautsprechern dröhnte und jedes normale Gespräch unmöglich machte, die verschwitzten Herren mit ihren plumpen Komplimenten ... Das alles war nichts für Swantje Brandhoff.

Sie las lieber ein gutes Buch und hörte dabei Musik.

»Kann es denn irgendwo schöner sein als zu Hause?«, fragte sie.

»Wir sprachen gerade über dich, bevor du kamst. Wo willst du eigentlich einen Mann kennenlernen? In der Firma sitzt du in deinem Büro und hast auch keinen Kontakt zu anderen ...«

»Das macht mir schlaflose Nächte«, behauptete Swantje. »Warum soll ich überhaupt heiraten? Habe ich es nötig, mir einen Ernährer zu suchen? Das überlasse ich lieber Judith, und die versteht es außerdem viel besser, Männer für sich zu interessieren.«

»Du würdest eine gute Ehefrau abgeben, Swantje. Du bist häuslich, kannst mit Geld umgehen, stellst keine übertriebenen Ansprüche, siehst hübsch aus ...«

»Nun übertreib nicht. Neben Judith und Elma verblasse ich doch.«

Ihr Vater wusste darauf nicht sofort eine Antwort. Es stimmte, auf den ersten Blick waren Judith und Elma strahlende Schönheiten, seine Swantje musste man schon etwas genauer anschauen, um ihre Schönheit zu entdecken. Sie war von anderer Art, innerlicher. Aber trotzdem prägte sie ihr Gesicht, fand Gottfried Brandhoff. Vielleicht machten sich die jungen Männer gar nicht erst die Mühe, Swantje genauer anzuschauen. In der heutigen Welt legte man viel zu viel Wert auf Äußerlichkeiten.

»Ich kümmere mich dann ums Essen. Für Elma stelle ich ein paar Schnitten hin.«