Lore-Roman 114 - Helga Winter - E-Book

Lore-Roman 114 E-Book

Helga Winter

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Beschreibung

Als die liebenswerte Krankenpflegerin Cordula in den Dienst der alten Gräfin von Wildenhorst tritt, merkt sie bald, dass die Verwandtschaft der Dame nur auf ihren Tod wartet und hofft, einen Teil der Millionen zu erben. Aber die Gräfin denkt noch nicht ans Sterben. Sie ahnt, was "ihre lieben" Verwandten im Sinn haben.
Einzig ihr Lieblingsneffe, Malte Graf von Wildenhorst, hat nie einen Pfenning von ihr verlangt. Er arbeitet als Ingenieur und dünkt sich nicht zu vornehm, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Diesen Standpunkt achtet die alte Dame, und es ist ihr ein Herzenswunsch, ihren Neffen glücklich zu wissen. Weil ihr auch Cordula so ans Herz gewachsen ist, schmiedet die Gräfin für Malte und die schöne Krankenpflegerin einen Plan zum gemeinsamen Glück ...


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Inhalt

Cover

Wenn der Zufall Schicksal spielt

Vorschau

Impressum

Wenn der Zufall Schicksal spielt

Bewegender Roman um die Unbekannte vom Adelsball

Von Helga Winter

Als die liebenswerte Krankenpflegerin Cordula in den Dienst der alten Gräfin von Wildenhorst tritt, merkt sie bald, dass die Verwandtschaft der Dame nur auf ihren Tod wartet und hofft, einen Teil der Millionen zu erben. Aber die Gräfin denkt noch nicht ans Sterben. Sie ahnt, was »ihre lieben« Verwandten im Sinn haben.

Einzig ihr Lieblingsneffe, Malte Graf von Wildenhorst, hat nie einen Pfenning von ihr verlangt. Er arbeitet als Ingenieur und dünkt sich nicht zu vornehm, seinen Lebensunterhalt selbst zu verdienen. Diesen Standpunkt achtet die alte Dame, und es ist ihr ein Herzenswunsch, ihren Neffen glücklich zu wissen. Weil ihr auch Cordula so ans Herz gewachsen ist, schmiedet die Gräfin für Malte und die schöne Krankenpflegerin einen Plan zum gemeinsamen Glück ...

Herthas Gesicht war mürrisch, als die Türklingel anschlug.

»Hier kann man auch niemals in Ruhe arbeiten«, murmelte sie grimmig. »Hoffentlich brennt mir die Milch nicht an ...«

Sie wusste ja, wer draußen stand und Einlass begehrte. Jeden Abend kam er; und wenn er sich auch bemühte, einen guten Eindruck zu machen, die alte Hertha fiel nicht darauf herein.

Aber der Missmut schwand wie fortgewischt von ihren Zügen, als sie Malte Graf von Wildenhorst draußen stehen sah.

»Ach, Sie sind es!«, stieß sie strahlend hervor, und ihre Blicke liebkosten förmlich das schmale, tiefgebräunte Gesicht des jungen Mannes, der ihr gleichfalls zulächelte.

»Hatten Sie denn jemand anders erwartet?«, fragte Malte augenzwinkernd. »Haben Sie sich auf Ihre alten Tage noch einen Schatz zugelegt, Hertha?«

»Was Sie immer gleich so denken!« Das Faktotum des Hauses brachte es tatsächlich noch fertig, rot zu werden.

»War ja nur ein Scherz, Hertha.« Malte von Wildenhorst gab ihr einen liebevollen Schlag auf den Rücken. »Wie geht es meiner Tante?«, fragte er dann, während er seinen Mantel an die Garderobe hängte.

»Unverändert. Einen Anfall hatte sie nicht, seitdem Sie das letzte Mal da waren. Ich glaube aber, der Wetterumschwung macht ihr wieder tüchtig zu schaffen.«

»Kann ich mir denken. Mit Herzasthma ist nicht zu spaßen. Wo ist sie? Im Wohnzimmer?«

»Ja. Und regen Sie die gnädige Frau nicht auf, bitte, Herr Graf.«

»Was trauen Sie mir zu?« Malte von Wildenhorst schüttelte den Kopf. »Ich habe auch gar nicht viel Zeit mitgebracht.« Er warf einen Blick auf die Uhr. »Ich kann höchstens ein Stündchen bleiben.«

»Aber eine Tasse Kaffee werden Sie ja wohl trinken. Von gestern ist auch noch Kuchen übriggeblieben, den bringe ich Ihnen mit. Sagen Sie, Herr Graf, können Sie nicht ein bisschen häufiger kommen? Ihre Tante freut sich immer so.«

»Ich wünschte, ich hätte mehr Zeit, aber Sie wissen ja selbst, wie das ist, wenn man im Beruf steht.«

»Dass Sie arbeiten müssen!«, schnob Hertha empört.

Sie fand es nicht richtig, dass die Herrschaften sich genauso plagen mussten wie etwa sie. Dabei war es dem Grafen auch nicht an der Wiege gesungen worden, dass er einmal für andere Leute arbeiten musste. Sie seufzte voller Mitgefühl, als Malte von Wildenhorst auf die Wohnzimmertür zuging.

»Herein!«, rief eine schwache Stimme, als er anklopfte.

Gräfin Wildenhorst saß in einem bequemen Lehnstuhl in der Nähe des offenen Fensters. Beim Durchzug, der durch das Öffnen der Tür entstand, bauschten sich die Gardinen.

Wie alt sieht sie aus, schoss es Malte durch den Kopf, als er auf sie zueilte. Er hatte Mühe, sein Erschrecken über ihren Verfall nicht zu zeigen. Vor vierzehn Tagen war er zuletzt dagewesen; aber heute war sie viel blasser als damals, ihre Wangen wirkten eingefallen, ihre Augen müde.

Bei seinem Anblick allerdings belebte sich das Gesicht der alten Dame.

»Hast du auch einmal Zeit für mich?«, empfing sie ihren Lieblingsneffen vorwurfsvoll. »Ich dachte schon, du hättest mich ganz vergessen.«

»Verzeih, Tantchen.« Ehrfurchtsvoll zog Malte ihre Rechte an die Lippen.

»Du siehst müde aus«, stellte die Gräfin nach einem langen, prüfenden Blick fest. »Du gehst zu spät ins Bett.«

Malte lachte. »Manchmal lässt es sich nicht vermeiden. Du weißt, dass wir Tag und Nacht in drei Schichten arbeiten, und da kommt es natürlich vor, dass ich nicht so viel schlafen kann, wie ich gern möchte. Aber es macht mir nichts aus.«

»Du treibst Raubbau mit deiner Gesundheit«, behauptete Gräfin Wildenhorst in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete. »Es passt mir gar nicht, dass du auf Montage gehst. Kannst du dir als Ingenieur nicht eine Tätigkeit suchen, die dir Gelegenheit gibt, solider zu leben?«

»Aber ich lebe doch solide, auf Ehre!«, beteuerte Malte schmunzelnd. »Außerdem ist es eine Geldfrage, Tantchen. Auf Montage verdiene ich sehr viel mehr, als wenn ich irgendwo in einem Planungsbüro herumsäße.«

»Geld, als wenn das so wichtig wäre«, äußerte Gräfin Katherine wegwerfend. »Du weißt doch, dass ich genug davon habe. Wie viel brauchst du?«

»Tantchen«, Malte legte seine Hand auf ihre Rechte, »fang doch nicht schon wieder davon an. Ich möchte mir mein Geld selbst verdienen.«

»Unsinn! Wozu hat man eine Erbtante, wenn man sich schier zu Tode schuftet.«

Malte schüttelte den Kopf. »Davon kann bei mir nicht die Rede sein. Aber sprechen wir nicht immerzu von mir. Wie geht es dir, Tante Katherine?«

»Blendend«, erwiderte die alte Dame prompt.

»Das glaube ich nicht. Hast du auch alle notwendige Pflege?«

»Ich kann für mich selbst sorgen. Ich bin schließlich kein kleines Kind mehr, das solltest du inzwischen bemerkt haben.« Wie so oft verbarg Gräfin Katherine ihre Rührung hinter einem barschen Tonfall. »Ah, da kommt ja auch Hertha schon. Mein Gott, wie das duftet!«

Sie schloss die Augen und sog genießerisch den Duft ein, der von der Kaffeekanne ausging. Guter starker Bohnenkaffee war immer ihre Leidenschaft gewesen; aber nun hatte ihr Hausarzt ihn ihr strengstens verboten.

»Das ist ja Tierquälerei, was ihr da mit mir macht«, knurrte sie. »Warum hast du nicht zwei Tassen mitgebracht, Hertha? Willst du mich verdursten lassen?«

»Ihren Kaffee bringe ich sofort, gnädige Frau.«

»Kaffee nennst du das, was du mir täglich auftischst? Heute trinke ich richtigen Kaffee.«

»Aber Frau Gräfin ...«

»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe?« Gräfin Katherine schlug mit der Faust auf die Lehne ihres Sessels. »Verschwinde schon und hole die Tasse!«

Hertha schlich sich hinaus. Graf Malte hatte irgendwie den Eindruck, als ließe sie die Ohren hängen wie ein betrübter Hund.

»Es hat doch keinen Zweck, Tantchen, dass du sündigst«, mahnte er. »Du musst dafür büßen.«

»Das macht nichts. Du hast keine Ahnung, was mir Kaffee bedeutet.«

»Wo ist Ivo eigentlich?«, wechselte Malte das Thema. »Ich habe ihn direkt vermisst. Sonst springt er mich n, wenn ich ins Haus komme ...«

»Ich habe ihn in den Keller sperren lassen. Er hat sich die rechte Vorderpfote verletzt. Sie blutet manchmal noch, und ich möchte nicht, dass er mir die Teppiche verdirbt. Er sorgt so schon genug für Unordnung.«

»Ich habe ein Stückchen Schokolade für ihn. Mit Wurst kann man deinen verwöhnten Hund ja nicht mehr reizen. Für dich habe ich noch etwas zum Lesen mitgebracht.«

Gräfin Katherine schaute vor sich hin.

»Du sollst doch kein Geld für mich ausgeben, Junge«, sagte sie mit brüchiger Stimme. »Dafür verdienst du es viel zu schwer. Und Bücher sind teuer.«

»Ich habe ja sonst niemanden, den ich verwöhnen kann«, erklärte Graf Malte. »Gönn mir doch die Freude! Wie hat dir das letzte Buch gefallen, das ich dir mitgebracht habe?«

»Ich bin noch nicht durch. Meine Augen ...«

Gräfin Katherine presste die Lippen zusammen. »Ich ermüde beim Lesen ziemlich schnell.«

»Du brauchst jemanden, der dir vorliest.«

»Hertha!«, sagte Gräfin Katherine und stimmte in Maltes Lachen ein.

Hertha war zwar die treueste Seele der Welt, aber vorlesen konnte sie bestimmt nicht. Dafür sorgte sie allerdings vorbildlich für das leibliche Wohl ihrer Herrin.

»Du, mir ist gerade eben ein Gedanke gekommen.« Graf Malte schüttelte den Kopf, weil dieser Gedanke so nahe lag und ihm erst jetzt gekommen war. »Du brauchst eine Pflegerin, die sich den ganzen Tag um dich kümmert. So eine Art Gesellschafterin mit Schwesternexamen; oder eine Schwester, die sich um mehr kümmert als nur darum, dir deine Tropfen pünktlich zu verabreichen.«

»Ich habe etwas gegen Krankenschwestern. Sie sind alle so tüchtig und würdig, und ihre Patienten behandeln sie wie kleine Kinder. So eine kommt mir nicht ins Haus.«

»Es gibt auch andere. Wenn sie dir nicht gefällt, brauchst du sie ja nicht einzustellen. Also abgemacht, du wagst wenigstens einen Versuch.«

»Eigentlich ...«

»Dann uneigentlich«, fiel ihr Graf Malte schnell ins Wort. »Ich sehe, dass Hertha noch heißes Wasser mitgebracht hat. Damit werden wir den Bohnenkaffee verdünnen, damit er dir nicht schadet.«

»Du bist ein ekelhafter Tyrann«, erklärte Gräfin Katherine halb lachend.

»Damit muss ich mich abfinden«, sagte Graf Malte ungerührt. »Wir möchten dich noch recht lange bei uns haben.«

Unter halb gesenkten Lidern warf die alte Dame ihm einen prüfenden Blick zu. Ich glaube, er sagt die Wahrheit, dachte sie. Malte ist nicht geldgierig, er spekuliert nicht auf die Erbschaft, die er von mir zu erwarten hat. Erik dagegen ... Aber nein, Erik ist auch ein guter Junge. Ich tue ihm unrecht, wenn ich etwas anderes denke.

»Halt, genug!«, schrie sie entsetzt, als Malte den Kaffee in ihrer Tasse verdünnte. »Zu viel Wasser schadet dem besten Kaffee.«

»Und der beste Kaffee schadet deinem Herzen.« Graf Malte zuckte die Schultern. »Ich muss übrigens gleich wieder fort, Tantchen.«

»Schon? Ich hatte gehofft, du würdest den ganzen Abend bei mir bleiben.«

»Ich bin nur auf einen Sprung hereingekommen. Um zwanzig Uhr montieren wir ein weiteres Teilstück unserer Brücke, ich möchte dabei sein.«

»Die Leute werden auch ohne dich fertig. Oder hältst du dich für unentbehrlich?«

»Das nicht. Aber es könnten ja Schwierigkeiten auftreten. In zwei Monaten ist der Rohbau der Brücke fertig, dann habe ich wieder mehr Zeit für dich. Aber vielleicht legst du dann gar keinen Wert mehr auf meine Besuche, wenn du eine nette Gesellschafterin hast.«

»Wahrscheinlich«, sagte Gräfin Katherine grollend.

Sehnsüchtig schaute sie auf Maltes Tasse mit dem unverdünnten Kaffee. Allerdings war ihr klar, dass er recht hatte, ihr den edlen Trank vorzuenthalten. Aber ein Jammer war es doch.

Graf Malte hatte sich gerade die erste Zigarette angezündet, als Hertha seinen Vetter Erik von Gorren hereinführte. Diesmal war ihr Gesicht alles andere als freundlich.

Gräfin Katherine begrüßte ihren anderen Neffen mit freundlichem Lächeln.

»Nimm dir ein Beispiel an Erik«, wandte sie sich an Malte. »Er besucht mich jeden Tag. Und wenn es auch nur kurz ist, soviel Zeit hat er für seine alte Tante.«

»Ich freue mich immer darauf, dich zu sehen, Tante Katherine«, behauptete Erik schmeichlerisch, »du siehst heute wieder blendend aus. Und Bohnenkaffee trinkst du auch! Dann muss es dir ja prächtig gehen.«

»Tut es auch«, bestätigte die alte Dame verbissen. »Nun, hast du heute viele Autos verkauft?«

Erik lehnte sich bequem im Sessel zurück und schlug lässig das rechte Bein über das linke.

»Es geht so. Jeden Tag hat man kein Glück. Heute waren es drei Wagen.«

»Drei Autos!« Gräfin Katherine zeigte sich gebührend beeindruckt. Sie wusste nämlich genau, was ihr Neffe an jedem Verkauf verdiente. Er musste schon tüchtig sein, der Erik, aber sie hatte von ihrem Neffen auch nichts anderes erwartet.

»Und wie geht es dir so?«, fragte Erik seinen Vetter etwas gönnerhaft.

»Gut.«

»Malte will gleich wieder fort«, beklagte sich Gräfin Katherine. »Red du ihm doch zu, dass er noch ein bisschen bleibt. Wir machen uns dann zu dritt einen gemütlichen Abend.«

»Es würde mich natürlich freuen, wenn Malte es sich einrichten könnte«, beteuerte Erik von Gorren. »Aber wenn es ihm nicht möglich ist ... Ich glaube, du hast wirklich keine Ahnung, wie schwer es ist, sich sein Geld in der freien Wirtschaft zu verdienen. Wenn ich mir so vorstelle, dass im Osten unsere Güter liegen«, er ballte die Rechte zur Faust, »und ich muss mir hier die Hacken schieflaufen, um diese verdammten Autos an den Mann zu bringen ...«

»Aber du wirst doch deine Autos gut los«, meinte Gräfin Katherine verwundert.

Baron Erik riss sich zusammen und brachte ein etwas gequältes Lächeln auf sein Gesicht.

»Natürlich, aber im Grunde genommen führe ich doch ein bescheidenes Leben. Meine Unkosten sind so wahnsinnig hoch.«

»Und dazu sorgst du noch für deine Familie.« Gräfin Katherine nickte. »Ich muss sagen, es gefällt mir, wie ihr alle zusammenhaltet.«

Erik lächelte geschmeichelt, während Malte angelegentlich das glimmende Ende seiner Zigarette betrachtete. Dann warf er einen Blick auf seine Uhr, drückte die Zigarette aus und erhob sich.

»Meine Zeit ist leider abgelaufen. Um die Schwester kümmere ich mich. Ich schicke sie dir, sobald ich eine geeignete gefunden habe.«

»Ich bringe dich hinaus.« Erik legte seinem Vetter die Hand freundschaftlich auf die Schulter. »Du entschuldigst mich wohl für einen Moment, Tante Katherine.«

In der Diele des geräumigen Hauses packte er seinen Vetter beim Arm und schüttelte ihn hin und her. »Was soll das mit der Schwester?«, fragte er wütend.

Malte machte sich gelassen frei. »Du hast es doch gehört.«

»Ich glaube, du bist verrückt geworden!« Erik von Gorren atmete schwer. Es fiel ihm nicht leicht, im Flüsterton zu sprechen, so wütend war er. »Tu doch nicht immer so scheinheilig, Tante Katherine wird dich im Testament schon nicht zu kurz kommen lassen. Aber du möchtest dir natürlich das größte Stück vom Kuchen abschneiden. Dabei siehst du gar nicht, wie dumm du vorgehst. Wenn sie einen Anfall bekommt, dann ... dann ist gleich diese Schwester zur Hand, während sie sonst auf den Arzt warten müsste ... Hast du dir das denn nicht überlegt?«

»Was für ein Mensch bist du nur!«, stieß Malte hervor. »Tante Katherine war immer sehr großzügig uns gegenüber. Wie oft hat sie uns geholfen!«

»Die paar tausend Mark – ein Trinkgeld für sie. Das mit der Pflegerin rede ich ihr aus. Menschenskind, Malte, du brauchst mich gar nicht so anzustarren! Ich meine es ja nicht schlecht mit ihr. Was hat sie denn noch von ihrem Leben? Sie sitzt den ganzen Tag herum ...«

»Ich glaube, wir haben uns nichts mehr zu sagen.« Graf Malte schaute angewidert an seinem Vetter vorbei. »Jedenfalls werde ich dafür sorgen, dass Tante Katherine besser betreut wird als vorher. Wozu bist du denn so wild auf ihr Geld? Du verdienst doch anscheinend gut.«

Ein Zucken glitt über Eriks Züge.

»Klar, ich verdiene gut. Aber das Geld geht auch ebenso schnell wieder fort, wie man es einnimmt. Du hast anscheinend keine Ahnung davon, du kennst ja nur deine Arbeit. Aber wenn man, wie ich, ein bisschen Wert legt auf Kultur ...«

»Auf leichte Mädchen, meinst du wohl«, verbesserte Malte ihn. »Auf Wiedersehen! Grüß Deine Schwester Vera und Deine Mutter. Ich habe keine Zeit mehr.«

»Idiot«, murmelte Erik hinter seinem Vetter her. »Verdammter sentimentaler Narr!«

Es war doch ganz klar, dass es mit Tante Katherine nicht mehr lange dauern würde. Und ein armer Mann, der ein bisschen Vernunft im Schädel hatte, versuchte doch nicht, das Glück daran zu hindern, zu ihm zu kommen.

Er ging zu seiner Tante zurück, ein Lächeln auf den Lippen.

»Schrecklich, dieser Malte«, sagte er und schüttelte übertrieben heftig den Kopf. »Immer ist er in Eile oder tut wenigstens so. Für dich hat er einfach keine Zeit. Dabei möchte ich wetten, dass er sich die meiste Zeit herumdrückt. Was hat ein Ingenieur auf einer Baustelle schon zu tun? Er macht sich die Finger bestimmt nicht schmutzig. Ich glaube auch noch gar nicht, dass er wieder zu seiner Arbeit zurückkehrt. Bestimmt hat er irgendein Mädchen hier in der Stadt ...«

»Das glaube ich nicht. Malte ist solide.«

»Hältst du es denn für unsolide, ein kleines Mädchen zu haben?«, fragte Erik mit schiefem Grinsen. »Das ist aber sehr altmodisch gedacht, Tante Katherine.«

Die alte Dame betrachtete ihn wohlgefällig. Ihr Neffe sah gut aus. Ihrer Meinung nach war das ein Erbgut der Wildenhorst. Sein Vater, dieser Gorren, galt in ihren Augen nicht viel. Ihre Schwester Angela hatte unter ihrem Stand geheiratet, als sie diesen Baron zum Mann nahm.