Lost Hearts - Wenn aus Rache Liebe wird - Estelle Maskame - E-Book

Lost Hearts - Wenn aus Rache Liebe wird E-Book

Estelle Maskame

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Beschreibung

Wenn Vanessa Spaß haben will, trifft sie Harrison. Eine feste Beziehung sucht sie allerdings nicht, sonst endet sie noch wie ihr Vater, der nach dem Tod ihrer Mutter überhaupt nicht mehr auf die Beine kommt. Als Harrison doch mehr will, serviert Vanessa ihn ab – mit ungeahnten Folgen: Der gekränkte Harrison veröffentlicht ein Nacktvideo von ihr, das viral geht. Vanessa traut sich erst kaum mehr aus dem Haus und schwört dann Rache. Einen unerwarteten Komplizen findet sie in dem attraktiven Kai, der seine ganz eigenen Gründe hat, Harrison zu hassen. Über den finsteren Plänen, die sie zusammen schmieden, kommen sie sich näher. Und plötzlich muss sich Vanessa doch dem wichtigsten aller Gefühle stellen: der Liebe ...

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Seitenzahl: 382

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Das Buch

Er blinzelt einige Male. »Du weißt, wie Action-Filme normalerweise ausgehen, oder? Die weibliche Komplizin verliebt sich in ihren cleveren Kollegen.« »Ich habe nicht gesagt, dass ich in dich verliebt bin«, erwidere ich. Jedenfalls noch nicht, füge ich in Gedanken hinzu. Aber wenn das so weitergeht, könnte ich mich bis Montag in ihn verliebt haben.

Am Anfang sind Vanessa und Kai nur eine Zweckgemeinschaft: Beide wollen sich an dem beliebten Harrsion rächen, aus ganz unterschiedlichen Gründen. Doch während sie so verbotene wie waghalsige Aktionen planen und ausführen, kommen sie sich näher. Damit hat vor allem Vanessa nicht gerechnet. Wird sie die Liebe diesmal zulassen? Oder wird ihre Angst stärker sein?

Die Autorin

Estelle Maskame, 1997 geboren, lebt in Peterhead, Schottland, wo sie auch zur Schule ging. Bereits mit 13 Jahren begann sie die DARK-LOVE-Serie zu schreiben, die auf Wattpad vier Millionen Reads erreichte und in Buchform auch international ein sensationeller Erfolg wurde. Zuletzt bei Heyne erschienen sind der vierte Band von DARKLOVE, Ohne dich bin ich verloren, sowie ihr Roman Falling.

Lieferbare Titel

DARKLOVE – Dich darf ich nicht lieben

DARKLOVE – Dich darf ich nicht finden

DARKLOVE – Dich darf ich nicht begehren

Falling – Ich kann dich nicht vergessen

DARKLOVE – Ohne dich bin ich verloren

Estelle Maskame

Lost Hearts:Wenn aus Rache Liebe wird

Aus dem Englischen von Sabine Schilasky

Wilhelm Heyne Verlag München

Die Originalausgabe THEWRONGSIDEOFKAI erscheint bei Ink Road, an imprint of Black & White Publishing Ltd. Edinburgh.

Der Verlag weist ausdrücklich darauf hin, dass im Text enthaltene externe Links vom Verlag nur bis zum Zeitpunkt der Buchveröffentlichung eingesehen werden konnten. Auf spätere Veränderungen hat der Verlag keinerlei Einfluss. Eine Haftung des Verlags ist daher ausgeschlossen.

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.Sollte diese Publikation Links auf Webseiten Dritter enthalten, so übernehmen wir für deren Inhalte keine Haftung, da wir uns diese nicht zu eigen machen, sondern lediglich auf deren Stand zum Zeitpunkt der Erstveröffentlichung verweisen.

Vollständige deutsche Erstausgabe 7/2020

Copyright © 2019 by Estelle Maskame

Copyright © 2020 der deutschen Ausgabe by Wilhelm Heyne Verlag, München, in der Verlagsgruppe Random House GmbH, Neumarkter Str. 28, 81673 München

Umschlaggestaltung: Nele Schütz Design, München, unter Verwendung von Shutterstock (Nina Buday, Lotus_studio, Ermakov Evgeny, f11 photo, kiuikson)

Satz: Fotosatz Amann GmbH & Co. KG

ISBN 978-3-641-26351-5V001

www.heyne.de

1

»Und, wie ist Harrison so?«

Beinahe spucke ich den Wodka aus. Ich schlucke ihn schnell hinunter und drehe mich zu Chyna um. Sie hockt umgeben von Flaschen auf dem Tresen und baumelt mit den Beinen. Gleichzeitig zieht sie eine Augenbraue hoch und verkneift sich ihr Lachen. Es ist ein abrupter Themenwechsel, denn eben haben wir noch darüber geredet, woher die anderen Mädchen wohl ihre coolen Outfits haben.

Lässig hebe ich ihr mein Glas entgegen und zucke mit den Schultern. »Besser als der Durchschnitt. Er weiß jedenfalls, was er tut.«

Jetzt lacht Chyna doch. »Ich meinte seine Persönlichkeit.«

»Oh, na, dann irgendwie langweilig.«

Ich sehe wieder zum Wohnzimmer. Auch wenn ich Madison Romy nicht ausstehen kann, sie schmeißt alle paar Monate gute Partys, wenn ihre Eltern geschäftlich unterwegs sind. Im Moment sind sie in Florida, weshalb sich das Haus in einen gesellschaftlichen Hotspot verwandelt hat. Es sind eine Menge Leute aus unserem Jahrgang hier, zu viele Menschen, die sich aneinanderdrängen, und zu viele Stimmen, die alle auf einmal schreien. Die Musik ist laut, die Bässe wummern. Nur in Maddie Romys Haus ist Platz genug für solche Partys. Und hier geht der Alkohol nie aus, es kreuzen keine Eltern auf, und jeder ist für alles zu haben. Am Anfang haben die Feiern echt Spaß gemacht, aber jetzt sind sie einfach nur noch … vorhersehbar. Und das ist öde.

Ich schaue zu Harrison Boyd. Er lehnt an der Wand gegenüber, trinkt Bier und scherzt mit einigen Typen aus dem Team. Zwischendurch kratzt er sich an der Schläfe, wie er es immer tut. Er sieht auf und ertappt mich dabei, dass ich ihn beobachte. Grinsend zwinkert er mir zu. Wir haben seit zwei Monaten eine lockere Affäre, deshalb weiß ich, was das Zwinkern bedeutet. Es ist mir vertraut geworden, eine Art Gewohnheit. Es heißt, dass wir uns demnächst nach oben schleichen. Es heißt, dass seine Lippen meine finden werden.

Ich lächle betont schüchtern zurück, werfe mein Haar über die Schulter und drehe mich wieder zu Chyna um. Harrison ist nicht der Einzige, der flirten kann. »Was soll ich machen? Spiele ich weiter schwer zu kriegen?«

»Kannst du ja versuchen«, sagt Chyna und rutscht vom Tresen. »Aber du wirst weich, sobald er dir irgendwas ins Ohr säuselt.« Sie drängt sich dicht an mich und flüstert mit tiefer Stimme: »Hey, Vanessa, ich bin’s, Harrison. Wie geht’s dir, Baby?«

Ich schubse sie weg und versuche, nicht zu kichern. »Pst!« Andere in der Küche sehen uns schon komisch an. Es ist nicht so, als wäre mein Verhältnis mit Harrison Boyd ein Geheimnis, aber ich finde trotzdem nicht, dass es alle etwas angeht. Ich kippe den Rest von meinem Drink hinunter und werfe den Pappbecher in den Müll. »Ich rede mal mit ihm.« Ich zupfe an meinem Haar, schüttle meine Locken auf und hole meinen Lipgloss heraus, um ihn aufzutragen. Für Harrison will ich so gut aussehen, wie ich kann. Wir haben uns den ganzen Abend sorgfältig gemieden, und wieder mal bin ich diejenige, die den ersten Schritt machen muss. Es wäre schön, wenn er ab und zu mal die Initiative ergreifen könnte, nur ist Harrison viel zu sehr von sich eingenommen, um einem Mädchen nachzulaufen.

»Los geht’s«, feuert Chyna mich an. »Isaiah holt uns nachher ab, also hau nicht einfach ab, okay? Oh, und pass auf dich auf.«

»Aber klar«, antworte ich, presse einen Kuss auf meine Handfläche und puste ihn ihr zu. Sie fängt ihn ein und tut, als würde sie ihn unter ihr Kleid schieben, ehe sie mir ebenfalls einen schickt. Das machen wir immer so.

In unserem ersten Jahr bekam Chynas Dad einen neuen Job in Cincinnati, und an dem Tag, an dem sie wegging, hatten wir uns Küsse zugepustet und getan, als würden wir sie verstecken, um sie für immer aufzubewahren. Sie zogen unter großem Drama fort, doch drei Monate später kündigte ihr Dad den neuen Job, und die Tates kamen wieder zurück. Seitdem ist es unser Ritual.

Ich verlasse die Küche und gehe hinüber zu Harrison. Es ist bald Mitternacht, also bleibt mir nicht viel Zeit, bevor Chynas Bruder uns abholt. Einige Leute hängen schon auf den Sofas und haben Mühe, wach zu bleiben, während die meisten noch richtig in Partystimmung sind. Ich fühle mich total fit, und jetzt muss ich handeln. Harrison und ich spielen dauernd miteinander, flirten aus der Ferne, tun so, als sei nichts, obwohl wir beide wissen, dass wir uns sehr bald gegenseitig die Kleider vom Leib reißen.

Ich berühre meine Haarspitzen, als ich mich Harrison und seinen Freunden nähere, und zupfe meinen Rock zurecht, weil ich nicht weiß, wohin mit meinen Händen. Ich ziehe ihn ein wenig höher, zeige mehr Bein, doch dann …

Aua.

Ich stoße gegen etwas Hartes, ein Drink ergießt sich auf mich, und ein Becher wird zwischen meinem Körper und einem anderen zerdrückt. Mein Tunnelblick auf Harrison endet, und der Rest der Party rückt wieder in den Fokus, während ich zu der Person vor mir aufblicke.

Ich erkenne den Typen nicht, was ungewöhnlich ist, weil ich so ziemlich jeden in meinem Jahrgang kenne. Er tritt einen Schritt zurück und starrt nach unten zu seiner Jeans, sichtlich unbeeindruckt von der Flüssigkeit, die den Stoff durchtränkt.

»Vanessa«, höre ich Chyna vorwurfsvoll sagen, als wäre ich ein Kleinkind und sie mein Babysitter. Sie nähert sich mir von hinten, packt meinen Ellbogen und reißt mich zurück. »Sorry, sie ist ein bisschen schusselig«, entschuldigt sie sich verlegen für mich, bevor sie sich dicht zu mir beugt und mir zuflüstert: »Pass auf, wo du hinläufst!«

Der Typ hebt den Kopf, um mich anzublicken. Obwohl ich jetzt sein Gesicht richtig sehen kann, erkenne ich ihn immer noch nicht. Seine blauen Augen leuchten in dem gebräunten Gesicht, und seine dichten Locken sind an den Seiten kurzrasiert. Er geht nicht auf die Westerville North – sonst hätte ich ihn bestimmt schon gesehen.

»Ja, Vanessa«, sagt er spöttisch, und mein Name aus seinem Mund klingt eigenartig, beinahe als wäre er amüsiert, nicht sauer. Er zieht die Augenbrauen zusammen, und ich kann nicht anders, als auf die eine Braue zu starren, in die ein Schlitz rasiert ist. »Pass doch auf.« Sein Mund formt ein Grinsen, dann schlendert er an Chyna und mir vorbei und taucht in die Menge in der Küche ein.

Schnuppernd atme ich den Rest seines Eau de Cologne ein, bevor es verpufft, und sehe Chyna verwundert an. »Wer war das?«

»Spielt das eine Rolle?«, fragt Chyna. Sie zeigt in Richtung Wohnzimmer, wo ich eigentlich hinwollte. »Gehst du jetzt zu Harrison, oder nicht?«

Genau, Harrison.

Ich nehme mir eine Sekunde, um mich zu fangen, und mache mich wieder auf den Weg. Harrison und seine Freunde albern noch herum, und ich dränge mich zwischen Noah Diaz und Anthony Vincent hindurch in den Kreis. Sofort begegnet Harrisons Blick meinem.

»Harrison, dein Bums-Date ist da«, witzelt Anthony und stößt mit seiner Schulter gegen Harrisons. Noah sieht nur nach unten und trinkt von seinem Bier. Es ist noch nicht allzu lange her, dass ich mit ihm herumgemacht habe. Keine große Sache. Die Jungs, mit denen ich etwas anfange, wissen Bescheid. Ihnen ist klar, dass es nur eine kurze Geschichte wird und bei mir immer ein Verfallsdatum vorgegeben ist.

»Ach, sei bloß nicht eifersüchtig, Ant«, erwidere ich grinsend, lege einen Arm um seine Schultern und küsse ihn auf die Wange.

»Hey«, sagt Harrison und räuspert sich. Er presst die Lippen zusammen und macht auf beleidigt, dabei sehe ich doch, dass er sich anstrengen muss, nicht zu lachen. Das ist das Beste an losen Affären: keine Eifersucht. Keiner versucht, jemanden zu kontrollieren. Wir sind uns überhaupt nichts schuldig.

Ich sehe zu ihm, neige meinen Kopf zur Seite und verziehe keine Miene. »Oh, brauchst du irgendwas?«

Jetzt lacht Harrison doch, greift nach meinem Handgelenk und zieht mich zu sich. Meine Brust ist an seine gepresst, sein Mund nur Zentimeter von meinem entfernt, wir blicken uns an. Er hebt meine Hand an seinen Hals, sodass ich die Wärme seines Körpers fühle. »Hast du mich die letzten Stunden gemieden?«, murmelt er, was ich bei der lauten Musik nur knapp verstehe.

»Dasselbe könnte ich dich fragen.« Ich streife seine Lippen mit meinen, und weil ich verführerisch sein will, klimpere ich auch ein bisschen mehr mit den Wimpern als sonst. Ich merke, dass Noah und Anthony auf Abstand gehen, um uns ein wenig Privatsphäre zu geben, obwohl wir immer noch von anderen Gästen umzingelt sind. Aber das interessiert sowieso keinen. Hierfür wurden Partys erfunden. Verdammt, ich bin mir beinahe sicher, dass sich Matt Peterson und Ally Forde vor einer Sekunde noch auf der Couch richtig an die Wäsche gegangen sind.

»Okay«, sagt Harrison abrupt und legt seine Hand an meine Wange, den Daumen unter meinem Kinn, sodass ich den Kopf nicht bewegen kann. »Lassen wir den Quatsch«, murmelt er leise, doch ich schrecke ein wenig vor seinem Bieratem zurück. Sein Lächeln ist träge und selbstverliebt, als er seine Augen verengt. »Gehe ich vor nach oben oder du?«

Ich zögere nicht. Den ganzen Abend langweile ich mich schon, und es darf endlich ein bisschen prickelnder werden. Harrison hält meine Hand, als ich mich umdrehe und ihn durchs Wohnzimmer ziehe. Er hakt seine andere Hand in den Bund meines Rockes, wo sich seine Haut an meiner heiß anfühlt. Vage nehme ich wahr, dass Noahs Blick uns durch den Raum folgt. Die der anderen Leute auch.

»Was machen die denn hier?«, sagt Harrison auf einmal, und seine Stimme wird grob, als er sich von mir losreißt. Er stürmt an mir vorbei.

Ich frage mich leicht wütend, was ihn von mir abgelenkt haben könnte. Dann bemerke ich, dass sich in der Küche ein Streit anbahnt. Soweit ich es durch die vielen Leute ausmachen kann, die auf die Szene zuströmen, sind einige Jungs aus dem gegnerischen Football-Team aufgetaucht. Und die sind weder eingeladen noch erwünscht.

Die Rivalität zwischen der Westerville North, der Central und der South ist kein Witz. Ganz besonders nicht zwischen der North – uns – und der Central. Letztes Wochenende hatten wir gegen die gespielt. Normalerweise interessiert mich Football nicht sehr, aber ich war bei dem Spiel, weil ich Harrison hinterher treffen wollte. Wir hatten verloren, was nicht weiter verwundert, denn unser Team ist wirklich schlecht, aber das echte Highlight des Spiels war die Rangelei, die im dritten Viertel auf dem Platz ausbrach.

Und wie es aussieht, ist der Kampf noch nicht vorbei.

Ich arbeite mich mit beiden Ellbogen durch die Menge in die Küche, da taucht Chyna neben mir auf. Ihre Zöpfe fliegen so wild umher, dass sie mir ins Gesicht peitschen.

»Ich werde nie verstehen, warum sich Highschool-Jungs benehmen, als wären sie in der NFL«, sagt sie, aber ich höre ihr nur halb zu, denn ich stehe auf den Zehenspitzen und versuche zu erkennen, was da los ist. »So ernst ist das nicht, aber all die verletzten Egos sorgen für reichlich Unterhaltung.«

»Das sind die von der Central, oder?«

»Ja, und darf ich sagen, dass ihr Team heißer ist als unseres?« Um ihre Aussage zu bekräftigen, fächert sie sich mit einer Hand Luft zu. »Russell Frederick allein. Wow! Zu den roten Haaren würde ich nicht Nein sagen.«

Apropos Russell Frederick, der steuert gerade auf Noah Diaz zu. Es wäre ja auch kein Highschool-Football, würden sich nicht die beiden Quarterbacks aus den jeweiligen Teams miteinander anlegen.

Hinter Russell bilden einige Central-Spieler die Verstärkung. Hinter Noah sind unsere Spieler. Unsere North-Spieler. Harrison.

»Das Ergebnis war wirklich … mies«, höre ich Russell sagen. Und ich würde schwören, dass sein Körper aus Stein gemeißelt ist. Seine Schultern sind so breit wie eine Brücke. Russell wendet sich jetzt direkt an Noah. »Da hätte ich auch geheult.«

»Willst du echt, dass ich dir noch eine Delle in deine Nase schlage?«, kontert Noah, der bereits eine Faust macht und sie zweifellos schwingen wird, wenn man ihn genügend provoziert. Es wird reichlich gemurmelt und geknurrt. Die übrigen Spieler beleidigen sich und fordern sich gegenseitig heraus.

Gähn! Ich finde das alles so öde, nicht mal diese dramatische Party-Vorstellung kann mich mehr vom Hocker reißen.

»Hey, Harrison, willst du noch mal mit diesen Händen Bekanntschaft machen?«, ruft einer von den Central-Typen, und als ich die Stimme orte, stelle ich fest, dass es der gut duftende Typ mit der bronzefarbenen Haut ist, dem ich erst vor ein paar Minuten begegnet bin. Deshalb kenne ich ihn nicht – er geht auf die Westerville Central, und er ist mit dem Rest des Central-Footballteams bloß hier, um Ärger zu machen. Noch dazu fordert er ausgerechnet Harrison heraus.

Was eine schlechte Idee ist. Wie üblich stürmt Harrison nach vorn, ist ganz wild auf eine Schlägerei. Letztes Wochenende ist ihm die Lippe aufgeplatzt, als ihm einer der Central-Spieler einen Hieb verpasst hatte – wahrscheinlich derselbe, der ihn jetzt provoziert. Aber wenigstens konnte ich ihm da den ganzen Abend mit Küssen den Schmerz versüßen. Vielleicht mache ich das heute auch wieder.

Als Harrison auf das gegnerische Team zustürzt, setzen sich alle anderen ebenfalls in Bewegung. Ich schaue unbeeindruckt zu, wie Noah sich gegen Russell wirft, Anthony seine Faust durch die Luft schwingt und Harrison diesen mysteriösen Typen packt, der eindeutig ein Problem mit ihm hat. Jungs. Manchmal hasse ich sie. Ihr Ego ist zu empfindlich, und sie müssen sich dauernd irgendwas beweisen.

Es gibt reichlich Gebrüll und Geschubse, und alle feuern unsere Jungs an, das Central-Team plattzumachen, während sich die Zuschauer näherdrängen, um mehr zu sehen. Ein paar Mädchen kreischen, dass sie aufhören sollen, aber keiner sonst gibt auch bloß vor, sich zivilisiert zu benehmen. Ich konzentriere mich ganz auf Harrison. Er hat den Typen im Schwitzkasten an den Tresen gepresst, doch der Central-Spieler ist schnell und stark. Er windet sich seitlich heraus, packt den ersten Becher, den er erwischt, und knallt ihn Harrison vor die Brust.

Maddie Romys schrille Stimme übertönt alles, als sie in die volle Küche gerannt kommt: »Aufhören! Meine Eltern bringen mich um, wenn ihr das Haus verwüstet, echt jetzt!«, schreit sie. Sie fuchtelt mit den Armen, und ich glaube zunächst nicht, dass irgendwer auf sie hört, aber tatsächlich erstarren alle. Harrison schaut wütend auf sein durchnässtes T-Shirt. »Macht den Mist draußen, wenn es unbedingt sein muss. Das hier ist eine North-Party, keine South und erst recht keine Central.« Maddie rümpft die Nase und zeigt zur Tür. Ich bin verblüfft, welche Autorität sie auf einmal hat. »Raus, wer hier nichts zu suchen hat.«

Es gibt eine Rempelei, als die Central-Spieler gehen. Der Typ, der Harrison eben den Drink drübergeschüttet hat, grinst hämisch, als er an ihm vorbeigeht, und streicht sich das Haar glatt. Für einen Moment blickt er auf, und ich schwöre, dass er mir direkt in die Augen sieht, so intensiv, dass sich mein Magen verkrampft. Doch sofort gleitet sein Blick wieder ab. Wenn ich nur seinen Namen wüsste, dann könnte ich ihn im Geist wenigstens anders nennen als »heißer Typ, dessen Drink ich verschüttet habe«.

Wie ein Wolfsrudel ziehen er und sein Team leise knurrend ab. In dem Moment, in dem sie durch die Haustür verschwunden sind, ist es, als wären sie nie hier gewesen. Die Musik wird gleich wieder lauter, der Kreis der Schaulustigen löst sich auf, und alle setzen ihre Gespräche fort.

»Jetzt muss ich Harrisons Ego wiederherstellen«, flüstere ich Chyna zu. Lachend schubst sie mich in eine Richtung und lässt ihre perfekt geschwungenen Augenbrauen tanzen. Viel Ermunterung brauche ich nicht.

»Kai Washington«, murmelt Harrison, als ich bei ihm bin. Er zeigt auf sein T-Shirt, das nass an seinem gestählten Oberkörper klebt. »Der geht mir allmählich echt auf den Sack.«

So heißt er also, denke ich … Kai Washington.

Ich versuche mich auf Harrison zu konzentrieren, aber seine lahme Football-Rivalität ist mir komplett egal, deshalb würge ich ihn ab, ehe er mehr sagen kann. »Wen interessiert’s? Ich ziehe dir jetzt jedenfalls das Shirt aus.« Mit diesen Worten packe ich den klatschnassen Stoff und ziehe Harrison daran zur Treppe, denn ich will dringend den Rest der Party hinter mir lassen und seine Hände auf mir spüren. Nach dem Kampf sind wir beide aufgeputscht – Harrison von dem Adrenalin, ich von Kai Washingtons irrem Blick, der mich wie ein Stromschlag durchfahren hat. Und ich muss dieses beunruhigende Gefühl loswerden und wieder an Harrison denken.

Gemeinsam stolpern wir nach oben. Ja, wir sind beide nicht ganz nüchtern, aber so mögen wir es. Matt Peterson und Ally Forde haben sich ebenfalls von der Couch nach oben begeben, und sie knutschen wild an der Wand. Sie bemerken Harrison und mich gar nicht, als wir an ihnen vorbeigehen und in das erste Zimmer schleichen. Ich mache nicht mal Licht, weil mir egal ist, wessen Zimmer wir benutzen.

Stattdessen packe ich Harrisons Shirt fester und ziehe ihn zu mir, sodass meine Brust im selben Moment gegen seine prallt, in dem sein Mund meinen findet. Im Dunkeln sind wir unsicher, stoßen gegen Möbel und treten uns gegenseitig auf die Füße. Ich kann das Echo der Musik im Haus hören, gedämpft und weit weg hinter den geschlossenen Türen.

Harrison knabbert an meiner Unterlippe. Meine Hände sind in seinem Haar, ziehen etwas grob daran. Er drückt meinen Hintern, und ich küsse ihn härter. Wir fallen auf das Bett, und ich hocke mich rittlings auf seine Hüften, bevor ich mich nach unten beuge, um sein Kinn und seinen Hals zu küssen.

»Vanessa«, sagt Harrison plötzlich, umfängt mein Gesicht sanft mit beiden Händen und hebt meinen Kopf. »Kann ich dich was fragen?«

Er verlagert sein Gesicht unter mir, um die Nachttischlampe einzuschalten. Es wird hell im Zimmer, und ich sehe ihn unter mir, erkenne, dass er schwer atmet. Sein T-Shirt ist nach oben geschoben, und ich lege die Hände auf seine Brust und blicke ihn fragend an. Was soll die Unterbrechung?

Sein Tonfall fühlt sich nicht mehr verspielt an, und sein ernster Blick ist untypisch für ihn.

»Jetzt gleich?« Ich lache und presse meine Lippen erneut auf seine, damit er still ist. Doch so sehr ich mich auch bemühe, den Kuss zu intensivieren, um Harrison abzulenken, es funktioniert nicht.

Abermals schiebt er mich weg und stützt sich unter mir auf die Ellbogen auf. Er wirkt so ernst, dass ich mich frage, ob er gar nicht so betrunken ist. »Hör mal«, sagt er und wischt sich das blonde Haar aus der Stirn. »Nächsten Monat will ich mit einigen von den Jungs für ein paar Tage rauf zum Mad River Mountain zum Skilaufen. Es sind auch einige von ihren Freundinnen dabei, und da habe ich gedacht, du kannst vielleicht auch mitkommen.«

Klingt cool, und ich fahre gern Ski. Trotzdem kriege ich Panik. Will Harrison jetzt … auf Pärchen machen? Ist ihm das hier etwa ernst? Er lädt mich zu einem Ski-Trip mit ihm und seinen Freunden ein, und das klingt verflucht nach Beziehung. Was nur eines heißen kann … Er will diese Geschichte auf das nächste Level heben, will mehr von mir, mehr gemeinsame Zeit, als Paar … Und das ist vollkommen ausgeschlossen. Schlagartig fühlt sich mein Magen an wie im letzten Schleudergang – er arbeitet auf Hochtouren, und ich kämpfe gegen einen vehementen Brechreiz an.

Die Antwort muss Nein sein.

Ich darf niemanden in mein Leben lassen. Nicht so. Das Risiko ist zu groß.

Also errichte ich Stein für Stein eine massive Mauer zwischen Harrison und mir.

»Äh, hallo?« Ich setze mich kerzengerade auf. Immer noch sind meine Hände flach auf seine Brust gepresst, und ich fühle seinen schnellen Herzschlag. Um uns herum ist es ganz still im Zimmer; selbst die Party draußen scheint irgendwie weg zu sein. »Du willst mit mir verreisen?«

»Ich habe nur gedacht, dass es lustig sein könnte …«

»Keine Dates, Harrison Boyd«, sage ich und wedle mit meinem Zeigefinger vor seinem Gesicht, wobei ich ein schüchternes Lächeln aufsetze, um meine Panik zu überspielen. Wir hatten das schon im Sommer klargestellt, als ich ihn in seinem Truck zum ersten Mal geküsst habe. Er hatte mich abgeholt, nachdem wir einen ganzen Tag lang per Textnachrichten geflirtet hatten, und wir zögerten nicht, direkt zur Sache zu kommen. Da hatten wir bereits geklärt, dass wir nur rummachen und nichts weiter. Reiner Spaß. Nichts Ernstes. »Wir halten das locker, schon vergessen?«

Ob er es vergessen hat oder nicht, ich habe soeben beschlossen, dass es hier vorbei ist. Mir bleibt keine andere Wahl, sobald jemand Signale sendet, dass er mehr will. Im Grunde mag ich Harrison. Er ist scharf, recht begabt mit den Händen und nicht ganz so von sich eingenommen wie die meisten anderen aus seinem Team. Aber so mag ich ihn nicht. Ernsthaft, »echte« Beziehungen jagen mir eine Scheißangst ein. Bei denen läuft es immer darauf hinaus, dass jemand verletzt wird. Und ich werde den Gedanken nicht los, dass man die Person, in die man sich verliebt, unweigerlich verlieren wird.

Da bin ich mir einfach sicher. Unwillkürlich denke ich an meinen Vater, sehe ihn vor mir; wo sein Herz war, ist nichts als Asche, und sein Blick ist leer. Niemals will ich wie er enden.

Harrisons Stöhnen lenkt meine Aufmerksamkeit zu ihm zurück. »Manchmal habe ich keinen Schimmer, was in dir vorgeht.«

»Ach ja? Ist das so schwer zu verstehen?«, frage ich, beuge mich wieder zu ihm und lenke ihn ab, indem ich ihn zurück auf das Bett drücke. Ich lege die Hände an seine Wangen, und meine Fingernägel streichen über seine Wangenknochen, als ich meine Lippen auf seinen Hals presse. Mit Küssen arbeite ich mich zu seinem Schlüsselbein vor und hinterlasse dort einen Knutschfleck, gewissermaßen als letzte Erinnerung, denn hiernach werde ich ihn nie wieder küssen.

»Vanessa«, murmelt Harrison. Seine Stimme ist tief und rau, und er atmet aus, als er sich unter mir entspannt. Er hat eine Hand unten auf meinem unteren Rücken und die andere in meinem Haar, an dem er ein bisschen zieht.

Wir lösen uns lange genug voneinander, dass ich ihm sein nasses T-Shirt ausziehen kann. Ich werfe es zur Seite und setze mich wieder auf ihn. Nun lächle ich ihm spöttisch und verführerisch zu. Was mein Lieblingspart hierbei ist? Das Hinhalten. Sie wahnsinnig zu machen. Es fühlt sich wie das Einzige in meinem Leben an, das ich wirklich in der Hand habe.

Doch im Moment soll mich meine Vorstellung genauso sehr auf andere Gedanken bringen wie Harrison. Ich konzentriere all meine Energie darauf, ihn zu verwöhnen, um die Panik zu vertreiben.

Ich bewege mich auf Harrison, während er zu mir aufschaut. Seine Jeans reibt an der nackten Haut meiner Oberschenkel. Mein Blick ist fest auf Harrison gerichtet, als ich betont unschuldig mit meinem Haar spiele, an meiner Lippe nage und vorgebe, keinen Schimmer zu haben, was genau ich hier tue.

»Du bist so heiß, Vanessa«, raunt Harrison. »Heißer, als ich es verkrafte.«

Da hat er recht. Aber wenigstens genießt er das hier endlich und lässt Adrenalin und Lust übernehmen.

Dann kommt »Lächeln«, begleitet von einem Augenzwinkern, und erst jetzt bemerke ich, dass er sein Handy hervorgeholt hat und es in die Höhe hält. »Wie wäre es, wenn du mir eine Show lieferst?«

Das tue ich.

Ich lächle direkt in die Kamera und biete ihm eine Show, an die er sich morgen gerne erinnern wird.

2

Als ich aufwache, schnarcht Chyna mir ins Ohr und sabbert auf meine Schulter. Ich schiebe sie auf die andere Hälfte ihres riesigen Bettes, um meine Ruhe zu haben. Zwar weiß ich nicht, wie spät es ist, aber früh ist es definitiv nicht. Dafür grummelt mein Magen zu sehr.

Ich reibe meine Augen. Meine Wimpern kleben zusammen, weil ich letzte Nacht bei unserer Rückkehr zu müde war, um mich abzuschminken. Zumindest habe ich mich ausgezogen, denn als ich aus dem Bett steige, trifft die kühle Klimaanlagenluft in Chynas Zimmer auf meine nackte Haut. Eine Sekunde lang stehe ich still da und überprüfe, ob ich noch betrunken, verkatert oder auf wundersame Weise vielleicht doch fit bin.

Meine Sachen sind auf dem Boden verteilt, doch als ich sie hochhebe, stinken sie nach letzter Nacht. Ein klares Indiz, dass die Party gut war.

»Chyna?«, frage ich, aber sie rührt sich nicht. Sie atmet weiter schwer, bis sie wieder schnarcht und klingt wie ein beknackter Güterzug. Auf ihrem Nachttisch stehen drei unterschiedliche Bierdosen, die sie von der Party mitgehen ließ, als wir letzte Nacht abgeholt wurden. Das ist so eine typische Chyna-Nummer. Sie klaut auch schon die ganze Highschool über Schreibmaterialien aus den Klassenräumen.

Eigentlich muss sie auch nicht aufstehen. Ich habe schon so oft bei den Tates übernachtet, dass ich dazugehöre. Ein Teil vom Mobiliar, so dauerhaft gegenwärtig wie der Esstisch oder der Fernseher. Manchmal ist es einfacher, hier zu schlafen, wenn ich mich nicht dazu bringen kann, zu mir nach Hause zu gehen. Leise durchwühle ich Chynas Wandschrank und greife mir eines ihrer Sommercamp-T-Shirts von vor fünf Jahren und Shorts, die ich mir anziehe. Beides passt mir, und, ja, ich bin hier fast schon zu heimisch.

Da mein Magen nicht aufhört zu knurren, lasse ich Chyna schlafen und gehe nach unten in die Küche. Es ist beinahe Mittag, aber ich mache mir eine Schale Cornflakes und setze mich mit übergeschlagenen Beinen auf den Tresen, wo ich die Milch aus der Schale schlürfe.

Im Haus ist es heute ungewöhnlich ruhig. Ich sehe zu der Uhr an der gegenüberliegenden Wand und lausche dem Ticken des Sekundenzeigers. Es ist komisch, wie unterschiedlich Stille sein kann. Bei mir zu Hause ist sie immer angespannt, voller unausgesprochenem Kummer und dem Fehlen meiner Mom, als drohten die Wände meiner Kindheit zu implodieren. Bei Chyna ist die Ruhe wie eine willkommene Erleichterung, wie ein sicherer Hafen. Ich entspanne mich und genieße meine wenigen Minuten allein, ohne dass diese Wolke über mir schwebt … bis ich Schritte nahen höre.

Isaiah erschrickt, als er mich auf seinem Tresen hocken und um diese Zeit Cornflakes essen sieht. Er lächelt mir über die Schulter zu – seine Zähne sind auf ganz bezaubernde Art schief – und öffnet den Kühlschrank. »Morgen, Vans. Kein Kater?«

»Weiß ich noch nicht.« Ich konzentriere mich auf einen Punkt an der Decke und blende alles aus, um zu fühlen, wie es mir wirklich geht. Bisher ist alles verdächtig okay.

»Da hast du Glück. Ich wünschte, ich wäre wieder siebzehn und hätte eine Leber aus Stahl. Stattdessen trinke ich nicht mehr«, brummelt Isaiah, während er sich ein Gatorade und eine Flasche Wasser nimmt und den Kühlschrank hinter sich zukickt. Isaiah ist auf eine unangestrengte Art attraktiv. Vielleicht liegt es daran, dass er mich mit seinen ein Meter zweiundneunzig deutlich überragt. Allerdings ist er für mich auch wie ein Bruder, also ist alles andere definitiv kein Thema. Ich habe Chynas Familie adoptiert, was ihnen zum Glück nichts auszumachen scheint. Für mich sind die Tates die ideale Familie – vollständig.

»War ich betrunken?«, frage ich, aber da ich mich an alles von letzter Nacht erinnere, weiß ich die Antwort schon.

»Eigentlich nicht, nur meganervig«, antwortet Isaiah und grinst sarkastisch. »Im Wagen hast du dich immer wieder nach vorne gelehnt, um die Musik zu ändern. Keiner schaltet Tupac aus, also kannst du froh sein, dass ich dich nicht rausgeschmissen habe.« Er reicht mir die Wasserflasche, die sich feucht und eiskalt anfühlt. »Trink das.«

In diesem Augenblick kommt Chyna in die Küche geschlurft. Ihre Hausschuhe scharren über den Holzboden. Sie sieht aus, als hätte sie einen Frontalzusammenstoß mit einem Lkw gehabt und verblüffenderweise überlebt. Es kostet sie merklich Mühe, ihren Kopf oben zu halten. »Ich will sterben«, verkündet sie ernst.

Isaiahs Schultern beben vor Lachen, doch er verhält sich anständig und reicht Chyna seine Gatorade-Flasche. Der enorme Größenunterschied zwischen den Tate-Geschwistern ist absurd – Chyna ist nur wenig über einen Meter fünfzig, und wenn sie neben Isaiah steht, könnte man glatt meinen, dass sie noch in der Grundschule ist.

»Wie kann es sein, dass du so munter bist?«, fragt Chyna und sieht mich an. Sie trinkt ihr Gatorade, als stünde ihre Kehle in Flammen. »Du hast doch viel mehr getrunken als ich.«

Ich zucke mit den Schultern und versuche, nicht zu lachen. »Ich schätze, Harrison hat mich nüchtern gemacht.« Was in gewisser Weise stimmt. Wir hatten unseren Spaß, jedoch ernüchtert mich nichts schneller als die Panik, wenn ein Typ eine echte Beziehung will. Noch jetzt rast mein Herz bei dem Gedanken daran.

»Uuuund das ist mein Stichwort für den Abgang«, sagt Isaiah. Er holt sich noch eine Flasche Gatorade aus dem Kühlschrank und nimmt sich eine riesige Chipstüte aus einem der Oberschränke, bevor er sich umdreht und die Küche verlässt. Natürlich hat er Angst, in ein Gespräch über die Ereignisse von letzter Nacht verwickelt zu werden, und das sollte er auch – es ist ein Mädchengespräch.

Kurz darauf sieht Chyna mich mit großen Augen an. Sie will den Klatsch hören, wie immer, und obwohl es ihr nicht gut geht, lebt sie ein bisschen auf. »Also, was war letzte Nacht mit Harrison? Raus damit!«

»Wir haben rumgemacht, aber …«

»O nein. Warum gibt es ein Aber?«

»Ich muss heute Abend mit ihm Schluss machen«, antworte ich. Es ist sinnlos, sich vor der Realität zu verstecken. Uns war von Anfang an klar, dass es irgendwann vorbei ist. Eine flüchtige Affäre soll genau das sein – flüchtig. Unmöglich kann ich mich weiter mit jemandem treffen, der eine Beziehung will. Allein bei der Vorstellung bekomme ich keine Luft mehr.

Chyna verschluckt sich und hustet wild. »Was? Jetzt schon?«

»Er hat mich zu einem Skiurlaub eingeladen«, erzähle ich ihr. »Das ist ziemlich ernst, oder? Wie Feste-Freundin-ernst.«

Ich streiche mir durchs Haar, das statisch aufgeladen ist und wie magnetisch an meiner Haut klebt. Gleichzeitig bemühe ich mich, Chynas Blick zu halten, was schwierig ist, weil sie das hier nicht versteht. Ich finde, dass Chyna eine Menge Glück hat; sie musste bisher nicht mal den Tod eines Haustiers verkraften – und ihre Familie, sogar die entferntere, besteht ausschließlich aus Lebenden. Die einzige Beerdigung, die sie jemals miterlebt hat, war die, bei der ich in der ersten Reihe saß. Sie hat keine Ahnung, wie furchtbar es ist, Menschen zu verlieren. Ich vermute, sie hält all ihre Beziehungen zu anderen für selbstverständlich, und das ist nicht mal ihre Schuld. Wie sollte sie auch nicht?

»Und was ist so schlimm daran, wenn du mit ihm wegfährst?« Der Blick ihrer großen blauen Augen durchlöchert mich förmlich, und da ist sie: diese schlichte Unschuld und Unfähigkeit, meine Gedanken in dieser Sache nachzuvollziehen. Ich weiß nicht, wie oft ich ihr schon gesagt habe, dass ich mich niemals auf eine Beziehung mit irgendwem einlassen werde. Anscheinend finde ich die richtigen Worte nicht, um sie zu überzeugen. »Harrison ist zumindest einer der netteren Jungs im Team«, sagt sie. »Du bist doch gerne mit ihm zusammen, oder nicht?«

Um ein Haar packe ich meine leere Schale und schmeiße sie nach ihr. Dass ein Typ nett ist, kann niemals ausreichen, damit ich es mir anders überlege. Aber ich bleibe ruhig. Na ja, und ich lache laut und gekünstelt. »Ach, komm schon. Kannst du dir ernsthaft vorstellen, dass ich mit Harrison Boyd zusammen bin?«

Chyna denkt nach. »Okay, nein. Ihr habt nicht sehr viel gemeinsam.«

»Es wurde sowieso langweilig«, sage ich achselzuckend, hüpfe vom Tresen und zurre am Saum von Chynas T-Shirt. »Und der spannende Teil ist, jemand Neuen zu finden«, lenke ich das Gespräch auf sichereres Terrain. »Glaubst du, Drew Kaminski ist solo?«

Chyna hakt sich bei mir ein und grinst mir zu. Ihr Lächeln bringt ihr Gesicht zum Leuchten, sodass sie mehr wie sie selbst aussieht. »Das lässt sich herausfinden.« Sie lacht, und deshalb liebe ich Chyna. Auch wenn sie nicht immer mit meinen Abenteuern einverstanden ist, verurteilt sie mich nicht. Wir sind jung, haben noch unser ganzes Leben vor uns und können tun, was wir wollen. Wir treffen unsere eigenen Entscheidungen, und bloß weil wir Freundinnen sind, müssen die ja nicht zwingend immer gleich sein.

»Warte mal«, sagt Chyna und zieht mich zum Kühlschrank. Sie plündert ihn und belädt ihre Arme mit einer Auswahl an Essen, von Käse bis hin zu kaltem Hähnchen. »Ich muss etwas essen, ich bin am Verhungern.«

Die letzten zwei Jahre habe ich es hassen gelernt, unser Haus zu betreten. Es fühlt sich nicht mehr wie ein Zuhause an. Da ist kein Gefühl von Wärme und Sicherheit wie vorher, als Mom noch gelebt hat. Im Herbst und Winter hatte sie immer Kerzen brennen, und sämtliche Räume rochen nach Zimt. Außerdem hörte man sie immer singen – bei ihren Yoga-Übungen, beim Kochen, wenn sie sich im Zeichnen versuchte. Ohne sie hat unser Haus keine Atmosphäre. Deshalb verbringe ich die Nächte lieber woanders, wenn ich kann, sauge die unbeschwerte Liebe einer anderen Familie in mir auf. Aber es ist nicht nur das. Wenn ich herkomme, befinde ich mich sofort im Krieg gegen die beklemmende Stille, die hier in jedem Winkel lauert. Und sogar wenn ich nicht herkomme, ist sie da. Ich wünsche mir, dass Dad sich ein Mal fragt, wo ich bin. Dass er sich Sorgen um mich macht, wissen will, wo ich war und mit wem. Stattdessen zuckt er kein einziges Mal mit der Wimper.

Ich winke Chyna von der vorderen Veranda zu, als sie mich abgesetzt hat und wegfährt. Immer noch habe ich ihre Sachen an und meine eigenen von gestern Abend in einer Einkaufstasche. Mir ist bewusst, dass ich übel aussehe, aber es ist ja nicht so, als hätten unsere Nachbarn mich noch nie zuvor an einem Sonntagvormittag so nach Hause kommen gesehen. Mrs. Khan, die alte Dame nebenan, rümpft die Nase und gießt weiter ihre Pflanzen, als sie mich sieht, also lächle ich ihr nicht zu. Stattdessen beiße ich die Zähne zusammen und öffne die Haustür. Drinnen ist alles ruhig und stinkt nach abgestandenem Zigarettenqualm. Aber das ist dieser Tage nichts Neues.

Ich gehe in die Küche, wo Dad über unseren alten Esstisch gebeugt ist, umgeben von Reiseführern, Zetteln und einer Zigarettenschachtel. Er ist in irgendwas auf seinem Laptop vertieft, dessen leuchtender Bildschirm sich in seinen Brillengläsern spiegelt.

»Vanessa«, sagt er, ohne aufzublicken. Er bedeutet mir, mich zu ihm zu setzen doch ich bewege mich nicht. »Komm und sieh dir diese Bilder an. Die Klippen von Moher. Sind die nicht fantastisch?« Er beugt sich näher zum Monitor.

Aber ich habe das alles schon gesehen. Eigentlich will er nicht hören, was ich von den Klippen oder irgendwelchen anderen Naturwundern in Irland halte. »Ich bin zu Hause, Dad«, sage ich laut und deutlich, damit er mich auch sicher hört. Doch er blinzelt nicht mal, klickt nur weiter auf seinem Laptop. Bisher hat er mich nicht angesehen. »Ich war die ganze Nacht aus. Ich war auf einer Party und habe getrunken«, fahre ich fort, und zwischen den Worten unterdrücke ich ein Seufzen. Mir ist klar, dass er nicht zuhört. Es ist, als würde ich mit einer Wand reden. »So richtig viel zu viel.« Ich übertreibe, um eine Reaktion zu bekommen. Wahrscheinlich könnte ich ihm erzählen, ich hätte eine Straftat begangen, und er würde es gar nicht registrieren. Ich gebe es auf, ihm irgendeine Reaktion entlocken zu wollen, und gehe hinüber zum Esstisch. »Also, warum sind die Klippen so besonders?«

Dad greift nach einem Stift und schreibt hektisch in einen Notizblock. Beim Anblick seiner Fingernägel zucke ich zusammen. Sie sind zu lang und gelb vom Nikotin. Es ist derselbe Notizblock, den er seit einigen Monaten benutzt, um die perfekte Irlandtour für uns im nächsten Sommer zu planen. »Oh, das hätte deiner Mom gefallen. Die Doolin-Höhle ist nur zwanzig Minuten mit dem Auto entfernt, da können wir beides an einem Tag machen. Sieh mal«, sagt er, ohne meine Frage zu beantworten, und dreht mir den Laptop hin. Auf dem Monitor sind Fotos von steilen Granitklippen über einem blauen, sonnenbeschienenen Meer. Ich bezweifle, dass es dort in echt so aussieht. Ich meine, Sonnenschein in Irland? Im Ernst?

»Klingt super, Dad«, sage ich, aber das Lächeln, das ich mir abringe, ist unerträglich gekünstelt. Eines Tages … Eines Tages muss er mal ausflippen. Irgendwann muss er mal ausrasten, wenn ich nachts nicht nach Hause komme. Sich wie ein Vater benehmen. Und dann werde ich ihm sagen: Tut mir leid, Dad, du hast recht. Du machst dir Sorgen, wenn ich hinter deinem Rücken umherziehe und nicht nach Hause komme. Ich mache das nicht mehr. Doch er ist überhaupt nicht besorgt, und das ist das Problem. Wie soll ich erwachsen werden und Verantwortung für mich übernehmen, wenn ich keinen Vater habe, der mir Grenzen setzt?

»Okay, ich plane mal weiter.« Er dreht den Laptop wieder zurück. Mehrere Sekunden sieht er blinzelnd auf den Bildschirm, dann setzt er sich auf und streicht sich das Haar aus dem Gesicht. »Du bist auf einer Party gewesen?«

Ah, er hat mich also gehört. »Ja, die war ziemlich wild«, sage ich. Innerlich flehe ich ihn praktisch an: Hör auf, dir über Klippen und Höhlen Gedanken zu machen anstatt um mich! Ich sehne mich verzweifelt danach, dass er mir Hausarrest verhängt, reagiert, etwas Normales tut.

»Das ist gut. Freut mich, dass du Spaß hast.« Und dann lächelt er mich gedankenverloren an, bevor er sich wieder über seinen beschissenen Notizblock beugt.

Fassungslos starre ich ihn an.

Er sieht aus – und riecht, bäh –, als hätte er seit Tagen nicht geduscht. Sein Haar ist total herausgewachsen und fällt ihm dauernd ins Gesicht. Seit ein paar Wochen hat er sich auch nicht mehr rasiert, sodass seine Stoppeln inzwischen zu einem Vollbart geworden sind, der bis zu seinem Hals reicht. Und warum fällt mir heute zum ersten Mal auf, wie dünn er geworden ist? Er muss zehn Pfund verloren haben, denn sein verblichenes, an den Säumen ausgefranstes Sweatshirt schlackert an ihm. Ich erinnere mich nicht, wann er sich zuletzt eine neue Jeans gekauft hat oder beim Friseur war.

Mein Dad ist so weit weg, so sehr in seinem eigenen Kopf gefangen, dass es sich anfühlt, als würde er mich gar nicht mehr wahrnehmen. Ihm ist alles egal. Ich kann nicht mehr nachzählen, wie oft ich im letzten Jahr nicht nach Hause gekommen bin, und selbst wenn er keine Ahnung hatte, wo ich gewesen war, hat es nie dafür ausgereicht, dass er aus seiner eigenen tristen Welt herauskommt und mich beachtet. Ich grabe die Fingernägel in meine Handflächen, als ich aus der Küche und nach oben in mein Zimmer stürme. Mir ist bewusst, dass ich es zu einem Drama mache, aber ich wette, auch das merkt er nicht.

Oben werfe ich die Tasche mit den schmutzigen Sachen ins Zimmer. Mein Bett ist noch ungemacht von gestern Morgen. Aber ich bleibe nicht, denn ich höre Justin Biebers süße Stimme aus Kennedys Zimmer nach mir rufen. Ich habe eigentlich gedacht, dass sich der Bieber-Hype schon vor Jahren erledigt hätte, aber nein, nicht für Kennedy. Ich gehe über den Flur und öffne ihre Zimmertür, ohne anzuklopfen. Wir müssen das nicht, denn wir sind Schwestern. Wir haben zusammen gebadet, bis ich ungefähr acht war, also müssen wir nicht schüchtern miteinander sein.

Kennedy sitzt an ihrer Frisierkommode und trägt im Schein eines kleinen Strahlers sorgfältig roten Nagellack auf. Theo, unser Familientiger, der meine Schwester anbetet und mich aus irgendeinem Grund verabscheut, liegt zusammengerollt auf der Fensterbank. Kennedy hört auf, den Bieber-Song mitzusingen, und sieht zu mir. Im ersten Moment scheint sie überrascht, dass ich hier bin.

Stöhnend werfe ich mich bäuchlings auf ihr Bett und schnappe mir ein Kissen, um mein Kinn aufzustützen. »Wenn Dad noch ein Wort über Irland sagt, ziehe ich aus. Kommst du mit?«

Kennedy wirft mir ein kleines, verständnisvolles Lächeln zu und lackiert weiter ihre Nägel. Die Musik macht sie nicht leiser. »Wo bist du gestern Abend gewesen?«, fragt sie. Es klingt neugierig, aber auch skeptisch. Wenigstens eine hier interessiert sich dafür, ob ich irgendwo tot im Graben liege oder nicht, und zwar meine kleine Schwester. Sie mag erst vierzehn sein, ist aber unglaublich weise für ihr Alter.

»Auf einer Party.«

»Uuuund?«, hakt sie nach, steckt den Pinsel in das Fläschchen zurück und dreht ihren Stuhl zu mir. »Hast du jemand Heißen geküsst?« Sie macht große Augen, denn sie kennt die Antwort bereits.

»Harrison Boyd. Mal wieder.« Ich habe Harrison ihr gegenüber nie erwähnt, doch sie weiß sowieso, dass ich seit ein paar Monaten etwas mit ihm habe. In der Highschool bleibt nichts wirklich geheim, nicht wahr? Da spricht sich alles rum.

»Oooh«, quiekt sie, als glaube sie, dass aus Harrison und mir tatsächlich irgendwas wird. Nein. Wir werden nur Namen auf unseren jeweiligen Ex-Listen.

Mein Handy summt in meiner Tasche, und meine Brust wird ein bisschen eng, als ich es heraushole und Harrisons Namen auf dem Display lese. Natürlich ist er es. »Mist, ich glaube, ich habe ihn heraufbeschworen.«

Bin gerade aufgewacht, und schon denke ich an dich. Hat Spaß gemacht gestern Abend. Wollen wir das später wiederholen? Bei mir. Ich sage dir Bescheid, wenn meine Eltern schlafen.

»Ihn heraufbeschworen, damit er was genau sagt?«, fragt Kennedy.

Ich sehe sie an, und garantiert hofft sie, dass er mir seine unsterbliche Liebe gesteht oder so. Sie ist schon von Geburt an eine hoffnungslose Romantikerin, war besessen von Cinderella, als sie noch klein war, und denkt, dass ich am Ende jeden Jungen heirate, der auch bloß in meine Richtung lächelt.

»Er will mich heute Abend treffen«, antworte ich. Den Rest erwähne ich nicht. Es gibt Dinge, über die ich nicht mit meiner kleinen Schwester reden kann, und was Harrison Boyd und ich hinter verschlossenen Türen tun, ist eines davon. O nein.

Sie reißt die Augen weiter auf. »Und triffst du dich mit ihm?«

»Ja, aber um Schluss zu machen.« Ich tippe meine Antwort, und meine Fingernägel klackern zu laut auf dem Display. Meine Nachricht fällt kurz aus:

Können wir lieber nur rumfahren?

»Was?« Kennedy setzt sich auf und sieht total entsetzt aus. »Aber er ist so verdammt heiß! Und du könntest mich mit seinem Bruder verkuppeln. Dann könnten wir auf Doppeldates gehen. Und dann würden wir zusammen Urlaub auf den Bahamas machen!« Ihr Blick schweift ab, und in Gedanken ist sie ganz in ihrer unbedarften Fantasie.

Ich halte mein Telefon noch in der Hand und kann kaum wegsehen, während ich nervös auf Harrisons Antwort warte. Bemerkt er, dass etwas los ist und ich nicht so wild auf ihn bin wie sonst? »Hey, du hast recht, er ist total heiß, aber das tut nichts zur Sache. Und du bist viel zu jung, um mit jemandem verkuppelt zu werden«, sage ich zu Kennedy und werfe ihr einen strengen Blick zu.

Sie verdreht die Augen und pustet auf ihre frisch lackierten Nägel. »Okay, Dad.«

Die Ironie dabei ist, dass Dad ihr nie wegen irgendetwas Ärger machen würde. Ich habe das Gefühl, dass ich hier Kennedys Erziehung übernehme, wenigstens in den letzten paar Jahren. Ich war diejenige, die eine Meile zum Laden gelaufen ist und Binden besorgt hat, als sie zum ersten Mal ihre Periode bekam und ein schluchzendes Häufchen Elend im Bad war. Ich war es, die mit ihr Marathon-Shoppen ging, um Schulsachen für ihren Start an der Highschool zu besorgen. Ich hatte sie in den Armen gehalten, als sie zum ersten Mal Liebeskummer hatte und dachte, sie würde nie wieder glücklich sein. Ich versprach ihr, dass sie es würde, obwohl ich weiß, dass wir beide für immer ein gebrochenes Herz haben werden, und das nicht wegen irgendwelchen Jungs.

Mom ist fort, und Dad mag physisch noch anwesend sein, aber emotional könnte er gar nicht weiter weg sein.

Kennedy dreht sich wieder zu ihrer Frisierkommode und prüft ihre Nägel im Strahler. Sie weiß es nicht, aber als Mom starb, habe ich mir geschworen, dass ich sie immer beschützen würde, komme, was da wolle. Es ist eine einsame Aufgabe, doch ich bin die Einzige, die sie noch erledigen kann.

Wieder summt mein Handy.

Finde ich gut … Ich hol dich um neun ab.

*

»Dad, ich bin weg.«