Gesichtlesen - Lügen - Eric Standop - E-Book

Gesichtlesen - Lügen E-Book

Eric Standop

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Beschreibung

Wenn Sie glauben, eine Lüge könne man nur bei Pinocchio im Gesicht erkennen, dann haben Sie noch nicht vom 'Pinocchio-Effekt' gehört. Dabei haben Sie ihn in Gesprächen schon oft genug gesehen und nicht gemerkt, dass Sie soeben angelogen wurden. Das können Sie nun ändern! Der erfahrene Gesichtleser Eric Standop zeigt Ihnen, wie Sie verräterische Gesten und Mimiken erkennen können. Gewohnt anschaulich und anhand zahlreicher Fotografien erklärt der Gründer der Face Reading Academy, wie sich Ihr Gegenüber durch sein Verhalten und seine unbewussten Signale als Lügner entlarvt - sei es in der privaten Unterhaltung oder im Business-Gespräch. Lassen Sie sich nie mehr hinters Licht führen!

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Seitenzahl: 163

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Die Ratschläge in diesem Buch sind sorgfältig erwogen und geprüft. Sie bieten jedoch keinen Ersatz für kompetenten medizinischen Rat, sondern dienen der Begleitung und der Anregung der Selbstheilungskräfte. Alle Angaben in diesem Buch erfolgen daher ohne Gewährleistung oder Garantie seitens des Autors oder des Verlages. Eine Haftung des Autors bzw. des Verlages und seiner Beauftragten für Personen-, Sach- und Vermögensschäden ist daher ausgeschlossen.

Dieses Buch enthält Verweise zu Webseiten, auf deren Inhalte der Verlag keinen Einfluss hat. Für diese Inhalte wird seitens des Verlags keine Gewähr übernommen. Für die Inhalte der verlinkten Seiten ist stets der jeweilige Anbieter oder Betreiber der Seiten verantwortlich.

ISBN 978-3-8434-6297-6

Eric Standop:

Lügen erkennen, entdecken, entlarven

© 2014 Schirner Verlag, Darmstadt

Satz & Umschlag: Simone Fleck, Schirner,

unter Verwendung von #115635334 (Gladskikh Tatiana), www.shutterstock.com

Redaktion: Janina Vogel, Schirner

Gesetzt aus der Arimo (© Ascenderfonts.com) unter der Apache-Lizenz 2.0:

www.apache.org/licenses/LICENSE-2.0

E-Book-Erstellung: Zeilenwert GmbH, Rudolstadt, Germany

www.schirner.com

1. E-Book-Auflage 2016

Alle Rechte der Verbreitung, auch durch Funk, Fernsehen und sonstige Kommunikationsmittel, fotomechanische oder vertonte Wiedergabe sowie des auszugsweisen Nachdrucks vorbehalten

Über den Autor

Eric Standop

Der examinierte Pädagoge begann seine berufliche Laufbahn in der Unterhaltungsbranche als Journalist und Radiomoderator. Schnell gelang ihm der Aufstieg ins höhere Management, und er arbeitete in vielen Unternehmen zuletzt im Bereich Computerspiele in leitenden Funktionen.

Auf dem Höhepunkt seiner Karriere veranlassten ihn Krankheiten und Oberflächlichkeit der Branche dazu, seine Laufbahn abrupt zu beenden.

Er fühlte sich unglücklich, stieg aus und beschäftigte sich zunächst aus persönlichem Interesse mit Ernährungstheorien, Entspannungstechniken und dem Gesichtlesen. Er bereiste die Welt und fand in einem alten geduldigen Gesichtlesemeister einen Mentor, der ihm die Gesichtlesetechnik jahrelang lehrte. Durch ihn lernte er, wie sich Gesundheit und Ernährung, aber auch Persönlichkeit und Talente im Gesicht eines jeden Menschen erkennen lassen. Dieses Wissen tauschte und komplettierte er auf seinen Reisen durch Südamerika und Asien, wo er weitere Gesichtleser traf und bei Meistern ihres Fachs hinzulernte. Seine Kenntnisse im Bereich Gesichtlesen vervollständigte er dabei um Themen wie Liebe und Sexualität, Lebensaufgaben und Schicksal und um das Entschlüsseln der Mimik zum Erkennen des emotionalen Zustandes eines Menschen.

Heute, viele Jahre später, berät Eric Standop als Gesichtleser Menschen in Europa und Asien. Er gründete die Face Reading Academy und unterrichtet interessierte Menschen aller Berufszweige, jeden Alters und jeder Herkunft in sämtlichen Teilaspekten des Gesichtlesens.

Dabei nutzt er die in Europa bekannten Vorgehensweisen ebenso wie das Siang Mien, das chinesische Gesichtlesen. Einen Großteil seiner Zeit verbringt er in Hongkong, Thailand, Dubai und Hawaii, doch auch in seiner Praxis in Deutschland und in der Schweiz wirkt der Gesichtleser. Zudem ist er Lehrbeauftragter für Entspannungstechniken an der pädagogischen Hochschule in Karlsruhe.

Termine und Ausbildungen unter:

www.readtheface.com

www.gesicht-lesen.de

www.facebook.com/​readtheface

INHALT

Über den Autor

Einleitung

Das Wesen der Lüge

DER LÜGE AUF DER SPUR

Täglich 200 Lügen?

Die Individualität der Lüge

Lüge in Geschichte und Forschung

Lüge in Kultur und Religion

LÜGENARTEN – KATEGORIEN DER LÜGE

Definition der Lüge

Flunkern, Schwindeln, Mogeln

Erscheinungsformen der Lüge

Unterscheidung der Lüge

Lügen bei Mann und Frau

Die Zeichen der Lüge

ZEICHEN IN DER MIMIK

Augen – Nase – Mund

Basisemotionen

Lüge und Emotionen

ZEICHEN DER GESTIK

Hand-Hals-Gesten

Hand-Mund-Gesten

Hand-Nase-Gesten

Hand-Augen-Gesten

Hand-Ohren-Gesten

Hand-Haare-Gesten

Hand-Nacken-Gesten

ZEICHEN DES HABITUS

ZEICHEN DER KOMMUNIKATION

Die Stimme

Die Sprache

BEGLEITENDE ZEICHEN

Körperliche Reaktionen

Die Barriere

Schnellübersicht

Das Entdecken der Lüge

LÜGEN PRAKTISCH AUFDECKEN

1. Motivation erkennen

2. Balance erschaffen

3. Kontrollfragen stellen

4. Schuldfrage stellen

5. Indikatoren sammeln

6. Nochmals abrufen

LÜGEN VERMEIDEN

Eigene Lügen vermeiden

Lügen anderer vermeiden

Schluss

Literatur

Bildnachweis

Fußnoten

Einleitung

Ein Buch über die Lüge. Mehr noch: ein Buch über das Erkennen der Lüge. Das Thema reizte mich ungemein. Gleichzeitig stieß es mich aber auch ab, da es bedeutete, mich mit der schwachen, vielleicht sogar dunklen Seite der eigenen Persönlichkeit beschäftigen zu müssen.

In zahlreichen Ausbildungen hatte ich das Thema bereits angesprochen, oft auch zum eigentlichen Inhalt einer Ausbildung gemacht und in Hongkong, in Thailand, in Dubai und zuletzt auch in Europa mehr und mehr Menschen im Aufdecken von Lügen geschult. Unter meinen Schülern waren dabei immer wieder Polizisten, Angehörige des Sicherheitsdienstes, Anwälte oder Richter gewesen, es hatten sich aber auch zahlreiche Menschen gefunden, die nicht aus beruflichen Gründen einen direkten Zugang zur Thematik hatten. Zum Selbstschutz die Lüge zu entlarven, das wollte ich mit meinem Wissen als Gesichtleser unterstützen, und jene Tagesseminare und Wochenendausbildungen boten eine gute Abwechslung zum üblichen »Alltag« eines Face Readers – sie waren spannend, oft kontrovers und herrlich bunt.

Aber gleich ein ganzes Buch über die Lüge schreiben? Ich müsste mich Monate mit dem Thema beschäftigen. Am Ende wurden es tatsächlich neun Monate. Wie bei einer Geburt, dachte ich, und irgendwie war es das auch.

Wer das Gesichtlesen lernt, muss sich zwangsläufig mit sich selbst auseinandersetzen. Man sieht das eigene Gesicht jeden Tag und kann den Themen, die einen beschäftigen und die sich auf dem Gesicht abzeichnen, weder entfliehen noch sie ignorieren. Das können sehr angenehme Dinge sein – denken wir nur einmal daran, wie ein freudiges Gesicht strahlen kann –, aber auch weniger positive, der Gesichtleser würde sagen »verlierende« Aspekte, worunter natürlich auch die Lüge fällt.

Das mit dem Mit-sich-selbst-Auseinandersetzen als Gesichtleser hatte ich eigentlich hinter mir gehabt – so dachte ich. Doch das Beschäftigen mit der Lüge brachte wieder zahlreiche neue, auch unangenehme Fragen zu meiner eigenen Persönlichkeit auf. Genau das hatte ich befürchtet – und vielleicht deshalb das Thema vor mir hergeschoben.

Schimpfwörter gibt es in allen Facetten und Härtegraden. Als Kinder haben wir oft versucht, uns dabei in der Ausdrucksweise zu überbieten. Das ging bei mir so weit, dass meine Eltern eines Tages eine Liste in unsere kleine Küche hängten, ein kariertes Din-A4-Blatt unter der grauen Uhr an der Wand, auf der zahlreiche Wörter aufgeführt waren mit einem Pfennigbetrag, der beim Aussprechen des jeweiligen Wortes in die Familienkasse zu entrichten war. Der Strafkatalog verfehlte seine Wirkung nicht: Wir Kinder wurden kreativer und damit etwas weniger hart in unseren »Beleidigungen«, die nun eigentlich keine mehr waren. Die Liste war lang, aber ein Wort fehlte: »Lügner«. Im Nachhinein bin ich noch immer sehr verwundert darüber, denn es fiel tatsächlich niemals. Nicht, dass wir nicht gelogen hätten, dazu gab es immer wieder Anlass, aber sich gegenseitig als Lügner bezeichnen? Das blieb aus. Auch strafrechtlich darf man sich beim Thema Beleidigungen nicht alles erlauben. Man sollte vorsichtig sein, wen man wie tituliert, denn das kann unter Umständen sehr teuer werden. Doch der Begriff »Lügner« scheint davon ausgenommen.

Dabei – prüfen Sie sich selbst! – erschüttert uns nichts so sehr, fühlen wir uns niemals so angegriffen oder verletzt, wie wenn uns jemand als Lügner bezeichnet. Und das, obwohl wir doch alle einmal bei unterschiedlicher Gelegenheit – einige vielleicht öfter als andere – wahre Lügner sind.

Wörter waren immer meine Freunde, in der Unterhaltungsbranche, die lange Zeit meine berufliche Heimat war, aber auch als Journalist, als Verantwortlicher für PR und Marketing und später als Manager. In diesen Bereichen besitzen Wörter meist eine noch größere Wichtigkeit als in anderen Berufszweigen.

Wörter waren immer meine Freunde, und ich wusste mit ihnen zu spielen. Doch irgendwann war ich es leid, die Wörter immer so zu bauen und zu verwenden, dass die Wahrheit passend gemacht wurde, denn nichts anderes machen wir, wenn wir etwas verkaufen wollen, von dem unser Gegenüber noch gar nicht weiß, dass er es benötigt.

Wörter waren immer meine Freunde, denn sie sind eine Brücke zu Fremden, zu Unbekannten. Sie können verbinden, aber eben auch manipulieren. Ich hatte irgendwann das Gefühl, dass ich alles schon einmal gehört hatte, in allen Variationen und Verknüpfungen. Deshalb faszinierte mich das Gesichtlesen so sehr: einen Menschen wortlos kennenlernen. Ihn erkennen nur dank seines Auftretens, seines Aussehens und seiner Ausstrahlung. Sein wahres Wesen sehen, das Worte immer nur verzerren, beschönigen, aber auch beschädigen können. Als Face Reader durfte ich lernen, hinter die Fassade von Wörtern zu blicken, konnte mich auf andere Dinge beim Erkennen eines Menschen verlassen. Wofür ich sehr dankbar bin.

»Worte können lügen – das Gesicht kann es nicht« – dieser Untertitel einer Fernsehserie ist gut gewählt, weil er wahr ist. Er könnte aber auch lauten: »Worte können lügen – das Gesicht versucht es.« Ein Schauspieler oder ein notorischer Lügner mag gut darin sein, doch selbst ihm wird es nicht gelingen, alle Zeichen einer Lüge zu unterdrücken, die das Gesicht, aber auch die Hände und der Körper aussenden. Dieses Buch wurde von mir geschrieben, damit wir diese Zeichen erkennen lernen und der Lüge zukünftig seltener auf den Leim gehen.

Aber bitte: Gehen wir nicht zu hart mit der Lüge und dem Lügner ins Gericht. Seien wir nicht zu selbstgefällig oder gar zu selbstkritisch. Die Lüge hat auch ihre Berechtigung. Wo keine Nacht, da kein Tag. Die Lüge ist ein Teil unseres Lebens, und jeder, der behauptet, er lüge niemals, hat bereits die erste Lüge ausgesprochen. Wir lügen zu den unterschiedlichsten Gelegenheiten und werfen dabei eigene ethische Grundsätze gern über Bord – dabei wollen wir selbst nicht belogen werden und erwarten, dass jeder sich ehrlich uns gegenüber verhält. Unser Anspruch und unsere Erwartungshaltung anderen gegenüber sind hoch, da wir anderen nur vertrauen, wenn wir Zuverlässigkeit und Ehrlichkeit in ihren Worten und Taten wahrnehmen können. Doch wir sollten uns fragen, ob wir selbst bereit sind, dasselbe immer und ohne Vorbedingung zu leisten. Legen wir bei uns dieselben Maßstäbe an, wenn wir die Wahrheit einfordern? Mein Lehrmeister sagte einst: »Die Lüge ist ein spitzer Dolch. Die Wahrheit aber ein scharfes Schwert.« Die Wahrheit kann also richten, auch Schaden anrichten? Und wenn ja: Von welcher Wahrheit sprechen wir? Es gibt doch immer die bekannten »zwei Seiten einer Medaille« …

Dieses Buch ist das Ergebnis langer Recherchearbeiten, einer Zeit des Testens, Schreibens und Fotografierens. Und es ist zuletzt auch eine Rückbesinnung auf die eigenen Werte: Wann halte ich eine Lüge für gerechtfertigt und wann nicht? Jeder sollte sich hierzu ein (eigenes) Urteil bilden.

Am Ende meiner Arbeiten zu diesem Buch mag ich die Lüge nun erkennen, ein abschließendes Urteil fällt mir allerdings weiterhin schwer. Vor allem aufgrund der rätselhaften Worte, die ich einst von meinem alten Lehrmeister in Hongkong mit auf den Weg bekam:

Der Lüge auf der Spur

»Kein Mensch lügt gern.« Ein Perfektionist, ein Mensch, der auf jedes Detail achtet, wird diesen Satz sicherlich als Lüge bezeichnen und einwenden, dass es sehr wohl Menschen gibt, die gern lügen wie etwa notorische Lügner, Politiker, Lobbyisten, Finanzjongleure und viele weitere »zwielichtige« Berufsgruppen. Bestimmt ist diese Aussage nicht ganz korrekt, aber bewusst von mir so formuliert und in meinen Augen keine Lüge. Sollten wir wirklich jeden, der uns ungefragt etwas verkaufen, etwas andrehen möchte, unter Generalverdacht stellen und die positive Kernaussage »Kein Mensch lügt gern« verneinen?

Schon die Einleitung dieses Kapitels zeigt, wie schwer es ist, eine Trennlinie zu ziehen: Wann ist eine Aussage tatsächlich wahr und über alle Bedenken erhaben, und wann ist sie im Ansatz anzuzweifeln? Wie trennen wir die Wahrheit von der Halbwahrheit oder gar von einer Falschaussage und damit von der Lüge? Vielleicht sollten wir weniger den Inhalt von Worten beleuchten und bewerten und vielmehr die Beweggründe und Motive, die zu diesen führen, beachten. Natürlich kommen wir dabei nicht umhin, den ganzen Menschen zu betrachten: Nicht nur das, was er sagt, ist dann von Bedeutung, sondern auch, wie er es sagt, wie er sich dabei verhält, in seiner Mimik, seiner Gestik und seinem Habitus. Nur so ist es uns möglich, unser Gegenüber in seiner Gesamtheit zu verstehen und zu erkennen – oder, wie es Gesichtleser gern nennen: ihn sichtbar werden zu lassen.

An dieser Stelle komme ich wieder auf meine anfänglich getätigte Aussage zurück: »Kein Mensch lügt gern!« Ich bleibe bei dieser Aussage, denn auch wenn dahinter vermutlich weniger ein »schlechtes Gewissen«, die Erziehung oder gar religiöse, soziale oder sonstige edle Motive stecken, eines ist sicher: Lügen kosten Kraft. Lügen sorgt für Unwohlsein – und das nicht nur beim Empfänger, sondern auch beim Absender.

Wer lügt, der droht aus der Balance zu geraten (außer, er hat zuvor etwas »angestellt« oder es hat sich zuvor etwas ereignet, was ihn bereits aus der Balance gebracht hat), und wer die Balance verliert, der handelt oder spricht nicht authentisch im Sinne seiner Persönlichkeit, seines Wesens. Fast immer ist sogar beides der Fall. Genau deshalb, und dies wird im Verlauf des Buches sicherlich klarer, ist es beim Entdecken einer Lüge so wichtig, herauszufinden, wie sich der Mensch generell in einer druckfreien und ausbalancierten Situation verhält.

Häufig erkennen wir daher die Lüge bei uns nahestehenden Menschen viel leichter, da wir sie über Jahre hinweg »studiert« und erlebt haben. Wir wissen, wie sie sich im »Normalzustand« geben, verhalten und wie sie sprechen. Geraten uns Nahestehende aus der Balance, werden sie nervös, emotional, oder verheimlichen sie etwas, dann fällt uns dies fast immer zwangsläufig auf, auch wenn uns die wahre Ursache für dieses Verhalten womöglich verborgen bleibt. Der Grund dahinter muss nämlich nicht immer eine Lüge sein, und je mehr Hinweise wir zu deuten wissen, desto mehr Gewissheit bekommen wir.

Ausschlaggebend ist also eine große Zahl von Hinweisen, denn als Gesichtleser suchen wir eben nicht nach einem einzelnen, scheinbar aufschlussreichen Indiz wie beispielsweise einem Nicht-in-die-Augen-Sehen, wir achten nicht auf eine einzige ganz bestimmte Stelle innerhalb einer Konversation, und uns darf auch nicht ein einzelner Satz (»Ich schwöre, ich war das nicht!«) oder eine einzelne verräterische Mimik (»Das falsche Lachen«) zu einem Gesamturteil verleiten. Gesichtleser sammeln Vorzeichen, Anzeichen und Indizien, die eine intuitive Wahrnehmung (»Ich werde gerade übers Ohr gehauen«) untermauern. Je mehr Hinweise wir in der Mimik, Gestik, Körpersprache und in der Stimme, auch in der Sprache eines Menschen finden, desto höher ist die Wahrscheinlichkeit, eine Lüge zu entlarven.

Eines muss uns dabei klar sein: Es gibt kein Muster, das allen Lügnern gemein ist. Jede Lüge ist eine individuelle Leistung. Ich wähle bewusst das Wort »Leistung«, denn es sind die zahlreichen Anforderungen und Belastungen, die den Lügner immer wieder aus dem Gleichgewicht zu bringen drohen und so ein routiniertes Lügen unmöglich machen. Nicht nur, dass sich der Lügner eine überzeugende Lüge ausdenken und sie danach gewinnend formulieren und vortragen muss; er hat dabei noch darauf zu achten, dass er sich in keiner Weise auffällig verhält oder gar verrät, denn ganz im Gegensatz zum Verstand versucht sein Unterbewusstsein, die Wahrheit doch ans Licht zu befördern, wofür es jede Möglichkeit nutzt, die sich ihm bietet. Davon betroffen sind auch die Nerven und die Muskulatur, das Gesicht, die Arme, Hände und Beine – ja, selbst die Füße können den Lügner möglicherweise verraten und bedürfen deshalb der willentlichen Kontrolle. Und damit nicht genug: Der Lügner muss dabei auch noch ständig sein Gegenüber aufmerksam beobachten, um festzustellen, ob die Lüge nun tatsächlich abgenommen wurde. Welche Leistung, aber wie ungemein anstrengend! Vielleicht verstehen wir jetzt besser, warum kein Mensch wirklich gern lügt.

Täglich 200 Lügen?

Bei den Recherchen zu diesem Buch begegnete mir auf meinen Reisen durch die Welt und durch das Internet immer wieder die Aussage, dass wir am Tag bis zu 200 Mal lügen würden. Diese Behauptung habe ich von Anfang an mit Unbehagen aufgenommen und angezweifelt. Trotzdem versuchte ich, vorurteilsfrei zu ermitteln, wer oder was sich hinter dieser oft genannten Größe verbergen könnte. Dies war jedoch gar nicht so einfach, denn die Behauptung wird durch keine tatsächliche wissenschaftliche Arbeit gestützt. So werden zwar britische Forscher als Quelle genannt, aber auch ein amerikanischer Psychologe wird angeführt, dessen Nachname mit Frazer, Fraser oder Frazier wiedergegeben wird.

Dies veranlasste mich zu zwei Selbstversuchen: Zum einen versuchte ich, auf neutralem Grund, also einem Ort, an dem mich niemand kennen und mir das Lügen also leichter fallen sollte, an einem einzelnen Tag so oft wie nur möglich zu lügen – jedoch ohne dass jemand anderes ernsthaft Schaden daran nehmen sollte. Eben lügen, bis sich die Balken biegen. Der zweite Versuch hatte zum Inhalt, dass ich mir zwar nicht vornehmen wollte zu lügen, aber probierte, meine Worte und mich selbst noch bewusster als üblich zu reflektieren und mir jede Unwahrheit und Halbwahrheit vorzuhalten und zu notieren. Beide Versuche unternahm ich jeweils auf meiner letzten Asienreise in den Metropolen Hongkong und Dubai.

Bei meinem ersten Selbstversuch log ich also willentlich und wirklich immer dann, wenn sich mir die Möglichkeit bot. So bestellte ich zum Beispiel in einem Café einen kleinen Kaffee, behauptete aber nach dem Servieren, dass ich eine große Tasse bestellt hätte, oder ich versuchte an anderer Stelle, den Preis von Obst herunterzuhandeln, indem ich eine Handvoll Münzen zeigte und sagte, dass ich nicht mehr Geld bei mir hätte, obwohl sich in meinem Geldbeutel noch der ein oder andere Schein befand. Das Ergebnis als solches war für mich nicht wirklich überraschend: Ich kam auf eine Zahl von 32 und 35 Lügen am Tag. Ich darf dazu erwähnen, dass ich jeden Menschenkontakt, der mir nur irgendwie möglich war, gesucht und die Zeitspanne hierfür auf 16 Stunden ausgedehnt hatte, also von 7 bis 23 Uhr. 35 Lügen sind eine beeindruckende Zahl und doch weit von der propagierten 200 entfernt. Natürlich ist die von mir erreichte Zahl ebenfalls keine feste wissenschaftliche Größe, aber für mich ist sie Beleg genug, die wundersamen 200 stark anzuzweifeln. Ich halte sie daher schlicht für unwahr.

Schnell wurde mir aber klar, dass nicht das Ergebnis als solches interessant war, sondern vielmehr die Entwicklung, die ich während dieser Tage gefühlsmäßig durchlaufen hatte. Es ging nicht um die Anzahl der Lügen, sondern um das Gefühl, das sich dabei in mir ausgebreitet hatte. Ich kann nicht von einem schlechten Gewissen sprechen, denn mein Verstand hatte sich von diesem dadurch befreit, dass das Ganze ja einem forschenden und damit guten Zweck dienen sollte. Es ist vielmehr die ungeheure Kraftanstrengung gewesen, ausgelöst durch das permanente Einfordern von eigener Kreativität und Selbstkontrolle, die mich belastet hatte. Die Krafteinbuße und der dadurch zwischenzeitliche Verlust der Balance sind enorm gewesen.

Interessant war aber auch mein zweiter Selbstversuch, bei dem ich mir im Laufe eines Tages meiner kleinen und – je nach Betrachter – vielleicht auch größeren Unwahrheiten bewusst zu werden versucht hatte. Am Abend, den jeweiligen Tag rückblickend betrachtend, kam ich nach intensivem Überlegen einmal auf zwei und das zweite Mal auf vier Lügen. Obwohl diese Zahl natürlich ebenfalls weit entfernt von den besagten 200 Lügen war, erschrak ich und machte mir Vorwürfe. Aber auch bei genauerer Betrachtung wusste ich nicht, wie ich die jeweilige Situation sonst hätte lösen sollen. Schuld daran, so klärte mich Wochen später eine Zeitungsnotiz auf, sei wohl der moderne, hektische Lebensstil: So können wir die vielen Anforderungen des Alltags wohl nur dann schaffen, wenn wir ab und zu auch ein bisschen flunkern. Dies beruhigte meinen Verstand ein wenig, wenngleich mir die Antwort etwas zu dürftig ausfiel.

Aber auch seriöse wissenschaftliche Stimmen bestätigen die weitaus geringere Quote an täglichen Lügen. So ließ die amerikanische Psychologin Bella DePaulo von der University of California in Santa Barbara 147 Versuchspersonen Tagebuch führen.1Sie sollten ihre Begegnungen mit anderen Menschen festhalten sowie alle kleinen und großen Unwahrheiten, die sie dabei äußerten. Die Analyse der Berichte ergab eine Quote von zwei Lügen pro Tag. Sicherlich stellt sich die berechtigte Frage, wie ehrlich die Teilnehmer ihr Tagebuch geführt hatten, doch so oder so ist auch hier nicht einmal annähernd die Rede von 200 Lügen pro Tag. Zu einem ähnlichen Ergebnis kam auch eine andere Studie: Robert Feldman von der University of Massachusetts stellte fest, dass wir in einem Erstgespräch mit einem uns unbekannten Menschen auf gut und gern 2,9 Lügen im Schnitt gelangen würden2– und diese Zahl ließe sich nur mit den besagten 200 Lügen pro Tag decken, wenn wir täglich etwa 70 Gespräche mit uns unbekannten Menschen führen und uns dabei ausschließlich nicht wahrheitsgemäß verhalten wollen würden. Ich bleibe also dabei: Kein Mensch lügt gern!

Die Individualität der Lüge