Magie des Verlangens - Christine Feehan - E-Book

Magie des Verlangens E-Book

Christine Feehan

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Beschreibung

Die junge Savanna Dubrinski ist eine Magierin der Illusionen, eine weltberühmte Zauberin, die Millionen von Menschen in ihren Bann zieht. Doch trotz ihrer Macht wird sie von jemandem beherrscht: von Gregory, dessen kalte, silberne Augen sie zum Schmelzen bringen und sie gleichzeitig vor Furcht erzittern lassen. Mit einer dunklen, ganz anderen Magie übermittelt ihr Gregory - der legendäre Heiler, der mächtigste der Karpatianer - dass sie sein Schicksal ist. Denn sie wurde geboren, um seine unsterbliche Seele zu retten. Und jetzt ist er endlich gekommen, um sie zu sich zu holen, um sie für immer an sich zu binden ...

Dunkel, gefährlich und extrem heiß - Magie des Verlangens ist der vierte Band der umfangreichen NEW YORK TIMES und SPIEGEL-Bestsellerserie Die Karpatianer.

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Inhalt

Cover

Grußwort des Verlags

Über dieses Buch

Titel

Kapitel 1

Kapitel 2

Kapitel 3

Kapitel 4

Kapitel 5

Kapitel 6

Kapitel 7

Kapitel 8

Kapitel 9

Kapitel 10

Kapitel 11

Kapitel 12

Kapitel 13

Kapitel 14

Kapitel 15

Kapitel 16

Kapitel 17

Kapitel 18

Über die Autorin

Weitere Titel der Autorin

Impressum

 

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Über dieses Buch

Die junge Savanna Dubrinski ist eine Magierin der Illusionen, eine weltberühmte Zauberin, die Millionen von Menschen in ihren Bann zieht. Doch trotz ihrer Macht wird sie von jemandem beherrscht: von Gregory, dessen kalte, silberne Augen sie zum Schmelzen bringen und sie gleichzeitig vor Furcht erzittern lassen. Mit einer dunklen, ganz anderen Magie übermittelt ihr Gregory – der legendäre Heiler, der mächtigste der Karpatianer – dass sie sein Schicksal ist. Denn sie wurde geboren, um seine unsterbliche Seele zu retten. Und jetzt ist er endlich gekommen, um sie zu sich zu holen, um sie für immer an sich zu binden …

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CHRISTINE FEEHAN

Magie desVerlangens

Aus dem amerikanischen Englischvon Katja Thomsen

Kapitel 1

Die Nacht pulsierte von den Herzschlägen zahlloser Menschen. Er bewegte sich in ihrer Mitte, unerkannt, unbemerkt, mit der kraftvollen Geschmeidigkeit einer Raubkatze. Die verschiedensten Gerüche drangen ihm in die Nase. Schweres Parfüm. Schweiß. Shampoo. Seife. Alkohol. Drogen. AIDS. Der süße, verführerischen Duft von Blut. So viele Menschen in dieser Stadt. Beute im Überfluss. Die Stadt war ein ideales Jagdgebiet.

Doch er hatte sich an diesem Tag bereits Nahrung verschafft. Obwohl das Blut ihn lockte, ihm flüsternd Stärkung, Macht und erregendes Jagdfieber versprach, sah er davon ab, seinen Instinkten nachzugeben. Die vielen hundert Jahre auf der Erde hatten ihn gelehrt, dass geflüsterte Versprechen nicht viel wert waren. Außerdem verfügte er bereits über Macht und Stärke, und er wusste, dass der Rausch der Jagd nichts als ein trügerisches Hochgefühl war, wie es die Sterblichen durch Drogen zu erreichen versuchten.

Das riesige Stadion dieser modernen Stadt wimmelte von Menschen. Ohne zu zögern, ging er am Sicherheitsdienst vorbei, wohl wissend, dass die Wachmänner ihn nicht entdecken konnten.

Die Zaubershow – eine Mischung aus Entfesselungstricks, verblüffenden Kunststücken und geheimnisvoller Atmosphäre – ging zu Ende, und im Publikum herrschte atemlose Stille. Auf der Bühne stieg eine Nebelsäule von der Stelle auf, an der eben noch die Magierin selbst gestanden hatte.

Er verschmolz mit den Schatten und wandte den Blick seiner silbrig funkelnden Augen nicht von der Bühne ab. Dann trat sie aus den Nebelschwaden hervor – der Traum eines jeden Mannes, ein Traum von heißen, sinnlichen Nächten, von Samt und Seide. Mystisch, geheimnisvoll, eine Mischung aus Unschuld und Verführung mit der Anmut einer Zauberin. Dichtes, blauschwarzes Haar fiel ihr in schweren Wellen bis auf die schlanken Hüften. Sie trug ein weißes viktorianisches Spitzenkleid, das ihre festen, runden Brüste und die schmale Taille betonte. Die Reihe winziger Perlenknöpfe am Vorderteil war vom Saum bis zu den Oberschenkeln geöffnet und gab den Blick auf ihre wohl geformten Beine frei. Sie trug die dunkle Brille, die ihr Markenzeichen war. Zwar verbarg die Brille ihre Augen, betonte dafür aber ihre sinnlichen Lippen, die perfekten Zähne und hohen Wangenknochen.

Savannah Dubrinsky, die beste Illusionistin der Welt.

Beinahe tausend Jahre lang hatte er in der Finsternis ausgeharrt und keine Freude, keinen Zorn, kein Begehren empfunden. Keinerlei Gefühle. Nichts hatte existiert als das unersättliche Ungeheuer, das in seinem Innern lauerte und seine Seele zu verschlingen drohte. Er ließ den Blick seiner hellen Augen über ihre zierliche, perfekte Figur gleiten und wurde von plötzlichem Verlangen überwältigt. Hart und schmerzhaft traf es ihn, jeder Muskel seines Körpers war aufs Äußerste angespannt, und brennende Sehnsucht durchflutete ihn. Immer fester umklammerte er die Lehne des Sitzes vor ihm, sodass er sichtbare Abdrücke seiner Finger im Metall hinterließ. Schweißperlen standen ihm auf der Stirn. Doch er ließ den Schmerz zu, genoss ihn sogar. Er fühlte.

Er verspürte nicht einfach Sehnsucht nach ihr, sondern sein Körper hungerte nach ihrem, heiß und unerbittlich. Das Ungeheuer reckte sein Haupt und forderte sein Recht. Hunger, schmerzhaft, gefährlich, überwältigend. Auf der Bühne begannen zwei Assistenten, Savannah in Ketten zu legen. Die Hände der Männer berührten ihre zarte Haut, strichen ihr über den Körper. Er knurrte leise, und seine Augen glühten plötzlich wie die einer Raubkatze. In diesem Augenblick lösten sich tausend Jahre der Selbstbeherrschung in Nichts auf. Das Ungeheuer in ihm war frei. Niemand, sterblich oder unsterblich, war vor ihm sicher.

Auf der Bühne blickte Savannah auf und wandte sich um. Sie schien die Gefahr zu spüren, gleich einem Reh, das die Falle des Jägers wittert.

Es durchfuhr ihn wie ein Blitzschlag. Gefühle. Dunkles Sehnen, bedrohliche Leidenschaft. Das primitive Verlangen, sie zu besitzen. Er schloss die Augen und atmete tief ein. Er witterte ihre Furcht und erfreute sich daran. Da er sich auf ewig verloren geglaubt hatte, störte es ihn nicht, dass seine Empfindungen so übermächtig wurden. Wenigstens waren sie echt. Und er genoss es, überhaupt etwas zu empfinden, mochte es auch noch so gefährlich sein. Es war ihm gleichgültig, dass er Savannah auf unehrenhafte Weise an sich gebunden hatte, dass er bereits vor ihrer Geburt in ihr Schicksal eingegriffen und damit alle Gesetze seines Volkes gebrochen hatte. Es zählt nur, dass sie endlich ihm gehörte.

Er spürte ihre telepathische Suche, die seinen Geist streifte wie der Flügelschlag eines schönen Schmetterlings. Doch er war zu mächtig und erfahren, als dass sie etwas hätte ausrichten können. Sein eigenes Volk sprach nur im Flüsterton von ihm, voller Bewunderung und Furcht. Der Dunkle. Obwohl Savannah die Gefahr erahnte, hatte sie keine Chance, ihn aufzuspüren, bevor er es ihr gestattete.

Seine Zähne blitzten, und er knurrte leise, als sich der blonde Assistent vorbeugte, Savannah übers Gesicht strich und ihr einen Kuss auf die Stirn drückte, ehe er sie, in Handschellen und Ketten gelegt, in einem großen Stahltresor einschloss.

Er spürte, wie ihm scharfe Fänge wuchsen, und er betrachtete den jungen Mann mit dem starren, eiskalten Blick eines Mörders. Dann konzentrierte er sich auf die Kehle des Mannes, der plötzlich das Gefühl hatte, erdrosselt zu werden. Er griff sich an den Hals und taumelte, fing sich jedoch wieder, als das schreckliche Gefühl nachließ und er wieder atmen konnte. Nervös blickte er sich um, konnte jedoch im Publikum nichts entdecken. Als er dabei half, den Tresor in einem Wasserbassin zu versenken, atmete er noch immer schwer.

Der unsichtbare Jäger knurrte warnend, so leise, dass nur der blonde Assistent das bedrohliche Geräusch hören konnte. Er wurde blass und flüsterte seinem Kollegen etwas zu. Dieser runzelte die Stirn und schüttelte den Kopf.

Es bereitete dem Jäger unendliche Freude, wieder Gefühle empfinden zu können, doch der Verlust seiner Selbstbeherrschung war selbst ihm unheimlich. Er verließ die Show und das Stadion, obwohl er Savannah mit jedem Schritt schmerzlicher vermisste. Doch er nahm den Schmerz an und erfreute sich an der Tatsache, ihn wenigstens zu spüren.

Die ersten hundert Jahre seines Lebens waren ein einziges Fest der Sinne und Gefühle gewesen – Macht, Begehren und sogar Güte. Langsam, aber unerbittlich war die Finsternis über ihn gekommen, die jeden karpatianischen Mann bedrohte, der keine Gefährtin gefunden hatte. Empfindungen verschwanden, Farben verblassten, bis er seine Existenz kaum noch Leben nennen konnte. Er hatte sich der Erforschung von Geheimnissen zugewandt, dabei große Macht und Wissen erlangt, jedoch auch den Preis dafür bezahlt. Er nährte sich, jagte und tötete, wenn er es für richtig befand. Doch die Finsternis drohte ihn zu verschlingen, seine Seele zu vergiften und ihn zu einem der Verdammten zu machen – zu einem Untoten.

Savannah war so unschuldig. Sie hatte so viel Lebensfreude, Mitgefühl und Güte in sich. Sie war das Licht in seiner Dunkelheit. Ein bitteres Lächeln zuckte um seine sinnlichen Lippen und gab ihnen einen grausamen Zug. Seine kräftigen Muskeln zuckten, und er warf das pechschwarze, schulterlange Haar zurück. Plötzlich wirkten seine Züge so hart und gnadenlos wie er selbst. Seine hellen Augen, von denen sich die Sterblichen immer so magisch angezogen fühlten, verengten sich zu silbrigen Schlitzen.

Selbst aus einiger Entfernung hörte er noch den donnernden Applaus und die Jubelschreie, die ihm verrieten, dass Savannah aus ihrem Gefängnis unter Wasser entkommen war. Er verschmolz mit der Nacht, ein unheimlicher Schatten, der weder von Sterblichen noch von Angehörigen seines eigenen Volks entdeckt werden konnte. Er verfügte über die Geduld der Erde, über die Regungslosigkeit der Berge. Still stand er inmitten der Menschenmenge, die aus dem Stadion strömte, sich in die Autos auf dem Parkplatz verteilte und das unvermeidliche Verkehrschaos verursachte.

Er wusste jederzeit, wo sie sich befand. Als sie noch ein kleines Mädchen gewesen war, hatte er bereits die starke Verbindung zu ihr hergestellt, die nicht einmal der Tod hätte zerstören können. Savannah hatte versucht, Abstand von ihm zu gewinnen, und war nach Amerika gegangen, dem Heimatland ihrer Mutter. Unschuldig wie sie war, hatte sie sich in Sicherheit gewähnt.

Zeit bedeutete ihm nichts. Nach und nach verebbte der Lärm der Autos und Menschen um ihn herum. Die Lichter erloschen, und die Nacht gehörte ihm. Er atmete tief ein und nahm ihren Duft in sich auf. Dann streckte er sich wie eine Raubkatze, die auf ihre Beute lauert. Ihr Lachen drang an sein Ohr, leise, melodisch, einzigartig. Savannah sprach mit dem blonden Assistenten, während sie die Verstauung ihrer Requisiten beaufsichtigte. Obwohl sich die beiden weit von ihm entfernt im Stadiongebäude befanden, konnte er ihre Unterhaltung mühelos belauschen.

»Bin ich froh, dass die Tournee vorbei ist.« Müde folgte Savannah den Bühnenarbeitern zur Laderampe, ließ sich auf eine Treppenstufe sinken und beobachtete, wie die Männer den Stahltresor auf einen großen Lastwagen luden. »Na, haben wir denn auch so viel Geld eingenommen, wie du vorausgesagt hast?«, neckte sie ihren Assistenten sanft. Sie wussten beide, dass Geld für Savannah ohne Bedeutung war. Sie kümmerte sich nie um die Finanzen der Show, sondern überließ alles Peter Sanders. Ohne ihn wäre sie wahrscheinlich schon lange bankrott.

»Viel mehr noch. Ich glaube, wir können diese Tournee als Erfolg verbuchen.« Peter grinste sie fröhlich an. »San Francisco soll eine fabelhafte Stadt sein. Warum machen wir nicht ein paar Tage Urlaub? Wir könnten uns wie richtige Touristen benehmen – Straßenbahnen, die Golden Gate Bridge, Alcatraz. Die Gelegenheit sollten wir uns nicht entgehen lassen, denn vielleicht kommen wir nie wieder hierher.«

»Nichts für mich«, winkte Savannah ab und rutschte ein wenig zur Seite, als Peter sich neben sie auf die Stufe setzte. »Ich will nur jede Menge Schlaf nachholen. Aber du kannst mir dann ja von deinen Abenteuern berichten.«

»Savannah …« Peter seufzte schwer. »Ich versuche, mich mit dir zu verabreden.«

Savannah richtete sich auf, nahm die dunkle Brille ab und sah Peter an. Umrahmt von langen dunklen Wimpern, leuchteten ihre Augen tiefblau, beinahe violett, mit silbrig schimmernden Funken, die manchmal wie Sterne am Nachthimmel strahlten. Wenn Savannah ihn direkt ansah, wurde Peter immer von einem seltsamen Schwindelgefühl überfallen, als würde er langsam in den Tiefen ihres Blicks versinken.

»Oh, Peter.« Ihre Stimme klang weich, melodisch, beinahe hypnotisch. Dieser Stimme hatte Savannah einen Teil ihres schnellen Aufstiegs zum Star zu verdanken, denn es gelang ihr mühelos, jedes Publikum allein mit ihrer Stimme in ihren Bann zu ziehen. »Wir flirten doch nur auf der Bühne miteinander. Wir sind Freunde und arbeiten gut zusammen, das bedeutet mir so viel. Als ich noch ein Kind war, hatte ich nur einen Wolf zum Freund, niemanden sonst.« Savannah behielt für sich, dass sie noch immer täglich an ihren Wolf dachte. »Ich bin nicht bereit, eine gute Freundschaft zu riskieren, nur um zu versuchen, sie in etwas anderes zu verwandeln.«

Peter blinzelte und schüttelte den Kopf. Was Savannah sagte, kam ihm immer so logisch und überzeugend vor. Wenn sie ihn ansah, war es sowieso unmöglich, ihr zu widersprechen. Nicht nur dass sie ihm den Atem raubte, auch sein Verstand schien nicht vor ihr sicher zu sein. »Ein Wolf? Ein echter Wolf?«

Savannah nickte. »Als ich klein war, lebten wir in einem abgelegenen Teil der Karpaten. Es gab keine anderen Kinder zum Spielen. Eines Tages verirrte sich ein junger Wolf in die Nähe unseres Hauses. Er spielte immer mit mir, wenn ich allein war.« Sehnsucht nach ihrem verlorenen Gefährten schwang in Savannahs Stimme mit. »Er schien stets zu wissen, wann ich ihn brauchte, wenn ich traurig oder einsam war. Und immer war er sanft zu mir. Selbst als er Zähne bekam, hat er nur ganz selten nach mir geschnappt.« Gedankenverloren rieb sich Savannah den Arm. Ihre Finger berührten liebevoll die winzigen Narben. »Der Wolf wuchs heran und wurde mein ständiger Begleiter. Wir waren unzertrennlich. Auch nachts im Wald hatte ich nie Angst, weil er mich immer beschützte. Er war riesig und hatte glänzendes schwarzes Fell. Seine Augen waren grau, und er sah mich an, als könnte er mich verstehen. Manchmal wirkte sein Blick so ernst, als lastete alles Leid der Welt auf seinen Schultern. Als ich mich entschloss, nach Amerika zu gehen, war es zwar schwer, mich von meinen Eltern zu trennen, aber der Abschied von meinem Wolf brach mir beinahe das Herz. Nächtelang habe ich an seinem Hals geweint. Er hielt ganz still, fast so, als trauerte er auch. Wenn es möglich gewesen wäre, hätte ich ihn mitgenommen. Aber er braucht seine Freiheit.«

»Ist das wirklich dein Ernst? Ein richtiger Wolf?«, fragte Peter staunend. Es fiel ihm zwar nicht schwer zu glauben, dass Savannah Mensch und Tier bezaubern konnte, doch das Verhalten des Tieres war ungewöhnlich. »Ich dachte immer, Wölfe seien so menschenscheu. Nicht dass ich schon vielen Wölfen begegnet wäre – jedenfalls nicht der vierbeinigen Sorte.«

Savannah lächelte. »Er war groß und kräftig und konnte ziemlich gefährlich werden, aber vor mir scheute er nie zurück. Natürlich kam er niemals zum Vorschein, wenn andere Leute in der Nähe waren, nicht mal in Anwesenheit meiner Eltern. Wenn sich jemand näherte, zog er sich in den Wald zurück. Aber er behielt mich immer im Auge, um mich zu beschützen. Ich konnte seine Augen im Schatten der Bäume blitzen sehen und fühlte mich sicher.«

Peter bemerkte, dass Savannah ihn geschickt abgelenkt hatte. Entschlossen ballte er die Fäuste und wandte den Blick von ihr ab. »Es ist nicht normal, wie du lebst, Savannah. Du gehst jeder persönlichen Beziehung aus dem Weg.«

»Aber wir stehen einander doch nahe«, erwiderte Savannah sanft. »Ich habe dich sehr gern, Peter, wie einen Bruder. Ich habe mir immer einen Bruder gewünscht.«

»Nicht, Savannah. Du hast uns ja nie eine Chance gegeben. Und wen gibt es sonst in deinem Leben? Ich begleite dich zu Partys und Interviews, ich kontrolliere die Buchhaltung, organisiere die Shows und bezahle die Rechnungen. Ich tue so ziemlich alles, außer mit dir zu schlafen.«

Ein warnendes Knurren erschütterte die Stille der Nacht, und Peter lief es eiskalt den Rücken hinunter. Savannah hob den Kopf und blickte sich vorsichtig um. Peter stand auf und spähte zwischen den Lastwagen hindurch, die von der Laderampe wegfuhren.

»Hast du das gehört?« Peter streckte die Hand aus und zog Savannah auf die Füße. Ängstlich sah er sich in jedem Winkel um. »Ich habe dir ja noch gar nicht erzählt, was mir während der Show passiert ist.« Er sprach im Flüsterton, als befürchtete er, die Nacht selbst könne ihn belauschen. »Nachdem ich dich im Tresor eingeschlossen hatte, schnürte sich mir plötzlich die Kehle zu. Es fühlte sich an, als legten sich sehr kräftige Hände um meinen Hals. Und jemand hatte eine rasende Wut auf mich.« Peter fuhr sich durchs Haar und lachte nervös. »Alles Einbildung, weiß ich ja. Aber ich hörte das gleiche Knurren wie gerade eben, Savannah. Es klingt verrückt, doch ich hatte das Gefühl, jemand wollte mich davor warnen, dir zu nahe zu kommen.«

»Warum hast du denn nicht gleich etwas gesagt?«, fragte Savannah entsetzt. Plötzlich flackerten die Lampen an der Laderampe, erloschen und ließen die beiden im Dunkeln zurück. Savannah drückte Peters Hand, und er hatte das Gefühl, dass sie beobachtet, ja sogar belauert wurden. Sein Auto stand in einiger Entfernung, und der Parkplatz war stockdunkel. Wo steckten denn die Wachleute?

»Peter, wir müssen hier verschwinden. Wenn ich dir sage, dass du rennen sollst, dann lauf so schnell du kannst und sieh dich nicht um, was auch geschieht.« Savannahs Stimme klang dunkel und beschwörend, sodass Peter einen Augenblick lang nur von dem Wunsch beseelt war, alles zu tun, was sie von ihm verlangte. Doch er spürte auch, dass ihr zierlicher Körper vor Angst bebte, also behielt seine Ritterlichkeit die Oberhand.

»Bleib hinter mir, Kleines. Mir gefällt das alles nicht«, warnte er sie. Wie alle Stars hatte auch Savannah Probleme mit Drohungen und fanatischen Bewunderern. Nicht nur dass sie viel Geld verdiente, sie strahlte auch eine unwiderstehliche Sinnlichkeit aus. Savannah hatte eine eigenartig hypnotische Wirkung auf Männer, die auf ewig von der Erinnerung an sie verfolgt zu werden schienen.

Savannah schrie entsetzt auf, und gleich darauf versetzte etwas Peter einen heftigen Stoß gegen die Brust, der ihm die Luft aus den Lungen trieb. Er stöhnte auf. Seine Brust brannte wie Feuer, und er fühlte sich, als hätte man ihn unter einer Fuhre Ziegelsteine begraben. Er begegnete Savannahs Blick und sah, wie sehr sie sich fürchtete. Eine enorme Kraft packte ihn und zerrte ihn mit sich. Peters Arm wurde ausgekugelt, und die Knochen brachen. Er schrie, während er heißen Atem in seinem Nacken spürte.

Savannah flüsterte seinen Namen und war mit einem Satz bei ihm. Sie stürzte sich auf den Angreifer, doch er schlug ihr so hart ins Gesicht, dass sie über die Laderampe auf den Parkplatz geschleudert wurde. Savannah drehte sich gewandt in der Luft, sodass sie wie eine Katze auf den Füßen landete, doch ihr schwirrte der Kopf, und helle Flecken tanzten vor ihren Augen. Ehe sie sich aufrappeln konnte, grub der Angreifer seine Fänge in Peters Hals und trank gierig das Blut, das aus der Wunde schoss. Es gelang Peter, den Kopf ein wenig zu drehen. Er erwartete, einen Wolf oder wenigstens einen großen Hund zu sehen. Doch er starrte in glühende Augen in einem bleichen, hageren Gesicht. Peter starb in Angst und Schrecken und mit dem entsetzlichen Schuldgefühl, Savannah nicht beschützt zu haben.

Leise fauchend warf die Kreatur Peter von sich, sodass sein Leichnam zu Savannahs Füßen landete. Blut sammelte sich auf dem Asphalt. Das Ungeheuer hob den Kopf und wandte sich zu Savannah um. Sein böses, triumphierendes Grinsen gab den Blick auf seine spitzen Fänge frei.

Savannah wich ängstlich zurück. Bei aller Furcht wurde sie aber plötzlich von Kummer überwältigt. Peter. Ihr erster menschlicher Freund in den dreiundzwanzig Jahren ihres Lebens. Und er starb ihretwegen.

Sie blickte auf den hageren Fremden, der Peter getötet hatte. Sein Gesicht war blutverschmiert.

Er sah Savannah höhnisch an. »Ich habe dich zuerst gefunden. Ich wusste, dass ich es schaffen würde.«

»Warum hast du ihn getötet?«, fragte Savannah entsetzt.

Er lachte, warf sich in die Luft und landete direkt vor ihr. »Du solltest es einmal versuchen. Die Angst reichert das Blut mit Adrenalin an. Es gibt nichts Besseres. Ich mag es, wenn sie mich ansehen und wissen, was geschehen wird.«

»Was willst du?« Savannah ließ ihn nicht aus den Augen und konzentrierte sich ganz auf ihn. Sie stand sprungbereit da, ihr Körper gespannt und ausbalanciert.

»Ich werde dein Mann sein. Dein Gefährte.« Eine Drohung lag in seiner Stimme. »Dein Vater, der große Mikhail Dubrinsky, wird die Todesstrafe zurücknehmen müssen, zu der er mich verdammt hat. Der lange Arm des Gesetzes scheint doch nicht ganz bis nach San Francisco zu reichen.«

Savannah hob das Kinn. »Und wenn ich Nein sage?«

»Dann werde ich dich mit Gewalt nehmen. Das macht bestimmt Spaß – eine nette Abwechslung von den weinerlichen sterblichen Frauen, die danach winseln, mir gefallen zu dürfen.«

Seine Verdorbenheit war widerlich. »Sie winseln nicht. Du nimmst ihnen den freien Willen. Das ist die einzige Möglichkeit, wie du sie dir gefügig machen kannst.« Savannah legte all ihre Abscheu und Verachtung in ihre Worte.

Das hässliche Grinsen verschwand aus dem hageren Gesicht. Er war nichts als die groteske Karikatur eines Mannes, eine Kreatur, die den Tiefen der Hölle entstiegen war. Er atmete mit einem lang gezogenen Zischen aus. »Diese Respektlosigkeit wirst du noch bereuen!« Er stürzte sich auf sie.

Ein Schatten löste sich aus der Dunkelheit. Stählerne Muskeln spannten sich unter einem eleganten Seidenhemd an. Der Schatten baute sich vor Savannah auf und schirmte sie ab. Eine große Hand strich über ihr Gesicht, an der Stelle, an der das Ungeheuer sie geschlagen hatte. Die Berührung war flüchtig, jedoch unendlich sanft, und die Schmerzen schienen von seinen Fingerspitzen einfach weggewischt zu werden. Mit seinen hellen, silbrigen Augen fixierte er die magere Kreatur.

»Guten Abend, Roberto. Wie ich sehe, hast du bereits diniert.« Seine Stimme klang angenehm, kultiviert und hypnotisch.

Savannah unterdrückte ein Schluchzen. Im selben Augenblick spürte sie etwas in ihrem Innern. Wärme durchflutete sie, und sie hatte das Gefühl, in eine tröstliche Umarmung gezogen zu werden.

»Gregori«, knurrte Roberto. In seinen Augen blitzte Blutgier. »Ich hörte Gerüchte über den gefährlichen Gregori, den Dunklen, den schwarzen Mann der Karpatianer. Aber ich habe keine Angst vor dir.« Das war gelogen, und beide Männer wussten es. Roberto suchte fieberhaft nach einer Fluchtmöglichkeit.

Gregori lächelte kalt, und seine Augen glitzerten bedrohlich. »Offenbar hast du niemals Tischmanieren gelernt, Roberto. Welche Bildungslücken hast du denn sonst noch?«

Roberto zischte leise und begann, langsam den Kopf hin- und herzuwiegen. Seine Fingernägel wuchsen und wurden zu scharfen Klauen.

Wenn er angreift, Savannah, wirst du diesen Ort sofort verlassen. Der Befehl hallte gebieterisch durch ihren Geist.

Er hat meinen Freund getötet und mich bedroht. Es widersprach Savannahs Prinzipien, einen anderen ihre Kämpfe ausfechten zu lassen, der dann vielleicht an ihrer Stelle verletzt oder getötet wurde. Sie dachte überhaupt nicht darüber nach, warum es ihr so leicht fiel, telepathisch mit Gregori zu sprechen, dem gefürchteten, mächtigen Karpatianer.

Du wirst tun, was ich dir sage, ma petite. Seine Stimme klang ruhig und bestimmt in ihrem Geist und duldete keinen Widerspruch.

Savannah hielt den Atem an. Sie fürchtete sich davor, Widerstand zu leisten. Roberto mochte sich vielleicht einbilden, es mit einem Karpatianer wie Gregori aufnehmen zu können, doch sie wusste, dass es keinen Sinn hatte. Sie war jung und kannte sich in den Künsten ihres Volkes noch nicht aus.

»Du hast kein Recht, dich einzumischen, Gregori«, fauchte Roberto. Er klang wie ein beleidigter Schuljunge. »Sie ist noch frei.«

Gregoris helle Augen verengten sich zu silbrigen Schlitzen. »Sie gehört mir, Roberto. Seit vielen Jahren schon. Sie ist meine Gefährtin.«

Roberto machte einen Schritt zur Seite. »Eure Verbindung wurde nicht offiziell bestätigt. Ich werde dich töten, dann gehört sie mir.«

»Was du hier getan hast, ist ein Verbrechen gegen die Menschheit. Was du meiner Gefährtin antun willst, ist ein Verbrechen gegen unser Volk, unsere Frauen und gegen mich persönlich. Das Gesetz ist dir nach San Francisco gefolgt, und die Strafe, die Prinz Mikhail verhängt hat, wird vollstreckt werden. Allein, dass du die Hand gegen meine Gefährtin erhoben hast, ist Grund genug.« Gregori hob weder die Stimme, noch hörte er auf, herausfordernd zu lächeln. Savannah, geh.

Ich lasse nicht zu, dass er dir meinetwegen etwas antut.

Gregoris sanftes Lachen hallte durch ihren Geist. Er hat keine Chance, ma petite. Und jetzt geh. Gregori wollte nicht, dass sie mit ansah, wie er mühelos das Ungeheuer vernichten würde, das es gewagt hatte, eine Frau zu schlagen. Seine Frau. Savannah hatte schon genug Angst vor ihm.

»Ich werde dich töten«, donnerte Roberto, um sich Mut zu machen.

»Dann will ich dir die Gelegenheit dazu geben«, erwiderte Gregori freundlich. Er senkte die Stimme, bis sie einen beschwörenden Klang annahm. »Du bist langsam, Roberto, langsam und ungeschickt und viel zu schwach, um es mit jemandem wie mir aufzunehmen.« Er lächelte kalt und höhnisch.

Es gelang Roberto nicht, sich dem Klang der Stimme zu entziehen, die seinen Geist verwirrte. Doch der Mord an Peter hatte ihm Kraft gegeben, er war gierig auf einen weiteren Sieg. Roberto stürzte sich auf Gregori.

Aber der mächtige Karpatianer war einfach nicht mehr da. Er hatte Savannah so weit wie möglich von sich geschoben und kam nun blitzschnell auf Roberto zu. Er versetzte ihm einen Schlag, der vier tiefe Furchen an der Stelle hinterließ, an der sich Savannahs blauer Fleck befand.

Gregoris leises Lachen ließ sie erschauern. Sie hörte den Kampflärm und die Schmerzensschreie, während Gregori unaufhaltsam und gnadenlos auf Roberto losging. Der Blutverlust schwächte die Kreatur rasch. Verglichen mit Gregori war er wirklich langsam und ungeschickt.

Savannah schlug sich die Hand vor den Mund und wich zurück. Dennoch konnte sie den Blick nicht von Gregoris Gesicht wenden. Seine Züge wirkten undurchdringlich, umspielt von einem leichten herausfordernden Lächeln. Sein Ausdruck änderte sich nicht. Der Kampf war kälter und gnadenloser als alles, was sie bisher in ihrem Leben gesehen hatte. Jeder genau kalkulierte Hieb schwächte Roberto weiter. Nicht ein einziges Mal gelang es Roberto, Gregori einen Schlag zu versetzen. Es war offensichtlich, dass er keine Chance hatte. Gregori konnte ihm jederzeit den Todesstoß versetzen.

Savannah blickte auf Peter, der leblos auf dem Asphalt lag. Er war ihr ein guter Freund gewesen. Sie hatte ihn wie einen Bruder geliebt, und nun war er sinnlos ermordet worden. Wie von Sinnen vor Entsetzen rannte Savannah über den Parkplatz und suchte Schutz unter den Bäumen, die den Platz säumten. Sie sank zu Boden. Oh, Peter. Es war alles nur ihre Schuld. Sie hatte geglaubt, die Welt der Vampire und Karpatianer hinter sich gelassen zu haben. Savannah ließ den Kopf auf ihre Brust sinken. Beim Gedanken an die Grausamkeit dieser Welt drehte sich ihr der Magen um. Sie war anders als diese Kreaturen. Tränen fingen sich in ihren Wimpern und rannen ihr die Wangen hinunter.

Ein gleißender, blauweißer Blitz zuckte über den Himmel. Gleich darauf sah Savannah ein orangerotes Leuchten und hörte Flammen knistern. Sie schlug sich die Hände vors Gesicht, wohl wissend, dass Gregori Robertos Leiche vernichten musste. Das Herz und vergiftete Blut des Vampirs mussten zu Asche zerfallen, damit er niemals auferstehen konnte. Außerdem war es nicht ratsam, einen Untoten oder auch einen Karpatianer sterblichen Gerichtsmedizinern zur Autopsie zu überlassen. Jeglicher Beweis ihrer Existenz würde das gesamte Volk gefährden. Savannah schloss die Augen. Auch Peter würde verbrannt werden müssen, damit niemand die klaffende Bisswunde entdeckte, die der Vampir ihm zugefügt hatte.

Savannah spürte einen leichten Luftzug, dann umfasste Gregori ihren Arm und zog sie sanft auf die Beine. Aus der Nähe betrachtet, wirkte er noch mächtiger, völlig unbesiegbar. Er legte ihr den Arm um die Schultern und zog sie an seine Brust. Mit dem Daumen berührte er die Tränen auf ihrer Wange, und sein Kinn ruhte zärtlich auf ihrem Kopf.

»Es tut mir Leid, dass ich deinen Freund nicht retten konnte. Als ich den Vampir bemerkte, hatte er schon zugeschlagen.« Gregori verschwieg, dass er zu sehr damit beschäftigt gewesen war, seine Gefühle wiederzuentdecken und unter Kontrolle zu bringen, und so Roberto nicht gleich wahrgenommen hatte. Sein erster Fehler in tausend Jahren. Gregori vermied es, genauer über den Grund dafür nachzudenken. Schuldgefühle vielleicht, weil er die Verbindung mit Savannah erzwungen hatte?

Ihre Gedanken streiften Gregoris, und sie fand dort echtes Bedauern über ihren Kummer. »Wie hast du mich gefunden?«

»Ich weiß immer genau, wo du bist. Vor fünf Jahren sagtest du, dass du Zeit brauchst, und ich gab sie dir. Aber ich habe dich niemals verlassen und werde es auch nie.« Gregori sprach ruhig, aber fest entschlossen. Seine Worte hatten etwas Endgültiges.

Savannah bekam Angst. »Lass das, Gregori. Du weißt, wie ich darüber denke. Ich habe mir ein neues Leben aufgebaut.«

Die zärtliche Berührung seiner Hand in ihrem Haar weckte einen Schwarm von Schmetterlingen in ihrem Bauch. »Du kannst nicht verleugnen, wer du bist. Du bist meine Gefährtin, und es wird Zeit, dass du zu mir kommst.« Gregoris Stimme war samtig weich, besonders als er das Wort Gefährtin aussprach und damit die Verbindung verstärkte, die er durch seinen Eingriff in die Natur geschaffen hatte. Je öfter er es sagte, desto mehr würde Savannah daran glauben. Sicher, Gregori konnte Farben sehen und Gefühle empfinden, weil er seine Gefährtin gefunden hatte, aber er wusste auch, dass er die Anziehung zwischen ihnen manipuliert hatte, bevor Savannah zur Welt gekommen war. Sie hatte nie eine Chance gehabt.

Nervös biss sie sich auf die Unterlippe. »Du kannst mich nicht gegen meinen Willen beanspruchen, Gregori. So wollen es unsere Gesetze.«

Gregori neigte den Kopf, und sein warmer Atem strich über Savannahs Nacken. Eine eigenartige Wärme breitete sich in ihrem Innern aus. »Savannah, du wirst mich jetzt begleiten.«

Sie warf den Kopf zurück, sodass ihr blauschwarzes Haar in alle Richtungen flog. »Nein. Außer mir hatte Peter keine Familie. Ich muss mich erst um ihn kümmern. Dann können wir über uns reden.« Savannah rang die Hände. Es war ihr nicht bewusst, dass sie damit ihre Anspannung verriet.

Gregori ließ seine kräftige Hand auf ihren ruhen und beendete das verzweifelte Fingerspiel. »Du kannst im Augenblick nicht klar denken, ma petite. Man darf dich nicht am Tatort vorfinden, denn wie wolltest du erklären, was hier geschehen ist? Ich habe alles so arrangiert, dass man Peters Tod weder mit dir noch mit unserem Volk in Verbindung bringen kann.«

Savannah holte tief Luft. Gregori hatte Recht, und sie verabscheute ihn dafür. Niemand durfte auf ihr Volk aufmerksam werden. Aber die Tatsache musste ihr deshalb noch lange nicht gefallen. »Ich werde nicht mitkommen.«

Gregoris weiße Zähne blitzten, als er lächelte. »Du darfst versuchen, dich zu widersetzen, wenn du möchtest, Savannah.«

Sie testete seine Gedanken. Männliche Belustigung, unerschütterliche Entschlossenheit, völlige Ruhe. Nichts schien Gregori aus der Fassung bringen zu können, weder der Tod eines Menschen noch ihr Widerstand. »Ich werde die Wachleute zu Hilfe holen«, drohte sie verzweifelt.

Wieder blitzten die makellosen Zähne. Gregoris silbrige Augen funkelten. »Möchtest du, dass ich vorher die Anweisungen widerrufe, die ich den Wächtern gegeben habe?«

Erschöpft schloss Savannah die Augen. Sie zitterte noch immer vor Angst. »Nein, nein, das ist nicht nötig«, flüsterte sie niedergeschlagen.

Gregori betrachtete ihr Gesicht, in dem sich ihr großer Kummer so deutlich spiegelte. Etwas berührte sein Herz. Er kannte das Gefühl nicht, doch es war stark. »Wir haben nur noch wenig Zeit bis zur Dämmerung. Wir müssen gehen.«

»Ich komme nicht mit«, beharrte Savannah trotzig.

»Wenn dein Stolz dir befiehlt, dich gegen mich zu wehren, dann darfst du es gern versuchen.« Gregoris Stimme klang beinahe sanft, und seine Ausdrucksweise beschwor den Charme früherer Jahrhunderte.

Savannahs tiefblaue Augen blitzten. »Hör auf, mir deine Erlaubnis zu geben! Ich bin die Tochter von Mikhail und Raven, eine Karpatianerin und nicht ohne meine eigenen Kräfte. Ich habe das Recht, meine eigenen Entscheidungen zu treffen!«

»Wenn dir der Gedanken gefällt.« Gregori umfasste Savannahs zartes Handgelenk. Sein Griff war sanft, doch Savannah spürte seine immense Kraft. Sie zerrte an seiner Hand, um seine Entschlossenheit auf die Probe zu stellen, doch er schien ihre Bemühungen überhaupt nicht zu bemerken.

»Möchtest du, dass ich es dir leichter mache? Deine Angst quält dich unnötig.« Seine Stimme klang ruhig und zärtlich.

»Nein!«, rief Savannah mit klopfendem Herzen. »Ich will nicht, dass du meine Gedanken kontrollierst. Mach mich nicht zu deiner Marionette.« Sie wusste, dass Gregori die Macht dazu besaß, und der Gedanke erschreckte sie.

Mit zwei Fingern umfasste er ihr Kinn und hob ihren Kopf an, sodass sie ihm in die Augen sehen musste. »Du hast keinen Grund, dich vor einer solchen Grausamkeit zu fürchten. Ich bin kein Vampir, sondern ein Karpatianer, und du bist meine Gefährtin. Ich würde mein Leben geben, um dich zu beschützen, und dein Glück wird mir immer das Wichtigste sein.«

Savannah atmete tief durch, um sich ein wenig zu beruhigen. »Wir sind keine Gefährten. Ich habe dich nicht erwählt.« Dieser Gedanke war ihre einzige Hoffnung, an der sie verzweifelt festhielt.

»Wir sollten zu einem besser geeigneten Zeitpunkt darüber diskutieren.«

Sie nickte misstrauisch. »Gut, dann treffen wir uns morgen.«

Sein Lachen erfüllte ihren Geist. Leise. Belustigt. Frustrierend männlich. »Du wirst jetzt mit mir kommen.« Gregori senkte die Stimme, die so samtig und faszinierend war, so bezwingend, dass es unmöglich war, gegen ihn anzukämpfen.

Savannah ließ den Kopf an seine kräftige Brust sinken. Tränen brannten ihr in den Augen. »Ich habe Angst vor dir, Gregori«, bekannte sie traurig. »Ich kann einfach nicht wie eine Karpatianerin leben. Ich bin wie meine Mutter. Meine Unabhängigkeit ist mir wichtig, und ich brauche mein eigenes Leben.«

»Ich weiß um deine Ängste, ma petite. Ich kenne jeden deiner Gedanken. Unsere Verbindung ist auch über Ozeane hinweg noch stark genug. Wir können deinen Ängsten gemeinsam begegnen.«

»Ich kann das nicht tun!« Savannah schlüpfte unter seinem Arm hindurch, ließ ihre Gestalt verschwimmen und floh, so schnell sie konnte.

Doch wohin sie auch flüchtete, wie schnell sie auch rannte, Gregori blieb immer bei ihr. Als sie schließlich erschöpft stehen blieb, hatte sie die andere Seite des Stadions erreicht. Tränen strömten ihr über die Wangen. Gregori war an ihrer Seite, stark, voller Wärme, unbesiegbar, als könnte er wirklich jeden ihrer Gedanken und Schritte im Voraus erahnen.

Er legte Savannah den Arm um die Taille und hob sie hoch. »Indem ich dir deine Freiheit lasse, setze ich dich der Gefahr aus, von Untoten wie Roberto angegriffen zu werden.« Flüchtig barg Gregori sein Gesicht in ihrem seidigen schwarzen Haar, dann erhob er sich ohne Vorwarnung als ein riesiger Raubvogel in die Lüfte, während er die zierliche Savannah fest an sich presste.

Sie schloss die Augen und ließ sich von der Trauer um Peter überwältigen, damit sie nicht mehr an den Mann denken musste, der sie über den Nachthimmel zu seinem Versteck trug. Fest klammerte sie sich an seine starken Schultern. Der Wind trug ihr leises Schluchzen zu den Sternen hinauf, und ihre Tränen glitzerten im Mondlicht.

Gregori spürte ihren Schmerz, als wäre es sein eigener. Ihre Tränen rührten ihn in ungekannter Weise. Sanft drang er in das Chaos ihrer Gedanken ein und fand dort tiefe Trauer und schreckliche Angst vor ihm. Gregori konzentrierte sich darauf, sie mit Wärme zu umgeben und ihr Trost zu spenden, der ihren Geist einhüllte und ihre aufgewühlten Nerven beruhigte.

Savannah öffnete die Augen und sah, dass sie die Stadt verlassen hatten und in die Berge geflogen waren. Behutsam setzte Gregori sie auf der Eingangstreppe eines großen Hauses ab. Er öffnete die Tür und blieb dann höflich zurück, um ihr den Vortritt zu lassen.

Savannah fühlte sich schwach und verloren. Sie wusste, wenn sie einen Fuß in sein Haus setzte, würde sie ihr Leben in seine Hände legen. Ihre Augen sprühten blausilberne Funken, als wäre ein leuchtender Stern in ihren Tiefen gefangen. Sie hob trotzig das Kinn und wich zurück, bis sie gegen die Brüstung der Veranda stieß. »Ich weigere mich, dein Haus zu betreten.«

Er lachte leise. »Savannah, unsere Körper haben die Angelegenheit längst für uns entschieden. Es gibt keinen anderen Mann für dich. Es wird niemals einen geben. Ich kann spüren, was du empfindest, wenn ein anderer Mann, ein Sterblicher oder ein Karpatianer, dich berührt. Sie stoßen dich ab, du kannst ihre Nähe kaum ertragen.« Wieder senkte Gregori die Stimme, bis sie nur noch ein Flüstern war, das Savannah einhüllte wie eine erotische Liebkosung. »Meine Berührungen sind dagegen anders, ma petite. Wir wissen es beide. Streite es nicht ab, oder ich wäre gezwungen, es dir zu beweisen.«

»Ich bin erst dreiundzwanzig«, erwiderte Savannah verzweifelt. »Du bist viele Jahrhunderte alt. Ich habe doch noch gar nicht gelebt.«

Gregori zuckte gleichmütig die breiten Schultern und ließ den Blick ruhig auf Savannahs Gesicht ruhen. »Dann wirst du eben von meinen Erfahrungen profitieren.«

»Gregori, versuch doch bitte zu verstehen. Du liebst mich nicht. Du kennst mich ja nicht einmal. Ich bin nicht wie andere karpatianische Frauen, die sich als Zuchtstuten für unser Volk zur Verfügung stellen. Ich will nicht deine Gefangene sein, egal, wie sehr du mich auch verwöhnen würdest.«

Lachend winkte Gregori ab. »Du bist wirklich noch sehr jung, wenn du das alles wirklich glaubst.« Seine Stimme klang so zärtlich, dass Savannah sich trotz ihrer Furcht davon getröstet fühlte. »Ist deine Mutter eine Gefangene?«

»Bei meinen Eltern ist es etwas anderes. Mein Vater liebt meine Mutter. Und trotzdem würde er manchmal ihre Rechte mit Füßen treten, wenn sie es zuließe. Auch ein goldener Käfig ist ein Gefängnis, Gregori.«

Schon wieder trat dieser belustigte Ausdruck in seine Augen. Savannahs hitziges Temperament flammte auf. Sie verspürte den dringenden Wunsch, ihn zu ohrfeigen. Gregori grinste breiter, als wollte er sie herausfordern. Er deutete auf die offene Tür.

Savannah lachte gezwungen. »Wir können bis zum Morgengrauen hier stehen bleiben, Gregori. Ich bin dazu bereit. Du auch?«

Gelassen lehnte sich Gregori an die Hauswand. »Bist du auf eine Mutprobe aus?«

»Du kannst mich nicht dazu zwingen, dein Haus zu betreten, ohne damit die Gesetze unseres Volkes zu brechen.«

»Glaubst du denn, dass ich in den Jahrhunderten meines Lebens nie unsere Gesetze gebrochen habe?« Gregori lachte bitter auf. »Die Dinge, die ich getan habe, würden deine Entführung im Vergleich so harmlos aussehen lassen wie nächtliche Ruhestörung der Sterblichen.«

»Aber du hast Roberto seiner gerechten Strafe zugeführt, obwohl San Francisco zum Jagdrevier von Aidan Savage gehört«, sagte Savannah. Sie nahm Bezug auf einen anderen mächtigen Karpatianer, dessen Aufgabe es war, Untote aufzuspüren und zu vernichten. »Hast du das meinetwegen getan?«

»Du bist meine Gefährtin, Savannah, die einzige, die zwischen mir und der Vernichtung von Sterblichen und Unsterblichen steht.« Es war eine ruhige Feststellung, die reine Wahrheit. »Niemand wird dich je angreifen oder versuchen, sich zwischen uns zu drängen, und es überleben. Er hat dich geschlagen, Savannah.«

»Mein Vater hätte …«

Gregori schüttelte den Kopf. »Dein Vater hat damit nichts zu tun, chérie, obwohl er der Prinz unseres Volkes ist. Dies geht nur uns etwas an. Roberto hat dich angegriffen, das war Grund genug, ihn zu töten.«

Savannah las seine Gedanken. Sie fand keinen Zorn darin, nur Entschlossenheit. Er meinte jedes Wort ernst. Gregori versuchte nicht, sie zu belügen oder einzuschüchtern. Er wollte, dass sie ehrlich zueinander waren. Savannah presste sich den Handrücken gegen den Mund. Sie hatte immer gewusst, dass dieser Augenblick einmal kommen würde. »Es tut mir Leid, Gregori«, flüsterte sie verzweifelt. »Ich kann nicht die Frau sein, die du dir wünschst. Ich werde hier auf den Sonnenaufgang warten.«

Zärtlich strich Gregori ihr über die Wange. »Du weißt ja gar nicht, was ich mir wünsche.« Er umfasste ihr Gesicht, und seine Fingerspitzen glitten über ihre zarte Haut, an der Stelle an ihrem Hals, an der ihr Puls so heftig klopfte. »Du weißt, dass ich dir diesen verzweifelten Schritt nie gestatten könnte, ma petite. Wir können über deine Ängste sprechen. Komm mit mir ins Haus.« Seine Gedanken drangen als warme, süße Verführung in ihren Geist ein. Seine Augen, so hell und kühl, schienen plötzlich wie flüssiges Quecksilber zu glühen und entfachten ein Feuer in Savannah, das ihr den Willen zu rauben drohte.

Savannah umklammerte die Verandabrüstung. »Hör auf, Gregori!«, rief sie und versuchte mit aller Kraft, die geistige Verbindung zu brechen, die eine so quälende, gefährliche Sehnsucht in ihr auslöste. Savannah stürzte auf das Haus zu, um sich Gregoris Nähe zu entziehen.

Doch er hielt sie am Arm fest, presste die Lippen an ihr Ohr und schmiegte seinen muskulösen, kraftvollen Körper an sie. Sag es, Savannah. Sprich die Worte aus. Selbst sein Flüstern in ihrem Kopf war verführerisch. Seine Lippen, so perfekt geformt und sinnlich, glitten an ihrem Hals hinunter. Seinen Körper an ihrem zu spüren, weckte mehr Leidenschaft in Savannah als seine geistige Verführung. Sanft ließ er seine Zähne über ihre Haut streifen. Gregori zuckte zusammen, und Savannah spürte sein brennendes, gefährliches Verlangen nach ihr – er war kein zärtlicher, rücksichtvoller Liebhaber mehr, sondern ein hungriger karpatianischer Mann.

Die Worte, die er ihr einflüsterte, blieben Savannah im Hals stecken und waren schließlich so leise, dass sie nicht wusste, ob sie sie laut ausgesprochen oder nur gedacht hatte. »Ich komme aus freiem Willen zu dir.«

Gregori ließ sie sofort los, und Savannah taumelte ohne seine Hilfe über die Türschwelle. Hinter ihr füllte seine große Gestalt den Türrahmen aus. Er strahlte Leidenschaft und unbezwingbare Macht aus, und seine Augen leuchteten triumphierend. Mit dem Fuß stieß Gregori die Tür zu und streckte dann die Hand nach Savannah aus.

Sie schrie auf und versuchte, ihm auszuweichen, doch er holte sie mühelos ein und zog sie an seine Brust. Sein Kinn berührte ihr seidiges Haar. »Ganz ruhig, ma petite, sonst verletzt du dich noch. Du kannst dich nicht gegen mich wehren, und ich werde nicht zulassen, dass du dir selbst schadest.«

»Ich hasse dich.«

»Nein, Savannah, du hasst mich nicht. Du hast Angst vor mir, aber am meisten fürchtest du dich vor dir selbst«, antwortete Gregori ruhig. Mit langen Schritten durchquerte er das Haus und trug Savannah in den Keller und noch tiefer hinunter, in die Kammer, die er so sorgsam tief in der Erde verborgen hatte.

Ihr Körper sehnte sich nach seinem, und da sie ihm so nahe war, gab es kein Entrinnen. Ihr Hunger erwachte, und mit ihm etwas Wildes, Ungezähmtes in ihrer Seele.

Kapitel 2

Sobald Gregori sie absetzte, wich Savannah vor ihm zurück. Mit einem einzigen Sprung landete sie auf der anderen Seite des Raumes. Ihre Angst erschien ihr wie ein wachsendes, lebendiges Wesen, das sich mit ihrer ungestümen Natur verband.

Gregori spürte ihren Herzschlag, und wie von selbst passte sich seiner dem heftigen Rhythmus an. Ihr Innerstes rief nach ihm. Tief atmete er ihren Duft ein, sog ihn in sich auf. Brennendes Verlangen erhitzte sein Blut. Gregori atmete für sich und Savannah, rang das wilde Tier in sich nieder und kämpfte erbittert um die Selbstbeherrschung, die er brauchte, um sie nicht zu verletzen und zu verhindern, dass sie sich selbst etwas antat.

Savannah sah so jung aus, ungestüm, wunderschön. Ihre Augen waren ängstlich geweitet, doch von einem tiefen Violett, in dem feurige Sterne blitzten. Sie kauerte in der entlegensten Ecke des Raumes, und in ihren Gedanken herrschte ein solches Chaos, dass Gregori einige Zeit brauchte, die verschiedenen Gefühle zu erfassen: Trauer und Schuld angesichts des Verlusts ihres Freundes. Abscheu und Scham, weil ihr eigener Körper sie verriet, weil sie nicht im Stande war, sich Gregori zu widersetzen. Furcht, dass er sein Ziel erreichen und sie zu seiner Gefährtin machen würde, um dann ihr Leben zu kontrollieren. Furcht, dass seine Kraft und sein Begehren sie verletzen würden. Savannah kannte nur noch den einen Wunsch: ihrem Schicksal zu entkommen. Sie würde bis zuletzt gegen ihn kämpfen.

Gregori betrachtete sie mit ausdruckslosem Gesicht. Er regte keinen Muskel, während er nach einem Weg suchte, die Situation zu entschärfen. Niemals würde er zulassen, dass Savannah etwas zustieß. Er hatte alles für sie aufs Spiel gesetzt. Seinen Verstand, seine Seele. Zu lange hatte er gekämpft, um jetzt alles durch seine Unbeholfenheit zu verlieren. »Es tut mir wirklich sehr Leid um deinen Freund, Savannah«, versicherte Gregori ruhig, seine Stimme war nur ein hypnotisches Flüstern.

Savannahs Lider flatterten. Sie blinzelte. Offenbar trafen Gregoris Worte sie völlig überraschend.

»Ich hätte schneller sein müssen, um ihn zu retten«, gestand er leise. »Aber ich werde dich nie wieder so im Stich lassen.«

Savannah befeuchtete sich die Lippen und atmete tief ein. Er sah unbesiegbar und unbarmherzig aus. Gregori wirkte wie ein dunkler Magier, dessen verlockende, gefährliche Sinnlichkeit schier überwältigend war. Seine sanfte Stimme und die Ruhe, die er ausstrahlte, standen im Widerspruch zu dem Hauch von Leidenschaft und grausamer Entschlossenheit um seinen Mund, den silbrig glühenden Augen und dem undurchdringlichen Ausdruck auf seinen Zügen.

»Ich bin kein solches Ungeheuer, dass ich dich angreifen würde, während du so viel Trauer und Furcht empfindest. Entspann dich, ma petite. Dein Gefährte mag allen anderen als Dämon erscheinen, aber du hast nichts zu befürchten. Ich möchte dich nur trösten.« Er spürte ihre zögerliche Suche nach der Aufrichtigkeit seiner Gedanken. Nur selten gestattete Gregori einem anderen die Vertrautheit einer mentalen Verbindung. Doch die Verbindung zu Savannah verstärkte nur seine Sehnsucht nach ihr, den Tumult der unbekannten Gefühle, die Gregori aber gleichzeitig auch auskosten wollte.

Savannah nahm nichts wahr außer seinem Wunsch, ihr zu helfen. Gregoris Geist schien nur aus Gelassenheit zu bestehen. Ihr war, als tauchte sie in einen klaren, stillen See ein. Ihr Körper entspannte sich, und Gregoris innere Ruhe besänftigte das Chaos in ihrem Innern. Warum war es nur Gregori, auf den sie so reagierte? Er hatte Recht, sie empfand die Berührungen anderer Männer als abstoßend. Er dagegen brauchte nur in ihrer Nähe zu sein, schon sehnte sie sich mit Körper und Seele nach ihm.

Sie rieb sich die pochenden Schläfen. Es schien, als bearbeitete jemand ihren Schädel mit kleinen Hämmern. Gregori ging ruhig zu dem Nachttisch neben dem Bett. Savannah konnte den Blick nicht von ihm wenden. Sie sah blass aus und hatte tiefe Schatten unter den Augen. Gregori zerkleinerte Kräuter in einer Kristallschüssel, sodass sich der Raum mit ihrem würzigen, beruhigenden Duft füllte.

»Komm her, chérie«, sagte er leise. Der Klang seiner Stimme umspülte Savannah wie klares Wasser. »Die Sonne geht bald auf.«

Zum ersten Mal blickte sich Savannah im Zimmer um. Beunruhigt betrachtete sie das Bett. Das Schlafzimmer war großzügig geschnitten und mit Antiquitäten möbliert. Überall brannten Kerzen, die den Raum in warmes Licht tauchten. Der Blickfang war ein großes Himmelbett, das mit kunstvollen Schnitzereien von Rosen und Weinranken verziert war. Es war wunderschön, antik – und Furcht erregend. Savannah räusperte sich und rieb sich die Stirn. »Ich hätte gern mein eigenes Zimmer.«

Gregori betrachtete sie Besitz ergreifend. »Du wirst nicht von meiner Seite weichen.«

»Nein?« Plötzlich fühlte sie sich unendlich müde und erschöpft. Der Kopf tat ihr weh, und als ihre Beine zu zittern begannen, ließ sich Savannah abrupt zu Boden sinken. Mit einer Hand strich sie ihr blauschwarzes Haar aus dem Gesicht. Die unbewusste Geste wirkte sehr weiblich. Sie blinzelte, und schon stand Gregori vor ihr. Als er die Arme nach ihr ausstreckte, schloss Savannah die Augen. Gregoris Kräfte schienen unermesslich zu sein. Er hob Savannah auf seine Arme, als wiege sie nicht mehr als ein Kind. Es gelang ihr nicht mehr, den Willen zu mobilisieren, sich ihm zu widersetzen, also barg sie nur erschöpft den Kopf an seiner Brust.

Gregori genoss es, Savannah in seinen Armen zu spüren. Weich schmiegte sich ihr Körper an seinen, und ihr seidiges Haar strich verführerisch über seine Haut. Brennendes Verlangen durchströmte ihn wie flüssige Lava. Er legte Savannah auf sein Bett, wo sie hingehörte. Seine wilde Natur, der Jäger, das Raubtier in ihm, forderte, dass er sich sofort sein Recht nahm, um damit Savannah unwiderruflich an sich zu binden. Sie gehörte ihm. Er wusste genau, dass er ohne sie nichts als ein seelenloser Dämon war, verdammt zu ewiger Einsamkeit. Seit vielen Jahrhunderten lebte er auf der Erde, ein mächtiger Heiler, wie es keinen größeren gab. Doch in seinem Innern herrschte die Finsternis. Er war so einsam gewesen. Immer allein und allein für immer. Doch jetzt hatte er Savannah. Und er würde jeden vernichten, der versuchte, sie ihm wegzunehmen oder zu bedrohen.

Sanft strich er ihr Haar zurück und massierte ihre schmerzenden Schläfen. Mit seiner hypnotischen Stimme sprach er eine heilende Beschwörung, die Savannah den Schmerz nahm und ihr inneren Frieden schenkte. Dann streckte er sich neben ihr aus. Neben Gregoris hoch gewachsener, athletischer Gestalt wirkte Savannah noch zierlicher und zerbrechlicher. Ihre Nähe erregte ihn. Er schien in Flammen zu stehen, sein Verlangen brannte in seinem Blut, seinen Muskeln, jeder Faser seines Körpers. Gregori zog Savannah an sich und bewunderte ihre makellose Schönheit. Sie zitterte so sehr, dass er ihre Zähne klappern hörte.

»Ich weiß, was ich bin, Savannah, ein Ungeheuer jenseits der Vorstellungskraft der Sterblichen. Doch ich besaß immer Stolz, Ehre und das Talent zu heilen. Zwei Dinge kann ich dir versprechen. Wir werden immer ehrlich zueinander sein, ich werde dich mit meinem Leben beschützen. Ich sagte dir ja schon, dass dir heute Nacht nichts geschehen wird. Wir haben Zeit genug, deine Ängste aus dem Weg zu räumen.«

Savannah barg ihr Gesicht in seinem Seidenhemd und spürte seinen Herzschlag und die Wärme seiner Haut. Es war Gregori nicht möglich, den Beweis seines Verlangens zu verstecken, und er versuchte es auch gar nicht erst, sondern presste Savannah fester an sich. Die Ereignisse des Abends hatten sie zu sehr erschöpft, um sich gegen ihn zu wehren. Also schmiegte sie sich in Gregoris Arme und fand Trost bei dem Mann, vor dem sie sich gleichzeitig so sehr fürchtete.

»Du denkst, dass ich wie andere karpatianischen Frauen bin, Gregori, aber das stimmt nicht«, sagte Savannah leise. Sie wusste nicht, ob sie es als Entschuldigung oder Erklärung meinte.

Seine Lippen streiften ihre Stirn, und mit dem Daumen strich Gregori über die Stelle, an der Roberto sie geschlagen hatte. »Du weißt, was mit den Männern unseres Volkes geschieht, Savannah. Dein Vater hat es sicher nicht versäumt, dich über etwas so Wichtiges aufzuklären. Du kannst nicht so einfach ohne Gefährten durchs Leben gehen. Es gibt andere Männer wie Roberto, grausam, gefährlich, in den Wahnsinn getrieben, weil sie nicht auf eine Gefährtin hoffen konnten.«

»Er war nur halb so alt wie du. Warum hat er seine Seele verloren und du nicht?« Savannah wandte sich zu Gregori um und blickte in seine hellen, silbrig schimmernden Augen. In ihnen sah sie einen gnadenlosen Besitzanspruch, der sie erschauern ließ.

»Hast du dich je gefragt, warum es so wenige Karpatianer gibt?«

»Natürlich. Auch wenn ich mich nicht an einen Mann binden will, beschäftige ich mich trotzdem mit den Problemen unseres Volkes. Gregori, ich möchte niemandes Gefährtin sein. Nimm es nicht persönlich.«

Gregori lächelte sie sinnlich und einladend an. »Ich weiß, dass du dich vor mir fürchtest, Savannah.«

Sie wollte vermeiden, einmal mehr einen Streit anzufangen, den sie nicht gewinnen würde, und kehrte zu einem weniger gefährlichen Thema zurück. »Es gibt so wenige Karpatianer, weil es uns an Frauen und weiblichem Nachwuchs fehlt. Selbst Jungen überstehen selten das erste Lebensjahr.« Unwillkürlich schmiegte sich Savannah enger an ihn. Er war so stark und gab ihr selbst in der schlimmsten Nacht ihres Lebens ein eigenartiges Gefühl der Sicherheit.

»Was ist mit den Männern? Fragst du dich manchmal, warum so viele von ihnen ihre Seelen verlieren?« Gregori streichelte ihr Haar. »Warst du jemals einsam, Savannah, wirklich einsam?«

Als Kind hatte Savannah sehr isoliert gelebt, doch ihre Eltern hatten sie geliebt und nach Strich und Faden verwöhnt, obwohl sie auch einander viel Zeit widmeten. Außerdem gab es da noch ihren außergewöhnlichen Wolf, der ihre Einsamkeit vertrieben hatte. Savannah hatte keine Einsamkeit gekannt, bevor ein Ozean zwischen ihr und der heilenden Erde ihrer Heimat lag. Die Trennung von ihren Eltern, ihrem Wolf und selbst von ihren belastenden Pflichten als karpatianische Frau hatte eine große Leere in ihrem Herzen hinterlassen. Sie war von Menschen umgeben und empfand sogar Zuneigung zu Peter und der Crew, doch selbst das konnte die schreckliche Einsamkeit nicht wettmachen, die sie zu verschlingen drohte. Aber Savannah wollte Gregori ihr Geheimnis nicht anvertrauen, also antwortete sie nicht.

»Die karpatianischen Männer können die Finsternis ohne eine Gefährtin nicht zurückdrängen. Es liegt in unserer Natur, wild und ungezähmt zu sein, Besitz ergreifend und gefährlich, selbst gegenüber unserem eigenen Volk. Wir sind zerstörerisch und blutrünstig. Für diese Dinge brauchen wir einen Ausgleich. Für die meisten Männer beginnt die Qual nach einigen Jahrhunderten, wenn sie keine Farben mehr sehen und keine echten Gefühle empfinden können. Dann ist es nur noch ihre Willensstärke, die sie den Gesetzen der Karpatianer gehorchen lässt. Einige entscheiden sich, ihr Leben zu beenden, ehe es zu spät ist. Sie treten ins Tageslicht und werden wieder eins mit der Erde. Aber viele andere treffen die Entscheidung, sich mit der Finsternis zu vereinen. Sie verlieren ihre Seele und überfallen Sterbliche. Sie missbrauchen Frauen und Kinder, jagen und töten nur für den Rausch der Macht. Wir dürfen das nicht zulassen.«

»Mein Vater und du seid die Ältesten. Wie habt ihr es geschafft, diesem Schicksal zu entgehen?«

»Dein Vater und ich verbrachten unsere Jahre der Blutgier in vielen Kriegen in ganz Europa und konnten unsere Energien darauf verwenden, Sterbliche vor den einfallenden Feinden zu retten. Außerdem schlossen wir einen Pakt, unser Leben in der Morgendämmerung zu beenden, bevor unsere Seelen verloren wären. Dein Vater konzentrierte sich auf seine Verantwortung für unser Volk und fand dann später deine Mutter, eine Frau mit außergewöhnlichen telepathischen Talenten und so viel Mut und Einfühlungsvermögen, dass sie in der Lage war, unser Leben zu akzeptieren.«

»Und du?«

»Das Beste, was ich über mich sagen kann, ist, dass ich mich nie an einer Frau oder einem Kind vergangen habe. Ich verbrachte viele Jahrhunderte damit, ein Heiler zu werden. Aber wie alle unsere Männer habe auch ich etwas von einem Raubtier in mir. Ich bin viele Jahrhunderte alt, und die wilde Seite meiner Persönlichkeit ist sehr stark.« Gregori seufzte leise. »Die fünf Jahre der Freiheit, die ich dir gewährt habe, waren die Hölle für mich und sehr gefährlich für jeden, dem ich begegnete. Ich stehe kurz davor, meine Seele zu verlieren, und es ist zu spät, um meinen ewigen Frieden in der Dämmerung zu suchen. Ich musste dich aufsuchen, um alle anderen zu beschützen.« Gregori ließ seine Hände durch Savannahs seidiges Haar gleiten und atmete den frischen Duft ein. »Ich kann nicht länger warten.«

Das Geständnis kam aus tiefster Seele. Gregori konnte es nicht verantworten, Savannah das zu geben, was sie sich am meisten wünschte – ihre Freiheit. Mochte er auch »Gregori der Dunkle« sein, der mächtigste Karpatianer, so hatte er doch nicht die Kraft, auf sie zu verzichten. Sie musste die Gefährtin des gefürchtetsten Karpatianers werden. Und sie war noch so jung.

»Hast du dich je gefragt, wie das Leben unserer Frauen aussieht, Gregori? Zu wissen, dass wir mit achtzehn unsere Familie verlassen und mit einem Fremden leben müssen?« Diesmal ließ Savannah zu, dass Gregori alle ihre Gedanken las. Sie zeigte ihm ihre Erinnerungen an die Zeit vor fünf Jahren.

Wie jede junge karpatianische Frau hatte auch Savannah das Gefühl genossen, schön zu sein und so viel Macht über die Männer ihres Volkes zu besitzen. Als ihr Vater alle infrage kommenden Männer versammelt hatte, war sie sehr aufgeregt gewesen. Savannah schlug die Warnungen ihrer Mutter in den Wind und flirtete mit den Männern. Sie war zu unschuldig, um zu verstehen, was sie mit ihrem Verhalten anrichtete. Doch dann spürte sie, dass die Stimmung bei dem Treffen umschlug. Die Männer umringten sie, voller Verlangen und aufs Äußerste erregt. Savannah wurde bewusst, dass keiner der Männer sie kannte oder sich für sie interessierte. Was sie dachte und fühlte, schien völlig ohne Belang zu sein. Sie begehrten Savannah, doch es ging nicht wirklich um sie. Sie fühlte sich eingeengt, angewidert und hatte Angst. Nicht ein einziger der Männer erweckte in ihr die Gefühle, die zwischen wahren Gefährten entstehen sollten.

Savannah floh in ihr Zimmer und wusch sich das Gesicht mit kühlem Wasser. Sie fühlte sich elend und seltsam schmutzig. Als sie sich umdrehte, stand Gregori der Dunkle, in ihrem Zimmer. Er strahlte so viel Macht und Stärke aus, wirkte dabei aber auch so gelassen, als wäre es eine Selbstverständlichkeit.

Gregori war ganz anders als die anderen Männer – viel Furcht erregender und mächtiger. Neben ihm schienen die anderen nichts als alberne Jungen zu sein. Gregoris silbrig schimmernder Blick glitt Besitz ergreifend über ihren Körper und schien eine brennende Spur auf ihrer Haut zu hinterlassen. Er raubte Savannah den Atem, sein Anblick weckte heißes Verlangen in ihr, und sie sehnte sich plötzlich nach Dingen, die sie sich nie hätte träumen lassen.

Bestürzt musste sich Savannah eingestehen, dass Gregori ihr mühelos ihren Willen rauben und sie unwiderruflich an sich binden konnte.

Du gehörst zu mir und niemand anderem. Savannah hörte die Worte in ihrem Geist. Die telepathische Verbindung zu Gregori war so stark und schien ihr so vertraut zu sein, dass es ihr Angst machte. Gregori benutzte nicht den normalen telepathischen Weg, auf dem Karpatianer miteinander kommunizierten, sondern eine private, intime Verbindung. Er kam auf sie zu, und Savannahs Herz schlug vor Aufregung schneller. Gregori umfasste ihren Oberarm, sodass sie seine schier unendliche Kraft spüren konnte. Savannah konnte kaum atmen. Er ließ die Hand an ihrem Arm hinuntergleiten und schloss seine Finger um Savannahs zartes Handgelenk. Selbst diese sanfte Berührung entfachte brennendes Verlangen in ihr. Savannah regte sich nicht, sie hielt den Atem an und wartete. Gregori zog sie an sich, war ihr so nah, dass sie seinen ganzen Körper spürte und das Gefühl niemals vergessen würde. Unendlich zärtlich hob er ihr Kinn an und küsste sie.

Savannahs Leben, ihre gesamte Existenz veränderten sich in diesem Augenblick. Die Erde bebte, die Luft flirrte, und ihr Körper gehörte nicht länger ihr allein. Sie sehnte sich nach ihm, begehrte ihn mit beinahe schmerzlicher Intensität. Ihr Körper, ihre Seele, ihr gesamtes Dasein verschmolzen mit ihm. Von nun an gab es Savannah nicht mehr ohne Gregori und Gregori nicht ohne Savannah. Sie sehnte sich nach der Liebkosung seiner Hände, wollte ihn in sich spüren, in ihrem Herzen, ihrem Geist, ihrem Körper und in ihrer Seele.

Als er sie losließ, fühlte Savannah sich schlagartig einsam und schrecklich leer, als hätte Gregori ihre Seele gestohlen und nur einen flüchtigen Schatten hinterlassen. Der Gedanke flößte ihr Angst ein. Ein Fremder, der sie weder kannte noch liebte, war in der Lage, ihr Leben zu übernehmen. Savannah fürchtete dieses Schicksal mehr als die Männer, die draußen auf sie warteten. Keiner von ihnen würde je so viel Macht über sie haben. Ein anderer Mann würde sie vielleicht nicht lieben, doch er würde wenigstens nicht von ihrem Körper und ihrer Seele Besitz ergreifen. Ängstlich flehte sie Gregori an, sie gehen und ihr eigenes Leben führen zu lassen. In seinen Augen lagen Trauer und ein eigenartiger glühender Schimmer, den Savannah nicht einschätzen konnte, doch Gregori ließ sie gehen. Er erklärte sich bereit, ihr mehr Zeit zu geben, aber Savannah plante, sich seinem Einfluss für immer zu entziehen.

Doch nach ihrer Flucht in die USA hatte sich Savannah nie wieder glücklich gefühlt. Gregori hatte ihr mit einem einzigen Kuss einen Teil ihrer Seele geraubt. Sie konnte ihn nicht vergessen. Wenn Savannah nachts die Augen schloss, sah sie nur ihn vor sich. Wenn sie sich sehr darauf konzentrierte, konnte sie sogar seinen sinnlichen, männlichen Duft riechen. Gregori suchte sie in ihren Träumen heim und rief nach ihr, wenn sie schlief. Sein Einfluss auf sie war viel zu gefährlich, um zu tun, was er jetzt von ihr verlangte.

Gregori strich ihr über den Kopf und ließ dann die Hand sanft in ihrem Nacken ruhen. »Wir werden mit deinen Ängsten fertig werden, ma petite. Sie sind nicht unüberwindlich.« Wie immer klang seine Stimme ruhig und gelassen.

Savannah verließ der Mut. Nichts schien Gregori erweichen zu können. Selbst ihre intimsten Erinnerungen und Gedanken änderten nichts daran. »Ich möchte es nicht«, flüsterte sie mit Tränen in den Augen. Sie fühlte sich gedemütigt, weil sie Gregori so viel von sich preisgegeben hatte, ohne dass es ihn irgendwie beeindruckte.

»Ruh dich jetzt aus, Kleines. Wir kümmern uns später um alles.«

Savannah schwieg und schien seine Anweisung widerspruchslos zu akzeptieren. Doch auch sie hatte einige Asse im Ärmel. Schließlich war Savannah Dubrinsky nicht umsonst eine der berühmtesten Magierinnen der Welt. Gregori mochte ihr zwar eine kurze Ruhepause gewähren, doch wenn sie erwachten, würde sein Hunger übermächtig sein. Nicht einmal Gregoris eiserner Wille konnte sie dann noch vor ihm retten. Savannah würde ihr waghalsigstes – und wichtigstes – Zauberkunststück versuchen und verschwinden.

»Savannah?« Gregori zog sie fest an sich. »Versuche nicht, mich zu verlassen. Streite dich mit mir, kämpfe gegen mich an, aber versuche nicht zu fliehen. Ich bin am Ende meiner Kräfte. Ich empfinde für niemanden außer dir irgendetwas. Es wäre sehr gefährlich.«

»Also soll ich mein Leben aufgeben, damit du deins weiterführen kannst?« Ihre Tränen tropften auf ihren Handrücken.