Magnetische Metropolen - Stephan A. Jansen - E-Book

Magnetische Metropolen E-Book

Stephan A. Jansen

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Beschreibung

Während der Planungstheoretiker John Friedmann 2002 noch vom Tod der Städte sprach, zeigt sich heute eine neue Art von Urbanität. Was passiert in und mit Städten? Welche Bewegungen entstehen dort? Stephan A. Jansen beschreibt in seinem Beitrag die Anziehungskraft von beweglichen Städten und wie die Diskussion über Megastädte sich im Laufe der Jahrzehnte verändert hat. Er benennt die zentralen Erfolgsfaktoren für Metropolen, zeigt, dass wettbewerbsfähige Metropolen vor allem Magnete für Migranten sind (wobei es in Deutschland nur Frankfurt am Main unter die Top 25 der migrantenoffensten Metropolen schaffte) und beschreibt, wie die Digitalisierung mit ihren Innovationen die Städte zukünftig verändern werden.

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Stadt. Ansichten.

 

Inhalt

Stephan A. Jansen | Magnetische Metropolen. Über die Anziehungskraft von beweglichen Städten

Anhang

Der Autor

Impressum

Stephan A. Jansen Magnetische Metropolen Über die Anziehungskraft von beweglichen Städten

»Es gibt vielleicht keine seelische Erscheinung, die so unbedingt der Großstadt vorbehalten wäre, wie die Blasiertheit.

Es bedarf […] des Hinweises, dass die Großstädte die eigentlichen Schauplätze dieser, über alles Persönliche hinauswachsenden Kultur sind. Hier bietet sich in Bauten und Lehranstalten, in den Wundern und Komforts der raumüberwindenden Technik, in den Formungen des Gemeinschaftslebens und in den sichtbaren Institutionen des Staates eine so überwältigende Fülle kristallisierten, unpersönlich gewordenen Geistes, dass die Persönlichkeit sich sozusagen dagegen nicht halten kann. [Großstädte sind] Gebilde höchster Unpersönlichkeit.«

Georg Simmel1

Vororte der Diskussion

Starten wir steil: Städte sind die Stätten der Globalisierung! Nationalisten erscheinen bei dieser sich aktuell abzeichnenden geistigen Mobilisierung von Städten wie – metaphorisch gesprochen – Verkehrskreisel des 20. Jahrhunderts, während der Rest längst Parkour läuft. Während man Kleinstädte »nur« kleinredet und unüberlegt, aber überlegen belächelt, wurden und werden Großstädte kritisiert – so zum Beispiel bei Simmel, aber auch bei Walter Benjamin.2 »The city is dead«, war der klug geplante Jahrtausendaufschrei des Planungstheoretikers John Friedmann.3 Und die Verlustgeschichten der verdichteten Städte wurden von Soziologen wie Richard Sennett oder Architekten wie Rem Koolhaas erzählt, die Transformationen von Städten in Shopping Malls als soziale und ästhetische Erosion dargestellt.

Und heute reden wir (wieder) über Global, Connected, Smart oder Intelligent Cities, und es scheint unzweifelhaft eine neue – technologietrunkene – Art von Urbanität aufzuziehen. Eine Bewegung »von unten«, die den Austausch zwischen den Metropolen öffnet. Was ist da los? Was bewegt sich in den verkehrsberuhigten Zonen, den Bürgersteiggärten und den Planungsprozessen der Stadtverwaltungen? Welche zivilgesellschaftlichen sozialen Bewegungen entstehen dort – in Bereichen wie Mobilität, Energie, Wasser, urbaner Landwirtschaft, Sicherheit, Gesundheit oder Bildung? Was ist im Herbst 2016 in einer nicht sehr beachteten ecuadorianischen Bürgermeisterbewegung – nämlich der UN-Konferenz Habitat III – mit unseren globalen Großstädten passiert? Denn: Warum versammeln sich Vertreter von Weltmetropolen und gründen sich Stadtpartnerschaften ganz anderer Art? America first? Nein: Cities first! Global!

Städte sind also in Bewegung. In der Praxis und auch in der Forschung. Und sie sind bewegend. In ihren kontextuellen, geo-, topo- und biografischen Eigenlogiken weisen sie besondere magnetische Wirkungen auf – anziehende wie abstoßende Wirkungen. Und sie scheinen mittlerweile in ihrer Verdichtung von trans- beziehungsweise supranationalen Problemen und deren Gleichzeitigkeit ihre Verantwortung für kooperative Innovationen erkannt zu haben.

Städte sind spätestens seit den 1970er-Jahren zu einem hörbaren Stadtgespräch, einem Thema der Regional- und Raumwissenschaften geworden – Soziologen, Architekten, Politikökonomen, Wirtschaftsgeografen und zunehmend auch Wirtschaftswissenschaftler als Teilnehmer.4 Das Gespräch atmete lange – insbesondere in Deutschland – den nationalen Geist der Sozialraumstudien, den Geist der kritischen und zumeist problematischen Analyse der Gentrifizierung, auch der Gender Studies, und war fokussiert auf die negativen externen Effekte des Wachstums oder der Schrumpfung von Städten. Nun kommt zunehmend ein frischer Wind auf, der konstruktiver, lösungsorientierter, experimenteller und beziehungsintensiver zu sein scheint – auch wenn die Widerstands- und Reaktanzforschung zu Infrastrukturmaßnahmen wie dem Bau von Landebahnen oder Bahnhöfen noch die Gegenwinde aufzeigt. Dennoch zeichnet sich – wie in diesem Beitrag gezeigt werden wird – eine neuartige Oszillation zwischen Protest und »Pro Testen« ab.

Es könnte tatsächlich auch am Smartphone und der mit ihm aufkommenden Erfahr- und Verlinkbarkeit gelegen haben, dass die bis dahin geführte Debatte über die flachmachende Globalisierung und die Fluchtreflexe der globalen kreativen Klassen ab 2007 eine neue Richtung einschlug.5 Denn in den 1990er- und den 2000er-Jahren wurden die Megacities beziehungsweise Global Cities von den einschlägigen Autoren wieder problematisierend diskutiert, und die Debatte »Mythos Metropole« machte erneut die Runde – wie schon Jahrzehnte oder ein Jahrhundert zuvor.6