Mama, nicht schreien! - Jeannine Mik - E-Book + Hörbuch
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Mama, nicht schreien! E-Book

Jeannine Mik

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Beschreibung

Mit Wut und Impulsivität in der Erziehung gekonnt umgehen

»Jetzt reicht’s mir aber!!« Kaum jemand macht Eltern so wütend wie die eigenen Kinder. Denn häufig bestimmen übermäßige Angst, Kränkbarkeit und andere Stressreaktionen den Familienalltag. Diese Emotionen führen schnell dazu, dass Eltern ganz anders reagieren, als sie es sich eigentlich wünschen.

Dieses Buch mit seinen vielen Reflexionsimpulsen hilft Eltern zu unterscheiden, wann sie erwachsen denken und wann sie mit ihrem Verhalten in automatische Muster fallen. So wird es möglich, den Kindern auf Augenhöhe zu begegnen, mit ihnen in Beziehung zu treten und gemeinsam nach Lösungen zu suchen, die für alle Beteiligten in Ordnung sind.

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Seitenzahl: 291

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Die AutorenJeannine Mik ist als diplomierte Kommunikationstrainerin in der Erwachsenenbildung tätig und Gründerin des »Zentrums für bewusste Elternschaft« in Wien. Sie bloggt seit 2014 auf Mini and Me, einem der erfolgreichsten Eltern-Blogs in Deutschland und Österreich.Sandra Teml-Wall ist Einzel- und Paarcoach sowie Eltern- und Familienberaterin. Sie arbeitet in ihrer eigenen Familienberatungspraxis »Wertschätzungszone« und tritt nachhaltig für den emotionalen Klimawandel in Familien ein.

Jeannine Mik, Sandra Teml-Wall

Mama, nicht schreien!

Liebevoll bleiben bei Stress, Wut und starken Gefühlen

Mit zahlreichen Übungen und Notfallhilfe

Kösel

Der Inhalt dieses E-Books ist urheberrechtlich geschützt und enthält technische Sicherungsmaßnahmen gegen unbefugte Nutzung. Die Entfernung dieser Sicherung sowie die Nutzung durch unbefugte Verarbeitung, Vervielfältigung, Verbreitung oder öffentliche Zugänglichmachung, insbesondere in elektronischer Form, ist untersagt und kann straf- und zivilrechtliche Sanktionen nach sich ziehen.

Der Verlag behält sich die Verwertung der urheberrechtlich geschützten Inhalte dieses Werkes für Zwecke des Text- und Data-Minings nach § 44b UrhG ausdrücklich vor. Jegliche unbefugte Nutzung ist hiermit ausgeschlossen.

Copyright © 2019 Kösel-Verlag, München, in der Penguin Random House Verlagsgruppe GmbH, Neumarkter Straße 28, 81673 München

Umschlag: Weiss Werkstatt, München

Umschlagmotiv: © adobe stock/nastia1983 | BildNR. 82009097

Redaktion: Ralf Lay

Illustrationen: Sylvia Wolf

Satz: Uhl + Massopust, Aalen

ISBN 978-3-641-23620-5V006

www.koesel.de

Inhalt

Einführung: Wunsch und Wirklichkeit oder Willkommen im Leben!

Zeit, aufzuräumen: Wie du dein Leben bewusst(er) gestaltest

Wie du dieses Buch verwenden kannst

Know your Trigger: Was macht dich wütend?

Bloß nichts empfinden: Rausschreien und Unterdrücken ist Nichtfühlen

Warum benutzt du die Strategien, die du benutzt?

Wie du den starken Gefühlen deines Kindes neu begegnest

Die Wut in dir

Der Wutkörper: Neunzig entscheidende Sekunden

C. I. A.: Dein Notfallplan

Beruhigungsstrategien: Wo sollen all die Emotionen nur hin?

Mit Kindern reden und leben: Hier bin ich, wer bist du?

Mama, ich kann dich nicht hören!

Sprich von dir

Was soll ich tun?

Die Ja-Beziehung

Angst oder Liebe: Was leitet dich?

Der P. A. S. S. I. O.N-Prozess

Worst-Case-Szenario: Die Angst überwinden

Alles im grünen Bereich: Dein Window of Tolerance

Co-, Selbst- und Fremdregulation

Dein Fenster und fehlende Bindung

Frontalhirn vs. Amygdala: Dein Hirn bei Stress

Das eigene Fenster weiten und Akuthilfe

Dir selbst verpflichtet: Mach dein Wohlergehen zur Priorität

Denk an dich!

Deine Prioritätenpyramide

Von Ressourcen und Belastungen

Das »Stressmanhattan«

Dein Selbst, deine Grenzen und dein Kreis

Der unvollständige Kreis

Ich will ganz sein!

Der Kreis deines Kindes und herumliegende Socken

Wie du gelingende Beziehungen lebst – und wie du sie verhinderst

Von Bündnissen und Kriegen

Übungen für gelingende Beziehungen

Erwachsen sein: Wer ist hier das Kind?

Die vier Punkte der Balance

Vom unreifen ins reife Verhalten kommen

»Entelterung«: Erwachsen werden, Veränderung wagen und emotional frei werden

Verschiedene Arten von Eltern heute erwachsener Kinder

Der Aufbruch: Zeit, ein erwachsenes Vorbild zu sein

Mind Mapping: Meine Landkarte von dir

Die (Wieder)entdeckung des Wollens

Wie du deinen Rhythmus findest und Energie ausgleichst

Nachwort: Die innere Balance finden und in Liebe werden

Anhang

Wer wir sind: Unsere Wege zur Beziehungsorientierung

Dank

Übungsverzeichnis

Literaturverzeichnis

Anmerkungen

Einführung: Wunsch und Wirklichkeit oder Willkommen im Leben!

Wie kann dieses Leben nur so wunderschöne Momente für uns Eltern bereithalten? Momente, die so tief bewegend sind, dass sie uns den Atem rauben und uns zu Tränen rühren. Wenn wir unsere Kinder beobachten, so ganz bei sich, ins Spiel vertieft, Nähe suchend, Liebe schenkend. Diese kleinen Hände, die so vieles können. Die großen, neugierigen Augen, die alles wissbegierig betrachten und in allem ein Wunder sehen. Der wache Geist, so unvoreingenommen und pur. Und dieser unbändige, starke, angstfreie Wille. Wie faszinierend!

Und warum kann das alles manchmal so unglaublich schwer sein? Wieso treibt uns dieser kleine, vollkommene Mensch, der unserem Herzen so nah ist, mitunter einfach an den Rand des Wahnsinns? Wir wollen die besten Eltern sein, die wir sein können, und doch bleiben wir so oft ratlos zurück. Manchmal auch erschrocken vor uns selbst und unserer Unfähigkeit, liebevoll zu bleiben – obwohl wir es uns doch so sehr wünschen. All diese Gefühle! Wo sollen die nur hin? Was hält uns davon ab, zu leben und zu lieben, wie wir es wirklich wollen?

Nun, vieles. Und in den allermeisten Fällen ist es nicht unser Kind, das uns durch sein Verhalten zu einem brodelnden Emotionsvulkan macht, der jede Sekunde ausbrechen kann oder gar nicht mehr aufhört, Lava zu spucken. Kinder sind oftmals die Auslöser – doch nicht die Ursache. Aber wenn nicht das Kind, was dann?

Wir können hier an unsere eigene Kindheit denken, an unsere ersten so prägenden Jahre, an andere Menschen, die uns womöglich nicht die Liebe und das Vertrauen geschenkt haben, das wir so dringend benötigt hätten. Wir können an unsere Lebensumstände denken, an den Alltag, der manchmal zermürbend und kräftezehrend ist, an all den Stress, von dem wir uns umgeben sehen. Womöglich denken wir auch an Beziehungen – an solche, die wir führen, an jene, die gescheitert sind, und an jene, die wir eigentlich gern hätten. All das tragen wir in uns, es begleitet uns und ist nur allzu gegenwärtig. Auch wenn uns das mitunter gar nicht bewusst wird. Der Alltag ist voller Baustellen. Der Stress im Beruf, der Stress daheim, alle wollen etwas, und irgendwie reicht die Zeit nicht, um andere und auch noch uns selbst halbwegs glücklich zu machen. Wie sollen wir das alles bewältigen, all die Lasten tragen und dann uns selbst, unseren eigenen Ansprüchen und vielleicht noch denen der anderen genügen?

Ja, in der Tat, es ist nicht immer leicht. Und es ist nur allzu verständlich, dass wir nicht alles schaffen, dass einfach nicht immer alles funktioniert. Die gute Nachricht lautet jedoch: Es ist okay. Wirklich. Das ist Leben. Immer wieder wirft es uns Herausforderungen entgegen, einfach so, ungeplant. Damit wir an und mit ihnen wachsen und uns immer neu erfinden können: Neues mutig erforschen und Altes bewahren, wenn es zu uns passt, oder hinter uns lassen, wenn es nicht mehr stimmig ist für uns und für das Jetzt, das wir gestalten wollen. Was aber, wenn es kippt? Wenn die Baustellen zu zahlreich oder die Herausforderungen zu groß scheinen? Und wenn sich das dann negativ auf unsere Beziehung zu den Menschen auswirkt, denen wir so gern nah sein möchten? Wenn es dir bei Stress nicht gelingt, liebevoll zu bleiben und du aber viel zu oft gestresst bist, muss Veränderung her.

Die schlechte Nachricht: Fühlen wir uns als Opfer der Umstände, wird sich nichts ändern. Wollen wir bewusst leben, müssen wir zu Gestalterinnen1 werden. Dafür braucht es Selbstermächtigung. Und Mut, so viel Mut. Und Liebe. Dies müssen wir in uns tragen, zu einem Teil von uns machen und uns auf unserem Weg immer fragen: Wie will ich jetzt sein? Mag ich mich gerade mit dem, was ich tue? Wie will ich leben? Gehe ich in die richtige Richtung? Entspricht das, was ich gerade mache, meiner Vision? Und wenn nicht, was kann ich jetzt ändern, um mich ihr wieder anzunähern? Wir müssen uns trauen, ins Handeln zu kommen: in ein lösungsorientiertes, von Vertrauen geprägtes Handeln, das zu uns passt und für uns ganz persönlich richtig und wohltuend ist.

Gehen wir diesem Gedanken nach, stellen wir fest, dass alle Belastungen und unangenehmen Erlebnisse in unserer Vergangenheit, genauso wie unsere heutigen Umstände, zwar gewesene oder aktuelle Realität sind, wir uns aber trotzdem selbst ermächtigen können. Oder auch gerade deshalb. Das Leben lädt uns ein, damit umzugehen – aktiv tätig, nicht passiv ertragend. Selbstermächtigung gelingt nicht, wenn wir uns dem Außen zuwenden und versuchen, Angelegenheiten zu regeln, die außerhalb unserer Möglichkeiten liegen, von anderen abhängig sind und uns eigentlich – wenn wir genau hinsehen – gar nichts angehen. Das laugt aus. Das bringt uns fort von uns selbst und den Menschen, denen wir so gern nah sein möchten. »Ich wünsche dir die Kraft, zu ändern, was du ändern kannst. Ich wünsche dir die Geduld, zu ertragen, was du nicht ändern kannst. Und ich wünsche dir die Weisheit, das eine vom anderen zu unterscheiden.« Welcher kluge Mensch auch immer das gesagt hat: Er hat recht.

Das bringt uns zurück zu dir und deinem Kind und der Frage: Was kannst du jetzt, hier und heute, tun, um öfter liebevoll zugewandt zu bleiben? Wie kannst du allgemein entspannter werden und so schließlich einen Punkt erreichen, an dem dich Reize, die dich früher aus der Haut fahren ließen, womöglich gar nicht mehr aus der Ruhe bringen? Weil du nicht mehr gegen die Realität ankämpfst, sondern mit ihr umgehst.

Was kannst du jetzt, hierundheute, tun, um öfter liebevoll zugewandt zu bleiben?

Dafür gilt es, deinen persönlichen Ressourcenkoffer mit Wissen und Fertigkeiten zu füllen, die dir dabei helfen können, auch bei Stress klarer zu sehen und die »Verbindung« zu dir selbst nicht zu verlieren oder wiederherzustellen, wenn dir das Wasser bis zum Hals steht. Damit du überhaupt mal schauen kannst, was da gerade bei dir los ist: Wann handelst du nicht mehr bewusst? Was will sich durch deine Wut zeigen? Das erfordert Übung und Reflexion, aber nach und nach kann es dir mit den für dich passenden Impulsen gelingen, wieder in deine Mitte zu finden – und zwar bevor die Welle an Emotionen dich völlig erfasst. Dafür wirst du mit deinem Körper und deiner Körperwahrnehmung arbeiten. Und du wirst spüren, dass sich in dir etwas ändert und ins Rollen kommt, was sich richtig anfühlt: zunächst vielleicht ungewohnt, aber danach gut.

Es ist nicht verwunderlich, dass es vielen Eltern schwerfällt, sich auf ihr Kind »einzutunen« und eine tragfähige Verbindung mit ihm zu erleben: Wenn wir uns selbst nicht spüren, nicht mit uns selbst verbunden sind, wie sollen wir es mit jemand anderem sein? Haben wir unseren inneren Kompass verloren, wie wollen wir unseren Kindern Orientierung geben? Wie können wir ihnen zuhören, wenn wir uns selbst nicht hören? Aber du musst mit dir verbunden sein, diesen Kompass wiederfinden und dir selbst zuhören, wenn du Elternschaft bewusst und authentisch leben willst. Um zufriedener und glücklicher mit der Beziehung zu dir und deinem Kind zu sein und tief greifende Veränderungen zu ermöglichen, bist du also auch eingeladen, die spannende Reise der Selbsterforschung anzutreten. Dafür blickst du nach außen, fühlst vor allem aber immer wieder in dich hinein, um dann achtsam und bewusst ins Handeln zu kommen. »The way out is the way in«, sagt die amerikanische Autorin und Begründerin der Methode »The Work« Byron Katie, und auch wir glauben, dass es genau darum geht: Der Ausweg führt nach innen. Hin zu dir, in dein Selbst. Dazu blickst du hinter dein Ego, hinter die Fassade.

Wenn es dir gelingt, auch bei Stress, Wut und anderen starken Gefühlen bei dir zu bleiben oder zu dir zurückzufinden, bietet das reichen, nahrhaften Boden für eine gelingende Beziehung zu dir und deinem Kind. Sowohl seine als auch deine eigenen Emotionen erfassen dich dann nicht mehr ganz und gar, sie schwappen nicht mehr über dich hinweg wie eine unzähmbare Welle, und du schiebst sie auch nicht mehr beiseite. Vielmehr nimmst du sie wahr, siehst sie dir an und gehst mit ihnen um. So wie ein Surfer, der die Welle willkommen heißt, allen Mut zusammennimmt und sie reitet – so gut er kann. Du spürst die Angst und entscheidest dich für die Liebe. Immer wieder.

Der Weg zu deinen ganz persönlichen Antworten wird manchmal eher einem Trampelpfad als einer asphaltierten Straße gleichen. Abkürzungen gibt es keine, und auch einige Stolpersteine hält er bereit. Schließlich aber wird er dich zurück zu dir und in eine stimmige Verbindung mit dir selbst führen: an einen Ort in dir, von dem aus du dich anderen liebevoll zuwenden kannst. Du erlebst dich als der sicherheitsspendende, richtungsweisende Leuchtturm, der du für dein Kind sein willst. Sei stolz auf jede bewältigte Etappe, und vertrau darauf, dass dein Kind schon mehr ist, als es in deinen Augen vielleicht werden muss. Mit diesem Buch wollen wir dich ein Stück dieses Weges begleiten.

Zeit, aufzuräumen: Wie du dein Leben bewusst(er) gestaltest

Sprich zu uns über die Kinder

Und eine Frau, die einen Säugling an der Brust hielt, sagte: Sprich zu uns über die Kinder.

Und er sagte: Eure Kinder sind nicht eure Kinder.

Sie sind die Söhne und Töchter der Sehnsucht des Lebens nach sich selbst.

Sie kommen durch euch, aber nicht von euch.

Und wenngleich sie bei euch sind, gehören sie euch doch nicht.

Ihr dürft ihnen eure Liebe geben, doch nicht eure Gedanken, denn sie haben ihre eigenen.

Ihr dürft ihrem Körper eine Wohnstatt geben, doch nicht ihren Seelen, denn diese wohnen im Haus von morgen, das ihr nicht aufsuchen könnt, nicht einmal in euren Träumen.

Ihr könnt euch bemühen, wie sie zu sein, aber trachtet nicht danach, sie euch gleichzumachen.

Denn das Leben geht weder zurück noch verharrt es im Gestern.

Ihr seid die Bogen, von denen eure Kinder wie lebende Pfeile ausgeschickt werden.

Der Schütze sieht das Ziel auf dem Pfad der Unendlichkeit, und er spannt euch mit seiner Kraft, auf dass seine Pfeile schnell und weit fliegen.

Lasst eure Spannung in der Hand des Schützen auf die Freude zielen, denn so wie er den Pfeil im Fluge liebt, liebt er zugleich den straffen Bogen.

Khalil Gibran2

Das ist ja alles schön und gut, liest sich so poetisch, und uns entfährt ein begeistertes »Ja, genau so, genau das will ich«. Aber seien wir einmal ehrlich: Wie ist das mit den Emotionen? Und wie bekommst du sie in den Griff? Wie kann es dir gelingen, mit ihnen umzugehen – viel eher, als sie zu umgehen, wie du es vielleicht gelernt und die längste Zeit getan hast? Wir könnten nun eine Reihe von Methoden anführen, irgendwelche schlauen Pfeiler, Säulen oder einen Fahrplan, mit dem du schnurgerade von A nach B kommst, und dort wäre dann alles wunderbar. Wir könnten in diesem Buch so tun, als gäbe es diese einfachen Lösungen, die für alle passen. Aber das wäre gelogen.

Befragst du das Internet, findest du zahlreiche Tipps für stressige Momente. Wenn du spürst, dass du gleich schreien musst – was an sich ja schon eine »Kunst« ist, denn die meisten merken das vorab nicht einfach so –, könntest du beispielsweise bis fünf oder bis zehn zählen. Falls das funktioniert und du in dieser Zeit deine Wut wahrnimmst, die Emotion »aus-hältst« und sie dann vorüberzieht, ist alles fein. Herzlichen Glückwunsch! Wir kennen jedoch keine Mutter, bei der das der Fall wäre. Vielmehr treffen wir bei unserer Arbeit auf bemühte Mamas, die sich wie Versagerinnen fühlen, weil ihnen genau das nicht gelingt. Sie können diese Ratschläge, die sich so simpel und plausibel anhören, nicht umsetzen. Und sie haben keine Ahnung, wie sie überhaupt an den Punkt kommen sollen, an dem sie die Wut in sich aufsteigen fühlen, bevor sie sie überrollt. Entweder sie spüren nichts – oder alles. Zu viel!

Kannst du als Mama den Zähltipp anwenden, empfindest dabei die Wut in deinem Körper und schiebst sie nicht weg, ist das toll. Die Erfahrung zeigt aber, dass die meisten Menschen, die es schaffen zu zählen, dann mit ihrer Aufmerksamkeit bei den Zahlen sind und erst recht wieder nicht in ihrem Körper. Wieder keine Verbindung, sondern eine reine Lösungsverschiebung: Erst war deine ungesunde Lösung für die Wut in dir das Schreien – nun sind es die Zahlen. Beides hat nichts mit einem Kontakt mit dir selbst zu tun, und entsprechend sind beide keine sinnvollen Strategien, deinen Emotionen zu begegnen: Du bleibst so oder so in der Vermeidung stecken, weil du gegen das kämpfst, was ist. Damit erlernst du weder den konstruktiven Umgang mit deinen Emotionen, noch kannst du dir auf diese Weise ansehen, was deine Wut dir eigentlich zeigen will. Entsprechend lebst du deinem Kind nicht vor, wie es mit seinen eigenen Gefühlen umgehen kann – sondern wie es sie beiseiteschiebt.

Gute »Erziehung« sehen wir nicht am Verhalten der Kinder, sondern an dem ihrer Eltern.

Wir sind davon überzeugt, dass es nötig ist, sich selbst besser kennenzulernen und wieder in Verbindung mit dem eigenen Körper, den eigenen Empfindungen und dem eigenen Willen zu kommen – und auch dementsprechende Veränderungen vorzunehmen –, um langfristig entspannter zu werden und ganz einfach glücklicher zu sein. Wir müssen »Inventur« machen: Lebensinventur. Und zwar nicht hier mal ein bisschen umdekorieren und da mal etwas verschieben, sondern richtig. Denn irgendetwas stimmt da nicht, irgendetwas liegt quer. Wenn das nicht so wäre, wären wir ganz bewusst, ganz bei uns und würden nicht schreien oder sonstige destruktive Strategien zum eher schlechten als rechten Umgang mit unseren unangenehmen Emotionen wählen. Und auch wenn wir nicht alle zu Erleuchteten werden, die gänzlich in sich ruhen – was wir uns angesichts des so aufregenden Lebens mit Kindern ehrlich gesagt auch ziemlich öde vorstellen –, so ist es doch sicher vorteilhaft, die alte, starre Schale aufzubrechen, wenn sie unsere Weiterentwicklung behindert.

Gute »Erziehung« sehen wir nicht am Verhalten der Kinder, sondern an dem ihrer Eltern. Wenn du in diesem Buch Tipps und Tricks zur Verhaltensänderung deines Kindes suchst, müssen wir dich deshalb enttäuschen. Dein Kind ist schon. Vielleicht nicht immer so, wie du es dir wünschst, aber das ist zum Glück auch nicht der Sinn der Sache. Wir Erwachsenen sind es, die wieder werden müssen. Ganz werden. Ganz wir selbst zum Beispiel. Bewusste Elternschaft bringt dich hin zu dir – und nicht dein Kind weg von sich.

Treten Kinder in unser Leben und unsere Reise durch die Elternschaft beginnt, erleben wir zahlreiche Situationen, in denen wir zwischen unserem Herzen und unserem Hirn hin- und hergerissen sind. Wie handeln? Wie entscheiden? Was ist jetzt »richtig«? Was muss, was soll, was kann – und was nicht? Dabei ist eine Einsicht für uns Eltern essenziell: Dein Kind ist kein »Mini-Me«, also keine kleinere Version von dir, sondern ein individueller Mensch mit seinem eigenen Geist und seiner eigenen Persönlichkeit. Deshalb gilt es, die Person, die du selbst bist, ganz bewusst von deinem Kind – oder jedem deiner Kinder – abzugrenzen. Unsere Kinder gehören uns nicht! Sie sind nicht unser Besitz. Wenn wir uns dessen ganz tief in unserem Inneren bewusst werden, können wir sie begleiten, wie sie es brauchen, und werden sie nicht in eine Richtung zu formen oder zu biegen versuchen, die dem entspricht, was wir zu brauchen glauben.3

Die meisten Eltern wollen das »Beste« für ihre Kinder. Und auch wenn wir davon überzeugt sind, dass manche Eltern leider nicht so empfinden, wollen wir uns hier an diejenigen richten, die es wirklich ehrlich meinen. Fühl dich also bitte angesprochen: Wenn wir uns bemühen, das (aus unserer Sicht) Beste für unsere Kinder irgendwie zu ermöglichen, kann es passieren, dass wir auf diesem Weg etwas aus den Augen verlieren. Nämlich das Recht unserer Kinder, ganz sie selbst und ihr eigener Mensch zu sein und ein Leben zu führen, das zu ihrer Persönlichkeit und ihrem Geist passt.

Wenn wir unsere Kinder liebevoll und bewusst begleiten wollen auf ihrem Weg, müssen wir tief graben. Sonst bleiben wir an der Oberfläche. Dann können wir das, was wir verändern müssen, um diese Qualität der Begleitung und eine gelingende Mutter-Kind-Beziehung zu ermöglichen, gar nicht sehen, geschweige denn anpacken. Erst wenn du weißt, was und wer dich eigentlich davon abhält, so zu leben und zu lieben, wie du es wirklich willst, kannst du für Entlastung sorgen. Bei all unseren Betrachtungen geht es letztlich darum, in ein lösungsorientiertes, friedvolles und von Vertrauen geprägtes Handeln zu kommen.

Sehen wir uns einmal an, was dich stresst und wofür du Energie aufwendest. Und weil du, wenn du darüber nachdenkst, wo deine Stressoren liegen, vielleicht bald dein Kind vor Augen hast, das die Küche in ein Schlachtfeld verwandelt, erst gestern wieder zwei Stunden Einschlafbegleitung gebraucht oder die gesamte Bodylotion auf dem Wohnzimmerboden verschmiert hat, wollen wir eine Grundannahme vorausschicken: Dass es dir geht, wie es dir eben geht, und du dich bei Stress verhältst, wie du dich eben verhältst, hat nichts mit deinem Kind zu tun. Es bringt das Fass vielleicht zum Überlaufen, aber dass es überhaupt so randvoll wurde, liegt in deiner Verantwortung. Es ist also nicht deine Aufgabe als Mama, deine Kinder zu ändern, damit sie in dein Schema passen. Wo aber dann hinblicken? Wo ansetzen? Was untersuchen? Zum Beispiel deine Idee von Liebe, deine Vorstellungen von Glück und »Das muss so sein!«, deine Ansprüche an dich selbst und andere, deinen Begriff von Erfolg, deinen Job, dein Zeitmanagement oder auch deine Beziehungen: Was konkret muss sich ändern, damit du wieder atmen kannst? Wie sieht der Berg an Verpflichtungen aus, denen du nachkommen musst? Und musst du wirklich?

Es ist an dir, all jenes aktiv anzupacken, das deine Ressourcen zu einem zu großen Maß beansprucht, sodass du am Ende nicht mehr die nötigen Ressourcen hast, die es bräuchte, beim nächsten Wutanfall deines Kindes halbwegs gefasst zu bleiben. Damit die Mücke eine Mücke bleibt und eben nicht zum Elefanten wird. Auch Angst vor dem Neuen und Ungewissen kann sich zu deinen Betrachtungen gesellen, und sie darf auch sein – einzig das Steuer darfst du ihr nicht überlassen.

Nicht alles lässt sich ändern, das wissen wir. Aber vieles. Und jenen Umständen, die sich (momentan) nicht ändern lassen, begegnest du mit einem Mindset à la: »Ja, das ist so! Und jetzt gehe ich damit um!« Du nimmst diese Herausforderungen also bewusst an.

Bewusste Lebensgestaltung braucht vor allem eine Frage, und die immer wieder: Wie willst du leben? Und diese Frage ehrlich und reflektiert zu beantworten kann richtig schwer sein. Nicht zuletzt deshalb, weil vielen von uns der eigene Wille bereits in den frühesten Kindertagen sukzessive »abtrainiert« wurde. Dahinter muss keine böse Absicht stecken, das vermag bereits die gängige Erziehung der letzten Jahrzehnte. Als Mama bist du jedoch eingeladen, dein Wollen wiederzuentdecken, während du gleichzeitig das deines Kindes achtest. »Den Willen zu achten« heißt nicht, dass es an dir ist, immer blind zu tun, was dein Kind – oder jemand anders – will. Gemeint ist die Fähigkeit, fremden Willen aushalten, annehmen und auch einfach »sein« lassen zu können, wenn er sich von deinem unterscheidet.

Wir wissen, dass wir hier ein sehr großes Bild zeichnen. Aber wir blieben an der Oberfläche, wenn wir dir in diesem Buch »nur« Tipps und Tricks an die Hand gäben, die du direkt bei Stress anwenden kannst. Denn tief greifende Veränderungen erreichen wir so nicht. Dafür braucht es den Blick nach innen und Selbstkonfrontation. Selbstkonfrontation bedeutet, dich selbst zu sehen, wie du tatsächlich bist, und darüber nachzudenken, wie du dich verhältst: »Was mache ich hier? Will ich so sein? Wie benehme ich mich? Warum fällt es mir so schwer, etwas daran zu ändern? Was würde ich tun, wenn ich keine Angst hätte? Welchen Preis muss ich bezahlen, wenn ich mich frei mache von Erwartungen? Bin ich dazu wirklich bereit?« Diese Auseinandersetzung ist notwendig, um ganz die Verantwortung für dich und dein Handeln zu übernehmen und neue Entscheidungen zu treffen. Dazu ist auch der mutige Blick nach außen erforderlich, indem wir erfassen und uns dem stellen, wer oder was uns wie ge- oder verformt hat. Das kann bedeuten, dass wir aufhören müssen, die Vergangenheit zu beschönigen, und uns den Auswirkungen stellen, die unsere Erlebnisse und Erfahrungen bis heute auf uns haben: dass das, was in deiner Familie oder in der Zeit, in der du geboren bist, als »normal« galt, womöglich nicht gut für dich war.

Bleiben wir an der Oberfläche und graben nicht tiefer oder wenden wir uns an starre Methoden, die angeblich Allgemeingültigkeit haben, um mit unserer Wut und anderen unangenehmen Gefühlen umzugehen, fahren wir weiterhin auf Autopilot. Wir haben nur eine andere Strategie, eine neue Route gewählt. Immer noch sind es aber nicht wir selbst, die sagen, wo wir langfahren wollen, sondern die freundliche Stimme aus dem Navi. So löblich wir es finden, wenn Mamas hüpfen, singen oder von zehn rückwärts zählen, wenn sie versuchen, nicht auszurasten – und glaub uns, wenn wir sagen, dass wir das selbst alles schon getan haben –, so felsenfest überzeugt sind wir davon, dass eine ganzheitliche Betrachtung unserer Lebensumstände erforderlich ist, um Mutterschaft und Frausein bewusst zu leben. Und uns dabei gut zu fühlen!

In diesem Buch erwartet dich daher zweierlei: Wir sehen uns Situationen an, die elterliche Wut und andere starke, unangenehme Gefühle zutage fördern. Wir wollen dir verschiedene Impulse liefern, die du dann nach und nach in Fertigkeiten umwandeln kannst und die dir entsprechend in schwierigen Situationen helfen werden. Wir stellen sozusagen den Werkzeugkoffer bereit, aber die Handwerkerin bist du. Unsere Impulse werden Anleitungen zur Reflexion enthalten und nützliche Tools, mit denen es dir gelingen kann, die Verbindung mit deinem Körper wiederherzustellen. Die verlieren wir bei Stress nämlich als Erstes. Dann braucht es ein »Stopp!« und das Rückbesinnen aufs Jetzt.

Zum Zweiten richten wir den Blick auch auf ebenjene Themen, die wir zuvor bereits angesprochen haben: auf deine Lebensumstände und – allem anderen voran – deine Beziehungen. Wir blicken dann beispielsweise auf Erlebnisse und Menschen, die dich geprägt haben, und kommen um die Frage nicht herum, ob dort vielleicht ebenso einige der Antworten liegen, die du suchst. Es ist schwer, deinem Kind auch bei Stress liebevoll zu begegnen, wenn dein inneres Kind noch lauter schreit als das vor dir. Frühe heftige, mitunter auch traumatische Erlebnisse speichern sich tief in unser Körpergedächtnis – sie sind nicht erinnerbar, aber auch unvergesslich. Und gerade im Leben mit Kindern gibt es dann zahlreiche Trigger, die derlei Prägendes wieder an die Oberfläche holen können. Auch deine jetzigen Beziehungen wollen wir beleuchten. Wie begegnest du deinem Partner? Arbeitet ihr als Team zusammen? Verbringst du Zeit mit Menschen, weil du das möchtest, oder aus einem Pflichtgefühl heraus? Welche »Energievampire« versorgst du (mit)? Wir wollen dir zeigen, wie aktive Beziehungsgestaltung aussehen kann und was dafür nötig ist. Auch die Frage, ob du dich traust, Nein zu sagen, wenn du Nein meinst, wird uns beschäftigen. Es fällt uns nicht leicht, Menschen zu enttäuschen, die uns nahestehen. Und du kannst dich bemühen und versuchen, alles zu ermöglichen – solange dies kein Nein zu dir selbst bedeutet.

Eine so ganzheitliche Betrachtung ist in unseren Augen unerlässlich, wenn wir das Ziel haben, auch bei Stress, Wut und anderen starken Gefühlen öfter liebevoll und halbwegs entspannt zu sein. Oder viel mehr noch: wenn wir mit unseren Gefühlen bewusst umgehen können wollen, ohne uns von ihnen gänzlich erfassen zu lassen. Denn ist die Not erst einmal da, läuft dein Handlungsspielraum gegen null. Deshalb ist diese umfassende »Lebensinventur« als Grundlage erforderlich: Nur wenn es dir gut geht, kann es auch deinem Kind wirklich gut gehen. Achte auf dich. Du bist wichtig. Mach dein persönliches Wohlergehen zu einer Priorität. Das ist nicht egoistisch, sondern essenziell.

Nur wenn es dir gut geht, kann es auch deinem Kind wirklich gut gehen.

Das Zielbild, das uns vorschwebt, können wir nicht von jetzt auf gleich erreichen. Es bleibt die Frage offen, ob wir das überhaupt jemals werden. Bewusstsein in der Form, wie wir es bei der bewussten Elternschaft antreffen, kann nur aus Unbewusstem entstehen. Deshalb geht es vielmehr um den Weg, den wir gehen, und um den Prozess, dem wir uns stellen wollen. Was wir dir hier anbieten können, sind Dinge, die uns geholfen haben, oder metaphorisch gesprochen Rezepte, die uns schmecken und die uns bekommen. Unsere Einladung an dich ist, dir das zu nehmen, was für dich passt. Mach es zu Deinem, und gib dich erst zufrieden, wenn es dir richtig mundet.

Allerdings gibt es ein paar Zutaten, um die du nicht herumkommst, wenn du so leben willst, wie du es dir vorstellst: Du wirst aufhören müssen, andere Menschen automatisch an die erste Stelle zu stellen – deine Kinder, deine Eltern, deinen Partner – und ihnen um jeden Preis ein gutes Gefühl zu geben. Du wirst dich liebevoll selbst beobachten und dir wohlwollend Feedback geben müssen. Du wirst dir erlauben müssen, Fehler zu machen, um daraus zu lernen. Du wirst Zeit mit dir und für dich (vielleicht auch begleitet) brauchen, um dich mit dir selbst zu beschäftigen.

Elternsein ist ein Prozess, ein Weg, der beim Gehen entsteht. Elternschaft und Beziehung sind Learning by Doing. Auch das Lesen dieses Buches gehört dazu. Du gehst deinen Weg gemeinsam mit und parallel zu deinen Kindern, die wiederum von dir lernen, wie man auch durchs Leben gehen kann. Und dann werden sie – früher, als du denkst – ihren eigenen Weg finden. Sie werden über dich hinauswachsen und schneller sein als du, weil du ihnen schon so vieles vorgelebt hast.

Info-Box: Professionelle Hilfe

An dieser Stelle möchten wir dich darauf hinweisen, dass die Inhalte dieses Buches dich an deine Grenzen bringen können und wir es als sinnvoll und notwendig erachten, dass du dir professionelle Unterstützung suchst, wenn du das Gefühl hast, überwältigt zu sein und es allein nicht zu schaffen.

Wie du dieses Buch verwenden kannst

Dieses Buch schreit: »Benutze mich!« Es enthält viele Impulse, Beispiele, Gedanken und Übungen, die darauf warten, von dir durchdacht, reflektiert und mitunter auch ausgefüllt zu werden. Wir würden uns freuen, wenn es für dich zu einer treuen Begleiterin wird:

•Halt, wenn du magst, einen Bleistift oder Kugelschreiber bereit. Ein Bleistift ist gut, weil du deine Antworten wegradieren und die Impulse so in Zukunft – womöglich mit einem anderen Mindset, in einer anderen Lebenslage – erneut beantworten kannst. Wenn du nicht ins Buch schreiben magst, nimm dir ein Heft dazu. So kannst du das Buch auch ganz einfach an andere Menschen weitergeben, falls du das möchtest.

•Bleib offen. Prüf unsere Aussagen für dich kritisch, und hab keine Angst, alles zu hinterfragen. Wir möchten dich dazu ermutigen, deine ganz persönlichen Antworten zu finden!

•Nimm dir Zeit für die Impulse. Wir haben uns Mühe gegeben, alle verwendeten Bilder verständlich zu machen und hinreichend auszuschmücken, dass sie für Eltern greifbar und keine Experten für die Übersetzung der Inhalte nötig sind. Auch nicht, wenn wir über Beziehungsdynamiken oder das menschliche Gehirn schreiben. Aber die Inhalte können dich herausfordern, gerade wenn es darum geht, in die Selbstreflexion zu kommen, deine eigenen Standpunkte zu prüfen und die Dynamiken in deinen Beziehungen sichtbar zu machen.

Alles Leben ist Begegnung. Dieses Buch kann daher nur ein weiterer Puzzlestein auf deinem Weg sein. Es ist ein Einblick in unsere Erfahrungen und gelebten Werte, die wir dir gern anbieten wollen. Auch mit unserer Arbeit wollen wir diese »Momente der Begegnung« schaffen. Deshalb gibt es uns in den sozialen Medien, unsere Videos, Workshops, die Wertschätzungszone und das Zentrum für bewusste Elternschaft: um Kontakt zu ermöglichen und ein Stück unseres Weges gemeinsam mit dir zu gehen, so du das möchtest. Wenn du mehr über uns beide Schreibenden und unsere Wege zur Beziehungsorientierung und bewussten Elternschaft lesen willst, blättere gern in den Anhang. Dort haben wir beschrieben, wie wir zu dieser Haltung kamen.

Wir wünschen dir viel Freude und bereichernde Erkenntnisse mit diesem Buch!

Know your Trigger: Was macht dich wütend?

Kinder haben es manchmal nicht leicht mit uns Erwachsenen. Da gibt es so vieles zu sehen, zu lernen und zu entdecken. Und leider passen dieser Entdeckerdrang und das kindliche Wollen nicht immer mit den Vorstellungen und Plänen der Eltern zusammen. Je grundentspannter wir sind, je besser wir uns selbst kennen und je selbstbestimmter wir leben, desto eher gelingt es, Lösungen zu finden, die für beide gut oder zumindest gangbar sind. Ganz pragmatisch gedacht: Sind wir selbstständig, können wir unsere Arbeitszeiten womöglich flexibel gestalten. Leben wir zudem kindergarten- oder schulfrei, gibt es vielleicht keinen Grund, frühmorgens in Eile zu sein. Führen wir gelingende Beziehungen mit unserem Partner und anderen Erwachsenen, halten sie uns womöglich den Rücken frei und unterstützen uns. Auch wenn diese Faktoren allein noch kein erfülltes Leben bedeuten, so machen sie doch einiges leichter.

Aber all das ist für sehr viele Familien eben Wunschdenken. Statt Grundentspannung und Selbstbestimmtheit sind es entsprechend also vielmehr Stress und Fremdbestimmung, mit denen sie irgendwie umgehen müssen. Vielleicht bist du zudem in einer Umgebung aufgewachsen, in der es überlebensnotwendig war, dich anzupassen und zu verbiegen; und der Kontakt mit dir selbst, diese wichtige Verbindung, ist auf ebendiesem Weg verloren gegangen.

Wo auch immer genau deine persönlichen Stressoren liegen: Unter all dem Druck und den Belastungen, die du schultern musst (musst du wirklich?), und den prägenden Erlebnissen, die du in dir trägst, wird dein elterlicher Geduldsfaden vielleicht dünn und reißt leicht. Angesichts all der Gelegenheiten, dich wütend zu machen, wird das Zusammenleben mit dir für dein Kind dann zeitweise regelrecht zum Spießrutenlauf.

Wir haben einige Mamas gefragt, wann sie am schnellsten wütend werden. Die Antworten möchten wir gern mit dir teilen – vielleicht findest du dich darin wieder. Wenn du willst, kreuze die entsprechenden an, oder erweitere die Liste.

Im Folgenden werden wir auf einige der Dynamiken, Glaubenssätze und versteckten Erwartungen, die diese bunte Liste widerspiegelt, kurz eingehen und erste Impulse bieten, die womöglich Neues sichtbar machen, bevor wir im Lauf des Buches tiefer graben.

Übung: Was mich wütend macht

Ich werde wütend, wenn …

mein Kind mit Spielzeug wirft.

mein Kind schreit.

mein Kind mit Essen spielt.

mein Kind etwas kaputt macht, was mir wichtig ist.

mein Kind nicht aufräumt und es mir zu unordentlich ist.

mein Kind sich zu sehr in eine Sache reinsteigert.

mein Kind mich schlägt und trotz Bitten nicht aufhört.

mein Kind nicht im Wagen sitzen bleiben will.

mein Kind sich mit allen Mitteln gegen das Einschlafen wehrt.

mein Kind mir ins Gesicht haut.

mein Kind mich anlügt.

mein Kind undankbar ist.

mein Kind so gar nicht kompromissbereit ist.

mein Kind mir nicht folgt, obwohl ich freundlich bitte.

mein Kind sich etwas zu essen wünscht und es dann nicht isst.

meine Kinder ununterbrochen »Mama, Mama, Mama!« rufen.

meine Kinder sich streiten.

beide Kinder gleichzeitig etwas von mir wollen.

der Große dem Kleinen wehtut.

mein Mann mich nicht ernst nimmt.

mein Mann mir die Worte im Mund verdreht.

man mir sagt, ich soll doch nicht so »unentspannt« sein.

mehrere Leute gleichzeitig an mir zerren.

niemand hört, was ich sage.

jemand anders über mich bestimmt.

jemand ungerechtfertigte Erwartungen an mich stellt.

ich müde bin.

ich Hunger habe.

ich ignoriert werde.

mich jemand anschreit.

ich funktionieren muss.

es um mich herum zu laut wird.

es mir selbst nicht gut geht.

ich überfordert bin ohne Aussicht auf Unterstützung.

ich »multitasken« soll.

ich nicht wahrgenommen werde.

ich zu wenig Zeit für mich habe.

etwas nicht nach meinem Plan läuft.

meine Erwartungen nicht erfüllt werden.

meine Bemühungen nicht wertgeschätzt werden.

ich keine Rückzugsmöglichkeit habe.

ich etwas schon tausendmal gesagt habe und trotzdem nicht gehört werde.

zu viele Gedanken in meinem Kopf sind.

ich Zeit mit meiner Schwiegermutter verbringen muss.

ich mich so bemühe, aber nichts davon jemals gut genug ist.

ich mich hilflos fühle, weil ich doch schon alles versucht habe.

Deine Ergänzungen:

Du hast nun vor Augen, was dich wütend macht. Die Forschungsfrage, die wir uns zunächst stellen wollen, ist: »Warum?« Warum macht dich etwas wütend? Warum wirst du getriggert? Um dann weiter zu reflektieren und idealerweise gleich ein paar Lösungen zu erdenken.

Übung: Warum ich wütend werde

–Ich werde wütend, wenn ______________________________.

–Weil ich in dieser Situation befürchte/erwarte/hoffe/Angst habe, dass ______________________________________________.

–Was ich in dem Moment gern für mich hätte, ist: _______________________________________________________________.

–Ich kann Folgendes tun, um mir das zu besorgen beziehungsweise das zu ermöglichen: _____________________________.

Was aufgrund einiger Antworten sichtbar wird, ist die Wichtigkeit unserer eigenen (Grund)bedürfnisse und dass wir ihnen hinreichend nachkommen:

•Ich werde wütend, wenn ich Hunger habe.

•Ich werde wütend, wenn ich müde bin.