Wir sind für einander bestimmt - Gisela Reutling - E-Book

Wir sind für einander bestimmt E-Book

Gisela Reutling

5,0

Beschreibung

Seit über 40 Jahren ist Mami die erfolgreichste Mutter-Kind-Reihe auf dem deutschen Markt! Buchstäblich ein Qualitätssiegel der besonderen Art, denn diese wirklich einzigartige Romanreihe ist generell der Maßstab und einer der wichtigsten Wegbereiter für den modernen Familienroman geworden. Weit über 2.600 erschienene Mami-Romane zeugen von der Popularität dieser Reihe. Als er sie zum ersten Mal in dem crèmeweißen Porsche sah, dachte er noch, es könnte ein Zufall sein. Sie mochte den Bus verpaßt haben. Ein junger Mann, der gerade vorbeikam und an der Ampel halten mußte, hatte das hübsche Mädchen mitgenommen. So etwas gab es ja. Carolin würde es ihm erzählen, mit vergnügt funkelnden Augen: Du, stell dir vor, ich bin heute in einem weißen Porsche gefahren! Aber, ganz gegen ihre sonstige Art, daß sie ihm doch haarklein alles berichtete, was sie in der Schule und außerhalb erlebte, dies erwähnte sie nicht. Das machte Stefan schon stutzig. Sollte er sich geirrt haben, überlegte er. Aber er hatte sie doch erkannt. Wo in der Stadt gab es denn auch sonst noch so einen goldrotblonden Wuschelkopf? Natürlich hätte er sie beiläufig danach fragen können. Doch das kam ihm dann auch zu dumm vor, und schließlich vergaß er es. Es fiel ihm erst wieder ein, als Carolin nun öfter keine Zeit für ihn hatte. Nicht einmal am Sonntag, der doch seit bald einem halben Jahr immer ihnen gehört hatte. Ihre Vorwände erschienen ihm fadenscheinig. Einmal war es eine Freundin, der sie in ihrem Liebeskummer beistehen mußte, ein anderes Mal gab es einen Geburtstag in der Verwandtschaft, bei dem sie nicht fehlen durfte, ohne jemand zu kränken. Zu arbeiten hatte sie auch noch, denn das Abitur lag nicht mehr allzufern. Endlich riß Stefan der Geduldsfaden. Er fing sie in der Friedrichstraße vor dem Ballettstudio ab. Carolin nahm dort von siebzehn bis achtzehn Uhr fünfzehn Unterricht.

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Leseprobe: Die Not des Herrn Professor

Michaela Dornberg ist mit ganzem Herzen in die bezaubernde Welt des Sonnenwinkels eingedrungen, sie kennt die so sympathische Familie des Professors Auerbach mit dem Nesthäkchen Bambi inzwischen schon besser als jeder andere. Die geliebte kleine Bambi wird in den neuen Romanen für besondere Furore sorgen, und eine erfrischend engagierte junge Ärztin wird den Sonnenwinkel gehörig aufmischen.

Mami Classic – 27 –

Wir sind für einander bestimmt

Gisela Reutling

Als er sie zum ersten Mal in dem crèmeweißen Porsche sah, dachte er noch, es könnte ein Zufall sein. Sie mochte den Bus verpaßt haben. Ein junger Mann, der gerade vorbeikam und an der Ampel halten mußte, hatte das hübsche Mädchen mitgenommen. So etwas gab es ja. Carolin würde es ihm erzählen, mit vergnügt funkelnden Augen: Du, stell dir vor, ich bin heute in einem weißen Porsche gefahren!

Aber, ganz gegen ihre sonstige Art, daß sie ihm doch haarklein alles berichtete, was sie in der Schule und außerhalb erlebte, dies erwähnte sie nicht. Das machte Stefan schon stutzig.

Sollte er sich geirrt haben, überlegte er. Aber er hatte sie doch erkannt. Wo in der Stadt gab es denn auch sonst noch so einen goldrotblonden Wuschelkopf?

Natürlich hätte er sie beiläufig danach fragen können. Doch das kam ihm dann auch zu dumm vor, und schließlich vergaß er es.

Es fiel ihm erst wieder ein, als Carolin nun öfter keine Zeit für ihn hatte. Nicht einmal am Sonntag, der doch seit bald einem halben Jahr immer ihnen gehört hatte. Ihre Vorwände erschienen ihm fadenscheinig.

Einmal war es eine Freundin, der sie in ihrem Liebeskummer beistehen mußte, ein anderes Mal gab es einen Geburtstag in der Verwandtschaft, bei dem sie nicht fehlen durfte, ohne jemand zu kränken. Zu arbeiten hatte sie auch noch, denn das Abitur lag nicht mehr allzufern.

Endlich riß Stefan der Geduldsfaden. Er fing sie in der Friedrichstraße vor dem Ballettstudio ab. Carolin nahm dort von siebzehn bis achtzehn Uhr fünfzehn Unterricht. Wozu eigentlich, das war ihm nicht ganz klar. Sie war auch ohne dies schlank und graziös genug.

Sie wurde rot, als sie ihn sah. Sie hatte ein sehr hellhäutiges Gesicht, mit ein paar Sommersprossen auf der geraden kleinen Nase, die auch jetzt im Herbst nicht verblaßten.

»Ach, Stefan, du?« sagte sie etwas hilflos und blickte die Straße entlang, wo sich ein Auto an das andere reihte.

»Hattest du jemand anderes erwartet?« fragte Stefan. »Komm, steig ein, ich stehe im Halteverbot. Wir gehen zusammen essen. Ich muß mit dir reden. Siehst du, Max wartet schon auf dich.«

Tatsächlich bellte Max freudig und fuhr mit den Vorderpfoten wie wild an der Autoscheibe auf und nieder. Er war ein schöner, kluger Airedeale-Terrier, Stefan nannte ihn seinen besten Freund.

Carolin mußte Max nun erst begrüßen, ihm über das glänzendbraune krause Fell streicheln, bevor sie neben Stefan Platz nehmen konnte. Die ersten hundert Meter herrschte ein sehr angespanntes Schweigen zwischen ihnen. Dann redeten sie über das Wetter. Es war feuchtkalt und neblig, aber wenn man den Meteorologen glauben durfte, sollte es in den nächsten Tagen ja wieder besser werden…

»So«, sagte Stefan, als sie in ihrem Stammlokal »Bei Mario« am Tisch saßen und Max sich brav darunter ausgestreckt hatte, »jetzt wollen wir doch unsere hochinteressante Unterhaltung über das Wetter beenden.«

»Und uns was Gutes aussuchen«, fiel ihm Carolin mit einem spitzbübischen Lächeln ins Wort und griff nach der Speisekarte. »Ich habe nämlich wirklich Hunger«, fuhr sie im Plauderton fort, »die Frau Fabry hat uns heute ganz tüchtig ’rangenommen. Stell dir vor, sie wird mit ihrem Partner zum Tanzturnier nach Baden-Baden fahren, in den Lateinamerikanischen Tänzen sind die beiden große Klasse. Hoffentlich holen sie sich da den ersten Preis.«

Immer schön ablenken, dachte Stefan grimmig. Aber so kommst du mir diesmal nicht davon, meine Süße.

Sie bestellten doch wieder die Pizza Napoli, die bei Mario eine Spezialität war. Er bediente sie persönlich, warf der »bella Carolin« einen glühenden Blick aus dunklen Augen zu. »Sie waren zwei Wochen nicht da«, behauptete er.

»Das ist Ihnen aufgefallen?« lachte Carolin kokett.

»Es waren drei Wochen«, stellte Stefan richtig, als der Wirt sich mit tänzelndem Schritt entfernt hatte, »und ich möchte wissen, warum du dich neuerdings so rar machst, Carolin. Nun denk dir keine neue Ausrede aus, sondern sage mir die Wahrheit.«

Carolin machte ihren Schmollmund. »Du sprichst so streng heute zu mir, Stefano. Bald in einem Ton wie unser Mathe-Lehrer.«

»Fährst du vielleicht lieber in einem weißen Porsche, anstatt mit einem Mittelklassewagen?« fragte Stefan sehr direkt.

Es war ein Schuß ins Schwarze gewesen. Sie zuckte deutlich zusammen, und wieder lief eine Blutwelle über ihr zartes Gesicht.

Stefan preßte die Lippen zusammen. Etwas, tief innen, tat plötzlich weh. Aber das hatte er schon einmal erlebt.

»Wie kommst du denn darauf«, murmelte Carolin und beugte sich über ihr Glas mit dem leichten italienischen Rotwein.

Für Stefan besagte das nun nichts mehr. »Ich habe dich gesehen…« Er stockte, weil in diesem Moment der Kellner an den Tisch trat, ihnen mit Schwung die Pizza servierte und »Buon appetito« wünschte.

Die beiden griffen nach ihrem Besteck. »Es ist doch nichts dabei«, sagte Carolin vage, aber ihre Wangen brannten immer noch.

»Das möchte ich eben wissen, ob etwas ›dabei‹ ist oder nicht«, erwiderte Stefan. »Doch iß erst. Du bist doch hungrig.«

Die Pizza war knusprig und so köstlich belegt wie sonst auch. So recht genießen konnten sie sie diesmal nicht. Man sah es Carolin förmlich an, wie es hinter ihrer Stirn arbeitete.

»Es liegt mir wahrhaftig nicht, den eifersüchtigen Othello zu spielen«, begann Stefan, als sie mit der Speise fertig waren. »Aber du mußt mir schon sagen, woran ich bin. Ich mag keine unklaren Verhältnisse.«

Carolin zerknüllte ihre Papierserviette. »Also gut, ich bin ein bißchen verliebt in Tim«, bekannte sie, »und er ist es in mich. Er verwöhnt mich, und er schenkt mir jedes Mal rote Rosen, wenn wir uns sehen.«

»Jedes Mal«, wiederholte Stefan betont und nicke dabei mit übertriebener Hochachtung. »Und wer ist dieser Tim, wenn man fragen darf?«

»Tim Schweikart. Ihm gehört das schicke Werbebüro am Rathaus-Platz. Supermodern eingerichtet ist das, und Aufträge haben die, ganz toll.«

»So so.« Damit konnte er natürlich nicht konkurrieren. Er, Stefan Eschbach, 27 Jahre alt und angestellter Diplom-Ingenieur bei der Baufirma Goebel. Er nahm einen großen Schluck Bier, um den bitteren Geschmack in seinem Mund hinunterzuspülen.

»Es ist ja mehr nur so ein Flirt, Stefan«, sagte Carolin unsicher. »Ich meine, etwas Freiraum sollten wir uns schon lassen, nicht?«

Freiraum. Wie das klang aus dem Mund der Neunzehnjährigen. Stefan sah sie an, mit ihrem schwellenden roten Mund, den er oft und gern geküßt hatte. Jetzt küßte diesen ein anderer, der ihr rote Rosen schenkte.

»Tut mir leid, ich kann mit dem Wort nichts anfangen«, äußerte er achselzuckend. »Du hast mir etwas vorgeschwindelt und dich indessen mit einem Mann namens Tim getroffen. Das nennst du Freiraum. Ich teile doch meine Freundin nicht, Carolin.«

»Ich möchte dich aber doch auch nicht verlieren«, behauptete Carolin kleinlaut. »Nur darum hab’ ich manchmal ein kleines bißchen geschwindelt.« Ihre weitgeschnittenen hellbraunen Augen blickten unschuldig, beinahe kindlich. Sie ist doch zu jung für mich, ging es Stefan durch den Sinn. Sie tändelt noch, läßt sich beeindrucken von Äußerlichkeiten, will ausprobieren – und den guten alten Stefan im Hintergrund behalten.

Er schüttelte den Kopf und lächelte nachsichtig, wie man über ein Kind eben lächelt. Etwas verzerrt war es dennoch.

»Nein, Carolin, so geht das nicht. Dann machen wir lieber gleich Schluß. Du wirst dich sicher noch öfter verlieben, und die Freiheit sollst du auch haben. Nur mich mußt du dann aus dem Spiel lassen. Ich bin kein Hampelmann, weißt du.«

Carolin zog die Unterlippe zwischen die Zähne. Ihr Blick irrte durch den Raum, der sich inzwischen mit Gästen gefüllt hatte. Mario, in der Küche, hatte alle Hände voll zu tun, die Kellner eilten.

»Wünschen Sie noch ein Dessert?«

»Nein, danke. Oder möchtest du noch etwas?«

Als Carolin nur stumm verneinte, bat Stefan um die Rechnung.

Max rappelte sich empor, als er merkte, daß es ans Aufbrechen ging. Vorwurfsvoll sah er seinen Herrn und dessen Freundin an, die ihm beide heute auch nicht das kleinste Häppchen zugesteckt hatten.

Betteln durfte er als wohlerzogener Hund nicht im Restaurant, selbst wenn ihm da die wundervollsten Düfte in die Nase stiegen.

»Du bekommst nachher was Gutes in deine Schüssel, mein Braver«, versicherte Stefan und klopfte ihm den kräftigen Rücken.

Draußen war der Nebel dichter geworden, nur fahl erhellten die Lampen noch die Straßen. »Ich bring dich nach Hause«, sagte Stefan zu Carolin.

»Ach das ist nicht nötig«, wehrte Carolin ab. »Du brauchst den Umweg nicht zu machen, es ist doch schlecht zu fahren bei dem Nebel. Ich habe ja da drüben die Straßenbahn, sie hat Anschluß an den Bus.«

»Wie du willst.« Er hatte den Eindruck, daß sie das Zusammensein nicht ausdehnen wollte. Sie standen sich gegenüber, Carolins Gesicht war sehr blaß, fast weiß. Es mochte auch an der diffusen Beleuchtung liegen.

»Bist du mir sehr böse?« fragte sie naiv.

»Böse? Nein. Es ist eben, wie es ist. Wir haben einander ja nicht ewige Treue gelobt. Mach’s gut, Carolin.« Er hob die Hand und strich ihr leicht über die Wange.

Sie nickte kurz und heftig, würgte ein »Tschüß, Stefan«, hervor und eilte mit hochgezogenen Schultern davon, verschwand im dunstigen Grau. Max, der Hund, schickte ein rauhes »Wau!« hinter ihr her. Wer war er denn, daß Herrchens Freundin ihn vergaß?

Nachdenklich und trübe gestimmt fuhr Stefan nach Hause. Es herrschte nur noch wenig Verkehr. Die Menschen blieben lieber im warmen Wohnzimmer oder in einem freundlichen Gasthof, anstatt noch unterwegs zu sein. Er brachte den Wagen in die Garage, ließ Max noch einmal an den nächsten Baum, dann sprangen sie die Treppen hinauf zum 3. Stock. Es gab zwar einen Lift im Haus, aber Herr und Hund waren ja sportlich.

Drinnen lief Max sofort zu seinen Schüsseln, aus der einen schlabberte er etwas Wasser, in die andere, leere, klopfte er mit der Vorderpfote und sah Stefan auffordernd an. Der gab ihm noch, was sein Hundeherz erfreute. Es war im Nu weg. Seine Tagesration erhielt er immer, wenn sie vom Dienst kamen, so kurz nach fünf. Max war nämlich tagsüber bei Stefan in dem Planungsbüro, er störte da nicht im geringsten, und die Sekretärinnen rissen sich darum, mal kurz mit ihm um die Ecke zu gehen, wenn es sein mußte. Alle hatten ihn gern und knauserten nicht mit Streicheleinheiten.

»Tja, mit der Liebe scheine ich kein Glück zu haben, alter Freund«, philosophierte Stefan vor sich hin, als sie es sich in der Sesselecke bequem gemacht hatten. »Voriges Jahr ging’s mit der Beatrix nicht mehr weiter, weil sie alles besser wußte als ich. Das Fräulein Lehrerin hat geglaubt, einen ihrer Abc-Schützen vor sich zu haben. Was hat mich das genervt! Und nun ist’s also auch mit Carolin Schluß. Sie hat nicht mal den Versuch unternommen, mich zu halten. Hat es einfach akzeptiert. Ihr Porschefreund ist ihr mehr wert, ganz klar.«

Max seufzte abgrundtief und streckte die Pfoten von sich. Er schielte zu seinem Herrn empor, als wollte er sagen, mach dir nichts draus, es gibt noch andere hübsche Mädchen.

Aber der fuhr fort: »So was nennt man nun Liebe… Na ja, vielleicht ist das ein zu großes Wort für unsere gewesene Beziehung. Aber was ist denn dann Liebe? Der Sommer mit Carolin war schön, da gibt es nichts. Sie konnte schon sehr süß sein, die kleine Hexe…« Er geriet ins Träumen, und er wurde ganz traurig darüber. »Vielleicht hätte ich ihr doch öfter mal rote Rosen schenken sollen. Hab’ ich das überhaupt jemals getan? Frauen fliegen anscheinend darauf.«

Max gähnte. Rote Rosen interessierten ihn nicht. Ein Wurstzipfel war ihm lieber. Er legte den Kopf auf die Pfoten und beschloß, seinen Herrn diesen Monolog allein weiterführen zu lassen. Mit dem war sowieso nichts anzufangen heute abend. Und jetzt holte er sich doch wahrhaftig noch eine zweite Flasche Bier, was Max mißbilligend beäugte. Wo er doch sonst nicht literweise trank!

Sein Hund gab schon seit einer Weile ein leises Schnarchen von sich, als Stefan auch die nötige Bettschwere hatte. Sich reckend, stemmte er sich aus seinem Sessel empor. Er würde schon drüberkommen. Morgen war ein neuer Tag.

*

In der Tat war Stefan Eschbach nicht der Mann, der über eine zerbrochene Liebschaft nun endlos ins Sinnen und Grübeln kam. Dafür war er zu realistisch. Der Alltag, die Arbeit nahm ihn genügend in Anspruch, darüber hinaus hatte er Freunde, noch von der Studienzeit her, die ähnliche Erfahrungen gemacht hatten. Einer war sogar bereits nach kurzer Ehe wieder geschieden. Stefan nahm sich vor, lange, lange keine Frau mehr anzuschauen.

Er hatte noch zwei Brüder, sie waren altersmäßig nicht weit auseinander. Robert, ausgerechnet der jüngste, heiratete zu Beginn des neuen Jahres. Stefan war einer der beiden Trauzeugen.

»Menschenskind, du strahlst ja aus allen Knopflöchern«, bemerkte er nach der Zeremonie auf dem Standesamt belustigt.

»Nachmachen, Bruderherz!« sagte Robert und klopfte ihm auf die Schulter.

»Ich denke nicht dran«, wehrte Stefan dieses Ansinnen ab. »Mir gefällt mein Single-Dasein ganz gut. Da gibt’s wenigstens keinen Ärger.«

»Hahahaha«, machte der frischgebackene Ehemann nur.

Die Mutter lächelte in sich hinein. Sie war froh, nun wenigstens einen ›unter der Haube‹ zu haben, zumal die Schwiegertochter ein patentes Mädchen war und rasch ihr Herz gewonnen hatte.

Als sie heranwuchsen, hatte sie ja doch manchmal ihre liebe Not mit den drei Jungs gehabt, wobei Frau Hannelore Wert auf das Beiwort legte, denn sie war wie ihr Mann stolz auf die wohlgeratenen Söhne.

Als es allmählich wieder Frühling wurde, begann Stefan, Urlaubspläne zu machen. Nach Süden wollte er, wohin auch sonst nach ungemütlichen, regenreichen Monaten. Also ans Mittelmeer, zu Italiens Küsten, zu den Inseln hinüber, Elba, Korsika und Sardinien, vielleicht bis hinunter nach Sizilien.

Im Mai holte er sein Wohnmobil aus dem Winterschlaf und brachte es so nach und nach wieder auf Hochglanz. Max umsprang ihn dabei kläffend, er ahnte schon, daß es bald auf große Fahrt gehen würde. Er hatte ebenso wie sein Herr viel Freude am Autofahren.

Anfang Juni war es soweit. Ganze vier Wochen Ferien lagen vor Stefan und seinem Hund. Er fand, daß sie es sich beide verdient hatten. Frohgemut und voller Unternehmungsgeist starteten sie.

Schon nach einigen Stunden wurde die Landschaft südlicher, die Luft wärmer und die Sonne intensiver. Zuweilen hing Max seinen Kopf aus dem offenen Fenster in den Wind. Auf den großen Rastplätzen an den Autobahnen ließ es sich herrlich strolchen.

Manchmal standen ganz hübsche Anhalterinnen an den Ausfahrten. Stefan verkniff es sich, eine mitzunehmen.

»So was fangen wir gar nicht erst an, Max!«

»Wau!« machte Max, zum Zeichen seines Einverständnisses. Er hatte noch nie soviel von seinem Herrn gehabt wie in all dieser Zeit des Alleinseins mit ihm.

Etwa fünfzig Kilometer hinter Livorno, der toskanischen Hafenstadt, entdeckte Stefan einen großen Campingplatz, der ihm gefiel. Er lag an einem breiten Sandstrand, der sich bis zum Leuchtturm von Baveno hinzog. Das war ein hübscher Ort mit einer alten Kirche und bunt zusammengewürfelten weiß und rosa getünchten Häusern. Stefan beschloß, zunächst einmal hier zu bleiben. Er bekam auch noch einen guten Standplatz für sein Wohnmobil. Kaum hatte er sich häuslich eingerichtet, ging er schwimmen. War das eine Wohltat nach der langen Fahrt!