Mannschaftspsychologie - Sigurd Baumann - E-Book

Mannschaftspsychologie E-Book

Sigurd Baumann

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Beschreibung

Eine Mannschaft besteht aus mehreren Einzelsportlern, doch bilden mehrere Einzelsportler noch keine Mannschaft. In diesem Buch werden die wesentlichen psychologischen Prozesse beschrieben, die zur Bildung von Mannschaften und zur Entwicklung von Teamleistung notwendig sind. Leistungsabfall, Formkrisen, Problemspieler werden ebenso aufgegriffen wie Trainerverhalten, Motivierungstechniken oder die Wirkung verschiedener Mannschaftstypen auf Zufriedenheit und Leistungsbewusstsein der Mannschaftsmitglieder. Besondere Aufmerksamkeit wird den mannschaftsdynamischen Prozessen bei Jugendmannschaften und den Verhaltensweisen von Jugendlichen gewidmet. Sieg und Niederlage, Risikoverhalten, Erwartungsdruck, Selbstvertrauen oder mentales Training für Spieler sind weitere, exemplarisch genannte Themenfelder.

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Seitenzahl: 259

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DER AUTOR

Prof. Dr. Sigurd Baumann, Diplompsychologe, studierte Sport, Chemie, Biologie und Psychologie in München, Salzburg und Würzburg. Von 1965 bis 1993 lehrte er an der Universität Würzburg. Seit 1993 ist er Professor für Sportpädagogik mit Schwerpunkt Sportpsychologie an der Universität Bamberg. Seit vielen Jahren engagiert er sich in der Aus- und Weiterbildung von Lehrern, Übungsleitern und Trainern. Als staatlich geprüfter Skilehrer, Leistungsturner, Eishockey- und Fußballspieler verfügt er über eine breite Praxiserfahrung.

Der Bayerische Landes-Sportverband hat die Herausgabe dieses Buches ermöglicht.

Mannschaftspsychologie

Aus Gründen der besseren Lesbarkeit haben wir uns entschlossen, durchgängig die männliche (neutrale) Anredeform zu nutzen, die selbstverständlich die weibliche mit einschließt.

Das vorliegende Buch wurde sorgfältig erarbeitet. Dennoch erfolgen alle Angaben ohne Gewähr. Weder der Autor noch der Verlag können für eventuelle Nachteile oder Schäden, die aus den im Buch vorgestellten Informationen resultieren, Haftung übernehmen.

Sigurd Baumann

Mannschaftspsychologie

Methoden und Techniken

Herausgeber: Bayerischer Landes-Sportverband

Meyer & Meyer Verlag

Mannschaftspsychologie – Methoden und Techniken

Bibliografische Information der Deutschen Nationalbibliothek

Die Deutsche Nationalbibliothek verzeichnet diese Publikation in der Deutschen Nationalbibliografie;

detaillierte bibliografische Daten sind im Internet über http://dnb.d-nb.de abrufbar.

Alle Rechte, insbesondere das Recht der Vervielfältigung und Verbreitung sowie das Recht der Übersetzung, vorbehalten. Kein Teil des Werkes darf in irgendeiner Form – durch Fotokopie, Mikrofilm oder ein anderes Verfahren – ohne schriftliche Genehmigung des Verlages reproduziert oder unter Verwendung elektronischer Systeme verarbeitet, gespeichert, vervielfältigt oder verbreitet werden.

© 2002 by Meyer & Meyer Verlag, Aachen

3. Auflage 2012

Auckland, Beirut, Budapest, Cairo, Cape Town, Dubai, Graz, Indianapolis,

Kindberg, Maidenhead, Melbourne, Olten, Singapore, Tehran, Toronto

Member of the World

Sport Publishers’ Association (WSPA)

Druck: B.O.S.S Druck und Medien GmbH

ISBN: 978-3-89899-758-4

eISBN: 978-3-8403-3346-0

E-Mail: [email protected]

www.dersportverlag.de

Inhalt

Vorwort

1 Die Mannschaft

1.1 Wie eine Mannschaft entsteht – vier Phasen der Teamentwicklung

1.2 Hierarchische Ordnung

1.2.1 Rangordnung, Entscheidungsordnung und Individualitätsgrad

1.3 Das Team als Einheit

1.3.1 Zeitlicher Rahmen/Entwicklung

1.3.2 Individualitätsgrad

1.3.3 Interaktion

1.3.4 Kommunikation

1.3.5 Synergie

1.4 Die innere Struktur von Sportmannschaften

1.4.1 Soziale Einheit

1.4.2 Mannschaftsgröße

1.4.3 Positionen

1.4.4 Die Rolle

1.4.5 Mannschaftsnormen

1.4.6 Status

1.4.7 Mannschaftsziele

1.4.8 Interaktion/Koaktion

1.5 Mannschaftszusammenhalt – Teamgeist

1.5.1 Der Aufgabenzusammenhalt

1.5.2 Der soziale Zusammenhalt

1.5.3 Individuelle Motive

1.5.4 Mannschaftszusammenhalt und Leistung

1.5.4.1 Mannschaftstypen

1.5.5 Richtung des Zusammenhangs von Kohäsion und Leistung

1.5.6 Homogene und heterogene Mannschaften

1.5.7 Das Hellpachsche Nivellierungsphänomen

1.5.8 Die tatsächliche und die potenzielle Leistungsfähigkeit einer Mannschaft

1.5.8.1 Motivationsverluste

1.5.8.2 Koordinationsverluste

1.5.8.3 Mannschaftsleistung und Einzelleistung

1.5.8.4 Wann entsteht „soziale Faulheit“?

1.6 Bedingungen der Gruppenbildung

1.6.1 Das Ferienlagerexperiment von Sherif

1.6.2 Der Vergleich mit anderen – gemeinsamer Gegner

1.6.3 Gemeinsame Freude

1.6.4 Gemeinsame Not

1.6.5 Gemeinsamer Vorteil

1.6.6 Das Schaffen von Teamzusammenhalt

1.6.6.1 Teambildung innerhalb und außerhalb des Sports

1.6.6.2 Teambildung beim Sport

1.6.6.3 Teambildung außerhalb des Sports

1.6.6.4 Was Mannschaftsmitglieder tun können

1.6.6.5 Was der Trainer tun kann

1.6.6.6 Mannschaftsgespräche

1.6.6.7 Die Ansprache

1.6.6.8 Die Diskussion

1.6.6.9 Das Einzelgespräch

1.7 Krisensituationen

1.8 Formkrisen

1.8.1 Erscheinung

1.8.2 Ursachen der Formkrise

1.8.2.1 Zeitpunkt und Dauer

1.8.2.2 Motivationsverluste

1.8.2.3 Spielerischer Abfall

Monotonie

Psychische Sättigung

Psychische Überforderung

Übertraining

1.8.3 Behebung der Formkrise

1.8.3.1 Aussprache

1.8.3.2 Denkbarrieren durchbrechen

1.8.3.3 Allgemeine Hinweise zur Behebung mentaler Blockaden

1.8.3.4 Das Unbewusste

Unbewusste Leistungseinbußen

1.8.4 Der Favorit – der Außenseiter

1.8.4.1 Der Favorit

Psychologische Ursachen

Maßnahmen zur Favoritenrolle

1.8.4.2 Der Außenseiter

Die psychologische Situation

1.8.5 Der Problemspieler

1.8.5.1 Kennzeichen

1.8.5.2 Verhaltensänderung

1.8.6 Die Integration des „Neuen“

1.8.6.1 Typen

1.8.6.2 Bedingungen der Integration

1.8.7 Auswechselspieler – Stammspieler

1.8.8 Spielerwechsel

1.8.8.1 Wechselhäufigkeit

1.8.8.2 Funktionen des Spielerwechsels

1.8.8.3 Wechselstrategien

1.8.9 Wer spielt? – Leistungs- oder/und Gerechtigkeitsprinzip

1.8.9.1 Der pädagogische Aspekt

1.8.10 Spielertypen

1.8.10.1 Der Stratege

1.8.10.2 Der Motoriker

1.8.10.3 Der Schematiker

1.9 Eine Mannschaft braucht Ziele

1.9.1 Verschiedene Ziele

1.9.2 Zeitliche Ziele

1.9.2.1 Nahziele

1.9.2.2 Mittelfristige Ziele

1.9.2.3 Langfristige Ziele

1.9.3 Wahl der Zielstellung – Zielarten

1.9.4 Was bei der Zielsetzung zu beachten ist

1.9.5 Gefahren der Zielsetzung

1.9.5.1 Die innere Verteidigungshaltung

1.9.5.2 Erwartungsdruck

1.9.5.3 Blockierung

1.9.5.4 Abhängigkeit

1.9.5.5 Herausforderung – Angst

2 Trainertypen

2.1 Der behavioristische Verhaltenstrainer

2.2 Der humanistische Trainer

2.3 Vorteile und Nachteile

2.4 Trainerstile

2.4.1 Der autoritäre Trainer

2.4.2 Der kooperative Trainer

2.4.3 Der beziehungsorientierte Trainer

2.4.4 Anwendung der Trainerstile

3 Der Jugendtrainer

3.1 Das diagnostische Bemühen

3.2 Pädagogisch-psychologische Zielsetzungen

3.2.1 Worauf gründet der pädagogische Optimismus?

3.3 Unterstützende Erziehungsmittel und -maßnahmen

3.3.1 Verstärken – Motivieren – Lernen

3.4 Selbstvertrauen schafft Leistung

3.4.1 Erwerb von Selbstvertrauen

3.4.1.1 Gute körperliche Verfassung

3.4.1.2 Wiederholen, was man kann

3.4.1.3 Ermuntern, loben

3.4.1.4 Die Identifikation mit einem selbstbewussten Vorbild – Rollenspiel –

3.4.1.5 Eigene Erfahrungen, Erfolgserlebnisse

3.4.1.6 Stellvertretende Erfahrungen

3.4.1.7 Die richtige Einstellung

3.4.1.8 Fähigkeitsfeedback oder Anstrengungsfeedback?

3.4.1.9 Der Umgang mit Erwartungsdruck

3.4.1.10 Der innere Dialog – Selbstsuggestion –

3.4.1.11 Selbstüberzeugung

3.4.1.12 Positive Hinweise des Trainers

3.4.1.13 Mentales Training

3.4.1.14 Sozialer Rückhalt

4 Mentales Training für Spieler – Visualisieren –

4.1 Zur Theorie des mentalen Trainings

4.2 Entspannung steigert die Wirkung

4.3 Mentales Training

4.3.1 Inhalte des mentalen Trainings für Spieler

4.3.2 Spieler und Mannschaft

5 Der Trainer als Coach

5.1 Zielbereiche des Coachings

5.2 Der Trainer am Spielfeldrand, der Coach

5.3 Motivation und Emotion

5.4 Emotionalisieren – aber wie? Die Körpersprache

5.4.1 Selbstdarstellung

5.4.2 Der Trainer als Schauspieler

5.4.3 Übereinstimmung von sprachlichen und nichtsprachlichen Botschaften

5.4.4 Einfühlungsvermögen – Empathie –

6 Leistung und Selbstaufmerksamkeit

7 Selbstdarstellung

8 Selbstbilder – Trainer – Spieler –

9 Einflussfaktoren und Persönlichkeit

10 Risikoverhalten von Mannschaften

11 Risikobereitschaft des Einzelnen

12 Die Pause – was tun?

13 Die Pause – der Trainer als Coach –

13.1 Analyse des Spielverlaufs

13.2 Emotionale Unterstützung

13.3 Soziale Unterstützung

13.4 Beurteilende Unterstützung

13.5 Informatorische Unterstützung

Literatur

Bildnachweis

Vorwort

„Jetzt kann nur noch ein Psychologe helfen!“

Dieser Hilferuf ertönt immer dann, wenn Mannschaften am Tabellenende stehen, wenn Formkrisen unüberwindbar scheinen oder Konflikte innerhalb der Mannschaft den Teamgeist unterhöhlen. Doch auch der Sportpsychologe ist kein Zauberer, der mit einer Psychomedizin jedes Problem lösen kann.

Betreuer, Trainer, Übungsleiter und Lehrer stehen in unmittelbarem Kontakt zu ihren Schützlingen. Sie sollten ihre soziale Nähe und fachliche Kompetenz mit psychologischem Wissen vereinen, um Problemsituationen frühzeitig zu erkennen, um Krisen und ernsthaften Konflikten vorbeugen zu können oder sie zu bewältigen.

Der Rat der Sportpsychologen sollte nicht nur in Notsituationen eingeholt werden. Die informative Interaktion zwischen Psychologe, Trainer und Sportler kann zu jeder Zeit zur Optimierung von Trainings- und Wettkampfleistungen beitragen.

Dieses Buch wendet sich an alle, die mit Gruppen und Mannschaften im Sport zu tun haben.

Mannschaftsmitglieder werden in ihrem Verhalten von der Mannschaft beeinflusst, umgekehrt verleihen sie der Mannschaft ihr unverwechselbares Erscheinungsbild. Trainer und Übungsleiter müssen über Kompetenzen verfügen, dieses komplexe, dynamische Geschehen beurteilen zu können, um Entscheidungen zum Wohl des Einzelnen und der Mannschaft zu treffen.

Die Konzeption dieses Buchs folgt keinem methodischen Leitfaden. In den einzelnen Kapiteln werden spezifische Facetten psychologischer Fragestellungen aufgegriffen, um allen Interessierten Anregungen zu geben, Teamgeist, Mannschaftsleistung und Zufriedenheit der Einzelnen zu gewährleisten.

Ein besonderer Dank gilt dem Bayerischen Landes-Sportverband, der durch seine Unterstützung die Herausgabe dieses Buchs ermöglicht hat.

Sigurd Baumann

1Die Mannschaft

„Es geht nicht darum, einem Individualisten beizubringen, wie er mit der Mannschaft klarkommt. Es geht darum, der Mannschaft beizubringen, wie sie mit einem Individualisten umgeht … Vor lauter kollektivem Denken ist das Talent unter die Räder gekommen!“

(Jorge Valdano)

In diesen Sätzen des spanischen Fußballphilosophen lässt sich das Hauptanliegen der Mannschaftspsychologie erkennen: es geht um das Verhältnis von persönlicher Individualität und mannschaftlicher Einheit.

Eine Sportmannschaft ist gekennzeichnet durch Gegenseitigkeit, durch gemeinsames, aufeinander abgestimmtes und zielbewusstes Handeln. Um kooperativ handeln zu können, muss man die Zusammenhänge der Einzelhandlungen für das Erreichen des gemeinsamen Ziels kennen.

Der Freiheitsgrad des individuellen Handlungsspielraums muss so groß sein, dass jedes Mannschaftsmitglied einen optimalen Beitrag zur Gemeinschaftsleistung liefern kann. Mannschaftsmitglieder, die sich nicht am gemeinsamen Ziel und den gemeinsamen Übereinkünften orientieren, überziehen den mannschaftsdienlichen Individualitätsgrad und schaden letztendlich der Mannschaft.

Wenn jeder tut, wozu er gerade Lust hat, endet die Mannschaft im Chaos. Doch auch das andere Extrem ist nicht wünschenswert: Wenn sich jedes Mannschaftsmitglied ohne individuelle Gestaltung passiv der Mannschaftnorm unterwirft, entsteht ein strukturloses Kollektiv.

Zwischen diesen beiden Extremen finden die dynamischen Prozesse zwischen individueller Initiative und mannschaftlicher Zielsetzung statt.

Im Mittelpunkt mannschaftspsychologischer Überlegungen stehen deshalb folgende Aspekte:

•  Die Wirkung der Mannschaftszugehörigkeit auf das Verhalten der einzelnen Mitglieder.

•  Die sozialen Beziehungen der Mannschaftsmitglieder untereinander.

•  Der Einfluss individueller Fähigkeiten und Merkmale der Mitglieder auf die Mannschaftsstruktur, den Mannschaftsgeist und die Mannschaftsleistung.

•  Die psychologischen Prozesse, die sich zwischen Trainer und Mannschaft und zwischen Trainer und Mannschaftsmitgliedern abspielen.

Da eine Sportmannschaft aus Einzelsportlern besteht, die unterschiedliche persönliche Voraussetzungen, Einstellungen und Fähigkeiten besitzen, stellt sich dem Mannschaftstrainer eine mehrfache Aufgabe:

•  Die psychologische Betreuung der einzelnen Mannschaftsmitglieder.

•  Die Koordination der unterschiedlichen Einzelleistungen innerhalb der Mannschaft.

•  Die Regulation des gesamtmannschaftlichen Verhaltens.

Für die Wirkung der Mannschaftszugehörigkeit auf das Einzelverhalten und die Art des Beitrags der Einzelleistung für die Mannschaft ist die Kooperationsform der Mannschaft (Mannschaftstyp) von Bedeutung. Kooperations- und Interaktionsprozesse spielen bei Ballspielmannschaften eine andere Rolle als z. B. bei Tischtennis- oder Rudermannschaften.

Die daraus resultierenden unterschiedlichen Beziehungen der Mannschaftmitglieder sind für das mannschaftliche Bewusstsein, den Teamgeist und seine Bedeutung für die mannschaftliche Leistung verantwortlich. Deshalb wird im vorliegenden Buch der Entwicklung und der Bedeutung des Teamgeists ein besonderer Raum gewährt.

Motivation, Kreativität und Teamgeist wirken „wie Zement in einem Mosaik. Ohne Zement wird das schöne Bild nicht zusammengehalten“ (Valdano 2000). Teamgeist bündelt die Einzelleistungen und schafft die mannschaftliche Geschlossenheit. Mangelt es an Teamgeist, zerfällt die Mannschaft wie das Mosaik ohne Zement.

Ein übertriebener Teamgeist kann zur Isolierung, Ausgrenzung der Mannschaft, zur Ablehnung äußerer, innovativer Einflüsse und zur Erstarrung der individuellen Gestaltungsräume führen. Sportmannschaften, die in dauernder Auseinandersetzung mit sportlichen Gegnern und unterschiedlichen Anforderungen agieren, bedürfen einer ständigen Änderung und Regulation ihrer inneren Struktur.

Teambildung, das Schaffen des optimalen Teamgeists, ist ein Prozess, der, solange die Mannschaft existiert, nie zu Ende geht.

Die Art und Weise, wie Mannschaftsmitglieder miteinander umgehen, ihre Gefühlsbeziehungen und ihr Aufgabenbewusstsein, die Abstimmung unterschiedlicher Fähigkeiten und die Akzeptanz der jeweiligen Rolle, sind nur einige Aspekte, die sich verändern und immer wieder erneuert werden müssen.

Ein Trainer sollte sich stets darüber im Klaren sein, dass eine Sportmannschaft zwar eine Einheit bildet, diese aber aus unterschiedlichen Einzelpersönlichkeiten besteht, die in ihren Motiven, Einstellungen und Zielen eine persönliche Ausprägung besitzen. Nur wenn sich die Mannschaft als Ganzes präsentiert, kann man die Einzelmitglieder „über einen Kamm scheren“. Je höher die Leistungsstufe der Mannschaft, je erfahrener und älter ihre Mitglieder sind, desto differenzierter muss der Trainer auf den Einzelnen zugehen, um mit ihm über seinen Beitrag, seine Leistung oder seine Rolle zu sprechen.

Auch für Jugendliche ist es wichtig, ihren Beitrag zur Mannschaftsleistung zu erkennen. Persönlichkeit entwickelt sich durch die Rückmeldung der anderen, z. B. des Trainers, der Mannschaftsmitglieder. Dadurch erfährt der Jugendliche eine Bewertung seines Verhaltens.

Selbstbild, Selbstvertrauen und persönliche Identität bilden sich auch durch die soziale Erfahrung in Sportmannschaften aus. Deshalb besitzt der Trainer als Fachmann der Sportart auch eine generell bedeutsame psychologische und pädagogische Funktion.

Trainer scheitern selten am Mangel an Fachkenntnissen. Viel häufiger sind die Ursachen im psychologischen Bereich zu suchen. Unerklärlicher Leistungsabfall trotz verstärkten Trainings, plötzlich auftretende Konflikte, Formkrisen oder Motivationsverluste deuten z. B. darauf hin, dass psychologische Faktoren eine wesentliche Rolle der Leistungsvoraussetzung von Sportmannschaften darstellen.

Das Problem besteht für manche Trainer darin, dass es im Hinblick auf eine psychologische Einwirkung keine Rezepte oder Programme gibt, die man ähnlich der Taktikoder Technikschulung anwenden könnte.

Immerwährendes Interesse an psychologischen Fragen, die Bereitschaft, sich psychischen Problemen der Sportler und der Mannschaft zuzuwenden, der Mut, auch im psychologischen Bereich zu experimentieren, Kreativität und Fantasie bei der Behandlungen individueller und mannschaftlicher Probleme, sind Forderungen, die an den Trainer gestellt werden, wenn er die spannende Aufgabe der psychologischen Betreuung erfolgreich in Angriff nehmen möchte.

1.1Wie eine Mannschaft entsteht – vier Phasen der Teamentwicklung

Damit aus einer Ansammlung mehrerer Einzelsportler eine Mannschaft entsteht, bedarf es einer gewissen Zeitspanne, in der sich der Prozess der Mannschaftsbildung vollziehen kann.

Im Hochleistungssport wird vielfach von Trainern beklagt, dass weder von der Vereinsführung noch von der Öffentlichkeit genügend Geduld aufgebracht wird, die erforderlich wäre, um eine harmonisierende Mannschaft zu formen. Hie-rin besteht auch eine Schwierigkeit bei der Bildung von Nationalmannschaften, da meist zu wenig Zeit zur Verfügung steht, die unterschiedlichen Spieler aus verschiedenen Vereinen in eine Mannschaft zu integrieren.

Es gibt vielerlei Faktoren, die bei der Formung einer Mannschaft zu berücksichtigen sind. Darunter fallen z. B. die Motive der Sportler, die Ziele der Mannschaft, die Leistungsfähigkeit oder spezielle Einstellungen der Mitglieder, aber auch die Anzahl der aufzunehmenden Einzelsportler.

Trotz dieser zahlreichen zu berücksichtigenden Bedingungen kann man feststellen, dass in der Regel ein vierstufiger Entwicklungsprozess durchlaufen wird, um aus Einzelsportlern eine Mannschaft zu bilden (Tuckman 1965; Weinberg/Gould 1995). Auch wenn die Dauer jeder Entwicklungsstufe bei verschiedenen Mannschaftstypen und Sportarten unterschiedlich lang sein kann, so ist die Abfolge der Phasen im Wesentlichen durch die gleichen Merkmale gekennzeichnet. Folgende Entwicklungsstadien kennzeichnen den Prozess der Teamentwicklung (Abb. 1):

1. Stadium: Kennenlernen

In der ersten Phase machen sich die Mannschaftsmitglieder miteinander vertraut. Sie finden heraus, ob sie sich dieser Gruppe zugehörig fühlen und, wenn ja, welche Rolle sie darin spielen. Es werden Beziehungen und Kontakte zu den anderen Mitgliedern und zum Trainer geknüpft und getestet. In dieser Phase können Trainer Strategien entwickeln und dazu beitragen, dass Teaminteraktionen gefördert werden. Dazu eignen sich interaktionsintensive, praktische Trainingsformen, Gespräche oder gemeinsame informelle Treffen, bei denen die Mitglieder auch persönliche Informationen austauschen können.

Der Trainer bemüht sich, die Motive und Erwartungen der Sportler in Erfahrung zu bringen und versucht, diese mit seinen Vorstellungen abzustimmen.

In der ersten Phase sollte auf gute Stimmung geachtet werden, um die positive Anfangsmotivation zu stärken. Der Trainer verkündet zunächst die wesentlichsten Regeln und Orientierungshilfen und beginnt, den Sportlern seine eigenen Erwartungen und Vorstellungen mitzuteilen.

2. Stadium: Konfrontation – Konfliktphase

In der zweiten Phase kommt es häufig zu zwischenmenschlichen Konflikten, zu Widerspruchsaktionen, zur Rebellion gegen den Trainer, zu Widerständen gegen die Kontrolle durch die Gruppe oder zu Widerständen gegen die Gruppennorm. Interne Machtkämpfe entstehen, es geht um die Klärung von Machtpositionen, von Rollen und von Führungsansprüchen. Einzelne Mitglieder können um einen Platz im Team wetteifern, die Rangordnung ist noch unklar, soziale und zwischenmenschliche Konflikte unterschiedlicher Ausprägung können Erregungs- und Aggressionshandlungen hervorrufen.

Dem Trainer kommt in dieser Phase die Aufgabe zu, Stärken und Schwächen der Spieler zu erkennen, diese offen darzulegen und seine Einschätzung zur jeweiligen Rollenübernahme kundzutun. Unsicherheiten können dadurch bereinigt werden und Fehleinschätzungen eigener Fähigkeiten ausgeräumt bzw. korrigiert werden.

Allmählich finden die Einzelnen ihren Platz in der Mannschaft, sie beginnen, die Rollen der Mitspieler zu akzeptieren und deren Eigenheiten zu tolerieren.

3. Stadium: Festigung

Während der Phase der Festigung werden Feindseligkeiten durch Solidarität und Kooperation ersetzt. Beispielhaft kann die Mannschaft des FC Bayern München in der Spielzeit 1998/99 angeführt werden, als heftige Rivalitäten zwischen mehreren potenziellen Führungsspielern beigelegt wurden und anschließend ein harmonisches, leistungsstarkes Team um die deutsche Meisterschaft spielte.

Nach der Konfrontationsphase kann sich das Zusammenwachsen der Teammitglieder katalysatorartig in wachsender Zufriedenheit auswirken, der Teamzusammenhalt steigt, persönliche Ziele werden dem gemeinsamen Ziel ohne Protest untergeordnet. Die Spieler akzeptieren ihre Position und Rolle, sie begegnen einander mit Akzeptanz und Respekt und bemühen sich um effektive Aufgabenerfüllung.

Sie verwenden ihre Energie nicht mehr dazu, ihren Rang zu verbessern, sondern setzen nun ihre Kräfte ein, ihre Aufgabe innerhalb und für die Mannschaft effektiv zu erfüllen.

4. Stadium: Leistung

Der Erfolg ist in dieser Phase das vorrangige Ziel. Querelen sind beigelegt, alle Teammitglieder bündeln ihre Energien, um gemeinsam zum Ziel zu gelangen. In dieser Phase ist es besonders wichtig, dass der Trainer positive Rückmeldungen an die einzelnen Spieler sendet, kein Spieler darf sich vernachlässigt fühlen, jeder soll das Gefühl haben, einen individuellen Anteil zur gemeinsamen Leistung beigetragen zu haben. Die Mannschaft besitzt nun ein ausgeprägtes „Wir-Gefühl“.

Abb. 1Phasen der Teamentwicklung

Fazit

Die Kenntnis der wesentlichen Merkmale der vier Entwicklungsphasen ist für Trainer sehr hilfreich. In jeder Phase bedarf es besonderer Maßnahmen, um konstruktive Wirkungen zu erzielen. Vor allem in der Konfrontationsphase ist der Trainer gefordert. Er muss mit Geduld, Feingefühl und Fachwissen versuchen, Konflikte mannschaftsdienlich zu lösen. Die Konfrontationsphase ist für die spätere Stabilität entscheidend, da sie den Sportlern Sicherheit über ihre Rolle bringt und dadurch Ängste reduziert. Deshalb ist gerade für diese Phase eine gewisse Zeitspanne erforderlich.

Ungelöste Konflikte können unter der Oberfläche weiterschwelen und sich irgendwann explosionsartig entladen. Doktrinäres Unterdrücken und autoritäres Missachten der Bestrebungen der Einzelspieler, um dadurch den Konfrontationsprozess abzukürzen, kann zwar häufig den Eindruck äußerlicher Mannschaftsharmonie vermitteln. Unterschwellige Widerstände und ungelöste Frustrationen bei einzelnen Mitgliedern stören jedoch die Entfaltung optimaler Mannschaftsleistung und verhindern weitere positive Entwicklungsschritte.

1.2Hierarchische Ordnung

„Wie sollen die Spieler ihre Eigenart bewahren, wenn überall das Credo gilt:

Der Star ist die Mannschaft!?“

(Jorge Valdano)

In dieser Frage des spanischen Fußballphilosophen steckt die Erkenntnis, dass der einzelne Spieler einen individuellen Spielraum benötigt, um sein Bestes für die Mannschaft zu geben. „Der Star ist die Mannschaft“, heißt nicht, dass damit eine Gleichschaltung aller Mitglieder angestrebt wird. Nur wenn jeder Spieler die Position einnimmt, in der er seine Qualifikation zum Wohle der Mannschaft bestmöglichst entfalten kann, wird die Mannschaft zum Star.

Die unterschiedlichen Fähigkeiten, Kenntnisse und Voraussetzungen der Mannschaftsmitglieder verlangen in Sportmannschaften eine hierarchische Ordnung. Um Mannschaften zu charakterisieren, vom Freizeitbereich bis hin zum Profitum, eignen sich die drei Kategorien Rangordnung, Entscheidungsordnung und Individualitätsgrad.

Weiterhin stellt die Art der Kooperation zwischen den Mitgliedern ein Wesensmerkmal von Mannschaften dar. Daraus resultiert eine Kooperationshierarchie, die den Anteil des individuellen Handelns am gemeinsamen Handeln bezeichnet. Trifft beispielsweise ein Spieler oder der Trainer sämtliche Entscheidungen allein, so ist die Kooperationshierarchie maximal, haben alle Mitglieder gleichen Rang und gleiches Mitspracherecht, geht die Kooperationshierarchie gegen null.

Abb. 2:Beschreibungsmerkmale einer Mannschaft

1.2.1Rangordnung, Entscheidungsordnung und Individualitätsgrad

Die Rangordnung

Jede Mannschaft, insbesondere jedoch leistungsorientierte Mannschaften, bedürfen einer Rangordnung. Höher qualifizierte, stärkere, selbstbewusstere und überzeugungsfähige Spieler nehmen in dieser Ordnung einen höheren Rang ein als schwächere Spieler.

Das Akzeptieren der Rangordnung bringt für die Mannschaft Vorteile: Eifersüchtige Rangeleien werden reduziert, da jeder weiß, was er kann und darf und was nicht. Zweitens erhöht die Einschränkung des individuellen Handlungsspielraums im Sinne des Mannschaftsziels die Leistungsstärke der Mannschaft.

Zwischen zentralen Rollen und Rangordnung besteht in der Regel ein enger Zusammenhang. Leistungsstarke Sportler, die an der Spitze der Rangfolge stehen, nehmen die zentralen Rollen ein, rangniedrigere orientieren sich an ihnen. Je nach Mannschaftstyp tragen sie unterstützend zur optimalen Leistungsentfaltung des Ranghöchsten bei, sofern dies auch im Sinne des Mannschaftsziels liegt. Beispielsweise profitieren beim Radsport alle Mannschaftsmitglieder vom Erfolg des Einzelsiegers.

Die Rangordnung bei formellen Mannschaften darf auch nicht zu weich sein. Ein häufiger Wechsel der Rangfolge gefährdet das Akzeptieren gemeinsamer Entscheidungen, die Hierarchie kann verloren gehen und damit die Handlungseffektivität der Mannschaft schwächen.

Es gibt straffe und lockere Rangordnungen. Eine straffe Hierarchie engt die Freiheit der Einzelmitglieder ein und erhöht die gemeinsame Wirkung. Für stark leistungsorientierte Mannschaften stellt eine straffe Ranghierarchie eine wesentliche Voraussetzung für den Erfolg dar. Eine weniger straffe Ordnung lässt dem Einzelnen mehr Freiraum, wie es z. B. bei Freizeitsportarten der Fall ist. Hier geht es jedoch weniger um leistungsorientierte Disziplin als vielmehr um den Spaß und die Freude an der gemeinsamen Ausübung der sportlichen Betätigung.

Die Rangordnung darf nicht festzementiert sein. Jeder Sportler muss die Chance haben, seinen Rang durch Leistung zu verbessern. Ist die Rangordnung zu starr, widerspricht das dem Prinzip des Wettbewerbs, dem Streben nach höherer Leistung. Wenn leistungsstärkere Spieler ihren Rang verbessern, kommt das wiederum der Mannschaft zugute.

Das Konkurrieren um den höheren Rang, Rangordnungskämpfe verschiedenster Art, nützen der Mannschaft nur, wenn sich der Bessere durchsetzt.

Unfaire Mittel, wie Verunglimpfungen, den Konkurrenten Fehler unterschieben oder faule Tricks, um den Rangplatz zu verbessern, schwächen die Schlagkraft der Mannschaft.

Die Verteidigung einer Rangposition kennzeichnet die dynamischen Veränderungen in der Mannschaft. Dabei sind zwei Phänomene möglich: Rivalen stützen einander oder sie bekämpfen sich.

•  Das Rivalisieren zweier Konkurrenten um einen gehobenen Rang steigert die Leistung und kommt der Leistung der Mannschaft zugute.

•  Es ist aber auch zu beobachten, dass die Stärkeren versuchen, einander zu schwächen, indem sie sich nicht unterstützen, oder sogar versuchen, die Leistung des Rivalen zu schmälern. Beispielsweise unterlassen es zwei Rivalen in aussichtsreichen Situationen, sich den Ball optimal zuzuspielen oder äußern sich negativ über das Verhalten des anderen.

•  Stärkere unterstützen gerne die Schwächeren, da von ihnen keine Gefahr für die eigene Rangstellung droht.

Dieser Zug zur Mitte, zur Gleichschaltung der Mitglieder, wird später beim „Hellpachschen Phänomen“ noch einmal angesprochen.

Für die gemeinsame Mannschaftsleistung ist es notwendig, dass trotz der Rivalitäten auch die Starken einander unterstützen und versuchen, sich gegenseitig zur persönlichen Höchstleistung zu treiben. Dies funktioniert jedoch nur, wenn bei beiden die gemeinsame Zielsetzung dominiert.

Rivalisierende Spitzensportler in der Mannschaft sollen erkennen, dass, sie auch persönlich den größten Vorteil daraus ziehen, wenn durch ihr gegenseitiges Unterstützen ein optimaler Mannschaftserfolg erreicht wird.

Die Entscheidungsordnung

Bei der Entscheidungsordnung geht es um den Anteil, den die Mannschaftsmitglieder an der gemeinsamen Entscheidungsinstanz besitzen, nicht um die Entscheidungen des einzelnen Spielers selbst. Wer geeignet ist, sollte mit entscheiden.

In welchem Maß sich Mannschaftsmitglieder an gemeinsamen Entscheidungen beteiligen, hängt von mehreren Voraussetzungen ab. Bei mannschaftsinternen Fragen haben die Mitglieder ein größeres Entscheidungsrecht als bei vereinspolitischen Entscheidungen. Handelt es sich z. B. um Entscheidungen, die innerhalb der Mannschaft zur Wirkung gelangen, z. B. Rollen- und Positionsbesetzungen oder geht es um Entscheidungen, die im Zusammenhang mit äußeren Beziehungen zu sehen sind, z. B. Fragen des Tabellenstands, Aufstiegsentscheidungen u. Ä.

Weiterhin ist es von Bedeutung, ob es sich um Sachfragen oder um Personalentscheidungen handelt.

Der Sachverstand des Trainers, z. B. bezüglich der Trainingsintensität, den die Spieler nicht besitzen, verlangt eine hohe Entscheidungsordnung. Nur dort, wo Mitglieder Sachverstand erworben haben, kann eine niedrige Entscheidungsordnung sinnvoll sein. Dabei sind folgende Aspekte zu bedenken:

•  Kenntnisse von Spielern in Sachfragen, z. B. Ortskenntnisse, Gegnerbekanntschaft, Sprachkenntnisse, lassen eine niedrige Entscheidungsordnung sinnvoll erscheinen.

•  Bei Personalfragen, z. B. Aufstellung oder Disziplin, kann eine Mitsprache angebracht sein.

•  Innermannschaftliche Konflikte sollen möglichst durch gemeinsame Entscheidungen gelöst werden.

•  Bei Entscheidungen über übergeordnete Zusammenhänge, z. B. Vereinspolitik, Finanzen, haben Spieler kaum Mitentscheidung, d. h., die Entscheidungsordnung ist maximal.

Der Individualitätsgrad

Unter Individualitätsgrad ist das Verhältnis des individuellen Handlungsspielraums zum Anteil des gemeinsamen Handelns zu verstehen. Diktatur ist durch einen niedrigen Individualitätsgrad gekennzeichnet, Demokratie durch einen hohen.

Der Individualitätsgrad des Einzelspielers muss so hoch sein, dass der individuelle Einsatz kreativen und aggressiven Potenzials der Mannschaft zugute kommt. Teamfähigkeit bedeutet nicht, dass der Spieler seine Individualität aufgibt. Individualität in der Mannschaft dient dazu, die anderen mitzureißen, eigene, besondere Fähigkeiten der Mannschaft zur Verfügung zu stellen und in das gemeinsame Handeln nutzbringend einzubinden.

Der „kooperative Individualitätsgrad“ kann jedoch nicht so hoch sein wie der rein individuelle, da sich das Verhalten des Einzelnen letztendlich dem gemeinsamen Ziel unterzuordnen hat.

Fazit

Eine Mannschaft sollte folgende Merkmale aufweisen:

•  Einen maximal möglichen Individualitätsgrad.

•  Eine relativ flexible Rangordnung.

•  Eine relativ hohe Entscheidungsordnung.

Je nach Aufgaben- und Zielorientierung können diese Kategorien unterschiedlich akzentuiert sein. Eine Mannschaft muss anpassungsfähig sein, flexibel auf aktuelle Veränderungen reagieren können und trotzdem stabil bleiben.

1.3Das Team als Einheit

Spieler müssen zu einer Mannschaft zusammenwachsen. Immer wieder kann man erleben, dass die besten Einzelspieler als Mannschaft gegen vermeintlich schwächere Mannschaften verlieren. Dabei wird zu wenig beachtet, dass schwächere Einzelleistungen nicht auch eine schwächere Mannschaftsleistung zur Folge haben müssen.

Welche Faktoren kann man anführen, die aus Einzelspielern eine Mannschaft formen (Abb. 3)?

Abb. 3:Das Team als Einheit

Zunächst ist festzuhalten, dass die Mannschaftsentwicklung einen gewissen Zeitraum beansprucht. Es ist deshalb erforderlich, die für die Mannschaft in Frage kommenden Spieler über einen längeren Zeitraum hinweg zusammenzuführen, um den Entwicklungsprozess nicht durch zu häufigen Spielerwechsel zu stören oder zu unterbrechen (siehe auch Kap 1.1 „Vier Phasen der Teamentwicklung“).

1.3.1Zeitlicher Rahmen/Entwicklung

Die Entwicklung einer Mannschaft muss manchmal in relativ kurzer Zeit (z. B. Nationalmannschaft) erfolgen. Günstiger ist es, wenn für den Entstehungsprozess ein längerer Zeitraum zur Verfügung steht. Die Stellung der Spieler in der Mannschaft, Rangordnung, Leistungsstärke, persönliche Orientierungen, das Akzeptieren der Mannschaftsnormen und das Rollenverständnis entwickeln sich im Verlauf eines zeitlichen Erfahrungsprozesses, der den Spielern und dem Trainer zur Verfügung stehen sollte.

1.3.2Individualitätsgrad

Die Spieler erfahren, welche Freiräume sie in der Mannschaft besitzen, um ihre individuellen Fähigkeiten auszuspielen und die Kraft ihrer Persönlichkeit für die Mannschaft zu verwenden. Im Verlauf der Mannschaftsbildung wird deutlich, wo die Leistungsgrenzen des einzelnen Spielers im Vergleich zu den Mitspielern liegen und welche individuellen Freiräume ihm zur Verfügung stehen, um seine Meinung und seine Ideen mit einzubringen. Diese Erfahrungen erleichtern die persönliche Einordnung in das Mannschaftsgefüge.

1.3.3Interaktion

Optimales Zusammenspiel setzt voraus, dass die Spieler Gelegenheit erhalten, ihre persönlichen Fähigkeiten auszuspielen und sie an das Können der Mitspieler anzupassen.

Deshalb müssen die Spieler die gegenseitigen Schwächen, Stärken und Eigenarten kennen lernen. Dazu zählen z. B. besondere technische Stärken, Schnelligkeit, bevorzugte Laufwege, Rechts- oder Linksfüßler (oder -händer), bevorzugte Anspielweisen oder spezielle, persönliche Reaktionen.

Weiterhin sollen die Spieler psychische Stärken ihrer Partner kennen lernen, z. B. Kreativität und Einfallsreichtum, um auf originelle Spielzüge reagieren zu können.

Spielertypen sollen einander ergänzen, z. B. der langsame Mittelfeldspieler braucht den aggressiven Mittelstürmer, eine Kontermannschaft bedarf pfeilschneller Außenstürmer, ungeduldige, jugendliche Spieler sollen durch besonnene, erfahrene Spieler gezügelt werden.

In engem Zusammenhang mit der Interaktion steht die Kommunikation. Interaktion und Kommunikation müssen aufeinander abgestimmt sein, um optimale Koordination der Handlungen der Mannschaftsmitglieder zu erreichen.

1.3.4Kommunikation

Während des Spiels erfolgt die Kommunikation zwischen den Spielern stimmlich, sprachlich oder nonverbal durch Gesten, Blickkontakt, Körpersprache und Bewegungsreaktionen. Im Verlauf von Trainings- und Wettspielen lernen die Spieler, die spezifischen Signale der Mitspieler zu deuten und darauf zu reagieren.

Dabei kommt es nicht nur darauf an, was gesagt wird, sondern auch, wie es gesagt wird. Lobt der Trainer einen Sportler, seine Mimik lässt jedoch Zweifel an der Leistung erkennen, wird das Lob seine Wirkung verfehlen. Kommunikation hat grundsätzlich die Funktion, bei anderen etwas zu bewirken.

Häufig stellt man fest, dass die Kommunikation wirkungslos bleibt, da sie in einem Appellverhalten verpufft, ohne Wirkung zu hinterlassen. Es ist deshalb wichtig, dass sich Sportler, Trainer und betroffene Personen über ihre Kommunikationsweisen unterhalten, sie analysieren und offen legen und erkennen, wo denn die Gründe für wirkungslose Kommunikation liegen könnten. Durch effektive verbale und nonverbale Kommunikation können Missverständnisse und schädliche Konflikte entscheidend reduziert werden.

Auch die Kommunikation außerhalb des Spielfelds trägt dazu bei, das Verständnis der Spieler untereinander zu vertiefen, dass Konflikte besprochen und eigene Vorstellungen deutlich gemacht werden können.

1.3.5Synergie

Positive Gefühle stellen für die Leistung jedes Sportlers eine Kraftquelle dar.

Die emotionale Kraftquelle, die der Einzelne aus der Mannschaft bezieht, nennt man Synergie. Man versteht darunter die vollkommene Zugehörigkeit zu einer Mannschaft, ohne dabei seine Individualität aufzugeben.

Das Erleben der harmonischen Zusammenarbeit und die Begeisterung für die gemeinsamen Aufgaben stellt eine zusätzliche Energiequelle für den Einzelnen dar. Die schöpferische Kraft, die Energie und die Stärke der Einzelspieler vereint sich in der Summe als gemeinsame Mannschaftsleistung.

Synergie bewirkt, dass auch schwächere Spieler sich in der Mannschaft steigern, dass sie zusätzliche Kräfte mobilisieren können und Kreativität entwickeln.

Synergie entsteht durch die Lust und Freude, Mitglied einer Mannschaft zu sein, durch das gemeinsame Erlebnis des Miteinanders und der gemeinsamen Aufgabe als Herausforderung. Ohne die Aktivierung positiver Gefühle wird sich der Synergieeffekt nicht einstellen und das Phänomen des Ringelmann-Effekts (s. S. 51) wird zur Minderung der Einzelleistung führen.

Synergie bedarf der Zeit. Unsicherheit, Misstrauen oder gar Feindseligkeit verhindern Synergie. Mannschaften sollten deshalb in der Stammformation längere Zeit zusammenbleiben, um das nötige Vertrauen und Verstehen zwischen den Spielern aufzubauen.

1.4Die innere Struktur von Sportmannschaften

Sportmannschaften zeigen eine große Vielfalt der inneren Struktur. Je nach Sportart und Zielsetzung treten die Mannschaftsmitglieder in unterschiedlicher Weise in gegenseitige Beziehung. Man spricht deshalb auch von interagierenden Mannschaften (z. B. Ballspielmannschaften) oder koagierenden Mannschaften (z. B. Rudern). Die Charakteristik und die Abhängigkeit der Leistung von Faktoren der inneren Struktur wird später aufgezeigt (Abb. 4).

1.4.1Soziale Einheit

Generell bedeutet der Begriff „Mannschaft“, dass sie sich als soziale Einheit deutlich von einer anderen unterscheidet. Die Abgrenzung nach außen wird z. B. durch die gemeinsame Spielkleidung oder durch Festlegung des Mannschaftsnamens betont. Innere Faktoren der sozialen Einheit sind die gemeinsamen Erwartungen der Mitglieder und das gemeinsame Ziel, das alleine nicht erreicht werden kann.

Je nach Zielsetzung wird die soziale Einheit der Mannschaft durch das Zusammenwirken und das Akzentuieren von Status-, Rollen- und Normbeziehungen charakterisiert. Sie entwickelt eigene Werte, die das Verhalten der Mitglieder regeln und die Ziele bestimmen. Im Rahmen dieser konstitutionierenden Elemente lassen sich dann auch so unterschiedliche Mannschaftstypen wie eine Leichtathletikmannschaft oder eine Volleyballmannschaft charakterisieren.

Abb. 4:Sportmannschaft als soziale Einheit

1.4.2Mannschaftsgröße

Eine wesentliche Rolle für das Entstehen von Teamgeist, Zufriedenheit und Zusammengehörigkeitsgefühl stellt die Anzahl der Mitglieder dar. Verallgemeinernd kann gesagt werden, dass die Häufigkeit des Kontakts zwischen den Mitgliedern wesentlich zum Aufbau von Sympathiebeziehungen beiträgt. Je geringer der Kontakt, desto mehr verringert sich die Sympathie.

Mannschaftsbetreuer und Trainer sollten sich bei der Zusammenstellung von Gruppen, z. B. im Training, auch über die Anzahl der Mitglieder der zu bildenden Gruppe Gedanken machen. Besonders bei Kindern und Jugendlichen oder bei bestimmten Trainingsformen, die eine besondere Abstimmung verlangen, kommt es darauf an, die Gruppengröße auf die Zielsetzung hin abzustimmen.

Psychologische Untersuchungen und die tägliche Praxis zeigen, dass eine Gruppengröße von fünf bis sechs Mitgliedern die größte Zufriedenheit schafft und der Prozess des gegenseitigen Abstimmens der Einzelaktionen am ehesten gelingt.

Je größer die Gruppe wird, desto wichtiger wird die Führungsfunktion ausgewählter Mitglieder. Je kleiner die Gruppe, desto kooperativer können gemeinsame Erwartungen realisiert werden.

Die Vorteile von kleineren Gruppen

•  Die räumliche Nähe: Die Mitglieder sind in „Tuchfühlung“. Jeder kann mit jedem in Interaktion treten. Das Verhalten der anderen wird schneller und leichter erkannt und akzeptiert. Eigene Fähigkeiten und Vorlieben können den anderen wirksam mitgeteilt werden.

•  Der Meinungsaustausch kann direkt mit jedem Mitglied erfolgen.

•  Das eigene Verhalten beeinflusst unmittelbar die Reaktion der anderen.

•  Konflikte können gemeinsam analysiert und gelöst werden.

•  Gefühle wie Sympathie und Freude herrschen in Kleingruppen vor. Abneigungen können leichter als Missverständnis erkannt und korrigiert werden.

•  Das Kennenlernen und die Antizipation von Verhaltensweisen der anderen, das Wissen um ihre Stärken und Besonderheiten, aber auch das Tolerieren von Schwächen, erhöht die innere Sicherheit. Dies hat auch ökonomische Vorteile, da der psychische Aufwand für Kontakte mit ferner stehenden oder fremden Menschen, mit denen man vorsichtiger und zurückhaltend agieren muss, geringer ist.

1.4.3Positionen

Positionen geben den Platz an, den der Einzelne in der Mannschaft besetzt. Es sind formale Voraussetzungen, die für Mannschaften unterschiedlicher Sportarten charakteristisch sind, aber auch bei kleineren Sportspielen für den Ablauf die Grundlage bilden.

Beispielsweise gibt es bei Spielen die Position der Außenstürmer, bei Tischtennismannschaften die Positionen eins bis sechs oder beim Rudern die Position des Schlagmanns. Positionen sind von den Mitgliedern austauschbar zu besetzen, aber nicht jedes Mitglied ist in der Lage, die mit der Position verbundene Funktion zu erfüllen. Dies wird als Rolle bzw. Rollenerwartung bezeichnet.

1.4.4Die Rolle

Mit dem Begriff der „Rolle“ ist die Erwartung verknüpft, die ein Spieler auf einer Position erfüllen soll. So soll der Tischtennisspieler auf Position eins den Spitzenspieler des Gegners besiegen, von den Außenstürmern beim Fußball erwartet man, dass sie schnell sind und gut flanken können oder von einem Torwart, dass er Tore verhindert und seine Vorderspieler einsetzt.

Mit der Rollenerwartung sind zweierlei Aspekte verknüpft.:

•  Forderungen und Pflichten, die an die Rolle gebunden sind, d. h. der normative Aspekt.

•  Der persönliche Beitrag zur Mannschaftsleistung, d. h. der antizipatorische Aspekt.

Das Rollenverständnis beinhaltet also für den Sportler die Fragen:

•Was muss ich tun? (Norm, Pflicht)

•Was darf ich tun? (Individualitätsgrad)