Maria vom Schnee - Udo O Rabsch - E-Book

Maria vom Schnee E-Book

Udo O Rabsch

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Beschreibung

Spannender Nachkriegskrimi, Psychogramm einer Gemeinschaft, zugleich Porträt einer Landschaft.Die Kellnerin Maria scheint spurlos verschwunden. Winter 1955, das Dorf auf der schwäbischen Alb versinkt im Schnee. Der wirtschaftliche Neuanfang ist auch in Dornstetten zu spüren, der Aufschwung der neuen Zeit wird erwartet. Aber die alte Zeit, der Krieg, das deutsche Reich lässt die Bewohner nicht los. Sie ist verschüttet und eingeschrieben in den Erinnerungen und Gefühlen der Bewohner. Mit dem Verschwinden der Kellnerin des Saalbau wird die Gemeinschaft des Dorfes aufgewühlt. Ein Mord an der kleinen "Zigeunerin", die allen Männern des Dorfes den Kopf verdrehte? Ist einer aus dem Dorf ein Mörder? Der junge erfolgsverwöhnte Kommissar aus der nahe gelegenen Kreisstadt wird mit dem Fall beauftragt. Der Schnee fällt so dicht, dass er mit dem Auto nicht weiterkommt, und auf Skiern hochsteigen muss. Schon bald verfällt auch der der Anziehung und Schönheit der Verschwundenen und macht sich mit der Inbrunst eines Liebenden auf die Suche. Dabei gräbt er sich nicht nur in die verschneite Landschaft hinein, sondern bringt die unterdrückten Erinnerungen und Gefühle der Bewohner hervor. „Der Roman lässt sich lesen als spannender Thriller, als historischer Roman, de sich mit der deutschen Vergangenheit auseinandersetzt, als Liebesroman und einfach als ein Werk mit wunderschönen Sätzen." (Wendelin Niedlich) Pressestimmen zu Udo Oskar Rabsch: „Rabsch' Sprachmacht ist enorm. Es gelingt ihm immer wieder, subjektive Wahrnehmungen zu beschreiben, als befänden sich seine Protagonisten in einem Zustand hohen Fiebers. Seine Sätze wirken wie Laserstrahlen, die das Gedachte, Gefühlte, Wahrgenommene gleichzeitig beleuchten und zu verbrennen scheinen." (Die Zeit) „.die Schreibweise dieses Autors (ist) eine Spielart jenes heiteren Überschwangs, der nur Skribenten ereilt, die keinen Dogmen gehorchen." (Süddeutsche Zeitung)

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Udo Oskar Rabsch

Maria vom Schnee

Ein Nachkriegskrimi

konkursbuch Verlag Claudia Gehrke

Winter 1955, das Dorf auf der schwäbischen Alb versinkt im Schnee. Der wirtschaftliche Neuanfang ist auch in Dornstetten zu spüren, der Aufschwung der neuen Zeit wird erwartet. Aber die alte Zeit, der Krieg, das deutsche Reich lässt die Bewohner nicht los. Sie ist verschüttet und eingeschrieben in den Erinnerungen und Gefühlen der Bewohner. Mit dem Verschwinden der Kellnerin des Saalbau wird die Gemeinschaft des Dorfes aufgewühlt. Ein Mord an der kleinen Zigeunerin, die allen Männern des Dorfes den Kopf verdrehte? Ist einer aus dem Dorf ein Mörder? Der junge erfolgsverwöhnte Kommissar aus der nahe gelegenen Kreisstadt wird mit dem Fall beauftragt. Schon bald verfällt auch der der Anziehung und Schönheit der Verschwundenen und macht sich mit der Inbrunst eines Liebenden auf die Suche. Dabei gräbt er sich nicht nur in die verschneite Landschaft hinein, sondern bringt die unterdrückten Erinnerungen und Gefühle der Bewohner hervor.

„Schnee bedeckt die weite Flur. Eine weiße Decke liegt über allem, was Halt geben könnte. Sie ist kalt, sie ist hell, sie ist anziehend und abstoßend zugleich ... Maria vom Schnee ist ein schrecklich schöner Roman für die warme Stube an kalten Wintertagen.“ Susanne Benda, Stuttgarter Nachrichten

„Udo Oskar Rabschs „Maria im Schnee": Eine Ermittlung in kälteren RegionenDas Wetter kann einen Ort ins Abseits katapultieren wie ein Verbrechen. In seinem neuen Roman „Maria vom Schnee" ist es ein abgelegenes Dorf auf der Schwäbischen Alb, das der Stuttgarter Schriftsteller und Allgemeinarzt Udo Oskar Rabsch in diesen doppelten Ausnahmezustand versetzt. Dezember 1955 ist die Zeit der Handlung. Der Schnee fällt so dicht, dass sogar die Polizei mit dem Dienstwagen nicht weiterkommt ...“ (Südwestpresse)

„Der Roman lässt sich lesen als spannender Thriller, als historischer Roman, der sich mit der deutschen Vergangenheit auseinandersetzt, als Liebesroman und einfach als ein Werk mit wunderschönen Sätzen." (Wendelin Niedlich)

Inhaltsverzeichnis

Titelseite & Klappentext

Der Roman

Nachwort

Zum Autor Udo Oskar Rabsch

Impressum

Der Roman

He, Herr Lehrer, haben Sie die Maria gesehen?“

„Die Maria … lass mich nachdenken.“

Da, wo ich jetzt bin, kann ich Blasmusik hören und das Heu riechen. Es ist dieselbe Musik, die mir, als ich noch lebte, immer das Gefühl gab, ich wäre bereits im Himmel. Ich lag im Bett und die Trompetenklänge von der Festwiese neben dem Schützenhaus schwappten mit dem Wind und dem Duft der gemähten Wiesen in die Gartenstraße herüber. Die Maria war dort Bedienung, denn der Wirt vom Saalbau, unter dem sie arbeitete, hatte den Ausschank. Alle reckten den Hals nach ihr, jeder wollte ihren Blick erhaschen. Wer bereits etwas getrunken hatte, fasste nach ihrer Schürze oder versuchte gar, den Arm um sie zu legen. Noch auf dem Nachhauseweg brannte das Bild der Maria im Herzen der Festzeltbesucher. Auch ich trug sie im Innern meiner Knabenseele mit nach Hause, und mit jedem Luftzug, der den Klang der Trompeten und den Duft der Wiesen auftürmte, flackerten Schmerz und Glück gleichzeitig in mir hoch, darüber, dass ich sie kannte, und darüber, dass wir nicht zusammensein konnten.

Das Dorf lag in einer der unzähligen flachen Mulden der schwäbischen Alb, deren Oberfläche sich so regelmäßig hinauf- und hinunterschwang, als wäre sie eine Meeresdünung. Und die Waldränder wären die Schatten der Wellenkämme. Es war eine verdächtig ruhige Landschaft.

Von Norden aus gesehen war sie ein zweihundert Kilometer langer, schräg in den Boden gerammter Grenzstein mit einem gewaltigen, Hunderte von Metern tiefen, fast senkrechten Absturz zur Ebene hin. Im Süden sah man bei klarem Wetter die schneebedeckten Gipfel der Alpen.

Es war eine angespannte, von allem Überflüssigen und Verzierenden gereinigte Landschaft, nahe daran, sich von sich selbst zu entfernen und körperlos zu sein. Als läge sie in einem stummen Wettkampf mit dem nahen Hochgebirge, dessen stratosphärische Gipfel sie übertreffen wollte, durch Einsamkeit, durch Himmelsnähe, durch das hartnäckige Schweigen ihrer Bewohner, das so vielbedeutend schien, wie es in Wahrheit leer und wie vor den Kopf  geschlagen war.

In der Nacht vom fünften auf den sechsten Dezember neunzehnhundertfünfundfünfzig wurde die Hochebene vom Schnee verschüttet. Einfach so. Endlich. Als wäre das Verschwinden unter dem sich auftürmenden Schnee ihre wichtigste Eigenschaft, als hätte sie nur auf diesen Beweis ihrer Herausgehobenheit gewartet.

Der Schneefall unterbrach alle Verbindungen. Straßen und Stromnetze, Telefonleitungen und Zugstrecken verschwanden unter Lawinen. Das Innenministerium erklärte die Gegend zum Katastrophengebiet. Am Abend hatte man noch eine einzelne, sehr schwarze Wolke gesehen, die über den Rand des Schluchtberges drängte, den man Diebsteige nannte, ein Wind war aufgekommen, nicht besonders heftig, eine Brise, und dann hatte sich die weiße Flut lautlos über das Land gelegt wie über eine hochgereckte flache Hand.

Der Volksschullehrer lag auf dem Sofa in der Wohnküche, im grauen Armeemantel. Er hatte ihn behalten, nachdem er von der russischen Front und von einer kurzen Gefangenschaft in einem amerikanischen Camp an der tschechischen Grenze ins Dorf auf der Alb zurückgekommen war. Die Nacht hatte er in der Wohnküche verbracht.

Er schreckte hoch. Es schneite. Die Schneeverwehung reichte schon über den Fenstersims des ersten Stockes. Er taumelte schlaftrunken zum Tisch, setzte sich und stützte den Kopf in die Hände. Schneefrei. War es das, was ihn plötzlich amüsierte? Er würde nicht zur Schule gehen müssen, er würde ab jetzt nirgendwohin mehr müssen. Er kicherte vor sich hin. In ihm war ein graues Durcheinander wie das Schneegestöber draußen, dessen Stille von den erstickten Schreien der Kinder zerrissen wurde, die Schlitten fahren wollten. Er wollte unbedingt einen Gedanken zustandebringen, etwas Logisches, aber es gelang ihm nicht. Er merkte nur, dass er plötzlich leicht war.

Er stürzte zum Fenster, riss es auf und starrte hinaus. Fliegen? Fallen? Er polterte zurück ins Zimmer, in den Flur und durch die Stalltür. Seine Augen trafen in die Augen der Haflingerstute, in den ausufernden Blick der Tiere, die sprechen wollen, aber nicht können. Er warf dem als Haflinger bekannten, ihm aber unbekannten Wesen denselben wortlosen, allverschlingenden Verzweiflungsblick zurück. Ein Rauschen befiel ihn, eine Hitze, als stünde er vor der Oberschulamtskommission, der blondmähnige Pferdekopf der Studiendirektorin ist über ein Fragen- und Antwortheft gebeugt. Er sah in den geduldigen Blick eines Tieres, das in wohlgesetzten menschlichen Worten zu ihm sprach, und verstand kein Wort.

Leicht und frei? Womöglich genauso kristallisch schön und federleicht wie eine Schneeflocke flog er gegen die Stalltür, stieß sie auf. Der Wind hatte den Schnee unter das weit vorspringende Dach bis an die Hausmauer und über die Tuffsteintreppe geweht. Auf dem ausgetretenen Stein war ein rostroter Fleck, der sich im Schnee verbreitete wie ein Tintenklecks auf weißem Tuschpapier.

Er schaute dorthin, wo die Kirchstraße sonst verlief. Das Morgenlicht war dünn und flüchtig, es wird nach oben wegfliegen. Die Schneemassen, die den Dorfplatz bereits unter sich begraben hatten und ihn mit neuen Schneeschauern immer weiter verschütteten, werden die Häuser, den Bauernhof vom Schaller, den Kirchturm und das Rathaus nicht festhalten können, dachte der Volksschullehrer. Er dachte es nicht, er empfand es wie ein Tier, ein Löwe auf einem weißen blutbespritzten Lamm, von der ganzen Welt verspürte er nur die Glutstücke seiner Gefühle, die sich auflösen würden. Der Volksschullehrer bedeckte seine Augen und stolperte durch die Stalltür zurück ins Haus. Er grinste zufrieden, ging in die Küche hinauf und bereitete sich sein Frühstück.

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