Maskenball - Jule Richter - E-Book

Maskenball E-Book

Jule Richter

4,0

Beschreibung

Völlig unbeabsichtigt stolpert Marla in die Fänge von Domina Eva und erfährt ihren ersten SM-Sex. Einerseits abgestoßen von der erniedrigenden Art, aber andererseits fasziniert von den neuen erotischen Erfahrungen lässt sie sich auf eine Affäre mit Eva ein, die jedoch sehr bald mit einem Knall endet. Gequält von Liebeskummer stürzt sich Marla in den Umbau ihrer Bäckerei, die zu einem Café werden soll. Dabei steht ihr Lynn zur Seite, die nicht nur die Einrichtung für das Café zimmert, sondern auch Marlas Liebeskummer heilen und ihr zeigen möchte, dass SM-Sex auch liebevoll und zärtlich sein kann ...

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Jule Richter

MASKENBALL

Roman

© 2019édition el!es

www.elles.de [email protected]

Alle Rechte vorbehalten.

ISBN 978-3-95609-282-4

Coverfoto:

1

»Darf ich mal bitte?«, fragt eine genervte Stimme hinter Marla. Dann drängelt sich die Frau, der diese Stimme gehört, auch schon unwirsch an ihr vorbei.

Immer diese Samstagseinkäufer, die denken, es gäbe die nächsten sechs Monate keine Lebensmittel mehr, nur weil am nächsten Tag Sonntag ist. Marla verdreht die Augen und schüttelt den Kopf. Eigentlich vermeidet sie es konsequent, samstags einkaufen zu gehen. Aber heute hat sie in eine leere Kaffeedose geschaut. Und das ist ungefähr vergleichbar mit dem Blick einer hungrigen Katze in einen leeren Napf – ein Drama.

Also schlendert sie gemütlicher als alle anderen durch den Supermarkt und überlegt, ob sie noch etwas braucht außer Kaffee.

An der Truhe mit den Tiefkühlgerichten wird sie schon wieder unsanft zur Seite gedrängt. Diesmal dreht sie sich genervt um und wirft der Frau einen finsteren Blick zu. Doch nur eine Millisekunde später weicht die Finsternis aus ihrem Gesicht, und ihr wird es plötzlich ganz heiß.

Der Anblick dieser unverschämten Frau überwältigt sie auf eine ungewohnte Art. Diese funkelnden braunen Augen, das freche Grinsen, das sich auf ihren wundervollen Lippen abzeichnet, als sie Marla fast ein bisschen zu eindringlich taxiert, lässt ihre Knie weich werden. Und die lässige Art, mit der diese Frau ihr gegenübersteht, als würde sie auf ein Donnerwetter warten, macht ihren Mund ganz trocken.

Mit hochrotem Kopf dreht Marla sich schnell wieder um und hofft, dass sie in einem der Pizzakartons verschwinden kann. Wie lange hat sie die Frau bloß angestarrt? Hoffentlich nicht so lange, wie es sich angefühlt hat.

Angespannt blickt sie in die Truhe und wartet darauf, dass die Kundin verschwindet. Doch in dem Moment spürt sie einen fremden Arm an ihrem. Die charismatische Supermarkt-Schönheit lehnt sich direkt neben ihr in die Truhe und angelt auf eine auffallend ungeschickte Weise nach einer Hawaiipizza.

Als sie sich wieder aufrichtet, wirft sie Marla ein verschmitztes Lächeln zu und lässt sie dann mit den restlichen Tiefkühlgerichten allein.

Wie erstarrt bleibt Marla noch eine Weile stehen und entscheidet sich dann für eine Gemüsepizza, bevor sie den Kaffee aus dem Regal nebenan holt und zu den Kassen marschiert.

An Nummer zwei steht nur eine kleine, etwa hundertzwanzig Jahre alte Dame mit grünem Filzhut und bemüht sich, ihren Einkauf auf das Kassenband zu befördern.

Gerade will Marla sich anstellen, da huscht jemand an ihr vorbei und schneidet ihr den Weg ab.

Mit Wutwolken über dem Kopf pflaumt Marla: »Jetzt reicht es aber! Ich war hier zuerst.«

Die Kundin dreht sich um und grinst Marla frech an. »Aber ich war schneller.«

»Verfolgst du mich etwa?«, platzt es aus Marla heraus, als sie sieht, dass es wieder diese Frau ist.

»Du stehst doch hinter mir. Müsste ich dich dann nicht eher fragen, ob du mir schon die ganze Zeit absichtlich auf den Fersen bist?«, kontert sie schlagfertig.

Marla weiß nicht, ob sie lachen oder wütend sein soll. Was bildet die sich denn ein? Ziemlich unverschämt. Und ziemlich . . . heiß. Sie fasst sich an den Kragen ihres Shirts, als müsste sie ihn lockern, um in dieser plötzlich aufkommenden Hitze genug Luft zu bekommen.

Dann entscheidet sie sich gegen die Wut und verzieht ihre Mundwinkel zu einem unsicheren Lächeln. »Da werden wir uns jetzt wohl nicht einig«, sagt sie und deutet an, dass die Frau nun an der Reihe ist.

»Nun, wenn du so viel Wert drauf legst, diesen Sachverhalt aufzuklären, dann können wir das gern bei mir weiter ausdiskutieren«, schlägt die braunäugige Schönheit mit ihrer weichen und doch etwas verwegenen Stimme vor.

Marla spürt, wie ihre zarte rosa Gesichtsfarbe einem dunklen Purpurrot weicht. Ihr Schritt pulsiert, und sie steht plötzlich völlig neben sich. Meint sie das ernst? So ein Angebot mutet ja doch etwas dreist an. Oder ist das ein ganz normaler Flirt an der Supermarktkasse, wie er seit Hunderten von Jahren zelebriert wird, und Marla hat es einfach noch nie am eigenen Leib erlebt? Sie schaut die Kundin, die sie auf ungefähr Mitte dreißig schätzt, irritiert an.

Derweil amüsiert sich die Frau offenbar königlich über Marlas Wortlosigkeit. »Na schön, dann vielleicht ein anderes Mal«, sagt sie zwinkernd, nimmt ihre Einkäufe in die Hand und nickt Marla noch einmal zu. Dann ist sie weg.

»Entschuldigen Sie? Das macht bitte zwölf Euro vierunddreißig«, hört Marla die Kassiererin sagen, und erst dann bemerkt sie, dass das nicht die erste Zahlungsaufforderung gewesen sein kann.

Sie entschuldigt sich kleinlaut, bezahlt und verlässt schnellen Schrittes den Supermarkt.

Vor der Tür sieht sie sich prüfend um. Sie ist weg. Wirklich weg. Dabei hat Marla doch jetzt endlich die passende Antwort auf den Lippen. So ein Mist. Verdammter, verdammter Mist. Warum schafft sie es nicht ein einziges Mal, die richtigen Worte in einer angemessenen Zeit zu finden? Kein Wunder, dass sie nie eine Frau kennenlernt. Die sind nämlich alle schon längst verheiratet, wenn Marla endlich imstande ist, auf solch subtile – oder weniger subtile – Flirts zu reagieren.

Seufzend und mit den Gedanken bei der Supermarkt-Schönheit tritt Marla den Heimweg an.

Die frische Luft, die ihr in den Berliner Straßen um die Nase weht, tut gut. Noch immer fühlen sich ihre Wangen leicht gerötet an, und bei jedem winzigen Gedanken an die Begegnung im Supermarkt nimmt die rote Farbe eindeutig neue Fahrt auf.

Da klingelt ihr Handy. Umständlich angelt sie es aus der Tasche und schafft es gerade rechtzeitig, ein genuscheltes »Hallo?« in das Gerät zu japsen, bevor ihre beste Freundin Ina wieder auflegt.

»Du hörst dich ja fertig an. Was ist los? Du hast doch erst um zwei den Termin bei Hanna, oder?«, kichert Ina und zieht Marla nicht zum ersten Mal mit diesem Termin – und einer gewissen Angst vor dem Gang ins Tattoostudio – auf.

»Sehr komisch, Ina. Rufst du nur an, um mich zu ärgern, oder gibt es noch einen anderen, vielleicht etwas netteren Anlass?«, erwidert sie.

»Eigentlich wollte ich dich nur fragen, wie es dir geht und ob du aufgeregt bist. Ich könnte mitkommen, wenn du willst, dann frage ich Bettina, ob sie die Galerie solange im Auge behält.«

»Das ist wirklich lieb, aber ich schaffe das schon. Meine Aufregung hält sich in Grenzen. Noch jedenfalls«, murmelt Marla. Denn ganz so entspannt ist sie bei dem Gedanken daran, dass sie kurz davor steht, sich ihr erstes Tattoo stechen zu lassen, nicht. Sie schluckt. Einen kleinen Anflug von Panik kann sie nicht so ganz leugnen. Nur muss Ina das nicht unbedingt wissen. Also sagt sie so selbstsicher wie möglich: »Ich muss jetzt auch Schluss machen. Wir sehen uns ja heute Abend, okay?«

»Ist gut, meine Liebe. Und wenn du nach zwei Minuten feststellst, dass das doch nichts für dich ist, dann sag Hanna einfach, sie soll dir statt des eigentlichen Entwurfs einfach ein winziges Gänseblümchen stechen.« Das Feixen am anderen Ende ist quasi nicht zu überhören.

»Tschüss, du Verrückte«, sagt Marla kopfschüttelnd, aber mit einem kleinen Lächeln auf den Lippen und hört gerade noch ein geflötetes »Tschüssi«, bevor sie auflegt und das Handy zurück in die Tasche steckt.

Fünf Monate ist es her, als Marla den Entschluss gefasst hatte, sich endlich unter die Nadel zu legen. Jahrelang hatte sie mit sich gerungen, ob sie es wagen soll oder nicht. Hat recherchiert und jede Menge Pro- und Contra-Listen erstellt. Sie hat Motive im Internet rausgesucht und die vielen Tattoo-Shows im Fernsehen angeschaut, die seit kurzem aus dem Boden sprießen.

Sie ist seit jeher fasziniert von Menschen mit Tattoos und hat sich immer gefragt, ob sie auch so ein Mensch sein könnte. Oder ob es ihrer eigentlich eher zurückhaltenden Persönlichkeit widerspricht.

Doch an jenem Abend vor fünf Monaten hatte sie Inas neueste Kreation zum ersten Mal gesehen, einen kunstvoll gestochenen Drachen, der sich vom linken Schulterblatt über den Rücken bis zum Steißbein erstreckt. Und da war es um sie geschehen.

Ina nahm Marla wenige Tage später mit ins Studio, wo sie Hanna, Inas langjährige Tätowiererin, kennenlernte. Sie besprachen alles. Von Marlas Ängsten und Befürchtungen bis hin zu den ausgesprochen genauen Vorstellungen, die sie seit einer Ewigkeit im Kopf zusammengesponnen hat.

Hanna überwältigte Marla dann nur wenige Tage später mit einem außergewöhnlichen und ganz persönlichen Entwurf, der ihr wie aus ihrem eigenen Geiste entsprungen schien.

Da fühlte es sich richtig an. Und sie machte einen Termin.

Der Termin ist heute. In zwei Stunden. Und da es sich keineswegs um ein winziges Gänseblümchen handelt, das Hanna ihr auf den Rücken zaubern wird, spürt sie nun doch langsam die aufsteigende Aufregung.

Aber sie schafft das. Sie hat so lange darauf gewartet. Nun gibt es kein Zurück mehr.

Mit diesem kraftvollen Gedanken schließt Marla die Wohnungstür auf, verstaut ihre Einkäufe in der Küche und huscht noch einmal unter die Dusche.

2

»Oh Gott . . . Ahrgh . . . Scheiße, Hanna . . .«, stöhnt Marla und beißt mit zusammengekniffenen Augen in das leicht verwaschene aber herrlich frisch duftende Handtuch, das ihr mittlerweile seit vier schmerzhaften Stunden als Kopfkissen und seit zwei Stunden als Beißring-Ersatz dient.

Ihre Schultern und Arme schmerzen von der ungewohnten und alles andere als bequemen Haltung, angewinkelt unter ihrem Kopf. Ihre Finger kribbeln, weil sie zum zehnten Mal eingeschlafen sind, und Marla friert trotz Außentemperaturen von knapp fünfundzwanzig Grad, als würde sie auf einem Eisblock in der Arktis liegen statt auf der gepolsterten und unter anderen Umständen sicher äußerst gemütlichen Liege.

Sie ist überwältigt von dem Schmerz, den die Tätowiermaschine bei jeder kleinen Berührung auf ihrer Haut hinterlässt.

Sie schließt die Augen und versucht, das brennende Gefühl, das sie an eine heiße Messerspitze erinnert, die ihr gerade mit einer unerträglichen Langsamkeit den Rücken aufschneidet, wegzuatmen. Nicht, dass sie schon einmal mit einem Messer aufgeschlitzt wurde. Aber so in etwa muss es sich anfühlen. Als würde Hautschicht um Hautschicht langsam und genüsslich durchtrennt.

Und während ihr Rücken schon an ungefähr siebzig Stellen von klaffenden Wunden übersäht ist, findet Hanna noch immer eine Stelle, die bisher offenbar verschont geblieben ist.

Marlas Haut brennt. Und selbst das anfänglich als weich empfundene Tuch, mit dem Hanna nach jeder Linie, jedem Punkt und jedem Schatten die überflüssige Farbe wegwischt, fühlt sich mittlerweile an wie Schleifpapier.

Die Maschine stellt ihre Arbeit ein, und Marlas Rücken fühlt sich plötzlich federleicht und angenehm warm an. Sie genießt das leichte Prickeln, das durch die Reizung der Haut hervorgerufen wird, und atmet das erste Mal seit Stunden wieder gelassen und erleichtert ein und aus.

Auf ihre schwachen Arme gestützt legt sie ihren Kopf in die Hände, um besser lauschen zu können, was sich am Tresen des Tattoostudios abspielt.

Es ist ein stilvolles Studio, geschmackvoll eingerichtet und eine gute Mischung aus den typischen Elementen, die man von einem solchen Etablissement erwartet, und einem leicht ländlichen, natürlichen Touch, der eine gewisse Wärme und Häuslichkeit versprüht.

»Ähm, Hanna?«, sagt eine junge, mädchenhafte Stimme, die zu Jil, der neuen Praktikantin, gehört. »Eva ist da. Sie sagt, sie hat einen Termin bei Dirk. Aber . . . Dirk ist doch gerade nach Hause gefahren.«

Sie betritt den Raum, in dem bei Hochbetrieb drei Kunden von drei Tätowierern gleichzeitig gequält werden, zieht eine Augenbraue hoch und blickt einigermaßen verwirrt über Marlas Körper hinweg zu Hanna, die endlich auch das letzte Summen der Maschine abgestellt hat.

Die Ruhe ist für Marlas Ohren eine Wohltat. Ihre Gehörgänge fühlen sich an wie mit Watte ausgepolstert. Die pure Erleichterung fließt durch Marlas Körper.

»Och nee. Typisch Dirk, ey. Ja, weiß ich jetzt auch nicht. Musste ihn anrufen und mal fragen, was du der lieben Eva sagen sollst«, antwortet Hanna, während sie die Spitze der Maschine schon wieder in den Farbtopf tunkt.

Marla lässt den Kopf vorsichtshalber schon mal sinken, um bei Bedarf umgehend in das Handtuch beißen zu können.

Doch das ist gar nicht nötig. Denn es dauert keine zehn Sekunden, da umspielt Marlas Nase der eindringliche Duft eines herben Parfüms, gepaart mit der Note einer Hautcreme, die davon zeugt, dass die Person, die beides trägt, viel Wert auf die Pflege ihres Körpers legt.

Die Maschine neben Marla bleibt aus, und sie hebt den Kopf wieder an, um einen Blick auf die Frau, die vermutlich ziemlich verärgert ist, weil ihr Tätowierer sie versetzt hat, zu erhaschen.

Sie ist groß. Mindestens einsachtzig. Das schwarze, fließend fallende Oberteil aus knitterfreiem Stoff und der knöchellange schwarze Rock mit einem unanständig hohen Schlitz auf der rechten Seite umhüllen ihren fraulichen Körper so beeindruckend, dass Marla kaum wegsehen kann.

Sie beäugt die kurvige Frau so unbemerkt, wie es aus ihrer etwas unvorteilhaften Position eben möglich ist.

Deren Lippen sind rot, die blonden Haare hat sie zu einem Pferdeschwanz zusammengebunden, und ihr Atem verströmt einen angenehmen minzigen Geruch.

»Hanna, das ist nicht euer Ernst, oder?«, fragt sie und stellt sich mit verschränkten Armen neben Marlas Liege, ohne ihr irgendeine Beachtung zu schenken.

Der Tonfall sorgt bei Marla für eine Gänsehaut. Oder kommt die Gänsehaut von dem leichten Luftzug, der durch die geöffnete Eingangstür hereinströmt?

»Eva, ich mache Dirks Termine nicht. Ich meine, du kennst ihn. Er ist hin und wieder etwas verpeilt«, antwortet Hanna so humorvoll, wie es eben geht.

»Ja, aber es macht mich trotzdem ziemlich sauer. Ich habe vier Monate auf den Termin gewartet.« Evas Stimme wird dunkler.

Marla schluckt. Sie hat irgendwie das Bedürfnis, ihren Kopf zur anderen Seite zu drehen, um sich so weit wie möglich aus der Schusslinie zu ziehen.

»Aber du hast es ja heute ganz gut getroffen mit deiner Kundin, was?«, bemerkt Eva süffisant und wirft einen Blick auf Marla. Dann spricht sie sie direkt an. »Na? Bist du wenigstens tapfer, damit Hanna in Ruhe ihrer Arbeit nachgehen kann, ohne von ständigem Gejammer genervt zu werden?«

Marla schießt das Blut, das ihr bis eben noch in Strömen aus den klaffenden Wunden auf ihrem Rücken gelaufen ist, in den Kopf und färbt ihr Gesicht in ein aufgeregtes Rot. »Ich gebe mein Bestes«, murmelt sie und grinst schief.

»Das sollte auch das Mindeste sein. Findest du nicht?«, fragt Eva mit einem überraschend bedrohlichen Unterton.

Marla schluckt und nickt nur. Was geht denn jetzt ab? fragt sie sich.

Doch ehe sie ergründen kann, was diese Frau in ihr auslöst, sagt Eva: »Sieht geil aus.« Sie beugt sich ungeniert über Marlas Körper und lässt ihren Blick eine halbe Ewigkeit über das Tattoo schweifen.

Jedenfalls meint Marla, dass der Blick nur ihrem Tattoo gilt. Die aufwendigen Wurzeln des Baumes, aus dessen Stamm das Gesicht eines Buddhas erwächst, zieren ab heute Marlas Nierengegend und bilden den Anfang für das realistisch gestochene Gesamtkunstwerk, das in den nächsten Monaten nach und nach unter ihre Haut gestochen werden wird. Die bereits vorgestochenen Linien der Baumkrone fließen über ihre Schultern, und die äußeren Äste enden kurz über ihren Ellbogen. Die sichtbaren Details und Schatten sind atemberaubend und zeugen von dem außergewöhnlichen Talent, das Hanna über Jahre perfektioniert hat.

Marla liebt ihr Tattoo. Jetzt schon. Auch wenn es noch nicht fertig ist und sie es in einer kleinen Pause nur kurz im Spiegel bewundern konnte. Und sie ist gerade ziemlich beflügelt von dem knappen Kompliment aus dem minzigen Mund.

Dann passiert eine quälende Zeitlang gar nichts. Marla wird nervös. Aber warum? Verwirrung breitet sich in ihr aus, während sie auf der Liege liegt und nicht weiß, was die Stille zu bedeuten hat.

»Ja, das gefällt mir«, brummt Eva dann endlich, und Marlas Herz klopft einen Takt schneller.

»Mädels, ich husche kurz vor die Tür«, sagt Hanna und legt die Maschine beiseite. »Marla, brauchst du was? Kann ich dir ein Wasser mitbringen?«

»Nein danke, Hanna. Alles gut, soweit«, antwortet Marla, und ihr Atem stockt bei dem Gedanken daran, dass sie mit dieser fremden Frau allein sein wird.

»Tu mir den Gefallen und stell dich hin. Sonst sehe ich ja nicht das gesamte Werk.«

Marlas Herzschlag setzt einen Moment aus. Dann pulsiert jede Faser ihres Körpers aufgeregt, und sie traut sich kaum, Luft zu holen. Als ihr Herz die Arbeit wieder aufnimmt, ist Marla schon dabei, sich etwas ungeschickt von der Liege zu bewegen. Immer darauf bedacht, sich das Handtuch, auf dem sie liegt, vor ihren nackten Oberkörper zu halten.

Eva erscheint in ihrem Blickfeld und betrachtet Marla ungeniert von oben bis unten. »Ich finde das Handtuch, das du da so umklammerst, übrigens völlig überflüssig«, raunt sie mit aufregender Stimme.

Marla spürt einen dicken Kloß im Hals. Doch bevor sie auf diese anzügliche Aussage etwas erwidern kann, sagt Eva eindringlich: »Aber dieses Mal darfst du es noch behalten.«

In dem Moment geht Eva dicht an Marla vorbei. So dicht, dass sich ihre Arme berühren. Marla zieht kaum hörbar den Sauerstoff ein, den ihr Hirn unbedingt braucht, um nicht auszufallen.

Dann steht Eva hinter ihr. Im Spiegel kann Marla sie beobachten. Sie begutachtet Hannas Werk und lässt ihre Finger mit ausreichend Abstand neben den gestochenen Linien entlangfahren.

Ein unbeschreibliches Kribbeln durchfährt Marlas Körper. Sie will sich dieser sonderbaren Situation entziehen. Doch sie kann nicht. Etwas hält sie davon ab, die Flucht zu ergreifen, Eva einen Vogel für so viel Unverschämtheit zu zeigen und sie darauf aufmerksam zu machen, dass eine gewisse Distanz doch angemessen wäre.

Marla fühlt sich nackt und ausgeliefert. Und auf eine ungeahnte Weise erregt.

Da kommt Hanna wieder herein und grinst Marla wissend an. Aber warum? Was weiß Hanna, was Marla offenbar nicht weiß? Sie schluckt und spürt ein seltsames Kribbeln in ihrem Magen und in ihrem Schritt. Und irgendwie fühlt sie sich mehr und mehr überfordert mit dieser Situation.

Hanna scheint das zu bemerken und durchbricht das Spiel, das Eva mit Marla treibt. »Sorry, dass dein Termin heute ausfällt, Eva. Ich werde Dirk ordentlich auf die Finger hauen und ihn recht freundlich von dir grüßen. Er meldet sich dann morgen bei dir, okay?«

Eva lässt von Marla ab, und Marla atmet erleichtert aus. Ein Teil der Anspannung, die sich in den letzten Minuten in ihrem gesamten Körper aufgebaut hat, löst sich, und sie lächelt Hanna durch den Spiegel dankbar zu. Auch wenn sie selbst nicht genau weiß, wofür und warum sie Dankbarkeit verspürt.

Verwirrt folgt sie Hannas Einladung auf die Liege und ist äußerst froh, ihren Körper wieder auf dem sicheren Kunstleder zu spüren.

»Schon gut, Hanna. Es ist ja nicht deine Schuld. Und wir alle kennen Dirk. Ich hätte ja fast damit rechnen müssen, nachdem er mich schon mal zwei Stunden vor dem Laden hat warten lassen«, seufzt Eva. Und dann fügt sie mit einem hörbar zufriedenen Lächeln in der Stimme hinzu: »Aber ich werde ja entschädigt. Wann kann ich sonst schon mal dabei zusehen, wie so ein Werk auf den zarten Rücken einer schönen Frau gezaubert wird?«

In dem Moment fühlt Marla wieder Evas Fingerspitzen, die sanft über ihre Schulter fahren. Verrückterweise ist das Gefühl, das sie dabei auf der Haut hinterlassen, dem Gefühl der Maschine gar nicht so unähnlich. Jeder Zentimeter, den Eva berührt, brennt wie Feuer. Marla hält den Atem an, während Eva ihre Fingerspitzen auf Marlas Haut ruhen lässt.

»Schön. Sehr, sehr schön . . . Ganze Arbeit, Hanna«, murmelt Eva kehlig.

Vor Marlas innerem Auge klicken gerade die Handschellen, Seile werden um ihren Körper gebunden, und sie wird mit Gurten für alle Ewigkeit an diese Liege fixiert. Solche Assoziationen hatte sie bisher nur äußerst selten. Aber in diesem Moment sieht sie all das bildlich vor ihrem inneren Auge. Sie fühlt sich hilflos ausgeliefert und . . . erregt. Unfassbar erregt sogar. Sie schnaubt leise die angehaltene Luft aus und atmet dann Evas betörenden Duft tief ein.

»Na? Ein bisschen nervös?«, fragt die raue Stimme der Frau, die etwa Mitte vierzig sein muss.

Marlas Herz schlägt ihr bis zum Hals, und das Blut, das ihr Gesicht rot färbte, bündelt sich nun mit einer bedenklichen Geschwindigkeit in ihrem Schoß. Ein Beben geht durch ihren Körper. Jede Faser ist angespannt. Und das, obwohl die Frau mit der Maschine gerade keine Anstalten macht, die Nadel wieder in ihrer Haut zu versenken. Nein, Marlas Aufregung wird längst nicht mehr von der Tätowiermaschine erzeugt. Eva bringt sie völlig aus der Fassung.

»Seit wann liegst du schon hier?«, fragt Eva plötzlich.

Und Marla schluckt ihre Erregung hinunter, bevor sie nuschelnd antwortet: »Seit vier Stunden. Aber gefühlt seit Tagen.«

Eva lacht kurz auf und schnalzt dann mit der Zunge, als würde sie ein kleines Kind tadeln. »Du wirst das schon aushalten, stimmt’s?«

»Ja«, presst Marla hervor und muss ein weiteres Mal ihre Erregung im Zaum halten.

»So, Mädels. Seid ihr fertig? Marla? Kann es weitergehen?«, flötet Hanna und durchbricht nicht nur das Gespräch zwischen ihr und Eva, sondern auch ihre Erregung.

Hanna streift sich die Einweghandschuhe über, lässt die Enden an ihre Arme klatschen, wie man es aus schlechten Arztserien von den Ärzten kurz vor der OP kennt, und setzt sich wieder auf ihren Hocker.

»Ja«, murmelt Marla. In dem Moment lässt Eva von ihr ab und schwingt sich überraschend elegant auf eine Liege.

»Bleibst du noch?«, fragt Hanna, während sie die Maschine für die nächste Tortur vorbereitet.

»Du weißt ja, ich stehe auf Schmerzen. Und am liebsten habe ich es, wenn andere sie für mich erleiden. Es wendet sich also dank Dirks Unzuverlässigkeit alles zum Guten heute.«

Marla reißt bei dieser Bemerkung die Augen auf und vergräbt ihr Gesicht noch tiefer im Handtuch. Das kann doch nicht wahr sein.

»Stört dich doch nicht, oder?«, fragt Eva.

Und Marla huscht ein gepresstes »Nein« über die Lippen, das sie nicht selbst zu verantworten hat. Diese Antwort stammt von irgendwem. Aber nicht von ihr. Irgendetwas hat Besitz von ihrem Hirn übernommen und steuert ihre Gedanken, Worte und Gefühle.

»Sehr schön. Ach . . . und am besten störst du uns nicht mit unnötigem Gejammer. Ich möchte die Show gern genießen«, sagt Eva, und auch wenn Marla diese Frau erst eine Momentaufnahme lang kennt, hört sie das dunkle Grinsen heraus, das ihr auf den Lippen liegt.

Marla stöhnt leise auf und kann nicht fassen, was gerade passiert und was ihr noch bevorsteht. Denn eines ist klar: Wenn sie sich weiter so anstellt wie in den letzten Stunden, dann wird Eva nicht sehr erfreut sein. Und aus einem sonderbaren, unerklärlichen Grund will sie das nicht.

Kaum hat sie diesen Gedanken zu Ende gebracht, beginnt das Surren neben ihr. Sie hört den Rollhocker auf dem Laminat, und dann verstummt das Geräusch der Maschine für einen kurzen Moment. Hanna füllt sie mit Farbe. Mit Farbe, die in wenigen Sekunden unter Marlas Haut gestochen wird.

Sie beißt die Zähne zusammen, und ihre Finger krallen sich schon mal vorsorglich in den Rand der Liege. Mit fest geschlossenen Augen und angehaltenem Atem wartet sie auf die erste Berührung der Nadel auf ihrem Rücken.

Eine halbe Stunde lang tanzt die Nadel wieder auf Marlas Rücken und zieht munter Linien. Im Augenwinkel sieht Marla Eva auf der Liege sitzen. Ihr Blick ist prüfend auf Marlas Köper gerichtet, ihre Arme sind erwartungsvoll vor der Brust verschränkt.

Obwohl die Nadel ganze Arbeit in Marlas Schmerzzentrum leistet, spürt sie die längst verschwundene Hand von Eva noch immer auf ihrem Arm.

»Ah, fuck, Hanna!«, keucht Marla plötzlich auf und reißt ihren Kopf vor Schmerz in den Nacken.

Bevor Hanna auf die Worte reagieren kann, lässt sich Eva von der Liege gleiten, stellt sich neben ihren Kopf und beugt sich zu ihr herunter. Dann raunt sie: »Fluchen ist auch verboten, meine Schöne.«

Marla reißt die Augen auf und blickt in Evas amüsiertes Gesicht. Die Nadel in ihrem Rücken ist kurz vergessen. Hanna könnte jetzt sogar das heiße Messer nehmen und die letzten Linien des Tages in Marlas Fleisch schneiden. Sie würde es nicht merken.

Eva zwinkert ihr wissend zu und lehnt sich an die Wand. Marla beißt sich auf die Unterlippe und lässt das Gesicht wieder ins Handtuch sinken. Ihr Schritt pulsiert und ihr Atem ist ungleichmäßig. Sie spürt ihren Herzschlag bis zum Hals, und ihr Magen zieht sich zusammen, sobald sie mit halbem Auge zu Eva hinüberblinzelt.

Die steht nur da und füllt mit ihrer reizvollen Arroganz den gesamten Raum. Ihre Ringfinger werden von silberfarbenen Ringen mit spirituellen Zeichen geziert, und sie trägt ein Amulett um den Hals, das eine sehr kunstvolle Darstellung eines Buddhas zeigt.

Marlas Faszination für diese Erscheinung, die sich in ihren Tätowier-Termin geschlichen hat und ihren Verstand vernebelt, wächst im Sekundentakt.

Unerwartet plötzlich stößt sich Eva nach weiteren zehn Minuten, in denen Marla tapfer jedes Fluchen und jedes Jammern unterdrückt hat, von der Wand ab. »So, ihr Lieben, ich muss los. Den Rest schafft ihr sicher auch ohne mich.« Sie zwinkert in Marlas Richtung, und Marla antwortet mit einem unsicheren Lächeln.

Dann steht Hanna auf und reicht ihr die Hand. »Ich richte Dirk herzliche Grüße von dir aus.«

Eva nickt, geht zum Kopfende der Liege und beugt sich herunter.

Marla hebt ihr von Handtuchabdrücken übersätes Gesicht und schämt sich für die wild abstehenden Haarsträhnen, die ihr längst aus dem Zopf gefallen sind.

»Mach’s gut. Und danke für die Show. Du hast mir den Tag gerettet«, haucht Eva mit schon fast erotischer Stimme. Dann legt sie noch einmal ihre Hand auf Marlas Arm und lässt ihre Finger gefühlvoll über die leicht gerötete Haut auf der linken Schulter gleiten, bevor sie kurz den Druck spürbar verstärkt und von Marla ablässt.

Eine Feuerspur bleibt zurück, und Marla lässt den Kopf sinken. Sie atmet tief durch.

Als Eva verschwunden ist, ist sie gleichermaßen enttäuscht und erleichtert. Denn endlich kann sie wieder fluchen und jammern, wenn Hanna sie quält.

»Na, da hast du unserer Eva aber den Kopf verdreht«, sagt Hanna mit einem süffisanten Lächeln. »Pass aber ein bisschen auf. Die ist nicht ohne.« Dann setzt sie wieder zum Tätowieren an, und Marla spürt ihre Gedanken in ihrem Hirn wilde Kreise ziehen.

Mit großer Vorsicht und eher mühsam als elegant steigt Marla aus ihrem kleinen Corsa, der sie nicht ganz so bequem wie gehofft nach Hause gebracht hat. Sie schnauft erleichtert auf, als sie sich in der sicheren Senkrechten befindet, klopft ihrem Auto liebevoll aufs staubige Dach und schließt die Tür ab.

Müde und den Kopf gefüllt mit wirren Gedanken und verrückten Erinnerungen an eine nicht ganz so gewöhnliche Sitzung im Tattoostudio schleppt sie sich in ihre Wohnung.

Wenn sie könnte, würde sie sich jetzt liebend gern auf ihre durchgesessene Couch fallenlassen und die Augen schließen. Doch sowohl Couch als auch fallenlassen sind gerade eher gewagte Optionen. Daran wird Marla schmerzlich erinnert, als sie die Jacke aufhängt und der Hosenbund über die Folie reibt, unter der sich das frischgestochene Tattoo befindet.

Einmal mehr fragt sie sich, warum sie sich das antut. Sie ist Mitte dreißig und konnte bisher auch wunderbar ohne Tattoo leben. Was hatte sie bloß geritten, als sie sich begeistert mit Hanna zusammengesetzt hatte, um ein Tattoo zu entwerfen, das diese Ausmaße hat?

Sie verschwendet einen kurzen Gedanken daran, dass ein kleines Gänseblümchen am Handgelenk auch gereicht hätte. Doch dann betrachtet sie das Foto des Kunstwerkes auf ihrem Handy und weiß wieder, warum sie diese Qualen über sich ergehen lässt und noch ein paarmal auf Hannas Liege Platz nehmen wird.

Es sieht wirklich überwältigend schön aus. Noch ganz gerötet. Aber es lässt sich erahnen, dass es ab dem nächsten Sommer lohnenswert sein wird, nur noch im Bikini auf die Straße zu gehen, damit jeder sehen kann, was für ein einzigartiges Werk ihren Rücken schmückt.

Glücklich entspannt und mit einer gewissen Vorfreude lässt sie das Handy wieder in die Hosentasche gleiten.

»Unfassbar, was ihr heute geschafft habt«, staunt Ina, als sie am späten Abend bei Marla vorbeischaut, um sich vom Stand der Dinge zu überzeugen. Sie legt einen Finger auf Marlas Schulter und fährt neben dem Ast des Baumes entlang. Marla zuckt unwillkürlich, und Ina fragt irritiert: »Was ist los? Habe ich zu kalte Finger?«

»Was? Nein, alles gut. Ich habe nur . . . Ach . . . egal«, stammelt Marla als Antwort und schließt die Augen, während sich hinter ihren Lidern ein Film über Eva abspielt.

Einen kurzen Augenblick stellt sich Marla vor, dass Eva gerade hinter ihr steht und sie betrachtet. Das Tattoo, ihren Körper, alles an ihr gehört in dieser Vorstellung Evas festem Blick, und sie spürt ein verräterisches Kribbeln in ihrem Schritt.

Doch Ina reißt sie aus ihren Gedanken. »Marla? Willst du mir irgendwas sagen?« Neugierig legt sie ihren Kopf auf Marlas Schulter und grinst sie an.

Marla verzieht die Mundwinkel zu einem Lächeln und zuckt mit den Schultern. Will sie? Will sie Ina erzählen, was im Studio los war?

Sie bleibt stumm, und Ina sagt: »Okay, dann nicht. Aber wenn du über irgendwas mit mir reden willst, dann bin ich für dich da. Und du weißt, ich brenne auf Neuigkeiten. In meinem Leben passiert ja gerade nicht so viel.« Mit einem Schmunzeln gibt sie Marla einen Klaps auf den Hintern und raunt ihr scherzhaft ins Ohr: »Na los, Kleines, zieh dich wieder an.«

Marla verdreht die Augen. »Erst darfst du aber noch meinen Rücken eincremen. Aber ganz sanft, hörst du? Sonst springe ich im Dreieck und vergesse meine gute Kinderstube.«

»Muss ja nicht die schlechteste Aussicht am heutigen Abend sein«, scherzt Ina mit einem gespielt verführerischen Klang in der Stimme. Sie gibt ihr von der Seite einen kleinen Kuss auf die Wange, bevor sie grinsend zu Marlas Tasche geht und nach der Wundsalbe angelt.

Da fällt ein gelber Notizzettel auf den Boden. Neugierig hebt sie ihn auf. »Du Marla . . .«, sagt sie, während ihr Blick noch immer auf dem Zettel haftet.

Marla dreht sich um und schaut Ina fragend an. »Was ist? Hast du die Salbe gefunden?«

»Nicht nur die. Was ist das denn hier? Ich glaube, du möchtest mir doch was erzählen. Oder du musst mir was erzählen«, antwortet Ina und hält ihr den Zettel unter die Nase.

Sie kann die Buchstaben kaum entziffern, weil Ina wie ein aufgeregtes Kind, das unbedingt wissen möchte, was sich im Überraschungsei der besten Freundin verbirgt, herumzappelt.

»Gib schon her, du verrücktes Huhn«, lacht sie. Doch sie spürt, dass sie nur halb so entspannt ist, wie sie versucht vorzugeben. Sie schnappt sich den Zettel und dreht sich von Ina weg. Dann fliegen ihre Augen über die Worte. Einmal . . . zweimal . . . beim dritten Mal springt ihr das Herz fast aus der Brust und kriecht vor Aufregung unters Bett.

»Das ist . . . ähm . . . oh Scheiße . . . verdammt . . . das ist . . .«, stammelt Marla und lässt sich aufs Bett fallen. Ihre Gedanken fahren Achterbahn. Dann liest sie den Zettel noch einmal.

Ruf mich an, wenn du herausfinden möchtest, ob du immer so tapfer sein kannst wie beim Tätowieren. Ich weiß, du wirst es nicht bereuen. Eva

Darunter eine Handynummer.

Marla will sich gerade überwältigt von ihren Gefühlen auf den Rücken fallen lassen, als sie von Inas durchdringender Stimme abgehalten wird: »Nicht Marla! Dein Tattoo!«

Sie hält inne und stabilisiert ihren aufgeregten Körper in der Vertikalen, auch wenn es ihr kaum gelingen will, ihre Muskeln dazu zu bringen, die nötige Spannung aufzubringen.

»Und jetzt Klartext, beste Freundin«, fordert Ina die längst überfällige Erklärung.

Marla seufzt, legt den Zettel neben sich auf die Bettdecke, und nach einem letzten flüchtigen Blick auf die Nachricht sagt sie: »Gut, ich erzähle es dir. Aber bitte crem mir erst den Rücken ein, damit ich mir was anziehen kann.«

Sie gehen ins Wohnzimmer, Ina schmeißt sich genüsslich in die Sofakissen, während Marla die Kante weit weg von allen Lehnen bevorzugt. Dann berichtet sie ihr von der verwirrenden Begegnung im Studio.

Als sie vom ersten Auftreten Evas bis zu ihrer Hand auf ihrem Rücken alles detailliert geschildert hat und eine Atempause macht, quietscht Ina auf und klatscht begeistert in die Hände. Dann gibt sie Marla einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter. »Mensch Marla, wer hätte das gedacht, was?«

»Was meinst du?«

»Na ja, erst vor ein paar Wochen hast du endlich den Mut gehabt, mir zu erzählen, dass dich der BDSM-Bereich doch nicht so kaltlässt, wie du es immer behauptet hast. Und schwupp, hast du eine Eva. Verrückt, wie sich die Dinge manchmal entwickeln, oder?«

»Ach Quatsch, Ina«, wehrt Marla ab. »Erstens habe ich nur gesagt, dass ich deinen Storys aus deinem Leben in der BDSM-Welt vielleicht ein klitzekleines bisschen mehr abgewinnen kann, als ich dachte. Und zweitens habe ich keine Eva. Keine Ahnung, was diese Nachricht soll.«

Sie zuckt die Schultern und will gerade den gelben Notizzettel zerreißen, da schnappt Ina sich die Nachricht der geheimnisvollen Frau und zeigt ihr einen Vogel. »Du spinnst doch. Denk doch erst einmal wenigstens zwei Minuten drüber nach, bevor du so eine Gelegenheit einfach in den Mülleimer schmeißt.«

»Ruf du sie doch an, wenn du das ganze so aufregend findest.«

»Sie will aber nicht, dass ich sie anrufe. Sie will, dass du sie anrufst«, erwidert Ina betont.

Marla blickt nachdenklich aus dem Fenster und beobachtet die Regentropfen, die seit zwei Stunden ihre frischgeputzten Scheiben mit feinen Rinnsalen bedecken. Ein Tropfen jagt den nächsten, und die schmalen Bäche sammeln sich am Rand des Fensters im porösen Gummi. Der Hausmeister muss unbedingt vorbeikommen, um die Dichtung zu erneuern. Marlas Finger umspielen den Zettel, ohne dass sie ihn eines Blickes würdigt. Wie hypnotisiert beobachtet sie den Regen am Fenster und vergisst fast, dass Ina noch immer neben ihr sitzt.

»Marla?«

»Was?«, fragt sie ein wenig irritiert.

»Was denkst du gerade?«

»Ich denke an den Hausmeister«, murmelt Marla gedankenverloren.

Ina prustet los. »Ist das dein Ernst? Du bekommst so eine Nachricht von einer offenbar sehr aufregenden Frau, und du denkst an den Hausmeister? Ist der nicht schon hundertvierzig Jahre alt und geht am Stock?« Inas Lachen durchdringt fast die Wände.

»Wolltest du nicht gerade gehen?«, fragt Marla etwas schnippisch und funkelt sie ärgerlich an.

»Das bringt dich wirklich ganz schön durcheinander, was?«, fragt Ina ernst und legt ihre Hand sanft auf Marlas Oberschenkel. Ihr Daumen streicht über den Stoff der Jeans.

Marla ist dankbar für diese Verbindung zu ihrer engsten Vertrauten. »Ich bin wirklich verwirrt. Die ganze Begegnung verwirrt mich. Du hättest mich da mal sehen sollen. Das war ein Wirbelsturm der Gefühle. Eine Mischung aus Schmerz, den Hanna mir in meinen Rücken gehämmert hat, Aufregung, weil Evas Erscheinung mich geflasht hat, und irgendwann eine überraschend große Portion Erregung, die meinen Schritt zum Kochen gebracht hat. Und das alles auf der Liege, während ich tätowiert wurde. Das ist doch wirklich unfassbar . . .« Sie macht eine kurze Pause, und Ina rutscht noch etwas näher an sie heran. »Es ist gerade ein paar Wochen her, dass ich vor mir selbst und vor dir eingestanden habe, dass ich wohl irgendwo versteckt in mir diese kleine, winzige devote Ader habe.«

Ina lächelt Marla an. »Dafür bist du aber schon ganz schön gut darin, den dominanten Frauen den Kopf zu verdrehen, meine Süße. Sonst hätte diese Eva dir wohl kaum so eine eindeutige Notiz hinterlassen, oder?«

»Ihrem Auftreten nach zu urteilen ist sie aber schon länger in dem Geschäft und weiß, was sie tut. Ich hingegen habe keine Ahnung. Keinen blassen Schimmer. Und da helfen auch meine kleinen Schlüssellochmomente auf den beiden Partys, auf die du mich geschleppt hast, nicht weiter. Ich weiß doch noch gar nicht, ob ich es nur in der Theorie spannend finde, oder ob ich meinen Fantasien auch in der Praxis standhalten kann.«

Marla seufzt und bettet den Kopf in ihre Hände. Einen Augenblick ist es still im Wohnzimmer. Nur das Brummen des Kühlschrankes ist aus der Küche zu hören, während Marla versucht, ihre Gedanken zu sortieren.

Dann ergreift Ina das Wort. »Ruf sie an.« Kunstpause. Das macht Ina gern, um die Spannung zu erhöhen. »Ruf sie an und sag ihr ganz klar, an welchem Punkt du bei diesem ganzen Thema stehst. Entweder, sie lässt sich auf einen Grünschnabel wie dich ein und führt dich in kleinen Schritten in die Welt des BDSM ein, oder sie lässt die Finger von dir und vergnügt sich lieber mit einer Frau, die erfahrener in ihrer devoten Rolle ist.«

Marla blickt Ina an und muss schmunzeln, als sie das eindeutige Glänzen in ihren Augen sieht. Dann sagt sie lachend: »Ich soll ihr also dann vertrauensvoll deine Nummer geben? Ist das dein Plan, meine liebe Ina? Du kleine, erfahrene Sklavin?«

Ina lacht. »Na ja, warum nicht?«, sagt sie schulterzuckend. »Anscheinend ist sie auf der Suche, und bei mir läuft ja auch nicht so viel im Moment . . .«

»Du bist unmöglich. Weißt du was?«, fragt Marla lachend.

»Was denn?«

»Ich gebe dir gleich ihre Nummer. Du wirst sie schon um deine schlanken Finger wickeln. Dann hat sie mich ganz schnell vergessen, und ihr könnt gemeinsam in den Sonnenuntergang reiten. Sie auf dem Pferd und du gefesselt und geknebelt im Wägelchen dahinter.« Sie lacht lauthals los.

Ina steigt sofort mit ein. »Genau. Und am Ziel unserer Reise fixiert sie mich an einen Pfahl mitten in der Pampa, um mir die Leviten zu lesen.«

»Siehst du? Alles geritzt. Hier hast du ihre Nummer«, sagt Marla schmunzelnd und überreicht Ina den Zettel, der mittlerweile schon ziemlich zerknittert ist.

»Kommt nicht in Frage. Du hängst dir diese Nachricht jetzt an deinen Kühlschrank und lässt dir das ganze noch einmal durch den Kopf gehen. Schlaf eine Nacht drüber. Das hilft.« Mit diesem Satz steht Ina auf und geht zur Haustür.

Marla bemüht sich ebenfalls, auf die Füße zu kommen. Sie merkt jetzt erst, wie müde sie tatsächlich schon ist. Gähnend folgt sie Ina zur Tür, und nach einem freundschaftlichen Gute-Nacht-Kuss verschwindet Ina in die Dunkelheit des Hausflures.

Wenige Minuten nach Inas Verschwinden fällt Marla ein, dass sie ihrer besten Freundin ja nur von einer verrückten Begegnung an diesem Tag erzählt hat. Die Supermarkt-Schönheit hat sie selbst schon fast wieder vergessen. Doch nun tanzt auch diese Frau einen Moment lang vor Marlas innerem Auge herum.

Was für ein Samstag. Jahrelang passiert in Marlas Liebesleben gar nichts, und dann überfordern sie gleich zwei Frauen an einem Tag. Kopfschüttelnd greift sie zur Fernbedienung und lenkt sich mit Trash-TV von ihrem schmerzenden Rücken und den verwirrenden Gedanken ab.

3

Nach einigen Nächten mit wenig Schlaf und vielen Gedanken an die Frau im Studio, die es geschafft hat, sie völlig aus dem Konzept zu bringen, hat sich Marla wieder gefangen und ist mit großer Motivation dabei, einen Kuchen für die Taufe vom kleinen Ole zu kreieren.

Heute arbeitet sie allein in der Backstube der kleinen Bäckerei und Konditorei, die sie vor zwei Jahren von ihrer Tante übernommen hat. Ina, die ihr hin und wieder aushilft, hat in ihrer Galerie gerade alle Hände voll zu tun. Nur Marion steht wie immer munter an der Theke und verkauft mit ihrer freundlichen und mütterlichen Art Gebäck und Brötchen.

Gerade verziert Marla den imposanten Kuchen mit Zuckerschrift, als ihr Handy klingelt.

»Hey Ina, was gibt’s?«, fragt sie mit vollem Mund, weil sie sich soeben ein Stück Marzipan zwischen die Zähne geschoben hat.

»Was gibt’s bei dir? Das ist ja wohl die spannendere Frage. Ich habe mich echt lange zurückgehalten und gedacht, du meldest dich von selbst, um mir von dir und Eva zu berichten. Aber jetzt habe ich es nicht mehr ausgehalten. Also? Was geht bei euch?«

»Ich bin wirklich beeindruckt, wie lange du dich nicht gemeldet hast«, erwidert Marla und lacht kurz. »Aber ich muss dich enttäuschen. Es gibt nichts zu berichten. Ich habe Eva nicht angerufen oder ihr geschrieben oder gemorst oder eine Brieftaube geschickt. Letztere übermitteln Nachrichten auch wahrscheinlich nicht an Handynummern.«

»Ich dachte es mir schon fast, und ich verstehe deine Unsicherheit. Aber was soll schon passieren? Wenn du ihr reinen Wein einschenkst und sie sich drauf einlässt, dann kann das doch eine ziemlich spannende Begegnung werden, meinst du nicht?«

Marla lehnt sich an den mehlbedeckten Arbeitstisch und schließt die Augen. Gerade war sie soweit, dass sie nicht mehr ständig an Eva denken musste. Und nun kommt Ina mit ihren Überredungskünsten. Doch Marla bleibt standhaft. »Nein, Ina. Ich fühle mich nicht bereit. Ich habe Angst, dass ich mich lächerlich mache. Oder blöd anstelle. Oder jemanden mit meiner Unerfahrenheit enttäusche. Nein, nein. Lass mir erst noch ein paar hundert Bücher zukommen. Und wenn ich die gelesen habe und Eva dann noch unter der Nummer zu erreichen ist, dann könnte ich noch einmal drüber nachdenken.«

»Aber –«

»Kein Aber. So, ich muss jetzt wirklich weiterarbeiten«, versucht Marla das Gespräch zu beenden.

Doch bevor sie auflegen kann, sagt Ina: »Halt, warte!«

»Was denn noch, du Nervensäge?«

»Kommst du Samstag mit auf die Party? Mia, Gundis und Lynn kommen vorher zu mir. Wir essen eine Kleinigkeit, und Sekt habe ich auch da. Was sagst du?«

Marla atmet tief durch. Eigentlich braucht sie gerade nicht noch mehr Input, was dieses Thema angeht. Andererseits hat sie bei den letzten beiden Partys festgestellt, dass allein das Zusehen ziemlich erregend sein kann. Die Erinnerungen an den einen oder anderen Moment, den sie im Gewölbekeller der Location damit verbracht hat, durch die Gucklöcher in den Wänden bei den Sessions der anderen zuzuschauen, bringen ihr Blut in Wallung.

»Marla?«

»Ja?«

»Kommst du mit?«

»Na gut. Ich komme mit. Vielleicht lerne ich ja noch was«, mutmaßt Marla schmunzelnd, und ihr Magen kribbelt bei dem Gedanken an die bevorstehende Party.

»Das wollte ich hören. Die Party findet allerdings in einer anderen Location statt. Etwas außerhalb von Berlin. Wir fahren mit dem Taxi. Kommst du so um acht zu mir?«

»Wird gemacht. Bis dann, Ina.«

»Bis dann. Schön, dass du mitkommst. Ich mag es, dass ich diese Welt nun endlich mit meiner besten Freundin teilen kann.«

Marla schmunzelt. »Na ja, bis jetzt nehme ich mir nur einen kleinen Kuchenkrümel von dem großen Ganzen.«

»Die Dinge können sich ändern, Marla. Denk daran. Alles ist im Fluss . . .«, philosophiert Ina melodisch.

»Du bist echt ein bisschen durchgeknallt. Bis Samstag dann«, erwidert Marla lachend.

»Ciaoi«, flötet Ina fröhlich, bevor sie auflegt.

Als es am späten Samstagabend an Inas Tür klingelt, ist Marla schon einigermaßen beschwipst.

Neben der selbstgemachten Pizza mit Oliven, Feta und einer großen Portion Zwiebeln hat Ina auch an leckerem Sekt und Wein nicht gespart.

Die Wirkung des guten Tropfens zeigt sich, als Marla Gundis und Mia ein bisschen zu überschwänglich begrüßt und drei überraschte Blicke erntet.

»Es gab schon Wein«, erklärt Ina ihren Freundinnen mit einem vielsagenden Zwinkern, und Marla würde gern im Erdboden versinken. Aber der tut sich nur selten im dritten Stock eines Altbaus auf. Also macht sie einen vornehmen Schritt zurück und lässt die Mädels, die allesamt in sexy schwarzen Outfits auf der Türschwelle stehen, herein.

»Wie kommen wir zu der Ehre, dass du unsere kleine illustre Gruppe heute Abend wieder einmal begleitest? Hattest du nicht nach der letzten Party gesagt, dass du es etwas langsamer angehen lassen willst?«, fragt Mia mit einem vielsagenden Augenzwinkern.

Marla blickt sie etwas beschämt an. Sie weiß einfach noch nicht, was sie auf solche Anspielungen sagen soll. Unsicherheit ist das deutlichste Gefühl, das sich in ihr ausbreitet, wenn es um die zarten Kontakte mit der Szene geht, in der sich diese Mädels schon seit Jahren so sicher bewegen wie in ihrem eigenen Wohnzimmer.

Dann antwortet sie etwas zurückhaltend: »Ina kann sehr überzeugend sein.«

»Na, das hört sich ja sehr freiwillig an«, lacht Mia.

Gundis blickt Ina gespielt ernst an. »Hast du Marla denn gesagt, worauf sie sich diesmal einlässt?«

Marla, die direkt neben Gundis steht, schluckt. Was soll das heißen? Wovor muss sie denn gewarnt werden? Ist diese Party anders als die anderen? Was hat Ina ihr verheimlicht? Ein Anflug von Panik steigt in ihr auf. Doch dann blickt sie in Inas lachendes Gesicht. Gundis stimmt ein, und Marla wird klar, dass sie sie nur auf den Arm nehmen wollten.

Auf diesen Schreck schenkt sie sich ein Glas Wodka ein, kippt ihn ohne auf die anderen zu warten hinunter und verzieht den Mund, als der billige Tropfen ihre Kehle hinunterrinnt.

»Alle Achtung . . .«, staunt die Dritte im Bunde, die Marla bei all der Verwirrung, die gerade gestiftet wurde, gar nicht bemerkt hat.

Marla hebt den Blick, und der letzte Schluck verirrt sich in ihrer Luftröhre, als sie der Frau ins Gesicht schaut. Sie hustet und wird in Sekundenschnelle purpurrot. Ina klopft ihr auf den Rücken, und Gundis eilt zur Hilfe, reißt Marlas Arme in die Luft und pustet ihr ins Gesicht, als sei sie ein Kind, das gerade fast an einem Schluck Milch erstickt wäre.

Langsam beruhigt sich ihre Atmung. Der Wodka brennt, und ihre Augen tränen. Sie schnauft einige Male ein und aus und wünscht sich nicht nur das Loch im Parkett, in dem sie verschwinden kann. Sie hätte auch wirklich gern ein Getränk, das ihr den widerlichen Geschmack des fehlgeleiteten Wodkas wegspült.

»Hier. Trink«, raunt eine angenehme Stimme neben ihr, und sie erblickt ein Glas randvoll mit kühlem Orangensaft.

Marlas Wangen pochen noch immer. Doch sie greift mit etwas unsicheren Händen nach dem Glas und leert es dankbar in einem Zug. Dann erst bemerkt sie, dass alle Blicke gespannt auf sie gerichtet sind.

Mit einem beschämten Lächeln auf den Lippen schaut sie die Mädels an und zuckt die Schultern.

»Alles in Ordnung?«, fragt die nicht ganz so fremde Stimme. Marlas Blut schießt abermals in ihren Kopf. Und . . . in ihren Unterleib. Sie kann das Pulsieren deutlich in ihrem Schritt spüren. Sie schluckt.