Maybe it's a new home - Sam Jones - E-Book
SONDERANGEBOT

Maybe it's a new home E-Book

Sam Jones

0,0
3,49 €
Niedrigster Preis in 30 Tagen: 3,49 €

oder
-100%
Sammeln Sie Punkte in unserem Gutscheinprogramm und kaufen Sie E-Books und Hörbücher mit bis zu 100% Rabatt.
Mehr erfahren.
Beschreibung

Nick liebt sein Leben und vor allem seinen Oliver. Als dessen Tante einen komplizierten Beinbruch erleidet, ist es daher keine Frage, dass er seinen Schatz in sein Heimatdorf in den Tiroler Bergen begleitet. Dort angekommen wird jedoch bald klar, dass nicht nur Tante Anna Hilfe benötigt, sondern auch ihr in finanzielle Schwierigkeiten geratenes kleines Berghotel.
Während Oliver nun überlegt, ihren Aufenthalt zu verlängern, sieht Nick dem Leben auf der Alm eher skeptisch entgegen. Zusätzlich hat das Paar mit der Einstellung der konservativen Dorfbewohner zu kämpfen. Und bald stellt sich die Frage, ob es möglich ist, die neue Herausforderung zu meistern, ohne sich selbst oder gar einander zu verlieren …

Die Maybe Reihe besteht aus in sich abgeschlossenen Romanen. In jedem Teil geht es um ein anderes Paar und es kann jedes Buch unabhängig von den anderen gelesen werden.

Das E-Book können Sie in Legimi-Apps oder einer beliebigen App lesen, die das folgende Format unterstützen:

EPUB

Veröffentlichungsjahr: 2023

Bewertungen
0,0
0
0
0
0
0
Mehr Informationen
Mehr Informationen
Legimi prüft nicht, ob Rezensionen von Nutzern stammen, die den betreffenden Titel tatsächlich gekauft oder gelesen/gehört haben. Wir entfernen aber gefälschte Rezensionen.



Kurzbeschreibung:
1. Kapitel
2. Kapitel
3. Kapitel
4. Kapitel
5. Kapitel
6. Kapitel
7. Kapitel
8. Kapitel
9. Kapitel
10. Kapitel
11. Kapitel
12. Kapitel
13. Kapitel
14. Kapitel
15. Kapitel
16. Kapitel
17. Kapitel
18. Kapitel
19. Kapitel
20. Kapitel
21. Kapitel
22. Kapitel
23. Kapitel
24. Kapitel
25. Kapitel
26. Kapitel
27. Kapitel
28. Kapitel
29. Kapitel
Danksagung
Über die Autorin:
Weitere Bücher der Autorin
Your secret Wish Reihe
Decsions of Love Reihe
Maybe – Reihe
Qual der Wahl

 

 

 

 

 

 

 

 

Maybe it’s a new home

© 2020/ Sam Jones

www.facebook.com/SamJonesAutorIn/

Alle Rechte vorbehalten!

 

Nachdruck, auch auszugsweise, nur mit schriftlicher Genehmigung des Autors.

 

Umschlaggestaltung:

Sam Jones/ Bilder: istock.com; pixabay.com

 

Bildmaterial Buchlayout

istock.com, pixabay.com

 

Lektorat/ Korrektorat

Elke Preininger

 

Erschienen im Selbstverlag

Karin Pils

Lichtensterngasse 3–21/5/9

1120 Wien

 

Dieser Roman wurde unter Berücksichtigung der neuen deutschen Rechtschreibung verfasst, lektoriert und korrigiert. Es handelt sich um eine fiktive Geschichte. Orte, Events, Markennamen und Organisationen werden in einem fiktiven Zusammenhang verwendet. Alle Handlungen und Personen sind frei erfunden. Alle Ähnlichkeiten mit lebenden oder verstorbenen Personen sind rein zufällig und nicht beabsichtigt.

Markennamen und Warenzeichen, die in diesem Buch verwendet werden, sind Eigentum ihrer rechtmäßigen Eigentümer. Das Buch enthält explizit beschriebene Sexszenen und ist daher für Leser unter 18 Jahren nicht geeignet.

Für alle Regenbogenglitzersteinchen dieser Welt -

ohne Euch, wäre es nicht das Gleiche!

Kurzbeschreibung:

 

Nick liebt sein Leben und vor allem seinen Oliver. Als dessen Tante einen komplizierten Beinbruch erleidet, ist es daher keine Frage, dass er seinen Schatz in sein Heimatdorf in den Tiroler Bergen begleitet. Dort angekommen wird jedoch bald klar, dass nicht nur Tante Anna Hilfe benötigt, sondern auch ihr in finanzielle Schwierigkeiten geratenes kleines Berghotel.

Während Oliver nun überlegt, ihren Aufenthalt zu verlängern, sieht Nick dem Leben auf der Alm eher skeptisch entgegen. Zusätzlich hat das Paar mit der Einstellung der konservativen Dorfbewohner zu kämpfen. Und bald stellt sich die Frage, ob es möglich ist, die neue Herausforderung zu meistern, ohne sich selbst oder gar einander zu verlieren …

1. Kapitel

 

Mir ist kalt! Nein! Eigentlich erfriere ich!

Meine Lider – nein, um bei der Wahrheit zu bleiben, ist es nur ein Lid – schiebt sich langsam höher, bis ich eine verschwommene Version meines persönlichen Himmels erkennen kann. Warum Oliver hier allerdings mit entblößtem Hintern schläft, ist mir schleierhaft. Aber wenigstens ist so das Rätsel um meine Rund-um-den-Gefrierpunkt-Problematik gelöst. Der Wahnsinnige hat doch tatsächlich die Decke abgestrampelt, und weil wir uns – der Romantik geschuldet – eine teilen, lieg ich jetzt ebenfalls ohne da.

Grimmig knurrend öffne ich auch das zweite Auge. Da ist sie ja. Feinsäuberlich an das Ende dieses Albtraums von einem Bett getreten. Ein Knäuel, angeschmiegt an dunkelbraunes Holz, das ganz nebenbei dafür sorgt, dass ich mit angewinkelten Beinen zu schlafen habe. Tatsache – vor mir müssen hier ausschließlich Gnome geschlafen haben.

Ein Griff – Daunen, eingepackt in schneeweiße Baumwolle landen wieder auf mir –, doch warm wird mir immer noch nicht. Also rücke ich meinem Schneckchen zu Leibe, das natürlich prompt im Schlaf auf jammert. Gut, wenn meine Zehen auch nur halb so viel Kälte ausstrahlen, wie sie sich für mich anfühlen, dürfte mein Lover sich gerade wie eine Cocktailkirsche im Crash Eis fühlen.

Mein Schlafbedürfnis ist wohl vor der Kühle des Zimmers geflohen. Ich schiele durch die Dunkelheit hinüber zum Kamin – das verdammte Holz glost nicht mal mehr. Entweder mein Traumprinz ist nicht halb so talentiert im Feuermachen, wie er behauptet, oder es ist später, als ich denke.

Um diese Vermutung zu prüfen, gleitet mein Blick zum Fenster, was sich als sinnlos herausstellt. Denn da hängt ein dicker Vorhang davor und verbirgt, was da draußen los ist. Ich strecke mich ein wenig, das hilft mir allerdings kaum weiter. Oliver brummt erneut. Diesmal klingt er dabei jedoch munterer. Um sein Ruhebedürfnis kann ich mich nur leider im Moment nicht kümmern. Stattdessen schiebe ich mich halb über ihn und versuche, zum anderen Fenster – dem neben der Terrassentür – zu sehen. Hier ist ein kleiner Spalt zwischen den Vorhängen zu entdecken, der tatsächlich etwas Tageslicht hereinlässt – verdammt helles sogar.

»Warum bist du denn schon wach?«, mault Oliver gegen meine Brust, die ja bekanntlich über seinem Gesicht liegt.

Ich gebe ihm ein wenig Platz, rücke tiefer und lege mich wieder neben ihn. »Du hast beschlossen, ohne Decke zu schlafen und mich so dem Tod durch Erfrieren ausgesetzt«, berichte ich großzügig.

Er grinst. »Aber wie ich sehe, hat mein tapferer Prinz es geschafft, uns erneut in Daunen zu hüllen.«

»Tja.« Ich grinse ebenfalls. »Man tut, was man kann.«

»Hast du gut geschlafen?«, erkundigt er sich vorsichtig. Natürlich ist ihm mein vorabendlicher Rumpelstilzchen Auftritt in bester Erinnerung. Was wohl auch den tastenden Tonfall erklärt.

»Bis zu dem Moment mit der verschwundenen Decke, ja«, gebe ich zu.

»Ich dachte nur, weil du gestern so schlecht drauf warst, also, weil ich dich eben überredet habe, hierher zu kommen und nun noch länger bleiben möchte.«

»Das hast du wieder gutgemacht. Also zumindest vorerst.« Ich wackle anzüglich mit den Augenbrauen. Die gestrige Nummer, die unserer kleinen, aber hitzigen Diskussion gefolgt war, hatte mich tatsächlich für einiges entschädigt.

»Heißt das, du gibst dem hier eine Chance?« Er setzt diesen Hundeblick auf, von dem er nur zu genau weiß, wie er auf mich wirkt.

»Das ist noch nicht raus«, maule ich, lächle jedoch.

Ein Telefonanruf - damit hat dieser ganze Irrsinn angefangen. Von der fernen, fremden, rätselhaften Tante Anna. Das fremd und rätselhaft dient natürlich nur der Dramatik der Situation – selbstverständlich kenne ich Tante Anna, immerhin sind mein Schneckchen und ich seit mittlerweile fünf Jahren ein Paar. Und mir ist längst bekannt, wie wichtig ihm seine Verwandtschaft ist, schon allein, weil sie wirklich spärlich ist. Blutsverwandtschaftsmäßig gibt es da nur mehr seine Mutter, die jedoch, dank des Berufes ihres Lebenspartners, elf von zwölf Monaten im Jahr auf Reisen ist. Ansonsten ist da eben nur Tante Anna, die eigentlich seine Großtante ist. Ich habe sie erst vor etwa drei Jahren bei einer improvisierten Weihnachtsfeier bei Lilian, meiner Schwiegermutter in spe, und Anton, ihrem Partner, kennengelernt. Eine kleine alte Lady, die seit dem Tod ihres Mannes eine Pension in Tirol in 2.200m Höhe führt – daher das vorhin erwähnte Attribut fern! Doch ich muss zugeben, trotz anfänglicher Verständnisprobleme mochte ich sie sofort, und sie mich anscheinend auch – zumindest hat sie umsichtig auf Hochdeutsch umgeschaltet, als klar wurde, dass ich mit ihrem Dialekt so meine Problemchen habe.

»Warum starten wir den Tag nicht mit einem vom Herzen kommenden ›Guten Morgen‹?« Oliver küsst meine Nasenspitze und nimmt mich danach in den Arm. Das tut gut, und Wärme bringt es auch. Dankbar schmiege ich mich näher, endlich bereit, meinen Part des Grußrituals zu erfüllen. »Guten Morgen.«

Zu großen Enthusiasmus möchte ich nicht aufkommen lassen, immerhin bin ich noch mit Schmollen beschäftigt. Wegen gestern, und auch aufgrund des Kälte-Attentats, von dem sich zumindest meine Zehen nicht mal ansatzweise erholt haben.

So skeptisch ich diesem seltsamen Spontanurlaub gegenübergestanden bin, so wenig erfreut mich nun die Aussicht, ihn zu verlängern. Mal ehrlich, nur weil Tante Anna sich das Bein gebrochen hat, muss ich ja schließlich nicht zum Hüttenwirt mutieren. Beziehungsweise er, also Oliver, oder – noch schlimmer – wir beide! Warum kann sie sich keinen verdammten Alm-Öhi suchen, der sie hier vertritt?

So habe ich gedacht, jedenfalls, bevor ich hier gelandet bin und mitbekommen habe, dass Oliver und ich die Einzigen sind, die im Moment als Unterstützung für das arme Tantchen zur Verfügung stehen. Der Urlaub entpuppte sich somit rasch als Krankenbesuch mit Berghotelleitungsvertretung, die Oliver zwar sichtlich Spaß macht, mir aber eher nicht. Was jedoch nicht mit der Arbeit an sich zu tun hat, sondern mit der seltsamen Art, mit der die Leute hier auf mich reagieren. Oliver ist geoutet, das weiß ich, also sollten rein theoretisch alle hier Bescheid wissen. Trotzdem flackerte da hin und wieder dieser Ausdruck über ihre Mienen, der gleiche, der sich auch zeigte, kaum, dass mein Schneckchen mich als seinen Lebensgefährten vorgestellt hat. Wer mich kennt, weiß, dass ich mit Homophobie eher nicht so gut oder nur mit äußerst bissigem Sarkasmus zurechtkomme, und nur weil Oliver meint, ich darf das nicht zu eng sehen, wird die Sache nicht besser.

Natürlich hat der Aufenthalt auch etwas Positives. Und das ist Tante Anna. Habe ich sie nach unseren kurzen Treffen, die wir bis jetzt immer wieder mal hatten, gemocht, hat sie sich in den paar Tagen, die wir hier sind, unweigerlich in die Tiefen meines Herzens katapultiert. Und das sag ich nicht nur, weil ihr Bruch furchtbar kompliziert ist und ihr neben enormen Schmerzen, zumindest kurzfristig, ihre gesamte Mobilität geraubt hat. Bei jedem Besuch im Krankenhaus wird meine Zuneigung zu ihr größer, und sie mag mich auch. Das zeigt und sagt sie mir!

»Wann fahren wir heute ins Spital?«, erkundige ich mich schließlich, um zu verhindern, dass der neben mir immer leiser atmende Oliver nicht wieder einschläft.

»Erst Frühstück, oder?«, brummt er, und ich brumme zustimmend zurück. Mein Magen meldet nämlich bereits seit einigen Minuten nahrungstechnischen Nachschub-Bedarf.

»Okay, dann raus aus den Federn.«

»Auf keinen Fall«, quietsche ich auf. »Erst machst du den verdammten Kamin wieder an.«

 

~ * ~

 

Zwei Stunden später bin ich mit meinem Schneckchen auf dem Weg, um beim Nachbar-Bauern Milch und frisches Brot zu holen. Wobei die Bezeichnung Nachbar ein Hohn ist. Dieser Hof ist nämlich gut drei Kilometer entfernt, die wir natürlich zu Fuß zurücklegen müssen. Warum auch immer. Das wäre doch mal eine Marketingidee – Milch-Lieferservice! Sogar in dieser schwindelerregenden Höhe sollte es möglich sein, sich Lebensmittel liefern zu lassen. Beziehungsweise eben einkaufen zu fahren. Nur dass diese Variante natürlich ebenfalls einen riesigen Haken hat. Oder eigentlich zwei – nämlich die Schneemassen und die unpassierbaren Straßen hier oben. Deshalb braucht man, laut meinem ursprünglich von hier stammenden Schneckchen, eines der zwei unheimlich interessanten Dinger, welche im Schuppen stehen. Wie ich mittlerweile weiß, tragen sie den klingenden Namen Ski-doo, und selbige sehen aus, wie ein aus der Form geratenes Motorrad mit Kufen, angetrieben von einem furchtbar lauten Motor. Hinter dem länglichen Sitz ist so eine kleine Kiste montiert, in der man etwas transportieren kann. Unser Gepäck zum Beispiel, als wir vor vier Tagen hier angekommen sind. Ich schwöre, ich weiß immer noch nicht, wie ich diese Fahrt überleben konnte, und mein Schneckchen fand und findet diese Mutantenschlitten natürlich MEGA!

Apropos Schneckchen, ich bin ja immer noch ein wenig fassungslos. Wie einfach er sich meine Zusage zu diesem eisgekühlten Wandertag erschlichen hat. Ein bisschen könnte man es auf die Höhenmeter schieben. Soweit ich im Bilde bin, ist Sauerstoff ab einer bestimmten Höhe ja Mangelware. Wahrscheinlich liegt es daran!

»Ist das nicht wunderschön?« Olivers verträumte Stimme weckt mich aus meiner verzweifelten Überlegung. »Traumhaft schön«, ätze ich, vermeide jedoch jeden Blickkontakt. Im Moment will ich den Vorwurf nicht sehen, der jetzt sicher in seiner Miene Einzug gehalten hat.

»Ach, Süßer.« Sein Arm umschließt mich und zieht mich näher. »Hör doch mal.«

Widerwillig sperre ich die Lauscher auf. Außer einem seltsamen Knirschen und dem hohlen ›Klong Klong‹, wenn die blöde leere Milchkanne gegen Olivers Bein klatscht, kann ich nichts hören. »Was denn?«, maule ich also.

»Ich liebe das Geräusch der Schritte auf Schnee. Das erinnert mich an meine Jugend. Als mein Vater noch lebte, haben wir abends öfters einen Spaziergang gemacht, dabei haben wir versucht, die Tierspuren im Schnee zu erkennen.«

»Aha«, versuche ich, Interesse zu heucheln. In Wahrheit lässt mich diese Aussage nur aufmerksam meine Umgebung scannen. Tierspuren? Was meint er damit? Gibts hier Bären oder so?

»Noch schöner, als hier zu spazieren, ist nur Skifahren. Hier in der Nähe sind jede Menge großartige Skigebiete, ich bin aber immer am liebsten auf den unbekannteren Pisten gefahren. Von dort …« Er deutet Richtung Wald zu unserer Rechten. »… geht ein Waldweg runter zu einem kleinen Lift, von dem aus man in die bekannteren Skiregionen kommt. Diesen Weg liebe ich, man hört nur das leise Gleiten der Ski auf dem Schnee und vielleicht mal das Klopfen eines Kuckucks.«

Ich spitzle zu ihm hinüber. Meint er das gerade ernst? Manchmal frage ich mich wirklich, wie zwei so unterschiedliche Charaktere wie wir sich so heftig ineinander verlieben konnten. »Ich war auch mal Ski fahren«, teile ich ihm kompromissbereit mit. »In meiner Schulzeit.«

»Echt? Du kannst Ski fahren?«

»Nein. Ich sagte nur, ich war mal Ski fahren.«

Er grinst. »Ich liebe die Pisten hier. Du kannst den ganzen Tag unterwegs sein, ohne eine Strecke zwei Mal zu befahren.«

Nun sehe ich ihn direkt an, und zwar sehr verwundert. »Wieso haben wir eigentlich nie über deine Kindheit und Jugend hier gesprochen? Also, ich weiß, dass du hier aufgewachsen bist, und du hast viel vom Fußballspielen erzählt. Aber ansonsten?« Ich lasse meine Schultern tanzen.

»Weiß auch nicht. Hat keinen besonderen Grund. Wahrscheinlich, weil ich auch nie das Gefühl hatte, du möchtest mal mit her. Also, die paar Urlaube, seit wir uns kennen, hab ich ja alleine hier verbracht.«

»Dieses Mal bin ich ja mit«, murre ich, wofür ich gedrückt werde. Anscheinend ist Oliver wirklich äußerst glücklich über diese Entscheidung.

»Was hat eigentlich David hierzu gesagt?«, erkundigt er sich gutgelaunt.

David, mein bester Freund – mein Bärchen, wie ich ihn liebevoll nenne – war natürlich auf Olivers Seite. Echt, so lieb ich ihn habe, aber dieses Harmonie-Kompromiss-Dings, welches er so gerne praktiziert, nehme ich ihm tatsächlich übel. Nur weil Eric, sein Mann, fast schon gespenstisch gleiche Interessen hat wie er, muss das ja nicht auch für mich und mein Schneckchen gelten. »Er meinte, ich soll mich nicht so anstellen«, zitiere ich besagtes Bärchen, obwohl ich – wie gesagt – nicht die Spur seiner Meinung bin.

»Ich mag David«, witzelt mein Schatz, was meine Zunge dazu bewegt, einen Kuckucksuhrvogel nachzuahmen. Sprich, sie stößt dreimal kurz hintereinander aus meinem Mund in Richtung Oliver, das letzte Mal bleibt sie länger, und er beginnt zu lachen.

»Nicht lustig«, schmolle ich, doch auch meine Mundwinkel zucken. Das ist das Tolle an unserer Beziehung, ich kann ihm nie richtig böse sein, und er mir ebenfalls nicht. Weil klar ist, dass wir zusammengehören. Trotz oder vielleicht gerade wegen der offensichtlichen Unterschiede, sind wir eins.

Niemand hätte das wohl gedacht, als wir uns kennenlernten – am allerwenigsten ich. Oliver wurde damals der Trainer der Fußballmannschaft, in der Davids Sohn Max mitspielte. Anfangs stand Oliver sogar ein wenig auf Eric, Davids heutigen Ehemann. Doch mein Schatz war und ist keinesfalls der Typ, um einem anderen den Mann auszuspannen, weshalb er sich schnell von dieser Idee verabschiedete. Stattdessen wurde er Erics und Davids Freund und somit auch meiner. Eine heiße Partynacht inklusive Cocktailversuchsreihe brachte schließlich den Wendepunkt – zumindest für mich. Oliver brauchte etwas länger, um zu erkennen, dass ich der Richtige für ihn bin.

Während ich mich daran zurückerinnere, betrachte ich mein Schneckchen von der Seite. Er hat das Gesicht in die Sonne gedreht und lächelt. Seine markanten Züge würden hart wirken, besäße er nicht diese sanften – übrigens einem Bergsee gleichenden – blauen Augen. Durch und durch männlich ist er, mein Mann. Vom schwarzen Scheitel bis zur Sohle. Seine gemeinsamen Fitnessstudio-Besuche mit Eric und David sind tatsächlich Gold wert. In seinen starken Armen zu schlafen, ist mit nichts zu vergleichen.

Ich selbst bin ja nicht so der Muskeltyp, nur meinen Waschbrettbauch kann ich als Trainings-Auszeichnung herhalten. Ansonsten quäle ich mich nur am Laufband oder auf dem Cross-Trainer, um meine Figur zu halten. Dieses Hantelherumgestemme, wie mein Schneckchen, Bärchen und Honey – letzteres ist übrigens der Kosename, den ich für Eric, seinen Mann ersonnen habe – es zelebrieren, ist nichts für mich.

»Hörst du mir eigentlich zu?« Oliver ist stehengeblieben und sieht mich an. Die tiefe Falte zwischen seinen Augen zeigt deutlich, dass ich seine Frage mit »Nein« beantworten sollte, was ich auch tue.

»Du Chaot«, merkt er grinsend an. Seine Stirn glättet sich schnell, er umarmt mich, drückt mir einen Kuss auf und lehnt anschließend sein Kinn an meine Schulter. »Wo bist du denn mit deinen Gedanken?«

»Bei dir, David und Eric«, gebe ich brav zu. Ich lüge niemals – zumindest nicht bewusst.

»Ich habe auch von David und Eric gesprochen«, erzählt er mir.

»Ja?« Ich weiche zurück, allerdings nur so weit, um ihm in die Augen sehen zu können. Sie glitzern irgendwie, dürften Reflexionen des Schnees rund um uns sein.

»Ich sagte, wenn wir wirklich länger bleiben, kommen sie vielleicht auf Besuch. In drei Wochen sind Semesterferien.«

Dass mir meine Beine nach dieser Schreckensnachricht nicht den Dienst versagen, gleicht einem Wunder. »Drei Wochen?«, wiederhole ich geschockt.

Er lacht. »Na, was denkst du denn, wie lange so ein Beinbruch dauert?«

»Ich hab keine Ahnung«, gebe ich zu.

»Tante Anna hat einen komplizierten Oberschenkelhalsbruch. Da dauert es schon mal gut vierzehn Wochen, bis das verheilt ist. Und nachdem sie nicht die Jüngste ist, kann es sich bis zu einem halben Jahr hinziehen, bis sie das Bein erneut voll belasten kann.«

Mein Mund geht auf und wieder zu. Das kann doch gerade nur ein Scherz sein. »Ein halbes Jahr«, keuche ich.

»Wir werden sehen«, schwächt mein Schneckchen sofort ab, aber in mir hat das Gedankenkarussell bereits Fahrt aufgenommen. Eines ist mir nämlich ziemlich klar: Oliver wird hierbleiben, bis Tante Anna wieder fit ist. Was im Grunde bedeutet, entweder ich gehe alleine zurück oder mutiere zu Heidi.

2. Kapitel

 

»Ich sitze auf einer Alm fest, Bärchen!«, zische ich in den Telefonhörer. Ich weiß nicht, wann ich das letzte Mal mit einem Festnetztelefon telefoniert habe, doch hier oben ist man handymäßig des Öfteren buchstäblich am Arsch der Welt.

»Ja, aber rein theoretisch kannst du ja genauso gut von dort aus arbeiten, oder?« David sieht es wie gewohnt pragmatisch, was mich wieder mal auf die Palme bringt.

»Klar, wenn man davon absieht, dass ich vom Wettergott abhängig bin. Laut Rosie, dem Zimmermädchen hier, kann es nämlich schon mal vorkommen, dass es so stark schneit, dass hier zwei oder drei Tage alles ausfällt. Strom, Telefon, Internet. Abwechselnd oder gleichzeitig. Was ja eher hinderlich sein könnte, wenn ich dabei bin, eine FEIER ZU PLANEN!« Die letzten drei Worte schreie ich fast, was mir ein genervtes »Oh Gott« aus dem Hörer einbringt. »Musst du immer die Dramaqueen raushängen lassen?“, bekomme ich prompt noch Kritik nachgeliefert.

»Entschuldige, dass mir meine berufliche Existenz wichtig ist«, meckere ich zurück.

David bläst lautstark die Luft aus, bevor er weiterspricht. »Es ist Januar. Soweit ich weiß – und das hast du mir selbst erzählt, zu Silvester, wenn du es noch nicht vergessen hast – hast du bis Ende März gar keine Aufträge.« Seine Stimme wird um einige Oktaven höher. »Eine Cluberöffnung und eine Hochzeit im April stehen auf dem Programm, ansonsten kann ich endlich mal eine ruhige Kugel schieben, was gut ist, denn ich habe im letzten Jahr gearbeitet wie ein Hund. Finanziell steh ich besser da, denn je«, zitiert er meine Neujahrsansprache.

»Ja, aber es könnte jederzeit eine Anfrage reinkommen«, werfe ich beleidigt ein – ich hasse es, wenn er recht hat.

»Darüber würde ich mir dann Gedanken machen, wenn sie da ist«, schlägt er vor. Im Hintergrund ist eine Tür zu hören, danach eine Mädchenstimme. »Papa? Bist du da?«

»In der Küche!«, schreit David, für mich klingt er jedoch gedämpft. Ich sehe ihn direkt vor mir, wie er das Handy an seine Brust presst, während er mit glücklichen Augen zur Tür starrt, in der sicher gleich seine Tochter erscheinen wird. Lisa ist mittlerweile sechseinhalb. Sie geht seit September vergangenes Jahr zur Schule. Wenn ich daran denke, dass ihre Entstehung fast Davids und Erics Beziehung zerstört hätte, muss ich den Kopf schütteln. Was damals das Ende einer großen Liebe schien, war der Auftakt zur wundervollsten Patchwork-Familie, die ich kenne.

»Eric kommt sicher gleich. Wir kommen dann rüber«, höre ich das Brummen von Davids gedämpfter Stimme, kurz darauf dringt sie wieder klar an mein Ohr. »Lisa ist eben gekommen. Sabrina hat ein neues Rezept ausprobiert, und wir sind alle eingeladen, mitzuessen«, klärt er mich auf.

Sabrina ist Davids Ex-Frau, die Mutter seiner Kinder Lisa und Max, und gehört ganz nebenbei zu meiner Familie, seit sie meinen Bruder Felix geheiratet hat. Ja, ich weiß, das klingt alles megakompliziert, doch das ist es nicht. Kurz nachdem ich mein Herz für mein Schneckchen geöffnet habe, fanden mein damals frischgeschiedener Bruder und die Ex-Frau meines besten Freundes ihr Glück. Und das war verdammt noch mal auch gut so!

»Alle sind wohl nicht eingeladen«, gehe ich hämisch auf Davids Erklärung ein. »Ich bin ja schließlich nicht da.« Nein – ich sitze nämlich in Tante Annas Büro, in ihrem blöden Berghotel und versauere.

»Du weißt schon, was ich meine.« David seufzt. »Wo waren wir?«

»Bei meinem Alaska-Exil«, helfe ich ihm auf die Sprünge.

»Ach ja. Also, was sagt denn Oliver zu deinen Befürchtungen?«, erkundigt er sich.

Ich rümpfe meine Nase, doch rasch fällt mir ein, dass er das ja nicht sehen kann, daher verpacke ich meine Empfindungen lieber in Worte. »Er hat bereits mit seinem Chef telefoniert. Der beurlaubt ihn nur zu gerne, solange er möchte. Ob ich hierbleiben möchte, überlässt er mir – also, Oliver, nicht sein Chef. Sprich, er ist wie immer ekelerregend großzügig und schiebt mir mal wieder den schwarzen Peter zu.«

Darauf kommt von meinem Bärchen erst mal nichts, was ich recht schnell als seine Ich-quäle-dich-mit-Schweigen-bis-du-selbst-erkennst-was-richtig-ist-Taktik enttarne. Also schweige ich ebenfalls. Und warte – was mir ja bekanntlich beides furchtbar schwerfällt. Ein Blick durchs Fenster zeigt mir, dass es wieder zu schneien begonnen hat. Dicke Flocken tanzen durch die hereinbrechende Dunkelheit. Ich sehe nach unten auf meine, in Einhornplüschsocken verpackten, Füße. Ein Weihnachtsgeschenk von Lisa – die Kleine weiß eben, was einen Nick glücklich macht.

Das Telefon schweigt immer noch, doch wenn ich mich nicht irre, blättert David in einer Zeitung. So ein Fiesling! Das ist ja ein toller Trick. Sofort scanne ich Tante Annas Schreibtisch. Hier liegt nichts, was als adäquate Lektüre herhalten könnte. Nur irgendwelche Briefe, und oben im Regal stehen jede Menge Ordner. Also gebe ich auf. »Du willst damit sagen, dass ich auch mal großzügig sein und Oliver unterstützen soll, oder?«

David lacht. Er hat ein wundervolles Lachen, trotzdem nervt es mich in diesem Moment.

»Und dass ich hierbleiben soll, die Zeit genießen und so einen Scheiß, oder?«

»Vielleicht gefällt es dir, wenn du dich drauf einlässt. Das Haus am See hat dir anfangs auch nicht besonders imponiert, und jetzt bist du es, der uns regelmäßig drängt, hinauszufahren.«

Er spricht gerade von seinem Ferienhaus. Es liegt etwa zwei Stunden Fahrt entfernt von unserem Zuhause an einem wunderschönen See. Und er hat recht – mittlerweile liebe ich es, dort zu sein. Anfänglich hat mich der wenig vorhandene Luxus gestört, die rustikale Einrichtung, und dass weit und breit keine Cocktailbar zu finden ist.

»Schon gut«, schmolle ich. »Ich versuch es.«

»Braver Nick«, lobt er mich.

»Verweichlichter Nick«, maule ich.

»Du bist schon genau richtig, Süßer.« Jetzt klingt er furchtbar sanft. Sofort umhüllt mich ein sicheres Gefühl wie eine warme Decke. Diese Wirkung hat David oft auf mich. Es ist, als wüsste er immer, was ich gerade brauche.

»Kommt ihr uns besuchen? Vielleicht in den Ferien?«, frage ich.

»Klar. Das machen wir«, verspricht er, und jetzt fühle ich mich tatsächlich gut.

 

~ * ~

 

Der Hunger treibt mich schließlich nach unten. Schmollen reicht nicht aus, um meinen Körper zufriedenzustellen. So ein Verräter aber auch!

Als ich die Küche betrete, überrascht mich der Anblick meines Schneckchens in Kochuniform. Unwillkürlich zucken meine Mundwinkel. Gott, ist sein Arsch knackig in der schwarz-weiß karierten Hose. »Bekommt man hier eigentlich gratis Futter, wenn man mit dem Interims-Chef schläft?«, scherze ich, nachdem ich mich mittels Kontrollblick versichert habe, dass wir alleine sind.

»Ich wollte dir eben was hochbringen«, erklärt mir mein Traummann.

Innerlich verdrehe ich die Augen, während mein Herz sofort einen Zahn zulegt. Wie süß ist das eigentlich? Und David hatte natürlich wieder mal recht. Oliver ist jedes Opfer wert – und ich bin tatsächlich ein Idiot.

Prompt gehe ich zu ihm, umarme ihn von hinten. »Weißt du, wie sehr ich dich liebe?«, frage ich sanft. Um ehrlich zu sein, hat mir die Rührung auf die Stimme geschlagen und ihr so einiges von ihrer Sicherheit genommen, doch Oliver findet das wohl nicht schlimm, denn er drückt sich gegen mich.

»Ja. Weiß ich. Und ich weiß auch, wie schwer es dir fällt, hier zu bleiben.« Er dreht sich um, küsst mich kurz und sieht mir danach tief in die Augen. »Also zum letzten Mal – wenn du nach Hause willst, dann fahr. Ich bin dir nicht böse, wirklich nicht.«

Ich fange seine Lippen noch einmal ein, genieße ihre Weichheit, bevor ich darauf antworte. »Ich finde ja, den Horizont zu erweitern, kann nicht schaden. Also spiel ich erst mal hier die Heidi für dich, mein Peterle.«

»Eher den Peter, denn mit Heidi kann ich leider nicht viel anfangen.« Oliver grinst und seine Augen bekommen diesen tollen Glanz, der mein Herz wärmt. So sieht er aus, wenn er glücklich ist, und genau das ist es, was wiederum mich jauchzen lässt. Das ist eben Liebe! Geben und nehmen! Lieben und lieben lassen!

»Solange du nicht die Geißen, sondern mich fickst.« Der nächste Kuss ist um ein Vielfaches inniger und wir unterbrechen ihn nach einigen Minuten nur, weil Fred – der Alleinkoch dieses Etablissements – zur Tür hereinkommt. Wie schon so oft bekommt er diesen Oh-Gott-Gesichtsausdruck, bevor er sich dessen bewusst wird und eine neutrale Miene heraufbeschwört. »Wollte nicht stören«, murmelt er und sieht von uns weg – für mich ein klares Zeichen, wie unangenehm ihm unser Anblick ist. Was mich am meisten an dieser Situation stört, ist, dass Oliver sofort von mir abrückt. Doch das gehört wohl zu den Dingen, die ich nicht zu ernst nehmen soll. So ein Scheiß!

Emphatisch, wie mein Schneckchen nun einmal ist, reagiert er jedoch nicht nur auf die abweisende Art seines Neo-Angestellten, sondern auch auf meine Enttäuschung. »Lust, dir nachher die Sauna anzusehen?«, raunt er mir nämlich zu. »Ich hab vorhin schon eingeheizt für ein paar Gäste, und ab einundzwanzig Uhr gehört sie nur uns, wenn du verstehst, was ich meine.« Sein doppeldeutiger Tonfall geht mir direkt unter die Haut und ganz nebenbei gesagt, auch in die Hose. »Okay«, bringe ich nur vollkommen überrumpelt heraus.

Oliver zwinkert mir zu, bevor er sich umdreht, um mein Abendessen auf einen Teller zu drapieren. So als hätte er nichts anderes im Sinn, oder mir gar gerade ein unmoralisches Abenteuer-in-der-Sauna-Angebot gemacht.

Und ich? Ich stehe da, mit vor Vorfreude kribbelndem Schwanz und starre ihm schon wieder auf den Arsch, und wenn dieser Fred wüsste, was grad in meinem Kopf vorgeht, würde ihn wohl der Schlag treffen.

 

~ * ~

 

Der Schweiß, den uns die Sauna aus der Haut getrieben hat, verdampft, als wir im Stockdunkeln nach draußen eilen und uns mit Schwung in den – zuvor von Oliver liebevoll aufgelockerten – Schneehaufen werfen. Wir lachen wie Kinder, und irgendwie fühle ich mich auch gerade so.

Als mir vorhin der Plan für diese Variante der Abkühlung präsentiert worden war, hatte wie immer mein skeptisches Ich ein Veto eingelegt. Das jetzt beweist nur, dass ich wirklich öfter auf meinen Lover hören sollte. Es fühlt sich nämlich herrlich an. Die Kühle des weißen Glücks, die mich umgibt, und die Schneeflocken, die in flauschigen Flocken auf meiner heißen Haut landen. Es ist ein bisschen wie eine Massage – echt geil.

»Schon mal im Schnee gefickt?«, vernehme ich Olivers beste Ich-will-dich-Stimme.

»Nicht nackt«, gebe ich zu und muss gleichzeitig grinsen.

»Wäre auch zu kalt«, sieht mein Schneckchen es wieder mal pragmatisch. Leider – wo er recht hat, hat er recht.

»Kann man die Sauna abschließen?«, frage ich heiser. Obwohl wir erst heute Morgen Matratzensport betrieben haben – so ein Geissenpeterfick ist niemals zu verachten.

Also flüchten wir nach drinnen. Das Holzhäuschen, das die Sauna beherbergt, besitzt außerdem einen Ruheraum, um danach zu relaxen. Entspannung suchen wir auch, aber nicht ganz die gleiche, wie sie den sonstigen Besuchern hier vorschwebt. Zumindest denke ich das.

Oliver drängt mich auf eine der Liegen, kaum, dass er den Schlüssel in der Tür gedreht hat. »Die Bergluft macht mich unendlich geil«, erklärt er das Offensichtliche. Cool. Vielleicht sollte ich eine Pro und Contra Liste anlegen. Das gehört auf jeden Fall auf die Plusseite.

»Bedien dich«, hauche ich sinnlich zurück, drehe mich seitwärts, und Oliver schmiegt sich sofort an mich. Er ist bereits hart, so wie ich, und sein Schwanz, der einladend gegen meine Backen drückt, entlockt mir ein Stöhnen.

»Du bist so sexy.« Seine raue Stimme kriecht mir unter die Haut. Sie beschert mir das Gefühl, tatsächlich unwiderstehlich zu sein, und schenkt mir die Überzeugung, dass er genau das empfindet, wenn er mich ansieht.

Seine Lippen liebkosen meinen Nacken, seine Fingerspitzen haben meine Brustwarze gefunden. Bewegen das Piercing, das seit Weihnachten dort platziert ist. Es ist ein kleiner Ring mit einem eingearbeiteten rosa Stein. Inzwischen ist alles abgeheilt und es fühlt sich nur mehr geil an, wenn er damit spielt. Und das tut er jetzt, während er mit der anderen Hand von irgendwo Gleitgel herholt. So ein Schlawiner! Der hat das Ganze doch tatsächlich geplant!

Auch Oliver ist nun Träger von Intimschmuck. Den fühle ich nur eine Sekunde später, als sein Penis, nun gleitfähig, zwischen meine Arschbacken rutscht und dadurch mein Perineum massiert. Die Kugel, die seine Eichel ziert, war mein Weihnachtsgeschenk. Wir waren zusammen im Piercingstudio und bereuen es auf keinen Fall.

»Oh Gott«, entkommt es mir, als er kurz gegen meinen Eingang stippt. Mein Rücken streckt sich automatisch durch und schiebt so meinen Arsch in seine Richtung.

»Kein Vorspiel, Baby?«, raunt er an meinem Ohr.

»Bin ich eine Jungfrau?«, gebe ich keuchend zurück. Ich bin bereit! Oder werde es sein – spätestens beim dritten Stoß.

Langsam gleitet er in mich. Der Dehnungsschmerz kämpft gegen den geilen Schub, den mir seine Liebkosung an meiner Brust beschert. Ich drücke meinen Kopf nach hinten, lege meine Hand auf seinen göttlichen Arsch. Er ist angespannt – ach, wie gut ich dieses Gefühl kenne. Wenn man verharrt, in seinem Geliebten vergraben, darauf wartend, endlich loslegen zu können. Ein Feeling gleich Unendlichkeit, so perfekt und dennoch so schwer. Weil es sich einfach nur gut anfühlt. Das gegebene Vertrauen und auch die Verantwortung, den richtigen Moment zu erkennen. Die Enge und diese leichte Massage, während der Körper des anderen sich dem deinen ergibt.

Endlich spüre ich, wie er tiefer rutscht, diesen einen Punkt berührt, und wieder entkommt mir ein Stöhnen.

»So geil«, fasst Oliver seine Erleichterung in Worte, legt los, und nur einen Moment später ist die Hitze der Sauna eine kühle Brise gegen das, was in mir aufsteigt. Ich werde auf die Knie gezogen, dann geht es weiter. Fest und hart, genauso, wie ich es liebe.

Ich halte dagegen, berühre meinen Schwanz, der prall und von den Vorboten der Lust feucht ist. Massierend bewege ich meine Hand, während Olivers Piercing immer wieder meine Prostata streift. Ich schwitze erneut, doch dieses Mal ist da kein Schnee, der mich abkühlt.

»Fester«, verlange ich, obwohl er bereits alles gibt. Irgendwie brauche ich das heute. Mir wird bewusst, dass er seine Hand immer noch an meine Brust gelegt hat, aufreizend reibt er damit über mein Piercing. Mein Orgasmus rast heran, aber auch er scheint fast so weit. Seine Linke, die an meiner Hüfte liegt, verkrampft sich, bevor sein lautes Stöhnen durch den Raum schallt.

Ich lasse mich ebenfalls gehen, genieße meinen Höhepunkt und sinke anschließend erschöpft bäuchlings auf die Liege. Oliver legt sich auf mich, er ist immer noch in mir. »An neuen Orten kann man neue Dinge erleben«, stellt er fest.

»Ich weiß«, stimme ich ihm zu. »Und ich hab doch schon gesagt, dass ich dem hier eine ehrliche Chance gebe, Babe.«

»Dafür danke ich dir. Aber du weißt, du kannst deine Meinung jederzeit ändern.«

Dass er mir diese Ausflucht nicht nimmt, zeigt nur, wie sehr er mich liebt. Und deshalb möchte – nein, will ich das durchziehen.

Ich liebe ihn nämlich auch.

3. Kapitel

 

»Und wie lange dauert das? Eine Stunde, oder? Meinst du, ich sollte den neuen dicken Wollpulli von Tante Anna anziehen? Ich hab kaum Erinnerungen daran, aber die, die ich habe, fühlen sich furchtbar kalt an, und außerdem stinken sie ekelhaft nach diesem Weinrauch.«

»Weihrauch«, korrigiere ich automatisch, während meine Mundwinkel sich heben. Nicks offensichtliche Nervosität lässt seine Stimme noch schriller erscheinen als in seinen besten Kreisch-Zeiten. Dabei ist mir klar, dass seine Unsicherheit daher rührt, für mich perfekt zu sein. Gerade, weil er weiß, wie wichtig mir der erste Auftritt in meinem Heimatdorf in Form eines tadellosen Sonntagsbesuchs in der Kirche ist. Nicht, dass ich da hinwill – mit nichts habe ich mehr abgeschlossen als mit meiner katholischen Erziehung. Wie oft muss man hören, dass man falsch ist, bevor Mann es glaubt? Meine persönliche Glaubenskrise gipfelte auf jeden Fall darin, dass unser damaliger Gemeindepfarrer mich vor versammelter Fußballmannschaft aus meiner Funktion als Messdiener entließ. Meine Ideen wären zu modern, so hat er sich ausgedrückt. In Wahrheit war es ein, von ihm beobachteter Kuss mit meinem Schulkollegen, der meinen Ausschluss aus der Glaubensgemeinschaft ausgelöste. Aber Schwamm drüber. Unser Altpfarrer Lautner wurde schon vor Jahren durch eine jüngere polnische Ausgabe ersetzt. Pfarrer Stanislov, den ich bei einigen Besuchen hier bereits kennenlernen durfte. Ein weit aufgeschlosseneres Exemplar von Gottesmann, der meine Homosexualität zwar vielleicht nicht sonderlich gutheißt, mich aber niemals spüren ließ, nicht willkommen zu sein.

»Und?« Mein Schatz lugt um die Ecke. »Handschuhe, ja oder nein?«

Ich sehe nicht viel von ihm, doch das genügt bereits, um ein Lachen in mir aufsteigen zu lassen. Seine sonst ewig wirre rote Mähne ist glatt auf seinem Kopf festgeklatscht, und sein schlanker Hals ist von einem bis oben hin weißen Hemdkragen eingeschlossen. Unnötig zu erwähnen, dass darum dann noch etwas geschlungen ist, das wohl eine Krawatte darstellen soll. Das Stück Stoff erinnert mich an einen altmodischen Flickenteppich, und ich schaffe es mit großer Mühe, nicht loszulachen, doch ein dickes Schmunzeln muss raus.

»Was?« Seine perfekt gezupften Augenbrauen wandern Richtung Nasenwurzel, gleichzeitig ziehen sich seine Lippen zu einem kleinen Schmollmündchen zusammen. Dieselben sind übrigens ungeschminkt, nicht mal Lipgloss bringt sie zum Glänzen, was ich, ganz nebenbei gesagt, sehr selten an ihm gesehen habe.

»Die hab ich in dieser Kiste gefunden, von der uns das Tantchen erzählt hat. Du weißt schon, die mit den Sachen, die Gäste hier vergessen haben. Ich dachte mir, das macht das Outfit ... ich weiß ja auch nicht ... seriös.« Am Ende seufzt er tief, gleichzeitig tritt er gänzlich in den Raum.

Sofort ist es mit mir vorbei und ich pruste los. »Hast du die auch aus der Kiste?«, bringe ich irgendwie zwischendurch heraus.

»Was? Die Hose?« Er sieht an sich herab. Seine schlanken Beine verschwinden fast in der weiten Jeans, die er trägt. Boyfriend Style de luxe, würde ich sagen. Sie ist so jeansblau, dass ich daran zweifle, dass sie schon jemals gewaschen wurde.

»Nein, die hab ich mir mal gekauft, allerdings war noch nie die Gelegenheit, sie anzuziehen.«

»Weil sie dir vier Nummern zu groß ist«, erwidere ich, darum bemüht, das Lachen wieder zu unterdrücken. Natürlich liegt es mir fern, ihn zu beleidigen, aber ich will ihn auch nicht für die nächsten Stunden so ansehen müssen.

»Das gehört so, hat die Verkäuferin gesagt.« Er wirft einen weiteren prüfenden Blick auf den seltsam steifen Stoff. »Ich war vorher noch nie in dieser Boutique, aber Miguel hat sie mir empfohlen.«

»Das bist doch nicht du«, werfe ich scherzhaft erbost ein.

»Ich bin vielfältig«, kontert er, dreht sich dabei um und betrachtet seinen Hintern, der, wie ich leider sagen muss, in diesem blöden Jeansberg praktisch nicht vorhanden ist.

»Ja, aber nicht sterbenslangweilig und siebzig.« Ich rümpfe die Nase.

»Du hast gesagt, ich soll mich so anziehen, dass ich nicht auffalle, und Hans, der das Holz liefert, und Johannes, der den Käse letztens gebracht hat, haben genau solche Hosen an.«

»Eben!«, stoße ich empört hervor.

»Dir kann man es auch nicht rechtmachen«, beschwert er sich, dreht sich zurück und lässt die Schultern hängen.

»Ach, Süßer.« Ich eile zu ihm und schließe ihn in meine Arme. »Ich weiß deine Opferbereitschaft zu schätzen, aber ich möchte auf keinen Fall, dass du dich verbiegst.«

Erst drückt er sich an mich, doch am Ende meiner Erklärung weicht er zurück. »Wenn ich mich nicht verbiege, kann ich nicht in die Kirche gehen«, stellt er traurig fest.

»Blödsinn«, widerspreche ich, nehme ihn um die Schultern und ziehe in mit mir zurück in unser Schlafzimmer. Der offenstehende Schrank und die unzähligen Kleidungsstücke, die im Zimmer verstreut liegen und hängen, verraten, dass dieses furchtbare Outfit das Ergebnis langer Überlegungen ist. Warm durchflutet mich die Dankbarkeit, zeigt es doch überdeutlich, wie wichtig ich und mein Glück ihm sind.

Entschlossen, einen guten Kompromiss zu finden, trete ich vor seinen Kleiderschrank, sofort verkrampft sich mein Süßer. »Ich hab sonst nichts Spießiges«, mault er.

»Lass uns gemeinsam nachsehen«, lenke ich ein. Als ich den Arm hebe, kann ich unbemerkt einen Blick auf die Uhr werfen. Wir haben nur mehr knapp fünfundvierzig Minuten und bei diesem Wetter ist das nicht besonders viel für den Weg. Natürlich lasse ich mir das nicht anmerken, wäre auch unnötig, seine Nervosität noch weiter anzustacheln.

»Die haben alle Löcher.« Er wischt mit dem Handrücken über einen Stoß Jeans, die fein säuberlich zusammengefaltet im Schrank liegen. So chaotisch er auch ist, bei seinen Klamotten herrscht fast schon peinlich genaue Ordnung. Und das nicht nur, weil erst gestern der Karton mit unseren restlichen Kleidern eingetroffen ist.

»Was ist mit der grauen?«, schlage ich vor und ziehe sie gleichzeitig aus dem Stoß hervor.

»Aber die ist ja auch im Used-Look.« Er seufzt. »Und unten ist sie ausgefranst.«

»Das sieht doch niemand. Steckst du sie eben in die Stiefel.«

»Das ist vollkommen out. Ganz abgesehen davon, dass es blöd aussieht!«

»Nicht blöder als dieses Zelt von Hose.« Ich sehe ihn an und grinse, und endlich kehrt auch auf sein Gesicht ein wenig Entspannung zurück. »Ich könnte die schwarze nehmen, die mit den Streifen auf der Seite, oder ist das zu viel?«

Seinen offensichtlichen Eifer muss ich einfach mit einem Kuss würdigen. Danach reibe ich meine Nase an seiner Schläfe. »Die ist genau richtig. Da passt Tante Annas Strickpulli toll dazu, und du frierst nicht.«

»Und die Krawatte soll ich weggeben?«, erkundigt er sich skeptisch.

»Auf jeden Fall, die verursacht Augenkrebs.« Ich zwinkere, was nun ihn grinsen lässt.

»Und dann bin ich salonfähig?«

»Auf jeden Fall«, raune ich ihm zu, dabei verwende ich absichtlich noch einmal die gleiche Formulierung, um zu unterstreichen, wie ernst ich es meine. Danach küsse ich ihn, dieses Mal richtig. Er schmeckt nach Kokos, was den Törtchen geschuldet ist, die ich ihm gestern gebacken habe. Ich absolviere nämlich im Moment einen Kochkurs bei Fred, und dieses Mal hat eben Backen auf dem Programm gestanden. Die späte Kochlehre hat natürlich einen Sinn, schließlich muss irgendjemand Tante Anna ersetzen, die trotz ihres Alters immer noch in der Küche das Zepter schwingt, wenn Fred frei hat.

»Mhm«, macht Nick, als sich unsere Lippen voneinander lösen. »Gib mir fünf Minuten, dann bin ich fertig.«

»Okay. Ich warte unten«, wispere ich zurück.

Es fühlt sich unglaublich toll an, all das hier. Eine Herausforderung in vielerlei Hinsicht, aber die Energie, die automatisch entsteht, weil wir uns ihr gemeinsam stellen, ist enorm.

 

~ * ~

 

Wie in vielen Gemeinden hier, bildet die Kirche in Fernau, dem Ort, in dem ich aufgewachsen bin, sonntags das Zentrum allen Lebens. Heute wirkt sie, als würde sie aus allen Nähten platzen. Ich versuche, mir einzureden, dass das Zufall ist, doch dazu weiß ich zu gut, wie fantastisch der Dorf Funk funktioniert. Natürlich wissen sämtliche Einheimische längst, dass ich zurück bin, alles andere hätte mich ehrlicherweise von den Socken gehauen.

Nick stellt sich tapfer all den neugierigen Blicken, denen wir ausgesetzt sind. Er hält Abstand von mir, obwohl ich ihn eigentlich gar nicht darum gebeten habe. Natürlich ist es besser so, trotzdem stört es mich. Wir gehören zusammen, und im Grunde kotzt es mich an, dass ich das verstecken muss. Doch auch wenn man heute nicht mehr aus dem Dorf gejagt wird, sobald man seine schwule Seele offenbart, heißt es nicht, dass man solche Gefühle offen zeigen darf.

»Er sieht so normal aus«, höre ich ein Flüstern, dessen Lautstärke genau so gewählt wurde, um von den anderen gerade noch gehört zu werden.

Ich widerstehe der Versuchung, mich umzudrehen, starre lieber weiter geradeaus. Aus den Augenwinkeln sehe ich, wie Nick sich aufmerksam umsieht. Unsere Kirche ist wirklich ein Schmuckstück geworden, nicht so düster und unfreundlich wie früher. Nur der beinahe befremdlich leidende Jesus hängt noch da. Was habe ich mich als Kind vor dem gefürchtet. Selbst jetzt läuft mir ein Schauer über den Rücken, wenn ich daran denke, wie oft mir dieser Typ in meiner Outing Zeit im Traum erschien.

»Du musst mir helfen«, flüstert mein Schatz mir plötzlich zu.

»Wobei?«, wispere ich zurück.

»Ich weiß nicht, wann ich aufstehen muss, oder mich hinknien und so.« Er klingt verzweifelt, und mein Wunsch, ihn jetzt und gleich tröstend in meine Arme zu schließen, lässt meine Brust eng werden. Als kleinen Ersatz riskiere ich ein zartes Lächeln. »Mach mir einfach alles nach.«

»Okay.« Als Beweis für seine Folgsamkeit setzt er ebenfalls ein Lächeln auf. Zu strahlend für die Kirche, aber das ist mir im Moment egal. Leider stellt sich schnell heraus, dass ich mit dieser Meinung allein dastehe.

»Schau mal, wie derden anhimmelt«, höre ich nämlich die gleiche laute Flüsterstimme von vorhin. Leider hat Nick sie ebenfalls vernommen, was sein Lächeln verscheucht, bevor seine Wangen sich röten.

»Alles gut«, beruhige ich ihn flüsterleise. »Einfach ignorieren.«

Doch es ist zu spät. Dieser verdammte Stachel der Verunsicherung hat ihn getroffen und breitet nun sein Gift aus. Wie gerne würde ich ihn verteidigen, diesen Tratschweibern sagen, wohin sie sich ihre vermoderten Ansichten stecken können. Aber Teile der Hotelcrew sitzen unmittelbar in unserer Nähe, also schweige ich. Gleich darauf beginnt die Orgel zu spielen und der Gottesdienst fängt an.

 

~ * ~

 

»Oliver!« Pfarrer Stanislov kommt auf mich zugeeilt, kaum dass er den Saal im Pfarrzentrum betreten hat. Hier findet traditionell die Sonntagsjause statt. Selbstgemachte Kuchen und Kaffee und Tee. Natürlich haben auch wir ebenfalls etwas mitgebracht – einen Kokoskuchen. Darauf wird geachtet, und man sollte sich tunlichst keine Verfehlung in diese Richtung leisten.

»Grüß Gott«, empfange ich ihn höflich, Nick rückt etwas näher an mich heran, auch wenn er weiterhin einen gewissen Sicherheitsabstand hält. »Guten Tag«, grüßt er ebenfalls, wobei ich niemals draufgekommen wäre, dass dieser reduzierte, aber tief brummende Tenor aus der Brust meines Kuschelchaoten gedrungen ist.

»Willkommen!« Der Pfarrer schnappt sich je eine unserer Hände und drückt sie voller Herzlichkeit. »So schön, dich wiederzusehen, und deinen Freund kennenzulernen.« Er sieht wohlwollend auf Nick, der etwas überrumpelt wirkt von dieser offenen Freundlichkeit.

---ENDE DER LESEPROBE---