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Wir wollen einen Naturgarten: Der Wunsch ist da – doch welcher Weg führt dorthin? Naturgärten tun gut. Sie bieten uns Naturerlebnis, Naturgenuss – und Lebensräume mit einer hohen Aufenthaltsqualität. Gleichzeitig machen sie es möglich, im eigenen Lebensumfeld zwei der drängendsten Herausforderungen unserer Zeit aktiv anzugehen – die Klimakrise und den dramatischen Rückgang der Biodiversität. Doch schnell tun sich für Naturgarten-Neulinge viele Fragen auf: So »anders« und ungewohnt ist manches gegenüber der gewohnten Weise, im Garten zu arbeiten. Welche Pflanzen soll ich verwenden? Jätet man noch Unkraut? Was wünschen sich die Insekten wirklich? Andererseits möchte man auch gleich im Garten loslegen. Beiden Bedürfnissen wird dieses Buch gerecht: Es beantwortet die allerersten, brennenden Fragen zu ökologischen Hintergründen sowie sinnvoller Naturgartenanlage und Pflege. Zugleich erleichtern konkrete Projekte den persönlichen Einstieg und erste Gestaltungen, ob komplette Neuanlage oder nur ein kleines Beet. Dieses Buch macht Mut, den Einstieg zu wagen und Schritt für Schritt den eigenen Naturgarten fachlich fundiert zu bauen und wachsen zu lassen.
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Seitenzahl: 163
Veröffentlichungsjahr: 2025
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Birgit Helbig
Mein Garten wird ein Naturgarten
Lebensraum für Menschen, Pflanzen und Tiere gestalten
Gleich loslegen mit vielen Profi-Tipps
Mein besonderer Dank gilt dem Naturgarten e. V. und der Naturgartenakademie. Namentlich Dr. Reinhard Witt und Dorothee Dernbach haben mir dort maßgeblich den Weg gezeigt, den ich seither nach bestem Wissen und Gewissen beschreite. Die Gemeinschaft und das Netzwerk des Naturgarten e. V. und seiner Naturgarten-Fachbetriebe wurden mir zu einer zweiten Familie und einem schier unerschöpflichen Quell der Inspiration. Dem Team des pala-verlages danke ich für die überaus wertschätzende Zusammenarbeit.
Ganz besonders danke ich aber meinen lieben Kunden und Kundinnen, die mich ihre Gärten erst (um-)bauen und dann bereitwillig fotografieren ließen, damit die Fotos als Inspiration und Anregung für andere dienen können.
Cover
Titel
Zu Beginn – ein paar Gedanken
Natur harmonisiert den Geist und tut dem Körper gut
Eigentlich ist es ganz einfach
Artenreich und pflegeleicht
Dynamik und Veränderung – der Garten lebt
Die lieben Nachbarn
Was ist eigentlich ein Naturgarten?
Einfach alles wachsen lassen?
Bauen für die Ewigkeit?
Endlich Naturgarten – so geht's
Vorbereitung
Umgang mit vorhandenem Bestand
Vorhandenes Material erkennen und sichern
Im Neubaugebiet – es kann losgehen
Die Umsetzung – vom Traum zur Realität
Schwer ist leicht was – was kann ich selber machen?
Wer hilft mir?
Woher bekomme ich Pflanzen und Saatgut?
Baumaterial
Die Ressource vor Ort – welchen Boden habe ich?
Zugekauftes Material
Was sagt die Bezeichnung über das Material aus?
No-Gos
Die dritte Dimension
Mit Höhen und Tiefen
Sichtschutz durch Modellierungen – so wird’s gemacht
Pflanzen in ihrer ganzen Vielfalt – heimisch und wild
Alleskönner und Spezialisten
Von tierischen Gourmets und Fast-Food-Anhängern
Was macht heimische Wildpflanzen so wertvoll?
Pflanzen als Partner der Tierwelt
Kleine Tüte, große Wirkung – Pflanzung oder Ansaat?
Die Kombination – säen und pflanzen!
Was kann ich säen?
Malen mit Zauberpflanzen
Die tollen Knollen – Geophyten für das ganze Jahr
Nicht nur zum Verstecken – eine lebendige Hecke im Garten
Gut geplant ist halb gepflegt
Eine Hecke planen
Ein Traum von Saum – keine Hecke ohne Saum
Mein Freund, der Baum – wie Bäume unser Leben besser machen
Kein Haus ohne Baum
Lebensraum Baum
Ich wünsche mir … den Traum von einer Blumenwiese
Verschiedene Blumenwiesen-Typen
Je magerer, desto blüh! – Sonnige Magerbeete
Waldartig und verwunschen – Leben im Schatten
Struktur-Reich
Alles inklusive für unsere tierischen Gäste
Wasser holt den Himmel in den Garten – Insektentränke bis Schwimmteich
Naturteiche gestalten
Das Ziel ist im Weg – lebendige Wege und Plätze
Rückgrat mit Charme – lebendige Trockenmauern
Im Totholz tobt das Leben – für Vögel, Käfer und viel mehr
Wo Drachen und wilde Bienen wohnen – auf Sand gebaut
Jeder Quadratmeter zählt! – Naturnahes Grün auf kleinstem Raum
Leben und leben lassen
Leben im Naturgarten
Der Garten als Wohnzimmer
Versteckte Gefahren im Garten
Es werde Licht … oder lieber nicht?
Fallgruben vermeiden
Tödliches Glas
Ein Heim für Tiere
Nisthilfen – nicht nur für Vögel
Wildbienennisthilfen
Kein Durchgang?
Pflege – im Bunde mit der Natur
Warum pflegen wir?
Pflegeleicht, aber nicht pflegefrei
Jäten mit Köpfchen
Bitte nicht alles auf einmal – die Staffelpflege
Wasser – mal zu viel, mal zu wenig
Die Kunst des richtigen Gießens
Das kleine Pflege-Einmaleins – die wichtigsten Arbeiten im Überblick
Unkraut jäten
Gehölze pflegen
Blumenrasen und Wiesen pflegen
Wässern
Teiche und Gewässer pflegen
Umgang mit Falllaub
Akzeptanzpflege
Let it blüh!
Die Autorin
Anhang
Zum Weiterlesen – eine Auswahl
Pflanzenbestimmungs-Apps – eine Auswahl
Informationen über Naturgärten und biologische Vielfalt
Bezugsquellen-Auswahl – Wildstaudengärtnereien mit Online-Shops
Bezugsquellen-Auswahl – Saatgut (auch teils) gebietsheimisch
Impressum
Sie schafft ewig neue Gestalten;
was da ist, war noch nie, was war, kommt nicht wieder –
Alles ist neu und doch immer das Alte.
Wir wirken beständig auf sie und haben doch keine Gewalt über sie.
Es ist ein ewiges Leben, Werden und Bewegen in ihr.
Sie verwandelt sich ewig.
Johann Wolfgang von Goethe
Fragment aus dem Tiefurter Journal 1783
Treffender als der große Naturfreund Goethe kann man die Einleitung für ein Buch über das Abenteuer »Naturgarten« kaum formulieren.
Wie die Natur selbst ist ein Naturgarten immer in Bewegung, im ständigen Wandel. Wir wirken auf ihn ein, säen, pflanzen und pflegen – doch letztlich ist die Natur selbst die größte Gestalterin und lässt uns täglich über ihre kleinen und großen Wunder staunen.
Welch ein Geschenk es doch ist, einen Naturgarten zu haben: an einem lauen Frühlingstag nur kurz vor die Haustüre gehen und die ersten Schmetterlinge beobachten, wie sie durch die Luft gaukeln, dem Gesang der Stare lauschen, das emsige Treiben der Sperlinge beim Nestbau bewundern, Teichfrösche und Molche beobachten, die sich in Paarungstracht im Teich tummeln. Daneben die Mauerbienenmännchen, die, ungeduldig auf die Weibchen wartend, umherschwirren. Blühende Wiesenprimel, Küchenschelle und Lungenkraut bieten ihnen Nahrung und erfreuen uns zusammen mit der frühlingshaften Blütenfülle unserer heimischen Gehölze, wie Vogelkirsche oder Felsenbirne. Jeden Tag gibt es neue Attraktionen, jeden Tag verändert sich der Garten im Lauf der Jahreszeiten, immer gibt es Neues zu entdecken – und all das ohne das eigene Grundstück zu verlassen.
Sitzend auf der Terrasse beobachten wir das Treiben, sammeln einige frische Kräuter aus der Wiese für das Butterbrot … Die Kinder erleben hier mit allen Sinnen forschend die Vielfalt des uns umgebenden Lebens, unsere gestressten Seelen erholen sich nach einem anstrengenden Arbeitstag.
Ein Ort zum Verweilen und TräumenDass uns die Natur gut tut, haben zahlreiche Studien gezeigt. Sie erdet und entschleunigt uns im Wortsinn. Unser Puls verlangsamt sich messbar in harmonischer Naturumgebung. Ja, es macht glücklich, in den Mikrokosmos des Gartens einzutauchen und auf Safari zu gehen. Als stiller Beobachter, stille Beobachterin selbst ein Teil der kleinen, heilen Welt zu werden, die man erschaffen hat.
Vielfältig strukturierte, naturnahe Landschaftsbilder werden vom allergrößten Teil der Menschen als besonders einladend und schön empfunden. Gerade so wie ein Naturgarten. Allein schon das wären doch bereits genug Argumente …
Genauso wichtig ist die Tatsache, dass wir damit einen ungemein wertvollen Beitrag leisten: Das große Sterben in unseren Kulturlandschaften schreitet unerbittlich voran, solange wirtschaftliche Erträge und Gewinnmaximierung über nachhaltige und naturgemäße Landnutzung dominieren. Unser Garten aber muss keinen Gewinn, außer für unsere Seele, abwerfen. Er muss keine Kampfzone sein, um die bedrohliche »Wildnis« zu zähmen, oder ein Abstandsraum, den es besenrein zu halten gilt. Anstatt die Natur zu beherrschen, freunden wir uns mit ihr an, beobachten sie und versuchen, sie zu verstehen. Je besser uns das gelingt, desto mehr Freude werden wir aneinander haben.
Raumbildung: Vorbild Alpental und das gestaltete Zitat im NaturgartenSo ist unser Garten im besten Fall eine Oase, unser Mikrokosmos, eine Arche für viele Arten, die »draußen« keinen Platz mehr finden. Und ist der Raum noch so klein, jeder Quadratmeter zählt! Als Mosaiksteinchen in einem großen Puzzle, das übergreifend hoffentlich so lange (Über-)Lebensmöglichkeiten für bedrohte Tiere und Pflanzen bietet, bis naturgerechtes Wirtschaften endlich (wieder) selbstverständlich wird und unserer heimischen Flora und Fauna eine gesicherte Zukunft ermöglicht.
Jeder Naturgarten kann ein kleines Naturschutzgebiet sein, wenn wir einige grundlegende Dinge beachten. Das Wichtigste dabei ist – neben dem konsequenten Verzicht auf Pestizide und sonstige Chemie – die Verwendung von heimischen Pflanzen in ihrer unverfälschten Wildform. Diese Pflanzen, die zum Teil seit Jahrtausenden zu unserer Natur gehören, sind die Basis allen tierischen Lebens, das sich in einer genialen Koevolution gemeinsam mit ihnen entwickelt hat. Wer also etwas gegen das Insektensterben tun möchte, pflanzt einheimische Arten. Wie zum Beispiel den Natternkopf, um Wildbienen wie die Natternkopf-Mauerbiene zu unterstützen. Sie kann mit einer Sonnenblume aus Nordamerika oder einer anderen Pflanze aus fernen Teilen der Welt nämlich nichts anfangen. Doch davon an anderer Stelle mehr …
Und wenn der Anfang noch so zaghaft ist: Es lohnt sich!
Lassen Sie sich nicht entmutigen. Es muss nicht gleich alles perfekt sein. Nicht jede fremdländische Pflanze muss unbedingt und sofort ausgerissen werden … auch in kleinen, tastenden Schritten gelangt man ans Ziel. Sie geben das Tempo vor, die Natur wird folgen.
Naturgärten haben viele Vorzüge: Sie sind nicht nur schön, artenreich und inspirierend – sie sind, nach der etwas arbeitsaufwendigeren Etablierungsphase, auch noch pflegeleicht. Pflegeleicht … dieses Wort muss oft für die schlimmsten Verirrungen der Gartengestaltung herhalten. Kiesgärten sollen pflegeleicht sein. Sterile, blütenlose Rasenflächen mit Mähroboter – pflegeleicht. Immergrüne Hecken- oder Bodendecker-Wüsten und rund um einsame Exoten-Stauden aufgeschüttete Rindenmulch-Berge – alles vermeintlich pflegeleicht. Der letzte Schrei: pflegeleichter Kunstrasen!
In der Realität entpuppen sich solche Flächen oft als ewige Kampfzonen, zum Beispiel die bei manchen Menschen beliebten Schotter-»Gärten«. Da wird jeder eingeflogene Löwenzahnsamen schnell zum ästhetischen Super-GAU, dem mit gnadenloser Verfolgung mittels Hochdruckreiniger, Chemie oder Gasbrenner begegnet wird.
In vielen Kommunen werden solche »Garten«-Neuanlagen bereits geächtet – und trotzdem werden täglich neue gebaut. Und zu allem Überfluss werden Kirschlorbeer, Rollrasen und Co. einerseits permanent gehätschelt, gewässert und für besseres Wachstum gedüngt, um dann andererseits – wenn sie pflichtschuldigst wachsen – postwendend mit einem kostspieligen Arsenal an Mäh-, Schneide- und Häckseltechnik wieder aufs gewünschte Format zurückgestutzt zu werden.
Ganz anders der Naturgarten.
Im gestalteten Naturgarten sind die Dynamik, das Wachstum, die Veränderung im Lauf der Jahreszeiten, aber auch der Alterungsprozess mit den vergehenden Jahren ein wichtiger Teil des Gesamtkonzeptes. Ganz so, wie es Goethe beschrieben hat: Eingegriffen wird regulierend, um eine möglichst große Artenvielfalt zu erhalten. Gegossen wird im Normalfall nur in der Anwachsphase der ersten zwei Jahre oder bei Nachpflanzungen.
Dynamik in der Entwicklung: im ersten Sommer nach der Neuanlage (links) und im Herbst nach zwei Jahren (rechts)Zweijährige Arten, wie Natternkopf und Königskerze, »wandern« gerne im Garten herumDenn eines muss klar sein: Pflegeleicht bedeutet nicht, die Hände in den Schoß zu legen und ausschließlich den Pflanzen beim Wachsen zuzusehen. Ein paar Arbeiten gibt es auch im Naturgarten zu tun – aber deutlich entspannter als im herkömmlichen Ziergarten.
Heimische Pflanzen werden standortgerecht auf abgestimmten Substraten nach dem Vorbild der Natur zusammengestellt, sodass sie nach dem Einwachsen oft jahrzehntelang ohne übermäßige Unterstützung des Gärtners funktionierende Lebensräume bilden. Durch ihre Entwicklungsgeschichte sind sie an unsere klimatischen Gegebenheiten (und auch Wetterkapriolen, die uns die Klimakrise immer häufiger beschert) bestmöglich angepasst. Sie erhalten sich durch Selbstaussaat und bilden ein ökologisches Netzwerk, das sich gegenseitig stützt. Viele Wildstauden – vor allem die der besonders attraktiv blühenden Magerstandorte – halten erstaunlich viel Trockenheit aus. Und sollten sie doch einmal verdorren, gelingt es ihnen, sich aus dem Wurzelwerk oder über ihre Aussaat wieder selbst zu regenerieren. Durch die große Vielfalt wird sich immer eine Art finden, die die Lücke schließt. Das ist manchmal gewöhnungsbedürftig, aber dafür wirklich nachhaltig und pflegeleicht!
Die Ästhetik und Harmonie eines naturnah gestalteten Gartens entstehen einerseits durch die Vielfalt an Pflanzen in unterschiedlichsten Wuchs- und Blühformen, aber auch in der besonderen Art und Weise, mit der Räume strukturiert werden. Durch Modellierungen, gebaute Strukturen wie Trockenmauern oder Totholzskulpturen und das Element Wasser lassen sich vielfältigste Erlebnisräume gestalten, die nicht nur den tierischen Gästen, sondern auch den Menschen einen wunderbaren Rahmen für ihr Leben bieten.
Und anders als meist in der freien Natur können sogar unterschiedlichste Lebensräume (wie Teich, Hecke und Trockenstandort) auf kleinem Raum miteinander verwoben werden. Darum Naturgarten!
Nicht alle Menschen können sich mit vermeintlich »wilder« und »ungezähmter« Natur anfreunden. Sie fürchten den völligen Kontrollverlust … Ein Bonmot lautet daher: »Wie weiß ich, wann ich meine Hecke schneiden muss?« Antwort: »Das sagt Dir dein Nachbar.«
Samenstände stehen lassen? Da fliegt doch Unkraut über den Zaun. Holunder pflanzen? Die Vögel verteilen die Beeren und machen Flecken auf mein Auto. Bäume und Sträucher pflanzen? Und was ist mit dem Laub, das zu mir fliegt?
Ja, so mancher Nachbar mag sich am Naturgarten erst mal stören.
Suchen wir das Gespräch, lassen wir die Nachbarn an unseren Beobachtungen teilhaben, seien wir großzügig mit der Weitergabe attraktiver Jungpflanzen. Und wenn das alles nicht hilft, ist es gut zu wissen, dass auch der ordnungsliebendste Nachbar einen Naturgarten »aushalten« muss. Das Recht ist da auf unserer Seite.
Aber: Was ist eigentlich ein Naturgarten?
Die Samen der Wildpflanzen müssen vom Nachbarn geduldet werdenIst nicht jeder Garten Natur und natürlich? Ist ein Naturgarten ein verwilderter Garten … oder ein Biotop, wie es zum Beispiel Naturschutzverbände pflegen? Oder etwas ganz anderes?
Ein Biotop ist das Habitat, also der Lebensraum, verschiedener Lebensgemeinschaften (Biozönosen) aus Tieren, Pflanzen und Pilzen. Unsere ganze Umgebung ist voll von verschiedensten Biotopen. Manche sind natürlich entstanden (Primärbiotope), andere durch menschliches Zutun. Artenreiche Almweiden oder Streuobstwiesen gehören zu solchen Sekundärbiotopen.
Obwohl der Begriff »Biotop« noch nichts über den ökologischen Wert der Fläche aussagt, wird er umgangssprachlich oft als Synonym für Naturschutzflächen verwendet. Bei diesen liegt das Hauptaugenmerk in aller Regel auf der Förderung bestimmter Zielarten. Manchmal geschieht das durch eine spezielle Nutzung (zum Beispiel Beweidung, Mahd) oder durch gezielte Pflege zur Förderung seltener Arten (zum Beispiel Entnahme von konkurrierenden Gehölzen). Das Naturerleben durch den Menschen steht dabei nicht im Fokus. Oft sind die Flächen sogar für den Publikumsverkehr eingeschränkt oder ganz gesperrt, um sie vor unbedachter Nutzung zu schützen.
Im NaturGARTEN dagegen sind die Gestaltung, Nutzung und das Erleben der Natur durch die in ihm lebenden Menschen jeden Alters wichtige Bestandteile. Sei es, um Familienfeste zu feiern, zu entspannen oder sich einfach an der bunten Vielfalt zu erfreuen. Daher ist ein Naturgarten viel mehr als ein reines »Biotop«. Er ist im Idealfall ein bewusst und möglichst ästhetisch gestalteter Raum für Mensch UND Natur.
Kleine Gartenoase mit TeichEinjähriges BerufkrautBrachland mit invasivem Neophytenbestand: Einjähriges Berufkraut (Erigoron annuus)Da die Natur so perfekt funktioniert, könnte man doch jetzt einfach alles wachsen lassen und zusehen, wie sich ein Naturgarten selbst entwickelt, oder?
Immer wieder sieht man verwilderte Gärten voller Brennnesseln, Kratzdisteln, mit Kanadischen Goldruten oder zugewucherten Teichen, die von ihren Besitzern als »Naturgarten« bezeichnet werden. Solche Wildgärten können einen gewissen Charme entfalten und wie Brachflächen durchaus ihre Berechtigung haben. Wie diese könnten sie als wertvolle Lebensräume dienen – ganz so einfach läuft es aber leider meistens nicht. Voraussetzung dafür wäre ein von vornherein sehr artenreiches Umfeld, aus dem sich die Vielfalt in den Garten ausbreiten könnte. Die Realität sieht aber anders aus. In bebauten oder intensiv landwirtschaftlich genutzten Gebieten (und dort befinden sich unsere Gärten in aller Regel) hat der Mensch oft schon viele Jahrzehnte lang seine Spuren hinterlassen, Boden abgetragen und neu aufgetragen, umgegraben, gerodet, gepflanzt, gedüngt, gespritzt …
Von einer vielfältigen Wildvegetation ist da selten etwas übrig, in den allermeisten Fällen dominieren stattdessen verdrängungsstarke Bestände von Ausläufer bildenden Gräsern, Brennnesseln, Giersch, Armenischer Brombeere, Kanadischer Goldrute und anderen, oft problematischen Arten. Findet man ehemalige Zier-Rasenflächen vor, dauert es aufgrund der dort vorherrschenden ausbreitungsstarken Gräser-Arten mitunter Jahrzehnte, bis sich allein durch eine Pflegeumstellung (weniger Mähen, Abtragen des Mäh-Gutes) eine kräuterreiche Blumenwiese entwickeln kann. Diese weitgehend sich selbst überlassenen Gärten bleiben daher allzu oft ohne ästhetischen Anspruch und schöpfen das reiche ökologische Potential eines gestalteten Naturgartens bei Weitem nicht aus.
Natürlich können wir bei sehr großen Naturgärten unberührte oder sehr extensiv gepflegte Wildflächen integrieren, beim kleinen Reihenhausgarten ist das aber wenig sinnvoll.
Der Begriff »Naturgarten« ist nicht geschützt oder verbindlich definiert. So gibt es unterschiedliche Auffassungen, was einen Naturgarten ausmacht.
Schwierig wird es bei den »konventionellen« Naturgärten. In ihnen wird, aus rein ästhetischem Verständnis heraus, Natur oder das, was man dafür hält, »nachgebaut« – allerdings ohne die natürlichen Strukturen und ihre Lebensraumfunktionen zu verstehen und ohne den Wert heimischer Pflanzen als Basis für die Tierwelt zu berücksichtigen. Da werden dann Pflanzen aus Südafrika und vom amerikanischen Kontinent mit Zuchtformen bunt zusammengewürfelt. Mitunter werden damit durchaus ästhetische, aber ökologisch recht anspruchslose Gartenbilder gestaltet. Mit Kies oder Lava totgemulcht, werden sie gerne auch als »Klimagärten« angepriesen. Selbstverständlich mit automatisierter Bewässerung. Schmuckgehölze aus Fernost werden nach der Farbe des Herbstlaubes zusammengestellt und Steine aus Indien oder Brasilien mit viel Beton und Mörtel verbaut. Staudenbeete werden als »Blumenwiesen« tituliert, aber mit einer echten Wiesengesellschaft haben sie so viel zu tun wie ein Wellensittich in der Voliere mit unseren Singvögeln.
Im ökologisch ambitionierten Naturgarten, um den es hier gehen soll, berücksichtigen wir gleichermaßen den Wunsch nach ganzheitlich gestalteten Lebensräumen für viele Tier- und Pflanzenarten wie den Wunsch nach einer angemessenen Nutzung und Ästhetik für die Menschen als Erlebnisund Erholungsraum. Dabei dient uns die freie Natur in all ihrer Vielfalt als unerschöpfliche Inspirationsquelle.
Abwechslungsreiche Landschaften mit Felsen, Gewässern, Sanddünen und vielfältigen Strukturen, wie umgefallenen Bäumen, Wiesen, Waldgesellschaften, feuchten Mulden mit ihren typischen, je nach Standort ganz unterschiedlichen Pflanzengesellschaften finden sich als Zitate in Naturgärten wieder.
Gebaut wird mit möglichst regionalen, natürlichen und unbehandelten Baustoffen, gerne auch recycelt. Chemische Dünger, Pestizide oder Ähnliches und Torf verwenden wir nicht. Zusätzlich bietet der Naturgarten ein Entwicklungskonzept, das die Pflege mittelfristig auf möglichst wenige, regulierende Tätigkeiten beschränkt. Die Gestaltung verbindet eine natürlich wirkende Ästhetik mit den Bedürfnissen der Nutzenden – nach Sitzplätzen, Spielmöglichkeiten für die Kinder oder der Abstellmöglichkeit für ein Auto.
Natürlicher Charme: Bepflanzung mit Mannstreu (Eryngium planum) und Wegegestaltung mit blühender Wilder Möhre (Daucus carota)Zulassen von Dynamik ist ein Prinzip des Naturgartens. Auch bei den baulichen Anlagen sind Veränderung und Anpassung an sich wandelnde Ansprüche deutlich einfacher als im fest betonierten Garten. Lose geschichtete Trockenmauern lassen sich problemlos zurückbauen und die Steine neu verwenden. Gestreute Wege können wir nach Bedarf umlegen und verrottende Holzteile können wir, da sie nicht chemisch belastet sind, weiter im Garten als Lebensraumholz verwenden oder im Lagerfeuer problemlos verheizen.
Das ist also das Ziel. Aber wie kommen wir dahin?
Der Weg zum Naturgarten ist oft ein steiniger – und das im wörtlichen Sinn. Viele gedankliche, konventionelle Steine gilt es beiseite zu schieben, manche Klippen gilt es zu umschiffen.
Viele kleinste, kleine und große Steine werden dann zur Gestaltung verwendet, zu Trockenmauern verbaut, als Pflanzsubstrat genutzt oder zu Steinhaufen aufgeschichtet. Warum und wieso und wie aus so vielen Steinen (und anderen Baumaterialien) ein lebendiger Garten entstehen kann?
Die gute Nachricht: Es ist gar nicht so kompliziert, wie es hier vielleicht klingt.
Einen Garten zu gestalten, ist eine wunderbare Sache. Aber auch etwas völlig Neues, Herausforderndes. Einen Garten legt man nicht alle Tage an. Vielleicht nur einmal im Leben. Vielleicht wird es Ihnen schlaflose Nächte bereiten, in denen Sie in Gedanken schon durch Ihr neues grünes Paradies wandern … In jedem Fall, ob Sie nun ein frisch planiertes Grundstück in einem Neubaugebiet Ihr Eigen nennen können oder einen alten, eingewachsenen Garten übernommen haben – vor dem ersten Spatenstich sollten Sie einige grundlegende Dinge überlegen.
Halten Sie alles schriftlich auf einer Wunschliste fest, damit Sie später darauf zurückgreifen können. Machen Sie Skizzen (dafür muss man kein Künstler sein) oder bauen Sie vielleicht sogar ein kleines Modell. Lassen Sie Ihren Träumen und der Fantasie freien Lauf, auch wenn die Ideen vielleicht erst mal völlig unrealistisch erscheinen. Schauen Sie sich um, »sammeln« Sie Bilder und Eindrücke aus der freien Natur oder anderen Naturgärten, notfalls auch aus Internet, Zeitschriften und Büchern. Je mehr, desto besser!
Gibt es schon eine Gartenanlage, lernen Sie diese in aller Ruhe kennen – am besten zu jeder Jahreszeit – und beantworten Sie für sich einige wichtige Fragen. Die folgende Checkliste hilft Ihnen dabei.
Profi-Tipp